Kleines theologisches Wörterbuch


Karl Rahner
Herbert Vorgrimler

Unter Mitarbeit von Kuno Fussel wurde die 10. Auflage völlig neu bearbeitet.

Übernommen sind auch Artikel aus dem Lexikon für Theologie und Kirche, unter «(LThK)» mit Suchbefehl zu finden.

Bearbeitet von Louis A. Venetz – Version vom 5. September 2022­­

A

Ablaß

ursprünglich der Nachlaß öffentlicher, befristet verhängter Kirchenbuße (daher Zahlung nach Jahren u. Tagen; ↑Bußsakrament). Das A.wesen ist nach jahrhundertelangen Mißbräuchen u. Mißverständnissen heute weithin außer Übung gekommen. Theologisch bedeutet A. die Zusage einer besonderen Fürbitte der Kirche um Erlaß einer zeitlichen Strafe vor Gott für ↑Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Die Folgen einer Schuld sind durch die Umkehr nicht einfach getilgt. Die Kirche kann die Bemühung des Einzelnen um deren Überwindung durch ihr ↑Gebet unterstützen; weil ein solches Gebet immer dem Willen Gottes gemäß ist, kann es immer der Erhörung gewiß sein. Freilich ist es nur dort wirksam, wo – von Gottes Gnade bewirkt – Bereitschaft zu immer tieferer Läuterung des ganzen Menschen gegeben ist (A. ist kein Ersatz für Buße!). DGL: Die Kirche hat die Vollmacht, Ablässe zu gewähren; sie sind beizubehalten u. heilsam (DS 1835 2537; NR 688). Voraussetzung: Taufe, Freiheit von Exkommunikation, Erfüllung des A.Werkes, wenigstens allgemeine Absicht, den A. zu gewinnen. Biblisch: Bußetun als Prozeß der Überwindung der ganzen schuldhaften Gottesferne. ↑Fegfeuer, ↑Sündenstrafen.

Absolut

ist etwas, insofern es in sich selbst u. durch sich selbst ist u. nicht von anderem abhängig ist. Das Absolute schlechthin ist dasjenige, was als aus sich seiend, aus sich wahr u. aus sich gut gedacht wird, u. dies in keinerlei Abhängigkeit (Gegenbegriff: das Relative). Eine Erfahrung des Unbedingten ist möglich in der Erkenntnis des Denkens, in der Relatives oder Bedingtes als solches erkannt wird, u. in der sittlichen Verpflichtung. Absolutheitsanspruch des Christentums: Im Christentum wird das Endliche, Bedingte, Relative alles Menschlichen, also auch aller Religion, nicht zu einem Absoluten hinaufgesteigert. Da aber Gott in Jesus Christus das Endliche unbedingt angenommen u. sich dem Endlichen selbst mitgeteilt hat, beansprucht das Christentum, unter den Religionen einzigartig, die Erfüllung aller anderen Religionen u. innerhalb der Geschichte in keiner Weise überholbar zu sein. Diese Absolutheit gilt daher nicht von der historisch bedingten u. sündigen Kirche in sich selbst, sondern von der Gnade Gottes. – ↑Nichtchristliche Religionen, ↑Christentum.

Abstammung des Menschen

Die Schrift sieht den Menschen immer als einheitliches, leibhaftes Geistwesen, das in seiner Leiblichkeit geistig-sittlicher Partner Gottes ist. In dieser einmaligen Wirklichkeit entstammt der Mensch einer eigenen, unmittelbar auf den Menschen zielenden Initiative Gottes, die das Bild u. Gleichnis Gottes bewirkt, das es bisher nicht gab. Als personaler Geist (↑Seele, ↑Person) kann der Mensch daher nach kirchlicher Lehre nicht ein blosses Produkt der untermenschlichen Wirklichkeit nach deren eigener natürlicher Gesetzlichkeit sein (DGL: DS 3022; NR 319). Doch ist der biblische Bericht über die ↑Erschaffung des Menschen nicht eine Reportage über das konkrete Wie des Entstehens des Menschen, sondern volkstümliche Ausdrucksweise u. plastische Veranschaulichung der einfachen Tatsache selbst. Darum verwirft das Lehramt die naturwissenschaftliche These nicht, wonach der Mensch in einem geschichtlichen Zusammenhang mit dem Tierreich steht, sondern es gestattet die freie Diskussion dieser Frage (DS 3896; NR 332). – Mehr dazu bei ↑Adam, ↑Erschaffung des Menschen, ↑Monogenismus, ↑Entwicklung.

Adam

(altorientalisch == Mensch, Menschheit, aus Erde u. zur Erde hin; das Wort A. kann eine „kollektive Persönlichkeit» bezeichnen). Der biblische ↑Schöpfungsbericht sagt in mehreren Schichten einer mythische Elemente verwendenden Erzählung, der erste Mensch, ein Mann, sei seinem Leib nach von der Erde genommen (u. darum selbstverständlich auch ein Glied der Naturgeschichte) u. habe den „Atem des Lebens» unmittelbar von Gott erhalten; eine ihm gleichwertige Frau, ↑Eva, sei auf ihn zugeordnet worden u. er auf sie, beide zusammen seien Gottes Bild, u. dieses Paar sei der Anfang der Menschheit; A. sei in ein ↑Paradies hinein erschaffen worden, das ihm von Natur aus nicht zukam u. das ihm von Gott nicht geschuldet war (↑Urstandsgnade). Als erster Stammvater aller Menschen ist er auch Stammvater Jesu Christi (Lk 3,38), des zweiten Stammvaters (zweiter A.), der ihn überbietet: A. gibt das irdische Leben an die weiter, die durch seinen Ungehorsam Sünder u. Todverfallene sind (↑Erbsünde), Jesus Christus das geistige Leben an die, die er durch seinen Gehorsam zu Gerechten u. Auferstehenden macht (l Kor 15; Rom 5). Im zweiten A. ist der Wille Gottes zu einer freien, geistigen Partnerschaft der Menschen mit dem menschgewordenen Gott verwirklicht.

Adoptianismus

Sammelname für alle Meinungen, die meist aus Sorge um den reinen ↑Monotheismus in ↑Jesus Christus nur einen Menschen sehen, der Gottes Geist in besonderer Weise besitze u. von Gott zum Sohn „adoptiert» worden sei. Hauptvertreter: Judenchristen im l. Jh., Paul v. Samosata im 3. Jh. u. in etwa Elipandus v. Toledo u. Felix v. Urgel im 8. Jh. u.a.- ↑Monarchianismus.

Agape

(griech. = Liebe), im NT vorzugsweise Bezeichnung der ↑Liebe überhaupt, zunächst Gottes zu den Menschen, auch der Menschen zueinander u. zu Gott; eine grundsätzlich besondere Weise der Liebe, weil durch den Geist Gottes verwirklicht. Von seiten Gottes bei der Durchsetzung der Heilsgeschichte: als der Wille Gottes, das andere von ihm zu schaffen u. selbst zu werden u. sich dem von ihm Verschiedenen selbst mitzuteilen; von seiten des Menschen als Antwort, die selbst wieder durch den Geist Gottes gegeben ist u. das Bleiben in Gemeinschaft mit Gott u. untereinander konstituiert (Rom 5,5; IJo 4,16; l Kor 13,8-13).

Agnostizismus

(griech.-lat. = Lehre vom Nichterkennen). Ein vulgärer A. leugnet die Möglichkeit jeder sicheren Erkenntnis jenseits der unmittelbaren Alltagserfahrung oder der auf sie bezogenen Wissenschaft (vgl. dagegen die ↑Erkennbarkeit Gottes). Ein subtilerer A. sucht das Religiöse auf ein Gebiet zu retten, auf dem es von vornherein nicht mehr angreifbar ist: die rationale Erkenntnis soll vor den letzten Sinnfragen bloß scheitern, um Platz für den „Glauben» zu schaffen (↑Modernismus). Der religiöse A. meint insofern etwas Richtiges, als Gott nur dort als Gott erkannt wird, wo er als das unbegreifliche ↑Geheimnis erkannt u. bekannt wird. Vulgärreligiosität macht Gott oft zu etwas Bewältigbarem u. Durchschaubarem.

Akt

l. Für die thomistische Philosophie sind wegen der Veränderung alles Seienden in verschiedene Zustände hinein A. (Vollzug) u. ↑Potenz (Möglichkeit) die beiden Grundweisen des Seins. Der „reine A.» besagt ↑absoluten, ewigen u. unbegrenzten (Selbst-)Vollzug, schließt also jede Potentialität aus (actus purus = die thomistische Definition ↑Gottes). 2. Die Moraltheologie unterscheidet zwischen actus hominis (A. des Menschen, aber nicht auf spezifisch menschliche Art mit Erkenntnis u. freier Willensentscheidung) u. actus humanus. Jeder actus humanus ist ein sittlicher A., weil er mehr oder weniger bewußt eine Stellungnahme zur Norm des Sittlichen beinhaltet. Diese Stellungnahme wird nach der kath. Moraltheologie in der Bezogenheit auf das natürliche bzw. im übernatürlichen Endziel gesehen u. die subjektive Güte oder Schlechtigkeit eines menschlichen A.es von der subjektiven (bewußten) aktuellen oder virtuellen Hinordnung auf das Endziel abhängig gemacht. Auch Sünder u. Ungläubige sind nach kirchlicher Lehre zu natürlich sittlich guten A.en fähig, die mit der erhebenden ↑Gnade zu ↑Heilsakten werden können, was faktisch wohl bei allen guten A.en der Fall ist. Von der leib-geistigen Einheit des ↑Menschen her ist die traditionelle Einteilung der A.e in actus interni (innerlich-geistig) u. actus externi (äußerlich-leiblich) nur als grobe Beschreibung für die Praxis zu werten. Die ↑Freiheit eines A.es ist begrenzt durch psychologisch-pathologische Faktoren (Neurosen, Alter, Gewohnheiten) u. durch 4 unmittelbare Hemmungen (Gewalt, Leidenschaft, Furcht, Unwissenheit). Objektiv hängt die Güte oder Schlechtigkeit eines menschlichen A.es von seinem Formalobjekt, dem Objekt des Sittlichen, ab, d.h. von dem richtigen oder falschen Verhältnis des Objektes zum letzten Ziel des Menschen. Dieses Objekt des Sittlichen besteht aus zwei Einzelelementen: aus dem inneren Zweck, der in der Struktur der Handlung selbst liegt, u. aus den Umständen, zu denen besonders der äußere Zweck (der vom Subjekt selbst angestrebte Zweck, die Motivation) gehört. Von diesen Elementen her kann es keinen rein indifferenten actus humanus geben. Dabei ist zu beachten, daß in einen A. eine ganze Summe von Motiven einfließt. Die „Schwere» eines A.es wächst mit dem Maß, in dem die Motive, dem inneren Zweck angemessen, reflex gereinigt u. zu größtmöglicher Einheit integriert sind (beim Christen: Handeln aus dem ↑Glauben). Vgl. zum Grundsätzlichen noch ↑Moraltheologie, ↑Ethik. 3. ↑Gott selbst ist nicht ein beliebiges Objekt, auf das sich der Mensch „auch noch“ beziehen könnte) da der Mensch von seinem Wesen her auf das ↑Geheimnis Gottes.verwiesen ist (↑Anthropologie) Der religiöse A. ist das Sicheinlassen des Menschen auf die ↑Transzendenz seines eigenen Wesens. Dazu gehören folgende Momente: er ist apriorisch, d.h. unausweichlich, da er zum Selbstvollzug des Menschen gehört, er kann also nur angenommen oder niedergehalten werden; er ist integral u. rational, d.h., er bedeutet wegen des einzigartigen Verhältnisses zwischen Gott u. Mensch auch eine gesteigerte Selbstbezogenheit u. Selbstverwirklichung des Menschen u. darum auch seiner Vernunft, er entspringt der Mitte des Subjekts (dem ↑Herzen), in der Verstand u. Wille noch ursprünglich eins sind (Denken – Andacht, Begreifen – Ergriffenheit, Objektivität – Ehrfurcht, Urteilen – Überzeugung); er ist personal, d.h. Annahme des Menschseins u. damit Antwort u. Übergabe an das Geheimnis (↑Liebe) er ist auch kategorial. d. h., er antwortet Gott in allen Dimensionen des Menschen, auch direkt-thematisch-konkret-gegenständlich; u. er ist damit inkarnatorisch, d.h. auf die irdisch-kreatürliche Konkretion Gottes in Jesus Christus (ob bewußt oder unbewußt) bezogen u. damit zutiefst weltbejahend, so daß im religiösen A. die ↑Liebe zu Gott Liebe zu nichtgöttlichen Wirklichkeiten ist u. umgekehrt. Das christliche Glaubensverständnis ist außerdem durch den geschichtlichen Verheißungscharakter der Glaubensinhalte charakterisiert (auch von daher ist der religiöse A. nicht weltlos) u. derart intersubjektiv strukturiert, daß das Subjekt des spezifisch christlichen religiösen A.es der Mensch in seiner Mitmenschlichkeit (d. h. auch öffentlichen Verantwortung) ist.

Akzidens

Unter A. wird in der thomistischen Philosophie u. Theologie im Kontext von Überlegungen über den Zusammenhang von Wesen u. Erscheinung vor allem dasjenige verstanden, was zu einer ↑Substanz hinzukommt u. sie vervollkommnet (ontisches A.). In der Erfahrungswelt begegnet immer das Ganze aus Substanz u. A. (Erkenntnis der Substanz durch das A.), das A. wird aber als verschieden von der Substanz erkannt, weil dieselbe Substanz der Veränderung unterworfen ist. So haftet das A. der Substanz nur an, kann aber nie in sich selbst existieren; darum kommt ihm das rein nur in analoger Weise zu. Es werden 9 oberste Gattungen des A. unterschieden, von denen vor allem Quantität u. Qualität (absolute Akzidentien), Hervorbringen, Erleiden, Ort in Raum u. Zeit (relative Akzidentien) wichtig sind. Diese Begrifflichkeit wurde in die Eucharistielehre übernommen: nach der Konsekration bleiben nur die Akzidentien (↑Species) von Brot u. Wein, nicht deren Substanz (↑Transsubstantiation).

Alexandrinische Theologenschule

In Alexandrien bestanden sicher seit Ende des 2. Jh. eine Katechetenschule u. mehrere theol. Akademien für Gebildete. Die sog. A. Th. ist summarisch gekennzeichnet durch Vertiefung in das Geheimnis des menschgewordenen u. geschriebenen Wortes Gottes, d.h. auch durch die starke Betonung der Gottheit Jesu (daher später die Gefahr eines ↑Monophysitismus) In der Schriftauslegung geht sie vor allem den Weg der Allegorese u. Typologie (↑Typos) (unter Einfluß Philons). Wichtigste Lehrer Klemens v. Alexandrien u. Origenes.

Altes Testament, Alter Bund

als heilsgeschichtliche Größe heißt jene Phase der engeren ↑Offenbarungs- u. Heilsgeschichte der Menschheit, die theologisch mit dem Bund Gottes mit Abraham beginnt, nach späterer, vor allem prophetischer Reflexion ihren eigentlichen Mittelpunkt im Auszug aus Ägypten u. im Bund des erwählten Volkes Israel unter Mose mit Gott am Sinai hat u. die mit dem Tod u. der ↑Auferstehung Jesu u. dem damit gegebenen Neuen u. ewigen Bund Gottes mit der ganzen Menschheit bleibend erfüllt ist. Diese heilsgeschichtliche Epoche ist zeitlich rückwärts durch die sog. «Vor-» oder Urgeschichte, räumlich dadurch begrenzt, daß sie nur das Volk Israel meinte u. so nicht mit der Heilsgeschichte überhaupt zusammenfiel, da es auch außerhalb des AT ↑Gnade gab. Die besondere ↑Heilsgeschichte im AT bestand darin, daß Gott sich durch sein geschichtliches Tun erfahren ließ u. durch sein Eingreifen den Monotheismus Israels hervorbrachte: der Bundesgott ↑Jahwe wird immer deutlicher als der wirklich einzige u. lebendige Gott erkannt u. verehrt. Der Gott aller Welt hat also mit einem kleinen Volk einen besonderen Bund geschlossen, weil dieser Weg eines partikulären Bundes der geschichtliche Weg zu einem universalen Ziel, der Einheit Gottes mit der Gesamtmenschheit im menschgewordenen Gott, war. In sich selbst betrachtet, ist diese Heilsperiode nach vorn noch offen, nicht endgültig, noch in der Schwebe zwischen Gericht u. Gnade; im Dialog zwischen Gott u. der Welt ist noch nicht durch ein Ereignis enthüllt, daß nicht der nein sagende Mensch, sondern das begnadigende Wort Gottes das letzte Wort hat. Darum ist die soziale Greifbarkeit dieser noch nicht eschatologischen Heilsgeschichte durch den Unglauben der menschlichen Partner noch aufhebbar (↑Gesetz). Dennoch ist der Alte Bund auch schon Gegenwart des Kommenden: Wer sich im gehorsamen Glauben dem Unübersehbaren der göttlichen Verfügung anvertraut, der gerät in die verborgene Einheit des Heilsplanes Gottes hinein, indem er auf die künftige verheißene Erlösung hofft, u. findet das Heil durch Jesus auch im Alten Bund. Jesus erfüllt das Gesetz u. schließt den Neuen Bund in seinem Blut. Dadurch ist (nach Paulus) der Alte Bund so abgeschafft, daß seine Weiterbeobachtung zur Ver leugnung Jesu u. der alleinigen Heilsbedeutung seines Kreuzes wird. Dadurch ist aber der Alte Bund als echte Vergangenheit nicht abgeschafft: Abraham ist der Vater aller Glaubenden, die Heiligen des AT sind auch für uns Gerechte u. Glaubenszeugen, die Schriften des AT gehören zu unserem heiligen Buch, die Geschichte des Alten Bundes ist bleibend die christliche gegenwärtige Vergangenheit, die Verheißungen des AT haben über Jesus hinaus einen bleibenden Überschuß: „Das Heil kommt von den Juden» (Jo 4,22).- ↑Judentum und Christentum.

Amt

bezeichnet allgemein das Organ einer Gemeinschaft, dessen Funktionen in Rechten u. Pflichten zusammengefaßt sind u. dessen Handlungen eine objektive Verbindlichkeit für die Gemeinschaft haben. Insofern die Kirche geschichtliche ↑Gemeinschaft ist, gehören Ämter wesensnotwendig zu ihr. So kennt schon das AT „Älteste“, „Richter“, „Könige“, das ↑Priestertum. Das NT zeigt für die frühe Kirche, in der ein erstes A.sbewußtsein bei den Zwölfen (↑Apostel) greifbar ist, eine Entwicklung von spontanen Strukturen zu institutionellen Ämtern (vgl. auch ↑Bischof, ↑Diakon), deren Gestalt u. Bezeichnungen Analogien u. Parallelen im jüdischen Mutterboden der Kirche hatten. Manche dieser Ämter traten später in der Bedeutung zurück oder verschwanden wieder. In der Schrift wird das A. meist als „Dienst“, auch als „Vollmacht“ in der u. für die Gemeinde bezeichnet. Die Einsetzung in ein A. geschieht durch den Geist (auch Gott, Jesus Christus) im Akt der A.sverleihung durch die Kirche, die durch ↑Handauflegung die ↑Successio apostolica garantiert. Mit dem Willen Gottes zur Bleibendheit der Kirche u. der Anwesenheit des Geistes in ihr ist auch der Wille zum Bleiben des A,es gegeben, wobei freilich auch der Unterschied zwischen der Einmaligkeit des Anfangs u. der legitimen geschichtlichen Selbstentfaltung (Differenzierung des bleibenden A.es nach Bedarf) gesehen werden muß. – DGL: Nicht alle Christen haben die gleiche Befugnis hinsichtlich des Wortes Gottes u. der Sakramente (DS 700 944 1610 1767-1770; NR 515 709 bis 712 718), sondern es besteht eine Hierarchie göttlichen Rechts, gestuft in Bischöfe, Priester u. dienende Weihegrade. – Vgl. ↑Sakrament, ↑Ordo, ↑Papst, ↑Charisma. – Die theol. Reflexion spricht vor allem seit Ende des 18. Jh. von den drei Ämtern Christi (als Lehrer oder Prophet, Priester u. König oder Hirt) u. von da aus von drei (so auch PiusXII. u. das II. Vat., Kirche 13 21 28; Oek. 2; Miss. 15; Laienap. 2 10) oder zwei Ämtern der Kirche (Lehr- u. Hirten-A. als Leitungsvollmacht, Priester-A. als Weihevollmacht), entsprechend der nicht absolut durchführbaren Zweiheit von Wort u. Werk.

Ämteranerkennung

Die Frage der gegenseitigen Anerkennung der Ämter in den getrennten Kirchen ist, nachdem in wichtigen, früher kirchentrennenden theol. Fragen ein Konsens erzielt oder erreichbar ist (↑Rechtfertigung, Theologie des ↑Sakraments aufgrund einer Theologie des Wortes usw.), wohl die letzte entscheidende Frage der ↑Ökumenischen Bewegung. Die bisherige überwiegend auf historischer Ebene ablaufende Diskussion ist ohne Aussicht auf eine Einigung. Die kath. Theologie (u. Kirche) hat jedoch die Pflicht, ehe sie an ein einigendes Eingreifen Gottes appelliert, eine neue (ihre eigenen Voraussetzungen selbstverständlich nicht leugnende) Argumentationsebene zu suchen. Auf einer solchen müßten folgende Gesichtspunkte geltend gemacht werden: 1) Auf dem Gebiet des Amtes in der Kirche existiert vieles (mehr als allgemein angenommen) nicht einfach durch den Willen Gottes u. Jesu Christi u. wird darum als eine dem Selbstvollzug der Kirche vorausgehende Größe von der Kirche festgestellt u. anerkannt, sondern vieles besteht, insofern u. weil es von der Kirche teils als Konsequenz ihres eigenen Wesens, teils in freier Setzung bestimmt worden ist. Die Kirche als ganze ist der eigentliche u. ursprüngliche Träger aller „Gewalten» (↑Kirchengewalt), die in ihr in den jeweiligen Trägern gegeben sind; sie ist mit ihrer ganzen Wirklichkeit an Geist u. Glaube der Raum, in dem so etwas wie die Vollmachten ihrer Amtsträger überhaupt nur gegeben sein können. Die Theologie hat die Aufgabe, auf den Unterschied zwischen der Frage nach dem Inhalt einer Vollmacht u. der Frage nach dem (individuellen oder kollektiven) Träger dieser Vollmacht hinzuweisen u. offene Möglichkeiten darzustellen. So ist z.B. nicht definitiv festgelegt u. erst recht nicht auf Jesus zurückzuführen, daß die Ämter des Papstes u. des Bischofs immer „monarchisch» auszuüben sind u. keineswegs kollektiv ausgeübt werden können. 2) Es gibt ein Wesensrecht der Kirche, das nicht mit ihrem satzhaften Verfassungsrecht („ins divinum», ↑Kirchenrecht) identisch ist. Dieses Wesensrecht ergibt sich aus dem realen Wesen der Kirche als der notwendig u. endgültig um den Gekreuzigten u. Auferstandenen in seinem Geist versammelten Glaubensgemeinde, die Gottes eschatologisch siegreiche Selbstmitteilung an die Welt bezeugt u. immer geschichtlich anwesend sein läßt. Dieses Wesensrecht birgt Möglichkeiten, Rechtsnormen zu schaffen. Faktisch werden solche geschaffen u. praktiziert: Die „Gültigkeit» der Weihe eines Amtsträgers (Bischofs oder Priesters) z.B. ist letztlich nicht durch die „normale Regel» garantiert, in der nie unterbrochenen (u. doch historisch oft fragwürdigen) Kette gültiger Weihen; die gültige Geweihtheit eines Priesters oder Bischofs ist dann gegeben, wenn er als solcher widerspruchslos von der Öffentlichkeit der Kirche anerkannt ist. 3) Die kath. Kirche muß unterscheiden zwischen ihrem Verhältnis zu den anderen Kirchen im ..Augenblick» des Entstehens solcher (nach kath. Auffassung häretischer oder schismatischer) Kirchen u. ihrem Verhältnis zu ihnen in der späteren Zeit, in der diese anderen Kirchen gar nicht mehr primär von ihrem Widerspruch zur kath. Kirche her (u. ihrer Lehre) sich verstehen u. verstanden werden. Der „gute Glaube» (bona fides), in dem die anderen Kirchen heute gesellschaft lich-kollektiv sind, schafft bei aller noch gegebenen Trennung eine Einheit ekklesiologischer Art. Diese Einheit ist weder einfach identisch mit der schon gegebenen Einheit der getrennten Christen in Jesus Christus u. seiner Gnade noch mit der Gemeinsamkeit in vielem Christlichen (z.B. Schrift, Taufe usw.). Die getrennten Kirchen sind in der Lage, gegenseitig eine öffentlich greifbare „bona fides» anzuerkennen, die einen wirklichen heilschaffenden christlichen Glauben impliziert. Auf dieser ekklesiologischen Basis kann das Amt in der kath. Kirche Akte, die von den getrennten Kirchen gesetzt u. getragen werden, als gültige u. wirksame Akte sakramentaler Art anerkennen. Auf das Amt angewendet, ist zu bedenken, daß der normale Ritus der Amtsverleihung nicht notwendig auch in außergewöhnlichen Fällen der einzig legitime ist u. daß ein möglicher Träger solcher Amtsvollmachten auch in den getrennten Kirchen in einer wenigstens vom Wesen der Kirche nicht von vornherein ausgeschlossenen Struktur vorhanden ist. Vor der ausdrücklichen Anerkennung sakramentaler Akte durch das Amt in der kath. Kirche können solche Akte bereits von dem – rechtschaffenden – Grundwesen der Kirche anerkannt werden (wenn dieses die Gültigkeit der Ketzertaufe anerkannt hat, kann es auch die Möglichkeit einer gültigen Abendmahlsfeier anerkennen). Ämter u. Sakramente «außerhalb» der kath. Kirche konstituieren nicht mehrere Kirchen; sie haben als geschichtlich-kirchliche Verleiblichungen des Geistes eine innere Hinordnung auf die eine Kirche als „voller» Verleiblichung dieses Geistes.

Anakephalaiosis

(griech. = Wiederzusammenfassung im Haupt) ist in der Theologie eine heilsgeschichtliche Formel (von Eph 1,10 aus besonders bei Eirenaios v. Lyon), die besagt: die gesamte Schöpfung ist auf die Menschwerdung Gottes in ihr hin so angelegt, daß Erschaffung überhaupt als Bereitung der Partnerschaft des Menschgewordenen zu verstehen ist, der nach der faktischen Ordnung nun nicht nur Zielpunkt der Schöpfung u. Höhepunkt des Geschlechtes Adams ist, sondern auch zur Sünde geworden u. als Erstgeborener von den Toten, d. h. in der radikalen Übernahme der einzelnen Phasen der Geschichte des Menschen, die der Nichtigkeit unterworfene Schöpfung erlöst u. „wieder»-herstellt.

Analogia fidei

einRöm 12,6 vorkommender theol. Begriff, den Karl Barth als Analogie einer „Ähnlichkeit bei größerer Unähnlichkeit» zwischen „menschlicher Entscheidung im Glauben» u. „Entscheidung der Gnade Gottes» versteht. Er bedeutet im kath. Verständnis, daß es keine Aussage der Offenbarung oder des Glaubens gibt, die nicht von dem einen objektiven Gesamtglauben der Kirche her verstanden werden müßte; er verlangt daher auch, daß bei jeder dogmatischen Formulierung deutlich bleibe, daß alle darin verwendeten Begriffe im Verhältnis zur gemeinten Sache nur analoge Bedeutung haben (↑Schulen; ↑Analogia entis, ↑Geheimnis). Dieses Prinzip ist vom Lehramt anerkannt (DS 3283 3543-3547 3887; NR 100 66-69 136).

Analogie, Analogia entis

ist der Versuch, den Zusammenhang von Endlichem u. Unendlichem so zu denken, daß weder von notwendigem Zusammenhang (Dialektik) noch von Beziehungslosigkeit (Positivismus) gesprochen werden kann. A. besagt, daß ein Begriff, ohne die Einheit seines Inhalts zu verlieren, in der Anwendung auf verschiedene Seiende oder Seinsbereiche einen wesentlichen Sinnwandel erfährt. (Unterschied dazu: Äquivokheit = ein selbes Wort hat völlig verschiedene Sinne; Univokheit = ein Begriff hat immer den streng gleichen Sinn u. wird in seinen Verwirklichungen nur durch ihm äußere Merkmale differenziert). Im Inhalt des analogen Begriffs sind Gemeinsames u. Verschiedenes, Ähnliches u. Unähnliches des Gemeinten in logisch nicht mehr trennbarer Einheit enthalten. In der analogen Gemeinsamkeit u. Verschiedenheit alles Seienden in seinem Sein gründet die A. des Seins, die Analogia entis (reale A.) u. des Seinsbegriffs (logische A.). Wird eine Univokheit des Seins einseitig ausgesagt, so ist eine letzte Gemeinsamkeit zwischen dem unendlichen u. dem endlichen Sein bzw. zwischen dem menschlichen u. dem göttlichen Erkennen die Folge. Wird eine Äquivokheit des Seins einseitig ausgesagt, so fällt das Sein in letzte Verschiedenheit u. radikale Sonderung auseinander. Das jetzige Erkennen des menschlichen Geistes kann das Sein selbst nur am Seienden erreichen, hieran aber durch seine ↑Transzendenz so, daß das analoge Seinsverständnis der ursprünglich tragende Boden für alles (univoke) Begreifen des einzelnen ist. Es werden zwei Formen der A. unterschieden: A. der Attribution, wenn der analoge Begriffsinhalt von einem Analogat auf ein abgeleitetes Analogat übertragen wird. Ist dem zweiten Analogat nicht nur das Wort u. eine Beziehung auf das erste, sondern auch der Inhalt innerlich eigen, so liegt eine innere Attribution vor (A. innerer Attribution zwischen Gott u. allem endlichen Sein, weil alles Seiende Sein hat u. in seinem Sein von Gott abhängig ist); A. der Proportionalität, in der analogen Ähnlichkeit von Verhältnissen, die jedem Analogat zu je einem anderen zukommen (mit innerer oder äußerer Proportionalität). (Eine A. eigentlicher Proportionalität besteht zwischen Gott u. allem endlichen Sein, weil Gott u. alles Seiende ein ähnliches u. zugleich wesentlich verschiedenes Verhältnis zu je seinem Sein hat.) Die A. als Form des Sprechens u. Denkens von Gott u. seinem Verhältnis zu uns u. zur Welt ist kein logischer Trick, durch den die menschliche Erkenntnis sich Gottes bemächtigt, sondern die Umschreibung der Grundgegebenheit der menschlichen Erkenntnis: daß sie immer u. von vornherein auf das absolute ↑Geheimnis ausgerichtet ist, das ihr ungegenständlich gegeben ist, ohne daß der Geheimnischarakter die Gegebenheit selbst oder diese die Unbegreiflichkeit Gottes aufhebt. „Denn von Schöpfer u. Geschöpf kann keine Ähnlichkeit ausgesagt werden, ohne daß sie eine größere Unähnlichkeit zwischen beiden einschlösse» (IV. Laterankonzil: DS 806; NR 280).

Analysis fidei

ist jene Analyse des Glaubensaktes, die untersucht, warum sich der Glaubensakt als Zustimmung der Vernunft unmittelbar u. letztlich auf die Autorität des offenbarenden Gottes u. nicht letztlich auf ein (zwar vorhandenes) anderes Vernunftmotiv (↑Praeambula fidei) stützt, die Frage also, wie der Glaubende unmittelbar den offenbarenden Gott erfassen könne, auf dessen Autorität er seinen Glaubensakt gründet. Darauf antworteten die Theologen: a) Suärez: Die Autorität des offenbarenden Gottes wird selber geglaubt (was zu einem logischen Zirkel führt); b) De Lugo: Die Autorität des offenbarenden Gottes wird aus sich u. unmittelbar erkennbar, „spricht aus sich selber» in der Predigt der Kirche kraft der Glaubensgnade (was das Vernunftmotiv abzuschwächen scheint); c) Sträub: Die Autorität des offenbarenden Gottes wird im Glaubensakt als letztes Motiv bejaht, aber nicht wieder aufgrund eines eigentlich objektiven Vernunftmotivs (was doch der Fall sein müßte); d) Billot: Im Glaubensakt selbst wird nicht das äußere Vernunftmotiv noch die (schlicht er-. kannte) Autorität des offenbarenden Gottes nochmals bejaht, sondern nur die geoffenbarte Wahrheit (während das Vernunftmotiv doch wenigstens mitbejaht sein muß). – Heute betont die Theologie mehr das erleuchtende (wenn auch nicht reflektierbare) Wirken der ↑Gnade beim ↑Glauben u. den personalen Charakter des Glaubens (die Begegnung mit Gott in Jesus Christus u. dadurch Erfahrung seiner ..Autorität»).

Anamnese

(griech. anamnesis = Wiedererinnerung) gehört zum Wesen des Menschen, der notwendig einmalige geschichtliche Ereignisse, die für ihn bedeutsam sind u. auf denen er gründet, in seine Reflexion nimmt u. so für sich realisiert. Im AT wird die A. des Auszugs aus Ägypten als der entscheidenden u. jetzt noch gültigen Heilstat Gottes an seinem Volk bezeugt (↑Pascha-Mahl); analog dazu die eucharistische A. im NT (↑Eucharistie), beide ein kultisches Geschehen. Von daher läßt sich A. theologisch bestimmen als feiernde Gegenwärtigsetzung eines geschichtlichen Heilsereignisses, um es so über die Situation des Feiernden Macht gewinnen zu lassen. Voraussetzung dazu ist (im Unterschied zu manchen kultischen Feiern in andern Religionen), daß das Ereignis geschichtlich einmalig ist u. diese Einmaligkeit beibehält u. zugleich Gegenwart (d. h. als Geschehenes bleibend gültig) ist u. daß der Mensch die Gegenwart dieses Ereignisses in seiner Zeit zu aktualisieren vermag (über ein subjektives Erinnern hinaus). Damit ist eine spezifische Struktur des Ereignisses vorausgesetzt: es muß in einem personalen Vorgang vollzogen sein u. seiner feiernden Vergegenwärtigung in der A. entgegenwarten, es muß die Feiernden betreffen u. von Heilsbedeutung sein, d.h. auch Vorausgedächtnis des künftigen Heils sein. Eine solche A. ist (nur) dem Menschen möglich, weil sein Gezeitigtes Gültigkeit behält u. durch das bleibende Eingestiftetsein der Täter im Kosmos u. in der Einheit der Geschichte die Taten des Menschen in der Geschichte eingestiftet bleiben. Da das Heilsereignis die Gesamtmenschheit meint, liegt die Vollmacht zu solcher A. primär nicht im Einzelnen, sondern in der die Menschheit repräsentierenden Kirche, die selbst durch das Heilsereignis begründet ist. Theol. Ort: die instrumentale Wirkursächlichkeit der Menschheit Jesu Christi für die Gnade des Menschen, Sakramente, Eucharistie. Die Gegenwart des Todes Jesu darf nicht in eine moralisch-juridische Bedeutung eines vergangenen Ereignisses aufgelöst werden, sonst wäre eine wirkliche A. aufgehoben, die es nach der Schrift geben muß. – ↑Erinnerung.

Anbetung

Mit dem Wort „niederfallen (vor einem)» berichtet das NT zwar oft von der Verehrung eines großen Menschen; es meint aber in seiner Theologie die echte A. Gottes (als Grundweise des religiösen ↑Aktes überhaupt) u. des Kyrios Jesus, die diesem nach der Apk von der ganzen Schöpfung erwiesen wird, die Gott nach Jo 4 nicht mehr an einem begrenzten Ort, sondern im Geist u. in der Wahrheit, nach Paulus u. dem Hebr im wahren Haus Gottes, der zur Feier des Herrenmahls versammelten Gemeinde als dem Leib Jesu Christi, erwiesen wird. Die Dogmatik betont gegenüber Mißverständnissen, daß A. nur Gott gegenüber möglich ist (DS 601). In der A. wird die „anbetende» Seite jedes religiösen Verhaltens zu Gott in eigener Weise realisiert: als Anerkennung seines unendlichen Unterschiedes zu jedem Geschöpf, seiner unendlichen Heiligkeit u. Herrlichkeit, welche Anerkennung rein innerlich sein oder durch Kultgesten geäußert u. getragen sein kann, sich aber über diese Unterscheidung hinaus im praktischen Lebensvollzug verwirklicht. Jede A. richtet sich auf die Personalität Gottes, freilich in ihrer ganzen Konkretheit (Menschheit Jesu, Gegenwart in der Eucharistie). Heilige, Bilder u. Gegenstände können u. dürfen nicht angebetet werden (↑Heiligenverehrung, ↑Bilderverehrung, ↑Reliquien), sie können für die echte A. allenfalls psychologische Hilfe sein.

Andachtsbeicht

das häufige Bekenntnis solcher Zustände u. Vorkommnisse des alltäglichen Christenlebens, die nicht der Pflicht zum Sündenbekenntnis im ↑Bußsakrament unterliegen (läßliche Sünden). Sie war Jahrhunderte unbekannt, ist jedoch von der Kirche empfohlen u. vom CIC für Alumnen u. Ordensleute vorgeschrieben. Die A. ist kein notwendiges Mitte! zur Vergebung der läßlichen Sünden u. Gnadenvermehrung, weil beide auch ohne Sakrament möglich sind. Auch ist die Gefahr der U bertreibung in der ‹Häufigkeit aus einem irrigen Sakramentenverständnis nicht zu übersehen. Gründe für die Sinnhaftigkeit der A. sind: der Wert der Aussprache u. die persönliche Leitung unter der Verschwiegenheit u. Objektivität des Sakraments, das in der A. enthaltene wiederholte Bekenntnis, daß Gottes Tat allein un sere Sünden tilgt, daß zur Reue des Menschen die in die Kirche geschichtlich eingestiftete Antwort Gottes kommen muß.

Anfang

ist nicht der erste Moment in einer Reihe zahlreicher vergleichbarer Momente, sondern die Begründung eines Ganzen, die dessen Geschichte erst ermöglicht; der Begriff des A.s übersteigt darum den Begriff einer formalen, äußeren Zeit. Der A. setzt dem Ganzen sein Wesen u. die mit ihm gegebenen konkreten Bedingungen seiner Verwirklichung vor. Er ist dem Anfangenden entzogen, denn er ist unverfügbare Voraussetzung des als Vollzug erfahrenen Daseins u. somit dessen Grenze. Er ist nur dort echt, wo er A. eines personalen Seienden ist, wo das Eröffnete ein Ganzes u. Neues u. er nicht bloße Phase einer anderen Bewegung ist. Der A. ist offener A. auf sein Ende zu u. kommt erst im Ende zu sich selbst. Die wachsende Gegenwart des Endes im annehmenden Selbstvollzug des Menschen ist zugleich wachsende Gegenwart des A.s. Dort, wo ein unmittelbares Heilshandeln Gottes sich ereignet, muß im theol. Sinn von einem echten A. gesprochen werden (Schöpfung-Neuschöpfung). Der A. meint darum vor allem die Geschaffenheit (insofern das geistig-personale Seiende nur durch einen unmittelbaren Schöpfungsakt Gottes gesetzt werden kann: ↑Seele), wobei die unvermittelte Abhängigkeit von Gott die Unverfügbarkeit des A.s notwendig bedingt. Als A. eines Werdens ist ein solcher A. verhüllt u. enthüllt sich erst in der Geschichte des einzelnen Seienden. Wegen der ursprünglichen Gesetztheit des A.s sind die mit ihm gegebenen Möglichkeiten nur dem Einzelnen gegeben u. darum verpflichtende Aufgabe, zu der der Einzelne sich entscheiden muß. Insofern der A. echt potentiell ist, von sich her in die die Vollendung erst zeitigende Zeit eingeht u. so sich der unberechenbaren Verfügung Gottes über diese offenen Möglichkeiten in der Zeit aussetzt, ist das ↑Ende zwar die Bewahrung, Vollendung u. Offenbarung des A.s, aber diese Vollendung ist doch nicht das bloße Zu-sich-Kommen des A.s selbst, sondern der A. lebt aus der Bewegung auf die Vollendung, deren Vollzug von Gott getragen ist, der allein A. u. Ende zugleich ist.

Angelologie

ist der theol. Traktat von den fEngeln, genauer die Lehre von der außermenschlichen heilsgeschichtlichen Mit- u. Umwelt des Menschen als einem Moment der theol. fAnthropologie, aber mitbestimmt vom Wesenszusammenhang der theol. Anthropologie u. der ↑Christologie (vgl. Gnade der Engel als Gnade Jesu Christi, Jesus Christus als Haupt der Engel, variierende Funktion der Engel in der Heilsgeschichte usw.).

Angst

ist theologisch eine Grundbefindlichkeit des Menschen in seiner individuellen Heilsgeschichte. Sie zeigt sich im AT, verschärft durch den noch offenen Ausgang des heilsgeschichtlichen Dialogs Gottes mit seinem Volk, in Furcht u. Schrecken vor Jahwe, seinen Erscheinungen u. seinem Tag, als A. in der Sünde gegenüber den unausweichlichen u. stets überfordernden Forderungen Gottes. Das NT verkündet die erlösende A. Jesu (Lk 22,42 ff) als sein Ausleiden der schuldhaften Gottesferne der Sünder u. darum eine begnadete A. des Christen (2 Kor 6,4) als Mitleiden mit Jesus Christus (Rom 8,17). Die theol. Reflexion zeigt die Wurzel der A. in der ↑Erbsünde, d.h. ihr Nichtsein-Sollen für den Menschen, u. ihre Umwandlungsfähigkeit in. Jesus Christus zum Heilsereignis, so daß ein allen Menschen gemeinsames, vormoralisches Moment der A. als Aufgabe sichtbar wird: die Ausgesetztheit des Menschen als eines leiblich-pathisch verfaßten Geistes in die Welt, die Zeit u. den Tod u. darin in den je größeren Anspruch Gottes. Die Flucht in autonome Sicherung beseitigt die A. nicht, macht sie aber zum Zeichen der Flucht vor Gott (dies gilt mindestens für die A. innerhalb der Menschheit als ganzer, wenn auch der geängstete Einzelne in seiner neurotischen A. unschuldig an dieser Flucht sein kann); die Übernahme der A. in ↑Hoffnung ist Teilhabe an der heilbringenden A. Jesu (↑Heilsgewißheit, ↑Gottesfurcht) . – Diese Bemerkungen zum theol. Wesen der A. bedeuten nicht, daß A. einfach klaglos angenommen werden soll. A. als sozialpathologische Erscheinung entsteht in der Erfahrung des Widerspruchs von real möglicher u. gesellschaftlich verhinderter Freiheit u. ist in ↑Emanzipation zu bekämpfen.

Anima naturaliter christiana

(lat. = die naturhaft christliche Seele), ein Wort Tertullians (Apol. 17,6), das bei ihm bedeutet: Die Erkenntnis Gottes ist der Seele von Anfang an mitgegeben, u. was so von Gott stammt, kann nur verdunkelt, aber nicht ausgelöscht werden. Das Wort kann in einem weiteren Sinn sachlich besagen: a) Zum Wesen des Menschen gehört die Möglichkeit, Gott u. das natürliche Sittengesetz zu erkennen (da diese Erkenntnis ja auch zum Christlichen gehört); b) zum Wesen des Menschen gehört, daß er offen ist für eine mögliche Offenbarung in Geschichte u. Wort (↑Potentia oboedientialis); c) der Mensch ist in seinem Dasein immer durch das Ganze der menschlichen Geschichte (die Tradition) mitbestimmt, also auch, bewußt oder unbewußt, durch das Christentum; d) der Mensch lebt immer u. überall unter dem allgemeinen ↑Heilswille Gottes, ist zu einem übernatürlichen Ziel bestimmt (übernatürliches ↑Existential), ist des Glaubens fähig. Darum trifft die geschichtliche, ausdrückliche Botschaft des Christentums nie einen Menschen, der nur vorchristliche, nur sündhaft verschlossene, nur passiv gegenüber einer möglichen Offenbarung dahinlebende „Natur» wäre. – ↑Gnade, ↑Natur.

Anonymes Christentum

will die besonders nach dem II. Vat. nicht mehr bestreitbare Tatsache in einem kurzen Stichwort (das wie alle solche Worte natürlich auch Mißverständnissen ausgesetzt ist) festhalten, daß ein Mensch in der Gnade Gottes gerechtfertigt sein u. somit sein Heil finden kann, auch wenn er ohne Schuld soziologisch nicht zur Kirche gehört, nicht getauft ist, ja sogar meint, sich als Atheisten verstehen zu müssen. Die theol. Frage dabei ist, wie in einem solchen Menschen jener Glaube als rudimentär doch gegeben gedacht werden kann, den dasselbe Konzil als heilsnotwendig für alle erklärt. Bei dieser Frage kann man auf die „Wege, die Gott allein kennt» (Miss. 7), verweisen, wie es das Konzil tut, oder man kann zu zeigen versuchen, daß in jeder positiven sittlichen Entscheidung nach dem Spruch des Gewissens, weil von der ↑Gnade getragen, schon ein Offenbarungsglaube implizit enthalten ist, da diese „erhebende» Gnade schon einen letzten apriorischen Verstehenshorizont (der unbedingten ↑Hoffnung auf Heil in Gott selbst) mit sich bringt, der als (transzendentale) ↑Offenbarung verstanden werden kann. Pastoral ist diese Lehre vom „anonymen Christentum» bedeutsam. Einmal ist sie die Voraussetzung der Hoffnung auf den Erfolg aller ausdrücklich christlichen Verkündigung, weil sie diesen einen Menschen voraussetzt, der schon von derjenigen Gnade bewegt wird, die in sich u. in ihrer Herkunft von Jesus Christus verkündigt werden soll. Zweitens fordert diese Lehre den Boten des Evangeliums auf, in immer neuem Bemühen jene inneren Erfahrungen im Adressaten der Botschaft zu entdecken u. anzurufen, die durch seine nicht nur „natürliche», sondern auch immer gnadengetragene (in einer ihm immer angebotenen Gnade!) Verwiesenheit u. Bewegtheit auf Gott hin in ihm schon gegeben sind, bevor ihn das Wort Gottes erreicht. Der sachliche Inhalt dieser Lehre wird auch von denen (wie z.B. de Lubac, H. U. v. Balthasar usw.) vorgetragen, die gegen die Worte selbst Protest einlegen.

Anschauung Gottes

Mit A. G. meint die Schrift das Ganze der Vollendung der personalen Kreatur, näherhin die von Gott gnädig gewährte, unmittelbare u., soweit der Kreatur möglich, vollkommene Schau Gottes (l Kor 13,12; IJo 3,2), die denen verheißen ist, die reinen Herzens sind (Mt 5,8). Die Schrift meint dabei nicht die geistige Erkenntnis allein, sondern die Erfahrung der Nähe Gottes, begleitet von einer Einbeziehung in die ↑Doxa Gottes, grundgelegt durch unseren Besitz des ↑Pneuma u. unsere Gleichgestaltung mit Jesus Christus.

Die Theologie erklärt die A. G. als wesentlich für die dem Menschen verheißene Herrlichkeit, deutet sie aber gegenüber der Schrift oft zu einseitig nur von der intellektuellen Seite her. DGL: Eine intuitive Schau der Wesenheit Gottes ohne Vermittlung durch ein Geschöpf als vermittelnden Erkenntnisgegenstand ist den Seelen der durch den Tod (u. ↑Fegfeuer) Vollendeten schon „vor» der Auferstehung des Leibes gewährt (DS lOOOf 1304ff 1314ff; NR 901-904 528-531). Abgelehnt ist, daß jede vernunftbegabte Natur in sich selig ist u. die Seele zur A. G. des Glorienlichtes nicht bedarf (DS 895; NR 900). Indirekt definiert ist, daß Gott auch in der A. G. unbegreiflich bleibt (DS 3001; NR 315). Eine Zeitdifferenz zwischen der Vollendung des einen Menschen in seine geistig-personale Dimension u. der Vollendung in seine leibliche Dimension hinein kann zwar traditionell gedacht werden, ist aber letztlich unerheblich. Da die Schrift immer die eine ganze Vollendung des Menschen meint, darf unbefangen auch die Vollendung der Leiblichkeit des Menschen in den konkreten Begriff der A. G. eingetragen werden. – Grundsätzliche Auffassungen über die Natur der Erkenntnis im allgemeinen bedingen die Antwort auf die Frage nach Wesen u. Voraussetzungen der A. G. Im ursprünglichen Begriff der Erkenntnis ist diese nicht ein „intentionales» Sichausstrecken des Erkennenden auf einen Gegenstand, nicht „Objektivität» im Sinn eines Ausgehens des Erkennenden aus sich selber auf ein anderes, sondern zunächst das Beisichsein eines Seienden, die innere Erhelltheit eines Seienden für sich selbst auf Grund einer bestimmten Seinshöhe (Immaterialität), die In-sich-Reflektiertheit. In diesem Sinn muß die A. G. der aktuellste Vollzug des Menschseins sein: die höchste Erfüllung seines Wesens wird durchsichtig auf den absoluten Gott selbst. Aposteriorische Erkenntnis eines anderen beruht darauf, daß der Erkennende dem Gegenstand seinshaft bestimmend angeglichen wird durch die „species» als eine Seinswirklichkeit des Erkennenden u. des Erkannten selbst, durch die der Erkennende u. das Erkannte wirklich „dasselbe» sind. Nicht durch Erkenntnis werden Erkennender u. Erkannter eins, sondern weil sie seinshaft eines sind, erkennt der Erkennende den Gegenstand. In der A. G. ist als deren ontologische Voraussetzung eine ..Beziehung» zwischen Geschöpf u. Gott gegeben, die nicht eine kategoriale ist u. auf einer akzidentellen absoluten Veränderung der Kreatur durch das schöpferische Wirken Gottes beruht (weil ein geschaffenes Endliches die Unmittelbarkeit der Schau Gottes nicht vermitteln kann), sondern eine quasiformale Kausalität Gottes selbst gegenüber dem geschaffenen Geist bedeutet, so daß die Wirklichkeit des Geistes als erkennenden in der A. G. Gottes Sein selber ist. Ein solches neues „Verhältnis» Gottes zum Geschöpf, das nicht unter die Kategorie der effizienten Wirkursächlichkeit („Aus-der-Ursache-heraus-stellen») gebracht werden kann, sondern unter die einer formalen Ursächlichkeit (,,In den-Grund-hinein-nehmen») genommen werden muß, ist ein streng übernatürliches ↑Geheimnis. Die Unbegreiflichkeit Gottes wird in der unmittelbaren A. G. als sie selber erst in ihrer Radikalität geschaut als die Unendlichkeit Gottes, die Gott erst zu Gott u. so zum Gegenstand der wirklichen Seligkeit macht. Diese formale Wirkursächlichkeit Gottes auf den menschlichen Geist darf nicht einseitig als nur den Intellekt betreffend aufgefaßt werden; nach der Schrift schaut das ↑Herz des Menschen Gott. Die letzte gnadenhafte Disposition des Geistes für die Aufnahme der formalen Ursächlichkeit des Seins Gottes auf den Geist heißt bei den Theologen lumen gloriae, Glorienlicht: jene geschaffene Gnade, die zur A. G. absolut notwendig ist u. die im Menschen schon jetzt grundgelegt ist durch die Gnade u. wachsen kann, da die geschaffene Gnade des Wachstums fähig ist.

Anthropologie

(griech. = die Lehre vom Menschen) heißt der reflexe Versuch des ↑Menschen, sein Selbstverständnis apriorisch-transzendental oder von einer Offenbarung Gottes her oder aus aposteriorischen Wissenschaften (Medizin, Biologie, Psychologie, Soziologie usw.) zu gewinnen. Eine eigentlich theol. A. wird insofern als aposteriorisch erscheinen müssen, als sie dasjenige voraussetzt, was in der geschichtlichen Glaubensbotschaft als Aussage über den Menschen schon gehört ist. Indessen ist mit dieser Voraussetzung noch nicht von vornherein unmöglich gemacht, daß die in geschichtlicher Kontingenz von außen kommende Deutung des Menschen doch die absolute, grundlegende u. entscheidende Interpretation des Menschen ist. Der Mensch ist ja von seinem Wesen her derjenige, der notwendig auf das geschichtlich Aposteriorische verwiesen ist u. dieses nicht rationalistisch als ..unwesentlich» abtun kann; in jeder Reflexion hat er sich (nur) als den historisch Bedingten, als den Weggegebenen u. Umgehenden; diese geschichtliche Konkretheit kann er in keiner Wissenschaft adäquat reflektieren, d.h. von sich selbst als einem apriorisch Gehabten u. Verstandenen ablösen (sosehr er das Wesen eines ursprünglichen Selbstbesitzes ist: ↑Person, ↑Befindlichkeit). Darum braucht die aposteriorische A. der Offenbarung dem adäquaten apriorischen Selbstverständnis des Menschen nicht als fremde Norm entgegenzutreten; darum kann die theol. A. legitim mit dem faktischen Selbstverständnis des Menschen aus dem historisch Gehörten u. aus dem getätigten Glauben ansetzen.

  1. Die Offenbarung des AT u. NT enthält Aussagen über den Menschen, die mit absoluter Verbindlichkeit auftreten u. den Anspruch erheben, den Menschen erst u. allein zur erfahrenen Erkenntnis seines eigentlichen (konkreten, historischen) Wesens zu bringen. DerMensch wird als das in seiner Welt unvergleichliche Wesen geschildert, so sehr als Subjekt, daß er Partner Gottes ist, dem gegenüber alles andere von Gottes Schöpferwillen her u. darum in seinem eigenen wahren Wesen nur Umwelt ist. Diese Subjektivität als Geist, Freiheit, ewig individuelle Bedeutung u. Gültigkeit vor Gott, als Fähigkeit der Partnerschaft mit Gott in einem echt dialogischen „bundesfähigen» Verhältnis bis zur absoluten Nähe „von Angesicht zu Angesicht» im unzugänglichen Licht u. in der ..Teilhabe an der göttlichen Natur», in dem Erkennen, wie wir erkannt sind, ferner als die Möglichkeit, als Äußerung Gottes selbst anwesend zu sein (Mensch-werdung Gottes), macht den Menschen wirklich zu einem Seienden, das im letzten nicht Teilstück eines größeren Ganzen (Welt), sondern das Ganze in je einmaliger Weise selbst, eben Subjekt, Person, „Existenz» im Gegensatz zum Vorhandenen ist. Die echt geschichtliche, d.h. einmalige (nicht zyklische) Geschichte des Kosmos ist ein Moment an dieser Geschichte zwischen Gott u. Mensch von Anfang an bis zum Ende; die Geschichte des Menschen ist nicht ein Moment einer umfassenden Kosmogonie, sondern Welt ist nur die voraus-gesetzte Ermöglichung der Geschichte des Menschen u. hat in dieser ihren letzten Ermöglichungsgrund: das Ende des Kosmos ist von der Geschichte des Menschen vor Gott bestimmt. Innerhalb dieser Geschichte weiß sich der (christlich glaubende) Mensch trotz seiner Geschöpflichkeit u. Sündigkeit u. in ihr als der von Gott geschichtlich Angesprochene, u. zwar mit dem Wort absoluter, freier, also gnadenhafter Selbsterschließung Gottes in dessen eigenstem Leben. Diese Aussage ist einerseits für den Christen als zusammenfassende Aussage dessen, was er glaubend von sich hört, unmittelbar verständlich u. ist anderseits als ursprünglicher Ansatz der theol. A. geeignet.
  2. Von diesem Grundansatz her ergibt sich die Kreatürlichkeit als die umfassendste Bestimmung des Menschen, u. zwar primär die subjekthafte Kreatürlichkeit (von der die Geschaffenheit des bloß Vorhandenen nur ein defizienter Modus ist), also die unendliche Offenheit für Gott in dem, der nicht Gott ist, als zugleich positive u. negative Bestimmung, die in ihren beiden Seiten im selben Maß vor dem unvergleichlichen Gott wächst.
  3. Trotz einer Erkennbarkeit der Tatsache der ↑Offenbarung durch die natürliche Vernunft (↑Praeambula fidei) ist der eigentliche Hörer der göttlichen Offenbarung derjenige Mensch, der die göttliche Offenbarung in absolutem (also liebendem), durch die ↑Selbstmitteilung Gottes in Gnade ermöglichten Glaubensgehorsam so annimmt, daß die Qualität des göttlichen Wortes als der Selbstoffenbarung nicht verlorengeht u. durch das Apriori des Hörenkönnens des endlichen Menschen nicht zu einem menschlichen Wort depotenziert wird. Von hier aus ließe sich der Unterschied zwischen Natur u. Gnade ursprünglich gewinnen: ↑Gnade ist die apriorische Fähigkeit der konnaturalen Aufnahme der Selbsterschließung Gottes im Wort (Glauben-Lieben) u. in der ↑Anschauung Gottes; ↑Natur ist die bleibende, in diesem Hörenkönnen vorausgesetzte Verfassung des Menschen derart, daß der Sünder u. Ungläubige sich dieser andrängenden Selbsterschließung Gottes verschließen kann, u. derart, daß diese Selbsterschließung dem Menschen als schon geschaffenem gegenüber noch als das freie Wunder der personalen Liebe erscheinen kann, das er von „sich» ( = Natur) her nicht fordern kann, obwohl es ihm zugesprochen werden kann u. er dafür wesentlich offen ist (↑Potentia oboedientialis).
  4. Von der Geschichtlichkeit des Hörens des Wortes Gottes her wird die ↑Geschichtlichkeit des Menschen als seine Grundbestimmung u. als theol. Aussage deutlich, die sich ausgezeichnet erweist an seiner Umwelthaftigkeit, Leiblichkeit, Geschlechtlichkeit, an der Einheit der Menschheit, darin, daß er auf ↑Gemeinschaft angelegt ist, am agonalen Charakter seines Daseins, an der geschichtlichen Bedingtheit u. unaufholbaren Unverfügbarkeit seiner Situation.
  5. Die theol. A. muß dem Verhältnis zwischen ihr u. der ↑Christologie besondere Aufmerksamkeit schenken. Die ↑Inkarnation ist nur dann recht vernommen, wenn die Menschheit Jesu nicht nur das letztlich doch äußere Instrument ist, mit dem sich ein unsichtbar bleibender Gott verlautbart, sondern genau das, was Gott selber (Gott bleibend) wird, wenn er sich selbst entäußert in die Dimension des Anderen seiner selbst, des Nichtgöttlichen. Auch wenn Gott die Welt schaffen könnte ohne Inkarnation, so ist mit diesem Satz doch vereinbar, daß die Möglichkeit der Schöpfung in der radikaleren Möglichkeit der Selbstentäußerung Gottes begründet ist (da ja in dem einfachen Gott nicht einfach verschiedene Möglichkeiten nebeneinanderliegen). Dann aber ist der Mensch in ursprünglicher Definition: das mögliche Anderssein der Selbstentäußerung Gottes u. der mögliche Bruder Jesu. Von Gott u. vom Menschen her erscheint so die Christologie als die radikalste, überbietende Wiederholung der theol. A.
  6. Eine geschlossene theol. A. ist heute noch nicht gegeben. Was die Offenbarung Gottes über den Menschen sagt, das ist auf die einzelnen theol. Traktate vor allem der ↑Dogmatik verteilt, ohne daß der systematische Grund der ganzen A. schon reflex herausgearbeitet wäre.

Anthropomorphismus

(griech. = Prägung nach Menschenart) ist die Verwendung menschlicher Verhaltensweisen für die Beschreibung der Wirklichkeit Gottes. Viel verwendet im AT, wo Gott mit menschlichen Affekten, Handlungen, ja sogar mit Gliedmaßen dargestellt wird (bereuen, lachen, betrübt sein, zürnen, Mund, Nase, Füße usw.), wodurch vor allem (da noch in der geläuterten Ausdrucksweise der Propheten vorkommend) die Gott eignende Dynamik nahegebracht werden soll, ohne daß der qualitative Abstand Gottes von seiner Schöpfung verwischt würde. Schwere Probleme ergeben sich indes aus dem anthropomorph ausgedrückten Verhältnis Gottes zum Bösen u. für die Theologie der Erkenntnis Gottes. Zwar ist die Übertragung jedes menschlichen Begriffes (der immer auch konkrete Vorstellung ist) auf Gott inadäquat, doch eignet jedem Begriff angesichts der Transzendenz des menschlichen Geistes auf Gott eine gewisse Transparenz auf Gott hin (↑Analogie), die eine wahre, wenn auch nur analoge u. immer durch je neue Verneinung auf Gott hin auszurichtende Erkenntnis möglich macht, in der der Mensch von seinen Anthropomorphismen weiß u. sie gerade dadurch in das Geheimnis Gottes hinein übersteigt. Darüber hinaus ist angesichts der Anschauungsgebundenheit des menschlichen Geistes zur Rechtfertigung der Anthropomorphismen zu beachten, daß das Eingreifen Gottes in die Geschichte mit den Begriffen geschichtlicher Erfahrung bezeugt werden muß u. so solche Aussagen eine höhere Stufe der Berechtigung von Anthropomorphismen bedeuten.

Anthroposophie (LThK)

Die A., von ihrem Begründer R. ↑Steiner, der v. der ↑Theosophie herkam, als Wissen v. „inneren Menschen», vom Geistesmenschen u. dessen Erkenntnissen der geist. Welt gedacht u. darum mit Vorliebe „Geisteswiss.» gen., will die in jedem Menschen schlummernden Fähigkeiten wecken, die „höhere», geist. Welt zu erkennen. Diese, an sich jedem offen, kann nur v. dem erkannt werden, der den anthroposoph. Weg der Erkenntnis geht. Die A. heißt darum auch „Geheimwissenschaft». — Auf der Basis dieser Lehre gründete Steiner 1913 die Anthroposoph. Gesellschaft; Sitz: Stuttgart; geistiger Mittelpunkt: Goetheanum in Dornach b. Basel; Zschr.: Goetheanum, Wochenschr. für A., hrsg. v. A. Steffen (Dornach); Die Drei, Zschr. z. Erneuerung v. Wiss., Kunst u, sozialem Leben (Stuttgart) (monatl.), — Die A. entwickelte einen eigenen Stil der Architektur (Goetheanum), des sprachl, Vortrags, der tänzer. Bewegung (Eurhythmie), brachte eine besondere anthroposoph. Heilkunde u. Soziallehre, vor allem eine anthroposoph. Pädagogik hervor, die in der FreienWaldorfschule praktiziert wird. — Eine Abart der A. mit kult. Dienst ist die v. F. Rittelmeyer gegr. ↑Christengemeinschaft.

I. Darstellung. Der anthroposoph. Erkenntnisweg ist eine meditative Bewußtseinsschulung: durch Konzentrationsübungen, Zucht der Gedanken- u, Gefühlswelt, ernstes sittl. Bemühen. Zunächst erkennt man den „astralen Plan» der Welt in „geist. Linien u. Figuren», auf der Stufe der „Erleuchtung» kommt man z. Schau der „geist. Farben» der höheren Welt, u. a. auch z. geist. Anschauung des Seelenzustands eines anderen in dessen farbiger „Aura». Auf der höchsten Erkenntnisstufe, der „Einweihung», erfährt man die wahren Namen der Dinge. Wer „eingeweiht» ist, was nur ganz wenigen gelingt, kann in der „Akashachronik» lesen, einer Art Weltgedächtnis, worin die ganze bisherige Gesch. unvergängl. eingeprägt ist. Die Vollendung wird dann in der „Gottseligkeit» erreicht, die man sich nur mit einem Denken vorstellen kann, das sich nicht mehr des menschl. Gehirns als Werkzeugs bedient. Der anthroposoph. Erkenntnisweg ist im Grund ein Bewußtmachen dessen, was der Mensch nach Steiner ist, die „Vereinigung aller Naturreiche». Der Mensch setzt sich in seiner heutigen, durch lange Entwicklung entstandenen Gestalt — Steiner hat das in der „Akashachronik» gelesen — aus vier Wesensgliedern zusammen, von denen jedes für sich bestehen kann: aus dem phys. Leib, dem Ätherleib (auch Pflanzenleib gen., der das vegetative Leben besorgt), dem ↑Astralleib (der dem Ätherleib das Bewußtsein verleiht) u. dem Ich, das sich erst im heutigen Erdenzustand mit den drei Leibern verbunden hat u. v. nun an weiter an der Entwicklung teilnimmt, und zwar in drei Stufen, auf deren letzter der Mensch ein inneres Wissen v. sich selbst besitzt, sich eins mit Gott weiß. — Der Mensch u. mit ihm die Welt sind nicht durch „Schöpfung» entstanden, sondern durch eine „Verdichtung» des Geistes, aus der in äonenlanger Entwicklung der Mensch in seinem heutigen Zustand geworden ist. Es gibt keine Unsterblichkeit der Seele od. des Menschen, sondern eine „Wiedergeburt», die in kausalgesetzl. Zshg. mit dem früheren Leben steht. Dadurch hat der einzelne die Möglichkeit, sich immer weiter emporzuentwickeln, — ↑Karman (od. Karma). Ein Stadium in der Menschheitsentwicklung ist das Auftreten Christi. Dieser ist der im Astralleib Jesus auf die Erde gekommene erhabene Sonnengeist. Dieser «kosmische Christus» verband sich in der Taufe am Jordan mit Jesus v. Nazareth u. trat als Lehrer der Menschheit auf wie vor ihm schon viele andere in den Mysterienkulten. Im „Mysterium v. Golgotha» ist dieser Erde eine neue Möglichkeit eingepflanzt. Seit diesem Christus-Ereignis kann der Mensch sich aus dem Sinnlichen ins Geistige erheben; und das ist die eigentl. Erlösung. Man muß demnach die Hl. Schrift nur recht auf dem Hintergrund der Mysterienreligionen lesen, um das Wesen des Christentums als einer Stufe der Menschheitsentwicklung zu erkennen.

II. Beurteilung. Die A. ist eine neugnost. Irrlehre, eine primitive Art v. ↑Pantheismus, die aber mit ihrer angeblich „höheren Erkenntnis», ihrer Beachtung organischer Formen u. Entwicklungsstufen, ihrer Betonung der Innerlichkeit u. ihrer Pflege kultureller Werte viele anzieht, meist Gebildete u, Künstler, die in der A. einen Ausweg aus der die Gegenwart beherrschenden rationalistischen Verengung u. materialistischen Verflachung zu sehen meinen. Der anthroposoph. Erkenntnisweg geht zwar richtig v. Konzentrationsübungen aus, wird dann aber statt einfacher u. dunkler immer verworrener u. vorgeblich „deutlicher», ganz im Ggs. z. christl. u. außerchristl. Mystik. Sämtl. christl. Begriffe, welche die A. benutzt (Wiedergeburt, Offenbarung, Sünde, Erlösung), werden erheblich umgedeutet. Der Christus, von dem sie spricht, ist nicht der Christus, den die Kirche verkündet. Wegen der vielen Irrlehren, die dem kath. Glaubensbekenntnis unmittelbar widersprechen, ist eine Zugehörigkeit zu anthroposoph. Vereinigungen mit der Zugehörigkeit zur kath, Kirche nicht vereinbar. Außerdem fällt die A. unter das Verbot der Zugehörigkeit zu theosoph. Gesellschaften u. der Schr. durch das Hl. Offizium v. 18. 6. 1919 (D 2189). Ein Besuch der anthroposoph. ausgerichteten Waldorfschulen muß im allgemeinen als glaubensgefährdend beurteilt werden.

Lit.: Anthropos.: R. Steiner, Das Christentum als myst. Tatsache (1902) (St 41949); ders., Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (1909) (St 191955); ders., Geheimwissenschaft im Umriß (1910) (St 261955); ders.. Mein Lebensgang, hrsg. v. M. Steiner (St 1949); O. J. Hartmann, A. (Fr 1950); ders.. Der Mensch als Selbstgestalter seines Schicksals (F 61950). — Kath.: A. Mager, Theosophie u. Christentum (B-Bo 21926); G. Bichlmair, Christentum, Theosophie u. A. (W 1950); A. L. Matzka, Theosophie u. A. (Graz – Sa 1950); O. Simmel, A. u. Christentum: StdZ 149 (1951) 175—184; B. Martin, Von der A. z. Kirche, ein geistiger Lebensbericht (Speyer 1950). — Ev.: H. Rusche u. a„ Kirche u. A. (Mn 1950); Evangelium n. Christengemeinschaft, hrsg. v. W. Stählin (Kassel 1953); K. v. Stieglitz, A. u. Christengemeinschaft: Verkündigung u. Forschung, Theol. Jber. 1953—55 (Mn 1956) 199—209 (Lit.). O. SIMMEL

Steiner

(LThK) Rudolf, * 27. 2. 1861 Kraljevic (Kroatien) aus nieder-östr., kath. Familie, †30. 3. 1925 Dornach b. Basel; studierte Mathematik, Naturwiss., Philosophie (F. ↑Brentano; Eigenstudium E, v. ↑Hartmanns u. a.) u. Lit.-Wiss, in Wien; 1890-96 am Goethe-Archiv in Weimar (Hrsg. der naturwiss. WW Goethes), Begegnung mit E. ↑Haeckel. Seit 1897 in Berlin; ebd. bis 1900 Hrsg. des „Magazins für Lit.»; Anschluß an die ↑Theosophie (seit 1902 Leiter der dt. Abt. der „Theosoph, Ges.»), S.s Versuch, ihr seine eigenen, auf Ganzheitsschau, Übertragung evolutionist. Vorstellungen auf die christl. Offenbarung u. wesensfremder Christusdeutung fußenden Spekulationen einzubauen, führte 1912 z. Bruch. 1913 Gründung der Anthroposoph. Ges.; S., seither in Dornach, schuf dort im Goetheanum („Hochschule für Geisteswiss.») ihr geistiges Zentrum, entwarf ihre Weltanschauung (↑Anthroposophie), verbreitete sie in Schriften, in Lehr- u. Vortragstätigkeit u. wendete sie auf Pädagogik (↑Waldorfschuen), Soziallehre, Kunst, Heilkunde u. a. an.

HW: ↑Anthroposophie. — Ferner: Die Philosophie der Freiheit (B 1894, St 111955); Die Mystik im Aufgange des neuzeitl. Geisteslebens (B 1901, Dornach 51960); Theosophie (B 1904, Dornach 281961); Die Erziehung des Kindes v. Gesichtspunkte der Geisteswiss. (B 1907); Von Jesus zu Christus (B 1912, Domach 31958). — GA (Dornach 1955 ff).

Lit.: C. S. Picht, Das literar. Lebenswerk R. S.s (Dornach 1926); G, Wachsmuth, Bibliogr. der WW R. S.s (ebd. 1942); ders., R. S.s Erdenleben u. Wirken (ebd. 21951); K. Stieglitz, Die Christosophie R. S.s (Witten [Ruhr] 1955); E. Bolck (St 1961); K. Meyer, Wer war R. S.? (St 1981); R. S. Das literar. u. künstler. Werk (Bibliogr.) (Dornch 1961); J. Hemleben, R. S. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (Reinbek 1963). O. SIMMEL

Anthropozentrik

kann jene Anschauung u. praktische Haltung sein, die den „Menschen als Maß aller Dinge» betrachtet u. dementsprechend Gott die Liebe versagt, den Menschen auf sich selbst zurückbiegt u. ihn in einer angemaßten Autonomie verschließt (jeder ↑Atheismus, jeder subjektive Unglaube, jede subjektiv schwere Sünde, jede Philosophie, die den Menschen nicht auf das absolute, unverfügbare ↑ Geheimnis hin öffnet). In einem richtigen Sinn bedeutet A., daß die wirkliche Theozentrik des Menschen (wie jede personale Tat u. Haltung) notwendig die Gerichtetheit eines Subjekts ist. Ohne Rückkunft zu sich selbst ist die absolute Auskehr aus sich selbst nicht möglich; die absolute Würde u. Gesolltheit einer sittlichen Tat beruht auf der Würde des Subjekts, das als solches durch seine Transzendenz auf Gott begründet ist. Von da aus sind A. u. Theozentrik (beide richtig verstanden) gar keine echten Gegensätze. In der anthropozentrischen Reduktion des Christentums Mt 25, 31-45 ist die Christozentrik Gottes mit ausgesagt.

Antichrist

(Gegenchristus) ist nach Schrift u. Tradition der „Mensch der Gesetzlosigkeit», der sich als der Christus ausgibt u. große Erfolge erringt, aber durch Jesus Christus überwunden wird. Diese Lehre braucht nicht als Mythologem aufgefaßt oder als bloße Typologie für die Kampfsituation des Christen u. der Kirche erklärt zu werden, da ja die Heils- u. Unheilsgeschichte von geschichtsmächtigen Personen getragen sind u. ihr kämpferischer Charakter sich gegen Ende hin noch verschärft. Anderseits.ist durch die Aussagen der Schrift nicht ausgeschlossen, daß dort im Grunde unter A. alle von Menschen getragenen widergöttlichen Geschichtsmächte personenhaft verstanden werden. Unchristliche Polemik u. Apologie identifiziert einzelne konkrete Personen illegitim mit dem A.

Antinomismus,

eine Ansicht u. Haltung, die die Berechtigung u. Geltung jedes ↑Gesetzes bestreitet. A. heißt besonders die Behauptung, nach dem Evangelium sei das Sittengesetz für den Christen als solchen nicht mehr verpflichtend. Antinomistenstreitheißen Kämpfe innerhalb des Luthertums, zwischen J. Agricola (das Gesetz sei völlig wertlos), Melanchthon u. Luther in der l. Hälfte, zwischen einer Antinomistengruppe (M. Neander, A. Poach: der Christ als Glaubender steht über, als Sünder unter dem Gesetz) u. den Anhängern Meianchthons (Konkordienformel 1580) in der 2. Hälfte des 16. Jh.- Zur theol. Problematik u. Beurteilung des A. vgl. ↑Gesetz.

Antiochenische Theologenschule

In Antiochien entstanden weniger durch bestimmte Lehrmeinungen als durch Methoden gekennzeichnete Theologenrichtungen, die charakterisiert sind durch besondere Aufmerksamkeit für den Wortsinn des kritisch geprüften Bibeltextes (Gegensatz zur Allegorese) u. gegenüber der vollkommenen Menschheit Christi (spätere Gefahr des ↑Nestorianismus). Wichtigste Theologen: Malchion (3. Jh.), Lukian v. Antiochien (4. Jh.) mit Areios u. den Häuptern des Arianismus, Diodor v. Tarsos mit seinen Schülern, Theodor v. Mopsuestia u. Johannes Chrysostomos.

Äon

(griech. aion = Welt, Weltalter, Zeitabschnitt, lange Zeit; zeitlose Ewigkeit, so Platon). Schon bei Euripides. dann in Syrien u Auvnten im Gnostizismus personifiziert. Zum biblischen Verständnis von A. als Ewigkeit vgl. ↑Ewigkeit. – Der Sprachgebrauch der Schrift beruht auf dem Äonenverständnis der spätjüdischen ↑Apokalyptik, in der von zwei einander ablösenden Äonen (dieser – jener; Vergänglichkeit – endloser; Schmerzen/Drangsale/Verderbtheit – großer/ neuer/Gerechtigkeit/Wahrheit) gesprochen wird. Dabei wird die Ankunft des künftigen Ä. mit dem Messias in Zusammenhang gebracht u. entweder auf der neuen Erde oder in der himmlischen Welt gedacht. Im letzteren Fall handelt es sich dann oft nicht mehr um eine einfache Ablösung der Äonen, sondern um Gleichzeitigkeit bei qualitativer Divergenz (irdisch/sichtbarer – himmlisch/unsichtbarer Ä.). In der von Jesus verkündeten ↑Basileia spielt diese Zweiäonenlehre keine Rolle, wenn die Terminologie auch in den synoptischen Evangelien verwendet wird (dieser – jener/kommende/zukünftige Ä.). Paulus spricht vor allem (weithin unter wohl bewußter Absehung vom künftigen A.) von „diesem» A., der gegenwärtig, böse ist, einen eigenen „Gott» hat (2 Kor 4,4), aus dem der Christ aber durch Jesu Tod herausgenommen ist u. dem die Christen sich nicht mehr gleichgestalten dürfen (vgl. Kosmos, „diese» .fWelt, der analoge Begriff bei Johannes). Angesichts dieser negativen Aussagen ist zu bedenken, daß Paulus damit anders als das Spätjudentum „diese» Welt als entscheidenden Ort ernst nimmt. Nach Hebr 6,5 haben die Christen die Kräfte des künftigen A. bereits erfahren.

Aphthartodoketen

monophysitische Sekte, in der l. Hälfte des 6. Jh. v. Julian v. Halikarnassos gegründet; Name vom griech. aphthartos = unvergänglich, weil sie den Leib Jesu schon von seiner Empfängnis an als leidensunfähig, unsterblich, unvergänglich ansahen. – Zur weiteren Lehre vgl. ↑Monophysitismus.

Apokalyptik

zusammenfassender Name für eine im Spätjudentum entstandene u. auch in christlichen Kreisen gebräuchlich gewordene Literaturgattung u. für die darin ausgesagten Inhalte. Für die Zeit zwischen 200 v. Chr. u. etwa 800 n. Chr. werden an wichtigeren außerbiblischen Apokalypsen 17 vorchristliche (wenn auch christlich überformte) u. II im christlichen Bereich entstandene angegeben, wegen der ihnen fehlenden Autorität oft bedeutenden Gestalten des AT u. NT (Abraham, Baruch, Elias, Henoch, Isaias, Moses, den Aposteln usw.) zugeschriebeh. Im AT finden sich der Darstellungsweise nach apokalyptische Texte bei Ez, Is, Zach, Joel, Dn; im NT die Apk, die Parusierede Mk 13 mit Parallelen u. 2 Thess 2,1-12, ferner zahlreiche Einzelstellen. Den Inhalt der apokalyptischen Schriften bilden, generell, Visionen des Kommenden, die mit Mahnreden verknüpft u. oft in die Formen exklusiver Jüngerunterweisung gekleidet sind. Gegenüber der spätjüdischen A. Tritt in der biblischen das Phantastisch-Beschreibende (als vorweggenommene Reportage des Künftigen in seinem Ansich ohne existentielle Bedeutung für die eigene Gegenwart) u. das indiskrete Eindringen in Geheimnisse Gottes zurück, generell verschwindet im NT auch die Pseudonymität gegenüber der Berufung auf das eigene prophetische ↑Charisma. Die Echtheit der in der biblischen A. berichteten Visionen ist unter Berücksichtigung der Irrtumlosigkeit der Schrift nach den theol. Prinzipien der Beurteilung von ↑Erscheinungen, der gesamte Inhalt (vor allem die Ansage des Weltendes u. des Ablaufs der Geschichte) nach der theol. Hermeneutik der ↑Eschatologie zu interpretieren. In der heutigen Theologie wird A. verstanden als Entwürfe von Veränderung u. Zukunft in der Sprache des ↑Mythos, positiver eingeschätzt als durch die ↑Entmythologisierung.

Apokatastasis

(griech. = Wiederherstellung), in der Schrift nur Apg 3,21 von der Wiederherstellung der paradiesischen Heilsgüter durch den Messias (im Spätjudentum u. auch Mk 9, 12 dem Elias zugeschrieben, von Jesus aber Mk 9,13 auf Johannes den Täufer gedeutet im Sinn einer Bereitung des Volkes für den Messias), in der späteren Theologie die Wiederherstellung der gesamten Schöpfung (mit Sündern, Verdammten u. Dämonen) in einem Zustand vollkommener Seligkeit (A. = Allversöhnung). Eine A. vertraten (vielleicht) Origenes, (sicher) Gregor von Nazianz, Gregor v. Nyssa, Didymos der Blinde, Euagrios Pontikos, Diodor v. Tarsos, Theodor v. Mopsuestia, Johannes Skotus Eriugena, einzelne Theologen des Mittelalters u. der Neuzeit. DGL: Die positiv sichere Aussage einer A. wurde vom kirchlichen Lehramt als häretisch verworfen (DS 411 801 1002; NR 891 919 905). Diese Verurteilung ist sicher als positiver Hinweis auf die Entscheidungsfähigkeit u. Freiheit des Menschen u. die diesseitig unaufhebbare Offenheit u. Bedrohtheit seiner Entscheidungssituation zu werten; negativ ist damit auch entschieden, daß Menschen sich nach dem Tod nicht mehr bekehren können. In welcher Weise Gott seinen von Anfang an als endgültig gewollten Heilsplan (↑Heilswille) für die Menschen realisieren wird, ob einige, wenige oder viele tatsächlich verdammt werden, darüber gibt die Offenbarung Gottes keinen Aufschluß. Die christliche Intention der A.lehre kann in einer kühnen Theologie der ↑Hoffnung realisiert werden.

Apokryphen

(== verborgene) Bücher, die wegen phantastischer Inhalte, unbekannter Herkunft u. häretischer Verfasser nicht im Gottesdienst u. in der Theologie verwendet u. trotz jüdischen bzw. christlichen u. teilweise frühen Ursprungs nicht in den ↑Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen wurden. Die A. des AT (für die kath. Theologie weitgehend mit der spätjüdischen ↑Apokalyptik identisch) werden von der ev. Theologie als Pseudepigraphen bezeichnet. Unter A. des AT versteht die ev. Theologie meist die sog. „deuterokanonischen Schriften» ↑Kanon. Unter A. des NT (apokryphe Evangelien, Apostelgeschichten, Briefe u. Apokalypsen; zahlenmäßig sehr viele, im 20. Jh. bedeutende Funde) verstehen kath. u. ev. Theologie dasselbe.

Apollinarismus

nach Apollinarios, um 360 Bischof von Laodikeia, benannte theol. Richtung, die lehrte, daß in Jesus die zweite göttliche Person, der Logos, die Stelle des geistigen Teils der Seele Jesu einnehme, u. so die Menschheit Jesu nicht mehr vollnahm. Apollinarios selbst wollte die Gottheit Jesu Christi betonen, nahm das menschliche Fleisch als radikal verdorben an, so daß es ohne eigenes aktives Prinzip in Jesus Christus der radikal unsündlichen Willenskraft des Logos untergeordnet werden mußte, u. lehrte so nur eine Natur Jesu Christi aus der Gottheit des Logos u. dem menschlichen Fleisch. – ↑Monophysitismus.

Apostel

(griech. apostolos = Gesandter) heißen im NT vor allem die Zwölf, aber auch andere Missionare u. Boten der Kirche (z.B. im Gebiet von Antiocheia), wobei die zweite Benennung wahrscheinlich die frühere war. Im Spätjudentum ist der Gesandte eine feste Einrichtung mit dem Prinzip „Der Gesandte (Beauftragte) ist wie der Sendende». In den älteren Paulusbriefen bezeichnet Paulus sich u. seine Mitarbeiter als A. (l Thess 2,7). Die A. haben den Auftrag Jesu, das Evangelium zu verkünden; ein späteres Kriterium des Apostolates ist die Bezeugung der Auferstehung Jesu. Der Botschafterdienst wird in Verantwortung vor Gott im Geist Jesu Christi zum Heil der Menschen ausgeübt (Rom 2,4.11f). Die Apg betont die Sendung der A. durch Jesus; für sie sind nur die Zwölf u. Paulus A. Von den Zwölfen, die Jesus berief (Mk 3,14 mit Parallelen), wird Mt 10,3 (Lk 9,2) berichtet, daß Jesus sie aussandte, u. Lk 6,13, daß er sie A. nannte. Die Zwölfzahl bedeutet den Anspruch Jesu auf die zwölf Stämme Israels, zu dem die A. auch primär gesandt wurden, um in ↑Vollmacht die ↑Basileia anzukündigen. Diese zu Lebzeiten Jesu befristete Funktion wird nach der Auferstehung durch die Gabe des Geistes zu einem ↑Amt (Mt 28,18ff), das kollegial strukturiert u. dessen Haupt Petrus ist (vgl. Mt 16,18f). Für die A. als Zeugen Jesu Christi (zumal Augenzeugen des Auferstandenen) u. als Fundament der Kirche gibt es wohl einen Fortbestand (dauernde Gültigkeit) ihrer einmaligen Funktionen (u. darum in der Kirche die Pflicht zu deren Behütung), aber in diesen Funktionen keine eigentliche Nachfolgerschaft, darum auch die DGL: Die ↑Offenbarung ist der Kirche ganz u. ausschließlich durch die A. vermittelt überkommen (DS 1501; NR 87f); theologisch sichere Lehre ist, daß die öffentliche Offenbarung mit dem Tod des letzten A.s abgeschlossen ist (DS 3421) u. deshalb nur noch eine ↑Dogmenentwicklung, nicht aber inhaltliche Erweiterung erfahren kann. Die kath. Theologie (eingehend das II. Vat., Kirche 18ff; Offb 18f) erkennt demgemäß gegenüber der Einmaligkeit des Anfangs auch eine legitime Entfaltung des A.amtes (in jenen Funktionen der A., die auch zum Fortbestand der Kirche notwendig sind) in den Diensten des Papstes u. des Kollegiums der ↑Bischöfe, als des wirklichen Nachfolgers des Kollegiums der A. in der Leitung der Kirche, bei der Reinerhaltung u. Auslegung der Offenbarung, die schon im NT grundgelegt ist(Apg20,28; ITmi4,14;2Tim 1,6).↑Apostolizität der Kirche.

Apostolizität der Kirche

als eine Wesenseigenschaft u. ein Merkmal der ↑Kirche bezeichnet ihre in der raum-zeitlichen Entwicklung gleichbleibende Wesensidentität mit der Kirche der ↑Apostel (DS 468 f 732 2886 ff; im 4. Jh. ins Glaubensbekenntnis aufgenommen). Diese ist darin gegeben, daß diese Kirche von Jesus Christus in den Aposteln u. durch sie gegründet ist, daß sie in Lehre u. Sakramenten mit den Aposteln wesentlich übereinstimmt, daß Papst u. Bischöfe in ununterbrochener Reihenfolge in einem wahren Sinn die Nachfolger der Apostel sind (die auf gültiger sakramentaler Weihe beruhende wirkliche, materiale, nicht bloß formale Nachfolgerschaft, die ↑Successio apostolica, von Bischöfen findet sich auch außerhalb der kath. Kirche, besonders in den von Rom getrennten Ostkirchen). Nach ev. Lehre ist die A. schon damit gegeben, daß Gottes Wort nach apostolischer Botschaft in ihr lebendig ist (Barmer Erklärung 1934), doch wird neuerdings mit Verständnis gesehen, daß legitim die Verkündigung des apostolischen Wortes u. der Vollzug der Sakramente von einem auf Jesus Christus zurückgehenden ↑Amt abhängen müssen.

Appropriation

(lat. = Zueignung) ist die theol. Aussageweise, in der Eigenschaften oder Tätigkeiten Gottes, die den drei Personen der ↑Dreifaltigkeit gemeinsam sind, von einer einzelnen Person ausgesagt werden (nicht aber nur einer einzelnen Person zukommen). Die kath. Theologie wahrt mit der sorgsam versuchten Unterscheidung, was z. B. in der Schrift A. ist u. was nicht, den strengen ↑Monotheismus u. hält an der DGL fest, daß die göttlichen Personen gegenüber der Welt ein einziges, anderes schaffendes Wirkprinzip sind (DS 800 1330; NR 918) (A. ist z. B. die Zueignung von Allmacht an den Vater, von Weisheit oder Wahrheit an den Sohn, von Güte u. Heiligkeit an den Geist). Ist die A. als sorgfältig zu beachtende Redeweise in der Schöpfungs- u. Erlösungslehre erkannt, so darf sie doch nicht schlechthin in die Gnadenlehre übertragen werden. Die ↑Einwohnung Gottes im Gerechtfertigten ist (weil ↑Selbstmitteilung) je den göttlichen Personen wohl nicht bloß appropriiert, sondern durch die ↑Gnade ist wohl ein eigentümliches Verhältnis einer jeden göttlichen Person zum begnadeten Menschen gegeben (dementsprechend sind die Schriftaussagen keine A., daß der Vater in der Trinität unser Vater ist, daß der Geist in eigentümlicher Weise in unseren Herzen wohnt usw.).

Arbeit

bezeichnet all jene körperlich-energetischen sowie geistig-ideellen Handlungen u. Verrichtungen des Menschen, die der instrumentell-gegenständlichen Sicherung seiner physischen Existenz u. ihrer Reproduktionsbedingungen dienen. Schon sehr früh hat die theol. Reflexion die A. als schöpferische u. gottgewollte Tätigkeit zur Aneignung der Welt als Lebensmittel des Menschen (Gn 1,28) mit dem Moment des Quälenden, Freudlosen u. Zwanghaften (Gn 3,17-18) kontrastiert u. die Widerspenstigkeit der inneren wie der äußeren ↑Natur gegen die zweckmäßige Aneignung durch das menschliche Subjekt auf dessen gestörtes Verhältnis zu seinem Schöpfergott (↑Erbsünde) zurückgeführt. Trotz dieses dunklen Kontrastes zwischen der Idee einer lustvollen A. u. der mühseligen Faktizität ihres Vollzugs hat die christlich-jüdische Tradition im Widerstand gegen ihre antike Umwelt die körperliche A. nicht als etwas Ehrenrühriges verachtet, sondern sie als grundlegende, gemeinschaftsbezogene Verpflichtung eines jeden eingestuft (2Thess 3,10). Anderseits wird die Gefahr gesehen, daß der Mensch von seiner A. aufgezehrt u. dadurch sich selbst u. Gott entfremdet wird. Die A. wird daher stets relativ zum Bedürfnis des Menschen nach Selbstverwirklichung gesehen, weswegen ihr Wert auch häufig im biblischen Kontext eingeschränkt wird (Ex 20,10; Mt 6,23). Die Theologie hat gerade angesichts eines in der Neuzeit immer deutlicher werdenden Widerspruchs zwischen Lohn-A. u. Kapital die Differenz von entfremdeter u. nichtentfremdeter A. vor dem angedeuteten Hintergrund zu reflektieren, als gottwidrig zu kritisieren u. die Abschaffung aller Verhältnisse zu verlangen, die verhindern, daß sich im arbeitenden Menschen das wahre Bild des Schöpfers spiegeln kann. K.F.

Ärgernis

(griech. skandalon = Falle), im NT zunächst das Ä. Jesu Christi (Jesus als „Zeichen des Widerspruchs»: Lk 2,34; vgl. Mt 11,6; l Kor 1,18-2,16), nämlich gegenüber der irdischen Messiaserwartung u. in Tat u. Lehre gegenüber der Selbstgerechtigkeit. Das Ä. liegt in der Unbegreiflichkeit (dem Paradox) der Menschwerdung Gottes (so vor allem nach Johannes), die alles welthafte Vorstellen u. Verstehen radikal übersteigt (Jo 1,5.10), erst recht im Kreuz Jesu (so vor allem Paulus). – Das Ä.geben der Christen ist nach dem NT vor allem notwendige Äußerung des bösen Äons (Lk 17, l), der das besondere Wehe Jesu gilt. Nach der Moraltheologie kann das Ä. beim Ä.nehmer liegen, wenn nämlich ein Verhalten in sich gut ist, aber bei einem uneinsichtigen, geistlich-religiös hochmütigen (scandalum pharisaicum) bzw. bei einem geistig unreifen, charakterschwachen Menschen (scandalum pusillorum) zum Anlaß der Sünde ( = Ä.) wird. Das pharisäische Ä. darf nicht, das Ä. der Kleinen soll tunlichst vermieden werden. Bei Ä.geben aus Bosheit (um einen andern zur Sünde zu verleiten) u. aus Fahrlässigkeit (wenn die Sünde eines andern vorausgesehen, aber trotz Könnens nicht verhindert wird) geschehen Sünden gegen die Liebe u. in der betreffenden Sache, mit der Pflicht, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. In der modernen pluralistischen Welt u. Kultur ist, statt einseitig vor moralischem Ä. zu warnen, zu positivem Zeugnis zu ermutigen, auch wo dies für die Umwelt ein Ä. im biblischen Sinn wird.

Arianismus

von Areios, Priester in Alexandrien, aus der ↑Antiochenischen Theologenschule hervorgegangen, seit etwa 315 vorgetragene Irrlehre, die sich mit dem Verhältnis von Vater u. Sohn in der göttlichen Dreifaltigkeit u. mit der Menschwerdung beschäftigte u. die Frage nach dem Sohn im Sinn eines „doppelten Logos» löste, während die Aussagen über den Heiligen Geist bloße Konsequenzen davon sind. Nach dem A. ist der ↑Logos zum einen immer bei Gott, eine Eigenschaft Gottes; zum anderen ist er nicht ewig wie der Vater, empfing aber sein Dasein vor der Zeit unmittelbar vom Vater wie kein anderes der Geschöpfe, jedoch nicht aus der Substanz des Vaters. So ist er zugleich gezeugt u. geschaffen, Gott nur durch Teilnahme wie wir, das Mittlerwesen zwischen Gott u. Welt. Zur Prüfung mußte dieser Logos radikal Mensch werden, nach dem A. so, daß der Logos in dem Menschen Jesus die Stelle der menschlichen Seele einnahm, so daß also Jesus ohne menschliche Seele war. Diese Lehren wurden 325 vom l. Konzil v. ↑Nikaia verurteilt, fanden aber eine starke Stütze in der Konstantinopler hofnahen Partei der Eusebianer (Bischof Eusebios v. Nikomedien), so daß Athanasios, Hauptverteidiger Nikaias, mehrfach in Verbannung gehen mußte. Der A. spaltete sich in eine radikale Richtung (Christus dem Vater radikal unähnlich, anhomoios, daher die Anhomöer), in eine mittlere (dem Vater ähnlich, homoios, Homöer) u. in eine vermittelnde, die mit dem Begriff wesensähnlich (homoiusios, Homöusianer, Semiarianer) dem Kernbegriff von Nikaia, daß der Sohn dem Vater wesensgleich (homousios) ist, nahekam. Der im l. Konzil v. ↑Konstantinopel 381 theologisch endgültig überwundene A. hielt sich bei germanischen Stämmen bis ins 7. Jh.

Arkandisziplin

heißt der Brauch der frühen Kirche (in der Didache erstmals bezeugt), gegenüber Ungetauften über Taufe, Eucharistie, ja den ganzen Inhalt des Glaubens, den Ort des Gottesdienstes usw. gar nicht oder nur in Andeutungen zu sprechen (Symbole), Höhepunkt 4./5. Jh. Die A. ist für die Gegenwart von grundsätzlicher Bedeutung aus der Erwägung, daß es Dinge gibt, die nur unter der dauernden, verfügenden Kontrolle der gestattenden oder versagenden Freiheit des Zeigenden gezeigt u. nur innerhalb dieser Zone von einem anderen bei personaler Beteiligung u. personalem Mitvollzug mit dem gezeigten Ereignis gesehen werden dürfen, nicht aber in der nackten Neugier eines bloßen Zuschauers (metaphysische Scham).

Armut

ist im AT gleichbedeutend mit Elend, Ausgebeutetsein, Rechtlosigkeit, ein nicht von Gott, sondern von den Reichen u. Mächtigen stammendes Übel, z.T. auch Strafe für Sünden. Nach der Unterdrükkung ganz Israels wird „arm» zu einem religiösen Begriff im Sinn von „demütig», „fromm». Die Armen sind im Spätjudentum das wahre Israel. Jesus, selbst ein Armer, spricht Lk 6,24 sein Wehe über die Reichen u. Satten aus u. preist Mt 5,3 die Armen im Geiste selig, d.h. nach heutiger exegetischer Kenntnis nicht die Demütigen, Bettler vor Gott, Geistlosen, Entsagenden, sondern die wirklich Armen u. Leidenden. Jesus fordert für die zu ihm Gehörenden den Verzicht auf Besitz (Mt 8,20), nicht ethisch motiviert, sondern wegen u. in dem Maß der Freiheit für ihn selbst, die dadurch erreicht werden kann, u. wegen der notwendigen Gleichheit der Christen u. der Einheit seiner Gemeinde (vgl. die Feindschaft gegen die Reichen im NT, z.B. Jak, die Gütergemeinschaft der Urkirche). – Die unfreiwillige A. zu bekämpfen unter Anwendung aller Mittel zur Behebung eines sozialen Pauperismus bleibt sittliche Pflicht des Christen, den Jesus darauf hinwies, daß es nie gelingen werde, die A. ganz aus der Welt zu schaffen (Mt 26,11), woraus jedoch keinesfalls die Aufforderung gelesen werden darf, die Verelendung u. soziale Ungleichheit nur in Ergebung zu tragen. Die freiwillig übernommene A. soll christliche ↑Askese u. wie aller Gehorsam gegenüber den ↑evangelischen Räten Zeichen des Glaubens der Kirche an die angebrochene Endzeit u. Hinweis auf den Grund christlicher Hoffnung sein. Wird die praktische Ausführung in der heutigen pluralistischen Welt auch sehr schwierig, so bleibt doch für die Kirche in der Nachfolge Jesu der Auftrag bestehen, nicht eine reiche Kirche für die Armen, sondern eine arme Kirche mit den Armen zu sein. – A. behält auch als religiöser Begriff Bedeutung im Sinne von Verzicht auf Selbstrechtfertigung, von Annahme der Gnade Gottes mit leeren Händen, von Verschwendung der Liebe ..umsonst».

Aseität

besagt, daß Gott von sich (a se), aus sich u. durch sich ist, in keinem anderen gründet u. daß deshalb in ihm Dasein u. Sosein identisch sind (Seinsfülle). Bei der näheren Erklärung verstehen die Thomisten das Sein Gottes als reinen ↑Akt (reines Sein als die der Gezweitheit von Sosein u. Vorhandenheit vorgegebene Grundwirklichkeit, ipsum esse = actus purus), die Nichtthomisten als Sosein, das wegen der Vollkommenheit Gottes zugleich Wirklichkeit ist (essentia subsistens = a se existens).

Askese

(griech. askesis = Übung, Verzicht) bedeutet in der stoischen Popularphilosophie die Lösung von aller Verklammerung an die Welt zur Erreichung der freien Unerschütterlichkeit des Weisen. Die biblischen Ansätze zum Verzichten um Gottes willen gehören im AT in den Umkreis der kultischen ↑Reinheit; spätere biblische u. spätjüdische Motivierungen sind das Freisein für Gott u. der Lohn für die A. wie für jedes andere gute Werk. Die christliche A. darf nicht von bewußter oder unbewußter Verachtung der Welt, Untreue u. Flucht vor der irdischen Aufgabe bestimmt sein, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß es im Christentum A. gibt, die verlogenes Ressentiment des Lebensuntüchtigen ist, der die Welt verachtet, weil er zu schwach u. zu feige ist, sie festzuhalten u. in ihrem Großen u. Schweren zu meistern. Das Wesen der spezifisch christlichen A. besteht primär nicht in moralischer A., d.h. in der Bekämpfung alles Sündigen, aller gefährlichen Naturkräfte, im Training zur Erlangung einer ungestörten Harmonie zwischen den verschiedenen Kräften des Menschen, also in A. als Mittel zur Tugend oder als Konsumverzicht, so wichtig u. sinnvoll eine solche A. ist. Christliche A. ist auch nicht kultische A., in der der Mensch der Gottheit Opfer darbringt, weil das Profane, das genießende Aufgehen in der Welt als Gegensatz zum Heiligen empfunden wird u. man glaubt, durch Opfer u. Öpferchen Gott näher zu kommen. Christliche A. ist schließlich auch nicht mystische A., also die Bereitung des Subjekts (Absterben für die Welt, das Ich u. den eigenen Willen usw.) für eine geheimnisvolle Erfahrung des Göttlichen. Christliche A. muß vielmehr beheimatet sein in der ausschließlich christlichen Interpretation des menschlichen Daseins als eines Ganzen. Der Mensch hat existentiell u. ohne Verfälschung jenes Vorkommende auf sich zu nehmen, das die innerweltliche Sinnrundung des menschlichen Daseins als Ganzen in Frage stellt: den ↑Tod. Wo der Mensch seiner Todessituation so bejahend ins Auge sieht, wo er personal zu dieser Todesverfallenheit (aus dem reflex-expliziten Mitsterben mit oder aus implizitem Glauben an ↑Jesus Christus) ja sagt u. dieses Ja existentiell realisiert, indem er freiwillig auf dieses stückweise im ganzen Leben sich realisierende Sterben vorgreift, u. wo er darüber hinaus sich des existentiellen Ernstes u. der inneren Wahrhaftigkeit dieser Bereitschaft zum Tode dadurch versichert, daß er über das schicksalhaft Erzwungene hinaus ein Mehr an Passion als Moment des Todes an sich reißt, dort treibt der Mensch A. im eigentlichen, christlichen Sinn. Dies ergibt sich als Systematik aus den Aussagen des NT zum Thema A., nach denen in geheimnisvoller paradoxer Identität das „Muß», Nachfolge Jesu, Passion, Kreuz, Tod personal gewollt u. übernommen sein muß, ohne daß dieses „Muß» (u. seine Schwere) dadurch je ganz aufgeholt werden könnte; nach denen ferner christliche A. nie hundertprozentig sein kann, nie der ausschließliche Weg zu Gott ist (vgl. die Vorwürfe gegen Jesus, er sei ein Fresser u. Säufer, Mt 11,18f), sondern ↑Berufung (wie auch zu ihren bestimmten Formen, z.B. dem Ordensleben) sein muß. Die Verschärfungen der Mahnung zur A. bei Paulus u. in der frühesten Christenheit erklären sich aus der nahen Parusieerwartung (↑Naherwartung).

Assumptus-Homo-Theologie

sehr verschiedene Formen der ↑Christologie, die a) in der Menschwerdung mehr die Hinaufnahme (assumptio) des Menschen als die Erniedrigung u. Entäußerung Gottes sieht (A.-G. Sertillanges OP [†1948] u.a.), b) in der ↑hypostatischen Union nicht nur eine Menschheit, sondern einen Menschen mit psychologischer Autonomie u. psychologischem Ich dem Logos vereint sieht (P. Galtier SJ [†1961] u.a.), c) den assumptus homo, den Menschen Jesus Christus, als ..jemand» bezeichnet, der sich von Gottes Sohn unterscheidet (D. de Basiv OFM [†1937], L. Seiller OFM). Die Form c) wurde vom kirchlichen Lehramt 1951 verurteilt (DS 3905; NR 247).

Astralleib (LThK)

(Seelenleib), ein „feinerer» Leib, der sich im grobstoffl. Körper verbergen soll. Die ↑Theosophie, ↑Anthroposophie u. die ↑Gralsbewegung v. Vomperberg haben die alte Idee eines A. wieder aufgegriffen: der A. aus der „mittleren Grobstofflichkeit» stammend, ist Brücke und Werkzeug für den Geist. Davon ist der Ätherleib zu unterscheiden, das Bindeglied zw. stoffl. Leiblichkeit u. innerem Leben. Die Existenz eines A. behauptet auch der moderne ↑Okkultismus. E. HAMMERSCHMIDT

Aszetik

heißt jene Disziplin, die wissenschaftlich-theologisch über die Befindlichkeit u. Aufgaben des konkreten christlichen Daseins im Hinblick auf dessen individuelle christliche Bewältigung reflektiert (bisher häufig als Lehre vom Vollkommenheitsstreben mißverstanden) u. sich dabei sowohl von ↑Mystik als auch von ↑Moraltheologie unterscheidet. Name 1655 erstmals bezeugt, Disziplin seit dem 17. Jahrhundert.

Atheismus

heißt die Leugnung der Existenz oder jeder (nicht nur rationalen) Erkenntnis Gottes. Dieser theoretische A. kann in seinen Vertretern tolerant (bis bekümmert) sein, wenn er keine missionarischen Absichten hat; er ist ,,militant», wenn er sich als eine für das Glück der Menschheit zu verbreitende Lehre versteht u. jede Religion als schädliche Verirrung bekämpft. Von einem praktischen A. (Indifferentismus) spricht man bei einer Lebensführung, in der aus der (theoretischen) Anerkennung des Daseins Gottes keine (merklichen) Folgerungen gezogen werden. Die Beantwortung der Frage, wo genau A. vorliegt, hängt davon ab, welchen genauen Gottesbegriff man voraussetzt. Geistesgeschichtlich ist der A. als philosophisches System immer an kritischen Übergangspunkten sich ablösender Epochen geistiger, kultureller u. sozialer Art aufgetreten, wo jeweils eine bestimmte Erfahrung der eigenen Endlichkeit scheinbar überwunden, die Erkenntnis der radikalen Endlichkeit verdeckt u. dadurch der Eindruck erweckt wurde, es sei kein Platz für eine vom Menschen verschiedene, eigentlich unendliche u. absolute Wirklichkeit, wo man auch die Problematik bisher genügender Vorstellungsmodelle u. Begriffe erkannte. Die philosophische Kritik des A. wird zunächst in einer transzendentalen Methode aufzuzeigen haben, daß erkenntnistheoretisch (kritisch) u. metaphysisch absoluter Skeptizismus oder eine positivistische, pragmatische oder „kritizistische“ Begrenzung der menschlichen Erkenntnis auf den unmittelbaren Erfahrungsbereich sich selbst aufhebt, daß sich also die Möglichkeit der Metaphysik, die in der notwendigen Erkenntnis des Menschen implizit da ist, immer selbst bejaht. Von da aus ist in einem in dem richtig verstandenen ↑Gottesbeweis Dasein u. Wesen Gottes ausdrücklich zu machen, die absolut einmalige Art dieser Erkenntnis (als Erkenntnis des ↑Geheimnisses der Unbegreiflichkeit Gottes in Analogie) aufzuzeigen u. von daher die Möglichkeit des A. selbst u. seine Grenzen verständlich zu machen. Wenn der A. sich selbst versteht u. begreift, was mit Gott gemeint ist, leugnet er, daß die Frage nach dem Sein im ganzen u. nach dem so fragenden Subjekt als solchem überhaupt gestellt werden kann u. darf. Solche Kritik des A. müßte ergänzt werden durch eine soziologische u. kulturkritische Deutung des Milieus, in dem der A. als Massenerscheinung erwächst, durch eine tiefenpsychologische Erklärung des „psychischen Mechanismus», der dem Zweifel u. der „Unvollziehbarkeit» des Transzendenten zugrunde liegt (A. als „Flucht» vor Gott). Die philosophische Kritik am A. müßte immer auch eine Kritik am faktischen Theismus vulgärer u. philosophischer Art sein, weil der A. wesentlich von dem Mißverständnis Gottes lebt, an dem der Theismus in seinen tatsächlichen historischen Gestalten leidet. Ferner müßte gesehen werden, daß die theoretische Erkenntnis Gottes auf die Dauer nur lebt, wenn sie sich „aufhebt» in das Ja der ganzen Person u. ihres ganzen Lebens zu diesem Gott. Die Theologie hält als DGL die ↑Erkennbarkeit Gottes fest; Anhänger des A. sind aus der Kirche ausgeschlossen (DS 3021 3023 ff; NR 735 737ff). Die Schrift, deren Sorge u. Kampf nicht dem A., sondern dem Götzendienst gilt, legt durch die Aussagen von der Geschaffenheit der ganzen Wirklichkeit der Welt, der natürlichen Erkennbarkeit Gottes aus ihr (Weish 13; Rom 1,20) bereits den Weltbegriff der Neuzeit nahe, der die Welt selbst in sich erforschbar u. beherrschbar macht. Die biblische „Entzauberung» der Welt als Geschöpf, die für den wahren, anbetenden Theismus notwendig ist, hat als Preis die Versuchung u. Gefahr des modernen A. bei sich, in der ..Erklärung» der Welt ohne Gott auszukommen (vgl. Apg 17,22ff mit Eph 2,12 u. Rom l, 21 ff). Angesichts der (relativ leichten: Weish 13,9) Erkennbarkeit Gottes u. der „Unentschuldbarkeit» des „törichten» A. (Weish; Rom l) wird von den kath. Theologen im allgemeinen die Lehre vertreten, daß ein schuldloser negativer (d.h. zu keinem Urteil über die Gottesfrage kommender) A. unter normalen menschlichen Verhältnissen dem Einzelnen auf längere Zeit nicht möglich sei. Ein positiver (d.h. die Nichtexistenz Gottes oder seine Unerkennbarkeit behauptender) A. wird als mögliches Faktum u. auch als Dauerzustand zugegeben, aber als schuldhaft qualifiziert. Doch läßt diese Lehre noch viele Nuancierungen zu. L. Billot betont die soziale u. kulturelle Abhängigkeit der Einzelnen von ihrem Milieu u. hält es darum für denkbar, daß viele ..Erwachsene» hinsichtlich der Gottesfrage unmündig bleiben. M. Blondel u. H. de Lubac betonen die radikale Verwiesenheit auf Gott als das Wesen des Menschen so, daß es im Grunde keine Atheisten geben kann, sondern nur solche, die meinen, nicht an Gott zu glauben. Überlegungen der Theologie zum A. wurden vom kirchlichen Lehramt im II. Vat. ernsthaft reflektiert. In Kirche 16 wird ein „unschuldiger» A., der den Atheisten vom ewigen Heil Gottes nicht ausschließt, als real möglich angesehen. In Kirche/Welt 19-21 wird gesagt, daß der A. möglicherweise nur einen Gott verwirft, den es wirklich nicht gibt, daß er oft einer Atrophie einer echten religiösen Erfahrung entspringt, daß er sich oft entzündet am ↑Theodizee-Problem, auch gesellschaftliche Ursachen hat u. oft eine falsche Interpretation einer an sich legitimen Freiheits- u. Autonomieerfahrung des heutigen Menschen oder seines Willens zu aktiver Befreiung aus wirtschaftlichen u. gesellschaftlichen Fesseln oder eine Absolutsetzung menschlicher Werte ist. Es wird gesagt, daß am A. als kritischer Reaktion gegen ungenügende Gestalten des Theismus in Theorie u. Leben auch die Christen Schuld tragen. Es wird betont, daß der Glaube an Gott auf eine Frage antwortet, der der Mensch auf die Dauer u. in den entscheidenden Augenblicken seines Daseins nicht ausweichen kann, u. daß die aktive innerweltliche Zukunftsgestaltung durch den christlichen Glauben u. die eschatologische Hoffnung nicht geschwächt wird. Systematisch-theologisch ist zum A. zu sagen: Es kann einen nominellen Theismus geben, der aber trotz der gegenständlichen Rede von Gott das eigentliche Wesen der ↑Transzendenz auf Gott entweder (noch) nicht echt in personaler Freiheit vollzieht oder es im Grunde atheistisch, d.h. gottlos, verneint; es kann einen A. geben, der bloß meint, einer zu sein, weil in unausdrücklicher Weise die Transzendenz gehorsam angenommen wird, es aber nicht gelingt, sie ausdrücklich genug zu machen; es kann einen totalen, aber damit auch notwendig schuldhaften A. geben, in dem in angsthafter oder stolzer Selbstverschließung die Transzendenz verneint u. dies ausdrücklich reflex gemacht wird. Welche von diesen möglichen Formen des A. im einzelnen Menschen u. welche in einer Zeit gegeben sind, ist letztlich das Geheimnis des allein richtenden Gottes. Dem Atheisten müßte das Christentum im Dialog verständlich machen, wo er im Vollzug des Daseins Gott begegnet, auch wenn er dieses letzte Woraufhin u. Wovonher seiner sittlichen Freiheit u. Liebe nicht ,,Gott» nennt, sie nicht zu „objektivieren» wagt u. oft die institutionalisierte Religion als Opium oder als Widerspruch zu diesem unsagbaren Geheimnis seines Daseins empfindet. Eine atheistische Ethik kann es insofern geben, als es Werte u. die daraus erfließenden Normen gibt, die von Gott verschieden sind (die personale Natur des Menschen u. alles, was dieser entspricht, z.B. Gemeinschaft) u. ohne ausdrückliche Erkenntnis Gottes gesehen u. bejaht werden können. Sollen aber diese Werte u. Normen absolut verpflichten, so ist das nur möglich aufgrund der (wenn auch nur implizit bejahten) Transzendenz des Menschen auch im Sittlichen auf Gott hin, so daß unter dieser Hinsicht eine auch nur subjektiv sich in sich vollendende atheistische Ethik u. so ein A. nicht möglich sind. Zuzugeben ist, daß jemand meint, er sei ein Atheist, der in Wahrheit in der Absolutheit, mit der er sich dem Anspruch des Sittlichen beugt (wenn er das wirklich tut, was nicht schon wegen der bürgerlichen Anständigkeit eines solchen Menschen allein anzunehmen ist), Gott bejaht u. das in der Tiefe seines Gewissens auch weiß, obwohl er in der objektivierenden Begrifflichkeit seines gegenständlichen Bewußtseins das, was er vollzieht, falsch interpretiert.

Ätiologie

(griech. aitia = Ursache) im weitesten Sinn ist die Angabe eines Grundes, einer Ursache für eine andere Wirklichkeit. In einem engeren Sinn: die Angabe eines früheren Geschehens als Grund eines erfahrenen Zustandes oder Vorkommnisses im menschlichen Bereich. Dieser Rückverweis auf ein früheres Geschehen kann entweder a) gestaltet sein als bildhafte Vorstellung einer Ursache, die im Grunde nur den gegenwärtigen Zustand plastisch verdeutlicht zum Bewußtsein bringen soll: mythologische A. Oder b) dieser Rückverweis ist die wirkliche, sachlich mögliche u. berechtigte (obwohl evtl. bildhaft ausgedrückte) Erschließung einer geschichtlichen Ursache aus einem gegenwärtigen Zustand, der durch die Verdeutlichung seiner Herkunft selbst deutlicher erfaßt wird, wobei die wirkliche Ursache u. die jetzige Folge in einer Perspektive gesehen werden: geschichtliche A. Diese Begrifflichkeit läßt sich auf die Aussagen der Schrift über die Urgeschichte der Menschheit im Sinne von b) anwenden: ↑Schöpfungsbericht.

Attritionismus

(von lat. attritio = Reue) ist die Lehre, die attritio genüge zum gültigen Empfang des Bußsakramentes. Wesentlich ist die Begriffsgeschichte: attritio (taucht im 12. Jh. auf) ist zuerst die unvollkommene Reue als ungenügende Bemühung um die contritio, die vollkommene Reue (↑Kontritionismus), aber auf diese hingeordnet; später wird sie als eigene, ernsthafte, von sittlichen Motiven (z.B. Furcht vor der göttlichen Gerechtigkeit), aber noch nicht von der Liebe getragene, die Sünde als solche verwerfende bestimmte Reueart aufgefaßt, aber heftig von Luther als ,,Galgenreue» angegriffen (↑Gottesfurcht). Vor dem Konzil von Trient ging die Diskussion darum, ob das .fBußsakrament die attritio in eine contritio verwandeln könne. In Trient wurde bejaht, daß die attritio eine sittlich gute Vorbereitung für das Sakrament sei: DS 1678; NR 651. Nach Trient wurde diskutiert, ob die Furchtreue als nächste ↑Disposition zum Bußsakrament genüge oder darüber hinaus ein ausdrücklicher Akt wenigstens schwacher Liebe gefordert sei. – Vgl. 4azu ↑Reue.

Auferstehung des Fleisches

Der Mensch ist das Wesen der Erwartung der Zukunft, die Vollendung ist. Er kann sich diese Vollendung, da er sich als Einheit erfährt, nicht einfach als Vollendung der ↑Seele denken, auch wenn er sich das „Wie“ einer ganzheitlichen Vollendung nicht vorstellen kann.

l. Die Heilige Schrift des AT u. das Spätjudentum bezeugen ein erst schrittweises Hervortreten des Glaubens an die Auferstehung (A.) des Fleisches, dessen erstes sicheres Zeugnis im AT Dn 12,lbff ist (weitere Zeugnisse: 2Makk 7; in den Apokryphen des AT vor allem als Privileg der Gerechten bezeugt, später dann von allen, Guten u. Bösen, ausgesagt). Zur Zeit Jesu wurde die A. besonders von den Sadduzäern bestritten, weil nicht bei Mose bezeugt, die von Jesus aufgrund der Schrift widerlegt wurden (Mk 12, 18-27). Die A. ist in der Verkündigung Jesu, auch Apg 24,15, im Johannesevangelium u. in der Apk klar ausgesagt, von Paulus theologisch entfaltet, unter scharfer Ablehnung des hellenistischen Leibverständnisses (Leib = Grab oder Gefängnis der Seele). Eine Seligkeit beim Herrn ohne den Leib kommt im NT überhaupt nicht vor. Der A.sleib des Christen ist nach Paulus pneumatisch (wie die ganze A. vom /’Pneuma bestimmt ist), dem ~Doxa-Leibb Jesu Christi gleichgestaltet (Phil 3,21; l Kor 15,35 ff), aber analog zum verherrlichten Leib Jesu in einem Zusammenhang mit dem irdischen, wenn auch als verwandelter (l Kor 15,36ff.51). Von der A. der Nichtchristen u. Nichtgerechten spricht Paulus nicht: er setzt sie aber in der Theologie des ~Gerichts voraus.

2. Der A.sglaube der Christenheit war durch Jahrhunderte von der griechischen Abwertung des rleibes u. der individualistischen Seelenheilsorge verdunkelt, ferner vom antiken Weltbild mit der Vorstellung vom /’Himmel als einem Ort vor u. außerhalb der Heilsgeschichte, an den man aufsteigend auswandern könnte. Gegen seinen Vorgänger Johannes XXII. sprach Benedikt XII. als DGL aus, daß die /’Anschauung Gottes nicht erst nach der (als „später» eintretend vorausgesetzten, so aber nicht definierten) A. eintreten, sondern dem menschlichen Wesensgrund schon vor seinem Vollzug in seine verklärte Leiblichkeit hinein zukommen könne (DS lOOOf; NR 901-904).

3. Für eine adäquate Auffassung von der A. ist zu beachten, daß „Fleisch» in der Schrift den ganzen Menschen in seiner leibhaftigen Wirklichkeit meint (zu einem differierenden Gebrauch vgl. /»Sarx). Dieser ganze Mensch ist aber in seiner Einheit ein plurales, in mehreren Dimensionen (Materie – Geist, Natur – Person, Aktion – Passion usw.) existierendes Wesen, dessen Vollendung nicht unbedingt in allen Dimensionen „gleichzeitig» geschehen muß. So ist auch denkbar, daß die bleibende Wirklichkeit des personalen Geistes schon im /»Tod zur unmittelbaren Gottesgemeinschaft gelange u. der Verstorbene dennoch mit der Wirklichkeit, dem Geschick u. so der Zeit der Welt verbunden bleibe, zumal der personale Geist als Sinn der gesamten Weltwirklichkeit u. das Ende der Welt, das nicht das Ende ihres Daseins, wohl aber ihrer Geschichte ist, als Partizipation an der Vollendung des Geistes gesehen werden müssen (/’Zwischenzustand). Vollendet ist diese Vollendung nur in der Einbeziehung jener Dimension, die untrennbar als das Materielle zur Konkretheit des Geistes gehört u. als vollendete doch nicht mehr an einer Raumstelle unserer physikalischen Räumlichkeit gedacht werden muß. Damit ist nicht gesagt, daß die A. nicht als ein mit dem Tod bereits beginnender Prozeß gedacht werden kann. Zur A. als Sichtbarwerdung der ganzen Geschichte eines Menschen vgl. .rGericht; zur Vollendung auch der menschlichen Gemeinschaften in der A. vgl. rHimmel. Spekulationen über den A.sleib finden ihre Grenze an der Eigenart der biblischen /’Eschatologie.

Auferstehung Jesu

l. Eine apologetische Beweisführung der historischen Tatsache, daß ↑Jesus Christus nach seinem wirklichen u. wahrhaften Tod, seiner Abnahme vom Kreuz u. seiner ordnungsgemäßen Bestattung in seiner ganzen u. darum leibhaftigen Wirklichkeit zur verklärten Vollendung u. Unsterblichkeit auferstanden ist, steht nicht im Vordergrund der Osterbotschaft des NT (darüber 2). Aber es ist wichtig, angesichts der heute möglichen Glaubensschwierigkeiten zuerst auf die gutbegründete Geschichtlichkeit dieser Tatsache hinzuweisen. Sie stützt sich auf zwei sich gegenseitig tragende u. erhellende Erfahrungen, die selbst bei kritischer Exegese u. rein historischer Forschung jeder ernsthaften Bestreitung standhalten. Die eine Erfahrung ist die Entdeckung des leeren Grabes (älteste Bezeugung Mk 16, 1-8), die nach kritisch-exegetischem Befund gerade nicht in den Dienst einer apologetischen Beweisführung gestellt wurde (einerseits: Entdeckung durch die nach jüdischem Recht zeugnisunfähigen Frauen [,,leeres Geschwätz» Lk 24,11]; Abschluß des Berichts mit einem bloßen Furchtmotiv Mk 16,8; aber anderseits: Nachprüfbarkeit des Berichts in Jerusalem; Fehlen jeder Bestreitung der Tatsache des leeren Grabes von seiten der antichristlichen Jerusalemer Polemik). Die andere Erfahrung ist die der mehrmaligen Selbstbezeugung Jesu (ältestes Zeugnis dafür l Kor 15,3b-5, ein ursprünglich aramäisch gefaßtes, in den ersten Jahren der Urgemeinde entstandenes Traditionsstück, das nach der jüdischen Anthropologie nur eine leibliche Auferstehung meinen u. jedenfalls nicht ,,reine Legitimationsformel» sein kann) gegenüber auserwählten Zeugen, die ihren Glauben bekunden nicht in erster Linie aufgrund des leeren Grabes, sondern aufgrund einer durch eigene Wahrnehmung gewonnenen eigenen Überzeugung, die nachträglich auch in den Evangelien für andere glaubwürdig gemacht wird durch den Bericht über die in Jerusalem unbestrittene u. unbestreitbare Auffindung des leeren Grabes.

2. Wie schon l Kor 15,3-5, so bekunden auch die von der kritischen Exegese in ihrem Wert wiederentdeckten Petrusreden Apg 2,22-40; 3,12-16; 5,29-32; 10,34-43u.ö.(übrigens Zeugnisse vom Streit zwischen Juden u. Christen über die A.) den Osterglauben der Urgemeinde an die Machttat Gottes in der Auferweckung u. Sichtbarmachung Jesu, wodurch die Erscheinungen des Auferstandenen als objektive Ereignisse bezeugt werden (Grundschema der Osterpredigt: Auferweckung – Schriftbeweis – Jüngerzeugnis; späteres Schema: leeres Grab – Christophanie – Himmelfahrt). Ein weiteres wesentliches Moment am Zeugnis über diese Erscheinungen ist der Nachweis, daß der Gekreuzigte mit dem Auferstandenen identisch ist (z.B. Lk 24; Jo 20), daß bei der Bezeugung den ↑Aposteln u. vorab dem Petrus eine vom Herrn vorgesehene Funktion eigener Würde zukommt, die durch die Berichte von den Reden des Auferstandenen noch einmal eigens untermauert wird. Im NT ist die A. Jesu immer unter der vom Zeugnis nicht ablösbaren Voraussetzung eines objektiven Ereignisses bezeugt, das nicht genügend (wenn auch nicht unrichtig) mit „A. ins Bewußtsein der Glaubenden» wiedergegeben wird. Angesichts der Neuartigkeit des A.sleibes ist verständlich, wenn gesagt wird, die im Judentum erwartete ↑Auferstehung des Fleisches diene als Interpretament der Ostererfahrung der Jünger; aber diese Erfahrung besteht nicht nur in einem inneren, interpretationsbedürftigen Reflexions-Vorgang, sondern ist offenkundig fundiert in objektiven Ereignissen.

3. Der Inhalt des apostolischen Glaubens an die A. Jesu u. seiner katechetischen u. kultischen (besonders in der /Taufe geschehenden) Bekundung ist darüber hinaus kurz: die A. Jesu ist die höchste Machttat des Vaters – das entscheidende Selbstzeugnis des Sohnes; die Eröffnung der Endzeit u. ihres Heiles – die Erfahrung des Heils in der Gegenwart; die volle Erkenntnis Jesu als des ↑Messias, ↑Ebed Jahwe, ↑Menschensohnes, zweiten ↑Adams u. „Anführers des Lebens», Begründers u. Vorbilds der neuen Schöpfung, des kosmischen Endmenschen, des ↑Kyrios, der seiner Gemeinde verklärt gegenwärtig ist; daraus die Mahnung zum Wandel im neuen ↑Leben, zum Anziehen des neuen Menschen, die freilich nur in der Gnade des Auferstandenen erfüllt werden kann, da es letztlich der ,,Geist» des Auferstandenen ist (vgl. Rom 7,6; 8,9; 14,17 u.ö.), der den Glaubenden neu macht zum Bild des „letzten u. himmlischen» Adam (vgl. l Kor 15,47ff), ja befähigt, daß der Auferstandene in ihm Gestalt annehmen kann (vgl. Rom 8,10; Eph 3,17; Gal 2,20).

4. Die A. Jesu wird von sämtlichen Glaubensbekenntnissen von Anfang an bekannt. Sie muß auch für die heutige Theologie zentrales Thema sein, da sie die Vollendung des Heilshandelns Gottes an der Welt u. am Menschen ist, in der Gott sich in dem durch die A. endgültig ausgewiesenen Sohn der Welt unwiderruflich mitteilt u. darum die Welt in eschatologischer Endgültigkeit zum Heil annimmt (/Tod), so daß alles noch Ausständige nur die Durchführung u. Enthüllung des in der A. Geschehenen ist. Dabei handelt es sich insofern um ein eigentliches Geheimnis des Glaubens, als die A. in ihrem konkreten vollen Wesen als der Vollendung gerade Jesu Christi nur von dem absoluten Geheimnis der Inkarnation her adäquat verstanden werden kann. Theologisch ist die A. Jesu also nicht primär ein Fall einer schon in sich verständlichen A. im allgemeinen, sondern das einmalige, aus Jesu Wesen u. Tod erfolgende Ereignis, das die Grundlage dei .A. der durch ihn Erlösten als solchen ist.

5. Der christologische Aspekt der A. besagt, daß Jesus in seiner ganzen u. darum leibhaftigen Wirklichkeit zur verklärten Vollendung u. Unsterblichkeit (im Unterschied zur Wiedererweckung eines Toten) auferstanden ist, die ihm gebührt kraft seines Leidens u. Sterbens, insofern diese mit einer inneren Wesensnotwendigkeit diese konkrete Vollendung zeitigen. Tod u. A. Jesu sind ein einziger, innerlich in seinen Phasen unlöslich zusammenhängender Vorgang (vgl. Lk 24,26.46; Rom 4,25; 6,4 ff): jeder Mensch stirbt von innen her in seine Endgültigkeit hinein, so daß diese die gezeitigte Frucht seines zeitlich-freien Daseins u. nicht eine bloß in einem zeitlichen Hintereinander folgende Periode ist, in der etwas zum Vorausgehenden völlig Heterogenes gegeben sein könnte. Diese Vollendung ist dennoch zugleich von Gott geschenkt, da der Tod ja in jeder Hinsicht ein Sicheinlassen auf die Verfügung des Verfügenden ist. Bei Jesus muß darum die A. das vollendete u. vollendende Ende eben dieses seines Todes sein, u. beide Momente des einen Vorgangs müssen sich gegenseitig bedingen u. interpretieren. Darum ist es nicht eine mythische Aussage, sondern die der Sache selbst, wenn Schrift u. Tradition die A. als die reale Annahme des Todesopfers Jesu durch den Vater betrachten, die zum Wesen des Opfers selbst gehört.

6. Weil Jesu leibhaftige Menschheit ein bleibender Teil der einen Welt mit einer einheitlichen Dynamik ist, darum ist die A. Jesu soteriologisch objektiv der Anfang der Verklärung der Welt als eines ontologisch zusammenhängenden Geschehens; in diesem Anfang ist ja die Vollendung der Welt grundsätzlich entschieden u. schon begonnen. Die A. Jesu ist auch darin nicht nur sein exklusiv-privates Schicksal, so daß seine A. den ↑„Himmel» schafft u. nicht nur (samt der „Himmelfahrt», die im Grunde ein Moment an der A. ist) ein Einzug in einen vorgegebenen Himmel ist, daß also auch hier die (Heils-) Geschichte letztlich Grund der Naturgeschichte ist u. sich nicht bloß im Rahmen einer von ihr unberührten fixen Natur abspielt. Anderseits muß daraus auch deutlich werden, daß der Auferstandene, weil der vereinzelnden irdischen Leiblichkeit enthoben, gerade erst als der Auferstandene, also durch sein „Gehen», in Wahrheit der der Welt Nahe geworden ist u. darum seine Wiederkunft das Offenbarwerden dieses in der A. gewonnenen innigen u. offenen Weltverhältnisses Christi ist.

7. Die Erfahrung eines .Jenseitigen», der sich „zeigen» muß, der Raumzeitlichkeit der Menschen nicht mehr angehört, ist kein Ereignis, das aus menschlicher Erfahrung „verstehbar» wäre. Ohne die Erfahrung des Geistes, d. h. in diesem Fall ohne die glaubend angenommene Erfahrung der Sinnhaftigkeit des Daseins, wird das vertrauende Sicheinlassen auf das Osterzeugnis der Jünger nicht geschehen. Nur der Hoffende kann die Erfüllung der Hoffnung sehen, u. an der gesehenen Erfüllung kommt die Hoffnung in die Ruhe ihrer eigenen Existenz. „Vorstellbar» ist eine „leibhaftige» A. nicht, weil sie ja nicht die Wiederherstellung eines früheren Zustandes ist, sondern jene Verwandlung radikaler Art bedeutet, durch die der freie irdische Daseinsvollzugdes Menschen als ganzen hindurchgehen muß, soll der Mensch seine Vollendung in der Überwindung der Zeit u. Auszeitigung der Ewigkeit aus der Zeit finden.

Aufklärung

Sowohl in ihren Ursprüngen im 18. Jh. bei Diderot, Voltaire, Wieland, Lessing, Shaftesbury, Hume wie in ihren Problemstellungen (↑Theodizee, vernünftige Rekonstruktion des Geschichtsprozesses, Kritik der Tradition u. der herrschaftlichen Autoritäten in Staat u. Kirche, Naturrecht, Vernunft u. Offenbarung) u. in ihren Zielsetzungen (Übergang vom Naturzustand in einen politisch-rechtlichen Zustand, enzyklopädische Bildung u. sittliche Erziehung, Fortschritt der Gesellschaft auf mehr Freiheit, Toleranz u. Mündigkeit hin) ist A. den christlichen Grundwerten kritisch verbunden. Auch die später von Kant gegebene Definition von A. als Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit u. die daraus resultierende Forderung, sich der Vernunft öffentlich zu bedienen, konnte nur dort von vornherein als Kritik am Christentum empfunden werden, wo dieses zu jenen Mächten zu rechnen ist, die diese Unmündigkeit u. Kritikfeindschaft förderten u. ausnutzten. Eine im Anschluß an die Frühromantik u. die politische Restauration des 19. Jh. betriebene Disqualifikation der A. schlägt sich theologisch darin nieder, daß A. kurzerhand mit glaubensfeindlichem Rationalismus identifiziert oder unter die atheistischen Kräfte gerechnet wird, somit aber als die neuzeitliche Krise des Christentums schlechthin erscheint. Wenn im Anschluß an die ursprüngliche Intention der A. weder die Gegenwart als Vollendung der A. noch die A. als überholte Illusion aus einer frühen Phase der bürgerlichen Geschichte bezeichnet werden darf, vielmehr A. in der Nachfolge von Kant, Hegel u. Marx als unerledigter Auftrag zur Fortführung einer noch unvollendeten Freiheitsgeschichte begriffen werden muß, dann ergibt sich auch für eine kritische Theologie die Notwendigkeit, sich mit der Frage ihres eigenen praktischen Beitrags zur Verwirklichung der rechtlich-politischen Freiheitsgeschichte auseinanderzusetzen. Dies erscheint um so aussichtsreicher, als bei aller Christentumskritik der A. auch für die aufgeklärte Vernunft im Sinne Kants die Differenz zwischen der Bestimmung des Menschen, seine Freiheit in der Geschichte selber zu erkämpfen, u. der von einem gnädigen u. gerechten Gott geschenkten Vollendung menschlichen Glückstrebens nicht selber wieder durch geschichtliche Praxis zu beseitigen ist. Die damit verbundene Differenzierung des Geschichtsbewußtseins macht nicht nur den Fortgang der Geschichte selber zum entscheidenden Kriterium jeden gegenwärtigen Beitrags zur Verwirklichung der Freiheit, sondern erlaubt auch eine Artikulation des Unterschiedes zwischen freiheitlicher Gesellschaftsordnung u. endzeitlicher Herrschaft Gottes.- ↑Politische Theologie. K. F.

Aufnahme Marias in den Himmel

(A.) heißt die DGL, daß zur totalen Vollendung ↑Marias nach Abschluß ihres irdischen Lebens jetzt schon ihre vollendete u. verklärte Leiblichkeit gehört (DS 3903 f; NR 487). Die im 7. Jh. eindeutig greifbare Lehre gründet auf wesentlichen Aussagen der Schrift. Marias dort bezeugte leibliche Mutterschaft ist ja nicht nur ein biologisches Vorkommnis, sondern die höchste Tat ihres Glaubens; an ihr u. durch sie ist das Heil Jesu Christi (seines allein!) der Welt geschenkt worden. Darum aber glaubte die Kirche immer, daß sich die Erlösung an ihr am vollkommensten u. radikalsten vollzog (↑Unbefleckte Empfängnis). Wenn sie so als Repräsentation der vollkommenen Erlösung geglaubt wird, dann ist noch die Überlegung hinzuzunehmen, daß ↑Auferstehung Jesu kein individuelles Geschehen sein kann, da Leiblichkeit als vom Geist in der Materie zur Offenheit auf anderes erwirkte Äußerlichkeit des Geistes notwendig Gemeinschaft leibhaftiger Art mit einem leibhaftigen Du einschließt (vgl. Mt 27,52f). Ferner ist zu beachten, daß diese Welt schon jetzt eine neue Daseinsweise (↑Himmel) durch ihre Geschichte, die eine Geschichte des Materiellen u. Geistigen in einem ist, in Christus gewann. So besagt dieses Dogma, daß durch die A. die schon jetzt bestehende Heilssituation verdeutlicht wird: diejenige, die das Heil in ihrem Leib durch den Glauben für sich u. für uns alle empfangen hat, hat es ganz empfangenes ist aber ein Heil des ganzen Menschen. So hat dieses Dogma wesentlich eine ekklesiologische u. eschatologische Bedeutung. Die A. impliziert nicht notwendig den Satz, daß nur Maria (neben Jesus) allein diese Vollendung „schon jetzt» erfahren habe, wenn für sie auch besondere Gründe bestehen, diese Vollendung gerade von Maria auszusagen.

Augustinismus

heißt zunächst eine sich zu Recht oder Unrecht auf Augustinus (354-430) berufende Form der Gnadenlehre, nach der der Mensch im Urstand (Paradies) ohne eine aus sich wirksame Gnade das Gute wollen u. tun konnte, gestützt lediglich auf eine allgemeine Gnadenhilfe Gottes. Nach dem Fall des Menschen ist diese Fähigkeit genommen; die aussich wirksame Gnade (nämlich jede, auch die bloß hinreichende, d. h. nicht voll wirksame), zu der der Mensch ohne eigenes Verdienst vorherbestimmt wird, überwindet die Folge der Erbsünde, die ↑Begierde. Insofern dieser A. die echte Möglichkeit einer reinen ↑Natur leugnet, ist er theologisch stark anfechtbar (DS 2616 3891; NR 617 890). Hauptvertreter des A. (gegen Calvinismus, ↑Bajanismus u. ↑Jansenismus): H. de Noris (1631-1704), F. Bellelli (1675-1742), J. L. Berti (1696-1766). – Ferner spricht man von einem A. in der Philosophie. Grundzüge: Jede menschliche Erkenntnis geht auf unmittelbare göttliche Erleuchtung zurück; in die Materie wurden bei der Schöpfung entwicklungsfähige Formprinzipien (rationales seminales) eingeschaffen; im Menschen liegt eine Mehrzahl von Wesensformen vor (Pluralismus); dem Willen (der Liebe) gebührt der Vorrang vor dem Verstand u. a. Diese Ansichten wurden z. T. bei den Arabern Avicenna u. Avicebron entlehnt. Bekannteste Vertreter: Wilhelm v. Auvergne (ca. 1180-1249), Alexander v. Haies (ca. 1185-1245), Bonaventura(ca. 1217-74), Petrus Joannis Olivi (ca. 1248-98). Höhepunkt: der Kampf dieses A. gegen Thomas v. Aquin um 1270.

Authentizität der Schrift

bedeutet juridisch ihre normative Autorität in Glaubensfragen aufgrund der Inspiriertheit, Irrtumslosigkeit u. Kanonizität, im vollen Sinn der (sämtlich nicht erhaltenen) Urschriften u. der mit dem Original übereinstimmenden Nachschriften u. Übersetzungen, wenn diese als verwendbar in Glaubensfragen von der Kirche als Hüterin der Offenbarung erklärt werden; A. der Schrift bedeutet literarkritisch, daß sie in ihren jeweiligen Einzelschriften von den ernsthaft angegebenen Verfassern stammt u. der Text ohne wesentliche Änderungen erhalten geblieben ist. Die Feststellung der literarkritischen A. geschieht durch die Bibelwissenschaften.

Autorität

ist die erfahrbare, beweisbare Vertrauenswürdigkeit oder der Rechtsanspruch einer Person oder Sache (eines Buches), die eine andere Person von der Wahrheit eines Sachverhaltes oder von der Gültigkeit einer Anordnung zu überzeugen bzw. auf sie zu verpflichten vermag, auch wenn diese nicht unmittelbar einsichtig sind. Der Anspruch, einen anderen ernsthaft zu überzeugen oder zu verpflichten, setzt voraus, daß wenigstens die Absicht besteht, ihm unmittelbare Einsicht zu verschaffen. Eine unmittelbare Einsichtigkeit setzt gründlichste Information, Einsicht in komplexe Zusammenhänge, Bildung .usw. voraus. Wo Partizipation u. Dialog in diesem Sinn von der A. verweigert werden, schlägt autoritatives Verhalten in autoritäre Herrschaft um (↑Demokratisierung, Transparenz von Entscheidungen; vgl. ↑Aufklärung). Die A. in der Kirche ist legitimiert durch ihren Dienst an der Sendung Jesu; sie kann weder mit der A. Jesu einfach identifiziert werden noch sich mit Berufung auf die A. Jesu einer Sachkritik verweigern, die sich auf die Zugehörigkeit der kirchlichen A. zur hörenden u. glaubenden Kirche beruft. Die Annahme einer Wahrheit auf A. hin heißt ↑Glauben, die Annahme einer Anordnung auf A. hin ↑Gehorsam; beides Weisen mittelbaren Erkennens, da sie auf der A. des Vermittlers beruhen. Über das Verhältnis von Philosophie, die als System unmittelbarer Evidenzen in ihrem eigentlichen Vollzug keine A. anerkennt, u. Theologie vgl. ↑Philosophie u. Theologie.

B

Bajanismus

die Lehre des der Augustinerschule entstammenden Theologen M. Bajus (1513-1589), nach der Gott dem Menschen die Gaben des ↑Urstandes nicht verweigern konnte; durch die Erbsünde ist diese Ordnung radikal verkehrt: ohne Gnade sündigt der gefallene Mensch notwendig in allem, was er tut (auch im Streben nach Tugend um ihrer selbst willen). Wahlfreiheit hat er also nur hinsichtlich indifferenter Werte; auch die unfreiwillige ↑Begierde ist Sünde. Dem Gerechtfertigten ist die dafür verdiente Strafe erlassen. 79 Sätze aus Bajus› Schriften wurden 1567 verurteilt (DS 1901-1980; NR 852-870), um die entstandene heftige Diskussion zu beenden, ohne Entscheidung, ob manche davon rechtgläubig verstanden werden können.

Bañezianismus

nach D.Bàñez OP (1528-1604) benanntes ↑Gnadensystem, das auf Thomas v. Aquin beruht. Nach diesem u. fast allen Theologen schenkt Gott vor der freien Entscheidung des Menschen (in actu primo) eine aktuelle ↑Gnade, deren Wirkung in der Möglichkeit des Menschen besteht, frei einen ↑Heilsakt zu setzen. Nach Bänez ist diese aktuelle Gnade die hinreichende (gratia sufficiens), u. erst durch das Geschenk einer neu hinzukommenden, von ihr real ver schiedenen wirksamen Gnade (efficax) wird der Heilsakt selbst als tatsächlich gesetzter erwirkt, d.h., Gott selbstbewirkt durch die „physische Vorausbewegung» (praernotio physica), u. zwar von deren innerer Natur her, im voraus zur freien Entscheidung unfehlbar den Libergang des menschlichen Willens von der ↑Potenz zum bestimmten freien ↑Akt. Dies beeinträchtige geheimnisvoll die menschliche ↑Freiheit nicht, da Gott mit dem Akt auch dessen freie Qualität gebe. ↑Prädetermination.

Bann

bezeichnet den schon im AT geübten Brauch, den (schweren) Sünder aus dem heiligen Bereich des Eigentumsvolkes Gottes zu entfernen u. ihn damit in den dem Zorn Gottes ausgesetzten Bereich des Unreinen u. Bösen auch amtlich-greifbar zu verstoßen, in den er als Böser gehört. Im synagogalen Judentum wurde der B. zu einem förmlichen Zuchtverfahren mit stufenweiser befristeter Aussonderung entwickelt u. vom Totalausschluß unterschieden (u. so auch in Qumran). Dieses vorgeformte Material findet seine inhaltliche Füllung voll erst in der Übernahme in das Volk Gottes, das die Kirche ist: nicht nurPauluskenntden B., den er als Anathema (= dem Fluch Verfallenes) bezeichnet u. in seinen Gemeinden autoritativ ausübt (l Kor 5,1-5; l Tim l, 18ff;Tit 3,9ff u.ö.), sondern es bildet auch das Material zum Wort von der ↑Binde- u. Lösegewalt. In der Kirche Jesu gibt es einen Totalausschluß nur durch böswillige ↑Häresie u. böswilliges ↑Schisma, aber eine Exkommunikation (CIC c. 2257 § l) als Besserungsstrafe, durch die der schwer gegen die kirchliche Gemeinschaft Verstoßende (durch ein Delikt) in drei Stufen (ipso facto, nach Urteilsspruch bzw. Strafverfügung u. als Vitandus) von der Teilnahme an den Selbstvollzügen der Kirche (Sakramente, Gottesdienst u.a.) ausgeschlossen werden kann. Die kirchliche Praxis war früher oft durch politischen Mißbrauch belastet, ihre Bedeutung ist in der heutigen pluralistischen Gesellschaft gering, ihr bleibender Kern ist jedoch im ↑Bußsakrament im ursprünglichen Sinn erhalten. Das Wort Anathema ist seit der Synode v. Elvira um 300 eine oft auf Konzilien unkirchlichen Lehrsätzen beigefügte Drohung mit dem Kirchenbann u. dem Gericht Gottes. Es bedeutet seit dem l. Vaticanum, daß das kontradiktorische Gegenteil des betreffenden Satzes DGL ist.

Barmherzigkeit

ist die Bereitwilligkeit, dem Notleidenden zu helfen. Die B. Gottesspricht das AT vor allem mit den bezeichnenden Verben „mütterlich sein» u. „sich herabneigen» aus. Über alle oft anthropomorphen Aussagen vom Zorn Gottes greifen die das ganze AT durchziehenden Versicherungen von der B., Gnade u. Bundestreue Gottes hinweg; sie bestimmen das Gottesbild des NT in erster u. letzter Linie. Für die christliche Theologie geht die B. Gottes zwar schon aus seiner Unendlichkeit in jeder Vollkommenheit (DS 3001; NR 315) hervor, sie ist aber von dem, der sachlich das Gericht verdient hat, nicht zu berechnen u. einzukalkulieren, sondern nur als heilsge schichtliche Erfahrung dankbar entgegenzunehmen. Sie hebt die ↑Gerechtigkeit Gottes nicht auf, weil sie selbst den Sünder gerecht vor Gott macht, so daß Gott in einem seiner B. u. Gerechtigkeit gerecht wird (↑Rechtfertigung). Menschliche B. wird nach der Schrift nicht am Gefühlsaufwand, sondern am konkreten Beweis der B. bemessen. Nach dem AT ist sie es, die Gottesverehrung u. Kult erst glaubwürdig u. wertvoll macht; nach dem NT gehört sie wesentlich zu der von Jesus geoffenbarten, ermöglichten u. geforderten fliebe (Mt 5,48; Lk 6,31); Unbarmherzigkeit gehört in die ↑Laster-Kataloge. Im täglichen Leben des Christen beschränkt sich seine Pflicht zur B., da er um so mehr B. üben muß, als ihm selbst unvergleichlich mehr vergeben wurde (Mt 18,23-35), nicht nur auf die beispielhaft gemeinten Werke der leiblichen u. geistigen B. Sie realisiert sich in Solidarität, in eigentlicher ↑Liebe u. im Verzeihen. – Vgl. dazu ferner ↑Nächstenliebe, ↑Bergpredigt.

Basel.

Das 17. ökumenische Konzil, unter Eugen IV. am 23. 7. 1431 in B. eröffnet, wurde von diesem am 18. 9. 1437 nach Ferrara verlegt (↑Florenz), ohne daß theol. bedeutsame Beschlüsse gefaßt worden waren. Die in B. verbleibenden Anhänger des ↑Konziliarismus erklärten die Oberhoheit des Konzils über den Papst zum Dogma, setzten Eugen IV. ab u. wählten den Gegenpapst Felix V. Sie wurden 1448 von Kaiser Friedrich III. aus B. ausgewiesen.

Basileia

griech. = Königtum, Herrschaft, im NT immer B. Gottes bzw. B. der Himmel („Himmel» hier spätjüdische Umschreibung des Gottesnamens), daher dt. Gottesreich, Gottesherrschaft, der zentrale Begriff der biblischen Heilsbotschaft. Schon die ältesten Stücke des AT wissen von der Herrschaft Gottes über Israel, die anderen Völker u. die weltlichen Herrscher; ↑Jahwe ist der eigentliche König Israels, dem es in Kult u. Bundestreue dient. Im späteren Judentum entwickelten sich vor allem zwei B.-auffassungen: a) B. als eschatologische Herrschaft Gottes, die durch das Gericht über die Völker u. das Ende dieser Gestalt der Welt erst eintritt oder geheimnisvoll wie der neue Äon schon gegenwärtig ist. Nach der ↑Apokalyptik sollen nicht nur Juden in das Heil dieser B. einbezogen werden, b) B. als irdisches Reich Gottes, das durch den Sieg des ↑Messias auf Erden hergestellt wird. -Die B. Gottes ist der Inbegriff der Verkündigung Jesu: in ihm, in seinem Tun (Überwindung der ↑Dämonen) ist die B. nahegekommen (Mk l, 15 mit Parallelen u.ö.) u. mit ihr das ↑Heil der Menschen. Dieses wird allen zugesagt, mit Bevorzugung aber den Benachteiligten u. Deklassierten. Die B. ist der Inbegriff aller menschlichen Freuden (B. = Mahl, Hochzeitsmahl). Die irdisch-nationale B.Vorstellung wird von Jesus verworfen (Mt 8,11; 21,43). Die Verheißungen der B. (schon von den Propheten her: Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit, Versöhnung) müssen vom Menschen in der Nachfolge Jesu „bewahrhei tet» werden. Die B. ist gegenwärtig wie ein Senfkorn, eine ausgestreute Saat oder aufsprießendes Gewächs (Wachstumsgleichnisse). Anderseits wird betont, daß sie eine künftige Große sei (der Baum aus dem Senfkorn, die Ernte aus der Aussaat), um die der Christ beten soll u. die Kirche im Vaterunser betet (Mt 6,10), von der es ausdrücklich heißt, daß man in sie erst eingehen bzw. sie erben werde, daß Gott sie herstellt oder schenkt (Lk 12,32; 22,29). Wann sie eintritt (↑Tag des Herrn, ↑Parusie) u. wer in sie aufgenommen wird, das weiß der Vater allein (Mk 13,32 mit Parallelen u.ö.). Somit kann die B. nicht mit der ↑Kirche identifiziert werden, sosehr die Kirche in die Voraussetzungen der B., ↑Metanoia u. ↑Glauben, ruft, das Feld für die ↑Nachfolge Jesu als Bedingung der Teilhabe an der B. bereitet, mit ↑Vollmacht die auf die B. Hoffenden leitet, da dem Petrus die Schlüssel der B. verheißen wurden (Mt 16, 19), u. die ↑Eucharistie als geheimnisvolle Vorwegnahme des Mahles der B. feiert. Paulus unterscheidet zwischen einer B. Christi, die die Kirche (Kol l, 13 u.ö.) ist, u. einer B. Gottes im Sinn der Verkündigung Jesu. – ↑Reich Gottes.

Befestigung in der Gnade

ist ein Fachbegriff der scholastischen Gnadentheologie u. bedeutet, daß einem Menschen aisbesonderes, unverdientes u. unverdienbares Geschenk nicht nur die faktische Sündenlosigkeit, sondern darüber hinaus die Unmöglichkeit zu sündigen mitgeteilt wurde, u. zwar entweder als innere Unfähigkeit des (frei bleibenden) Willens zum Sündigen (so lehren Thomas, Bonaventura) oder als Verhinderung der Sünde selbst durch Gottes äußere Fügung bei bleibender Fähigkeitzum Sündigen (so Suärez). Nach den genannten Theologen hatten diese B. Maria, Josef, Johannes der Täufer, die Apostel u.a. wegen ihrer Dienstfunktion beim Heilsplan Gottes.

Befindlichkeit

ist ein Begriff in M. Heideggers Philosophie, der das Vor-sich-selbst-gebracht-Sein des menschlichen Daseins, ein „gestimmtes» Sichbefinden bezeichnet, nicht die Reflexion über das Sich-Vorfinden, u. darum weder ein Gefühl noch eine Stimmung, sondern eine Grundverfassung, gekennzeichnet durch ,,Geworfenheit u. „In-der-Welt-Sein», aussagt. Das mit diesem dem biblischen Begriff des /, .Herzens» verwandten Begriff Gemeinte ist für die kath. Theologie bedeutsam, weil damit erkannt u. ausgesagt ist: Wenn der Mensch mit der Reflexion über seine ↑Geschichtlichkeit ansetzt, ..befindet» er sich bereits als Person, die mit ihrer Subjektivität auch schon ihre ↑Freiheit vollzogen hat. Spätere Reflexionen (z.B. über den Glauben, über das Gewissen, über die Erfahrung der Gnade), Entscheidungen u. Verhaltungen können diese Grundentscheidung nie adäquat reflektieren bzw. aufheben, erst recht nicht zwischen Subjekt u. reflektiertem Subjektsvollzug adäquat unterscheiden.

Begierde, Begierlichkeit

(lat. Konkupiszenz) bezeichnet ein Begehren, das die menschliche Freiheit, ihrer Entscheidung schon vorausliegend u. nicht völlig von ihr kontrollierbar, auf ein Teil- ↑Gut des Menschen hin ausrichtet. Ist es auf ein Gut hingelenkt, dessen freie Bejahung ↑Sünde wäre, so wird dieses Begehren als „böse B.» bezeichnet. Nach der Schrift ist die B. in der Heilsgeschichte nach ↑Adam jener Ort, an dem sich die Sünde vorzugsweise bekundet, sie ist jedoch nicht mit der Sünde identisch (Rom 7,8; DS 1515f; NR 357 f), so daß sie auch noch im gerechtfertigten Menschen ist (Rom 13,14 u.ö.), u. zwar in allen seinen Dimensionen, so daß sie nicht im fleib allein beheimatet werden darf (Rom 7,7 u.ö.), der nicht mit der biblischen ↑Sarx identisch ist. Nach der kirchlichen Lehre ist die B. etwas Natürliches (DS 1979f), verglichen mit dem von Gott dem Menschen ursprünglich zugedachten Dasein aber, besonders in der Art, wie sie erfahren wird, ein Mangel an ursprünglich von Gott zugedachter Entscheidungskraft u. insofern Folge der f rbsünde u. Antrieb zur persönlichen Sünde (↑Versuchung), als letzterer jedoch in der Gnade Gottes überwindbar (DS 1512 1515f 1521 1536-1539 1568; NR 354 357f 791 807f 836). Die heutige Theologie hat eine von Augustinus stammende Deutung der B., wonach sie material mit dem Schuldcharakter der Erbsünde identisch sei, u. ebenso eine Auffassung der meisten Theologen nach dem Trienter Konzil, wonach sie nur rein juridisch Straffolge der Erbsünde, in sich aber rein „natürlich», d.h., auch am konkreten Menschen gemessen, selbstverständlich sei, wieder verlassen u. versteht die B. als jene noch nicht böse, natürliche Triebhaftigkeit des Menschen, die, u. insofern sie einer sittlichpersonalen Entscheidung noch nicht unterworfen wurde, doch im Widerspruch zum übernatürlichen f xistential steht, so wirkliche Erscheinung der Schuld ist u. im Gerechtfertigten zur Situation der aktiven Übernahme des /Todes (vgl. auch ↑Askese) u. darin ihrer Überwindung wird. Diese B. hat auch eine ..Außenseite», insofern nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Zusammenhänge von ihr bestimmt sind. In einer tief von B. gezeichneten Welt wird Freiheit (Gerechtigkeit) immer auch als etwas erfahren, was noch aussteht, was durch nicht notwendige gesellschaftliche Strukturen verhindert wird, was zu erkämpfen ist.

Begierdetaufe

ist ein theol. Begriff, der auf die Frage zurückgeht, ob ein Mensch, der nicht zu der sich in den Sakramenten vollziehenden Kirche im vollen Sinn u. amtlich-greifbaren Bereich gehört, nicht ausdrücklich an ↑Jesus Christus glaubt u. das Sakrament der Taufe nicht empfangen hat, das ↑Heil finden könne, wobei diese Frage einerseits wegen des ↑Heilswillens Gottes für alle Menschen bejaht werden muß (da früher u. heute das Evangelium nicht zu allen u. nicht zu allen in der richtigen Weise gelangte) u. wobei die Antwort anderseits die kirchliche Lehre von der ↑Heilsnotwendigkeit der ↑Kirchengliedschaft (vgl. auch ↑Extra Ecclesiam nulla salus) nicht antasten darf. Daß die Notwendigkeit des Sakramenten-(Tauf-)Empfangs durch das .fVotum sacramenti (Wunsch, das Sakrament zu empfangen), analog dazu die Notwendigkeit der Kirchengliedschaft durch das Votum Ecciesiae (Wunsch, zur wahren Kirche Jesu zu gehören) vertreten werden kann. lehrt die Kirche seit dem Mittelalter (DS 741 788 1524 1604 1677fl932 1971; NR 365 366 794 509 651; CIC can. 737 § l); daß dieser Wunsch, wenn Glaube u. Liebe gegeben sind, nicht ausdrücklich zu sein braucht, sondern als impliziter genügt, lehrte das Heilige Offizium 1949 (DS 3866-3873; NR 370). Das II. Vat. nahm weder die Lehre vom Votum noch die von der B. wieder auf, sondern erklärte einfach, wer das Evangelium Christi u. die Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber ehrlich sucht u. dem Gewissen gehorsam ist, könne das ewige Heil erlangen (Kirche 16). Die heilsgeschichtliche Funktion der Kircheerleidet durch diese Lehre keine Einbuße. da die auch außerhalb der Kirche u. außerhalb der Sakramente von Gott frei geschenkte Gnade immer Gnade des ↑Ursakramentes Jesus Christus, in ihm u. seinetwegen gegeben, u. Gnade der Kirche ist, da die Kirche Zeichen der Gegenwart der eschatologisch siegreichen Gnade in der Welt ist. Was der Begriff B. meint, das ist in dem gegeben, der nach seinem ↑Gewissen lebt, da ein solcher ja den Willen Gottes erfüllt. Zu der Frage, wie in einem solchen Menschen die Forderung nach Glauben u. Liebe erfüllt sein könne, vgl. ↑Jesus Christus. Die B. ist heilsgeschichtlich zu verstehen als die Weise des Anfangs, die nach Vollendung in der vollen Kirchengliedschaft u. im Empfang der Taufe drängt, die aber bei einer konkreten Hemmung dieser vollen Entfaltung nach der Weise des echten Anfangs das Ganze (Heil) in sich birgt. Zu der Sonderfrage, ob das auch bei ungetauft sterbenden Kindern möglich sei, vgl. ↑Limbus.

Beharrlichkeit

ist das Ausharren des Gerechtfertigten in der Gnade der ↑Rechtfertigung, die Tugend des Auf-dem-Weg-Seins, die sich bewährt in der Annahme des fTodes. DGL: Ein tatsächliches Ausharren bis ans Ende (perseverantia finalis) ist ohne besondere Gnade unmöglich (DS 1562; NR 830), ob diese geschenkt wird, bleibt ungewiß (DS 1566; NR 834) (↑Heilsgewißheit) sie läßt sich nicht verdienen, der Christ soll aber um sie beten u. feste ↑Hoffnung hegen.

Bekehrung

(biblisch ↑Metanoia) heißt zunächst jede Art der religiösen oder sittlichen Wandlung, vor allem das radikale Sich-Einlassen auf Gott u. seine gnädige Führung in einem radikalen u. fundamentalen religiösen ↑Akt, immer eine Sache religiöser ↑Erfahrung u. der damit verbundenen subjektiven Gewißheit, wenn auch die persönliche Frage, ob Gott eine konkrete B. durch direkt erkennbares Eingreifen bewirkt habe, oft offenbleiben muß. Eine solche B. kann u. muß oft noch innerhalb eines schon übernommenen Glaubens u. in der Kirche geschehen. – Man versteht ferner unter B. den Übertritt zu einem anderen christlichen Bekenntnis („Konversion»); „Konversion» kann schHeßlich (von der Lebenswandlung her) auch den Eintritt in einen Orden bezeichnen (Konverseninstitut = sogenannte Laienbrüder).

Bekenntnis

ist die Bekundung persönlicher Entscheidungen u. Sachverhalte im Bereich einer Gemeinschaft, so in der Schrift das B. der heilenden Machttaten Jahwes, das B. der Schuld, des Dankes, u. zwar vor allem lobendes B. (liturgische Homologien u. Doxologien), im NT erneuert durch die Forderung Jesu, sich im Glauben zu ihm zu bekennen (Mt 10,32f), von Paulus als notwendige Bezeugung des Glaubens bezeichnet (Röm 10,9f). In der Christenheit galt schon immer das öffentliche B. mit seinen beiden Aspekten, dem Rühmen der Machttaten Gottes in Jesus Christus an dem seine Schuld bekennenden Menschen, als notwendig aus der leib-geistigen Einheit des Menschen u. seiner wesentlichen Gemeinschaftsbezogenheit entspringend u. konstitutiv für die Kirche. – ↑Glaubensbekenntnis.

Bergpredigt

(Mt 5-7, vgl. Lk 6, 20-49) faßt als größte (literarisch von Matthäus komponierte) u. auf die judenchristliche Katechese zugeschnittene Rede Jesu wesentliche Punkte seiner (besonders sittlichen) Botschaft zusammen, indem er als der neue Mose das vollkommene Gesetz der neuen Heilsordnung verkündigt, in der die eschatologische ↑Basileia Gottes unmittelbar mit ihren Einlaßbedingungen fordernd vor den Menschen tritt u. das ↑Gesetz des AT „aufhebt». Die Frage ist, wie diese Basileia-Moral mit ihren radikalen Forderungen zu verstehen ist, mit anderen Worten: ob sie als erfüllbare Forderung für alle Christen gemeint sei. Die Frage ist zu bejahen, wenn mit „Erfüllung» weder eine sachhaft meßbare Leistung oder ein soziales, anderen aufzwingbares, gesetzhaftes Programm verstanden wird, deren Vorhandensein den Menschen gerade von der überfordernden (nämlich den Menschen selbst einfordernden) Forderung Gottes befreien würde, noch eine bloße ..Gesinnung», die sich von den konkreten, in Sachnormen angebbaren Taten dispensieren würde, sondern als konkretisierte Forderung der Tat des Herzens, das sich – von der geglaubten Gnade Gottes getragen – hindurch durch die konkrete Tat des Lebens, die aber nie einfach mit jener identisch ist und darum je verschieden sein kann (also je nach der je einmaligen Situation die Aufrechterhaltung der weltimmanenten Schöpfungsordnung oder verlassendes, kreuzigendes Auslangen nach der welttranszendenten Erlösung u. Basileia Gottes), in immer wachsendem Maß u. in einem nie abgeschlossenen u. so nie konkret verrechenbaren Prozeß immer mehr Gott ganz in Liebe zu übergeben sucht. Die B. muß als konkrete Formulierung der Liebe aus ganzem Herzen verstanden werden, die dem Menschen in Gottes Pneuma möglich ist, wenn er anfängt, darnach zu verlangen u. in ihrem Anfang nicht nach ihrer Größe fragt, sondern nach Gott, nicht nach dem Genuß der eigenen Gesinnung, sondern nach der Leistung für andere, u. er dabei weiß, daß die variable Leistung nie restlos die immer selbe, aber wachsende Liebe mit sich identisch setzen darf.

Berufung

meint die Erkenntnis eines Einzelnen, daß ein bestimmter Beruf (Lebensform) dem (erlaubenden oder befehlenden) Willen Gottes entspricht u. die Verwirklichung der Lebensaufgabe ist, in der man sein ewiges Heil wirken kann. Insofern kann jeder Beruf (sogar der ungeliebte) B. sein: da auch das Schwere das Gesollte sein kann. Vor allem (aber nicht nur!) spricht man von Beruf zum Priestertum u. Ordensleben. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die geistigen u. moralischen Voraussetzungen dieser Lebensweisen gegeben sind, diese aus den richtigen (d.h. selbstlos religiösen) Motiven gewählt werden u. die Kirche diese Dienste anzunehmen bereit ist, die in ihr u. für sie in diesen Lebensständen geleistet werden. Die weitere Problematik der B. mündet in die Frage der Erkenntnis des gesollten Einzelnen, im Unterschied von der Erkenntnis der allgemeinen Normen, die das Feld des richtigen Einzelnen eingrenzen, es aber nicht eindeutig bestimmen können. Es ist die Frage der „Individualethik» (↑Existentialethik).

Beschauung

(lat. Kontemplation) ist das ruhige Verweilen des Menschen in der Gegenwart Gottes. Die christliche ↑Mystik unterscheidet erworbene (durch psychologisches Bemühen) u. (durch den sich selbst dem Einzelnen gnadenhaft kundtuenden Gott) eingegossene B., letztere die eigentliche B., bei der der Mensch sich unmittelbar (ohne gelenkten, gegenständlich fixierten u. vermittelten Vollzug der geistigen Vermögen) auf seine wesensgegebene, aber gnadenhaft erhobene ↑Transzendenz einläßt. Da dies dem Menschen gewisse peripherere Wesensvollzüge, wie z.B. die rational detaillierende Erkenntnis u.a., entzieht, äußert sich die B. zuerst als „Trockenheit», „dunkle Nacht», in der der Mensch von seiner Gerichtetheit nach außen gereinigt wird.

Beschneidung

meint im AT zunächst die Entfernung der Vorhaut am männlichen Geschlechtsglied, die als ↑Initiations-Ritus bei vielen alten Völkern begegnet. Sie trug in Israel den Charakter eines Bundeszeichens, durch das beim männlichen Israeliten seine Zugehörigkeit zum Bundssvolk u. seine Berechtigung, am Kult teilzunehmen, bekundet wurde. So wurde die B. für den Juden zum Garanten des Heils, doch vgl. die geistige Auffassung der Propheten (Jr 4,4; Ez 44,7); von der kath. Theologie wird die jüdische B. vor dem Ende des AT als at). Sakrament angesehen, das aus dem Glauben des Bundesvolkes rechtfertigte (DS 1602 1614; NR 507 532). Das NT berichtet ausdrücklich von der B. Jesu u. Johannes› des Täufers, für die Judenchristen der Jerusalemer Urgemeinde war sie selbstverständliche Voraussetzung, aber ein schweres Problem für Heidenchristen, die schließlich von der Pflicht zur B. befreit wurden (Apg 15, 6-31). Das war das Verdienst des Paulus, der nur die B. des Herzens als wirkliche B. anerkannte (Röm 2, 25-29) u. die TTaufe als „Christus-B.» (Kol 2, II f; vgl. Phil 3, 3) u. damit die alte B. als hinfällig bezeichnete (Gal 5,6).- Zum Geschichtstheologischen vgl. ↑Altes Testament.

Besessenheit

Die Existenz außermenschlicher böser ↑Gewalten u. Mächte (↑Dämonen) u. ihrer Wirksamkeit in der Welt ist eine (nichtdefinierte) Glaubenswahrheit (DS 800 1668 1694 1696; NR 295 642 696698). Den Einfluß dieser Mächte wird man gerade nach der Schrift (z.B. Lk 13, 16; l Thess 2, 18; Hebr 2, 14) nicht erst dort anzunehmen haben, wo für eine mit den Methoden innerweltlicher Empirie arbeitende Vernunft „außergewöhnliche“ Phänomene neben u. im Unterschied zu normalen (empirisch greif- u. kontrollierbaren) Phänomenen gegeben sind. Vielmehr unterliegt auch gerade die „normale“, „natürlich“ erklärbare Kette von Abläufen in Natur u. Geschichte einer übermenschlichen, auf das Böse gerichteten Dynamik dämonischer Mächte. Von da aus können u. müssen ↑Krankheit, ↑Tod u. das Selbstzerstörerische des menschlichen Daseins in jedem Fall auch als Ausdruck des Waltens dämonischer Mächte angesehen werden, gerade auch dort, wo sie von natürlichen Ursachen nächster Art kommen u. mit natürlichen Mitteln bekämpft werden können u. sollen. Von da aus ist es, religiös gesehen, weder möglich noch sonderlich belangvoll, eine genaue Grenze zwischen B. u. natürlicher Krankheit zu ziehen, zumal letztere sowohl Symptom wie Einfallstor für jene sein kann. Es stellt sich auch darum nicht ein radikales Dilemma zwischen der Bekämpfung des Phänomens durch Exorzismus (= ein feierliches Gebet zu Gott im Namen u. Auftrag Christi u. der Kirche um seinen Schutz vor Unheilsmächten) oder Medizin, zumal jeder Christ auch in der ..natürlichsten» Krankheit um Gesundheit beten soll. Auch dort, wo ein Phänomen als B. im engeren Sinn anzusprechen ist, wird es sich um die Manifestation jenes grundsätzlichen dämonischen Machtbereiches handeln, die nur aufgrund der eben gerade hier „zugelassenen» Umstände für uns greifbar wird, aber auch nur zeigt, was immer in der Welt da ist u. darum die natürlichen Ursachen nicht ausschaltet, sondern sich ihrer zu den eigenen Zwecken bedient. Eine adäquate Scheidung zwischen dämonischem Einfluß einerseits, der Begriffs- u. Vorstellungswelt eines Individuums, einer Zeit, den Anlagen, Krankheitsmöglichkeiten u. sogar parapsychologischen Fähigkeiten anderseits ist nicht möglich.

Betrachtung

im kirchlichen Sinn ist die Erwägung der Wahrheiten u. Forderungen des Glaubens in praktischer Absicht u. in Verbindung mit frei gestaltetem ↑Gebet. Da sie diskursiv-rational vor sich geht u. willentlich gelenkt ist, unterscheidet sie sich darin von der ↑Beschauung. Durch die Methode unterscheidet sie sich vom bloßen Nachdenken. Diese Methode besteht im wesentlichen in der der B. vorhergehenden Abgrenzung u. Einteilung des B.sstoffes, Vorbereitungsgebet, plastischer Vergegenwärtigung (..Anwendung der Sinne») des B.sthemas, Bemühung um ganz persönliche Beteiligung, Hinwendung des ganzen Menschen zu Gott in freiem, innerlichem Gebet. Ohne die B. ist wenigstens für lange Etappen der religiösen Entwicklung ein wirklich innerliches u. persönliches Gebet unmöglich, darum ist sie im CIC für Kleriker, Ordensleute u. Seminaristen vorgesehen (can. 125,2; 595 §1,2; 1367, l), wenn auch die Aufgabe, die B. über eine gewisse rationalistische Dürre u. Schablone hinaus den einzelnen psychologischen Menschentypen anzupassen, noch nicht genügend geleistet ist. Die kirchliche B. ist heute letztlich unberechtigt weitgehend von „profaner» Meditation verdrängt worden, in der der Mensch Ausgeglichenheit u. Klarheit in Selbsterkenntnis u. Weltbewältigung findet. Der Christ soll heutige psychotherapeutische Methoden kennen u. anwenden, aber in seinen ganzen christlichen Daseinsvollzug einbauen, weil dieser mehr ist als eine ..mythologische» Form solcher profanen Therapien.

Beweger, erster B.

als Bezeichnung ↑Gottes in der aristotelisch-thomistischen Metaphysik meint nicht den Verursacher einer körperlichen Bewegung, sondern beruht auf der philosophischen Einsicht, daß es sich ändernde Dinge gibt (ruhendes Sein → Wirken, qualitative Änderung), die eine von ihnen verschiedene Ursache voraussetzen. Ist einmal erwiesen, daß alles von der ↑Potenz in den ↑Akt übergehende Seiende einer Ursache bedarf, die ihrerseits ohne Ursache sein muß (↑Kausalität), so ist leicht einzusehen, daß diese oberste u. umfassende Wirkursache selbst reiner ↑Akt sein muß, u. zwar so, daß bei ihr Akt u. ↑Sein identisch sind (actus purus = reiner Akt), so daß sie also auch ↑Geist u.Person ist. – Vgl. dazu auch ↑Gottesbeweis.

Bibelkritik

ist die wissenschaftliche Untersuchung der Bibel mit Hilfe der historisch-kritischen Methode u. unter Zuhilfenahme von Profanwissenschaften (besonders Geschichte, Archäologie u. Philologie). Als Textkritik gelangen ihr gute Fortschritte bei der Wiederherstellung des ursprünglichen Wortlauts, als Literarkritik bemüht sie sich um die Erforschung der Entstehungszeit, Verfasserschaft, literarischen Eigenart u. theol. Zielsetzung der einzelnen biblischen Bücher (vgl. ↑Literarische Gattungen). Da die B. zuerst in ihrer liberalen u. rationalistischen Form zutage trat (18./19. Jh.), in denen zum Teil religionsgeschichtliche u. philosophische Aprioris vorherrschten, verhielt sich das kath. Lehramt ihr gegenüber zurückhaltend, die Theologen ablehnend. Eine sachgerechte B., die dem theol. Faktum der ↑Heiligen Schrift als ganzer nicht pseudowissenschaftlich-neutral gegenübersteht, wird jedoch seit der Bibelenzyklika Pius› XII. (1943) von der Kirche gefördert (DS 3825ff 3862ff 3898; NR 132ff 137). Durch das II. Vat. wurde sie weiter ermutigt (Offb. 12 23; PrAusb. 16).

Biblische Theologie

als relativ eigenständige Wissenschaft ist in der kath. Theologie von heute eine Notwendigkeit, nicht nur wissenschaftsorganisatorisch, sondern auch von der Sache her: wegen der eigentümlichen, einmaligen Stellung der ↑Heiligen Schrift. Zwar hat es die kath. ↑Dogmatik, weil sie von seiten des ↑Lehramtes normiert ist, weil die ↑Tradition eine ihrer Quellen u. Normen ist u. weil es eine wirkliche ↑Dogmenentwicklung gibt, auch mit solchen zum Glauben verpflichtenden Aussagen zu tun, die nicht einfach unmittelbar mit den Aussagen der Schrift identisch sind. Aber dennoch ist die Schrift nicht nur eine schlechthin gleichgeordnete Erkenntnisquelle der Dogmatik neben anderen. Zwar hat auch die B. Th. (streng als theologische, nicht als religionsgeschichtliche oder rein historisch-philologische Exegese) wie die übrige Dogmatik die Schrift in der Kirche unter der „nächsten» Norm der aktuellen Glaubensverkündigung der von Jesus Christus autorisierten lehramtlichen Kirche zu verstehen. Aber eben diese lehramtliche aktuelle Glaubensverkündigung der Kirche geschieht in dauerndem, immer neuem u. notwendigem Rückgriff auf jene bleibende, von Gott selbst als „rein» garantierte u. vom Vollzug der späteren Lehre der Kirche unterscheidbare Konkretheit des Ursprungs u. Anfangs dieser Verkündigung. Diese Konkretheit ist in der Schrift u, nur in ihr gegeben, da die Tradition in ihrem rein objektiven Bestand (unabhängig von der diakritischen Funktion des Lehramtes) keine Garantie der Reinheit von bloß menschlichen Zutaten bietet. Denn die Unterscheidung zwischen göttlicher u. menschlicher Tradition beim Rückgriff auf die Tradition ist ja der Akt des zurückgreifenden Lehramtes selber u. setzt so den Unterschied zwischen materialer Norm u. Normiertem schon voraus. Insofern ist trotz des Bestehens einer göttlich-apostolischen Tradition die Schrift eine ausgezeichnete u. einmalige Quelle u. Norm für die aktuelle Glaubensverkündigung der Kirche u. somit auch für die Dogmatik, die von jener normiert wird u. jene gleichzeitig dienend vorbereitet (vgl. DS 3281 f; II. Vat., Offb. 21 24). Wenn daher die Gesamtdogmatik in u. mit der autoritativen Kirche das offenbarende Wort Gottes in der Schrift hört, was auch die amtliche Kirche immer muß, um recht zu reden, dann geschieht ein Vorgang, der so sonst nicht vorkommt. Hier u. nur hier ist die Dogmatik nur gerichtet u. nicht richtend, hörend u. nicht eigentlich beurteilend wie in ihren anderen Funktionen („historischer» u. „spekulativer» Art). Der reine Anfang des Glaubenskerygmas (der in der Schrift da-bleibt) ist, obzwar ↑Anfang, immer auch das bleibend Größere u. Umfassende, das den Fortgang immer neu ermöglicht u. durchherrscht. Im Rückgang zu ihm, nicht in der AufsammlungvonBeweisstellen, besteht die B. Th. (↑Schriftbeweis)... Die B. Th. hat einen befreienden Charakter gegenüber einer sich selbst nicht mehr verstehenden systematischen Theologie (z.B. der Neuscholastik), es kann aber nicht übersehen werden, daß die B. Th. die Gefahr einer Naivität in der Theologie mit heraufführt, wenn der Wandel des Erfahrungshorizonts (besonders hinsichtlich der heilsgeschichtlichen Konzeptionen) von der Zeit der biblischen Schriftsteller bis heute unterschlagen wird.

Bild, Bildmeditation

Bild ist die dem menschlichen Denken eigentümliche Veranschaulichung (Ver-körperung) der den Menschen an gehenden Wirklichkeit, die ihrerseits durch die „sehende» (sinnliche) Wahrnehmungsweise des menschlichen Erkennens bedingt ist (↑Sinnlichkeit), in der jeder „Begriff» nur in Hinwendung zur „Vorstellung» erfaßt wird. Diese Veranschaulichung erfährt notwendig ihre Grenze an dem reinen ↑Geist (↑Gott); so ist im AT (vor allem aus heilsgeschichtlichen Gründen, ↑Monotheismus) die Darstellung Gottes im Bild verboten (Ex 20,4f). Als „Bild des Unsichtbaren» (Kol l, 15) ist Gott aber in Jesus Christus in die menschliche Erfahrungswelt eingetreten (↑Gottebenbildlichkeit). – Durch B.meditation kann der Mensch (neben der ↑Betrachtung durch Wortmeditation) versuchen, die Wahrheit jenseits von formulierten Sätzen zu „schauen». Dabei ist jedoch die „Sicht» des je Schauenden sowohl vom bildlich Dargestellten als auch von der individuellen Sehkraft (Vorstellungsvermögen, Imaginationskraft) zugleich bedingt u. durchformt.

Bilderstreit

wurde hervorgerufen durch ein Verbot der ↑Bildverehrung durch Kaiser Leon von Byzanz im Jahre 730. Unter dessen Nachfolger Konstantinos V. brach eine Verfolgung der Anhänger des Bilderkultes aus, die vor allem den Mönchen (gegen deren Macht das Verbot auch wahrscheinlich ursprünglich gezielt war) galt. Das II. Konzil von ↑Nikaia 787 (DS 600ff) rechtfertigte die Bilderverehrung im Sinne einer relativen Verehrung. Nach einem erneuten Aufflammen des B.s sanktionierte die Kaiserin Theodora 843 den Bilderkult durch die Einsetzung des „Festes der Orthodoxie».

Bilderverehrung

ist wesentlich bezogen (darum ↑„relativer Kult») auf die dargestellte Person (der allein „absoluter Kult» zukommen kann), so daß dem Bild kein kultischer Eigenwert zukommt. Wahre ↑Anbetung gilt ausschließlich Gott (DS 600ff), dem Bild nur Verehrung. Diese aber kann durch die Tradition der Kirche oder durch die Geschichte des Bildes selbst (seine Entstehung, sein realer Zusammenhang mit dem Dargestellten, ↑Kreuz) an Gewicht u. Bedeutung gewinnen (Wallfahrtsbilder, Ikonen).

Binde- und Lösegewalt

Bezeichnung der Vollmacht, die nach Mt 16, 19 u. 18, 18 Jesus dem Petrus bzw. den „Jüngern» (Mt 18, l) mitteilte. Der genauere Inhalt dieses „Bindens und Lösens» ist aus dem NT allein nicht mit Sicherheit auszumachen. Nach rabbinischer Terminologie bedeutet es „mit dem (Synagogen-) ↑Bann belegen» bzw. „den Bann wieder aufheben», wahrscheinlich davon abgeleitet ferner „autoritativ erklären», „verbieten» bzw. „erlauben». Noch älter u. in der biblischen Umwelt verbreitet ist jedoch der dämonologische Sprachgebrauch: „dem Bösen überantworten» bzw. „vom Bösen befreien»; so kommt das Binden u. Lösen gut bezeugt auch im AT u. im NT (z.B. Mk 7, 35; Lk 13, 12.16; Apg 2,24; l Jo 3,8; Apk 9, 14 f; 20, 1.3.7 u.ö.) vor. Alle drei Terminologien schließen sich gegenseitig nicht aus, vielmehr besagen sie für das Binden u. Lösen zusammengenommen: es ist jene Vollmacht, mit der die Kirche in dem von Dämonen beherrschten Äon sich hält; wer sich selbst dem Bösen anheimgibt, ist gleichzeitig gebunden u. im Bann (↑Bußsakrament); wer sich vom Bösen durch Gottes Gnade löst, kann kraft der Vollmacht auch gültig vor Gott gelöst werden, ihm wird vergeben. Abgeleitet davon ist dann die lehrautoritative Erklärung dessen, wodurch einer gebunden bzw. gelöst wird, d.h. das Verbieten u. Erlauben.

Bischof

(griech. episkopos = Wächter) heißt jener Inhaber des von Jesus Christus in seiner Kirche kraft des Pneuma gewollten u. begründeten ↑Amtes, der kraft göttlichen Rechts u. kraft seiner Zugehörigkeit zum Kollegium der Bischöfe (vor allem kraft seiner Gemeinschaft mit dem /Tapst, mit dem Bischofssitz des Petrus) eine Ortskirche (seine Diözese) als Repräsentantin der Gesamtkirche leitet. Amt u. Begriff des B.sscheinenin der spätjüdischen Umwelt des NTvorgebildet gewesen zu sein, ebenso die Zugehörigkeit zu einem Altestenkollegium als typisches Merkmal dieses Amtes. Schon im NT (wo das B.samtz.B.PhiiU; IThess5,12; l Tim 3,2ff;Tit l, 5ff sehrdeutlich greifbar ist) wird dieses Vorsteher- u. Leitungsamt verknüpft mit der theol. Begrifflichkeit des Hirtenamtes (Apg 20, 17-36). Die Entwicklung des B.samtes von der fürsorglichen Aufsicht mehrerer Episkopen innerhalb einer Gemeinde zum „monarchischen» Episkopat ging im wesentlichen im l. Jh. vor sich. Die DGL sagt: Der Episkopat ist göttlichen Rechts (DS 1767ff 1776 3050ff 3061 3804; NR 709ff 718 436 446 406), so daß der Papst trotz seines Jurisdiktionsprimates über die ganze Kirche u. jedes ihrer Glieder (einschließlich der einzelnen Bischöfe) den Episkopat nicht abschaffen kann. Die Bischöfe dürfen nicht als Beamte u. Stellvertreter des Papstes betrachtet werden. Sie „weiden ihre Herde» nicht im Namen des Papstes, sondern «n Namen Jesu Christi u. als echte Bevollmächtigte in ihrem eigenen u. sind so nach göttlicher Anordnung Nachfolger der Apostel. Das göttliche Recht u. die göttliche Anordnung erweisen sich aus folgenden Gründen: a) aus dem Willen Jesu Christi zu seiner ↑Kirche u. zum ↑Amt in ihr; b) weil der Gesamtepiskoput das in der Geschichte weiterlebende Kollegium der ↑Apostel ist. Gerade als Kollegium hat der Gesamtepiskopat (dessen Spitze der Papst ist u. als dessen Spitze er Papst ist) in der Kirche Rechte u. Aufgaben, die ursprünglich, unveräußerlich u. göttlichen Rechtes sind, so daß man nicht behaupten darf, der Papst habe dem Gesamtepiskopat gegenüber dieselben Rechte, die er gegenüber dem einzelnen B. hat. Nicht der einzelne B. ist Nachfolger eines einzelnen Apostels, sondern der einzelne B. ist insofern inderrechtlichen Nachfolge eines Apostels, als er dem Gesamtepiskopat der Kirche angehört, der seinerseits als ganzer dem Apostelkollegium als einer Körperschaft nachfolgt. So wie im Apostelkollegium, so im Gesamtepiskopat: das Kollegium als solches ist die auf Jesus zurückgehende, vorgeordnete Größe u. setzt sich nicht aus einzelnen Vollmachtsträgern zusammen, die ihre einzelnen Vollmachten schon im voraus hätten u. etwa durch nachträglichen Beschluß erst zusam menträten. Der Primat ist Primat in diesem Kollegium, nicht etwa ihm gegenüber, der sich erst nachträglich ein Kollegium angliedern u. dort Gewalt verleihen würde. Somit ist das B .skollegium die primäre Große, die dem Apostelkollegium nachfolgt, im Papst ihre vorgeordnete Spitze hat, ohne ihn nicht gedacht werden kann, wobei jedoch der Papst nur als Glied u. Spitze dieses Kollegiums Papst ist u. sein kann. Von daher versteht sich die kirchliche Lehre, daß ein ↑Konzil die oberste Gewalt in der Kirche hat (CICcan. 228; II. Vat., Bisch. 4). Dies bedeutet keine Einschränkung des päpstlichen Primats, da ja dieses B.skollegium immer den Papst als seine Spitze hat, ohne die es weder im Konzil noch außerhalb des Konzils überhaupt wäre. Es kommt ja gerade im Handeln des Papstes zum eigenen Handeln, wenn u. insofern er nicht als Privatperson handelt. Von da aus wird auch die ↑Unfehlbarkeit des ↑Lehramtes in der Kirche bzw. werden dessen Träger deutlich: Wenn der Papst allein oder wenn er zusammen mit dem Konzil eine unfehlbare lehramtliche ↑Definition erläßt, dann handelt es sich nicht um zwei Akte zweier verschiedener Subjekte, sondern um zwei verschiedene Verfahrensweisen ein u. desselben Subjektes, die sich bloß durch den Umstand unterscheiden, daß im einen Fall das eine moralische Subjekt über den Erdkreis zerstreut, im ändern Fall an einem Ort versammelt ist u. dabei Mitwirkung u. zustimmende Mitbeteiligung der Mitglieder des Kollegiums mit dem Haupt deutlicher in Erscheinung treten. Dasselbe gilt für Äußerungen des ..ordentlichen Lehramtes». Von daher ist nun auch der Sinn des Bischofskollegiums zu sehen: die Kirche soll nicht nur durch viele Glieder konstituiert werden, sondern auch durch qualitativ verschiedene Glieder. Auch in der Spitze der Kirche soll der Pluralismus, den es nach dem Willen Gottes in ihr geben muß, in Erscheinung treten u. sich Geltung u. Vollzug verschaffen. Die Funktion, die ein B. im B.skollegium für die Gesamtkirche hat, kann er nun nur wirklich wahrnehmen, wenn er ein bestimmtes Glied (Diözese) der Gesamtkirche autoritativ repräsentiert, in dem die vom Geist gewollte Verschiedenheit gegenüber anderen Gliedern der Kirche real gegeben sein kann u. wird. Insofern er aber ein einzelner B. ist, empfängt er die Zuteilung des fest umgrenzten Gebietes u. seine Hirtengewalt vom Papst, der im Fall des Notstandes in diese Rechte des B.s eingreifen kann. Die Weihegewalt, die beim B. grundsätzlich dieselbe ist wie beim Papst, empfängt er in der sakramentalen B.sweihe (II. Vat., Kirche 21 26; Bisch. 15), die die volle Auswirkungsmöglichkeit des einen ↑Ordo gibt, kraft dessen er in seiner Diözese firmt u. Priester weiht. Auch die Konsekration von Kirchen u. Altären, die Weihen von heiligen Ölen, Äbten u. Äbtissinnen sind dem B. vorbehalten. Kraft seiner Hirtengewalt leitet er die Diözese als oberster Hirte (Glaubenslehre, Caritas, Seelsorge u. Seelsorgeaufsicht, gesetzgeberische u. richterliche Gewalt, Vermögensverwaltung usw.). Die hier vorgelegte Auffassung des B.samtes wurde vom II. Vat. erörtert u. ausführlich dargelegt (Kirche III. Kap.; Bisch.). Daß diese theol. Zusammenhänge eine Kritik auf soziologischer Ebene nicht ausschließen, sondern eine solche aus ekklesiologischen Gründen fordern (damit Ziel u. Wesen der ↑Kirche nicht verfehlt werden), ist deutlich: die Gefahr einer absolutistischen Amtsverwaltung (durch Selbstverpflichtungen wie Bisch. 11-17 nicht zu bannen), die Mängel des Rekrutierungsverfahrens (von „oben», mit Bevorzugung von Verwaltungsbeamten), die Nachteile einer zeitlich praktisch nicht befristeten Amtszeit, die Inflation von Weihbischöfen usw. sind nicht zu übersehen.

Bittgebet

neben Lobgebet u. Dankgebet eine der drei Grundweisen des Gebetes. Der Mensch (oder die Kirche) stellt im B. die eigene Heilsbedürftigkeitu. Hilfsbedürftigkeit vor Gottbloß, indem die Nöte der konkreten, irdischen Existenz als in der Verfügung Gottes stehend bekannt u. sie Gott geklagt werden, ohne daß Bitte u. Klage den Menschen zur Passivität verführen dürfen. Diese Aussage ist Ausdruck der von Gott selbst aus Gnade gewirkten Partnerschaft des Menschen u. ruft immer die Barmherzigkeit Gottes an, der für uns gesorgt hat, ehe wir ihn darum bitten (vgl. Mt 6, 25-33). Das Vertrauen auf die schon immer geschehende Sorge Gottes verknüpft das B. eng mit dem Dankgebet, wie es schon sehr früh in der ↑Eucharistie ( = Dankgebet) durch Einführung des Ur-B.es „Herr, erbarme dich unser» geschah. Theol. wirft das B. die Frage auf, ob u. wie Gott sich überhaupt von außen her „bewegen» lasse. Diese Frage erweist sich bei genauer Analyse als falsch gestellt, da sie die ↑Ewigkeit Gottes, in der ihm alles Tun u. Denken des Menschen, also auch sein B., rein präsent ist, mit der Zeitlichkeit des Menschen vermengt.

Blut

galt im AT als Sitz (Symbol) des Lebens (Gn 9,4f) u. darum als Eigentum Gottes. Das schon Lv 17, IOfals Sühnemittel bezeichnete B. (↑Opfer) erhält im B. Jesu soteriologische Bedeutung; Jesus vergoß sein B. frei für viele zur Vergebung der Sünden (Mt 26,28) u. stiftete dadurch den Neuen Bund Gottes mit einem neuen, entsühnten Volk (= Kirche). So ist das B. Jesu Quelle des Lebens der Kirche (Jo 19, 34-37). Diese aber verifiziert ihre Stiftung aus dem B. Jesu durch die Repräsentation der B.hingäbe Jesu (beim Abendmahl u. Kreuzesopfer) im ↑Meßopfer. Die B.begrifflichkeit leistet manchen Mißverständnissen Vorschub. Das B. Jesu veranschaulicht seine personale Lebenshingabe u. bezeichnet nicht eine magische Kraft des B.es. Das „Sühnopfer in seinem B.» (Röm 3,25) ist eine zeitgebundene, dem AT entnommene Ausdrucksweise u. deutet nicht auf einen zornigen, B. fordernden Gott.

Bolschewismus, (LThK)

jene Form des ↑Marxismus, in der dieser von Lenin in den spezifischen Verhältnissen Rußlands verwirklicht wurde.

l. Geschichtlicher Überblick. Der Name Bolschewiki bedeutet wörtlich „Mehrheitler» (von bolsche = mehr) u. geht zurück auf den 2. Parteitag der Russischen Sozial-Demokratischen Arbeiterpartei in London (1903), wo Lenin in der hauptsächlichsten zur Diskussion stehenden Frage (Parteiorganisation) zwar in der Minderheit blieb, in allen übrigen Punkten jedoch die Mehrheit erlangte. Von da ab existierten die Bolschewiki u. Menschewiki („Minderheitler») als 2 Fraktionen innerhalb der gleichen Partei, bis sich die Bolschewiki auf der Prager Konferenz (1912) als selbständige Partei konstituierten. Nachdem sie November 1917 in Rußland die Macht erlangt hatten, wurden alle anderen Parteien aufgelöst. Im März 1918 wurde der Name „Russische Sozial-Demokratische Arbeiterpartei (Bolschewiki)» abgeändert in „Russische Kommunistische Partei (Bolschewiki)» u. im Dezember 1925 in „Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki)». Auf dem 19. Parteitag 1952 wurde der Name „Bolschewiki» abgeschafft u. der offizielle Name der Partei lautet jetzt „Kommunistische Partei der Sowjetunion». Damit gehört streng genommen der Name B. heute schon der Vergangenheit an u. sollte eigentlich nur mehr in historischem Sinne verwendet werden.

Die charakteristische Eigenart des B. gegenüber der Sozialdemokratie westlicher Prägung (u. z.T. auch dem Menschewismus) wird hauptsächl. durch folgende Faktoren bestimmt: a) obligatorische Grundlage des Programms, der Strategie u. der Taktik des B. ist der dialektische u. historische Materialismus; b) die Partei ist nicht eine Massenorganisation, sondern eine straff disziplinierte Elitetruppe, die „Avantgarde» der Arbeitermassen; ihre Aufgabe ist es, das gesamte Proletariat mit dem revolutionären Klassenbewußtsein zu erfüllen, dessen Repräsentation sie selbst ist; c) für die gesellschaftl. Entwicklung, insbesondere den Übergang zum Sozialismus, sind nicht nur die objektiven wirtschaftl.-sozialen Voraussetzungen entscheidend (das industrielle Entwicklungsniveau, die zahlenmäßige Stärke des Proletariats), sondern auch die subjektiven Faktoren (das Klassenbewußtsein u. der kämpferische Geist des Proletariats) ; daher war, nach der Lehre des B., d) die Errichtung des Sozialismus in Rußland nicht möglich durch Eroberung der parlamentarischen Mehrheit, sondern nur durch den Revolutionskampf der mit der Dorfarmut verbündeten, zahlenmäßig weit in der Minderheit befindlichen Arbeiterschaft, durch die folgende Aufrichtung der politischen Diktatur des Proletariats u. durch die nachträgliche Schaffung der ökonomischen Basis des Sozialismus (Industrialisierung). Der Anspruch, daß der dialektische u. historische Materialismus nicht nur obligatorische Weltanschauung der Parteimitglieder zu sein hat, sondern daß die ganze Bevölkerung durch Schule, Presse u. das gesamte kulturelle Leben zu dieser Weltanschauung erzogen werden soll, bringt den B. in einen unlösbaren Gegensatz zu Religion u. Kirche. Der Kampf gegen die Religion wurde zunächst durch einen Frontalangriff versucht (Trennung von Kirche u. Staat u. Trennung der Schule von der Kirche; Einziehung des gesamten Kirchenvermögens, Schließung der meisten Kirchen, Verhaftung u. Tötung zahlreicher Bischöfe u. Priester, Gewährung der bloßen Kultausübung für die Kirche [Art. 124 der Verfassung v. 1936], violente antireligiöse Propaganda durch den „Bund der kämpferischen Gottlosen» u. ä.). Als dieser Weg jedoch nicht zum gewünschten Ziele führte, versuchte man, sich die Kirche durch Gewährung einer minimalen kontrollierten Freiheit dienstbar zu machen. Dieses Ziel verfolgt die seit 1943 einsetzende neue Religionspolitik, bei der die Kirche vom Staate Duldung erfährt, während sie von der Partei nach wie vor bekämpft wird, allerdings mehr mit Hilfe einer pseudowissenschaftl. Aufklärungspropaganda als durch administrative Maßnahmen oder Gewalttätigkeiten.

II. System des B. in der Ggw. ↑Kommunismus.

Lit.: W. Gurian, Der B. (Fr 1931); G. Schweigl, L’art. 124 della Costituzione Sovietica sulla liberta dei culti (R 1946); ders., II nuovo Statute della Chiesa russa e l’art. 124 della Costituzione Sovietica (R 1948); II cristianesimo nell’Unione sovietica (R 1948); W. Gurian, Bolshevism (Notre Dame 1952); G. A. Wetter, Der dialekt. Materialismus (W 1952, 1958) (Lit.); H, Seton-Watson, Von Lenin bis Malenkov (Mn 1955) (Lit.); G. v. Rauch, Gesch. des bolschewistischen Rußland (Wie 1955) (Lit.); J. Sh. Curtiss, Die Kirche in der Sowjetunion 1917—1956 (Mn 1957) (Lit.). G. A. WETTER

Böse, Bosheit

Das B. ist eigentlich verursacht durch die je freie Willensentscheidung eines Geschöpfes, das sich mit einer solchen freien Entscheidung in Widerspruch zu dem ↑Guten (Gott, Daseinszweck, Lebensziel) setzt (↑Sünde), so daß das B. ohne das Gute nicht ge dachtwerden kann. Das B. ist nicht nur Mangel an Gutem, sondern ausdrücklich entschiedene Verneinung des Guten. Es hat also keine Eigenwirklichkeit in sich, ist kein Gott gegenüberstehendes Urwesen (gnostisch-manichäischer ↑Dualismus), sondern die von Gott zugelassene geheimnisvolle Möglichkeit des freien Geschöpfes (mysterium iniquitatis), den aus Güte geschehenen Anfang u. den gnädig verfügten Sinn der Geschöpflichkeit zu übersehen, den hinter der personalen Freiheit stehenden Anruf dessen, der sich ein freies Gegenüber geschaffen hat, zu überhören, sich zu verweigern u. in diesem Miß-Verhältnis, d. i. im B.n, zu verharren. Eine solche Auflehnung (Ur-auflehnung) geschah nach kath. Lehre von seiten bereits der ersten Menschen (↑Ursünde). In dieser ersten Sünde zeichnet sich schon das Grund„wesen» des B.n ab: die Autonomisierung des Geschöpfes (u. der ganzen Schöpfung) gegenüber dem Schöpfer, die Umbettung des Laufs der Welt nicht mehr in Richtung der schöpferisch-schenkenden Liebe ihres Anfangs, sondern auf Vollendung in sich selbst. Darum kann die Wirksamkeit des B.n in dieser Welt nicht so sehr an Unordnung u. Zerstörung abgelesen werden, sondern eher an innerweltlich versuchter u. erarbeiteter Selbstgenügsamkeit des einzelnen Menschen, der Völker, der Welt als ganzer. Das Ende der Macht des B.n ist verkündet u. eingeleitet worden durch die in Jesus Christus geschehene Errichtung der ↑Basileia Gottes in dieser Welt. Dadurch ist die ursprüngliche Akzeptierung des Menschen in Jesus Christus (↑Christozentrik), des Partners Gottes, als machtvoll selbst die Sünde übergreifend erwiesen u. somit nicht nur dem je einzelnen Menschen, der durch seine eigene Sünde das in der Ursünde gewollte B. ratifiziert hat, die Umkehr unter die Herrschaft Gottes ermöglicht u. mindestens im Ganzen der Menschheit durch die Macht der Gnade durchgesetzt, sondern auch dort, wo die menschlich-geschichtliche Entscheidung des Menschen zwischen Gut u. Böse fällt – also inmitten der Welt -, die liebende Verfügung Gottes über seine Schöpfung zur greifbaren, geschichtlichen Macht geworden. Bosheit ist die Einstellung des menschlichen Verstehens u. Wollens, die das B. nicht so sehr aus menschlicher Schwäche (Unwissenheit, Blindheit, Willensschwäche) sucht, sondern mehr um seiner selbst willen mit Überlegung, Entschlossenheit, Heimtücke, Unbarmherzigkeit, Verachtung Gottes.

Brautmystik, Brautsymbolik

B.mystik im strengen Sinn ist getragen von der übernatürlichen ↑Liebe, in der der je einzelne Mensch sich als den von Gott Geliebten versteht u. in der Sammlung aller vitalen Kräfte eine liebende Antwort auf jenes Geliebtsein durch Gott versucht, das er als „bräutlich» erlebt. Wieweit in dieser Sammlung Sexus u. Eros mehr oder weniger sublimiert mitschwingen, hängt von Eigenart, Geschlecht u. persönlicher Geschichte des Mystikers ab. Schriftliche Fixierungen dieser B.mystik lehnen sich häufig an die B.Symbolik u. Thematik des Hohenlieds an. – Der B.Symbolik des AT liegt der Gedanke der einzigartigen, freien ↑Erwählung des Bundesvolkes durch seinen Gott zugrunde. In der Verkündigung Jesu selbst ist die Rolle der B. zunächst offengelassen. In apostolischer Zeit wird jedoch mehr u. mehr die Kirche als die von Jesus Christus aufgesuchte u. endgültig heimzuführende B. verstanden (vgl. Eph 5, 22-32). Die endgültige Vereinigung mit dem Bräutigam wird unter dem Bild der Hoch-zeit gesehen.

Brüder Jesu

werden an verschiedenen Stellen des NT Jakobus, Joses, Judas u. Simon genannt (Mk 6, 3 mit Parallelen). Gegen die Annahme, daß es sich um leibliche B. J. handelt (oder um Stiefbrüder, wie man in der griech.-orth. Kirche noch heute glaubt), spricht: a) daß Jesus allein der Sohn des Josef u. der Sohn Marias genannt wird; b) daß die B. J. nicht ältere Söhne Marias gewesen sein können nach Lk 1,27; c) daß sie nicht jüngere Söhne Marias gewesen sein können, da sonst die Osterwallfahrt nach Jerusalem (Lk 2, 41-52) unmöglich gewesen wäre; d) daß Jesus am Kreuz seine Mutter Johannes anvertraute (Jo 19,26f); e) daß das griechische adelphos (= Bruder) nachweislich in semitisch beeinflußten Texten auch für entferntere Verwandte gebraucht wurde.

Bund

als biblisch-theol. Begriff bezeichnet im AT das einzigartige Verhältnis Israels als des erwählten Volkes zu ↑Jahwe, das auf jener gnädigen Wahl beruht, mit der Gott selbst sich als Partner des Volkes engagiert, jedoch so, daß er der Herr des B.es bleibt u. daß das Verhältnis von beiden Seiten nicht aufkündbar ist. Dieser B. wird in der heilsgeschichtlichen Ätiologie des AT als Folge einzelner B.esschlüsse vor Mose beschrieben: mit Noach (Gn 9, 8-17; schon da ein „ewiger B.»); mit Abraham (Gn 15, 9-12.17f) (mit dem Abraham-B. wird das B.eszeichen der ↑Beschneidung in Verbindung gebracht: Gn 17). Mit ganz Israel wird der B. geschlossen am Sinai (der eigentliche Alte B. mit ↑Gesetz u. vor allem ↑Dekalog; Ex 20; 34); dann mit David (2 Sarn 7, der messianische B., da dem David ein Nachkomme verheißen wird, der Gottes Sohn sein soll, u. dem Haus Davids Bestand für ewig garantiert wird); andere Berichte von B.esschlüssen sind eher als Erneuerungen u. Mahnungen zur Treue zu denken. Zentral ist der Sinai-B, (nach dem Muster altorientalischer Souzeränitäts- oder Vasallenverträge): die Israel geschenkte Liebe verpflichtet es zu gehorsamer Treue, d. h. durch Treue u. Freundschaft untereinander Jahwe treu zu sein. Vgl. zurTheologie des B .es auch / Altes Testament. Die Übersetzung von „B.» mit „Testament» = letztwillige Anordnung trifft den theol. Kern des B.es, die Partnerschaft, nicht ganz; sie zeigt mehr die souveräne Verfügung Gottes an u. entstammt der griech. Übersetzung des AT. Auch im NT heißt das atl. Heilshandeln Gottes „B.». Analog zu dem ↑Blut der bei den atl. B.esschlüssen meist geopferten Tiere weiß das NT von einem Blut, in dem ein B. (Mk 14,24), ein „neuer B.» (Lk 22,20; l Kor 11,25), geschlossen wird: das Blut Jesu. Fortan ist deutlich, daß die amtliche öffentlicher Heilsgeschichte ein Komplex von zwei Bünden ist (Gal 4,24; 2 Kor 3, 6-18). Die eigentliche Theologie des Neuen B.es, dessen Partner Gott u. die erlöste Menschheit sind, wird im Hebr entfaltet (7-10), u. zwar unter betonter Anerkennung der Würde des Alten B.es. – Vgl. rrueues Testament.

Buße

als „Tugend“ bezeichnet die durch die Gnade Jesu Christi geschenkte, sittlich u. religiös richtige Haltung des Menschen gegenüber der ↑Sünde (der eigenen u. der Sünde überhaupt). Ihr zentralster Aktist die ↑Reue (↑Metanoia). Zu ihr gehören wesentlich: der Mut zur Furcht Gottes u. zur Wahrheit seiner eigenen Existenz gegenüber allen Verdrängüngen (das richtige „Stehen zu seiner Vergangenheit»), gnadengeschenkte Bereitwilligkeit, sich vom offenbarenden Wort Gottes durch Zerstörung der pharisäischen Selbstgerechtigkeit der Sünde überführen zu lassen, ernsthaft tätiger Wille zur Besserung im Vertrauen auf die durch die Ohnmacht des Menschen hindurch siegreiche Gnade Gottes (bezeugt in den Werken des Bußetuns, biblisch: Wachen, , Almosengeben), Wille zum Sakrament der Sündenvergebung, Bereitwilligkeit, die auch nach der Vergebung bleibenden Folgen der Sünde demütig auszuleiden (↑Sündenstrafen), aktiv kämpfendes Mittragen an der Last der Sünde, die sich im allgemeinen Unglück u. in der Not der Welt ihr konkretes Dasein schafft. Die B. ist gerade als Geschenk Gottes die Tat des Menschen u. nicht nur passive Erfahrung: der Mensch wendet sich von seiner Vergangenheit ab, die ihn ,,schmerzt» (weil er die unaufhebbare Gültigkeit der Ordnung Gottes wieder annimmt) u. die er ..verabscheut» (weil er die Ordnung selber neu u. frei vollzieht). Sie begreift in sich, daß nicht unsere Reue, sondern Gottes Tat an uns geglaubt u. in ↑Hoffnung entgegengenommen wird. Sie schließt die Anerkennung der Pluralität des Menschen ein, die selber eine Pluralität von Akten fordert (äußere u. innere Bußwerke, Glaube u. Liebe, Genugtuung, Ausgriff auf die Zukunft im ..Vorsatz»).

Bußsakrament

Das B. ist jenes ↑Sakrament der Kirche, in dem sie durch den hoheitlichen Spruch-des Priesters in der Vollmacht Jesu Christi dem reuigen Sünder die Schuld seiner nach der Taufe begangenen Sünden tilgt.

l. Lehre der Kirche. Eines der sieben Sakramente der Kirche u. von der Taufe verschieden ist das B. (DS761793fl542fl6011668ff 1701 1703; NR 498 812f 506 642ff 660 662 u.ö.). Es ist wie die Taufe (also im Notfall vertreten durch das .fVotum) mittelhaft heilsnotwendig für alle, die nach der Taufe schwer gesündigt haben (DS 1085 1260 1323 1411 1671f 1679ff 1683 1706f; NR 627 630 645f 652 665). Es ist Vergebung der Schuld kraft des Todes Jesu Christi (DS 1668ff; NR 642ff), u. zwar durch „richterlichen» Spruch (DS 1671ff 1684f 1709; NR 645ff 653 668), der die Vergebung Gottes wirksam Ereignis werden läßt (DS 13231673ff 1684f 1709; NR 630 647ff 653f 668 u. ö.). Er ist Wiederzulassung zu den Sakramenten (DS 129 212 308 468 f), zumal da der Todsünder von der Eucharistie ausgeschlossen u. somit in einem bestimmten Sinn von der Kirche distanziert war (DS 1646f 1661; NR 575 587; CIC can. 856). Mit ihm ist die Verdammnis abgewendet u. die Übergabe in die Macht des Teufels rückgängig gemacht (DS 1542f 1580 1668ff 1715; NR 812 848 642ff 674), nicht aber sind immer schon alle ↑Sündenstrafen ganz überwunden.DasSakramentistwiederholbar(DS 1542f 1668ff; NR 812 642ff). Das sakramentale wirksame Zeichenbesteht vor allem in der priesterlichen, mündlich zu erteilenden Absolution, die als richterliches Urteil einen indikativischen Sinn (nicht notwendigindikativische Formulierung) hat u. in der indikativischen Form in der lat. Kirche verpflichtend ist, doch so, daß die ältere deprekative Form bei den Ostkirchen sicher erlaubt u. gültig ist. Als „quasi materia» des sakramentalen Zeichens gehören dazu die Akte des büßenden Sünders: ↑Reue, Bekenntnis, ↑Genugtuung. Die innere Reue aus dem Glauben ist notwendige Voraussetzung für das gültige u. wirksame Zustandekommen des Sakramentes (DS 1323 1461 1542f 1557 1673ff 1704; NR 630 637 812f 825 647ff 663 u.ö.); sie muß im B. von Seiten des büßenden Sünders für den Priester irgendwie greifbar werden (DS 1464; NR 640); die unvollkommene Reue genügt (DS 1677f; NR 651 f); ↑Attritionismus. Das Bekenntnis aller schweren Sünden, die noch nicht direkt sakramental getilgt sind, ist vom Sakrament aus seinem Wesen heraus gefordert u. somit göttliche Anordnung, Es muß sich auf alle schweren Sünden beziehen, die auch „subjektiv» solche sind, deren man sich nach ernster Gewissensprüfung auch subjektiv schuldig weiß, u. nur auf sie, aber auch nach deren eigentlicher Art u. Zahl samt den früher vergessenen (DS 1679ff 1706ff 2031; NR 652ff 665ff u.ö.). Dieses Bekenntnis ist durch das Beichtgeheimnis geschützt, das ebenfalls aus dem Wesen des Sakraments erfließt (DS 3238142195 u.ö.). Wird eine Sünde ohne Schuld nicht bekannt, so ist sie dennoch durch das B. vergeben (DS 1682). Seit dem IV. Laterankonzil besteht die strenge kirchliche Pflicht, jährlich einmal gültig zu beichten, falls man sich schwerer Sünde schuldig weiß (DS 812f u.ö.) (↑Andachtsbeicht). Die schwere Krise des B.es in der Gegenwart hat zur Einführung (nichtsakramentaler) Bußgottesdienste geführt, in denen seit 1972 eine Bischofskonferenz nach allgemeinem Sündenbekenntnis eine sakramentale Generalabsolution gestatten kann (vgl. zur Regelung im einzelnen die „Ordnung für die Feier der Buße» vom Dezember 1973). Wer sich einer subjektiv schweren Sünde schuldig weiß, kann nach dieser Generalabsolution die Eucharistie empfangen, muß das individuelle Bekenntnis jedoch (außer bei moralischer Unmöglichkeit) nachholen. Als Moment der Vollmacht kommt dem Priester Recht u. Pflicht zu, in geistlich kluger Weise eine Genugtuung aufzuerlegen, die in etwa der Schwere der Schuld u. dem geistlichen Vermögen des Pönitenten entspricht (DS 1692ff; NR658ffu.ö.) u. auch nach der Absolution geleistet werden kann (DS 1415 2316ff u.ö.).DerGrund dieser Bußauflage liegt darin, daß nicht jede Schuldvergebung nach der Taufe auch schon die Tilgung jeder Schuldfolge u. Straffolge ist, der Mensch vielmehrdurchdie unvermeidlichen, aber in Geduld angenommenen Sündenstraffolgen u. durch freiwillige oder im B. auferlegte Bußzucht den Ernst der göttlichen Gerechtigkeit u. die Schwere der Sünde erfährt u. des die Sünde überwindenden Leidens Jesu Christi tiefer teilhaftig wird (DS 1689ff 1712ff; NR 656ff 671ff u.ö.) Der Spender des B.es ist der Priester, der zur gültigen Ausübung der Weihegewalt im B. die dazu nötige Bevollmächtigung (Beichtjurisdiktion) hat (DS 308 812f 1684ff 1710; NR 653ff 669u.ö.). Die Kirche kann diese Bevollmächtigung (außer bei Todesgefahr: DS 1686 ff; NR 655) aus gewichtigen Gründen auch eingeschränkt erteilen, d.h. bestimmte Sünden einem höheren Bußgericht bzw. einer eigenen Bevollmächtigung vorbehalten (DS 1686ff 1711; NR 655 u.ö.).

2. Schrift. Der Selbstvollzug der ↑Kirche als der richtenden u. vergebenden Gegenwart Jesu Christi in der ↑Welt der Sünde kommt zum Ausdruck im Dienst am Wort der Versöhnung (2 Kor 5, 18ff), in der darin geschehenden Überführung des Menschen als eines Sünders, in Taufe u. Eucharistie, im Bekenntnis der Schuld der Kirche (Mt 6, 12), im ↑Buße-Tun, im Gebet für den einzelnen Sünder (l Jo 5, 16), inderbrüderlichen Zurechtweisung (Mt 18,15), in der amtlichen Rüge (l Tim 5,20) u. schließlich durch die Tat der Kirche, die ihre stärkste Reaktion richtender u. doch womöglich begnadigender Art ist: im Binden u. Lösen (↑Binde- u. Lösegewalt, ↑Bann). Da die Kirche der Gegenwart der Gnade Christi in der Welt dient, kann sie nur bannen, um dadurch begnadigen u. retten zu wollen (l Kor 5,5; l Tim 1,20); da sie heilige Kirche ist, muß sie mit Bann auf die Sünde ihres Gliedes reagieren, die mit ihrem Wesen unvereinbar ist. Da sie die wirksame Gegenwart der siegreichen Gnade in der Welt ist, ist die Wiederversöhnung mit ihr die Greifbarkeit der Versöhnung mit Gott, in der diese Versöhnung sich selbst wirksam gegenwärtigsetzt, also ein Sakrament. Hierzu wird dem Petrus u. den Aposteln in der ↑Binde- u. Lösegewalt die Vollmacht verliehen. In johanneischer Formulierung ist dasselbe Jo 20, 19-23 gesagt. Diese Bannung des Sünders bedeutet nicht, daß die ↑Kirchengliedschaft des Sünders schlechthin aufgehoben würde, aber schon der Gnadenverlust durch die Sünde bedeutet eine Änderung im Verhältnis der Kirche zum Sünder, die durch den Bann als Ausschluß von der Eucharistie in jedem Fall von Todsünde „festgestellt» wird. Nach der Weisung Jesu geht schon die Kirche der Apostel gegen die Sünder in ihrer Mitte vor. Wenn Mahnungen nichts fruchten u. es sich um solche Sünden handelt, die „von der ↑Basileia ausschließen», dann müssen die Sünder von der Tischgemeinschaft ausgeschlossen u. gemieden werden. Dieses bannende „Binden» wird feierlich im Namen Christi von der Gemeinde unter autoritativer Leitung des Apostels verhängt (l Kor 5,4f). Es reicht in die Dimension des Unheils („dem Satan übergeben»). Kehrt der Sünder aber reuig um,sokannihmimamtlichen Beschluß die „Liebe», d.h. die Kirchengemeinschaft, wieder zuerkannt u. er so des Heilsgutes der Gnadenkirche wieder teilhaftig werden (2 Kor 2, 5-11), so daß der Sünder auch „im Himmel gelöst» ist u. ihm seine Sünden „nachgelassen» sind. Nirgends in der apostolischen Kirche ist die Idee anzutreffen, daß ein wirklich bereuender Sünder nicht wieder aufgenommen werden könnte (allenfalls äußern sich Zweifel an der Überwindung der Sünde durch Reue: Hebr 6; 10; 12). Die Praxis des B.es in der apostolischen Kirche ist also Exkommunikationsbuße, der eine wohl unter /Handauflegung (l Tim 5,20ff) gegebene Wiederversöhnung mit der Kirche folgt, die als heilsbedeutsam aufgefaßt wird.

3. Zur Geschichte des B.es. Das wesentliche Problem u. damit auch die wesentliche Unterscheidung zwischen der altkirchlichen Praxis des B.es u. der heutigen liegt nicht etwa im Übergang von der ..öffentlichen» zur ..privaten» Buße (Ohrenbeichte), wie viele immer noch ungeschichtlich meinen, sondern in der Tatsache, daß das B. früher in der Westkirche faktisch nur einmal erteilt wurde u. heute wiederholt werden kann u. muß. Auch das privateste B. hat heute noch Offentlichkeitscharakter, weil der Todsünder von der Eucharistie ausgeschlossen ist u. nach Vollzug des B.es zu dieser hl. Tischgemeinschaft der Kirche wieder zugelassen wird. Im christlichen Altertum wurde vom 2. bis 6. Jh. das B. nach einmaligem Vollzug nicht mehr gewährt; in manchen Kirchen zögerte man lang, bis man die subjektive Bußgesinnung für wirklich erbracht sah. Gegen die Bußhäresien des ↑Montanismus u. ↑Novatianismus hielt die alte Kirche daran fest, daß sie grundsätzlich alle Sünder wiederversöhnen könne. Im 3. -Th. ist der Ritus der Kirchenbuße deutlich greifbar: Der reuige Sünder bekennt vor dem Bischof seine Schuld; ist seine Reue echt, so wird er zur Kirchenbuße zugelassen, durch eigene Kleidung u. eigenen Büßerplatz gekennzeichnet u. nach längerer Probezeit durch den Bischof unter Handauflegung u. Gebet wieder aufgenommen. Immer mehr setzte sich die Praxis durch, daß man die Wiederversöhnung erst auf dem Sterbebett oder im hohen Alter erbat, besonders nach Einführung von Dauerfolgen noch nach vollzogener Wiederversöhnung (wie Verbot des Eheverkehrs auf Lebenszeit usw.). Mit diesem Rigorismus (vgl. auch die Einführung der ↑Mönchsbeicht) bricht der irisch-angelsächsische Raum im 6.Jh.: Der einfache Priester kann wiederholt demselben Sünder die Absolution erteilen. Die Häufigkeit der Beicht (dieser Ausdruck seit dem 8. Jh.) u. die Verschiedenheit der Sünden erfordern nuanciertere Bußauflagen, die kasuistisch in den Bußbüchern festgehalten werden. Die mildere Praxis kommt mit der iroschottischen Mission auf das Festland u. ist im 8. Jh. dort überall verbreitet. Versuche zur Erneuerung der alten strengen Praxis, die bis zum Konzil von Trient unternommen wurden, blieben erfolglos. Das IV. Laterankonzil sanktionierte den Brauch, mindestens einmal im Jahr zum B. zu kommen, für den Fall der subjektiv schweren .-•»Sünde als allgemeines Kirchengebot. – Weitere bußgeschichtliche Fragen: ↑Attritionismus, ↑Kontritionismus.

4. Theologie. Das B. steht heute ganz im Zeichen der Beichte, d.h. des Bekenntnisses der Sünden, die selbst fast ein Bußwerk geworden ist: Die Beschämung des Eingeständnisses ist die Sühne des Eingestandenen. Es wäre aber gut, den unlösbaren Zusammenhang mit der Theologie der ↑Kirche wieder zu sehen, die Schädigung der Kirche u. der Gemeinschaft durch die Sünde besser zu beachten u. das Heilende durch die Wiedererteilung des Friedens mit der Kirche hervorzuheben (der Gedanke wird wenigstens erwähnt vom II. Vat., Kirche II). Besondere Mängel liegen in der Auferlegung der „Buße», der ↑Genugtuung. Die völlige Überwindung der Sünde fordert mehr als Reue u. Versöhnung mit Gott: die ganze durch die Sünde geschädigte Wirklichkeit des Menschen muß in eine neue Grundentscheidung hineinintegriert werden, damit so jene Liebe gewonnen werde, in der wirklich alles vergeben ist. Diese Liebe kommt dort, wo es überhaupt möglich ist, in der Wiedergutmachung des Schadens zur vollen Wirklichkeit. Eine beziehungslose, mehr oder weniger nur mechanistische u. legalistische Auferlegung irgendwelcher kürzerer oder längerer Gebete verfehlt den Sinn dieser Genugtuung. Diese Frage ist auch darum für das heutige Verständnis des B.es sehr ernst, weil erst durch das tiefgreifende, systematische Entgegenwirken gegen die Sünde oft jene ↑Reue erreicht werden kann, die der heutige Mensch angeblich nicht zustande bringt u. die doch Voraussetzung für einen wirksamen Vollzug des B.es u. für das ↑Heil des Sünders ist.

C

Chalkedon

Stadt in Kleinasien, in der vom 8. 10. bis l. II. 451 (zur Zeit Papst Leos l.) das 4. ökumenische Konzil stattfand. Auf ihm wurde das christologische Dogma formuliert: ↑Jesus Christus, der menschgewordene ↑Logos Gottes, ist eine .–«Person in zwei ↑Naturen, die in dieser einen Person unvermischt, unverwandelt, ungetrennt u. ungeschieden (DS 301 ff; NR 178) gegeben sind, gegen den ↑Nestorianismus (zwei Personen in Jesus Christus; vgl. ↑Ephesos) u. gegen die Lehre des Eutyches (die zwei Naturen in Jesus Christus seien vermischt zu einer einzigen: strikter ↑Monophysitismus). Leo, dessen Legaten den Konzilsvorsitz hatten, bestätigte das Konzil ohne Kanon 28, in dem es Konstantinopel den l. Rang nach Rom (unter Umgehung Antiocheias u. Alexandriens) zuerkannte.

Charakter, sakramentaler Ch

(griech. Charakter = Erkennungszeichen) bezeichnet jenes dem einzelnen Christen durch Taufe, Firmung u. Ordo eingeprägte „geistige u. unauslöschliche Zeichen» (die bleibende Gültigkeit dieser Sakramente, die von der subjektiven Einstellung des Einzelnen unabhängig ist) (DGL: DS 1609; NR 514). Die Lehre vom s. Ch. hat ihre biblische Grundlage in dem „Siegel» (↑Sphragis) Gottes, mit dem die Auserwählten bezeichnet sind (Apk 7, 2-8); sie wurde erstmals von Augustmus entfaltet im Zusammenhang damit, daß die genannten Sakramente als nicht wiederholbar erkannt wurden. Er liegt in seiner Unauslöschlichkeit der menschlichen Entscheidung u. der personalen Heilsgeschichte des Einzelnen voraus, verweist vielmehr die je innerliche, unsichtbare, gnadenhafte Anrufung der einzelnen Person durch den Heilsanruf Gottes in die geschichtliche Öffentlichkeit der Kirche u. ihres Kultes (Bestellung zur Gottesverehrung: II. Vat., Kirche II). Kult der Kirche ist darum, weil er Aktualisierung der bleibenden Berufung des Getauften, Gefirmten, Geweihten ist, die sichtbare Darstellung des bleibenden u. reuelosen Liebeswillen Gottes u. seiner Annahme durch die Kirche als ganze (↑Sakrament). – Der s. Ch. ist von der Gnade selbst verschieden, verweist aber den Christen auf den erforderlichen Besitz der Gnade u. bietet sie ihm an.

Charisma

(griech. = Gnadengabe) bezeichnet a) im NT das ungeschuldete Heil überhaupt; b) in der Mehrzahl schon im NT u. im heutigen theol. Sprachgebrauch jene Einwirkungen des Geistes Gottes auf den einzelnen Glaubenden, die vom Menschen her niemals erzwingbar, von den amtlichen Organen der Kirche nicht vorhersehbar, durch die Setzung der Sakramente nicht erreichbar u. dennoch immer u. überall vermutbar sind, weil sie – wie Amt u. Sakramente – zum notwendigen u. dauernden Wesen der Kirche gehören. Das Ch. zielt (im Gegensatz zu den ↑Tugenden) auf die Sichtbarmachung u. Glaubhaftmachung der Kirche als des „heiligen Volkes Gottes» hin u. ergänzt damit das kirchliche ↑Amt in seiner eigentlichen Aufgabe. Die Erscheinungsweise des Ch.s (in der apostolischen Zeit vor allem Weisheit, Erkenntnis, Kraftwirkungen, Unterscheidung der Geister, Gemeindeleitung, Sprachengabe, vgl. vor allem l Kor 12-14) kann aus dem heilsgeschichtlich-ekklesiologischen Wesen des Ch.s heraus nichtvorhersehbar sein; es muß darum immer neu entdeckt u. akzeptiert werden (DS 3807 f), wobei gerade die Neuartigkeit einer Erscheinungsform (vgl. die Armutsbewegung im Mittelalter) nicht als Argument gegen die Kirchlichkeit u. Geistgewirktheit des Ch.s gelten kann, sondern als – zwar sorgfältig zu prüfender – neuer Antrieb des Geistes Gottes, der die Kirche auf diesem Weg mit ihrer je neuen Gegenwart konfrontieren u. intensiver (nämlich differenzierter) mit ihr verknüpfen will, anerkannt werden muß.

Christentum

ist nach seinem verborgenen, geglaubten Wesen 70 (↑Gnade) u. nach seiner sichtbaren Erscheinung (Menschwerdung, ↑Kirche) das Verhältnis des Menschen zu Gott, das von Gott selbst in ↑Jesus Christus durch seine freie, gnädige, geschichtliche Verfügung u. seine Wortoffenbarung gestiftet ist. Ch. wurzelt also im mittlerischen Sein u. Wirken Jesu Christi. Insofern es auf der konkreten Person Jesu Christi aufruht, den ganzen Menschen in seiner ganzen Wirklichkeit u. Welt umfaßt u. den unendlichen, unbegreiflichen Gott zum Partner hat, kann es keine abstrakte Wesensdefinition geben, die erschöpfend sagen könnte, was Ch. ist. -Die Frage „Was ist Ch.?» kann legitim von zwei Seiten gestellt werden: a) von außen, also von Seiten des Noch-nicht-Glaubenden; ihr entspricht die fundamentaltheologische Aussage über das Ch., insofern es in einem bestimmten Verhältnis zu anderen Religionen steht; b) von innen, insofern das Ch. nach seinem eigenen, nur von ihm selbst auffindbaren Selbstverständnis fragt; ihr entspricht die dogmatische Selbstaussage des Ch.

I. Christentum im Vergleich zu anderen Religionen

1. Das Ch. ist Welt- u. Menschheitsreligion

Es betrachtet schlechthin jeden Menschen als Empfänger seiner Botschaft, Gaben, Verheißungen. Es hält sich nicht für eine relative Erscheinungsform des Religiösen unter anderen, sondern als das einzig von Gott selbst gestiftete Verhältnis des Menschen zu Gott. Faktisch hat das Ch. nie bloß einem Kulturkreis angehört; es ist im Lauf der Geschichte tatsächlich zur Weltreligion geworden, besitzt (als das immer selbe) zeitliche u. räumliche Universalität.

2. Das Ch. ist Kulturreligion

Sosehr es selbst seine Voraussetzungen u. seine Vorgeschichte (auch u. gerade als gottgewirkte ↑Heilsgeschichte) bis in die Anfänge der Menschheit zurückreichend versteht (↑Uroffenbarung, ↑Gnade Christi, Abrahams-↑Bund, ↑Altes Testament), so setzt es dennoch aus seinem Wesen eine gewisse Höhe menschlicher Kultur voraus, insofern es die gesamte Breite (innerer u. äußerer) menschlicher Möglichkeiten als der Materie der Verleiblichung des Religiösen umfaßt.

3. Das Ch. ist geschichtliche Offenbarungsreligion

Sosehr es auch immer-gültige Wesensaussagen über Gott, Welt u. Mensch macht, die an sich u. grundsätzlich von jedem Punkt der Geschichte aus erreichbar sind, so versteht sich das Ch. doch wesentlich als geschichtliche Offenbarungsreligion, d.h.: die Wirklichkeit, die das Ch. repräsentiert, die Wahrheit, die es kündet, sind in der Welt, weil sich an einem ganz bestimmten (historisch u. geographisch fixierbaren) Punkt von Zeit u. Raum das Handeln u. die Kunde des lebendigen, von der Welt verschiedenen Gottes (in den ↑Propheten u. in ↑Jesus Christus) frei u. gnadenhaft ereignet hat; sind also in der Welt, weil ↑Offenbarung (durch Gott, nicht durch die Welt) geschah. Unableitbares, fundamentales u. synkretistisch nicht mehr erklärbares Datum des Ch.s ist die Person Jesu, in der die Offenbarung Gottes endgültig geschichtlich geworden ist.

4. Das Ch. ist dogmatische Religion

Wenn auch die Wirklichkeit, die das Ch. bringt u. kündet, die Tat Gottes am Menschen ist, die alles Begreifen übersteigt, weil sie die ↑Selbstmitteilung Gottes an den nicht-Gott-seienden Menschen ist, so ist doch diese Mitteilung Gottes durch Gott selbst in menschlichen Begriffen ausgesagt (die gewiß eine lange Geschichte haben). Diese worthafte Mitteilung ist also trotz der Analogie u. Unvollkommenheit der menschlichen Begriffe absolute Wahrheit, die unveränderlich ist u. (wie empirisch festgestellt werden kann) durch Schrift u. Tradition unveränderlich weitergegeben wird, trotz aller fortschreitenden Entwicklung in differenzierten Aussagen (↑Dogmenentwicklung).

5. Das Ch. ist eschatologische Religion

D.h., das Ch. nimmt seine eigene Geschichtlichkeit u. die des Menschen radikal ernst u. versteht sich dennoch als absolut. Dies bedeutet: a) Es ist die letzte, unüberholbare u. endgültige Religion für diese Weltzeit. Trotz seines eigenen geschichtlichen Ursprungs ist es nicht eine Phase der Religionsgeschichte, nach der es selbst durch eine andere Religion abgelöst werden könnte; denn es hat grundsätzlich in sich selbst Raum für alle echte religiöse Produktivität u. für das auch außerhalb des Ch.s mögliche Gnadenwalten des einen Gottes u. ist als Religion der absoluten ↑Selbstmitteilung Gottes in Inkarnation u. ↑Gnade wesenhaft nur noch durch die ↑Anschauung Gottes überbietbar. – b) Es begreift sich insofern als das Vorläufige u. Bedingte, als es selbst „pilgernd» auf dasjenige Ende ausgerichtet ist (u. zwar aus seiner eigenen Dynamik), in dem das Offenbar-Werden der Herrlichkeit Gottes geschieht u. Zeit, Wirkraum u. Geschichte des Ch.s aufgehoben werden. – c) Das Ch. widerspricht als eschatologisches Moment „im Fleische dieser Welt» jeder Absolutsetzung einer innerweltlichen Macht, indem es Welt, Geschichte, Kultur relativ setzt zu dem Heilswillen und der absoluten Heilsverfügung Gottes. Gerade diese Setzung beläßt aber Welt, Geschichte usw. in ihrer Gültigkeit (u. Eigenständigkeit), da das Ch. in Welt u. Zeit Gottes ewigen Heilswillen repräsentierend auf die endgültige, gnädige Durchsetzung dieses Willens hofft u. harrt. Das Ch. versteht sich also gerade als eschatologische Religion nicht als Verwalter u. Beherrscher irdischer Wirklichkeiten.

6. Das Ch. ist integrale Religion

Das Ch. als Tat des Schöpfers aller irdischenwirklichkeiten wendet sich an Person u. Gemeinschaft in gleicher Weise u. gegenseitiger Abhängigkeit. Weil es das Heil des Einzelnen vor Gott in Gnade u. persönlicher Entscheidung ist, kann das Ch. nie bloße Kultureinrichtung der gesellschaftlichen Öffentlichkeit sein. Weil aber Gott sich in seinem menschgewordenen Sohn geschichtlich greifbar an alle wendet, ist das Ch. nach dem Willen Jesu, seines Stifters, ganz nur gegeben in der einen sichtbaren ↑Kirche, die in sozialer Verfaßtheit u. Gegliedertheit nach Ämtern (↑Ämteranerkennung) u. Aufgaben u. in ununterbrochener geschichtlicher Kontinuität (↑Successio apostolica) Gottes Heilstat in den Sakramenten u. Gottes Wahrheit in ihrer Lehrverkündigung in alle Zeiten u. Räume ausbreitet u. die volle geschichtliche Greifbarkeit der Heilstat Gottes in Jesus Christus darstellt.

II. Dogmatische Selbstaussage des Christentums

1. Im Ch. handelt am Menschen

u. mit dem Menschen der unendliche, persönliche u. heilige Gott. Er setzt die frei aus dem Nichts geschaffene Welt u. den Menschen so eindeutig von sich selbst ab (in Abhängigkeit), daß sie in allem schon immer auf das unendliche ↑Geheimnis verwiesen sind, das Gott ist. So kann das Geschaffene sein konkretes Verhältnis zu Gott nicht von sich allein aus bestimmen, sondern muß offenbleiben für die Verfügung Gottes.

2. Dieser Gott hat in freier Gnade

seine von ihm frei geschaffene Welt u. vor allem die geistige Kreatur zur Teilnahme an seinem göttlichen Leben zugelassen, so daß Gott nicht nur die Wirkursache ist, die Kreatur schafft, sondern (in freier Gnade) der ist, der sich selbst in seinem eigenen Sein mitteilt. Damit hat er seine eigene Herrlichkeit u. sein innerstes Leben offenbarend enthüllt als das gnadenhafte Ziel der geistigen Kreatur u. somit jede innerweltliche Selbstentfaltung (u. „Entwicklung“) des Menschen überholt u. zugleich geöffnet auf ihre unendliche Erfüllung hin. Die Struktur dieser über-natürlichen Selbst-mit-teilung Gottes ist die innere Wirklichkeit Gottes selber: Der ursprungslos sich Mitteilende (Vater), das ausgesagte „Wort“, das die Fülle des Ursprungs bleibend hat (Sohn), u. die liebende Bejahung der Einheit von ausgehendem Ursprung u. aus-sagend Entsprungenem in der bleibenden Angekommenheit der göttlichen Fülle am Ziel des Ausgangs (Heiliger Geist) bilden die wirkliche Dreipersönlichkeit des einen Gottes in ihm selbst (↑Dreifaltigkeit).

3. Die Geschichte der von der Freiheit des Menschen

angenommenen oder abgelehnten Selbstmitteilung Gottes ereignet sich in jedem Menschenleben, das zu seinem geistig freien Selbstvollzug kommt, u. ist aus der je geschichtlichen Situation des Menschen heraus zu jeder Zeit möglich. Wo diese Gnadengeschichte zur reflexen Gegebenheit, sozialen Greifbarkeit, beglaubigten Aussage u. institutionellen Verleiblichung kommt, geschieht ↑Heilsgeschichte im engeren Sinne (↑Bund des Volkes Israel, ↑Altes Testament, ↑Reich Gottes, ↑Basileia).

4. Die höchste, qualitativ einmalige Verwirklichung

der Selbstmitteilung Gottes an die Welt u. damit als reale Garantie des göttlichen Heilswillens für alle Menschen ist darin gegeben, daß die zweite göttliche Person des einen Gottes eine menschliche Wirklichkeit (↑Natur) als seine eigene in ↑Jesus Christus angenommen hat. Dieser Jesus ist in diesem Sinne Heilsmittler zwischen Gott u. Schöpfung; auf ihn als „Haupt» ist von vornherein Werden u. Geschichte der Welt angelegt. Indem der Glaubende Jesus erkennt als den Menschen, dessen Sein das Dasein-Gottes-bei-uns selber ist u. in dessen Leben, Schicksal, Tod u. Auferstehung Gott selbst an unserer Existenz teilgenommen hat, weiß er sich in seiner eigenen Wirklichkeit enthüllt (als von Gott gnädig aufgerufener Partner, ↑Erlösung, ↑Auferstehung) u. endgültig bestätigt.

5. Die in der Geschichte bleibende Heilstat Gottes

enthüllt dem Ch. die radikalere Erfahrung dessen, was der Mensch ist: Empfänger der freien, gnädigen Selbstmitteilung Gottes; positiv Unwürdiger für diese Gabe durch die eigene ↑Sünde, der darum von sich aus der Verlorene (↑Tod, ↑Erbsünde) wäre; radikal Angewiesener auf die in Christus angebotene Vergebung der Schuld.

6. Das Ch. versteht den Menschen

als je leibhaftigen ↑Geist von absoluter Würde, der mit der realen Möglichkeit begabt ist, sich in geistiger Erkenntnis u. freier Entscheidung in dem einmaligen irdischen Leben endgültig für oder gegen Gott u. somit für sein Heil oder zu seiner ewigen Verdammnis zu entscheiden. Der durch Gottes Schöpfer- u. Heilstat verfügte Sinn dieses Lebens ist zugleich als Norm des menschlichen Handelns gegeben: in ↑Glauben, ↑Hoffnung u. ↑Liebe (zu Gott u. dem Nächsten) u. in Dankbarkeit (↑Eucharistie, ↑Kirche).

7. Vgl. ↑Judentum und Ch.

↑Heidentum, ↑Nichtchristliche Religionen, ↑Anonymes Christentum.

Christologie

heißt der theol. Traktat über ↑Jesus Christus, u. zwar in einem engeren Sinn über seine Person, während die Theologie über sein Erlösungswerk in dem theol. Traktat der ↑Soteriologie behandelt wird. Sie muß in engem Zusammenhang stehen vor allem mit der ↑Trinitätstheologie u. von dorther deutlich machen, daß die ökonomische ↑Dreifaltigkeit die immanente ist u. umgekehrt: so sehr die Menschwerdung Gottes als absolut freie gedacht werden muß, so sehr muß nach der Offenbarung u. auf ihr begründet gesehen werden, daß eben der Sohn es ist, in dem Gott eine andere Wirklichkeit, als er je schon ist, annimmt u. diese zur Erscheinung seiner wirklich ihn zeigenden Gegenwart werden läßt. Damit ist auch schon gegeben, daß in dieser Verknüpfung von Trinitätstheologie u. Ch. der eigentliche Ort christlicher Welt- u. Geschichtsdeutung liegt (↑Christozentrik). Die Aussagen der Ch. selbst beruhen seit dem Konzil von ↑Chalkedon auf ganz wenigen Begriffen, denen der zwei ↑Naturen in Jesus Christus, der einen ↑Hypostase u. der Annahme der menschlichen Natur durch die Person des göttlichen ↑Logos (vgl. dazu .fhypostatische Union; ↑Homoousios). Dennoch ist darin die Ch. nicht von vornherein für alle Zeiten abgeschlossen; ihre Offenheit für das Verstehen ergibt sich aus dem in der Sache selbst liegenden Spannungsverhältnis zwischen einer Ch. „von oben» u. einer Ch. „von unten»: eine Ch. „von oben» müßte grundsätzlich die Möglichkeit u. Bedeutsamkeit dessen aufzeigen, das damit gegeben ist, daß Gott selbst das andere von sich selbst wird (grundgelegt nicht nur in einer adäquaten Trinitätstheologie, vgl. oben, sondern auch in einer theol. ↑Anthropologie), was in den biblischen Begriffen von „Söhn» u. „Wort» angedeutet ist. Die Ch. „von unten» müßte fundamentaltheologisch die wirkliche Geschichte Jesu (mit Hilfe der ↑Exegese), die konkrete Gestalt Jesu, die ↑Mysterien des Lebens Jesu in unvermischter u. doch ungetrennter Einheit mit der Dogmatik darbieten, also glaubhaft dartun, daß dieser Jesus die absolute Realpräsenz Gottes in der Welt u. das von ihm als Menschen getane Werk wirklich die ↑Erlösung der Welt ist (vgl. dazu auch ↑Wissen Jesu, ↑Tod). In beidem würde dann auch deutlich werden, daß schon die Menschwerdung des göttlichen Logos die höchste, geschichtliche u. unwiderrufliche Selbstmitteilung Gottes an die Welt ist u. daß darum Ch. u. Soteriologie mindestens als innere Einheit gesehen u. behandelt werden müssen. Unmittelbar auf beide Traktate muß in der Dogmatik eine dogmatische ↑Ekklesiologie folgen, in der die geschichtliche, soziologische u. gnadenhafte Bleibendheit Jesu u. der Erlösung in der Welt u. deren Annahme zur Sprache kommt.

Christozentrik

Christozentrisch ist eine christliche Theologie, insofern u. insoweit sie richtig die zentrale (d.h. alles andere bedingende u. ordnende) Stellung Jesu Christi in der Schöpfungs- u. Heilsgeschichte zur Geltung bringt. Insofern faktisch, wenn auch frei, der alles Kreatürliche unter Umgreifung des bleibenden Unterschiedes von ↑Natur und Gnade u. innerhalb der Gnadenordnung von Gnade des ↑Urstandes u. der vergebenden Gnade tragende Wille Gottes beruhend gedacht werden darf auf dem ursprünglichen Willen Gottes, sich selbst in seinem ↑Logos in das Nichtgöttliche auszusagen u. ihm mitzuteilen, kann gesagt werden, daß alles (auch Natur u. natürliche Menschheitsgeschichte) auf ↑Jesus Christus, den Gottmenschen, hin geschaffen ist u. in ihm seinen Bestand hat. Von da aus (obzwar darüber in der kath. Theologie keine Einhelligkeit herrscht) kann dann gesagt werden, daß die natürliche Welt geschaffen ist als Voraussetzung u. Adressat der ↑Selbstmitteilung Gottes in der Geschöpfwerdung des Logos, daß auch die Gnade des Urstandes schon Gnade Jesu Christi ist, daß die Sünde als Widerspruch zu Gott in Christus von Gott zugelassen ist, weil sie in Jesus Christus eingefangen bleibt in den unbedingten Willen zu dieser Selbstmitteilung Gottes, die eo ipso eine erlösende wird, daß die Gnade der Rechtfertigung u. Vergöttlichung, so wie sie uns faktisch gewährt wird, wesentlich Gnade des Menschgewordenen u. Gekreuzigten so sehr ist, daß Gnade u. Inkarnation zwei untrennbare Momente des einen ↑Geheimnisses der Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur sind.

Christusmystik

ist grundgelegt vor allem in der paulinischen Ch. (dem „in Christus sein»). Sie ist getragen von der Erfahrung der gnädig geschenkten u. schon radikal angenommenen Einigung der eigenen Person mit Jesus Christus. Sosehr diese personale Einigung im Vordergrund der mystischen Erfahrung steht u. im Vokabular der Ch. dominiert, will die Ch. nicht an der Tatsache vorbeisehen, daß der je Einzelne dem „Leib Christi» einverleibt ist u. somit auf die Gemeinschaft der in Jesus Christus Lebenden verwiesen bleibt (Ignatius v. Loyola: Mystik des Dienstes am sichtbaren Christus in der Kirche).

Consensus

(lat. = Zustimmung, Übereinstimmung), l) in der ↑Ehe: die freie, unerzwungene Willensentscheidung von Mann u. Frau, durch die sie eine auf Dauer angelegte Lebens- u. Liebesgemeinschaft eingehen. 2) ,,C. patrum»: die Übereinstimmung der ↑Kirchenväter in einer bestimmten Glaubensfrage als solcher; sie ist an sich auch dann anzunehmen, wenn sie für alle jene Väter nachgewiesen werden kann, die eine Lehre als geoffenbart explizit vorgetragen haben, ohne Widerspruch zu finden. Die Verbindlichkeit des C. patrum ist praktisch schon in den ersten ↑Konzilien, theoretisch im Tridentinum (DS 1507; NR 93) bezeugt. 3) ,,C. theologorum»: die Übereinstimmung der durch Orthodoxie u. bedeutende theol. Leistung hervorgetretenen Theologen, in der u. soweit sich in ihr die Lehre des kirchlichen Lehramtes widerspiegelt u. erkannt werden kann (DS 2879 3881 ff; NR435 73 ff). 4) „C. universalis»: Wenn die Gesamtheit der Gläubigen ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens u. der Sitten äußert, kann sie nicht irren (II. Vat., Kirche II).

Corredemptrix

(lat. = Miterlöserin), ein in der kath. Theologie (↑Mariologie) hinsichtlich seiner möglichen u. exakten Bedeutung noch nicht eindeutig festgelegter Begriff, mit dem die personal u. heilsgeschichtlich einmalige u. immer gültig u. wirksam bleibende Funktion ↑Marias im geschichtlichen Beginn des Erlösungswerkes u. in dessen Vollzug durch den Erlöser Jesus Christus u. in der Gemeinschaft der Heiligen auszudrücken versucht wird (DS 3274 3370).

D

Dämonen

(von griech. daimon = bei den griech. Dichtern oft gut gesinnter Schutzgott, innere Stimme des Menschen) kennen die Völker zu allen Zeiten in verschiedener Qualität, Ranghöhe u. Mächtigkeit des Wirkens. Der Begriff D. wird meist im engeren Sinn von „Schadensgeistern“ verwendet. Solche werden auch vom Alten Testament als existierend vorausgesetzt, ohne daß es ihnen eine besondere Bedeutung beimäße. Konkret ausgemalt werden die D.Vorstellungen im Spätjudentum (Hierarchie mit dem Teufel, Satan usw. als Anführer; Wirken als Verderber; Entstehung der D. durch einen Engelfall), die ihrerseits in den Grundzügen ins Neue Testament eingehen, aber ganz ins Heilsgeschichtliche gewendet: die D. bilden ein Reich (Mk 3.22-26), das gegen die ↑Basileia steht u. sich in der ↑Besessenheit manifestiert. Vgl. auch ↑Gewalten u. Mächte. Eine kirchliche Lehrentscheidung liegt im IV. Laterankonzil vor, wo radikal gesagt wird, daß kein von Anfang an ↑Böses existiert, sondern daß alles Böse endlich-zeitlich u. aus der Freiheitsentscheidung der Kreatur entsprungen ist (DS 800; NR 918). In diesem Zusammenhang wird gesagt, der Teufel u. die anderen D. seien von Gott als von Natur aus gut erschaffen, aber aus sich heraus böse geworden. Die Existenz von D. ist damit vorausgesetzt, nicht aber ausdrücklich gelehrt. Eine Erklärung der Glaubenskongregation von 1975 bezeichnet die Existenz des Teufels u. der D. als ↑Dogmatische Tatsache, also nicht als Dogma. Diese sparsamen Angaben verbieten es, in den D. (wie es die Volksfrömmigkeit oft tut) gleich mächtige Gegner Gottes zu sehen oder ihre Eigenart u. ihr Wirken auszumalen. Angesichts des Ernstes der Heilsgeschichte wäre es untheologischer Unernst, im Teufel u. den D. eine Art Spukgeister zu sehen, die sich in der Welt herumtreiben; vielmehr darf angenommen werden, daß es sich bei ihnen gerade um die (nicht vom Menschen unabhängigen) Mächte der Welt handelt, insofern diese ↑Welt eine Verweigerung gegenüber Gott u. eine Versuchung für den Menschen ist. Damit ist die biblisch u. lehramtlich (DS 3891; NR 890) festgehaltene Personalität der D. gegeben, da ja jede Wesensunordnung in der Welt personal realisiert ist; ebenso ihre Pluralität, die mit der qualitativen u. regionalen Pluralität der Welt in Zusammenhang zu denken ist. Es ist ferner damit gegeben, daß sie als Momente dieser Welt sich Gott gegenüber schuldhaft verschließen, worauf das Vergehen der Gestalt dieses Kosmos ätiologisch hinweist. Ihre Macht ist nach der Überwindung der Sünde durch Jesus Christus nur angemaßter Schein (so real innerweltlich die Macht von Kriegen, Tyrannen usw. ist): sie sind entmachtet (Lk 10,18; Mt 12,28).

Dasein

(lat. existentia), in der scholastischen Philosophie Wirklichsein, Realsein, im Gegensatz zum bloßen Gedachtsein. Aufgrund des D.s ist ein Ding in der Außenwelt antreffbar; aufgrund des Soseins oder ↑Wesens ist es ein bestimmtes Etwas. D. u. Sosein sind im endlich zufälligen Seienden real zu unterscheiden, da nicht jedes denkbare Wesen notwendig verwirklicht ist. sondern dazu noch des D .s bedarf. In der Philosophie M. Heideggers (in ähnlichem Sinn in der Existenzphilosophie überhaupt) ist der Begriff des D.s auf den Menschen eingeschränkt, insofern dieser jenes ausgezeichnete Seiende ist, das Seinsverständnis, d.h. Verständnis seiner selbst, seines „Da» u. des Seins überhaupt besitzt. Dieses D. stellt daher die eigentliche Anwesenheit des ↑Seins dar; seine Analyse muß somit den Ausgangspunkt alles Fragens nach dem Sinn von Sein bilden (theol. ↑Anthropologie).

Definition

(lat. = Abgrenzung), l) allgemein: die eindeutige, kurze, vollständige begriffliche Bestimmung eines Sachverhaltes oder einer Wortbedeutung; 2) lehramtliche D.: jene feierliche (in der Form als solche klar erkennbare) Lehrentscheidung des ↑Papstes (ex cathedra, Kathedralentscheidung) oder eines ökumenischen ↑Konzils, durch die eine Wahrheit endgültig u. für die Gesamtkirche schlechthin verbindlich als wahr u. darum mit göttlichem u. katholischem (oder kirchlichem) Glauben anzunehmen gelehrt wird, weil diese Wahrheit von Gott geoffenbart ist (oder mit einer geoffenbarten Wahrheit so zusam menhängt, daß die eine ohne die andere nicht geleugnet werden kann) (↑Unfehlbarkeit, ↑Dogma, ↑Lehramt).

Deismus

(lat. = Gottesauffassung) ist eine Ansicht über ↑Gott, die ihn zwar als personal existierend glaubt u. die Welt samt Naturgesetzen als von ihm geschaffen annimmt (schon im 14. Jh.: Gott als Uhrmacher der Weltuhr), die aber jedes weitere Mitwirken u. Eingreifen Gottes in seine Schöpfung (besonders jede übernatürliche ↑Offenbarung) leugnet. Dieser D. wurde in den mannigfachsten Abschattungen seit dem Ende des 16. Jh. vertreten im Zusammenhang mit der Errichtung einer philosophischen natürlichen ↑Religion (unbestrittener Vertreter des D.: Voltaire). Der D. lehnte berechtigt, aber kurzschlüssig einen Lückenbüßer-Gott ab. Wegen der explizit oder implizit vorgelegten deistischen Meinung, Gott habe die Welt notwendig erschaffen, u. der damit gegebenen Bestreitung der ↑Freiheit Gottes (womit sich jeder D. in Widersprüche verwickelt) sowie wegen der Ablehnung des ↑Ubernatürlichen u. der ↑Offenbarung wurde der D. vom I. Vatikanischen Konzil verurteilt (DS 3000-3020 3027 3031-3034; NR 27-44 315ff 384ff 46 49-52).

Dekalog

(griech. •= Zehnspruch, „Zehn Gebote Gottes»), klassische Bezeichnung der dem Volk des Alten Bundes auferlegten Gebote u. Verbote, die – in zehn Sätzen zusammengefaßt (Ex 20,2-17; Dt 5,6-21) – das gesellschaftsethische Zusammenleben dieses Volkes ordnen u. sein Bestehen als auf ↑Bund beruhendem, monotheistischem Kultverband innerhalb der polytheistischen Umwelt garantieren sollten. Die soziologisch-geschichtliche Bedingtheit des D.s läßt nicht zu, daß die im NT verkündeten u. geforderten Grundhaltungen (↑Liebe, Dankbarkeit) in ihn einfachhin hineingetragen werden. Er ist im NT dem Liebesgebot radikal ein- u. untergeordnet u. gilt nur noch, insofern er ↑Natürliches Sittengesetz u. Konkretion der ntl. Ethik ist.

Demiurg

von Platon zum erstenmal als Weltenbaumeister in die Philosophie eingeführt; im Gnostizismus als Mittelwesen zwischen Gott u. Welt gedacht, das die irdische Welt aus vorgegebener Materie gestaltet. Gegen diese Anschauung verteidigen die Kirchenväter die Identität des einen wahren Gottes mit dem Weltschöpfer u. Bildner einer guten sichtbaren Welt.

Demokratisierung

(kritische Öffentlichkeit). Das Prinzip der D. bezeichnet die zugleich fundamentale wie universale gesellschaftspolitische Forderung, die in einer längst überholten Trennung von Staat u. Gesellschaft wurzelnde Beschränkung der Demokratie auf ein formales Organisationsprinzip des Staates zu überwinden u. zur Schaffung von Demokratie als grundlegender politischer Realität auch alle relevanten gesellschaftlichen Teilbereiche (Wirtschaft, Bildung, Kirchen, freilich der jeweiligen Eigenart dieser Bereiche entsprechend) mit einzubeziehen. Konkret-inhaltlich ist darunter jede organisierte, auf unmittelbar praktische Veränderung von Herrschaftsstrukturen, Wissensformen, Verhaltensweisen u. Normen abzielende Tätigkeit von Gruppen oder Klassen zur Erhöhung ihrer Selbstbestimmung u. Verantwortungzu verstehen. Insbesondere geht es in der damit verbundenen Mobilisierung der Basis um eine effektivere Kontrolle wirtschaftlicher u. technokratischer ↑Macht einerseits sowie um Freisetzung sozialer Kreativität in den verschiedenen Lebensbereichen anderseits. Partizipation als verantwortliche Beteiligung der Betroffenen an der Verfügung über ihre Produktionsmittel bedarf zu ihrem Gelingen jedoch einer gleichzeitigen Mobilisierung der Lernwilligkeit u. Verantwortungsbereitschaft der gesellschaftlichen Basiseinheiten. Erklärtes Ziel der D. ist somit die Herstellung einer Gesellschaft gleicher u. freier Menschen. Generell steht daher die. D. der gesellschaftlichen Subsysteme im Dienst der Verbesserung der Lebensqualität aller. Die innere Nähe des ntl. Freiheitsverständnisses u. der Auffassung von der ↑Kirche als solidarischer, herrschaftsfreier Dienstgemeinschaft von Schwestern u. Brüdern zu demokratischen Handlungs- u. Lebensweisen verweist trotz aller Unterschiede zwischen Staat u. Kirche auf eine prinzipielle Offenheit der Kirche als Sozialsystem für eine weitgehende D. ihres Selbstvollzugs. D. in der Kirche müßte nicht nur eine umfassende u. aktive Beteiligung aller Gläubigen an den kirchlichen Entscheidungsprozessen, sondern auch die Stärkung des ↑Kollegialitäts-Prinzips u. des ↑Volk-Gottes-Gedankens sowie das Ingangsetzen reformfreudiger Lernprozesse u. selbstkritischer Differenzierung zum Ziel haben. K. F.

Demut

Verhaltensweise des Menschen, der im Bewußtsein seines radikalen Abstandes von Gott, dem vollkommenen Sein, die Selbstentäußerung Gottes in seinem Sohn (Phil 2,2-8) u. die darin geoffenbarte Umkehrung (Erhebung) des Kleinen u. Schwachen dieser Welt zum Großen im Königtum Gottes (Mt 18,4 mit Parallelen) dankbar u. mutig entgegengenommen hat. Diese de-mütige Selbstannahme drückt sich vor allem in Akzeptierung (Vergebung, Ertragung) der Schwäche des Mitmenschen, Dienstbereitschaft diesem u. Gott gegenüber aus.

Depositum fidei

das der ↑Kirche anvertraute Glaubensgut, das sie in Treue zu hüten u. unfehlbar zu erklären hat (↑Heilige Schrift, ↑Tradition, ↑Glauben; DS 3020; NR 386; U. Vat., Offb. 10). Es kann aus dem Wesen der durch Christus vermittelten Heilsbotschaft u. Heilstat nicht als „verschnürtes Paket von Sätzen» verstanden werden, sondern als die Summe der Heilsgüter (in Wort u. Gabe), die der Kirche zu je neuem Vollzug anvertraut sind mit dem Ziel, ihr D. f. inmitten ihrer je gegenwärtigen, geschichtlich-irdischen Situation verständlich, glaubhaft u. fruchtbar zu machen. Dieser Vollzug ist Sache aller Glieder der Kirche (↑Hörende Kirche) u. geschieht durch Lehre, Kult u. Leben.

Desiderium naturale

(lat. wörtlich = natürliches Verlangen) bezeichnet seit Thomas v. Aquin die Ausgerichtetheit des geschaffenen Geistes auf die ↑Anschauung Gottes. Es gründet auf der unbegrenzten Offenheit des menschlichen ↑Geistes in sich selbst für das Unendliche. Dem D. n. in seiner mit der Natur des Menschen gegebenen „natürlichen» Struktur steht das von Gott in Jesus Christus faktisch getätigte Angebot der Selbstmitteilung Gottes gegenüber, das vom D. n. niemals gefordert werden konnte u. somit radikal der natürlichen Verfaßtheit des Menschen ungeschuldet bleibt; dennoch ist das D. n. die dynamische ,,Öffnung» des Menschen, in die die übernatürliche, gnadenhafte Selbstmitteilung Gottes u. die ebenso gnadenhafte Anschauung als tatsächliche Zielsetzung des Menschen hineingestiftet werden konnten u. hineingestiftet wurden. – Vgl. ↑Potentia oboedientialis, übernatürliches ↑Existential.

Destruktionstheorien

heißen jene Deutungen des ↑Meßopfers, die das Wesen des rOpfers in einer zerstörenden Veränderung der Opfergabe, welche sie dem Gebrauch des Menschen entzieht (Überantwortung der Gabe u. symbolisch darin des Menschen an Gott), sehen. Am bedeutsamsten die D., die das Wesen des Meßopfers in der ..mystischen Schlachtung» sieht, in der durch die Doppelkonsekration geschehenden sakramentalen Trennung des Leibes u. Blutes Jesu Christi (Darbringung Christi in der Gestalt seines Todesleidens).

Determinismus

die Lehre, daß die menschlichen Willensbewegungen in ihrer Zielrichtung nicht von freier Wahlentscheidung (↑Freiheit) getragen, sondern im voraus zu ihr durch äußere (von außen einwirkende Motive) oder innere (seelische Zuständlichkeit) Ursachen eindeutig festgelegt sind. Der radikale D. betrachtet fälschlicherweise erforderte Ursachen als notwendigfestlegende, identifiziert also Motiv u. (geistig-personale) Ursache einer Willenshandlung.

Diakon

(griech. diakonos = Diener) heißt der Inhaber eines kirchlichen ↑Amtes, das schon in der apostolischen Kirche deutlich greifbar ist: Es ist direkt dem Bischof zugeordnet (Phil 1,1; l Tim 3,8 ff) u. hat als Aufgabenbereich caritative u. verwaltende Funktionen. Wenn die 7 Männer von Apg 6, l ff D.e u. so Leiter der hellenistischen Gemeinde waren, dann kam dem D. auch eine Lehr- u. Leitungsaufgabe zu. In der ältesten u. alten Kirche gehörten zu den Aufgaben des D.s: der Dienst bei der Eucharistiefeier mit Lesung des Evangeliums u. Austeilung der Kommunion, besonders an Abwesende, die Katechese, die Leitung der kirchlichen Caritas u. die Vermögensverwaltung, auch die Predigt. Im Frühmittelalter (spätestens) verschwand in der lateinischen Kirche das eigenständige Amt des D.s, der Diakonat wurde zur bloßen Durchgangsstufe zum Priestertum. Der Diakonat ist nach allgemeiner u. sicherer Lehre ein Sakrament, also wenigstens insofern von Jesus Christus gewollt, als er die hierarchische Leitungsgewalt in der Kirche konstituiert hat, an der der D. durch die bischöfliche ↑Handauflegung Anteil erhält (vgl. DS 1776 3860; NR 718),. wobei zu beachten ist, daß der konkrete Umfang der Anteilgabe am apostolischen Amt von der Kirche zu verschiedenen Zeiten verschieden bestimmtwerden kann, vorausgesetzt, daß der Wille zu dauernder Anteilnahme gegeben ist. Das II. Vat. hat den ständigen Diakonat in der lateinischen Kirche (wieder) eingeführt (Kirche 29; vgl. auch Miss. 17), wobei es in der Motivation noch zu stark vom Priestermangel ausging. Der Amtsauftrag des D.s in Glaubensverkündigung, Liturgie u. christlichem Bruderdienst wird je nach dem Pastoralkonzept differenziert ausgestaltet sein; die Aufgaben (bei Randgruppen, im Gemeindeaufbau usw.) verlangen aber (gleichgültig, ob der ständige, sakramental mitgeteilte Diakonat haupt-, neben- oder ehrenamtlich ausgeübt wird) fachliche u. religiöse Heran- u. ständige Weiterbildung.

Dialektische Theologie

Bezeichnung für einen Aufbruch in der ev. Theologie nach 1918, in dem die im 19. Jh. Dominierende ↑liberale Theologie weithin überwunden wurde. Die D. Th., soweit sie sich überhaupt kurz zusammenfassen läßt (sie verstand sich selbst nie als System), geht aus von der Krise als Grundbestimmung des Menschen. In dieser Krise unternimmt der Mensch Versuche, sich zu sichern, deren schlimmster u. verkehrtester die Religion als menschliche Absicherung u. Selbstbehauptung gegen Gott ist. Im Tod u. in der Auferstehung Jesu wird der Mensch durch Gott verneint; Gott u. Mensch, Zeit u. Ewigkeit sind durch eine Todeslinie geschieden. Aber gerade im Tod u. in der Auferstehung Jesu berührt Gottes neue Welt die alte Welt „wie eine Tangente einen Kreis», weder erfahrbar noch geschichtlich, auch nicht im Glauben, der nur „Hohlraum» ist. Die Mitte des neuen Lebens, die Menschwerdung Gottes, ist weder aussagbar noch anschaulich; ihr Ja läßt sich nur am Nein verdeutlichen; „der neue Mensch, der ich bin, ist nicht das, was ich bin». Diese vom frühen Karl Barth geschaffene (u.a. auf Kierkegaard u. Dostojewskij gestützte) Form der D. Th. wurde von E. Brunner, R. Bultmann u. F. Gegarten dahin präzisiert, daß der dialektische Charakter der Theologie nicht im Nein der Offenbarung, sondern (u.a. auf M. Heidegger u. M. Buber gestützt) in der dialogischen Verfaßtheit der menschlichen Existenz gründe. Seit 1933 läßt sich nicht mehr von D. Th. bei den Genannten reden. Zur kath. Stellungnahme vgl. ↑Geheimnis, ↑Analogie.

Dialog

Ein D., der etwas anderes ist als ein Streitgespräch oder ein unmittelbarer einseitiger Bekehrungsversuch, setzt voraus, daß beide Teile voraussetzen u. anstreben, etwas vom anderen lernen zu können.

Diese Voraussetzung kann auch ein Christ u. ein Katholik machen, wenn er einen Dialog mit Andersdenkenden, selbst mit Atheisten, aufnimmt (wie ihn das II. Vat. vielfach gefordert hat: Kirche/Welt 21 40 43 92; RelFr. 3; Miss. 16 41 u.ö.). Dieses Empfangenkönnen vom anderen ist nicht nur dadurch gegeben, daß der D. eine bessere Information über Haltung, Lehre u. Praxis des D.Partners liefern, dadurch zur Entdämonisierung eines „Gegners» u. so zur Humanisierung der Gesellschaft beitragen kann. Das Empfangenkönnen ist auch dadurch gegeben, daß der D.partner oft Erfahrungen u. Impulse für eine humanere Gestaltung der ↑Welt, für eine individuelle Weltbewältigung Meditationspraxis u.a.) usw. hat, die der Christ in der gleichen Aktualität u. Deutlichkeit nicht hat u. die er theologisch, wo sie wirklich human sind, auf Gottes rGnade zurückführen muß. Angesichts der gegenseitigen Verschränkung von ↑Theorie u. Praxis ist ein D. auch dann sinnvoll, wenn zunächst „nur» eine Orthopraxie des Handelns angezielt wird u. eine Einigung über Wahrheit (smomente) im theoretischen Sinn noch nicht möglich ist. Auch der kath. Christ ist nicht einfach im „Besitz» der Wahrheit, sondern hat die ihm zugesagte Wahrheit im geschichtlichen u. dialogischen Prozeß der Wahrheitsfindung immer neu zu lernen. Die konkreten Nöte der Welt u. die gemeinsamen menschlichen Werte verlangen, daß der D. von Christen mit Andersdenkenden zur Zusammenarbeit übergeht (II. Vat.. Kirche/Welt 21 90; Miss. 11 41 u.ö.).

Dichotomismus

(griech.-lat. = die Lehre von der Zweiteilung), eine Ansicht über das Wesen des Menschen, nach der dieser aus zwei „Teilen» (als Seiendes, nicht als Seinsprinzip gemeint) besteht, Leib u. Seele (Descartes), wobei in einer primitiven Auffassung alle Bewußtheit der Seele allein, alles Körperliche dem Leib allein zugewiesen wird, oft zusammen mit einem qualifizierenden ↑Dualismus. D. kann weder die biblische noch die thomistische .rAnthropologie genannt werden, da in beiden, wenn auch unterschiedlich deutlich, die substantielle Einheit des ganzen ~Menschen betont wird. – ↑Leib, ↑Seele.

Disposition

l) allgemein: der für eine bestimmte zu erwirkende Eigentümlichkeit einer Sache oder Person notwendige u. als Bedingung vorausgesetzte Zustand (oder Verhaltensweise) in ihr; 2) theologisch: das, was den Menschen in die unmittelbare Bereitschaft versetzt zu einem bestimmten Akt oder zur Aufnahme einer Wirkung, indem die der erstrebten Wirkung widersprechende Verhaltensweise beseitigt u. eine Fähigkeit positiv auf die Wirkung hin ausgerichtet wird. Die D. ist als positive Ausrichtung auf den Empfang der Rechtfertigungsgnade dem Menschen niemals in dem Sinne möglich, daß aus ihr eine Forderung nach dieser Gnade resultieren könnte oder die Gnade sich diese D. nicht selber schaffen könnte. Auch dort, wo vom erwachsenen Menschen vor der Rechtfertigung die ↑Metanoia (= Umkehr) erfordert ist, ist diese schon Wirkung des gnädigen Zuvorkommens der im Angerufenen selbst schon wirksamen Liebeswerbung Gottes (vgl. Mt 3,2 zusammen mit Jo 6,44) (↑Erbsünde, ↑Gnade, ↑Sünde, ↑Natur) . Der „in sich sachgemäße» Vollzug der menschlichen Person kann jedoch, weil einerseits an der Möglichkeit von natürlich guten Werken festgehalten werden muß u. weil andererseits der allgemeine Heilswille Gottes gnädig gewirktes Faktum ist, als „negative» D. angesehen werden, gemäß dem Axiom: Facienti quod in se est, Deus non denegat gratiam (dem, der [nicht: weil er] sachgerecht handelt, verweigert Gott seine Gnade nicht). Genauerhin besteht diese negative D. darin, daß dem Heilswirken Gottes kein neues Hindernis (Obex) entgegengesetzt wird. Eine positive, von der Gnade selbst inaugurierte u. getragene D. ist notwendig vor allem für den Empfang der ↑Sakramente von seiten des Erwachsenen (DS 1554 1557 1606; NR 822 825 511).- ↑Intention.

Ditheismus

die Lehre, daß es zwei Götter mit zwei verschiedenen göttlichen Wesenheiten gebe. Sachlich gegeben im ~Manichäismus, der zwei voneinander unabhängige Urprinzipien annimmt, u. im strengen ~Subordinatianismus.

Dogma

(von griech. dokeo; in der Grundbedeutung: „was als richtig erschienen ist»).

l) Wesen des D.s. D. im heutigen Sprachgebrauch der Kirche u. der Theologie (eindeutig u. allgemein erst seit dem 18. Jh.) ist ein Satz, der Gegenstand der fides divina et catholica (↑Glauben) ist, also ein Satz, den die Kirche ausdrücklich durch das ordentliche ↑Lehramt oder durch eine päpstliche oder konziliare ↑Definition als von Gott geoffenbart so verkündigt, daß seine Leugnung ↑Häresie ist (DS 3011; NR 34; CIC can. 1323 1325 § 2). Entscheidend für den formellen Begriff des D.s sind also zwei Momente: a) die ausdrückliche u. definitive Vorlage des Satzes als einer geoffenbarten Wahrheit durch die Kirche, b) die Zugehörigkeit des Satzes zur göttlichen, amtlichen, christlichen ↑Offenbarung (im Gegensatz zur ↑Privatoffenbarung) u. somit sein Enthaltensein im Wort Gottes. Dieses Enthaltensein kann auch dadurch gegeben sein, daß das D. in einer anderen (dogmatischen) Wahrheit enthalten ist; wird doch von der Kirche heute manches als D. gelehrt, was als solches (also als enthalten in der Offenbarung) nicht immer ausdrücklich gelehrt oder nicht reflektiert wurde. Ob für die Ableitung eines D. s aus einem anderen Satz der Offenbarung dessen formelle Implikation in jenem geoffenbarten Satz gefordert wird oder ob er auch mit Hilfe nicht-geoffenbarter Prämissen aus einer geoffenbarten Wahrheit schlußfolgernd abgeleitet werden kann, ist kontrovers. Jedenfalls ist festzuhalten, daß der konkrete Vollzug des christlichen Glaubens sich nie bloß auf eigentlich formelle Dogmen beziehen kann, sondern im Zusammenhang mit anderen Erkenntnissen, Zustimmungen u. Haltungen stehen muß, wenn er wirklich personal u. kirchlich sein will. Die Kirche hält daran fest, daß ein D. nicht revidierbar ist, wenn diese „Revision» bedeuten würde, daß ihre Erkenntnis des Wortes Gottes als solche (auch im einzelnen Dogma) in die Irre gegangen sei. Denn die Kirche glaubt (u. proklamiert) das von Gott Mitgeteilte als von Gott Mitgeteiltes u. setzt dabei voraus, daß der Glaube an eine Mitteilung Gottes von vornherein keinen Sinn hätte, wenn grundsätzlich die Möglichkeit bestünde, daß Gott selber bei der Rezeption seiner Mitteilung die Annehmenden in die Irre führen würde. Die Kirche fällt bei der Rezeption u. Artikulation der Mitteilung Gottes auch deswegen nicht in Irrtum, weil sie durch diesen wahrnehmenden, formulierenden u. bekennenden Vorgang überhaupt nur ihre Identität bewahrt. Selbstverständlich hat dieser Vorgang zeitbedingte Voraussetzungen; im D. sind mit der Mitteilung Gottes konkrete Verstehensmodelle, Perspektiven, mitlaufende Meinungen usw. vermischt; alle dogmatischen Sätze sind, soweit sie Gott betreffen, immer nur analog formuliert; Dogmen sind von gesellschaftlichen, psychologischen u. anderen Interessen mitbedingt. Im epochalen Wandel der Denk- u. Verstehensstrukturen kann es vorkommen, daß ein D. „heute» nicht mehr selbstverständlich oder gar nicht mehr ohne weiteres assimilierbar ist, so daß es unter Umständen nicht einmal in jedem geschichtlichen Augenblick mehr neu u. aktualisierend interpretierbar ist, sondern – vergessen wird, auch wenn es im geschichtlichen „Gedächtnis» der Kirche in Hoffnung auf spätere Situationen aufbewahrt werden muß und nicht verworfen werden darf, weil Dogmengeschichte nicht notwendig immer nur in einer Richtung verlaufen muß. Aber alle diese Komponenten der Geschichtlichkeit eines D.s bedeuten nicht Irrtum der erkennenden, formulierenden u. glaubenden Kirche. – ↑Unfehlbarkeit.

2) Einteilung der Dogmen. Obwohl an der formalen Gleichwertigkeit der Dogmen grundsätzlich festzuhalten ist, ist die Unterscheidung berechtigt: a) allgemeine, fundamentale Wahrheiten des Christentums, Fundamentalartikel, b) spezielle Dogmen, d.h. die übrigen Glaubensartikel. Engster Maßstab für diese Unterscheidung ist die Frage: Welche Dogmen müssen als solche notwendig u. explizit immer u. überall von jedem geglaubt werden, um das ↑Heil erlangen zu können (↑Heilsnotwendigkeit), oder welchen Dogmen gegenüber genügt unter Umständen ein impliziter Glaube? Das II. Vat. lehrte nachdrücklich, „daß es eine Rangordnung oder .Hierarchie› der Wahrheiten innerhalb der kath. Lehre gibt, je nach der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs mit dem Fundament des christlichen Glaubens» (Oek. II).

3) D. i m Ganzen des christlichen Seins u. Selbstverständnisses. Das D. wendet sich in seinem absoluten u. verpflichtenden Anspruch an den wesentlich freien Menschen; es ist also eine Wahrheit, die nur in der freien Glaubensentscheidung richtig gehört u. ergriffen werden kann. Dieser Mensch hat aber schon immer eine „dogmatische» Existenz, insofern er als Geist bestimmte Wahrheiten (auch historischer Art) nicht ohne Selbstzerstörung leugnen kann, wenn sie vielleicht in ihm auch nur in einer vorwissenschaftlichen, ja unthematischen Weise gegeben sind. Geschichtliche Offenbarung u. deren Annahme ist also dem Menschen nicht wesenswidrig. Das Wesen des D.s kann nicht aus dem abstrakten Begriff einer möglichen Wahrheitsmitteilung Gottes allein abgeleitet werden, sondern aus dem, was faktisch durch Jesus Christus von Gott zum Menschen gesagt u. über den Menschen verfügt wurde: a) Die ↑Offenbarung ist nicht allein Rede, sondern Geschehnis des Heils, insofern Gott sich selbst mit-teilt u. diese Mitteilung selbst sich ihr gehorsam empfangendes u. ausdrücklich „hörendes» Subjekt schafft, nämlich die Kirche; insofern ist D. wesentlich nicht bloß Satz ,,über» etwas, sondern als in der Gnade (= Selbstmitteilung Gottes) angenommenes das begrifflich zu sich selbst kommende Ereignis selbst, das in ihm mitgeteilt wird. b) Diese Selbstmitteilung Gottes hat ihr endgültiges, eschatologisches Stadium erreicht (die Offenbarung ist abgeschlossen!). – c) Das D. hat wesentlich kirchlich-sozialen Charakter, weil die ihm zugrunde liegende Offenbarung selbst an die Kirche ergangen ist; anderseits macht D. die Einheit der Kirche greifbar (ist eine Festlegung des gemeinsamen Sprachgebrauchs) u. ist damit die Form der bleibenden Gültigkeit des an die Kirche ergangenen u. von ihr behaltenen (↑Tradition) Wortes Gottes. – d) D. ist selbst Leben, insofern in ihm die Selbstmitteilung Gottes selbst geschieht, da es nur in der Wirklichkeit des Geglaubten selbst (Gnade) erfaßt werden kann.

Dogmatik

ist die theol. Wissenschaft des ↑Dogmas; ihr Gegenstand ist darum die gesamte christliche ↑Offenbarung, also auch jene Dogmen, die den christlichen Vollzug der menschlichen Person zum Inhalt haben (also ..moralische» Bedeutunghaben) (↑Gnade, ↑Anthropologie). Insofern die D. Teil der kath. Theologie ist, ist sie Glaubenswissenschaft, d.h. eine reflexe, methodische, systematische, vom Glaubenden unter dem Glaubenslicht vollzogene Erkenntnis der heilschaffenden Selbsterschließung des dreifaltigen Gottes in Jesus Christus u. der Kirche als dessen Leib. l) Abgrenzung von anderen theol. Disziplinen, a) von der ↑Moraltheologie: insofern die Selbstmitteilung Gottes gerade darum Thema der dogmatischen Theologie ist, weil sie Prinzip des übernatürlichen Handelns des Menschen ist u. es der (richtig verstandenen) Moraltheologie um eben dieses Handeln des Menschen gehen muß, bleibt Moraltheologie bezüglich ihrer materialen Thematik notwendig ein Teil der D.; – b) von der ↑Biblischen Theologie: siehe den angegebenen Artikel in diesem Buch;- c) von der ↑Fundamentaltheologie: diese ist zugleich Voraussetzung der D. u. wird von dieser als „naturales» Moment der gesamtmenschlichen, glaubenden Reflexion auf das Wort Gottes an den Menschen sich selbst voraus-gesetzt; – d) alle anderen theol. Wissenschaften können gegenüber der D. insofern zusammengefaßt werden, als sie sich (obwohl theol. Wissenschaften) be ziehen auf die Geschichte u. das Handeln der Kirche: ↑Kirchengeschichte mit Liturgiegeschichte, Rechtsgeschichte, kirchlicher Literaturgeschichte (↑Patrologie u. theol. Literaturgeschichte); Praktische Theologie mit Kirchenrecht, ↑Pastoraltheologie, Katechetik, Homiletik, Liturgik mit Kirchenmusik. Diese Disziplinen fragen nach der Kirche, insofern sie sich in der menschlichen Kontingenz der Geschichte u. in selbstmächtigem Handeln u. in dessen Normen als die gottgewirkte Antwort der Menschen auf Gottes Wort darstellt. 2) Methodik. Insofern D. das systematische, verstehen wollende „positive» (historische) Hören auf Gottes Wort im Munde der Kirche ist, ist sie zugleich auch ..spekulativ», weil das rezipierende Aufnehmen im Bereich des Geistes ein aktives Tun unter positivem Einsatz aller apriorisch-subjektiven Gegebenheiten des Hörenden ist. Eine wirklich innere Aneignung der geschichtlich gehörten Wahrheit erfordert eine Konfrontation der gehörten Offenbarungswahrheit mit dem jeweiligen Ganzen des (transzendentalen u. geschichtlich bedingten) Selbst- u. Weltverständnisses des Hörenden. So sind auch die Philosophie u. ↑Dogmengeschichte innere Wesenselemente der D. selbst. 3) Innere Artikulation der D. Die grundsätzliche Schwierigkeit eines wesensgemäßen Aufbaus (Gliederung) einer D. liegt darin, daß ihr Gegenstand „essentiell» u. „existentiell» in einem ist: die in ihr thematische Offenbarung Gottes ist Aussage über das WesensveThä\tnis Gottes, des Menschen, seiner Welt u. zugleich die Zeitgeschichtliche Tat Gottes am Menschen. Dieser Dualismus zwingt die D., in ihrer notwendigen Systematik die Heilsoffenbarung Gottes zugleich in ihrer (heils-)geschichtlichen Struktur darzustellen; nur so kann sie deutlich machen, daß in jener eschatologischen Phase, in der die Kirche (im Unterschied zum AT) Theologie treibt, das Kontingente u. das Wesenhafte in ihrem je geschichtlichen (niemals immer gleichen) Verhältnis zueinander ihre endgültige u. unlösbare Nähe gefunden haben, weil die Wirklichkeit dieser zeitlichen Welt von der End-gültigkeit Gottes ein für allemal angenommen worden ist. Diese Einmaligkeit bleibt lebendig u. wird richtig gehört in ↑Anamnese (↑Erinnerung) u. in „Prognostik» (hoffende Aussage der Zukunft als Vollendung des Erfahrenen). – Zu den Einzeltraktaten der D. vgl. ↑Angelologie, ↑Anthropologie, ↑Christologie, ↑Ekklesiologie, ↑Eschatologie, ↑formale u. fundamentale Theologie, ↑Fundamentaltheologie, ↑Gnadentheologie, ↑Gotteslehre, ↑Mariologie, ↑Moraltheologie, ↑Sakramententheologie, ↑Schöpfungslehre, ↑Soteriologie, ↑Trinitätstheologie.

Dogmatische Tatsachen

sind solche, die zwar nicht aus dem geoffenbarten Wort Gottes abgeleitet werden können, von der Kirche als solche aber sicher erkannt u. formuliert werden müssen, weil sie die Voraussetzungen für die unverfälschte Bewahrung des ↑Depositum fidei (z. B. Erkenntnis der Legitimität eines Papstes, des ökumenischen Charakters eines Konzils, des häretischen Charakters einer Lehre) sind. Ihr theol. Ort ist weniger die Glaubenslehre im strengen Sinn als vielmehr die Theologie des praktischen, wesensgemäßen Vollzugs der Kirche. – ↑Pastoraltheologie.

Dogmenentwicklung

l) Tatsache. Die Lehre von der D. hat den zweifellos vorhandenen Tatbestand zu klären, daß die Kirche Sätze als von Gott geoffenbart definiert, die a) entweder zwar schon vorher gegeben, aber nicht schon immer ausdrücklich als von Gott geoffenbarte gelehrt wurden, oder b) die den von Sätzen der vorausgehenden Traditionausgesagten Inhalt in sehr verschiedener u. erst sich entwikkelnder Begrifflichkeit aussagen (indem sie den schon immer gewußten Sinn des geoffenbarten Satzes ausdrücklicher gegen häretische Mißdeutungen abschirmen), oder c) für die in der Tradition sogar nicht einmal sofort u. unmittelbar greifbar äquivalente u. explizite Sätze nachweisbar sind, die ihrerseits bis zu den Aposteln zurückgehen.

2) DasProblem der D. besteht in der Aufgabe, die Selbigkeit der späteren, „entwickelten» Glaubensvorlage mit der in Jesus Christus ergangenen apostolischen Vorlage der Offenbarung als grundsätzlich möglich u. in den einzelnen Fällen als vorhanden nachzuweisen. Seine Schwierigkeit besteht darin, daß nach kirchlicher Lehre die der Kirche anvertraute (u. den Einzelnen zum Glauben verpflichtende) ↑Offenbarung mit dem Tod der Apostel abgeschlossen ist (vgl.DS 15013421; NR 87) u. somit die Kirche nur fortbezeugen kann, was sie von Jesus Christus in der apostolischen Generation gehört u. in ihr als zum Glaubensgut gehörig anerkannt hat. Sosehr nun das kirchliche Lehramt u. seine Autorität das Bestehen eines objektiven Zusammenhangs zwischen „alten» u. „neuen» Sätzen für den einzelnen Gläubigen garantieren können, so wenig können sie diesen Zusammenhang konstituieren oder gar ersetzen.

3) Lösungsrichtung. Aus der Problemstellung ergibt sich: die Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen „alten» u. „neuen» Sätzen muß eine rationale Struktur aufweisen, soll der „neue» Satz nicht eine neue Offenbarung sein. Zudem weist die faktische D. einen solchen rationalen Aspekt auf: sie ging nie ohne die Arbeit der Theologen vor sich. Damit steht die Theologie bezüglich der D. vor der Frage: Inwiefern ist ein später definierter (oder zu definierender) Satz im Ganzen des bisherigen Glaubensgutes impliziert? Welche Formen von (formallogischen) Implikationen sind aufgrund der (immer auch „logischen») Struktur der Heilsbotschaft möglich? Über diese Frage, die die Legitimität der faktischen D., weil in dem Beistand des Hl. Geistes begründet, nicht direkt berührt, ist die Theologie noch zu keinem einhelligen Resultat gelangt.

Dogmengeschichte

ist die methodisch-systematische Darstellung der Geschichte der einzelnen Dogmen, der dogmatischen Formulierung einzelner Glaubenswahrheiten u. des Ganzen des christlichen Glau bensverständnisses nach Vollendung der ↑Offenbarung selbst. Ihr liegt die Tatsache zugrunde, daß dem Dogma wesentlich Geschichtlichkeit eignet, insofern es vom Menschen in dieser Welt gehörte, geglaubte u. formulierte Wahrheit Gottes ist u. insofern es lebendige Funktion der Kirche ist, die die ihr geschenkte u. (durch Gott selbst) garantierte Wahrheit in einem wesentlich geschichtlichen u. gesellschaftlich strukturierten Prozeß annehmen, explizieren u. dem je veränderlichen Verständnis (Hörenkönnen) ihrer Umwelt entsprechend verkündenmuß. Genauerer Gegenstand der D. sind die dogmatischen Entscheidungen der Kirche (↑Dogma, ↑dogmatische Tatsachen, ↑Lehramt), wie sie in ↑Glaubensbekenntnissen, Lehrentscheidungen der Konzilien u. der Päpste formuliert sind. Ihre Methode ist eine theologisch-historische: Feststellung der ursprünglichen Formulierung des Glaubens, der ihr zugrunde liegenden Motive (Häresie) u. Kräfte (personaler oder gesellschaftlicher Art), die an der Entwicklung des Dogmas (↑Dogmenentwicklung) beteiligt waren, Verstehen der Dynamik dieser Entwicklung auf die weitere Zukunft hin. Die D. dient somit der Aufhellung sowohl des einzelnen Dogmas als auch des ganzen dogmatischen Selbstbewußtseins der glaubenden ↑Kirche (↑Christentum II). D. wird meist nicht als Sonderfach an theol. Hochschulen vorgetragen, sondern nur innerhalb der Dogmatik selbst u. in Büchern (ev. seit der Aufklärungszeit, kath. seit dem 19. Jh.) behandelt. Weil Dogma nicht nur in expliziten Definitionen des außerordentlichen Lehramtes vorliegt, ist die grundsätzlich mögliche Unterscheidung von D. u. Theologiegeschichte nicht immer eindeutig praktizierbar.

Doketismus

(griech. dokein = scheinen) heißt eine christologische Auffassung, nach der ↑Jesus Christus einen bloßen Scheinleib oder einen himmlischen (Äther-)Leib gehabt habe bzw. nur zum Schein gelitten habe u. gestorben sei. Das Kreuz sollte nur die Ungläubigen täuschen. Diese u. ähnliche Ansichten sollten das theol. Problem lösen, wie der unsterbliche, leidensunfähige Logos Gottes zugleich Mensch sein u. leiden konnte. Der D. war nicht eine Sekte, sondern trat in zahlreichen Spielarten schon seit der apostolischen Zeit (vgl. l Jo 4,2; 2Jo 7) auf. Theologisch wurde er in ↑Chalkedon überwunden.

Donatismus

eine nordafrikanische Bewegung im 4. Jh. n.Chr., die von politischen und sozialen Spannungen u. dem Konflikt zwischen überlebenden Märtyrern u. in der Verfolgung Weichgewordenen genährt wurde u. von dem schismatischen Bischof Donatus von Karthago ihren Namen erhielt. Theologisch waren die Donatisten der Meinung, daß die Taufe u. das Weihesakrament verlierbar seien (so daß sie auch die Wiedertaufe lehrten). Ferner lehnten sie den Frieden der Kirche mit dem Staat ab, hielten die afrikanische Kirche für die wahre u. erstrebten das Martyrium bis zum Selbstmord. Die enthusiastische Bewegung (die z.T. auf dem ↑Novatianismus beruhte), zerfiel in zahl reiche Parteien, wurde vom Staat unterdrückt, von Augustinus bekämpft, auf Synoden im Lateran (313) u. in Aries (314) verurteilt u. endete mit dem Sieg der Vandalen in Afrika 430. Die theol. Reflexion über die rgirche u. über den sakramentalen ↑Charakter wurde durch die Wirren des D. befruchtet.

Doxa

(griech. = Herrlichkeit), Ausdruck für die äußere Erscheinungsweise der himmlischen Majestät Gottes, wie sie (schon im AT) in Gestalt von „Feuer», „Wolke» u. „Erscheinung» zutage tritt. In der Zeit seiner Erniedrigung ist Jesus Christus der „Abglanz der D. Gottes» (Hebr 1,3), in ihm ist die D. Gottes inkarnatorisch anwesend; seit seiner ↑Auferstehung ist er der ..Herr der D.» (l Kor 2,8). Darüber hinaus ist D. (in „transitiver» Begrifflichkeit) die immanent-innertrinitarische ,,Ehrung», die Vater u. Sohn sich gegenseitig erweisen. Durch die in Jesus Christus geschehene Selbstmitteilung Gottes an den Menschen (Geistverleihung, ↑Gnade) ist diesem schon grundsätzlich die Teilhabe an der eschatologischen D. Gottes gegeben; doch ist diese (unter diesem soteriologischen Aspekt) noch wesentlich eine verborgene, die sich erst nach dem Ausleiden dieser Zeit offenbaren wird (Röm 8,18).- ↑Ehre Gottes.

Dreifaltigkeit

Bezeichnung für das Grundgeheimnis des ↑Christentums von der einen Natur u. den drei Personen (Vater, Sohn u. Heiliger Geist) in ↑Gott.

  1. Die Lehre der Schrift

a) Im AT zeichnet sich das Mysterium der D. als ein für die Enthüllung offenes ab: Gott ist das absolute ↑Geheimnis, das dennoch selbst mit den Vätern geschichtlich handelt; diese enthüllende Selbstdarbietung ist aber vor allem durch das „Wort“, in dem Gott anwest, u. im „Geist», der dieses „Wort» verstehen läßt, da. Aber die Offenbarung der D. wäre, solange die Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus u. im Geist noch nicht geschichtlich unüberbietbar erfolgt war, eine Rede von einer Wirklichkeit gewesen, die sich im geschichtlichen Bereich des Menschen gar nicht fand.

b) Im NT, das mit „Gott» immer den im AT handelnden Gott, den Vater Jesu, meint, ist die Göttlichkeit ↑Jesu Christi (Sohn) bezeugt; in diesem ist nämlich die Fülle des Geistes (Lk 4,18), die Vergebung (Mk 2,1-12 mit Parallelen), die Herrschaft über das von Gott im AT gegebene Gesetz (Mk 2,23-28 mit Parallelen), die unüberbietbare Gottesnähe (Mt ll,25ff; Jo 10,30), das „Ich bin» (Jo 8,58; 10; 11,25 u. ö.; ↑Jahwe) da. Desgleichen kennt das NT die Göttlichkeit des ↑Heiligen Geistes, der als Geist Gottes die Heilsfülle Gottes schlechthin ist (Lk 4, 18; Tit 3,5f). Dennoch sind Sohn u. Geist als die Gegenwart Gottes selbst doch nicht einfach derselbe, den sie offenbaren; sie verhalten sich zu ihm, sind von ihm gesandt, haben ein je eigenes „Verhältnis» zum Vater (Jo 1,1. 18; 15.26). Das NT kennt also bei seinem entschiedenen Festhal ten an der Einzigkeit Gottes in diesem selben eine Dreiheit: Vater, Sohn u. Heiligen Geist, die durch ihr unterschiedliches Heilswirken voneinander unterschieden werden u. dennoch so gleich sind, daß der Sohn u. der Geist nicht als bloße (depotenzierte) „Kräfte» des Weltwirkens Gottes aufgefaßt werden können (vgl. die vielen „trinitarischen Stellen», wie z.B. Mt 28,19; 2Kor 13,13 usw.). Wenn die „Drei» sich im NT nicht so unterscheiden, wie der moderne Personbegriff es nahelegt, ist damit noch längst nicht gesagt, daß sie im NT nicht jene Unterschiedenheit hätten, die das Dogma der Kirche behauptet. In der tastenden Sprache des NT wird deutlich: Der konkrete Jesus ist für uns das Dasein Gottes selbst bei uns u. ist eben doch nicht der Vater, u. diese Verschiedenheit ist nicht bloß begründet in der menschlichen Wirklichkeit Jesu. Der Geist wird als die Selbstgabe Gottes erfahren, jedoch so, daß der Geist dabei die Unumfaßbarkeit des ursprunglosen Gottes (des Vaters) erfahren läßt.

  1. Die Lehre des kirchlichen Lehramtes

Die D. ist ein Geheimnis (mysteriuni absolutuni) im strengen Sinn (vgl. DS 3015; NR 38), das unabhängig von einer Offenbarung nicht gewußt u. auch nach dieser dem geschaffenen Verstand nicht innerlich einsichtig werden kann. Es besagt genauerhin:

a) Der eine Gott ist in drei „Personen» (Subsistenzen), die die eine göttliche Natur (das eine göttliche Wesen, die eine göttliche Substanz) sind (vgl. DS 73 112 800; NR 248 918 u.ö.) u. die darum gleich ewig u. gleich allmächtig sind (DS 44 188 526ff 1330f; NR 912f 268ff 281ff u.ö.). b) Diese drei Personen sind (real) voneinander unterschieden (DS 75 531fl330ff 2828; NR 915 274f 281ff): derVaterist im lirsprunglosen Besitz des notwendigen göttlichen Wesens (DS 188 75 800 1330f; NR 915 918 281ff); der Sohn subsistiert durch die ewige Mitteilung des göttlichen Wesens („Zeugung», Aussage des „Logos») vom Vater allein (DS 44 188f 804ff 1330f; NR 912f 266ff 181 ff u.ö.); der Heilige Geist ist nicht gezeugt, sondern geht aus dem Vater u. dem Sohnzugleich (als einem Prinzip) durch eine einzige „Hauchung» (spiratio) hervor (DS 75 112 850 1300ff 1331; NR915 248 285 f u.ö.).

c) Also gibt es in Gott durch diese zwei Ursprungsverhältnisse voneinander (real) verschiedene (DS 528 573 1330; NR 270 281 ff) Beziehungen (DS 408 528 531 f 573 1330; NR 270 274f 281 ff; ↑Relation) u. Proprietäten (DS 531f 573 800; NR 274f 918), die ihrerseits aber nichtreal vom Wesen Gottes unterschieden sind (DS 803 f 1330; NR 281 ff). Eine jede Person ist der eine Gott; ihnen ist unterschiedslos alles eins, soweit nicht ein Gegensatz der Beziehung besteht (DS 1330; NR 281ff). Eine jede göttliche Person ist ganz in jeder anderen (↑Perichorese; DS 1331; NR 285 f), eine jede ist der eine wahre Gott (DS 529 680 790 851; NR 271 294 921). Nach „außen hin» (gegenüber dem Geschaffenen) sind sie nur ein einziges Wirkprinzip (DS 800 1330; NR 918 281ff u.ö.). Eine kirchenlehramtliche Definition der verwendeten Begriffe gibt es nicht.

  1. Zur Dogmengeschichte der Dreifaltigkeitslehre

Die Dogmengeschichte dieses Geheimnisses besteht sachlich in der einen Anstrengung, die Aussagen des NT zu halten u. sie (unter Aufbietung u. Entwicklung der ganzen abendländischen Begrifflichkeit ↑Natur, Person, ↑Wesen usw.) gegen immer subtilere Versuche, das biblische Geheimnis aufzulösen, zu verteidigen (mit einer immer subtileren Begrifflichkeit). Als Grundhäresien traten auf (u. waren a priori zu erwarten): ↑Modalismus (die D. ist bloßer Aspekt Gottes „für uns»), ↑Tritheismus (Vater, Sohn u. Heiliger Geist sind einfach drei Götter; ihre ..Einheit» ist nur eine begriffliche), ↑Subordinatianismus (in verschiedenen Formen: Sohn u. Heiliger Geist sind ..Geschöpfe» des Vaters; depotenzierte Kräfte des einen Gottes).

  1. „Immanente“ u. „ökonomische“ Dreifaltigkeit

Es ist grundsätzlich festzuhalten (von der faktischen Entwicklung des D.sglaubens u. von der heutigen systematischen Theologie her), daß Gott sich in der absoluten Selbstmitteilung an die Kreatur so selber als er selbst mitgeteilt hat, daß die „immanente» (in Gott selbst wesende) D. die „ökonomische» (die dem Menschen gegenüber heilswirksame; vgl. ↑Einwohnung Gottes) ist. Umgekehrt: die D. des Verhaltens Gottes zu uns ist schon die Wirklichkeit Gottes, wie er in sich ist: Drei-„persönlichkeit». Wir können also aus unserer Glaubenserfahrung, die das Wort Gottes selbst (Jesus – Heilige Schrift) schenkt, sagen: Die absolute Selbstmitteilung Gottes an die Welt als nahegekommenes Geheimnis heißt in seiner absoluten Ursprünglichkeit Vater; als selber in der Geschichte handelndes Prinzip Sohn; als uns geschenktes u. angenommenes Heiliger Geist. Bei diesem auf uns hin bezogenen „als» handelt es sich wirklich um die Selbstmitteilung Gottes „an sich»; die ausgesagte Dreiheit ist also eine solche Gottes an sich. Da es sich aber in beiden Fällen um die Mitteilung Gottes handelt (u. nicht um zwei geschöpflich verschiedene Wirkungen), handelt es sich immer um ..denselben» Gott.

  1. Einzelüberlegungen zur Dreifaltigkeitstheologie

l) Nach der Offenbarung entspringt in Gott als dem Prinzip immanenter, substantieller u. notwendiger aktueller Lebenstätigkeiten die Tat nicht einem Vermögen (processio operationis), sondern das getane Mitgeteilte der reinen Aktualität des Tätigen (processio operati): nicht Werdebedürftigkeit, sondern absolute volle Mitteilung des eigenen unerschaffenen Seins in zwei Hervorgängen (processiones) entsprechend dem Wesen des unendlichen Geistes als Erkenntnis u. Liebe. Indem der Vater in einem Akt der unendlichen Erkenntnis sich selbst u. alles in ihm Erkennbare erkennt, sagt er sein eigenes Wesen aus (notionaler Akt) u. verwirklicht dabei den Begriff der „Zeugung»: Ursprung des Lebendigen aus dem Lebendigen durch Mitteilung der eigenen Lebendigkeit, Setzung des Gleichen (biblisch: Einziggeborener Sohn Gottes, Logos). Indem Vater u. Sohn (griech., sachlich gleichbedeutend: der Vater durch den Sohn) als einziges Wirkprinzip liebendes Wollen im Ja zu sich selbst sind, geschieht ein Hervorgang (Jo 15,26), der eine göttliche Wesensmitteilung als angleichende Geneigtheit des Liebenden auf das Geliebte hin („Bauchung») oder als liebende Angenommenheit der göttlichen Wirklichkeit ist: Hl. Geist.

2) Diese zwei Hervorgänge sind als rein relative Wirklichkeiten zu verstehen, denn sie sind in ihrer Wirklichkeit mit dem absoluten Sein des göttlichen Wesens identisch u. können doch als unterschiedene Hervorgänge nicht nichts sein (↑Relation). Somit konstituieren sich die zwei Hervorgänge als vier Relationen: Zeugung, Gezeugtsein, Hauchung u. Gehauchtsein; Hervorgänge u. Relationen sind vom göttlichen Wesen nicht real verschieden, wohl aber gedanklich (virtuell) unterschieden.

3) Die eine göttliche Wirklichkeit existiert also in einer dreifachen, „hypostasierenden» (weil je als Relation unvertauschbaren), relativen Seinsweise: in der des unmitgeteilten Mitteilens als zeugenden Aussagens; in der des Mitgeteiltseins als gezeugten Ausgesagtseins; in der des Mitgeteiltseins als gehauchter liebender Geneigtheit (oder Angenommenheit) der Liebenden: der eine Gott existiert in der Einzigkeit seines Wesens als drei „Personen» in der Dreiheit der hypostasierenden Relationen, d.h. in der Weise einer dreifach entgegengesetzten Relativität des einen geistig bewußten (essentialen) Sich-selbstHabens. Wenn wir bei dem Ausdruck „drei Personen» unwillkürlich u. unreflex von dem formalen Wesenskonstitutiv des modernen Begriffs der Person ausgehen, werden wir unwillkürlich an drei verschiedene geistige Akt-Zentren denken, die sich aufeinander beziehen. Dann aber haben wir nicht nur einen Begriff zugrunde gelegt, der der alten Lehre von drei ↑Hypostasen des einen Gottes fremd ist, wir haben nicht nur das ps-ychohgisch-menschliche Aktzentrum Jesu Christi fälschlich als ein göttliches aufgefaßt u. dieses göttliche nochmals fälschlich dem des Vaters als unterschieden entgegengesetzt, sondern wir hätten auch der Sache nach einen ↑Tritheismus gedacht, der im vulgären Haibverständnis der kirchlichen D.slehre heute eine große Gefahr ist. Der eine Gott ist Vater, weil er die ursprunglose Quelle (als sich mitteilender!) ist, er ist Sohn u. Wort, weil dadurch, daß der Vater sich selbst aussagt (u. so Vater ist), dieses Selbstausgesagtsein als relativ entgegengesetztes innergöttlich wirklich ist u. als relative Wirklichkeit des einen Gottes einen realen Unterschied u. so eine relative Unvertauschbarkeit in Gott konstituiert; er ist Geist, weil mit dem zweiten innergöttlichen Lebensvorgang der neigenden (u. annehmenden) Liebe eine analoge relative Unterschiedlichkeit gesetzt wird.

Dreifaltigkeitsmystik

ist analog zur ↑Christusmystik jene mystische Erfahrung, in der gerade die gnadenhafte Beziehung des Menschen zu den drei „Personen» in Gott ausdrücklich realisiert wird. Sie hat in der Geschichte der Mystik nicht die Bedeutung, die man aufgrund der heilsgeschichtlichen Gewichtigkeit des Mysteriums erwarten könnte. Grund dafür könnte sein, daß bis in die Neuzeit die Vereinigung mit dem einfachen, „weiselosen» Gott (in der stillen Wüste der Gottheit) theoretisches Grundschema der ↑Mystik geblieben ist.

Dualismus

im strengen Sinn ist die Lehre, nach der die Wirklichkeit aus zwei einander absolut entgegengesetzten u. gleichursprünglichen Seinsbereichen besteht. Religionsgeschichtlich von Bedeutung vor allem der ↑Manichäismus, der die Welt in ein gutes u. ein böses absolutes Prinzip aufspaltet, die sich gegenseitig beschränken u. feindlich gegenüberstehen. In dieser extremen Form findet sich der D. in der Hl. Schrift nirgends, obwohl Einwirkungen von seiten des spätjüdischen Weltverständnisses (Dämonologie, das Weltreich des Bösen gegenüber der ↑Basileia Gottes, deren eigene Oberhoheit jedoch niemals in Frage gestellt wird, Lehre von den ↑Äonen) auf das NT nicht zu verkennen sind. Der Christusglaube des NT sprengt auch jedes abgeschwächte, relativ berechtigte (aus den erfahrenen Widersprüchen des Daseins stammende) dualistische Schema durch die Lehre von der Menschwerdung Gottes, in der die „himmlische Welt» endgültig die „irdische» erlösend annimmt.

E

Ebed Jahwe

(hebr. = Knecht Gottes), im AT Bezeichnung aller frommen Israeliten, besonders aber einer geheimnisvollen Gestalt ls42; 49; 50 u. 52-53, die prophetisch auftreten u. „für die Vielen» sühnend leiden soll, teilweise kollektiv erklärt (von ganz Israel oder dem gerechten Rest des Volkes), teilweise mythisch (angeblich babylonischer Einfluß), wobei weiter diskutiert wird, ob es sich um eine Idealgestalt, einen Menschen der Vergangenheit oder der Zukunft handle. Das NT übernimmt die Bezeichnung E. J. für die Frommen in Israel einschließlich Jesu. Speziell nach den lsaiastexten wird jedoch Jesu Leben u. Tod gedeutet (vgl. Lk 22,37 mit ls 53,12 u.ö.), so daß sich im Licht der ntl. Jesusoffenbarung die E.-J.-Texte bei ls als messianische Prophetie lesen lassen, die in sprachlich ergreifender Form ein Messiasbild zeichnet, das freilich dem zeitgenössischen Judentum fremd war: eines, der, unbekannt u. gemartert, verstummend, ohne Gestalt u. Schönheit, verachtet u. von Gott geschlagen, unsere Sünden auf sich nimmt u. bei den Frevlern sein Grab findet u. dafür die Vielen zu eigen erlangt.

Ehe

soziologisch: eine feste Geschlechtsgemeinschaft mit sich wandelnden Strukturen; im kath. Verständnis: die rechtmäßige Verbindung von Mann u. Frau zur dauernden leiblichen u. geistigen Gemeinschaft.

I. Im Alten Testament ist die E. als einzige soziologische Institution ausdrücklich im Schöpferwillen Gottes verankert, ein Verhältnis zweier geschlechtsverschiedener, gleichwertiger u. gleichberechtigter Menschen, eine heilige Ordnung von Anfang an (Gn l,27f); in der atl. Bundesgeschichte steht sie – nicht auf der Höhe des ↑Schöpfungsberichtes – ganz im Dienst der Erhaltung u. Weiterführung der Sippe des Mannes. So ist die E.Schließung Sache der Familienoberhäupter, ihr Zweck ist die Erzeugung von Nachkommenschaft. Die „bürgerlich“ rechtlich-moralischen Forderungen sind für Mann u. Frau verschieden; der Mann kann nur die fremde, die Frau nur die eigene E. brechen. Eine Verpflichtung zur Ein-E. kennt das AT nicht. Die E. ist dort grundsätzlich lösbar. E.losigkeit ist dem AT als Lebensform fremd.

II. Im Neuen Testament schlägt sich das spezifisch ntl. Verständnis darin nieder, daß Jesus die E. als von Gott gewirkte, auf Dauer angelegte Einheit von einem Mann u. einer Frau erklärt u. der Frau darin die vom Schöpfungsbericht intendierte gleichberechtigte Stellung wiedergibt (Mk 10, 6-9; Mt 19, 4ff). Als Lebensform dieser Weltzeit kann Heiraten den Menschen jedoch vor Gott schuldig machen, wenn er darüber den in Jesus ergangenen u. bleibenden Anruf Gottes überhört (Lk 14,20; ↑evangelische Räte). Beide Linien werden in den Apostelbriefen weitergeführt (vgl. vor allem l Kor 7). Darüber hinaus wird der heilsgeschichtliche Ort der E. im Vergleich zu der E. Jesu Christi mit der Kirche gefunden (↑Brautsymbolik, ↑Kirche); weil die E. das Abbild der gnadenvollen Verbindung Jesu Christi mit der Kirche ist (Eph 5,32), ist sie selbst schon grundsätzlich als wirksame zeichenhafte Gegenwart des göttlichen Gnadenwillens gesehen (d.h. Sakrament). Es ist nicht zu leugnen, daß die beiden christlichen Haltungen zur E. durch Paulus u. seine spätere Interpretation ungleichgewichtig überliefert wurden, so daß sich die theol. Tradition (unter dem Einfluß des Augustinus) weitgehend der Frage zuwandte, inwieweit E. gerechtfertigt sein könnte.

III. Lehre der Kirche. Jede gültige E. unter zwei Getauften (also auch zwischen zwei nichtkatholischen Christen, nicht dagegen zwischen einem katholischen Getauften, der die kath. E.schließungsform nicht beachtet, u. einem Nichtkatholiken) ist ein ↑Sakrament (DS 718 761; DGL: DS 1514; NR 356). Dies beruht darauf, daß die liebende Lebenseinheit zweier ↑Personen eine Beziehung zu Gott als Grund u. Ziel impliziert, daß jede Gemeinschaft von Christen in Jesus Christus eine Vergegenwärtigung Jesu u. damit auch der Kirche einschließt (Mt 18,20), so daß dies in besonderem Maß von der E. als der kleinsten, aber totalen Gemeinschaft in Jesus Christus gesagt werden muß. Spender des E.sakramentes sind die Brautleute selbst, insofern sie in gültiger Weise ihren E.willen äußern. Der für Katholiken im Normalfall zur Gültigkeit geforderte Priester (bzw. Diakon) waltet als Amtszeuge, der einen kirchlichen Jurisdiktionsakt vornimmt. Zum gültigen Empfang dieses Sakramentes sind alle Getauften fähig, sofern keine Ehehindernisse vorliegen (siehe unten). „Natürliche“ E. ist – im Gegensatz zur sakramentalen E. – die gültige E. zwischen zwei Ungetauften. Wesentliche Wirkung des gültigen E.abschlusses ist das E.band, das seiner Natur nach lebenslänglich u. ausschließlich ist; eine unter Christen gültig geschlossene u. vollzogene E. kann nur durch den Tod gelöst werden. (Unbestreitbar hat die Kirche die Pflicht, die Beständigkeit der E. u. die Treue der E.leute zueinander im Geist Jesu zu fördern. Sie hat daneben allerdings auch die Pflicht, sich im Geist Jesu, d.h. ohne Achtung u. Diskriminierung, um Geschiedene u. unter Umständen Wiederverheiratete zu kümmern. Die Kirche hat keine Möglichkeit, über die Gründe des Scheiterns einer E. oder über den Tatbestand ihrer Zerrüttung ein Urteil abzugeben.) Aus dem E.band ergibt sich die gegenseitige E.pflicht zur Treue, zur Lebensgemeinschaft, zur gegenseitigen geistigen u. leiblichen Hilfe. Das II. Vat. versuchte, von einer juristischen u. biologistischen Sicht der E. wegzukommen, indem es die E. als Bund u. Teilhabe an der Liebe Jesu zur Kirche beschrieb u. die Liebe der E.gatten als E.gut neben der Zeugung von Kindern hervorhob (Kirche/Welt 47-51; Kirche II).

IV. Kath. Ehegesetzgebung (CIC can. 1012-1143). Weil der E.Vertrag unter Christen Sakrament ist, Vertrag u. Sakrament aber nicht voneinander getrennt werden können, beansprucht die Kirche allein die E.gesetzgebung u. E.gerichtsbarkeit. Für die gültige Eheschließungsform eines kath. Christen ist die aktive Assistenz des Pfarrers des E.schließungsortes (oder seines Delegierten) u. wenigstens zweier Zeugen erforderlich. In Todesgefahr (oder sonst innerhalb Monatsfrist) ist auch eine vor zwei Zeugen geschlossene E. gültig, wenn ein trauungsberechtigter Priester (bzw. Diakon) ohne schwere Nachteile nicht beizubringen ist (außerordentliche E.schließungsform). Diese kirchliche E.schließungsform bindet alle, die in der kath. Kirche getauft oder zu ihr zurückgekehrt sind, auch wenn einer nach der Taufe (oder Rückkehr) von ihr abgefallen ist; auch wenn der katholisch Getaufte die E. (nach erlangter Dispens) mit einem Andersgläubigen schließt. Eine gewöhnliche Vorbereitung zur E. bilden (Verlöbnis,) Brautunterricht u. Aufgebot, für die im allgemeinen der Pfarrer der Braut anzugehen ist. Die Dispens von Ehehindernissen (aufschiebende: einfache Gelübde, gesetzliche Verwandtschaft, Bekenntnisverschiedenheit; trennende: E.Unmündigkeit, geschlechtliches Unvermögen, ein noch bestehendes E.band, Religionsverschiedenheit, höhere Weihen, feierliche Ordensgelübde, Blutsverwandtschaft, qualifizierter E.bruch u.a.) muß – soweit überhaupt möglich – vor der E.Schließung von Seiten des zuständigen Bischofs geschehen. Zur Ehekonsenserklärung (Jawort, ↑Consensus) von Seiten der Brautleute kommt von Seiten der Kirche seit den ältesten Zeiten die E.einsegnung, Trauung; sie soll möglichst innerhalb der Brautmesse erfolgen.

V. Kirchlich-eheliche Existenz. Die personale Liebe, die sich in der E. ihre Erscheinung schafft, ist in der jetzigen Heilsordnung faktisch von der Gnade Gottes getragen, die von sich aus diese Liebe immer heilt, erhöht u. auf die Unmittelbarkeit Gottes hin öffnet. Das geschieht nicht erst dann, wenn diese Liebe der ausdrücklichen Botschaft des Evangeliums begegnet, also nicht erst in einer kirchlich-sakramentalen E. In der Perspektive von Eph 5 läßt sich sagen: Die Einheit zwischen Jesus Christus u. der Kirche (der von Gott geliebten Menschheit) ist der bewirkende Grund der Einheit zwischen Mann u. Frau im voraus zu der Frage, ob u. wieweit diese bewirkte Einheit auch alle Eigentümlichkeiten der bewirkenden Einheit an sich trägt. Die bewußte christliche E. ist dann die wirkliche Repräsentanz für die einende Liebe Gottes in Jesus Christus zur Menschheit; in dieser E. wird die Kirche in der Form der kleinsten, aber wahren Einzelkirche in der Welt präsent. Dieser Zeichenfunktion gilt die besondere Gnade der E. als Sakrament.

Ehre Gottes

In der Schrift wird E. G. gesehen als die vom Menschen geschehende Anerkennung der ↑Doxa Gottes, wie sie in den verschiedenen Selbstoffenbarungen Gottes zutage tritt. Dem entsprechen die zahlreichen Doxologien (Ehrungsformeln, die meist schon einen festen Platz in der ↑Liturgie der Urgemeinde hatten). In der Dogmatik wird die E. G. (gloria) zugleich als ontologische Vollkommenheit Gottes (Heiligkeit Gottes) gesehen, die erkannt u. anerkannt wird (Ehre im analogen Sinne), aber auch als alles übersteigende Anerkennung (Lob, Ruhm, Verherrlichung) dieser Vollkommenheit selbst. Die innere E. G. ist zugleich Gottes erkennender u. liebender Selbstbesitz (formale E. G.); die äußere (formale) E. G. ist das Erkennen u. Anerkennen von seiten der Kreatur. Die innere (formale u. materiale) E. G. ist identisch mit der (durch Schöpfung u. Gnade) mitteilbaren Seinsfülle Gottes selbst, die ihrerseits „Sinn» der göttlichen Schöpfungstat ist; die äußere (formale u. materiale) E. G. ist also jene Seinsvollkommenheit, auf die als Partizipation der Seinsfülle Gottes die Schöpfung ihrerseits hingeordnet ist. Dabei ist durch die gnädige ↑Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus die geschöpfliche, geistige Anerkennung Gottes durch das getragen, was Gott selbst als seine eigene innere Herrlichkeit besitzt. – ↑Doxa.

Eigentum (LThK)

I. Biblisch. — II. Sozialwissenschaftlich; l. Begriff; 2. lndividual- u. Sozialnatur des E.; 3. Privateigentum an Produktionsmitteln; 4. Arten des E.s-erwerbs

l. Biblisch. A. Altes Testament, l) Das E. Gottes. Jahwe ist als Schöpfer der Welt „Herr der ganzen Erde» (Jos 3, 11 13; PS 97, 5; Mich 4, 13; Zach 4, 14) u. damit auch ihr Eigentümer (Ex 19, 5; PS 104, 24; l Chr 29, 11). Ihm gehören Gold u. Silber (Agg 2, 8). Sein besonderes E. aber ist Israel (Ex 19, 5; Dt 7, 6; 14, 2; 26, 19; Ps 135, 4; vgl. auth noch Ex 6, 7; Lv 26, 12; 2 Sam 7, 24; Jr 7, 23; 11, 4; Os 1, 9; Ez 37, 23). Israels besonderes E. ihm v. Jahwe verheißen u. verliehen, ist Kanaan (Gn 13, 15 17; 15, 7 18; 26, 3f; 28, 4 13; 35, 12; 48, 4; 50, 24; Dt 6, 18 23; 8, 1 7; 26, 9; Jos 21, 43; Jr 3, 19; 7, 7 u. ö.), das freilich nur eine Lehensgabe an Israel ist. Denn eigentl. ist Kanaan „Jahwes Erbbesitz» (vgl. Ex 15, 17; Lv 25, 23: „Mein ist das Land, ihr seid Gäste bei mir u. Beisassen»; Jos 22, 19; l Sam 26, 19; Jr 2, 7; 16, 18; ls 47, 6; Ez 38, 16; PS 68, 10; 2 Chr 20, 11 u. ö.). — 2) Schutz des E. Grundsätzl. ist das E. v. Gott im 7. u. 10. Gebot geschützt (Ex 20, 15 17; Lv 19, 11; Dt 5, 19). Gegen fahrlässige Schädigung des E. bestehen besondere Schutzbestimmungen (vgl. bes. Ex 21, 33 – 22, 14); ein scharfes Verbot der Grenzsteinverrückung (Dt 27, 11). Veruntreutes Gut muß zurückerstattet werden (Nm 5, 6ff). Das landwirtschaftl. Patrimonium „darf nicht endgültig verkauft werden» (Lv 25, 23); die,,Wiedereinlösung» muß zugelassen werden (ebd.), — 3) Die rel. u. soz. Belastung des E. durch das Gesetz. Zehntabgaben für das Heiligtum (Lv 27, 30-33; 14, 22 bis 29; Dt 26, 12—15), für die Opfermahlzeiten (Dt 12, 17ff), für die Armen (Dt 14, 28f). Die Erstgeburt v. Mensch u. Tier gehört Gott (Ex 13, 2; 22, 29; 34, 19 f; Nm 3, 13; 8, 16; Dt 15, 19-23; vgl. auch 12, 6 17 23; Neh 10, 36), ebenso die Erstlingsgaben des Bodens u. der Bäume (Lv 23, 9-14). Im „Sabbatjahr» haben auch die Besitzlosen ein Mitrecht auf den Ertrag des Ackerbodens (Ex 23, 10 f; Lv 25, 2-7; vgl. auch Neh 10, 32; l Makk 6, 49); sonst steht ihnen die Nachlese auf Feldern, in Öl- u. Weinberg zu (Dt 24, 19-22; Lv 19, 9f). Zinsverbot (Dt 23, 20 f) u. Pfandschutz (Dt 24, 10-13). „Alle 7 Jahre sollst du für Anleihen Erlaß gewähren» (Dt 15, l-6), u. im ↑Jobeljahr soll jeder wieder in seinen alten Grundbesitz kommen u. aus der Schuldknechtschaft entlassen werden (Lv 25, 8-17). — 4) Die prophet. Kritik am unrechtmäßigen Gebrauch u. Erwerb v. E. Vgl. bes. l Kg 21, 1-28 (Naboths Weinberg!); ls l, 22f; 3, 12 14f; Ez 16, 49f; 22, 25 27; 45, 9 ff; 46, 18; Mich 2, 1 f; 6, 10-13; Os 12, 8f; Am 2, 6f; 4, 1; 5, 3-6 11f; 8, 4ff. Die Propheten waren das soziale Gewissen Israels.

B. Neues Testament, l) Jesu Stellung z. E. Jesus lehnt E. u. Besitz nicht grundsätzlich ab — dafür läßt sieh kein Spruch anführen (vgl. im Gegenteil Mt 20, 15; 24, 45 ff; Gleichnis v. Unkraut im Weizen, v. Herrn des Weinbergs, v. den anvertrauten Pfunden) —, aber er preist die Armen selig (Lk 6, 20), ruft den Reichen sein „Wehe» entgegen (Lk 6, 24) u. spricht v. der Schwierigkeit des Eingehens der Besitzenden ins Reich Gottes (Mk 10, 23 ff par.). Wer dem Mammon dient, kann nicht gleichzeitig Gott dienen (Mt 6, 24 par.), Reichtum erstickt nur allzu leicht das Wort Gottes (Mk 4, 19) u. gefährdet die eschatolog. Existenz (vgl. Mt 6, 19f par.; Mk 8, 38 par.; Lk 12, 15-21). Das Reich Gottes ist jene kostbare Perle u. jener Schatz im Acker, die den irdischen Besitz wesenlos machen (Mt 13, 44 ff); allzu große Sorge um diesen ist heidnisch, da Gott dem alles „hinzugibt», der sein Reich sucht (Mt 6, 31 bis 34 par.). Man soll sich mit dem ungerechten Mammon „Freunde» bei Gott machen (Lk 16, 9; vgl. auch 3, 11; 6, 34f; 10, 33-37; 14, 12ff). Besonders der Jünger, den Jesus in seine Nachfolge ruft, muß bereit sein, auf alles zu verzichten (bes. Lk 14, 33; vgl. auch Mt 10, 9f; Mk l, 18 20 par.; 10, 21 par. 28 ff par.). — 2) Urchristentum. Zur Stellung der Urgemeinde zu E. u. Besitz (auch im Vergleich zu Qumrän) ↑Gütergemeinschaft. Weil die Gestalt dieser Welt schon hinschwindet, ist das Verhältnis des Christen z. E, grundsätzlich durch den „eschatolog. Vorbehalt» (l Kor 7, 30: hos mä) geregelt. Der Christ soll mit seinem E. Gutes tun, am meisten den Glaubensgenossen (Gal 6, 10; ↑Almosen). Wahrer ↑Reichtum besteht in der Erkenntnis Christi u. seiner Heilsgüter (vgl. l Kor l, 5; Eph 3, 16-19; Kol l, 27). „Wurzel alles Bösen ist die Geldgier» (l Tim 6,10). — 3) Die Christen als E. Gottes. Vgl. l Petr 2, 9; „ein Volk z. Eigentum», weil erkauft mit dem kostbaren Blut Jesu (vgl. 2 Thess 2, 14; l Kor 6, 20; 7, 23; Eph 1, 14; Apk 5, 9).

Lit.: F. Walter, Die Propheten in ihrem sozialen Beruf u. dem Wirtschaftsleben ihrer Zeit (Fr 1900); P. Kleinert, Die Propheten Israels in sozialer Beziehung (L 1905); O. Schilling, Reichtum u. E. in der altkirchl. Lit. (Fr 1908); O. Eißfelt, Erstlinge u. Zehnte im AT (L 1917); R. A. Hoffmann, Besitz u. Recht in der Gedankenwelt des Urchristentums (B 1921); A. Eberharter, Die soziale u. polit. Wirksamkeit der atl. Propheten (Sa 1924); A. Steinmann, Jesus u. die soz. Frage (Pa 21925) M. Lurje, Studien z. Gesch. der wirtschaftl. u. sozialen Verhältnisse im israelit.-jüd. Reiche (Gie 1927); K. Bornhäuser, Der Christ u. seine Habe nach dem NT (Gü 1938); G. v. Rad, Verheißenes Land u. Land Jahwes: ZDPV 66 (1943) 191 bis 204; H. Bückers, Die bibl. Lehre v. E. (Bö 1947) (Lit.) i H. Braun, Spätjüdisch-häret. u. frühchristl. Radikalismus II (T 1957) 73—80; R. Koch, Die Wertung des Besitzes im Lukasev.: Bibl 38 (1957) 151—169; ThW III 768—775; RGG3 II 363 ff (Lit.). F.MUSSNER

II. Sozialwissenschattlich. l. Begriff. E., objektiv genommen, besagt die Summe der Sachwerte, die einer Person in einer ausschließlichen Weise zur Verfügung u. Nutzung zugeordnet sind, subjektiv als E.s-recht, bedeutet es dasVerfügungs- u. Nutzungsrecht über eine Sache. Dieses E.s-recht unterscheidet sich v. bloßen Besitz, der das tatsächliche Innehaben einer Sache ohne Rücksicht auf einen Rechtstitel meint. Als E. im Sinn der bürgerl. Rechtsordnung (Sachenrecht) kommen nur Sachwerte in Frage. Eine Person kann nie E. einer anderen menschl. Person sein. Die ↑Sklaverei, in welcher der Mensch als bloße Sache behandelt wird, ist darum widernatürlich. Aber auch menschliche Kräfte u. Fähigkeiten wie die Arbeitskraft können nicht E. einer anderen Person werden. Es verstößt deshalb ebenfalls gg. die rechte natürliche Ordnung, die Arbeitskraft als käufliche Ware aufzufassen, die im Arbeitsvertrag gg. einen im Lohn dargestellten Preis veräußert wird. Zum E. gehört das Verfügungsrecht über die betr. Sache, welches das Verbrauchs- u. Gebrauchsrecht einschließt, d. h. die dem Eigentümer gehörenden Werte können entw. unmittelbar zur Bedürfnisbefriedigung verwendet, od. es können mit ihrer Hilfe andere wirtschaftl. Güter erzeugt werden. Dementsprechend unterscheidet man zw. E. an Verbrauchs- (Nahrung, Kleidung, Wohnung) u. an Produktionsgütern (Grund u. Boden, Produktionsanlagen, Maschinen). Mit dem Verfügungsrecht ist das Nutzungsrecht verbunden. Dem Eigentümer kommt der Ertrag seines E. zu, u. zwar sowohl wenn sich dieser v. selber durch das Wirken der Natur ergibt, als auch wenn er durch Einsatz menschlicher Arbeit (eigener od. fremder) erzielt wird. Verfügungs- u. Nutzungsrecht stehen dem Eigentümer in Ausschließlichkeit zu. Das bedeutet, daß die gleichen Rechte v. Seiten eines anderen ausgeschlossen sind, nicht aber daß der Eigentümer nach Willkür u. Belieben mit seinem Gut verfahren u. dessen ganzen Ertrag für sich restlos einbehalten kann. Eigentümer kann nur eine menschl. Person sein, u. zwar entw. eine physische (Einzelperson) od. eine moralische (Gesellschaft). Demnach spricht man v. Einzel- (Sonder- od. Privat-) u. Gemeineigentum.

2. Die Individual- u. Sozialnatur des E. Wie die menschl. Person, so weist auch das E. eine individuelle u. eine soziale Seite auf. Das E. ist v. Natur aus der Einzelperson zugeordnet, besitzt aber zugleich eine soziale Bestimmung. Diese beiden Wesensseiten des E. wurden bes. v. Pius XI in Quadragesimo anno unter Berufung auf Leo XIII u. die ganze Tradition der kirchl. Soziallehre hervorgehoben.

a) Der Mensch bedarf des individuellen E. zur Wahrung u. Entfaltung seiner Persönlichkeit. Das private E. ist der Raum in der äußeren Güterwelt, in dem die Person auf sich selber stehen kann. Diese äußere Selbständigkeit u. Unabhängigkeit braucht die Person, um ihre innere Eigenständigkeit u. Unabhängigkeit behaupten u. entfalten zu können. Wer in seiner äußeren Betätigung vollkommen abhängig u. unselbständig ist, wird es auch leicht in seiner inneren Gesinnung, in seinem Denken u. Wollen; er wird zum Massenmenschen, der sich ganz v. anderen bestimmen läßt u. dadurch seine Persönlichkeit einbüßt. Auch die Verantwortlichkeit des Menschen kann nur zur vollen Geltung gelangen, wenn er über Eigenes zu verfügen hat. Nicht nur, daß der Mensch mit eigenem Besitz sorgfältiger u. verantwortungsbewußter umgeht als mit fremdem Gut, das noch dazu „nur» der allg. Gesellschaft gehört; es kann auch nur derjenige, der mit E. ausgestattet ist, die Verantwortung für seine u. der Seinen Zukunft übernehmen. Wenn alles individuelle E. abgeschafft ist, ist die selbstverantwortliche Übernahme des äußeren Lebens hinfällig. Mit dem Verlust der äußeren Verantwortlichkeit erlischt aber auch das Bewußtsein der inneren Verantwortung für das eigene Tun. Der Mensch, der alles zu seinem Leben Notwendige v. der ↑Gesellschaft empfängt, wird der Gefahr erliegen, v. ihr auch ungeprüft die Weisungen für sein Handeln entgegenzunehmen, ohne sich vor dem eigenen Gewissen Rechenschaft zu geben. Mit der Ausschaltung des ↑Gewissens erstirbt aber der Innerste Kern der Persönlichkeit. Mehr noch als für den einzelnen gilt für die Familie, daß sie des E. als ihres Entfaltungsraumes bedarf. Aller E.s-feindlichkeit liegt denn auch letztlich die Tendenz zugrunde, die Eigenständigkeit v. Person u. Familie zu untergraben, um sie ganz in die Macht der Gesellschaft zu zwingen. So ist das private E. eine Forderung der Natur des einzelnen sowohl wie der Familie; es gründet im ↑Naturrecht. Doch ist diese naturgegebene Forderung nach persönlichem E. keine absolute. Das Privat-E. ist nicht selber höchster Zweck, sondern Mittel. Durch die Eigenständigkeit u. Eigenverantwortung, die es dem Menschen im innerweltlichen Raum zusichert, soll dieser frei werden für Gott. Da sich nun die menschl. Persönlichkeit in vollkommenster Weise gerade in der restlosen Hingabe an Gott vollendet, so kann. wo diese gesichert u. sogar zum eig. Lebensinhalt erhoben ist, z. B. in den kirchl. ↑Orden od. wie es in den Gemeinden des Urchristentums der Fall war, auf privates E. freiwillig verzichtet werden.

b) Trotz seines grundlegenden individuellen Charakters weist aber das E. auch eine soziale Seite auf. Wie die Person ihrem Sein nach der Gesellschaft verbunden ist, so ist sie dieser auch in ihrem Tun u. folglich auch im Umgang mit ihrem E. verpflichtet. So erfährt zunächst das Verfügungsrecht über das E. eine weitgehende Beschränkung durch die Gesellschaft. Der einzelne darf sein E. nicht nur nicht zum Schaden der Gesellschaft verwenden, sei es direkt, um z. B. andere auszubeuten, od. indirekt durch rücksichtslosen Gebrauch, sondern er hat es auch positiv in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. E. verpflichtet; sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Gemeinschaft dienen (↑Sozialethik), wie auch das GG Art. 14 u. bereits die Weimarer Verfassung bestimmen — im Ggs. zum BGB (§ 903), das hier noch einen rein individualist. Standpunkt vertritt. Freilich heben Mißbrauch od. Nichtgebrauch nach den Worten v. Quadragesimo anno das E.s-recht selber nicht auf; die Gesellschaft kann aber hierfür Strafe u. Schadensersatz bzw. eine gewisse Kontrolle u. Bevormundung verhängen. Ferner ist durch die gesellschaftl. Bedingtheit der Güterproduktion auch das Nutzungsrecht über das E. beschränkt. Durch die Rechtsordnung der Gesellschaft einerseits u. die nur innerhalb einer gesellschaftl. Ordnung mögliche Arbeitsteilung anderseits empfängt das E. seinen gesicherten Bestand u. vor allem seine Fruchtbarkeit. Da somit der Ertrag, den das E. im Wirtschaftsprozeß abwirft, durch die Gesellschaft mitbedingt ist, kann ihn der einzelne nicht ausschließlich für sich in Anspruch nehmen; auch die Gesellschaft hat ihr Anrecht darauf, das in der Form der Steuern geltend gemacht wird. Bes. hat die Gesellschaft ihre Ansprüche anzumelden, wo der Ertrag des E. ausschließl. den volkswirtschaftl. Verhältnissen u. nicht so sehr der Tüchtigkeit des Eigentümers zu verdanken ist (reine Konjunkturgewinne). Schließl. ergibt sich noch eine soziale Verpflichtung des E. aus der inneren Bestimmung der Erdengüter. Die Güter der Erde sind v. Gott dafür erschaffen, daß sie allen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit u. Liebe zufließen (Ansprache Pius› XII v. l. 6. 1941: AAS 33 [1941] 191—194). Diese ihre urspr. Bestimmung verlieren sie auch nach ihrer Aneignung durch einzelne Personen nicht, wie Leo XIII in Rerum novarum hervorhebt. Die Verteilung der Erdengüter darf darum nicht eine Form annehmen, daß bloß ein Teil der Menschen mit ihnen bedacht ist. Wenn sich deshalb auf Grund ungesunder wirtschaftl. Verhältnisse ein Zustand herausgebildet hat, in dem die irdischen Güter einer bestimmten Klasse vorbehalten sind, der auf der anderen Seite eine Klasse Besitzloser gegenübersteht, so widerspricht dieser Zustand der natürlichen, v. Gott gewollten E.s-ordnung; er stellt einen Mißstand dar, der, wie die Päpste v. Leo XIII bis Pius XII immer wieder forderten, unter allen Umständen behoben werden muß.

Die Forderung nach einer gerechten sozialen Verteilung der Erdengüter bezieht sich nicht allein auf die Verbrauchsgüter, sondern auch auf die Produktionsmittel. Darum empfiehlt Pius XI in Quadragesimo anno eine Abmilderung des Arbeitsvertrags durch einen Gesellschaftsvertrag mit Mitbesitz der Arbeitnehmer am Betrieb u. folglich mit Mitbestimmung u. Gewinnbeteiligung — ein Gedanke, der auch v. Pius XII wiederholt befürwortet wurde (Ansprachen v. l. 9. 1944: AAS 36 [1944] 249-258, u. v. 3. 6. 1950: AAS 42 [1950] 485-488). — ↑Soziale Frage.

c) Über die sozialen Verpflichtungen hinaus untersteht das E. noch den allg. sittlichen Verpflichtungen. Gott, der Schöpfer aller Dinge, ist auch der oberste Herr aller irdischen Güter. Somit ist der Mensch in der Ausübung sowohl des Verfügungs- als auch des Nutzungsrechts an das göttl. Sittengesetz, bes. an das Gebot der Liebe, gebunden. Aus dem Gebot der Liebe ergibt sich vor allem die Pflicht, v. Überfluß den Armen mitzuteilen.

3. Privat-E. an Produktionsmitteln. Die naturrechtl. Forderung nach dem sozialgebundenen u. sittl. geregelten Privat-E. beschränkt sich nicht auf die Verbrauchsgüter, sondern betrifft auch die Produktionsmittel. Jedenfalls würde die allg. Abschaffung des Privat-E. an den Produktionsmitteln gg. die natürliche Ordnung verstoßen, zumal sich die Unterscheidung zw. Verbrauchs- u. Produktionsgütern nicht streng durchführen läßt; dieselben Güter können vielfach sowohl zur unmittelbaren Bedarfsdeckung als auch zur Erzeugung weiterer Güter verwendet werden. Somit steht nicht nur der ↑Kommunismus mit seiner Ablehnung jeglichen Privat-E., sondern auch der ↑Sozialismus, soweit er die radikale Vergesellschaftung der Produktionsmittel verlangt, im Ggs. zum Naturrecht. Das schließt jedoch nicht aus, daß für bestimmte Fälle Gemein-E. an Produktionsmitteln zulässig od. sogar zu befürworten ist. — ↑Sozialisierung.

4. Die Arten des E.s-erwerbs. Da dem einzelnen sein E. nicht schon v. Natur aus zugeteilt ist, bedarf es eines besonderen Aktes der Aneignung, durch den die Güter zum E. einer bestimmten Person werden. Man unterscheidet ursprüngliche u. abgeleitete Arten des E.s-erwerbs, je nachdem E. überhaupt zum l. Mal geschaffen od. bereits bestehendes E. v. einer Person auf eineandere übertragen wird,

a) Die ursprünglichste Art des E.s-erwerbs ist die Besitzergreifung herrenlosen Guts, durch die ein Stück Land od. ein Gegenstand v. einer Person „umgriffen», v. ihren Kräften u. Fähigkeiten durchdrungen u. dadurch ihr zu eigen wird. Die zweite, heute wichtigste Art des urspr. E.serwerbs ist die ↑Arbeit. Nach Quadragesimo anno besitzt aber nur jene Arbeit unmittelbare eigentumserwerbende Funktion, die v. Menschen in seinem eigenen Namen ausgeübt wird u. wodurch eine Sache eine neue Gestalt od. einen Zuwachs erhält, während die Arbeit, die anderen verdingt ist u. an einer fremden Sache geleistet wird, also die Lohnarbeit, keinen unmittelbaren Anspruch auf ihr Produkt begründet. Die Lohnarbeit ist nur mittelbar eigentumserwerbend, insofern die Höhe des ↑Lohns so bemessen sein muß, daß der Arbeitnehmer „bei sparsamer Lebenshaltung sich etwas beiseite legen u. somit zu einem bescheidenen Vermögen gelangen kann» (Quadragesimo anno).

b) Die wichtigsten abgeleiteten Arten des E.serwerbs sind Kauf, Tausch, Schenkung u. Erbschaft. Wenn auch bzgl. der Erbschaft die Gefahr besteht, daß übergroße Reichtümer bei einer Person od. Familie angehäuft werden, die nichts zu ihrer Bildung beigetragen hat u. viell. nicht einmal fähig ist, dieselben richtig zu verwalten, so ist sie doch grundsätzlich berechtigt, da sie sowohl aus dem Verfügungsrecht des Erblassers über sein E. als auch aus der Tatsache, daß die Familie nicht nur eine soziolog., sondern auch eine geschiehtl. Einheit ist, folgt. Die aus dem Naturrecht sich ergebende u. v. der kath. Kirche vertretene E.s-ordnung bedeutet nicht die Sanktionierung geschichtl. entstandener, etwa gar der durch den ↑Kapitalismus heraufgeführten E.s-verhältnisse; sie stellt vielmehr eine ideale Ordnung dar, nach der die jeweiligen E.s-verhältnisse auszurichten u. gegebenenfalls zu korrigieren sind.

Lit.: V. Cathrein, Das Privatgrund-E. u. seine Gegner (1892, Fr 1909); O. Schilling, Der kirchl. E.s-begriff (1920, Fr 1930); F. Tönnies, Das E. (W 1926); F. Keller, Grenzen des christl. E.s-rechts (Fr 1928); A, Horvath, E.s-recht nach dem hl. Thomas v. Aquin (Graz 1929); E. Mounier, De la propriete capitaliste a la propriete humaine (P 1936, dt. Lz 19SB); W. Spohr, Die kath. Lehre v. E. (Kö 1940); J. H. Gilissen, Eigendomsrecht en eigendomspflichten (Tilburg 1945); K. Farner, Christentum u. E. bis Thomas v. Aquin (Bern 1947); H. Belloc, Die Wiederherstellung des E. (Lo 1936, dt. Ölten 1948); A.F.Utz, Freiheit u. Bindung des E. (Hei 1949); A.Brunner, Besitz: StdZ 146 (1950) 90—90; O. v. Nell-Breuning, Die E.s-frage in neueren kirchenlehramtl. Verlautbarungen: TThZ60 (1951) 31-40 M; F. Prinz, E. als Ordnungsmacht (Mn 1953); O. v. Nell-Breumng, E.s-bildung in Arbeiterhand (Pa 1953); J. Even, Unser Weg zur sozialen Neuordnung. E.s-bildung für den Arbeiter (Kö 1953); J. Fellermeier, Die kath. E.s-ordnung (Mn 1954); Soziale Sicherheit durch Neuordnung des E., hrsg. v. der Arbeitsgemeinschaft der Kath. Sozialen Wochen (Au 1954); C. K. v. Krasinski, Über die Krisis des modernen Sonder-E.s-begriffs (1954, Fri 21958); G. W. Locher, Der E.s-begriff als Problem ev. Theologie (Z 1954); A. Burghardt, E.s-ethik und E.s-revisionismus. Vom Abfindungslohn zum Mit-E. (Mn 1955); P. Jostock, Das Sozialprodukt u. seine Verteilung (Pa 1956); H. Ulbrich, Das Mit-E. der Arbeitnehmer (Baden-Baden 1957); StL6 II 1061—1092 (Lit.); Welly III l—118 318—353.

J. FELLERMEIER

Eigentum, geistiges. (LThK)

Unter g. E. versteht man die schon naturrechtl. Befugnis zur Herrschaft über geistige Güter, sobald sie, in der vom Recht zu ordnenden äußeren Sphäre objektiviert, zu eigentumsfähigen Rechtsgütern geworden sind (z, B. Notenblatt, Tagebuch). Von der christl. Naturrechtslehre wird das g. E. bis heute wenig beachtet, jedoch verlangt die soziale Gerechtigkeit von der Rechtspolitik (vgl. Urheberrechtsreform!) dringend eine dem Wesen des g. E. gerecht werdende Gesetzgebung. Nur so kann die im Zeitalter der Aufklärung (z. B. J. St. Pütter, J. Locke, D. Diderot, Voltaire) begonnene, von Philosophen (z. B. Kant, Fichte, Hegel, bes. Schopenhauer) geförderte, von Juristen (vgl. O. F. v. Gierke, J. Kohler) u. Urheberrechtsgesetzen (in Dtl. bes. 1901 u. 1907) bislang immer noch nicht wesensgerecht erfaßte Entwicklung zur Anerkennung u. zum Schutz eines g. E. zu Ende geführt werden. Die Eigentümer z. B. von Notenblättern oder Büchern, die ein anderer verfaßte, sind nicht auch im Rechtssinn Eigentümer des darin objektivierten geistigen Gehaltes. So viele daran partizipieren mögen, g. E. steht unmittelbar nur dem Schöpfer desselben zu (Unablösbarkeit der Ursprungsbeziehung). Er hat im Rahmen seiner Herrschaftsbefugnis l) das Bewahrungsrecht, 2) das Verfügungsrecht: a) Mitteilungs- u. b) wirtschaftl. Verwertungsrecht. Diese beiden Rechte können durch Vertrag, Erbgang oder Enteignung (nur Strafenteignung ist entschädigungslos, z. B. bei pornographischen Schriften) auf andere übergehen, die dann mittelbares g. E. erwerben. Der Staat hat g. E. zu schützen, Zwangslizenzen nur aus Gemeinwohlgründen gegen Entschädigung zu gestatten, das automatische Erlöschen des g. E., z. B. 50 Jahre nach dem Tod des Eigentümers, abzuschaffen. G. E, erlischt durch völligen Untergang des Gegenstandes oder der Herrschaftsberechtigten. Die Sache wird in diesem Fall naturrechtlich „gemein-frei»; jeder kann sie be- u. ausnutzen, jedoch unter Wahrung der Ursprungsbeziehung.

Lit.: J. Kohler, Das literar. u. artist. Kunstwerk u. sein Autorschutz (Mannheim 1892); ders.. Das Urheberrecht an Schriftwerken u. Verlagsrecht (St 1906); ders.. Das Kunstwerkrecht (St 1908); H. Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes (B 1954); G. Ermecke, Zum Schutz des g. E.: Urheberrechtsreform, ein Gebot der Gerechtigkeit (B 1954) 15-30; E, Schulze, Recht u. Unrecht. Eine Studie z. Urheberrechtsreform (Mn – B 1954); W. Kuner, Gemeinschaft u. Abhängigkeit im Urheberrecht (Diss. Fr 1956); H. Lehmann, Über das Wesen des Urheberrechts: Schriftenreihe der Internat. Ges. für Urheberrecht e. V. 2 (B 1956) 7-16; G. Ermecke, Die Verantwortung v. Staat u. Gesellschaft f. d. geistige Schöpfertum: ebd. 17—51. G. ERMECKE

Einheit der Kirche

l) Im Verständnis der Schrift. Die in verschiedensten Ausdrücken bezeichnete E. (ekklesia, ↑Kirche, Samen Abrahams, Pflanzung Gottes, Tempel Gottes, Bau, Haus Gottes) sieht das NT vor allem begründet in der Tatsache, daß die Kirche durch das Wirken des einen Gottes (l Kor 8,6), durch die eine Offenbarung in dem einen Jesus Christus (dem gekreuzigten, auferstandenen, er höhten) (Röm 14,7ff), in dem Wirken des einen Geistes (Gottes u. Jesu Christi) (Eph 2,18) gestiftet ist. Eröffnet wird diese Einheit schließlich in dem einen ↑Evangelium, der einen ↑Taufe u. in dem einen ↑Amt, das Petrus u. den Zwölfen gegeben ist. Die wesenhafte u. konkrete E. ist besonders durch das „Leib-Modell» bei Paulus ausgedrückt; dieser Leib wird durch die Taufe konstituiert u. durch das Herrenmahl aktualisiert (l Kor 10, 17). Eine klare Abgrenzungfindet diese E. durch die Grenzziehung gegenüber dem ..Draußen» in der Behandlung des Sünders (.fBußsakrament). E. ist demnach im NT als immer schon gegebene, gegenwärtige, konkret-geschichtliche (u. nicht nur allgemein-ideale) verstanden, die dem einen Volk Gottes zukommt kraft der einen u. allgemeinen Liebestat Gottes am einen Menschengeschlecht durch die Setzung des einen Hauptes (zweiter ↑Adam) über diese Menschheit; diese E. ist ihr zur Bewahrung in der Geschichte anvertraut als Zeichen ihrer göttlichen Herkunft. 2) Theologisch. Die Theologie versteht unter E. zugleich die Einzigkeit u. die Einheitlichkeit der Kirche. Beide Aspekte sind schon früh im Selbstverständnis der Kirche fixiert u. vom Lehramt immer festgehalten (Glaubensbekenntnisse; DS 802 870ff 3050ff 3302ff 3802; NR 920 376 436 402). Die äußeren Momente dieser E. bilden die Einheit des Glaubens, der Sakramente, des Kultes u. der Leitung; sie sind Ausfluß aus dem inneren Prinzip der E.: dem Wirken Jesu Christi u. seines Geistes, als solche aber zugleich geschichtliche Greifbarkeit des durch die u. in der Kirche darzustellenden einen u. einzigen Heilswillens Gottes für alle Menschen. Insofern die gegenwärtige Gespaltenheit der Christenheit als sündige Verkehrung empfunden werden muß, wird die Reflexion auf die ursprünglichsten Kriterien für die E. immer notwendiger (↑Ökumenische Bewegung, ↑Ämteranerkennung). Die E. darf nicht erst auf das Ende der Zeit vertagt werden, da die Kirche in der Zeit Zeichen der Gnade in ihrer Einheit sein soll u. muß.

Einheit der Menschheit

bedeutet a) eine Tatsache, die sich aus der Vielzahl aller unausweichlich aufeinander bezogenen u. voneinander abhängigen Menschen aufbaut; b) eine Aufgabe, die sich einerseits in etwa als innerweltliches Ziel der Geschichte verwirklichen soll als Voraussetzung für die Einheit u. Katholizität der Kirche, u. anderseits eschatologische Gewirktheit durch Gott ist. – Die Einheit der Menschheit baut sich auf: a) aus der Einheit ihres raum-zeitlichen, irdischen, biologischen u. menschlich-geschichtlichen Zusammenhangs (.’Monogenismus) b) aus der Einheit desselben Wesens (↑Geist), das trotz der gottgewollten Verschiedenheit eine positive Interkommunikation erlaubt u. fordert; c) aus der auf diesen Einheiten aufbauenden u. sie voraussetzenden Heils- u. Unheilsgeschichte, die sich im allgemeinen Heilswillen Gottes u. in dessen geschichtlichen Verwirklichungen (↑Altes Testament, ↑Neues Testament, ↑Erbsünde) zeigt. Dieser Heilswille Gottes geht auf die Wiederherstellung derzerfallenenEinheitdesMenschengeschlechtes (Jo 11,52; 17,11), für welches Ziel die ↑Einheit der Kirche (u. ihre Universalität) u. deren sakramentale, auf die Welt ausgerichtete Dynamik einsteht. Die E. ist somit eine innerweltliche u. zugleich gnadenhaft eschatologische Aufgabe, insofern die Einheit des Anfangs durch die Sünde verlorengegangen ist, ohne die gnädige Heilstat Gottes aber innerweltlich nicht erreichbar u. aufholbar wäre.

Einwohnung Gottes

ist ein genereller Aspekt der gnadenhaften ↑Selbstmitteilung (↑Gnade) Gottes an den Einzelnen u. so an die Kirche, insofern die Gabe dieser Mitteilung Gott (oder die einzelne göttliche „Person») selbst ist. Im Zeugnis der Schrift tritt diese Tatsache hervor, wenn vom ↑Heiligen Geist gesagt wird, daß er gegeben, vom Vater ausgegossen wird; daß er in uns bleibt u. wohnt; daß Gott uns salbt u. siegelt mit dem Heiligen Geist; daß Vater u. Sohn kommen u. Wohnung bei uns nehmen (Jo 14,23); daß der Sohn im Geheiligten u. dieser im Sohn ist (Jo 14,20).-Die E. G. beruht demnach auf den Sendungen des Heiligen Geistes u. der (unsichtbaren) des Sohnes; die ausgesagte Gegenwart beruht auf freiem, gnädig geschenktem Wohlwollen der bleibenden u. einwohnenden „Person»; insofern sie auch mit jener Gnadentat verknüpft ist, die im geschichtlichen Menschen übernatürliche ↑Liebe zu Gottschafft (..geschaffene» Gnade), bedeutet diese E. auch gegenseitige personale Gemeinschaft vonhöchsterlntimität(vgl.auchDS1677fl9131915;NR651855).

Ekklesiologie

heißt die theol. Lehre von der ↑Kirche. Über die Einordnung der E. ins Ganze der Theologie herrscht noch insoweit Unklarheit, daß von einem eigentlichen Traktat nicht gesprochen werden kann. Die E. wird meist in der Apologetik (↑Fundamentaltheologie) in zweifacher Weise vorgetragen: einmal in historischer, vortheologischer Form zum geschichtlichen Erweis ihrer Stiftung durch ↑Jesus Christus u. ihres Charakters als Lehrautorität (einschließlich ihrer Merkmale, Hierarchie, Lehramt, Papst, Unfehlbarkeit) u. dann in dogmatischer Form, da alle theol. wesentlichen Aussagen über die ↑Heilige Schrift (↑Inspiration usw.) u. ihr Verhältnis zur ↑Tradition über ihren historischen Zeugniswert hinaus die dogmatische Lehre über die Kirche schon voraussetzen. Zu beachten ist, daß z.B. die Merkmale der Kirche (Einheit u. Einzigkeit, Heiligkeit, Katholizität u. Apostolizität), an denen sie als wahre Kirche Jesu erkannt werden kann, ihrerseits ins Glaubensbekenntnis aufgenommen sind u. so geglaubtwerden müssen usw. Die Aussagen über das eigentliche Wesen der Kirche können nur von der ↑Christologie des menschgewordenen Wortes her verstanden werden, die also der E. vorauszugehen hat; die Lehre über die ↑Eucharistie als des zentralen Mysteriums der Kirche gehört wesentlich in die E. hinein, ebenso die Lehre von den ↑Sakramenten im allgemeinen, die die Sakramente als Grundvollzüge der Kirche darzustellen hat.

Emanation

(lat. emanare = hervorfließen) bedeutet im philosophisch-theol. Emanatismus das Hervorfließen aller Dinge aus der göttlichen Substanz u. dann, davon abgeleitet, das Hervorgeflossene. Die B. sei notwendig; die E.en seien, je nach ihrem Abstand von dem göttlichen Urquell, immer unvollkommener (wie Lichtstrahlen). Der Emanatismus als eine Art des ↑Pantheismus wurde vom l. Vaticanum verurteilt (DS 3024; NR 321), da er im Widerspruch steht zu der vom l. Vaticanum gelehrten absoluten Einfachheit u. Unveränderlichkeit Gottes u. zu der Lehre von der ↑Schöpfung.

Emanzipation

(Befreiung) als Begriff entstammt ursprünglich der Rechtsprechung u. bezeichnete einerseits die Freilassung eines Sklaven, anderseits die Entlassung des Kindes aus väterlicher Bevormundung u. damit sein Mündigwerden. Von daher hat E. dann allgemein die Bedeutung der Befreiung von Einzelnen, Gruppen, Klassen, Völkern (Frauen, Arbeiter, Juden, Neger) aus den verschiedensten Abhängigkeiten (politisch-rechtlichen, wirtschaftlichen, bildungsmäßigen, naturmäßigen), die das Mündigwerden des Menschen verhindern, bekommen. Der Begriff der E. kann daher die gesellschaftlichpolitische Befreiung von Herrschafts- u. Ausbeutungssystemen, die Befreiung des Denkens von Fremdbestimmung, Zensur u. Tabus, die Befreiung von Not, Krieg u. Daseinsangst bedeuten. Obwohl E. der Grundwert u. das zentrale Ziel von ↑Aufklärung ist, sollte sie doch von dieser als einer epochalen E.sbewegung unterschieden werden, nicht nur weil E. in der Aufklärung eine neue Qualität, die der Selbstbefreiung durch kritische Vernunft, erhielt, sondern auch weil E. in Gestalt des revolutionären Freiheitsverständnisses des Marxismus durch die Verbindung mit ökonomischen Analysen u. Klassenkampf wiederum eine gegenüber der Aufklärung weiterführende Gestalt annahm. Durch Marx bekam E. als kritische Überbietung auch der liberalen bürgerlichen Grundrechte u. Aufhebung von Religion als „Opium des Volks» den totalen Charakter der Zurückführung aller Verhältnisse auf den Menschen als gesellschaftliches Wesen. Schließlich wird in der Gegenwart E. zum Ideal einer Gesellschaftsordnung u. damit auch der Erziehung, in der nicht nur die gröbsten Abhängigkeiten u. unmenschlichen Ungleichheiten beseitigt werden sollen, sondern auch jede neue Art von sozialer Privilegierung und Diskriminierung durch ↑Demokratisierung aller Lebensbereiche wirksam verhindert werden soll. K. F.

Ende

bedeutet das fertige Dasein dessen, was als Sich-zeitigen-Sollendes mit dem ↑Anfang schon gesetzt ist, damit es sei; oder die das Ganze des Daseins verfügende Grenze.

l) Das E. der materiellen Welt. Die Frage, ob die materielle Welt in dem obigen Sinn ein an ihr selbst erkennbares E. hat, hinter dem grundsätzlich u. wesentlich keine weitere Phase von „Welt» gedacht werden kann. kann offenbleiben, weil es eine bloß materielle Welt als solche nicht gibt; sie besteht (theologisch) notwendig durch die Setzung Gottes als Voraussetzung u. Um-welt der kreatürlichen Geistesgeschichte u. überschreitet ihr (angenommenes) „materielles E.» schon durch das, was in die Vollendung des geschaffenen Geistes eingeht u. in diesem von ihr bewahrt bleibt.

2) Im E. des Biologischen, das als solches Neu-setzung des Anfangs (Zeugen) ist, wird schon greifbar, daß das E. nicht das Aufhören von etwas ist, das bisher war u. nun einfach nicht mehr ist, sondern das Gewinnen u. übernehmende Erreichen der Möglichkeiten, die mit der (den Anfang selbst transzendierenden) Ursache des Anfangs gegeben sind.

3) Das E. des Geistig-Personalen ist die frei getätigte Übernahme des echten Anfangs u. entspricht damit dem sich selbst wissenden u. frei in Besitz nehmenden Wesen des Geistig-Personalen. Insofern dieses E. in einer Geschichte der Freiheit vor Gott gezeitigt wird, ist es im eigentlichen E.begriff der Theologie (↑Tod) gemeint. Dieses E. ist weder Negation des Seins noch willkürliche Zäsur einer ins Unabsehbare weiterlaufenden ↑Zeit, sondern Vollendung der Zeit, weil sie in die absolute Gültigkeit der (sich-gezeitigt-habenden) Freiheit u. damit in die Endgültigkeit der Entscheidung ausgemündet ist. Insofern der Mensch sich immer schon zu seinem E. verhält (u. so seine Gegenwart planender oder fürchtender Entwurf der Zukunft ist), ist das E. jetzt zugleich ein immer anwesendes u. ausständiges; diese Ausständigkeit zeigt sich als Aufgabe, Anruf u. Verpflichtung. Insofern der Mensch wesentlich das geschichtlich Seiende ist u. gerade zu seiner Aktualität (u. Existenz) der Rückblick in echte Vergangenheit u. der Vorblick in die Zukunft gehören, kann dieser Bezug nicht ohne „Mythologisierung» des Menschen aus seiner „bloßen Aktualisierung» herausgeschnitten werden. Das „ Jetzt» des einzelnen Menschen bleibt darum, gerade in seiner Ausrichtung auf ein übernatürliches Ziel (↑Gnade, ↑Anschauung Gottes, ↑Heilsgeschichte, ↑Tod) u. gerade als (eschatologischer) Aktualismus auf das E. hin bezogen.

Engel

(griech. angelos = Bote) bezeichnet seit dem Mittelalter übermenschliche, geschaffene Wesen, „reine» Geister.

l) Die Lehre der Schrift. Die Schrift setzt Wesen als bekannt voraus, die je nach ihrer Aufgabe, ihrem Aussehen oder ihrer Beziehung zu Gott „Engel» = Boten, „Männer», „Heer Jahwes», „Heer des Himmels» genannt werden. In der nachexilischen Zeit werden sie näherhin als „Söhne Gottes», als „Göttliche», „Fürsten», „Mächte», „Geister» verstanden, die entweder leiblos sind oder nur einen Scheinleib haben. Sie kommen als helfende oder strafende Boten Gottes, sind dem einzelnen Menschen oder dem einzelnen Volke zugeteilt u. tragen vielfach einen eigenen Namen (Michael, Gabriel, Raphael, Uriel). Die ntl. Aussagen über die E. sind von den spätjüdischen E.anschauungen geprägt, sind jedoch im ganzen nüchterner. Jesus Christus steht als der zur Rechten Gottes erhöhte über allen E.wesen; diesen selbst wird die Heilsabsicht Gottes durch die Kirche kund (Eph 3,10). Sie werden folglich im Dienst Christi u. seiner Jünger gesehen (Mt 4. 11; Apg 5,19f), füngieren als Boten an die Menschen im Auftrag des Heilswillens Gottes u. werden Jesus Christus beim Letzten Gericht umgeben (vgl. Apk.). 2) Dogmengeschichtlich. Gegenjüdisch-apokalyptische u. griechische E.Vorstellungen verteidigen die Väter die Geschöpflichkeit der E., die also nicht (wie in verschiedenen Formen der ↑Gnosis) an der Erschaffung der Welt beteiligt (↑Demiurg), dennoch aber dem Menschen an Macht überlegen sind. Erst anläßlich einer kirchlichen Lehräußerung durch das IV. Laterankonzil, die die E. als existierend voraussetzt (DS 800; NR 918), wird die reine Geistigkeit der E. These der Angelologie (Thomas v. Aquin). Gegen solche, die den personalen Charakter der E. oder den Wesensunterschied von Geist u. Materie in Frage ziehen, wendet sich schließlich eine Lehräußerung in jüngerer Zeit („Humani generis»: DS 3891).

3) Systematisch. Dietheol. Lehre über die E. muß davon ausgehen, daß der inhaltliche, ursprüngliche Quellpunkt der E.lehre nicht die atl. oder ntl. Offenbarung Gottes selbst ist, daß die E. vielmehr in dieser einfach als selbstverständlich vorausgesetzt u. in ihrer Existenz erfahren werden (als geschaffene, personale Strukturprinzipien kosmischer Teilordnungen). Die sich auf die E. beziehende Offenbarung hat dennoch eine wesentliche Funktion, indem die von außen kommenden E.Vorstellungen gereinigt werden u. das Übrigbleibende als legitim tradierte Erfahrung des Menschen bestätigt wird. Die Erwähnung von E.n dient der Erhellung umfassenderer, religiös bedeutsamer Wahrheiten: Herrschaft Gottes über alles, Gefährdetheit der menschlichen Situation. An Einzelvorstellungen (Namen, Zahl, Rangordnung der E. usw.) ist die Offenbarung nicht interessiert. Eine theol. Angelologie ist darum eingeordnet in das eine Ereignis, um das alles im Dasein des Menschen geht: um das Kommen Gottes in Jesus Christus in seine Schöpfung. Sie hindert den Menschen an einer Verkürzung der Dimensionen seiner Mitwelt: er steht in einer umfassenderen Heilsu. Unheilsgemeinschaft als bloß der Menschen. Erst von daher ist das Wesen der E. ursprünglichst zu bestimmen: daß sie vom Grund ihres Seins her zur Welt gehören, in einer naturalen Einheit der Wirklichkeit u. der Geschichte mit dem Menschen stehen, eine übernatürliche Heilsgeschichte mit ihm haben, die ihren ersten Entwurf u. ihr letztes Ziel (u. so auch für die E.) in Jesus Christus hat. Weil aber theol. ↑Anthropologie u. ↑Christologie einen Wesenszusammenhang miteinander haben, muß die Angelologie auch als inneres Moment an der Christologie begriffen werden: die E. sind in ihrem Wesen personale Mitwelt des geäußerten u. entäußerten Wortes des Vaters, das in einer Person geäußertes u. gehörtes Wort ist. Ihre Differenz zu den Menschen müßte als („spezifische») Abwandlung dieses E.n u. Menschen gemeinsamen („generischen») Wesens begriffen werden, das selbst zu seiner höchsten, gnadenhaften Erfüllung in dem Wort Gottes kommt. Von da aus sind die Gnade der E. als Gnade Jesu Christi, Jesus Christus als Haupt der E., die ursprüngliche Einheit der Welt u. der Heilsgeschichte mit E.n u. Menschen in ihrer gegenseitigen Über- u. Unterordnung, die Veränderung, die die Rolle der E. in der Heilsgeschichte erfährt, verständlich zu machen. Zweifellos hatten die E. als Momente dieser Welt vor Jesus Christus eine größere Vermittlungsfunktion auf Gott hin als heutes. – Vgl. auch ↑Dämonen, ↑Gewalten u. Mächte.

Entmythologisierung

ist der weder sachlich ganz richtige noch authentische Name der von dem ev. Theologen R. Bultmann (* 1884) ausdrücklich gestellten Aufgabe, das NT existential zu interpretieren, d.h., sein ↑Kerygma dem Menschen der Gegenwart so aufzudecken, daß dieser sich dadurch unmittelbar getroffen u. vor eine „existentielle» Entscheidung gestellt sieht. Was das Kerygma des NT nach Bultmann verdeckt u. darum zur Erreichung der gestellten Aufgabe der Interpretation bedürftig bzw. zu eliminieren ist, das läßt sich kurz in folgenden Gesichtspunkten zusammenfassen: Selbst die von der Textkritik als Jesu historisch eigene Worte herausgestellten Stücke der Botschaft Jesu sind mythologisch, d. h., verwenden als Ausdrucksweise den ↑Mythos (z. B. ↑Basileia, ↑Menschensohn). Erst recht alle späteren Stücke des NT verwenden den Mythos, so die schon bald nach dem Tode Jesu entstandene Verkündigung der Jünger über Jesus (z.B. in dem Mythos der Auferstehung). In der noch späteren, hellenistisch bestimmten Schicht wurden weitere Mythen auf Jesus übertragen (z.B. ein Erlösermythos aus der ↑Gnosis) . Voraussetzungen u. Prinzipien der existentialen Interpretation der unter Mythologien verdeckten ntl. Botschaft können kurz folgendermaßen angegeben werden: Eine jede Aussage überhaupt will existential interpretiert sein, denn nur dadurch, daß sie in aktueller Entscheidung verstanden ist, geht sie mich an. Die Vermittlung objektivierter Sachen, die nur ..vorhanden» sind, interessiert mich nicht. Gerade das am NT, was mich vor die Entscheidung rufen will, ist durch die Vergegenständlichung im Mythos verdeckt. Zusätzliche Schwierigkeiten bereitet der Mythos dem „modernen» Menschen: die natürliche, von der Naturwissenschaft erforschte, geschlossene Welt kann dem Einbruch der Transzendenz nicht in der Weise offenstehen, wie der Mythos es darstellt (z.B. in den Berichten über ↑Wunder) . Darum kann das ntl. Kerygma auf keinen Fall die Verkündigung objektiver Wahrheiten u. Geschehnisse sein, die allgemein gültig u. heilswirkend sind (das wäre nichts als Mythologie). Die mich angehende Botschaft des NT besagt vielmehr: Jesus will mich zur Entscheidung zwischen Gott u. dieser vergänglichen Welt aufrufen; für diesen Appell ist es die „letzte Stunde», das entscheidende „Jetzt». So wie Jesus am Kreuz gestorben ist u. nie Wunder an sich erfahren oder selbst welche gewirkt hatte, vielmehr in der gehorsamen Übernahme seines Schicksals Gott glaubte, so daß in seinem Sterben das Gericht Gottes über den dieser Welt verfallenen Menschen erging, so ist auch von mir Glaube, Entscheidung gegen diese Welt, gegen die Sünde gefordert, ohne daß ich für die Wahrheit des mich anredenden Wortes Gottes irgendeinen Beweis hätte. – Diese existentiale Interpretation nimmt nach Bultmann schon das NT selber vor, generell u. versteckt dadurch, daß es einander widersprechende Mythologeme präsentiert u. darum zeigt, daß die objektivierenden Vorstellungen nicht eigentlich gemeint sind, im besonderen bei Johannes u. Paulus in der E. der Eschatologie (das Ende der Welt ist nicht ein späteres Geschehen, sondern je gegenwärtiges Ereignis, das Existieren in der Entscheidung gegen diese Welt). – Die wissenschaftliche Kritik an Bultmann hat überzeugend dargetan, daß das ntl. Kerygma nicht nur Aufruf zur Entscheidung, sondern die Mitteilung eines objektiven Geschehens, des Christusereignisses, ist, das sich einschließlich der ↑Auferstehung mit genügender historischer Sicherheit nachweisen läßt. Philosophisch ist der Bultmannsche Begriff der ↑Transzendenz als verkürzt u. auf ungenügender Analyse gerade der apriorischen transzendentalen Verfaßtheit des ↑Menschen beruhend nachgewiesen. Somit ist auch gezeigt, daß die Entleerung des Kerygmas u. das schiefe Existenzverständnis im Programm der E. zu einem grundlos pradoxen Glauben führen müssen, der dem Wesen des Menschen (auch gerade des heutigen) widerspricht. Damit ist jedoch das echte Anliegen Bultmanns nicht abgetan. Es kann nicht bestritten werden, daß AT u. NT die mythische Weltvorstellung jener Zeit widerspiegeln, in der sie entstanden sind. Diese Weltvorstellung wird durch die Offenbarung nicht garantiert, sondern es war schon immer u. ist die bleibende Aufgabe der Theologie (die es darum überhaupt erst gibt), zu fragen, was die überlieferten Sätze ..eigentlich» sagen u. was nicht. Schon immer traf die Theologie die Unterscheidung zwischen dem Inhalt einer Aussage u. der Vorstellungsweise, u. darum war sie in einem wahren Sinn immer E. Anderseits ist zu sagen: Wenn das Transzendente, der transzendente Gott, in eine Einzeldimension des Menschen eingeschlossen wird, wie bei Bultmann in die Einzeldimension des Existentiellen, so wird in Wirklichkeit das Transzendente mythologisiert, nicht entmythologisiert. Vgl. dazu das Grundsätzliche, das bei ↑Mythos u. bei ↑Welt gesagt ist. ,,Diese» Welt samt ihrer Geschichte darf nicht so radikal vereinseitigend in extremem Dualismus abgetan werden, wie dies Bultmann tut, denn Gott ist in diese Wirklichkeit in Wahrheit eingegangen u. hat sie bleibend angenommen. Es bleibt aber ferner die von Bultmann wirklich gewiesene u. nie vollends bewältigte Aufgabe, die Darlegung der Heilstat Gottes in ↑Jesus Christus so in der Theologie vorzunehmen, daß der Hörer dieses Wortes „existentiell» betroffen, zur umkehrenden Entscheidung u. zum Glauben aufgerufen ist.

Entwicklung

heißt die Veränderung eines (gleichzeitig) Bleibenden. Sie tritt im Lebensbereich des Menschen in den mannigfaltigsten For men auf (E. im Denken des Menschen, E. der Welt, der Umwelt usw.) u. ist darum ein wesentliches Thema der Theologie. Thematisch wurde die E. eigentlich erst in der neueren Zeit in der Theologie, seit ziemlich parallel ein philosophischer Evolutionismus (= Entwicklungslehre), nämlich die Anschauung etwa bei Leibniz, Schelling u. Spencer, daß die E. das höchste, das Absolute offenbarende Prinzip aller Wirklichkeit sei, u. ein biologischer Evolutionismus zuerst in der von Darwin formulierten These über das Werden des Menschen auftraten. Diesen Evolutionismen gegenüber betont die kath. Theologie primär den Unterschied zwischen ↑Schöpfung u. E. Schöpfung besagt den reinen ↑Anfang: die ursprüngliche Einsetzung eines Seienden in seine E.Entwicklung setzt etwas voraus, was schon da ist, u. nennt seine Zeitgestalt. Über die Weise freilich, wie etwas durch Erschaffung dasein u. sich dennoch entwickeln könne, setzt die theol. Diskussion nun eigentlich erst ein. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß Gott mit der Erschaffung die ↑Kreatur in die Möglichkeit des Selbstvollzuges setzt u. ihr die dazu notwendigen Bedingungen einstiftet, so daß grundsätzlich nicht anzunehmen ist, daß Gott dasjenige erschafft, was er durch immanente E. der Kreatur erreichen kann. Wird in einer theol. ↑Anthropologie gesehen, daß der ↑Mensch das Ziel der Schöpfung überhaupt ist, die Schöpfung einen echten Anfang (der ein theol., nicht ein naturwissenschaftlicher Begriff ist) hat u. alles Entwickelte in der Abhängigkeit der Kreatur von Gott bleibt (in deren Maß freilich eine Kreatur um so eigenständiger wird), dann kann sich über die weitere Frage, was innerhalb der Schöpfung durch E. werden könne, die Theologie durchaus von der Naturwissenschaft belehren lassen. Vgl. zu der Sonderfrage, an der sich diese Diskussion entzündete, ↑Erschaffung des Menschen, ↑Abstammung des Menschen. Wie der Anfang, so entzieht sich auch das echte ↑Ende dem naturwissenschaftlichenzugriff: ↑Basileia. Insofern freilich in die eschatologische Vollendung hinein alles in ↑Geschichtlichkeit Gewordene aufgehoben wird, gibt es auch im Hinblick auf die wirkliche Endgültigkeit eine echte E., in der personaler Geist auf sein Ziel hin wird. Der vorzügliche Ort der Erscheinung dieser E. ist die Kirche (vgl. auch ↑Dogmenentwicklung).

Enzyklika

heißt wörtlich Rundschreiben, seit dem 7. Jh. des Papstes, Fachausdruck dafür seit dem 18. Jh.; zitiert nach den Anfangsworten (z.B. „Quadragesimo anno»). Das theol. Problem der E. liegt in der Frage nach ihrer Autorität. Als solche ist eine E. eine Äußerung des ordentlichen Lehramtes, aber an sich nicht die neue Definition eines Dogmas durch das außerordentliche oder ordentliche Lehramt. Ihre Lehre muß grundsätzlich mit positiver, innerer, aber nicht absolut endgültiger Zustimmung aufgenommen werden. Diese schließt also Vorbehalte bzw. einen späteren Widerruf dieser Zustimmung nicht aus. Natürlich hat eine E. aus ihrer Natur heraus in ihrer Sprache, ihren Akzenten u. Aspekten eine größere Zeitbedingtheit als eine letzte Glaubensentscheidung. Der Papst könnte theoretisch eine E. freilich auch zur endgültigen Entscheidung noch offener Fragen benutzen, was dann aber jeweils ausgesprochen sein muß (DS 3884f; NR 460).

Ephesos,

Stadt in Kleinasien, in der vom 22. 6. bis 17. 7. 431 das 3. ökumenische Konzil (zur Zeit Papst Coelestins l.) tagte. In grundsätzlichen christologischen Darlegungen verurteilte es den ↑Nestorianismus u. erkannte als Folge davon ↑Maria ausdrücklich den Titel „Gottesmutter» (griech. theotokos) zu (DS 250-264; NR 160-172).

Erbauung

Der kirchliche Begriff E. leitet sich letztlich her von jenem Heilshandeln Gottes im AT, das in bezug auf das „Haus Israel» mit „Bauen» -imGegensatzzu ..niederreißen», ..zerstören» -bezeichnet wird. Eine weitere Ausbildung dieses Begriffes geschieht – mit Hinblick auf die neue heilsgeschichtliche Situation – in der synoptischen u. johanneischen Jesusüberlieferung. Die Zusammenschau des Spruches von der Niederreißung des Tempels u. seinem Neu-aufbau (Mt 26,60f), der Jesus in den Mund gelegt wurde, u. von Mt 16,18 läßt die spezifisch ntl. Aussage erkennen: die E. des neuen Volkes Jesu (↑Kirche) wird in der Geschichte durch die Tat Jesu Christi endgültig u. bleibend sein u. zugleich den Zugang zur eschatologischen ↑Basileia ermöglichen. Dieser nun christologische Begriff wird bei Paulus zu einem ekklesiologischen erweitert: die E. der einzelnen Gemeinde geschiehtzwar durch die Mitarbeiter Gottes (in Vollmacht), aber auch durch jedes einzelne Glied (l Thess 5, II), durch ↑Agape, Ertragen der Schwachheiten des Nächsten, durch ↑Gnosis u. Prophetie (l Kor 8,1; 13, l ff).

Epiphanie

(griech. = Erscheinung, Aufscheinung). Als religionsgeschichtlicher Begriff: das plötzlich eintretende u. wieder verschwindende Sichtbarwerden der Gottheit. Davon hebt sich eindeutig das Verständnis von E. in der Schrift ab; sie bedeutet dort den historisch greifbaren Einbruch des persönlichen Gottes in die Welt. Unterschieden werden Theophanien, Christophanien, Pnenmatophanien u. Angelophanien (↑Engel) (Christophanien: Taufe, Verklärung, Seewandel). ↑»Erscheinungen» im Sinne von bloßer ↑Privatoffenbarung kennt die Schrift nicht; alle E.n beinhalten auch einen Auftrag an die Gemeinschaft.

Erbsünde

heißt jener Zustand, indem alle Menschen geboren werden, insofern dieser a) durch die ↑Ursünde „Adams» (↑Monogenismus) verursacht worden ist, b) jeden einzelnen Menschen vor Gott in eine ihn innerlich betreffende Unheilssituation stellt, c) dennoch nicht mit einer wirklichen (d.h. persönlichen, frei beschlossenen) Sünde verwechselt werden darf. E. bezeichnet also jene negative Qualität der menschlichen Daseinerfahrung, die auf die menschliche Geschlechtsgemeinschaft als solche zurückzuführen ist u. die immer mit jener posi tiven Qualität zusammengesehen werden muß, die von Gottes ↑Heilswillen für alle u. der machtvollen Gnade Jesu Christi immer u. von vornherein herbeigeführt ist.

l. Lehre der Schrift. Wenn auch in dem ätiologischen Bericht des AT (Gn 2, 8-3,24) der Verlust des vertrauten Umgangs der Stammeltern mit Gott wie auch Mühsal, Leid u. Tod mit der Sünde der Stammeltern (Ursünde) begründet werden, kennt das AT dennoch keine E. im strengen Sinn als Folge der Ursünde. – In den Evangelien finden sich ebenfalls nur Anspielungen auf den Sündenfall; ein durch den Sündenfall verursachter Zustand bei allen Menschen wird nirgends greifbar. Die entscheidende biblische Aussage findet sich bei Paulus: l Kor 15,21 f u. vor allem Röm 5, 12-21. An dieser letzteren Stelle spricht Paulus von der E. (vgl. die Entscheidung des Tridentinums DS 1510-1516; NR 352-358), insofern er zunächst Adam u. Christus (bzw. die Auswirkung der Tat Adams u. der Christi auf alle Menschen) parallel setzt (V. 18) u. von beiden eine Unheils- bzw. Heilssituation ableitet, die zwar durch die einzelnen Menschen (durch eigene Sünde oder Glaube) ratifiziert wird, dieser Stellungnahme aber vorausliegt u. den Menschen wirklich innerlich bestimmt, ihn von Adam her zum pneumalosen Sünder (V. 19) u. von Jesus Christus her zu dem von Gottes tätigem Heilswillen Gesuchten macht. Freilich wäre es notwendig, inderkath. Theologie ..objektive Erlöstheit» im voraus zu Glaube u. Sakrament paulinisch deutlicher als innerlich den Menschen bestimmendes ↑Existential zu sehen, als es gewöhnlich geschieht. II. Dogmatisches Verständnis. Die Grundüberzeugung des Christentums über ↑Erlösung u. ↑Gnade ist darin gelegen, daß die vergöttlichende u. vergebende Gnade allen Menschen a) nur von Jesus Christus her, nicht also einfach weil sie Menschen oder Glieder der Menschheit (diese ohne Jesus Christus gedacht) sind, u. b) auch allen ab sündenvergebende gegeben ist. Das ist mit der Selbstinterpretation Jesu hinsichtlich seines Lebens und Sterbens „für alle» schon gegeben. Damit ist gesagt, daß der Mensch das heiligende /Tneuma Gottes nicht besitzt, insofern er Mensch u. Glied der Menschheit ist. Aus der Offenbarunggeht hervor, daß Gott den Menschen in der ↑Einheit der Menschheit u. ihres ursprünglichen ↑„Bundes» mit Gott die Gnade (in Unterordnung u. Abhängigkeit von Jesus Christus) zu geben willens war, insofern sie Nachkommen der ersten begnadigten Menschen waren. Da Gott die Gnade niemand schuldet, konnte er diese Voraussetzung an jede sinnvolle Bedingung binden, also auch an die Bewährung der ersten Menschen. Ist diese nicht erfüllt, erhalten die Menschen das Angebot des göttlichen Pneumas nicht als Kinder Adams», sondern allein wegen Jesus Christus, zu dem als Haupt der Menschheit der Wille Gottes auch trotz der Sünde bestehenbleibt. Als den Menschen, die in einem leibhaftig-geschichtlichen Zusammenhang mit dem Anfang der Menschheit stehen, kommt das göttliche Pneuma den Menschen nicht zu. Sie „erben» die E. Dieses nicht sein sollende Fehlen des Pneumas ist eine je eigene, innere Zuständlichkeit der Menschen (eine Art negatives .f xistential). Insofern mit Pneuma das Heil des ganzen Menschen gemeint ist, bedeutet das Fehlen des Pneumas das Fehlen einer todüberwindenden Dynamik (der ↑Tod ist Folge u. Erscheinung der E.). Bleibt der Mensch nach kath. Lehre auch unter der E. das, was er von „Natur» ist (DS 1955; NR 853), so kann er sich dennoch als „verwundet» u. in seinen natürlichen Fähigkeiten „depotenziert» erfahren (DS 1511; NR353), wenn er sich erfährt u. mißt an den ..Ansprüchen», die ihm durch das übernatürliche Existential der Hingeordnetheit auf das Leben Gottes selbst durch die Gnade u. deren (unreflexe) Erfahrung gegeben sind (↑Begierde).

Aus dem Gesagten geht hervor, daß der „Mangelzustand» oder die „Unheilssituation» E. (die konkret nie allein gegeben sind) nicht als persönliche Sünde des Einzelnen verstanden werden darf (DS 456; NR 326); E. ist nur im analogen Sinn fSünde. Im voraus zur Entscheidung des Menschen (zu Glaube – Liebe oder zu persönlicher Schuld) ist seine Heilssituation dialektisch bestimmt: er ist Erbsünder von Adam her und Erlöster auf Jesus Christus hin. In der personalen Freiheitsentscheidung wird die dialektische Freiheitssituation nach der einen oder anderen Richtung überholt, er wird frei der sich in persönlicher Sünde ratifizierende Erbsünder oder der frei sich in ↑Glauben↑Liebe ratifizierende Erlöste. Durch beide Entscheidungen wird das Existential, gegen das man sich entschieden hat, nicht einfach u. schlechthin aufgehoben. Wie dem Sünder immer die Gnade angeboten bleibt, so ist E. auch für den Getauften (↑Taufe, ↑Rechtfertigung) nicht einfach eine bloß vergangene, überholte Angelegenheit. In seinem Engagement für Gerechtigkeit u. Liebe muß der Christ eine konkrete geschichtliche Erfahrung für die leid- u. todüberwindende Kraft der Gnade vermitteln.

Erfahrung

ist eine Form der ↑Erkenntnis, die aus dem unmittelbaren Empfangen eines Eindrucks von seiten einer unserer freien Verfügung entzogenen (inneren oder äußeren) Wirklichkeit entspringt. Ihr entgegengesetzt ist jene (Art oder Seite der) Erkenntnis, in der der Mensch aktiv handelnd den Gegenstand seinen eigenen Aspekten, Methoden usw. unterwirft u. kritisch befragt. Weil sich die Gegenwart des Erfahrenen selbst unwiderstehlich bezeugt, eignet der E. eine ausgezeichnete Gewißheit (Evidenz). Die religiöse E. im strengen Sinne (die u. insofern sie den ↑Glauben konstituiert) umfaßt sowohl die metaphysische, sittliche u. existentielle E. des ↑Seins u. ↑Daseins als auch die E. der Selbstbezeugung Gottes im Offenbarungsereignis, in dem sich dem „Gewissen» (als dem integrierenden Organ aller inneren u. äußeren existentiell bedeutsamen Erkenntnisse) die Tatsache einer göttlichen Selbstbezeugung anzeigt; schließt also als solche die transzendentale E. des Menschen ein, in der dieser sich intuitiv (in einer „Ur-erfahrung») als solcher, als auf Dinge u. Welt verwiesener, als Subjekt u. Grund seines Denkens u. seiner Akte (zumindest anfänglich, also in Grundzügen) erfahren hat. Religiöse E. als innere Selbstbezeugung der übernatürlichen Wirklichkeit (Gnade) ist dem Menschen bzw. der Menschheit in ihrer Glaubensgeschichte nur zusammen mit einer gegenständlich begrifflichen Reflexion möglich. Eine sichere Unterscheidung zwischen Gottes schöpferischem Gnadenwirken u. dieser ihrer begrifflichen (unter Umständen falschen) Interpretation ist nicht adäquat möglich; die natürliche Transzendenz des Geistes auf Gott u. deren gnadenhafte Teilhabe am inneren Leben Gottes (durch Jesus Christus im Heiligen Geist) sind reflexiv nicht eindeutig voneinander abhebbar, weil Gott u. sein Wirken nie isoliert erfaßt u. von der kreatürlich-geistigen Reflexion abgegrenzt werden kann. Eine unfehlbare Sicherheit über den eigenen Gnadenstand des Gerechtfertigten gibt es darum trotz dieser E. der Gnade nicht (DS 1533f 1563ff; NR 804 831ff: ↑Heilsgewissheit). Da Gottes Gnadenwirken aber wesenhaft in den „göttlichen Tugenden» geschieht, die ihrerseits wohl übernatürlich von Gott gewirkt sind, aber als solche auch u. gerade Akte (Antwort) des Menschen, zeigen sich an solchen „Antworten“ übernatürliche Wirklichkeiten durch die E. von Friede, Freude, Sicherheit, Trost, Erleuchtung, Liebe.

Erhaltung der Welt

(lat. conservatio). Der Begriff ↑„Schöpfung» als freie ..Verursachung» der Welt durch die Tat Gottes, die auf nichts zurückgreift, sondern sowohl bezüglich des „Was» als des „Wie» dieser Tat ganz bei sich selbst bleibt (im Gegensatz also zu einer kreatürlichen Verursachung, die auf etwas schon Vorhandenes hingeht, auf ihm sich aufstützt u. in dieses Vorhandene eingeht), beinhaltet die radikale Abhängigkeit dieser Schöpfung vom Schöpfer so sehr, daß in dieser „Schöpfung» Gottes nicht nur die einmalige Setzung des /nAnfangs geschieht, sondern auch die Bleibendheit des „Schöpfungseins». Damit ist die E. nur bezüglich des Aspekts unterschieden von der „Verursachung» der Welt. Sie kann, entsprechend dem Schöpfungsakt, nur als dauernde positive Erwirkung der Welt durch Gott verstanden werden, also nicht nur als indirekte Erhaltung durch Abwehr auflösender Kräfte. Die E. ist, obwohl nicht eigens als Dogma definiert, integriert im Weltverständnis der ordentlichen u. allgemeinen Lehrverkündigung (vgl. Apg 17,28). Mit der Notwendigkeit der E. ist gegeben, daß Gott die Welt gerade in Jesus Christus u. um Jesu Christi willen trotz ihrer Sündigkeit erhalten kann u. so diese Welt selbst schon durch die Heilsverfügung Gottes geöffnet bleibt für ihre eigene „Erneuerung» unter der eschatologischen Herrschaft Gottes.

Erinnerung

Im Lichte einer ↑politischen Theologie (J. B. Metz) erweist sich der Erinnerungsbegriff als ein Grundbegriff sowohl einer kritischen Theologie als auch einer praktischen Geschichtsphilosophie. In ihm wird nämlich nicht nur der Vermittlungszusammenhang von Vernunft u. Geschichte grundlegend thematisiert, sondern kommt auch die doppelte Wirkungsgeschichte von platonischer Anamnesislehre mit ihrer Begründung von Vernunfterkenntnis aus apriorischem Wissen u. der jüdisch-christlichen Bestimmung von Geschichte u. Freiheit aus eschatologischer Memoria angemessen zur Geltung. Indem mit dem Christentum eine konkrete Erzählgemeinschaft, die sich erinnernd auf das geschichtlich einmalige Ereignis der in Jesus dem Menschen unwiderruflich angebotenen Erlösung bezieht u. dessen zukunftseröffnende Kraft geschichtsmächtig entfaltet, die Vorherrschaft einer abstrakten Wiedererinnerungsmetaphysik als Begründungsform allgemeingültigen Wissens bricht, gerät nicht nur die erkenntnisfundierende Bedeutung von Geschichte in den Blick, sondern wird auch der Erinnerungsvorgang als Medium des Praktischwerdens von Vernunft deutlich. Dabei wird die Erinnerung an die Leidensgeschichte Jesu u. die Leidensgeschichten der Menschen zur normativen Basis für freiheitsbezogenes Handeln u. erzählte Freiheitsgeschichte zur unhintergehbaren Voraussetzung argumentativ-kritischer Vernunft. – Vgl. auch ↑Anamnese. K. F.

Erkennbarkeit Gottes

Entsprechend dem Zeugnis der Schrift (Weish 13, 1-9: Röm 1,18-21) u. der Tradition erklärt die Kirche (vor allem im l. Vatikanischen Konzil) gegenüber dem ↑Fideismus, ↑Traditionalismus, der alle religiöse Erkenntnis in der bloßen geschichtlichen Wortoffenbarung allein u. somit im Glauben streng als solchem gegeben erachtete, u. gegenüber jedem ↑Agnostizismus in der Metaphysik, daß das „natürliche Licht“ der Vernunft Gott aus der geschaffenen Welt mit Sicherheit erkennen (u., indem sie diese Erkenntnis in systematischer Strenge entwickelt, beweisen) könne (DGL: DS 3026, NR 45; ferner DS 3004 3878 3890, NR 27f 72). Wie das konkret geschieht, ist unter ↑Gottesbeweisen zu sagen. Diese Lehre von der natürlichen E. Gottes behauptet keine Unabhängigkeit dieser Erkenntnis von der Ganzheit der menschlichen Einstellung u. Haltung, noch gilt sie notwendig vom einzelnen konkreten Menschen in seinen individuellen u. sozialen Bedingtheiten u. Hindernissen, soweit eine faktisch erzielte, u. zwar ausdrückliche thematische Erkenntnis gemeint ist. Die Lehre leugnet auch nicht, daß in der konkreten Ordnung der Sünde u. der Gnade jede faktisch erreichte Erkenntnis, zumal wo u. soweit sie eine heilshafte Bedeutung hat, von der Gnade Jesu Christi getragen ist. Sie besagt aber, daß der Mensch auch als sich dem Glaubensgehorsam Verschließender noch mit Gott zu tun hat, daß es grundsätzlich eine religiöse Begegnungsmöglichkeit zwischen Glaubenden u. Unglaubenden (im Bezug auf Schrift u. kirchliches Lehramt) gibt, die der Zustimmung zur Offenbarungsbotschaft noch vorausliegt, u. daß der Unterschied u. die Einheit zwischen (geistiger) ↑Natur und Gnade (samt deren theol. Gründen) auch in dieser Frage Geltung hat.

Erkenntnislehre, theol

ist die Lehre von den formalen Prinzipien u. Regeln, die in der Glaubenserkenntnis u. in deren systematischer Reflexion, der ↑Theologie, zu beachten sind. Sie handelt also von der bleibenden Abhängigkeit u. Bezogenheit des Menschen von der (u. auf die) göttliche(n) Offenbarung (↑Geheimnis), von dem Wesen solcher Erkenntnis als ↑Glaube, Glaubenswissenschaft u. echt menschlich rationaler u. geschichtlicher Wahrheitserkenntnis, von den materialen Quellen dieser Erkenntnis: ↑Heiliger Schrift (↑Inspiration) u. ↑Tradition (u. deren gegenseitigem Beziehungszusammenhang), vom eigentlichen u. ersten Subjekt dieser Erkenntnis, das nicht der Einzelne, sondern die hierarchisch strukturierte ↑Kirche ist, vom Verhältnis des einzelnen Gläubigen u. Theologen u. seiner Erkenntnis zur Lehre der Kirche u. deren lehramtlichen Entscheidungen (↑Lehramt, ↑Unfehlbarkeit, ↑Dogma, theol. ↑Qualifikationen), von den theol. Methoden im einzelnen (historische, spekulative, kerygmatische Theologie).

Erlösung

im weitesten Sinn bedeutet, daß jener Zustand des Menschen, in dem dieser sich individuell u. kollektiv unvermeidlich vorfindet u. den er als unheilvoll u. durch ihn selbst unaufhebbar erfährt, endgültig überwunden wird. Das ↑Christentum erkennt den Menschen als erlösungsfähig (letztlich weil auch seine Freiheit endlich ist u. von der schöpferischen Liebe Gottes umgriffen bleibt) u. als erlösungsbedürftig, u. zwar zuerst u. zuletzt von seiner Schuld. Diese Schuld (die erbsündliche Schuldsituation u. die Tat der einzelnen Freiheit) ist vom Menschen unaufhebbar. Sie ist nicht nur ein Verstoß gegen sachhafte Normen innerweltlicher Art, so daß der Mensch die Folgen seines Verstoßes selbst wieder beseitigen u. die Schuld aufheben könnte. Schuld ist das freie (u. als Freiheit auf Endgültigkeit zielende) Nein zu Gottes unmittelbarer intimer Liebe im Angebot seiner Selbstmitteilung durch die ungeschaffene, vergöttlichende ↑Gnade, darum ein absolut dialogischer Akt (↑Sünde). Nur wenn diese Liebe sich frei auch diesem Nein gegenüber als bleibend setzt u. als göttliche diese Schuld überholt, ist Vergebung, d. h. als von Gott ermächtigte antwortende Liebe des Menschen, möglich. Erst von dieser Schuldvergebung aus ist dann ein endgültiges Heil als personale Endgültigkeit u. Überwindung des leidgeprüften Zustands des Menschen denkbar, weil einerseits Leid u. Tod Erscheinungen der Schuld im Grund des Daseins sind u. andererseits auch die volle „Seligkeit“ in allen Dimensionen nur als eschatologische Gabe Gottes selbst geschenkt werden kann, nicht als vom Menschen selbst herstellbares Ziel. E. im christlichen Verständnis ist als „objektive» gemeint, d.h. als Ereignis u. dessen Folge (objektive Erlöstheit), die der ↑Rechtfertigung u. Heiligung des Menschen (subjektive E.) sachlich vorausliegen: Kreatürlich-endliche Freiheit setzt auch in ihrem Heilsvollzug eine „Situation» als Bedingung voraus, die nicht identisch ist mit dem notwendigen Wesen des Menschen und seiner Freiheit. Objektive E. be deutet also die von Gott gewirkte Konstitution derjenigen geschichtlich konkreten Freiheitssituation, in der der vergebende ↑Heilswille Gottes als Angebot an die Freiheit des Menschen sich in Jesus Christus geschichtlich in eschatologischer Unwiderruflichkeit präsent setzt u. erscheint u. von der her u. in der allein der Mensch in Freiheit die angebotene Vergebung annehmen kann. Dieses E.sereignis (im Christentum kurz mit dem Begriff „KreuzJesu» bezeichnet) ist nicht so Ursache der Erlöstheit, daß es nicht auch die Ursache des Heils der vorchristlichen Menschheit wäre. Weil seit jeher u. immer die ↑Selbstmitteilung Gottes (auf Jesus Christus hin) in der Welt wirksam war, ist die Frage, was sich denn „seit» Jesus Christus zum Besseren gewandt habe, falsch gestellt. Die Gesamtgeschichte der Menschheit steht immer u. überall unter der vergebenden Liebe Gottes in Jesus Christus.

Die Idee einer Selbst.-E. verfehlt also von vornherein das wahre Wesen oder die absolute Tiefe unserer E.sbedürftigkeit (die Anstrengungen um ↑Emanzipation u. Verwirklichung der Gerechtigkeit sind notwendige Erscheinungen der E., sind aber mit dem Wesen der E. nicht zu verwechseln); andererseits ist die E. durch Gott dennoch keine „Fremd-E.», weil Gott kein „Fremder», sondern der in sich selbst bleibende Grund unseres Eigensten ist (u. in Jesus Christus der „Mensch» Mitträger seines eigenen Heils wird: ITim 2,5; DS 261 636 641 f 801 1739ff 1743 2015 3677, NR 919 597 599; ↑Mittler) u. weil er gerade durch seine erlösende Gnade uns die ↑Freiheit der Annahme seiner eigenen, vergebend-erlösenden Selbstmitteilung schenkt. Sowohl Inhalt (göttliches Leben, unter Schuldvergebung geschenkt) als auch Aneignungsweise der E. sind Gottes freie Gabe; somit ist die E. von Seiten Gottes dem Menschen ungeschuldet. Sie ist, vom Vater in absoluter Initiative (vgl. Eph 1,3-23) ausgehend, ganz an die historische ↑Person Jesu u. sein Werk gebunden (Hebr 10,5-9; Phil 2,5-11); das freie, göttliche Erbarmen ist nicht dadurch verwirklicht, daß Gott die Sünde (u. die erlösungsbedürftige Vorläufigkeit des ganzen Menschen) einfach fallen läßt, sondern daß er in Jesus seiner erlösenden Gnade in einer zu bewahrenden Welt geschichtliche Greifbarkeit u. Gegenwärtigkeit u. Macht verleiht. Jesu Sein (als Einheit von Gottes Leben u. menschlichem Dasein) u. seine Tat (als liebend gehorsame Annahme des menschlichen, durch die Sünde geprägten Daseins: Röm 5,12-21; vgl. l Kor 15,4 5 ff) in einem ist die geschichtlich reale u. eschatologisch siegreiche Zusage der Selbstmitteilung Gottes an die Welt trotz u. in ihrer Sündigkeit. Die überall in der Geschichte wirksame Gegenwärtigkeit der erlösenden Vergebung Gottes hat also ihre alles tragende Sinnmitte u. ihre unüberbietbare Endgültigkeit in Jesus Christus gefunden; als solche aber bleibt sie unaufhebbar, weil Gott in Jesus (vgl. Hebr 2, 11; Röm 8,29) die eine Welt u. Menschheit (als Ganzes) trotz der Sünde u. gerade in ihrem Schuldschicksal endgültig angenommen hat (erkennbar an der ↑Auferstehung Jesu u. an der Sendung des ↑Heiligen Geistes). Diese von Gott her veranstaltete u. geschenkte Versöhnung mit dem Menschengilt allen Menschen (2Kor 5,18f; vgl. Kol l,21f; Jo 3,16) u. liegt der je personalen Annahme dieser Versöhnung oder E. im ↑Glauben voraus (gegen allen Prädestinatianismus, vgl. l Tim 2,4 ff; DS 391 723 1011 1513 1523 1530f; NR 355 793 801f u.ö.); sie hat auch (schon bei Paulus, allerdings in einem nicht unbedenklichen Verstehensmodell) die Gestalt der göttlichen Gerechtigkeit, insofern Gott das menschliche Leben seines Sohnes als radikal liebende Gehorsamsübereignung in der Enteignung des /Todes (Jo 10,17f; Mk 10,45; Hebr) wollte u. dadurch der (einen u. solidarischen) Menschheitein geougtuendes (Versöhnungs-)0pfer schenkte (Phil 2,5-11). Insofern kann u. muß man sagen, daß Gott der Welt erlösend die Schuld vergibt, weil Jesus Christus statt uns u. für uns im Kreuzestod genuggetan (DS 1513 1522 f 1528f 1545 ff, NR 355 792f 798ff 815 ff; besonders DS 3891) u. Gott versöhnt hat, zumal auch die freie Annahme dieser Versöhnung durch den einzelnen Menschen nochmals die Tat Gottes ist: ↑Rechtfertigung. Das eigentliche Problem der Lehre von der E. (↑Soteriologie) besteht in der Frage, warum der ursprüngliche Vergebungswille Gottes nicht einfach „senkrecht von oben» die Vergebung in gleicher Weise unmittelbar, immer u. überall bewirkt, sondern dem Menschen von einem bestimmten geschichtlichen Ereignis her begegnet u. dieses die „Ursache» der Vergebung ist. Dazu ist zu sagen: Der ..transzendentale» Heilswille Gottes wird real, kommt beim Menschen an, indem er geschichtlich konkret wird, so daß in diesem Sinn seine geschichtliche Erscheinung seine Wirkung u. sein Grund ist. Der ..transzendentale» Heilswille Gottes vollzieht sich konkret in einer einen ↑Heilsgeschichte. Diese strebt nach einem Höhepunkt, der die Richtung dieser Geschichte, als auf den Sieg des Heilswillens gerichtet, auch geschichtlich unumkehrbar macht, also auf den „eschatologischen» Höhepunkt hin. Dieser Kulminationspunkt ist dann gegeben, wenn Gott selbst diese Geschichte zu seiner eigenen macht (obwohl sie auch eine Geschichte der Sünde u. deren geschichtlicher Objektivationen ist) u. diese Annahme der sündigen Welt von seiten Gottes auch durch die in dieser Annahme prädestinierte Annahme von seiten der Welt beantwortet wird. So erscheint auf diesem Kulminationspunkt objektiv u. (darin exemplarisch) subjektiv die unumkehrbare erlösende Annahme als Einheit von Gott u. Welt in der Geschichte. Die radikale Annahme der vergöttlichenden Selbstmitteilung von seiten der Kreatur aber geschieht durch den Tod, insofern dieser (als Tat) die endgültige Selbstannahme des Freiheitswesens ist, u. zwar (als Passion) in der Annahme u. dem Ausleiden der Schuldsituation des Freiheitswesens. So wäre die E. gerade durch den Tod Jesu verständlich zu machen, ohne daß das Sühne- u. Genugtuungsmodell der ↑Satisfaktions-theorie übernommen werden müßte.

Erschaffung des Menschen

I. Bei der Frage nach dem Ursprung des Menschen sind folgende Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu beachten: l. Der Mensch ist derart substantiell einer, daß diese Einheit ontologisch einer echten u. wirklichen u. nicht reduzierbaren Pluralität in seinem Wesensbestand vorgeordnet ist; er ist einer in Ursprung, Bestand u. endgültiger Bestimmung (DS 502 900ff 1440f 2828 3221 f 3224, NR 194 329 331). Das bedeutet: Jede Aussage über einen Teil des Menschen impliziert eine solche über das Ganze. – 2. Dennoch gibt es eine wirkliche Pluralität von Wirklichkeiten im Menschen, die nicht aufeinander zurückgeführt werden können. Was wir Geistseele im Menschen nennen, ist keine bloße Erscheinungsform dessen, was wir als seine Materialität u. Leiblichkeit ansprechen (DS 1440f 3022 3220f 3896, NR 331 319 332) u. umgekehrt. – 3. Der Mensch besitzt als das für sein ganzes Wesen eigentümliche, wesengebende, konstitutive ↑Prinzip eine geistige, einfache, substantielle ↑„Seele», die unbeschadet der Einheit des einen Menschen wesentlich von der ↑Materie verschieden ist; sie kann daher nur durch jenen Akt entstehen, der, weil nicht einfach aus schon Vorhandenem u. Vorgegebenem kombinatorisch schaffend, ↑Schöpfung genannt wird, also jene absolut unabhängige Macht voraussetzt, die wir Gott nennen. Gerade dieser schöpferische Impuls Gottes aber ist, weil er ein eines, geistig-materielles Wesen begründet, in dieser seiner Wirkung als Selbsttranszendenz des materiellen Seins verstehbar. Das heißt: Wo ein so wesenhaft Neues entsteht, wie der Mensch es ist, wird der Begriff eines „schöpferischen Eingreifens» Gottes (im Unterschied zur dauernden Ursetzung der Materie der Welt überhaupt durch Gott) angewendet. Aber dieses ..schöpferische Eingreifen» muß nicht als zu-setzendes Eingreifen von außen, das einem Gegebenen in dessen rein passivem Verhalten ein Neues hinzufügt, sondern kann als Erwirkung der Selbsttranszendenz der innerweltlichen Herkunft des Neuen, auch der ..geistigen» Seele des Menschen, verstanden werden, weil es unmittelbar das wesenhaft Neue intendiert. Was „geistig» bedeutet, ist ein apriorisches Datum der menschlichen Erkenntnis, von dem aus erst metaphysisch bestimmt werden kann, was eigentlich „materiell» bedeutet. – 4. Insofern der Mensch in seiner ontologischen Pluralität ein leiblich materielles Wesen ist, steht er in einem ursächlichen Zusammenhang mit der materiellen Gesamtwelt. Das wird nicht nur von der Glaubenslehre nicht bestritten, sondern sogar positiv gelehrt (DS 800 3002, NR 918 316; Gn 2,7; 3,19). – Hinsichtlich der Weise dieses Zusammenhangs erklärt das kirchliche Lehramt, daß der ursächliche Zusammenhang des Menschen mit der Gesamtnatur unter dem Vorbehalt der Rechte des ↑Lehramtes auch in diesen Fragen, unter Aufrechterhaltung der unmittelbaren Erschaffung der Seele durch Gott, auch in dem Sinne gedacht werden dürfe, daß ein realontologischer Zusammenhang zwischen dem Tierreich u. der menschlichen Leiblichkeit bestehe (DS 3862 ff 3896 3898, NR 332 137). Wenn das Lehramt der evolutionistischen Theorie das Prädikat einer absolut sicheren u. strikt bewiesenen Theorie verwehrt, so will es damit dem Naturwissenschaftler nicht verwehren, innerhalb seines Erkenntnisbereiches den Evolutionismus (↑Entwicklung) als pragmatisch sicher zu behaupten. Denn da das Lehramt eine wissenschaftliche Theorie nur dann verwerfen kann, wenn sie zu einer Offenbarungslehre direkt oder indirekt in Widerspruch steht, hört seine grundsätzliche Kompetenz dort auf, wo es nicht von daher argumentiert.

II. Zu den biblischen Aussagen vgl. ↑Schöpfungsbericht, ↑Adam, ↑Eva. Zu weiteren Fragen des Ursprungs vgl. ↑Paradies, ↑Monogenismus, ↑Urständ, ↑Stände des Menschen, ↑Kreatianismus.

III. Wenn vom heutigen kirchlichen Lehramt ein gemäßigter Evolutionismus nicht beanstandet wird, so darf daraus nicht geschlossen werden, daß damit die theol, Frage bereinigt sei. Dafür ist z. B. die spezifische Menschlichkeit der Leiblichkeit des Menschen zuwenig genau untersucht. Gerade von der substantiellen Einheit des Menschen her ist die Theologie des ↑Leibes in Zusammenhang mit der ↑Auferstehung des Fleisches u. mit der Theologie des ↑Todes zu sehen, die zeigen, daß die kath. Theologie nicht den Leib der Naturwissenschaft überliefern kann, um wenigstens die Seele für die Theologie zu retten. Es könnte deutlicher gefragt werden, was es theologisch für das Schicksal des Menschen u. seine religiöse Aufgabe u. Bestimmung bedeutet, wenn er in einer Geschichte, die als echte Geschichte vielleicht nicht nur hinter ihm liegt, der Überwinder des Tierischen ist, das dennoch wieder als Voraussetzung, die sich letztlich der Geist selbst gibt, als Möglichkeit u. Verheißung des leibhaftigen Geistes in ihm gegeben u. vielleicht noch jetzt im Zustand der Hominisation befindlich ist, ja sogar nach dem Zeugnis der Offenbarung eine Art Rückfall durch die Schuld des Menschen erlitten hat. Das Tierische hätte ja schon vom Anfang der Geschichte an in voller personaler Durchformtheit u. Integriertheit ins Geistig-Personale existieren sollen; der Mensch beginnt also „animalischer», als er hätte sein sollen, u. die Humanisierung seiner materiellen Sphäre wird sogar erst mit der eschatologischen Verklärung des Leibes abgeschlossen sein. Eine weitere Aufgabe hinsichtlich der Theologie der Erschaffung des Menschen besteht darin, ein positives theol. Verständnis für die ungeheure Länge der Menschheitsgeschichte zu erarbeiten, bevor diese die Zeit der amtlichen ↑Offenbarungs-Geschichte u. Jesu Christi, d.h. von der Profangeschichte abhebbare ↑Heilsgeschichte wird. Man muß z.B. darauf reflektieren, daß die ganze Heilsgeschichte von Abraham über Mose zu Jesus Christus zusammenschrumpft, wenn wir ihr mehr als eine Million Jahre menschlicher Geschichte vorausgehen lassen müssen, in der wir keine angebbaren Daten einer Heilsgeschichte haben, da wir die Protologie als geschichtliche ↑Ätiologie aufzufassen haben, also vom Anfang der Welt u. des Menschen ein theol. Wissen anderer Art haben, als es die Tradition der menschlichen Geschichtserfahrung, das historische Gedächtnis, ist. Von dieser ungeheuer langen Geschichte her erscheint die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus als ein Ende einer unabsehbar langen Entwicklung, als Neuanfang oder als das Ende schlechthin oder besser vermutlich als beides in einem.

Erscheinungen

(Visionen) werden im theol. Sprachgebrauch jene psychischen Erlebnisse genannt, in denen unsichtbare u. unhörbare Objekte (Personen) trotz ihres der normalen menschlichen Erfahrung unzugänglichen Seins auf übernatürliche Weise sinnenfällig werden. Grundsätzlich ist von der Theologie her festzuhalten, daß E. übernatürlicher Art möglich sind, insofern Gottfreier u. allmächtiger Verfüger über die natürlichen Gesetzlichkeiten seiner Schöpfung bleibt u. so sich u. erfahrungsjenseitige Wirklichkeiten sinnenfällig bezeugen kann. Die göttliche Einwirkung, wenn u. insofern eine solche vorliegt u. zu E. führt, dürfte zunächst gnadenhafte Einwirkung auf den geistigen Kern der Person sein, der eine von der psychologischen Eigenart des Visionärs u. seiner Umwelt mitbestimmte Ausstrahlung auf die sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen folgt; wobei diese „Folge» nicht in demselben Maße u. in derselben Weise als von Gott gewirkte angesehen zu werden braucht wie jene primäre göttliche Einwirkung. Immer ist der kirchliche Grundsatz festzuhalten, daß bei angeblichen E. die übernatürlichen Einwirkungen nicht vorauszusetzen, sondern zu beweisen sind (analog wie sonst der göttliche Ursprung einer Offenbarung zu beweisen ist). Damit ist die Frage nach der Faktizität der E. als übernatürliche theologisch legitim auch an eine Psychologie verwiesen, die aber ihrerseits für eine ..Theologie der begnadeten Existenz» (im Vollsinn, also auch im psychologischen Sinn dieses Wortes) offenbleiben muß.

Erwählung

ist der tragende Gedanke der im AT fixierten Geschichte des Volkes Gottes. Objekt dieser Erwählung ist das Volk Israel, insofern es als eine von Abraham herstammende Ganzheit gesehen wird; .sosehr diese E. freie u. unvermutbare Liebeswahl Gottes war, wird sie später doch als Treue Gottes zu seinen Verheißungen gesehen. Diese E. ist grundsätzlich bestätigt durch die „Mission» Jesu an das ganze Volk Israel. Eine Einschränkung dieser Mission auf einen Rest (,,kleine Herde») wird erst nach der Ablehnung Jesu von Seiten des damaligen Israel zeitweilig angenommen. Die endgültige Bildung der neuen Gottesgemeinde (Mt 16,18) ist jedoch nicht in Gestalt einer Sekte, sondern universal konzipiert, sie öffnet allen Menschen das Heil. Insofern diese, in Jesus geheiligt, als Geschenk der Gnade Gottes ihre E. angenommen haben, werden sie in strengem Sinne „Erwählte Gottes» genannt (Röm 8,33; Kol 3,12; IPetr l.lfu.ö.). Über diese biblische Deutung der E. hinaus ist E. im theol. Sinn zu verstehen als jenes aus liebendem Entschluß stammende, frei verfügende, auch dem Einzelnen zuvorkommende, aber dessen eigene Entscheidung u. Bewährung nicht aufhebende, sondern diese erwirkende positive Heils-Handeln Gottes (↑Prädestination, ↑Reprobation).

Eschatologie

(griech. eschata = die letzten Dinge) ist die theol. Lehre von den ↑Letzten Dingen. Sie ist nicht eine vorwegnehmende Reportage „später» erfolgender Ereignisse, sondern der für den Menschen in seiner geistigen Freiheitsentscheidung notwendige Vorblick aus seiner durch das Ereignis Jesu Christi bestimmten heilsgeschichtlichen Situation auf die endgültige Vollendung dieser seiner eigenen, schon eschatologisch bestimmten Daseinssituation. Ziel dieses Vorblicks ist es, daß der Mensch seine Gegenwart verstehe als schon jetzt verborgen gegenwärtige u. endgültige ↑Zukunft, die sich gerade dann jetzt schon als ↑Heil gibt, wenn sie angenommen wird als die auf Zeitpunkt u. Weise nicht berechenbare Tat Gottes, der allein verfügt. Dieses eschatologische Verstehen der Gegenwart verstellt den Blick nicht für den Skandal der noch bestehenden Widersprüche zum schon gegebenen Heil in Jesus Christus u. lahmt die Aktivität auch der glaubenden Menschen beim Programmieren u. Schaffen der (innerweltlichen) Zukunft nicht, ohne welche Gott die absolute, endgültige Zukunft nicht herbeiführt (produktive E.).

1. Eine ↑Hermeneutik der eschatologischen Aussagen muß Normen aufstellen, die ein falsches „apokalyptisches» Verständnis der E. (↑Apokalyptik) ebenso abwehren wie eine „entmythologisierende» absolute Existentialisierung der E. (↑Entmythologisierung). Letztere vergißt, daß der Mensch in echter, auf wirklich noch ausständig Zukünftiges gerichteter Zeitlichkeit u. in einer Welt lebt, die nicht bloß abstrakte Existenz ist, sondern mit all ihren Dimensionen (auch der profanzeitlichen Zeitlichkeit) das Heil erlangen muß. Diese Normen machen u.a. folgendes deutlich: die Reden vom ↑Himmel u. von der ↑Hölle liegen nicht auf derselben Ebene; daß Gottes Gnade im ganzen sicher siegreich sein wird, dieser triumphale Satz vom Himmel wird ein Satz des Pilgers, indem er im Satz von der Hölle eine echte u. offene Möglichkeit seiner individuellen Verdammnis annimmt, u. beides ist umfaßt von der Tat der individuellen Heils↑Hoffnung. Die Sätze der E. müssen immer offengehalten werden als Aussagen über unsere jetzt gegebenen, jetzt nicht überholbaren Möglichkeiten. Sie müssen offengehalten werden gegenüber der Behauptung, man wisse esoterisch von einer ↑Apokatastasis, u. ebenso gegenüber einer Behauptung, man wisse sicher, das verborgene Gericht Gottes vorwegnehmend, von einer eingetretenen konkreten Verdammnis. Diese Normen verhelfen zu der Unterscheidung zwischen Aussageinhalt u. Aussageweise in den eschatologischen Aussagen der Schrift u. Tradition.

2. Zu den inhaltlichen Aussagen der E. gehören: die innere Endlichkeit u. geschichtliche Gestalthaftigkeit der Zeit aus einem echten ↑Anfang in ein nicht überholbares echtes ↑Ende. der Charakter des je Einmaligen in der ↑Heilsgeschichte: der ↑Tod u. die von Gott bewirkte ereignishafte „Verwandlung» als notwendiger Modus echter Vollendung der Zeit; das Schongegebensein des Endes mit der Menschwerdung, dem Tod u. der ↑Auferstehung Jesu; die Gegeben heit dieses Endes als Gegebenheit des siegreichen Erbarmens u. der ↑Selbstmitteilung Gottes; die Eigentümlichkeit der jetzt noch „nach» Jesus Christus ablaufenden Zeit; das bleibend Agonale dieser Zeit (↑Antichrist), das sich auf das Ende hin notwendig verschärft; ferner dann die endgültige Abschaffung der kosmischen Mächte des Gesetzes, des Todes usw.; das ↑Gericht als Vollendung der Welt; die bleibende Bedeutung der Menschheit Jesu für die Seligkeit; die ↑Anschauung Gottes als des bleibenden ↑Geheimnisses; das Verhältnis des ↑Himmels der Erlösten zur verworfenen Welt der ↑Dämonen; das metaphysische Wesen der verklärten Leiblichkeit; die eine ↑Basileia aus Engeln u. Menschen. – Ein schwieriges theol. Problem der E. ist die Dialektik zwischen der individuellen E. (Tod u. individuelles Gericht, Himmel oder Hölle bzw. Fegfeuer des Einzelnen) u. der allgemeinen E. (universales Gericht, ewiger Himmel, ewige Hölle). Man kann die Aussagen darüber ja nicht allein dadurch ausgleichen, daß man sie auf verschiedene Wirklichkeiten verteilt, die man wie getrennte behandelt (Seligkeit der ,,Seele» – Auferstehung des „Leibes»), da doch der Mensch in Leib u. Seele zu einer Wirklichkeit geeint ist u. alle biblischen Aussagen über ihn immer das Ganze seines Wesens treffen.

Eschatologisch als Eigenschaftswort meint in der heutigen Theologie die Gegenwart insofern, als in Jesus Christus die Endzeit angebrochen ist („eschatologisches Handeln Gottes»); auch dort, wo es von vermeintlich rein Zukünftigem steht, meint es die Zukunft, insofern sie die Gegenwart deutet („eschatologische Aussagen der Schrift»).

Ethik

als grundlegender Teil der praktischen Philosophie ist die Wissenschaft vom Sittlichen; d.h., sie erstrebt die Analyse u. philosophische Ergründung der sittlichen Tatsachen, aus denen die Normen für das je menschliche Handeln abgeleitet werden können. Insofern ist sie streng zu unterscheiden von einer theol. E. (↑Moraltheologie), die die Normen für das sittliche Handeln aus dem in der Offenbarung ergangenen (u. in der Kirche bezeugten) Wort Gottes u. aus dessen Heilsverfügung über den Menschen ableiten muß. Insofern die (philosophische) E. auf das Sittliche des Menschen geht, unterwirft sie ein Urphänomen des Selbstverständnisses des Menschen einer wissenschaftlichen Reflexion: Der Mensch erfährt sich in seinem Selbstvollzug als Wollender, der in der Aktualisierung dieses Wollens sich selbst „willig» (frei-willig) verfügt auf ↑Gut oder ↑Böse hin. Dieser Unterschied zwischen guten u. bösen Handlungen ist im freien Selbstvollzug der Person schon immer mitgewußt. Die sich selbst frei vollziehende geistige Person erfährt sich selbst dabei als sittlichen Grundwert. Diese „Grund-Wert-Erfahrung» wird in der E. thematisch; von ihr aus kann die geistige Person aufgewiesen werden als eine, die zugleich ihre «Natur» u. ihre Hinordnung auf ein letztes Ziel sittlich vollzieht, die als solche absolut gewollt ist, so daß aus deren absoluter Gewolltheit der unbedingte Charakter jener sittlichen Werte abgeleitet werden kann u. muß, die der Verwirklichung jener absolut gewollten geistigen Person dienen. Sinnvoll werden nun in der E. die einzelnen Seinsbezüge dieser Person, ihr Verhältnis zu sich selbst, zu anderen freien Personen (Mitmenschen), zur menschlichen Gemeinschaft u. schließlich zu Gott einer sorgfältigen wissenschaftlichen Analyse unterworfen u. für deren Vollzug (ethische) Normen aufgestellt. Eine Aufteilung dieser Analyse entsprechend den verschiedenen Lebensgebieten führt zur Unterteilung der allgemeinen E. in eine IndividuaI-E. u. eine SoziaI-E. Dieser sich daraus ergebenden objektiven sittlichen Ordnung, die die schon immer seinsmäßig vorliegende Eingeordnetheit der menschlichen Person in bestimmte umweltliche Gegebenheiten, Strukturen berücksichtigt, ist die unmittelbare subjektive Norm des je sittlichen Handelns zuzuordnen: das ↑Gewissen des Einzelnen, dessen Spruch letztlich Wert u. Unwert einer konkreten Handlung bestimmt. Somit ergeben sich letzte Prinzipien für das Gewissen (↑natürliches Sittengesetz), wie: Objektiv schlechte Mittel werden nicht durch einen subjektiv guten Zweck gerechtfertigt; ein (mit der absoluten Gewolltheit der geistigen Person) gebotener sittlicher Wert kann nicht einem vorsittlichen Teilwert des menschlichen Daseins geopfert werden. – Insofern die E. den freien sittlichen Vollzug der menschlichen Person in einer vorgegebenen Ordnung reflektiert, muß sie offenbleiben für eine von seiten Gottes geschehene Verfügung über diese Person oder ihre (Hin-)0rdnung auf ihr Ziel (↑Moraltheologie)

Eucharistie

(griech. eucharistein = danken; eu = gut; charis = Geschenk) bezeichnet nach dem Wortsinn u. dem ursprünglichen Gebrauch die Danksagung dessen, der „wohlbeschenkt» u. als Folge davon „dankbar» ist. Weiterhin bedeutet E. Dankbarkeit, aber auch Dankgebet. In einem späteren Verständnis bezeichnet E. darüber hinaus den „Leib» Jesu, insofern dieser in der eucharistischen Handlung der Kirche unter der Sichtbarkeit der Brot- u. Weingestalt Ausgangspunkt u. Mitte dieser Handlung ist.

I. Die durch E. bezeichnete Wirklichkeit ist grundgelegt durch das Abendmahl Jesu (vor allem Lk 22,19f u. l Kor ll,23ff; vgl. Mk 14,22ff). Dort gibt Jesus nach seinen Worten seinen „Leib» u. sein „Blut» zum Genuß unter der Empirie des Empfangs von Brot u. Wein. Der Sinngehalt dieser Handlung ergibt sich aus der Situation u. aus den verwendeten Begriffen. Von grundlegender Bedeutung ist der Todesgedanke: Jesus nimmt bewußt sein Schicksal an u. bringt es in Zusammenhang mit dem zentralen Inhalt seiner Verkündigung. Ferner versteht Jesus dieses Mahl eschatologisch als Vorwegnahme endgültiger Festfreude. Schließlich ist der Gemeinschaftsgedanke bei diesem Mahl Jesu konstitutiv (Verbindung Jesu mit seinen Freunden u. Stiftung der Gemeinschaft seiner Freunde untereinander). Aus den verwendeten Begriffen ergibt sich: Nach dem Semitischen bezeichnet „Leib» die leibliche Greifbarkeit der Person Jesu; im Zusatz zum Brotwort wird Jesus als der ↑Ebed Jahwe schlechthin (vgl. ls 53,4-12) ausgesagt; das «Blut» aber ist genauer präzisiert als das von Jesus zur Stiftung des Neuen ↑Bundes mit Gott vergossene (vgl. ebenfalls ls 42,6; 49,8); damit ist Jesus als blutig sterbender gekennzeichnet. Die Gaben sind also identisch mit dem den gewaltsamen Tod in freiem Gehorsam übernehmenden u. darin den neuen Bund begründenden Gottesknecht Jesus. Die Identität zwischen der eucharistischen Speise der Kirche u. dem Leib u. Blut Jesu wird l Kor genauerhin bestimmt: sie ist der von Jesus beim Abendmahl dargereichte Leib; sie ist der gekreuzigte Leib Jesu, u. so wird bei dessen Genuß der Tod Jesu als heilswirksam proklamiert u. wirksam gemacht; sie ist Fleisch u. Blut des Erhöhten, durch dessen Genuß die Einzelnen zur Gemeinschaft des einen pneumatischen Leibes Jesu Christi zusammengeschlossen werden (l Kor 10,16f). Die Bleibendheit dieser Speise in der Kirche u. als die Speise der Kirche ergibt sich aus dem unmittelbar mit den Einsetzungsworten verknüpften „Gedächtnisbefehl»: „Tut dies zum Gedächtnis (↑Anamnese) meiner selbst.» Durch den Auftrag, weiterhin „dies» zu tun, ist gesichert, daß die gesamte Christuswirklichkeit immer dort wirksam präsent ist, wo „dies» (nämlich das Abendmahl) von den Jüngern Jesu legitim vollzogen wird. In diesem von Jesus selbst gewellten Nachvollzug des Abendmahles wird zugleich das blutige Opfer Jesu Christi am Kreuz gegenwärtig, weil ja Fleisch u. Blut des leidenden u. sterbenden Gottesknechtes als hingegeben u. vergossen für „die Vielen» (= für Unzählige) präsent werden u. nur als solche nach der Stiftung Jesu selbst präsent werden können u. weil diese Gegenwart des einen Opfers Jesu Christi unter einer liturgischen ↑Opfer-Handlung der Kirche gegeben ist. Somit ist die E.feier der Kirche immer schon wirkliches Mahl, insofern in ihr Leib u. Blut Jesu Christi wirklich als Speise da sind u. zugleich wirkliches Opfer, insofern das eine Opfer Jesu in der Geschichte bleibend wirksam ist u. durch die liturgische Repräsentationstat der wesentlich geschichtlichen Größe „Kirche» in der E.feier bleibend wirksam gemacht wird. Diese beiden Wirklichkeiten in der einen E.feier können darum auch nicht völlig getrennt voneinander theologisch reflektiert werden; der Verweis auf ↑Meßopfer muß also für die gesamte Darstellung der E. gelten. – Vergegenwärtigt werden aber auch Menschwerdung, Auferstehung u. Erhöhung Jesu (vgl. Jo 6,57f; Hebr 10,5-10).

II. Die E. ist im vollsten u. ursprünglichsten Sinn ↑Sakrament (DS 802 1601 1866, NR 920 506 934 u.ö.), das unmittelbar durch Jesus Christus selbst eingesetzt ist (DS 1320ffl601 1636ff 1866, NR564ff 506 568 ff 934), in dem der wahre Leib u. das Blut Jesu (u. damit die ganze, heilschaffende konkrete Wirklichkeit des Herrn) wirklich gegenwärtigist (DS 700 793f 802 860 1320f 1636fl651ff 1658 1866 2535, NR 559 498 920 928 564f 568f 577ff 584 934), unter jeder der beiden „Gestalten» von Brot u. Wein (DS 1198 ff 1257 1320ff 1636f 1729 1733 1866 2535, NR 561 536 564ff 568f 590 594 934) u. in jedem ihrer Teile (DS 1320ff 1639ff 1653 2535 3231, NR 564ff 571 579). Die Gegenwärtigsetzung des Leibes u. Blutes Jesu Christi u. seines Todesopfers geschieht im ↑Meßopfer der Kirche (DS 793 f 802 822 834 854ff 1739ff, NR 498 920 924f 597) durch die Konsekration des Priesters (DS 793f 802 1072ff 1320ff 1771 ff, NR 498 920 564ff 713ff), der als „Form» des Sakramentes die Einsetzungsworte Jesu selbst spricht (DS 782 793f 834 1320ff 1352 1639ff 1739ff 1752, NR 498 564 571 597 607). Diese Konsekration muß näherhin verstanden werden als eine echte Wandlung einer ↑Substanz (nämlich des Weizenbrotes u. des Rebenweines als „Materie»: DS 1320ff, NR 564ff) in eine andere (nämlich Fleisch u. Blut Jesu) (DS 700 802 860 1018f 1320ff 1642 1866 2535 3891, NR 559 920 928 564ff 572 934 617 u.ö.: ↑Transsubstantiation). Sosehr sie im Hinblick auf den Genuß dieses Leibes u. Blutes Jesu durch die empfangenden Gläubigen bei der Kommunion (vgl. ↑Kommunikation) geschieht u. durch sie selbst vor allem die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers in dieser konkreten Stunde innerhalb der Geschichte (durch die Kirche) bewirkt wird (DS 1739ff, NR 597), so bleibend ist doch ihr tatsächliches Ereignis: solange die Gestalten der „Speise» (zum Genuß) gegeben sind, ist auch Jesus Christus gegenwärtig (u. anzubeten) (DS 1639ff 1654, NR 571 580). Diese bleibende wirkliche Gegenwart Jesu Christi („Realpräsenz») bleibt aber notwendig bezogen auf die Setzung dieser Gegenwart in der Eucharistiefeier der Kirche u. auf die Zielsetzung, die im Empfang („Essen») durch den Gläubigen besteht.

III. Im Vollzug u. Empfang der E. vollzieht die Kirche (u. der einzelne Gläubige) wirklich „Eucharistie», d. h., sie vollzieht die Danksagung, wie sie als höchstmögliche u. spezifisch ..kirchliche» nur der Kirche Jesu Christi möglich, ihr aber zugleich als Grundgesetz aufgetragen ist: indem sie Jesus Christus selbst wirklich bei sich „hat» u. wirklich (wenn auch in der kühnen Wirklichkeit des Glaubens) als Speise annimmt, „sagt» sie (verwirklicht sie, vollzieht sie) jene dankbare Antwort auf das Gnadenangebot Gottes (seine Selbstmitteilung), die darum die intensivste ist, weil sie von dem immer schon geliebten u. endgültig akzeptierten Leben Jesu in Fleisch u. Blut ..formuliert» ist. Die „Wirkung» der E. ist also nicht nur als eine individuelle, im Einzelnen geschehende zu denken, durch die dieser die personale Teilhabe am Leben Jesu Christi erhält u. die Gnade zur Verwirklichung dieser Teilhabe in einem ..christlichen» (im strengen Sinne: das Leben Jesu Christi durch Liebe, Gehorsam u. Dankbarkeit gegenüber dem Vater, Vergebung u. Geduld repräsentierenden) Leben, sondern vor allem als eine ekklesiologische (soziale): in der E. wird der gnädige u. reuelose Heilswille Gottes gegenüber allen Menschen in dieser Welt präsent, greifbar u. sichtbar, insofern durch sie die greifbare, sichtbare Gemeinschaft der Gläubigen (Kirche) zu dem Zeichen gestaltet wird, das nicht nur auf eine irgendwo mögliche Gnade u. Heilswilligkeit Gottes verweist, sondern die Greifbarkeit u. Bleibendheit dieser Gnade u. des Heiles ist. Das Sakrament der E. u. die Sakra mentalität der Kirche hängen also eng zusammen (↑Kirche, ↑Ursakrament).

Eva

(hebr. wörtlich: „die Lebenschenkende»), nachdem ätiologischen Bericht der Schrift „Gehilfin», Frau ↑Adams. In der Gleichniserzählung von ihrer Schaffung aus der Rippe Adams ist gegenüber dem Mann ihre Wesensgleichheit, ihre Verschiedenartigkeit u. Gleichwertigkeit ausgedrückt, die näherhin spezifiziert wird durch die ↑Namen-Gebung (Gn 2,23; „den Mann Ergänzende») selbst: als eine, die auf der gleichen Seinsstufe wie der erste Mann steht u. damit über alle anderen Lebewesen herausgehoben ist, ist sie dessen „Gegenüber». Zusammen mit dem Mann ist sie das Bild Gottes in der Welt. In dem Verhältnis zwischen Adam u. E. sieht die Schrift das Urbild der von Gott gewollten ↑Ehe, der Zusammengehörigkeit von Mann u. Frau, der gegenseitigen Verwiesenheit aufeinander, der Elternschaft. – ↑Protoevangelium.

Evangelische Räte

Die Verkündigung Jesu zielte darauf ab, ein Gesetzes- u. Leistungsdenken der Menschen vor Gott zu überwinden, um jeden Einzelnen mit der ihn selbst einfordernden Forderung Gottes zu konfrontieren (↑Bergpredigt). Diesen Anspruch verstand Jesus weder als aufzwingbares Programm noch als Proklamation bloßer Gesinnung; er konkretisierte ihn vielmehr in verschiedenen Hinweisen oder „Räten», die das eine Gebot der Gottes- u. Menschenliebe für verschiedene Situationen des Lebens formulieren u. radikalisieren. Die kirchliche Tradition hat diese „Räte» in unterschiedlicher Weise aufgenommen; während manches, was bei Jesus sehr deutlich u. allgemein geltend ausgesprochen ist (z.B. der Rat zum Gewaltverzicht), von der Kirche häufig überhört wurde, bildete sich anderes, was Sache einer individuellen Berufung ist, zu drei „klassischen» E. R. heraus. Von diesen drei E. R. (↑Jungfräulichkeit, ↑Armut, ↑Gehorsam) läßt sich aus der Schrift nicht mit gleicher Klarheit der Charakter des Rates Jesu begründen. Jesus anerkennt u. empfiehlt den Eheverzicht dessen, der diesen Verzicht als die an ihn persönlich ergangene Berufung im Hinblick auf die ↑Basileia annimmt (Mt 19,12). Eine Forderung an alle liegt nicht vor; Paulus kennt in dieser Frage kein Gebot des Herrn (l Kor 7,25), anerkennt aber seinerseits die Ehelosigkeit als gut im Hinblick auf die mit Jesus Christus gegebene eschatologische Situation (↑Jungfräulichkeit). In gleicher Weise können auch ↑Armut u. ↑Gehorsam (der aber im biblischen Begriff gegenüber dein in Jesus Christus präsenten Wort Gottes verstanden u. mit „Dienen» zusammengesehen werden muß) als besondere Anrufe Gottes an den einzelnen Menschen verstanden werden, die insofern also zunächst Gabe Gottes u. mögliche Verweise auf die endzeitliche Heilsherrschaft sind. Als in der Gnade geschenkte u. frei gegebene Antwort des Menschen können sie als möglicher Weg zur / Vollkommenheit angesehen werden, wenn anderen Wegen grundsätzlich dieselbe Funktion zugespro chen bleibt; insofern jener Anruf nämlich an die konkrete menschliche Existenz in einer bestimmten (nämlich seiner) innerweltlichen Situation ergeht, kann er mit einem anderen Anruf nicht unmittelbar verglichen werden u. diesem gegenüber keine Prävalenz beanspruchen. Als direkte Erscheinung der eschatologischen Glaubenssituation in der Entsagung innerweltlicher Werte eignet den E. R.„an sich» ein Vorrang vor der Bejahung irdischer Werte als solcher (DS 1810; vgl. 3911 f. NR 744).

Evangelium

griech. euangelion = die gute Kunde. In dieser wörtlichen Übersetzung wird der Anspruch am deutlichsten, den Jesus mit seiner eigenen Botschaft erhebt. Adressat dieser Botschaft ist zunächst der arme (Mt 11,5) Mensch, der sich selbst u. seine Situation in der Welt u. gegenüber Gott so durchschaut hat, daß er von sich aus einen Spruch der Ablehnung u. der Verwerfung erwarten müßte. Inhalt dieser Kunde ist die bereits eingetretene Tatsache, daß die gnädige Herrschaft Gottes in Jesus Christus in dieser schon verworfen geglaubten Welt präsent u. befreiend wirksam geworden ist (Mk l,14f).- In späteren Schriften des NT wird der Begriff E. ausgedehnt auf die Botschaft u. die Kunde dessen, was in Jesus Christus geschehen u. von den Jüngern Jesu Christi vernommen wurde. Somit wird die Existenz, die Rede u. das Leben Jesu selbst zu einem Inhalt des E.s. E. in diesem Sinn ist damit unmittelbar ein „E.», nämlich eine frohe Botschaft von Gott her an den Menschen. Der Einzigartigkeit dieser Kunde entsprechend, wird E. in der Schrift nur im Singular gebraucht. Erst später ist E. (dann in der Mehrzahl) jene schriftliche Fixierung der Jüngerbotschaft, wie sie in den vier Evangelien vorliegt (die Evangelien des Mattäus, Markus, Lukas, Johannes). Indem diesen Schriften der Name E. gegeben wurde, kommt ihr Charakter als Missionsschrift (-predigt) zum Ausdruck; als solche ist sie ↑Predigt der Kirche von jenem Wort u. Ereignis, durch das sie selbst konstituiert ist (↑Heilige Schrift).

Ewigkeit

Als Eigenschaft dessen, der dem in der Zeit u. Vorläufigkeit stehenden u. lebenden Menschen als radikal anderer gegenübersteht, ist „ewig» schon in der Schrift Prädikat Gottes (Lehramt: DS 75 800 3001, NR 915 918 315); es wird weiter von allem ausgesagt, was zu Gott gehört oder insofern etwas auf seinem absoluten Willen beruht: sein Sohn, seine Herrschaft, seine Wohnungen usw. E. Gottes ist ihrem Wesen nach als absolut sukzessionslose Dauer zu verstehen, die nicht nur ohne Anfang u. Ende, sondern absolut sich selbst schon immer besitzende Gegenwart ist, die „in sich selbst stehend» kein Früher u. kein Später kennt; insofern ist E. schlechthinnige Seinsfülle. «Zeit» dagegen ist keine Kategorie des Seins selbst, sondern nur Seinsweise des «Zeitlichen», des zerfallenden u. sich selbst nur in einem stetigen Nacheinander erlebenden kreatürlichen Seins. Eine Parallelisierung von Zeit u. E. ist darum nicht möglich. Die Welt hat einen Anfang, aber nicht in einem Moment der (momentlosen) E.; Gott war nie ohne Welt, da es vor der Zeit kein Zeitliches gibt; die Welt ist zeitlich, nicht Gottes Verhältnis zu ihr, das ewig ist. Schon in der ↑Schöpfung zeigt sich die E. Gottes nicht als reine Negation von Zeit, sondern als Zeitmächtigkeit. Sie findet ihre äußerste Offenbarung dadurch, daß Gott in der menschlichen Natur seines Sohnes die Zeitlichkeit u. Unterworfenheit des Menschen unter Schicksal u. Veränderung annimmt u. somit in seinen eigenen ewigen Selbstbesitz aufnimmt. Von hier aus wird ,,Zeit» der Raum, in dem die Mitteilung der E. Gottes (nämlich seiner Seinsfülle) an den zeitlichen, wandelbaren Menschen geschieht, der durch diese Mitteilung selbst für die E. Gottes gnadenhaft geöffnet wird, mit dem Ziel, diesen Menschen dadurch E. besitzen zu lassen, daß ihm Anteil am Besitz der Seinsfülle Gottes geschenkt wird (↑Unsterblichkeit, ↑Seele).

Exegese

(griech. exegesis •= Auslegung) heißt jene theol. Disziplin, die die ↑Heilige Schrift mit echt wissenschaftlichen Methoden auslegt, zu denen Philologie, ↑Bibelkritik, biblische Zeitgeschichte u.a. gehören, in deren Anwendung sich die E. aber nicht erschöpfen darf. Als kath. Wissenschaft darf E. Lehre u. Weisung des kirchlichen Lehramtes nicht nur zur negativen Norm haben. Zu den Aufgaben der kath. E. gehört es, wissenschaftliche Vorarbeit zu leisten, um dem kirchlichen Lehramt ein sicheres Urteil über den Sinn eines Bibeltextes zu ermöglichen (II. Vat., Offb. 12) u. die echte Vereinbarkeit ihrer Ergebnisse mit dem kath. Dogma u. wenigstens grundsätzlich auch mit der nichtdefinierten kirchenamtlichen Lehre aufzuweisen (↑Schriftbeweis) Die kath. E. wird dadurch oft zur ↑biblischen Theologie, die im Idealfall mit jener biblischen Theologie, die die rDogmatik sich selber voraussetzt, identisch ist. Die Prinzipien hierfür erarbeitet die ↑Hermeneutik. E. im engeren Sinn (so in den theol. Fakultäten) kommentiert die einzelnen Bücher der Schrift, indem sie den Text kritisch untersucht, die Frage nach Verfasserschaft u. älteren Quellen des Textes angreift, zeitgeschichtliche, geographische u. archäologische Daten zur Erhellung heranzieht u. das .–«Kerygma des Textes erhebt. Soll der biblische Text in eine moderne Sprache übertragen werden, so sind alle diese Vorarbeiten unerläßlich.

Existential, übernatürliches

Dem Begriff ü. E. liegt sachlich folgender Verhalt zugrunde: im voraus zur Rechtfertigung durch die sakramental oder außersakramental empfangene ↑Gnade steht der Mensch schon immer unter dem allgemeinen Fleilswillen Gottes, ist er schon immer erlöst u. absolut verpflichtet auf das übernatürliche Ziel. Diese „Situation», die umfassend u. unentrinnbar dem freien Handeln des Menschen vorgegeben ist u. dieses bestimmt, besteht nicht nur in den Gedanken u. Absichten Gottes, sondern ist eine reale Bestimmung des Menschen, die zwar gnadenhaft zu seiner Natur hinzutritt (darum: ↑übernatürlich), in der realen Ordnung faktisch aber niemals fehlt. Damit ist gegeben, daß ein Mensch auch in Ablehnung der Gnade u. in Verlorenheit nie ontologisch u. subjektiv gleichgültig sein kann gegenüber seiner übernatürlichen Bestimmung. – Der Mensch ist durch seine Zugehörigkeit zur Menschheit jedoch auch dauernd, unausweichlich u. real bestimmt durch jene Verweigerung der Menschheit gegenüber Gott, die in der theol. Tradition ↑Erbsünde heißt. Man kann darum auch die „Erbsünde» ein „Existential» nennen, das freilich umgriffen u. dominiert ist vom mächtigeren ü. E. der Gnade Gottes.

Existentialethik

(Individualethik). Insofern die sittliche Handlung des Menschen nicht nur „Fall» einer allgemeinen, essentiellen sittlichen Norm, sondern Verwirklichung seiner selbst in seiner einmaligen Individualität ist u. diese Tatsache auch wissenschaftlich methodisch reflektiert werden kann u. muß, gibt es E. u. muß es sie geben. E. faßt nun die Verwirklichung des einzelnen Menschen insofern ins Auge, als sie diesem in einer je ihm allein aufgetragenen Weise möglich u. aufgegeben ist u. von den allgemeinen Normen nicht adäquat eingefangen werden kann. Insofern bleibt sie eine notwendige Ergänzung der,,Essenzethik» (nicht aber ist sie deren Ersatz, wie die ↑Situationsethik will). Die in dieser erarbeiteten allgemeinen sittlichen Normen müssen in der E. auf die je vorliegende ..Situation» des Handelnden „hin-gewendet» werden; unter dieser „Situation» ist jener geschichtliche Durchgangspunkt des Einzelnen zu verstehen, der durch seine personale Einmaligkeit, seine individuellen Verhältnisse, seine personalgeschichtliche Befindlichkeit u. die ihm intellektuell zugängliche essentialethische Reflexion gebildet wird u. aus der heraus sein konkreter sittlicher Vollzug resultiert. Bei dieser „Hin-wendung» der allgemeinen sittlichen Norm auf die Situation des Einzelnen spielt das ..Du» die Rolle der konkretisierten Allgemeinheit (Gemeinschaft), das seinerseits die Situation des Handelnden positiv bestimmt, insofern es nicht nur durch die Handlung des Subjekts betroffen wird, sondern diese Handlung selbst durch konkrete Ansprüche u. Verhaltungen anfordert u. modifiziert. (Es versteht sich, daß dieses „Du» nicht individualistisch mißverstanden werden muß, sondern größere gesellschaftliche Zusammenhänge mit umfaßt.) In u. hinter der (auch durch den Anspruch des „Du» bestimmten) Situation des Einzelnen ist legitim ein konkreter Anruf Gottes an den je Einzelnen gegeben. Dieser gilt zugleich dem sittlich handelnden Subjekt, dessen Selbstverwirklichung durch eben diesen Anruf angefordert u. in eine bestimmte Richtung getrieben wird, u. dem allgemeinen sittlichen Gesetz, in dem sich der Grundentwurf Gottes über Mensch, Welt u. Umwelt niedergeschlagen hat u. das im Handeln des Einzelnen durchgesetzt werden soll u. nur in ihm durchgesetzt werden kann.

Extra Ecclesiam nulla salus

(lat. = außerhalb der Kirche kein Heil), ein von Origenes u. Cyprian v. Karthago formuliertes u. in der Tradition festgehaltenes Prinzip, das nicht besagt, daß «außerhalb» der Kirche keine Gnade verliehen würde (DS 2429), sondern: die Gnade, die dem Einzelnen zu seiner Rechtfertigung durch die Selbstmitteilung Gottes in seinem menschgewordenen Sohn endgültig u. in der Geschichte greifbar bleibend angeboten worden ist, bleibt geschichtlich anwesend u. greifbar in der ↑Kirche u. ist dort, wo sie als greifbare gesucht wird, nur in der Kirche Jesu Christi u. ihren Momenten (Schrift, Sakrament, christlicher Lebensvollzug als Beispiel) zu finden u. ist dort, wo sie von Gott „außerhalb» der Kirche gegeben wird, immer noch eine Gnade, die eine innere Dynamik auf ihre geschichtliche Verleiblichung in der Kirche hat. Wenn das II. Vat. eine Heilsmöglichkeit auch für den (schuldlosen) Atheisten u. Polytheisten für gegeben erachtet (Kirche/Welt 22, Kirche 16, Miss. 7), dann kann man nicht ernsthaft daran zweifeln, daß alle Menschen dauernd unter dem sich in ihnen real auswirkenden Gnadenangebot Gottes (↑Heilswille) stehen. Das Prinzip E. ist also, wie hier geschehen, von dieser umfassenderen Glaubenslehre her zu interpretieren.

F

Fegfeuer

seit dem Mittelalter aufgekommene Bezeichnung für jenes „nach» dem Tod geschehende reinigende Werden der Vollendung in allen Dimensionen des Menschen (purgatorium), das es nach kirchlicher Lehre gibt (DGL: DS 838 856ff 1304ff 1580 1820 1867, NR 897 926 848 907 f 935), dem ein in der Rechtfertigungsgnade Sterbender unterworfen ist, insofern ein ihm verbliebener „Straf»-zustand (Strafwürdigkeit) nicht notwendig mit der Vergebung der Sünden in der Rechtfertigung getilgt sein muß u. dieser Zustand durch „Genugtuungsleiden» getilgt werden kann. Über die genauere Struktur dieses Geschehens, zumal aber über seine Ortsgebundenheit, findet sich weder eine biblische Deutung (Anhaltspunkt: es ist gut u. nützlich, für die Verstorbenen zu beten, 2Makk 12,42-45; vgl. ↑Scheol, ↑Zwischenzustand) noch eine genauere lehramtliche Entscheidung; deswegen sollte das Wort F. einer besseren u. genaueren Bezeichnung für jenes Geschehen nicht im Wege stehen, zumal gegen es religionspädagogische Bedenken sprechen.-Zum möglichen Verständnis der Sache kann folgende Überlegung dienen: Die ↑Anschauung Gottes kann nur einem wirklich Voll-endeten zukommen; diesem aber auch schon in individueller Hinsicht vor der allgemeinen Welt-Voll-endung (DS l000f, NR 901 ff). Die innerliche Voll-endung des Menschen ist aber entsprechend dem in echt kreatürlicher Zeit sich zeitigenden Menschen ein zeithafter Vorgang u. kann schon aufgrund der vielschichtigen Struktur des menschlichen Wesens nicht als dekretorischer Akt verstanden werden, in dem alles auf einmal geschieht. Der Mensch wird nur in Phasen durch alle Schichten seines Wesens hindurch der, der er durch die zentrale Grundentscheidung der Person (Glaube, Reue, Liebe) schon „ist» u. durch den ↑Tod endgültig u. unwiderruflich bleibt. Die Durchsetzung dieser Grundentscheidung trifft aber in der vielschichtigen Wirklichkeit des Menschen auf jenen Widerstand in der vorpersonalen Sphäre des Einzelnen, der durch frühere Schuld u. Fehlentscheidungen aufgebaut worden ist. Die „Erfahrung» dieses Widerstandes ist „Leiden» u. als solche Folge der menschlichen Sünde. Weil sie anderseits von dem Freiheitsvollzug u. der Selbsterfahrung des menschlichen Personenkerns verschieden ist, ist sie „äußere» Strafe. Somit wäre jener Integrationsprozeß, durch den nach dem Tode die Ganzheit der menschlichen Person gegen den durch eigene Sünde verschuldeten u. aufgebauten Widerstand eingeholt werden muß, wirkliches Strafleiden, das aber radikal von der in der Grundentscheidung akzeptierten Gnade getragen ist u. somit notwendig u. unabwendbar in die Voll-endung des Menschen, d. i. die endgültige Schau Gottes, einmündet.

Fideismus

ist eine gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Paris (ref. theol. Fakultät) aufgetauchte Lehre, nach der Begriffe u. Glaubenssätze nur Symbole eines Glaubens sind, der schon vor aller Begrifflichkeit u. unabhängig von historischer Sicherheit u. theologischer Reflexion erworben worden ist. Heilswirksam ist nach dem F. die Überzeugung u. Hingabe des Herzens allein, nicht die vernünftige u. gesicherte Glaubenserkenntnis. Eine kath. Richtung des F., die die Fähigkeit der menschlichen Vernunft u. die begriffliche Formulierung des Glaubens gering einschätzt, heißt ↑Traditionalismus.

Fiduzialglaube

kontroverstheologische Bezeichnung für den von den Reformatoren aufgestellten Glaubensbegriff; nach ihnen ist der rechtfertigende ↑Glaube identisch mit jener „starken festen Zuversicht (fiducia) des Herzens» auf die Vergebung Gottes in Christo trotz der bleibenden Sündigkeit des Menschen. Betont wird bezüglich des F.ns der passive Charakter (gegenüber der freien Zustimmung), seine Bezogenheit auf das individuelle Heil als solches (gegenüber dem dogmatischen Glauben an allgemeine Offenbarungswahrheiten), seine rechtfertigende Kraft für sich allein. Der Unterschied gegenüber einer richtigverstandenen kath. Rechtfertigungslehre ist fast nurterminologisch, falls von beiden Seiten heute gesehen werden kann, daß Gnade u. Freiheit nicht im umgekehrten, sondern im gleichen Verhältnis wachsende Größen sind, der rechtfertigende Glaube tatsächlich die feste individuelle Heilshoffnung u. der zu seiner vollen Wesenserfüllung gekommene Glaube totaler Selbstübergabe an Gott jene Liebe ist, die den Glauben zum rechtfertigenden macht.

Filioque

(lat. = u. aus dem Sohn), ein Zusatz, der durch die lateinische Kirche Ende des 7. Jh. erstmals in das nicaeno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis eingefügt wurde. Erbesagt: Der Hervorgang des Hl. Geistes geschieht aus dem Vater „u. aus dem Sohne» als aus einem einzigen Prinzip (↑Dreifaltigkeit). Die Einfügung setzte sich nicht überall gleich schnell durch, in Rom wohl erst um 1000. Sie stieß vor allem auf den Widerstand der griech. Kirche u. bildet seit 867 den Hauptangriffspunkt gegen die lat. Kirche. Bis heute gilt sie bei den Griechen als Ursache des Schismas, obwohl über die Berechtigung des F. sowohl der Sache nach als auch bezüglich seines Einschubs in das Glaubensbekenntnis auf dem Unionskonzil in ↑Florenz (1439) zwischen beiden Parteien Übereinstimmung geherrscht hat.

Firmung

ist eines der sieben ↑Sakramente des Neuen Bundes (DS 1259 1317 ff 1628, NR 552ff 555 u.ö.), das als Ergänzung der ↑Taufe anzusehen ist (DS 1311, NR 502) u. wie diese u. die Priesterweihe ein unauslöschliches Merkmal (↑Charakter) einprägt (DS 1313 1609 1767 1864, NR 504 514 709 932). Zum biblischen Verständnis ist die Theologie des ↑Heiligen Geistes vorauszusetzen. Dieser wird dem schon Getauften – nach der biblischen Terminologie unter ..Bezeichnung», „Handauflegung», „Salbung», „Besiegelung» – als eigene Gabe verliehen, die von der Gnade in Bekehrung u. Taufe verschieden ist (vgl. Apg 8, 12-17; 19, 1-7) u. die den Einzelnen teilnehmen läßt an der bleibenden prophetischen u. charismatischen Pfingstgabe an die Kirche. Insofern nämlich die Gnade Jesu Christi Gnade der Inkarnation ist u. nicht nur die Gnade des Mitsterbens, wie sie in der Taufe den Einzelnen dem Gesetz des Todes u. der Sünde entreißt, soll diese Gnade der F. die Annahme der Welt zur Verklärung in der Welt sichtbar machen (↑Weltverantwortung). Somit ist Firmungsgnade im richtigen Sinn Gottes Gnade für die Kirche zur Sendung in die Welt u. zur Ankündigung ihrer verwandelnden Vollendung. Welche Funktionen dieser Gnade dem Einzelnen vordringlicher als sein besonderer Auftrag zuteil werden, das verfügt Gott durch seine Berufung u. die Austeilung der ↑Charismen des Geistes, die nichts anderes sind als bevorzugte Entfaltungsrichtungen des einen u. selben Geistes, den alle in der F. empfangen. Die Vermittlung dieses Geistes in der F. geschieht in der lateinischen Kirche unter dem schon in der apostolischen Zeit festliegenden Ritus der ↑Handauflegung u. der später (um das 3. Jh.) erst aufkommenden Salbung mit Chrisam (hergestellt aus Olivenöl vermischt mit Balsam), verbunden mit den sakramentalen deutenden Worten. Ordentlicher (,,erstberufener», II. Vat. Kirche 26) Spender der F. ist der Bischof, in außerordentlichen Fällen auch (wie es in den östlichen Kirchen die Regel ist) ein Priester. Als geeignetes F.salter ist der Eintritt ins Jugendalter anzusehen (Schulentlassung, Weihe der Reife, Besiegelung der christlichen ..Mündigkeit»), obwohl die F. jedem Getauften gleich welchen Alters gültig gespendet werden kann. Liturgisch-historische Bemühungen gelten dagegen der Wiederherstellung des altchristlichen Initiationsprozesses in der Reihenfolge Taufe – F. – Eucharistie.

Florenz

Das 17. ökumenische Konzil (~Basel) wurde 1437 durch Eugen IV. nach Ferrara, 1439 nach F. verlegt, wo es die (nur vorübergehende) Wiedervereinigung der römischen Katholiken mit den Griechen (6. 7. 1439), Kopten (4.2. 1442) u. nach einerneuerlichenverlegung nach Röm 1443 die Union mit den Syrern (30. 9. 1444), manchen Chaldäern u. zypriotischen Maroniten (7. 8. 1445) zustande brachte. Die Definition des Konzils betrifft das ~Filioque,, den sofortigen Eintritt der ~Anschauung Gottes bei den Gerechtfertigten nach dem Tode u. den Primat des ~Papstes (DS 1300-1307, NR 434). Das Dekret für die Armenier handelt ausführlich von den 7 Sakramenten (DS 1310-1327, NR 501-504 528-531 552ff 564ff 566 630 695 705 730), das für die Jakobiten über Trinitätslehre, Christologie, das atl. Gesetz, die Kindertaufe, die Gutheit alles Geschaffenen u. die Kirchengliedschaft (DS 1330-1351, NR 281-286 301f 86 381).

Form

ist allgemein das (die „Gestalt», „Struktur»), was einen Stoff oder einen Inhalt zu einem bestimmten Sosein prägt. In der aristotelisch-thomistischen Metaphysik besagt F. Wesensgrund, der das eigentliche Sosein eines Seienden bestimmt, u. Seinsprinzip; insofern ist F. ein korrelater Begriff zur ~Materie, in deren Bestimmung u. Realisation sie allein existent ist. Gott, in dem es keinen Unterschied zwischen F. u. einer zu prägenden, nie ganz aufgeholten Materie gibt, kann als „reine» F. aufgefaßt werden. Von hierher ist ↑Geist, auch als geschaffener, freies u. immaterielles Beisichselbstsein u. kann analog zum reinen Geist Gottes auch „forma formarum» genannt werden, weil von ihm alles Sein umfaßt wird. — In der Sakramententheologie wird Forma als dasjenige prägende u. sinngebende Wort verstanden, das eine bestimmte „Materie» (eine Handlung des Priesters u. die bei dieser Handlung benutzten „Materien», aber auch, wie in der Buße, die evtl. vom Sakramentenempfänger beizubringende ..greifbare» Empfänglichkeit) erst ganz „formend» zu dem sakramentalen Zeichen konstituiert.

Formale u. fundamentale Theologie

kann jenen Teil einer strengen systematischen Theologie (~Dogmatik) bezeichnen, der die „formalen» u. bleibenden Grundstrukturen der Heilsgeschichte herausarbeitet (Grundverhältnis von Gott u. Geschöpf; Begriff der personalen Tat- u. Wortoffenbarung überhaupt; Begriff der erlösenden Offenbarung) u. der insofern „fundamentale Theologie» wäre (was nicht zu verwechseln ist mit /’Fundamentaltheo]ogie), als in ihr diese formalen Kategorien als Mittel des Verständnisses der (in der jener „formalen u. fundamentalen Theologie» gegenüberstehenden ..speziellen Dogmatik» zu beschreibenden) /’Heilsgeschichte dargeboten würde. Sie wäre insofern „fundamental», als sie dieses allgemeine u. formale Wesen der christlichen Offenbarung konfrontiert mit den formalen Strukturen des menschlichen Geisteslebens überhaupt, innerhalb dessen sich ja diese Offenbarungsgeschichte ereignet, in das hinein sie sich senkt u. aus dem heraus ein Zugang zu ihr nachgewiesen werden muß. Die /»„ Fundamentaltheologie» behielte ihr gegenüber ihre spezifische Thematik: die rationale Rechtfertigung des Glaubens an die Tatsache der christlichen Offenbarung; die Tatsache u. die „materiale», faktische Struktur der Offenbarung.

Formalobjekt, übernatürliches

Hinter diesem Begriff steht die lange schon diskutierte u. noch nicht übereinstimmend gelöste Frage der kath. Theologie: ist der übernatürliche ~Heilsakt des von der /»Gnade dazu befähigten Menschen ein solcher nur aufgrund seiner durch die Gnade gegebenen ontischen (seinsmäßigen) Struktur, oder ist auch das Bewußtsein des Menschen (im umfassendsten Sinn des Wortes) gnadenhaft erhöht (durch die Gnade „affiziert»)? – Insofern durch die Gnade die Teilhabe am Leben Gottes schon keimhaft (also wirklich u. wirksam!) gegeben ist u. damit die gesamte geistige Aktivität des Menschen auf die wesentlich übernatürliche /’Anschauung Gottes (d.i. „Besitz» Gottes) schon hier u. jetzt ausgerichtet ist, kann von einer erhöhten (begnadeten oder, wie die Schrift sagt, „erleuchteten») Intentionalität des Menschen auf ein ü. F.- nämlich auf die unendliche Wirklichkeit Gottes selbst – gesprochen werden, welche so ausgerichtete Intentionalität den ungegenständlichen u. unthematischen „Horizont» (in einer Art Grundbefindlichkeit) bildet, unter dem alles sittlich u. religiös, also „existentiell» Bedeutsame erfaßt u. auf seine letzte Bestimmung hingeordnet wird. Für eine Einschränkung auf die rein ontische Erhebung des menschlichen, übernatürlichen Aktes gibt es keine zwingenden Gründe, wenn auch diese Intentionalität reflex nicht eindeutig von der Transzendentalität des Geistes abgehoben werden kann.

Freiheit

des Menschen ist notwendig Gegenstand der /’Anthropologie, sowohl der philosophischen wie der theologischen. Grundsätzlich ist der Mensch dadurch von allem anderen in seiner Umwelt unterschieden, daß er nicht in einem universalen Naturzusammenhang eingespannt „existiert» in einer durchgängigen u. restlosen Determinierung seines Wesensvollzugs, sondern ins „Offene» gesetzt ist. Es ist ihm somit aufgegeben, selbst die verschiedenen geschichtlichen Möglichkeiten seiner selbst zu verwirklichen (durch ~Arbeit usw.) u. darin seine Wesensausprägung zu finden (individuell u. als Gattung Mensch). Verzicht auf diese F. wäre also Verzicht auf dieses Wesenskonstitutivurn des Menschen u. also letztlich Selbstaufgabe. Der Mensch muß jenen Auftrag zur personalen F. übernehmen; die in dieser begründete „positive» F. (nämlich die,,Freiheit zu…») bringt ihrerseits eine „negative F.» mit sich: die freie Möglichkeit des Menschen, dies oder das zu tun, dies oder jenes zu unterlassen. Im Vollzug seiner je personalen F. trifft der einzelne Mensch auf wiederum je freie „Selbst-ständigkeiten», die sich seinen eigenen Absichten gegenüber öffnen oder verschließen können; dadurch kann nicht die F. des Menschen selbst, wohl aber der Freiheitsraum u. so ihre Objektivierung eingeschränkt werden. Die mit der geistigen Personalität des Menschen gegebene „Wahlfreiheit» ist auch die von der Offenbarung bestätigte Voraussetzungfür das Wesen der Schuld (↑Sünde) u. wird auch in der glaubenden u. liebenden Annahme der Rechtfertigung u. in jedem Heilsakt vollzogen. Die Existenz der F. u. ihr Vollzug in Sünde u. Heilsakt ist definierte Glaubenswahrheit (DS 330-339 685 1486 1515 1554ffl927f 1965 ff 2002ff2409ff 2621 3010 3875ff, NR 789 357 822ff 863f 859 872ff 886ff 33 71 u.ö.). F. ist also zunächst eine transzendentale Eigentümlichkeit des Seins überhaupt, die einem Seienden im Maß seiner Semshöhe zukommt, u. heißt dort F. schlechthin, wo die Seinshöhe geistiger Person erreicht ist: als selbstverantwortliche Selbstverfügung, u. das gerade auch Gott selbst gegenüber, weil die Abhängigkeit von ihm (anders als bei innerweltlicher Ursächlichkeit) gerade die Begabung mit freiem Selbstand bedeutet. Diese geschaffene F. ist in der faktischen Ordnung gewollt als die Ermöglichung der personalen freien ↑Selbstmitteilung Gottes an einen freien Partner in einem beiderseits freien Dialog. Ein vom Wesen der Liebe Gottes u. des dafür notwendigen Partners her entwikkelter Begriff der existentiellen WahI-F. als wesenhafter Würde der Person bildet die Grundlage für die Lehre von der richtig verstandenen Gewissensfreiheit, von Recht auf den nötigen „Raum» zur konkreten Realisation der F. gegenüber aller zwanghaften Aufhebung oder ungebührlichen Einschränkung dieses Raumes durch die Macht gesellschaftlicher Mächte des Staates u. der Kirche (↑Toleranz, ↑Emanzipation). Als theol. Begriff im engeren Sinn (innerhalb der theol. Anthropologie) ist die ,,F. der Kinder Gottes» Grundkerygma der Botschaft Jesu Christi (Röm 8, 15). Es handelt sich dort um die F. als Frucht der ↑Erlösung in Jesus Christus u. als Entfaltung des von ihm gegebenen Geistes. Diese christliche F. besagt die Befreiung von der bestimmenden Macht der Sünde, der äußerlichen Gesetzlichkeit u. des ↑Todes u. damit von der Sklaverei unter den welthaften Gewalten überhaupt. Positiv bedeutet sie die geistgeschenkte u. von oben entbundene Lebendigkeit des Herzens, die aus der Offenbarung u. Mitteilung der erlösenden Liebe Gottes in Jesus Christus erwächst u. die ihre eigentliche Grundform in der Liebe hat als der „großen Gnadengabe». Diese bedeutet sowohl offene, vertrauende F. zum Vater als auch – im Geist der erlösenden Liebe Gottes – liebende Nähe zu allem Geschaffenen, zu allen Menschen u. vorzüglich zu allen „Mühseligen u. Beladenen». Diese befreite F. ist verkündet u. durch Gottes Gabe in Jesus Christus als „Angeld» (Röm 8,23) grundgelegt u. begonnen, sie steht jedoch noch unter den verhüllenden u. gefährdenden Bedingungen des irdischen Daseins (DS 330-339 378 383 396 633 1521, NR 782 791 u.ö.). Darin ist sie vielfältig in der Gefahr, zum Vorwand von Selbstsucht u.Ausschweifung zu dienen (Gal5, 13). Die christliche F. ist ihrem Wesen nach eschatologisch (endzeitlich) bestimmt: schon wirklich begonnen, muß sie doch mit der ganzen Schöpfung harren in Geduld, endgültig u. vollends von der Knechtschaft erlöst zu werden in die F. der Herrlichkeit der Kinder Gottes (Röm 8, 21), inweiche unsere durch Jesus Christus befreite F. hineinmünden soll.

Friede

ist in der Schrift die schlechthinnige Gabe Gottes selbst an den Menschen; sie ist als solche im AT dem auserwählten Volk verheißen u. durch Jesus Christus der Welt gebracht worden. Genauerhin ist F. im biblisch-theol. Sinn jene „Heilheit», die durch die radikale Überwindung der versklavenden Macht des Bösen, des bloßen Gesetzes, u. des Todes u. durch die gnädige Beilegung der Auseinandersetzung des Menschen mit Gott durch die sich restlos Gott „ergebende» Gehorsamstat Jesu für die Welt u. die Menschen erwirkt worden ist. F. ist darum der F., der Jesus Christus ist (Eph 2,14), den Jesus Christus (als Offenbarung der reuelosen Selbst-ergebung Gottes) mit dem Menschen gemacht hat (Apg 10,36; Kol 1,20); den er allein weitervermachen kann (Jo 14,27); der durch das Wirken des Geistes Jesu Christi ein in der Welt bleibender ist (Gal 5,22; Lk 2,14); der darum aber auch, so sehr er Gabe Gottes ist, Aufgabe der Kirche Jesu Christi ist u. von ihr bewahrt werden muß (Röm 12,18; Eph 4, 3). Diesen letzteren Aspekt hebt die scholastische Philosophie besonders hervor; nach Thomas ist Friede „die Ordnung des Zusammenlebens auf dem Fundament der Gerechtigkeit»; diese Ordnung ist nicht vorgegeben, sondern jeweils neu zu schaffen. Die damit erforderliche F.ssicherung ist gemeinsame Aufgabe aller Kräfte, die dazu beitragen können (II. Vat., Kirche/Welt 42 78 82 u.ö.). Diejenigen, die den Namen „Christen» für sich in Anspruch nehmen, haben dabei die Forderungen Jesu nach Gewaltlosigkeit, unbedingter Vergebung u. Feindesliebe einzubringen.

Fundamentalartikel

eine in protestantischer Theologie verwendete Bezeichnung für jene Glaubenswahrheiten, die – im Gegensatz zu den nicht-fundamentalen Artikeln – zur Erlangung des persönlichen Heils geglaubt werden müssen (↑Heilsnotwendigkeit). Nach kath. Auffassung erstreckt sich zwar die Glaubenspflicht auf alles von Gott Geoffenbarte, es gibt aber eine Rangordnung oder ..Hierarchie» der Glaubenswahrheiten „je nach der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs mit dem Fundament des christlichen Glaubens» (II. Vat., Oek. II).

Fundamentaltheologie.

l. Die F. ist hervorgegangen aus der schon in der frühesten Geschichte des Christentums gegebenen Auseinandersetzung mit der nichtchristlichen ..wissenschaftlichen Umwelt» u. aus der Verantwortungsbereitschaft des christlichen Glaubens (l Petr 3, 15). Aus ihrer frühesten Gestalt als ..Apologie», die gegen das Heidentum (Judentum, ↑Gnosis, ↑Manichäismus) gerichtet ist, entwikkelte sie sich mehr u. mehr zu einer systematischen Apologetik (Thomas v. Aquin: Summa contra gentiles), die als solche nicht mehr ausschließlich gegen Leugner der christlichen Offenbarung gerichtet zu sein brauchte, sondern „fundamentale» Fragen für das Selbstverständnis der Theologie des Christentums klären wollte. Bedingt durch die später notwendig gewordene Abwehrstellung gegenüber dem Deismus, Rationalismus, Idealismus u. Materialismus konnte sich die genauere Thematik dieser „Apologetik» entwickeln: Existentialontologische Fragen nach der Erkenntnismöglichkeit der Offenbarung (Glaubensmotive, Glaubensbereitschaft, ↑Praeambula fidei, ↑Wunder. ↑Prophetie): also Wesen. Möglichkeit u. Erkennbarkeit einer möglichen ↑Offenbarung; mögliche Weisen einer solchen Offenbarung; die Tatsache der in Jesus Christus geschehenen Offenbarung: ihre historische Struktur: ihre historischen Beweise: in einem zweiten Teil dieser Apologetik wird die historische Bleibendheit dieser Offenbarung durch die Stiftung der ↑Kirche thematisch; ihr theol. Wesen; ihre geschichtlich-gesellschaftliche Struktur (↑Apostel, Hierarchie, Primat, ↑Lehramt, ↑Papst, ↑Unfehlbarkeit): ihre Wesensmerkmale (Einheit, Heiligkeit, Katholizität. Apostolizität). 2. Über diese Gestalt der Apologetik u. des Aufweises des christlichen Offenbarungsereignisses hinaus versucht die F. heute mehr u. mehr jenen Platz der systematischen Theologie (Dogmatik) zu besetzen, an dem diese eine ..formale u. fundamentale» Selbstbesinnung entwickeln muß. Damit geriete die F. in die Nähe der /\.Formalen u. fundamentalen Theologie» u. würde so ausdrücklich ein Teil der ↑Dogmatik selbst, insofern diese innerhalb ihres wesensgemäßen Aufgabenfeldes als Wissenschaft eine formale u. fundamentale Selbstbe-gründung anstreben muß: bleibt aber dennoch methodisch von ihr getrennt, insofern u. weil die material-dogmatische Frage nach dem konkreten „Was» der Offenbarung von der formal-fundamentalen Frage nach den ..formalen Weisen» der Offenbarung unterschieden werden kann u. aus didaktischen Gründen unterschieden werden muß. Die F. öffnet die Dogmatik sowohl auf die allgemeine Anthropologie wie auch auf die allgemeine Religionswissenschaft hin; u. umgekehrt bringt sie die Ergebnisse dieser Wissenschaften in die formal-fundamentale Grundbesinnung dieser systematischen Theologie hinein. Der Mensch wird also als ein Hörenkönnender (↑Potentia oboedientialis) auf eine mögliche von Gott geschehende Offenbarung aufgezeigt; aber auch als einer, der in je seiner Situation als Hörender, Glaubenwoilender, Zweifelnder oder faktisch Glaubender eine bestimmte Konkretion von in-der-Welt-möglicher u. tatsächlich-anwesender Religiosität oder eine Konkretion von möglicher u. faktischer Widerständigkeit gegeneine transzendentale Verfügung von seiten Gottes ist. Die F. müßte heute über die innere Gefährdung des Glaubens hinaus die Anfechtungen des Glaubens aus der gesellschaftlichen Mitwelt reflektieren. Sie müßte das Verhältnis der Theologie zur Philosophie – die Begründung der Glaubwürdigkeit des Glaubens – im Licht des Verhältnisses von ↑Theorie u. Praxis durchdenken. Sie müßte den Bedingungen geschichtlichen Verstehens mehr Aufmerksamkeit schenken (u. gleichzeitig die Kategorie „Zukunft» in das Geschichtsverständnis einbringen). Sie hat zu berücksichtigen, daß die Überzeugungskraft der Theologie mitbestimmt ist von ihrer Fähigkeit zur kritischen Solidarität mit dem bedrohten Humanen (↑politische Theologie). Diese „Hereinholung» der geschichtlichen, gesellschaftlichen u. religiösen Verfaßtheit des Menschen in die Thematik der Theologie durch die wissenschaftliche u. methodische Arbeit der F. würde die Theologie selbst zu dem eigentlichen „Dialog» abrunden können, der durch die Fleischwerdung des Wortes Gottes (↑Inkarnation) in die Zuständlichkeit dieser Welt in absoluter Gewolltheit u. Bleibendheit von Gott selbst begonnen worden ist.

G

Gebet

ist die ausdrückliche u. positive Realisierung der Bezogenheit des Menschen auf den persönlichen Gott des Heiles; es verwirklicht also das Wesen des religiösen ↑Aktes schlechthin: das Sicheinlassen des Menschen auf die Transzendenz seines eigenen Wesens, damit das demütige, empfängliche, verehrende Aufkommenlassen u. antwortende Bejahen des totalen Angesprochenseins, die auch subjektiv unausweichliche Betroffenheit der menschlichen Existenz durch das Geheimnis Gottes als Person. Das G. ist eine Grundfunktion der Kirche, die die Nachfolge des atl. Beters antritt (sie betet dessen Psalmen, ohne die diesen zugrunde liegenden geschichtlich-heilsgeschichtlichen Situationen mit der ihrigen zu verwechseln), u. zugleich ihre spezifisch ntl. Heilssituation entgegennimmt. Die Kirche setzt dieses ihr G. schon immer gegen das eigentümliche G. Jesu ab (insofern dieses ja Ausdruck u. Ausfluß seines einmaligen Selbstbewußtseins war), obwohl sie die Grundweise u. Grundthematik ihres Betens aus dem Munde Jesu selbst entgegennahm: Vaterunser (↑Vaterschaft Gottes). Adressat des G.es der Kirche ist schon in frühester Zeit neben dem Vater auch der Heilsmittler Jesus Christus selbst. Die sich aus dem theol. Wesen des G.es ergebende u. von der Kirche schon früh bevorzugte Grundstimmung des G.es ist die Dankbarkeit; sie kommt in den Eucharistiegebeten (↑Eucharistie) zum Ausdruck u. liegt letztlich auch den Doxologien (rühmendes G.) zugrunde. Ihr ↑Bittgebet aber ist spezifiziert durch die immer schon vorher-vollzogene Entgegennahme der endgültigen Zusicherung Gottes bezüglich der Weltvollendung u. der darin geschehenden endgültigen Erhörung alles menschlichen Bittens (Mt 7,7-11 mit Parallelen; Jo 16,23f; 15,7.16). In der reflexen Glaubenslehre kennt die Kirche ein liturgisch-öffentliches u. ein „privates» Gebet; beide Formen erklärt sie als notwendig (vgl. ↑Betrachtung). Insofern G. auch des Einzelnen Entgegennahme des Liebes- u. Heilswillens Gottes ist, ist es auch Akt der Gnade; insofern aber ist es immer auch «in Christo u. der Kirche» (Eph 3,21) u. hat darum immer auch schon ekklesiologischen Charakter. Wenn dieser auch als solcher nicht reflektiert wird, ist er doch dann wirksam, wenn um die Vergebung der Schuld, für die Verstorbenen, zu den Heiligen u. um das personale Heil gebetet wird (↑Gemeinschaft der Heiligen). Unbeschadet der Tatsache, daß man in der von Gott gewollten, die eigene kreatürliche Bedürftigkeit anerkennenden Sorge um sich selbst auch um das eigene Heil bitten darf u. muß, hat das G. als Vollzug der göttlichen Tugenden eine Intentionalität, die bei Gott-in-sich u. um seiner selbst willen mündet. Gerade so eignet dem G. (wegen dieser Selbstvergessenheit, die letztlich nicht sich selbst zu behaupten sucht) auch eine recht verstandene ↑Anthropozentrik; damit aber auch die objektive Verdienstlichkeit als „gutes ↑Werk«, als Heilsakt u. als Gnadenwachstum, obwohl diese Verdienstlichkeit nicht erstes u. umfassendes Motiv des G.es sein kann. Ebenso kommt dem G. eine Wirkung als ↑Genugtuung zu. Als von Gottes Liebeswollen u. Liebestat selbst getragene Bitte des Menschen um Gott ist das G. der Erhörung absolut gewiß, weil u. insofern es alles andere außer Gott nur -dann will, wenn es sich nach Gottes bedingungslos angenommener Verfügung in jenes Grundstreben nach Gott einfügt. Somit ist auch die Weise der Erhörung im richtigen G. der Verfügung Gottes anheimgegeben. Insofern es G. des Glaubens in der Gnade Jesu Christi ist (ob dies reflex gewußt ist oder nicht) um das Heil, das in Jesus Christus offenbar u. bleibend geworden ist, geschieht alles G. „in Christi Namen».

Gebote der Kirche

heißen im engeren, katechetischen Sinne jene (1555 formulierten) „fünf G.“, die alle Getauften vom 7. Lebensjahr an verpflichten, soweit sie den Vernunftgebrauch besitzen: 1) Heiligung der Feiertage, 2) Meßbesuch an Sonn- u. Feiertagen, 3) Abstinenz u. Fasten an bestimmten Tagen, 4) jährliche Beichte (falls schwere Sünde vorliegt), 5) Osterkommunion; im umfassenderen Sinne jene Verordnungen der Kirche, die aus ihrer theol. u. gesellschaftlichen Verfaßtheit resultieren u. umgekehrt diese gegen Auflösung schützen sollen: Eheform, Kindererziehung, usw. Die G. haben ihre geschichtliche Notwendigkeit daher, daß die spontane, charismatische Verwirklichung der Kirche in einer breitgestreuten, pluralistischen Gesellschaft – zu der die Kirche ja selbst geworden ist ohne konkrete „Minimalforderungen“ nicht zu erwarten u. letztlich nicht zu ermöglichen ist. Aufgrund eben dieser geschichtlich-gesellschaftlichen Struktur der Kirche sind die G. auch Ausfluß des aktuellen Selbstverständnisses der Kirche als einer sich je jetzt u. hier vollziehenden; sie haben darum auch teil an dem legitimen Wandel eben dieses aktuellen Selbstverständnisses der Kirche, insofern dieser Wandel ja nicht das bleibende theol. Wesen, sondern den je geschichtlichen Vollzug dieser Kirche betrifft (darum wurden in jüngster Zeit G. über Fasten, Bücherzensur, kirchliches Erdbegräbnis usw. geändert bzw. ganz aufgehoben). Selbstverständlich kann der kirchliche Gesetzgeber den Willen Gottes nicht als dessen Stellvertreter konstituieren; er kann darum auch nicht als Stellvertreter Gottes zur Einhaltung der rein kirchlichen G. sittlich unmittelbar verpflichten, sondern nur insofern, als diese G. im christlichen Willen zur Kirche im konkreten Fall mitenthalten sind.

Gebote Gottes

im AT die Bezeichnung für jene Verfügungen, die vom Bundes-Gott an das Bundes-Volk ergangen sind (↑Dekalog). Die sich daran anfügende spätere Ausformung zu vielen einzelnen ↑Gesetzen (des Ritus, Kultes usw.) wird von Jesus als ..Überlieferung der Alten» (Mt 15,3 usw.) angesprochen, aber nicht als G. G. bestätigt. Soweit sie aber schon im AT zum Hauptgesetz der Gottes- u. Nächstenliebe als dessen Konkretheit formuliert wurden, bleiben sie in jener göttlichen Grundverfügung eingeschlossen, die in Jesus Christus selbst von Gott an die Menschen ergangen ist. Diese aber geschieht von seiten Jesu Christi nicht mit Berufung auf die Tradition, sondern wird in ausdrücklicher Neuartigkeit u. mit Berufung auf die Sendung Jesu (↑Bergpredigt) ausgesprochen. Dadurch werden die G. G. schon im frühen Verständnis der Urkirche zu „Geboten des Herrn», ja zum „Gesetz Christi» (Gal 6, 2). Der damit gegebene Wille Gottes selbst, daß „seine» Gebote durch Jesus Christus selbst interpretiert u. im Gesetz Christi überformt sind, darf vor allem dann nicht übersehen werden, wenn (wie vielfach in kirchlichen Äußerungen) eine adäquate Kenntnis der G. G. aus der Selbsterfahrung des Menschen oder der Reflexion auf die Naturgesetzlichkeit (↑natürliches Sittengesetz) allein als möglich angesehen oder vorausgesetzt wird.

Gefühlsreligion

Insofern unter Gefühl das Innewerden der gegenständlichen Welt oder (in den zwischen-personalen Beziehungen) das Innewerden des anderen in seiner spezifischen Andersheit verstanden werden muß, das in ein subjektives Bewegtsein (Emotion) einmündet, ist Gefühl ein notwendiges Konstitutivurn der Religiosität. Bei der Verabsolutierung dieses Momentes in der sogenannten G. liegt die Verkennung der Tatsache vor, daß die wahre Religion im rational-einsichtigen Wort des sich-selbst-aussagenden Gottes gestiftet worden ist u. die rational-antwortende Anerkennung dieser Verfügung nicht aus dem Wesen der wahren Religion ausgeklammert werden kann.

Gegenwart

Das Phänomen der G. ist zunächst gegeben in der ursprünglichen u. letztlich nicht auflösbaren sinnlichen Erfahrung der raumzeitlich auseinanderliegenden Wirklichkeit(en), die in ihrer Pluralität unter einer gewissen Rücksicht der Einheit erfahren werden. Die verschiedenen Möglichkeiten einer solchen Einheit mit ihnen begründen ihrerseits die verschiedenen – in der Theologie thematischen G.sweisen: l) die durch transzendentale Einheit begründete G.sweise des Grundes im Begründeten, wie sie in der gegenseitigen G. der göttlichen Personen innerhalb des absoluten Gottes vorliegt (↑Perichorese): die G.sweise Gottes in der in Wirkursächlichkeit erschaffenen kontingenten Welt (Allgegenwart Gottes); weiterhin die G. des absoluten ↑Grundes (Gott) im Menschen durch Selbstmitteilung (↑Gnade, ↑Einwohnung Gottes). 2) Die in kategorial faßbarer Einheit begründete G.sweise, wie sie zwischen Personen durch die einende Erkenntnis u. Liebe gegeben ist (↑Kommunikation, ↑Repräsentation usw.). 3) Die in der Einheit des Raumes begründete G.sweise von Wirklichkeiten, die „im Raum» sind. 4) Die sakramentale G. z.B. des Leibes Christi in der ↑Eucharistie, wo die durch die eucharistischen Gestalten bezeichnete reale Präsenz der pneumatischen Leiblichkeit Christi dennoch nicht mit der umgrenzten G.sweise natürlicher Körper im Raum identifiziert werden darf.

Geheimnis

Weil G. nicht als „Fehlform» der natürlichen menschlichen Erkenntnis verstanden werden kann, sondern eine Wirklichkeit ist, die dem religiösen ↑Akt als solchem zugeordnet ist, muß G. dasjenige genannt werden, woraufhin der Mensch in der Einheit seiner erkennenden u. frei liebenden ↑Transzendenz immer schon sich selbst übersteigt. Somit ist G. ein wesentlicher u. bleibender Uraspekt der totalen Wirklichkeit, insofern sie als ganze (also unendliche) für den endlichen, kreatürlichen Geist in dessen wesensgemäßer Offenheit auf das Unendliche hin anwest. Als solche Eröffnetheit auf das Unendliche ist ↑Geist das Vermögen der Annahme des Unbegreiflichen als solchen, also des bleibenden G.ses. Die Bleibendheit des Unbegreiflichen als solchen wird durch den Glaubenssatz von der ↑Anschauung Gottes nicht aufgehoben. Ja gerade die Anschauung Gottes wird dessen unbegreifliche Unendlichkeit (DS 800 3001, NR 918 315) als eine solche öffnen u. sie so dem schauenden (begnadeten) Geist zum Gegenstand der wirklichen u. ewigen Seligkeit machen. Es gibt im Grunde nur ein G.: daß Gottes Unbegreiflichkeit, in der er Gott ist, nicht bloß als die Ferne u. der Horizont, innerhalb dessen sich unsere Existenz bewegt, gegeben ist, sondern daß eben dieser Gott, unbegreiflich bleibend, sich uns zur Unmittelbarkeit schenkt, so daß er als er selber die Innerste Wirklichkeit unseres Daseins wird. Im heutigen Verständnis (auch der Theologie) wird G. jedoch häufig in einem engeren Sinne als etwas verstanden (DS 2856f 3016, NR 39), dessen G.charakter durch die Anschauung Gottes aufgehoben wird, weil diese Art „Unbegreiflichkeit» nur in der sinnlich-weltlichen Art unserer jetzigen Erkenntnis begründet ist. Aus diesem engeren Verständnis des G.ses leitet sich die Unterscheidung ab in a) natürliche G.se, insofern sie Wahrheiten über Gott betreffen, die von uns aus zwar analog nach Inhalt u. Tatsache erkennbar sind, wegen der Analogheit der verwendeten Begriffe aber geheimnisvoll bleiben; b) Wahrheiten, deren Existenz durch Gott geoffenbart werden muß, weil sie Wirklichkeiten betreffen, die einer solchen freien (heilsgeschichtlichen) Setzung Gottes entspringen, daß sie mit der natürlichen Vernunft an der natürlich erfahrbaren Welt nicht abgelesen werden können; c) Wahrheiten, deren Inhalt nach deren innerer Möglichkeit u. Tatsächlichkeit jetzt nur durch das offenbarende Zeugnis Gottes gewußt werden kann u. sonst jedem geschaffenen Intellekt unzugänglich ist. Die Existenz solcher G.se im strengsten Sinne wie auch die Möglichkeit ihrer Offenbarung ist Dogma der Kirche (DS 2732 2841 f 2855 f 3015 f 3041 3225 3236f 3422, NR 14f 38f 55 u.ö.). Sicher sind darunter zu rechnen: die ↑Dreifaltigkeit Gottes, Menschwerdung (↑Inkarnation), übernatürliche ↑Gnade u. deren Höhepunkt: die ↑Anschauung Gottes.

Gehorsam

im allgemeinen bezeichnet die Anerkennung einer rechtmäßigen ↑Autorität,, die sich in Gesinnung u. Verhalten äußern muß. In der Theologie u. im kirchlichen Leben kommen drei ausgezeichnete Weisen des G.s zur Sprache, a) Röm 5, 19 charakterisiert die Schuld des ↑Adam als Ungehorsam, durch den die vielen als Sünder dastehen, um dann auf den G. des Einen hinzuweisen, durch den die vielen als Gerechte dastehen; der Sohn hat durch Leiden G. gelernt u. wurde so für alle, die gehorchen, der Urheber ewigen Heiles (Hebr 5,8 f). So ist G. in der Schrift vorzüglich Beugung unter das heilsgeschichtliche „Muß» (Mt 16,21 u. ö.), zu dem vor Eintritt der Basileia auch die Gebote Gottes u. die Ordnungen der Kirche gehören. – b) Unter den ↑evangelischen Räten läßt sich der G. sicher am schwersten nachweisen; da diese Räte immer auch Zeugnis der Kirche sind, erhebt sich die schwierige Frage, woher man denn wisse, daß man Gott dadurch in radikalster Weise gehorsam werde, daß man sich einer menschlichen Befehlsgewalt unterstelle. Eine Lösung öffnet sich durch die Einsicht, daß hier G. ein wesentlicher Bestandteil der dauernden Bindung an eine bestimmte kirchliche Lebensform ist. Ein formaler G. um des bloßen G.s willen hat keine positive sittliche Bedeutung; G. ist nicht die Ausstellung einer Blankovollmacht an den Oberen (der seinerseits nur im Dienst eines sicher von Gott gewollten Zieles von einem anderen Menschen G. verlangen darf). Vielmehr ist er die Übernahme eines gemeinsamen religiösen Lebens, nach einer Verfassung, die von der Kirche als wahrer, möglicher Ausdruck eines gottübereigneten Lebens anerkannt wurde: als Anschluß an die Lehre u. das Beispiel Jesu Christi, als Übernahme eines unübersehbaren Schicksals. Nur weil die Bindung an das Beispiel Jesu Christi in der Kirche gelebt werden kann, ist der G. auch gegenüber dem Sinnwidrigen sinnvoll, vorausgesetzt, das Gebotene ist nicht unsittlich. Freilich ist das sachlich Falsche nur sehr schwer vom Unmoralischen zu unterscheiden. Angesichts dieser Problematik ist es schlechthin unchristlich, sich auf das unmoralische Prinzip „Befehl ist Befehl» bzw. auf einen „blinden G.» zurückzuziehen, sondern geboten, der Autorität ins Angesicht zu widerstehen, wo sie schlechthin Sinnwidriges gebietet. G. als evangelischer Rat wird in beidem verwirklicht: in der Zerstörung des geheimen u. offenen Egoismus, in der Auslieferung an das je Größere -u. in der mutigen Sorge dafür, daß das Größere nicht nur Theorie u. Ideal bleibe. – c) Dieses Gesagte gilt auch vom kanonischen G. dessen, der in ein kirchliches Amt genommen ist.

Geist

ist jenes Seiende, das ausgezeichnet ist durch eine Offenheit auf das ↑Sein hin u. zugleich durch eine Aufgeschlossenheit auf das hin, was es selbst ist u. was es nicht ist. Durch diese beiden Eröffnungen des Seienden auf das universale Sein u. auf sich selbst hin sind die beiden Grundzüge des G.es gekennzeichnet: ↑Transzendenz u. Reflexion (Selbstbesitz in Beisichsein u. ↑Freiheit). In dem Überstieg auf das ganze Sein erfährt das Einzelne das, was es selbst ist, als „Lebendiges“ u. als „Subjekt“; das einzelne Andere aber, dem es im Horizont seines Seinverständnisses begegnet u. das es nicht selbst ist, als Begegnendes u. also als „Objekt“. Durch diese Distanzierung des einzelnen Seienden vom gegenständigen Fremden u. aufgrund der Möglichkeit, das Ganze des Seins zu denken u. zu erkennen, ist dem G. die freie Stellungnahme zu einem frei gewählten Besonderen möglich u. damit ↑Freiheit zur Selbstbestimmung des eigenen Wesens. Die Endlichkeit des menschlichen G.es ist zunächst erwiesen durch seine Gebundenheit an die Notwendigkeit einer stückhaften, unplanbaren Begegnung mit dem zustoßenden Anderen u. Fremden u. damit an den eigenen ↑Leib als die Mitte zwischen Subjekt u. Objekt. Der menschliche G. ist also nicht „reiner G.» sondern wesentlich „Geist -Seele», der durch diese Gebundenheit an Leib u. also durch die Gebundenheit an Raum u. Zeit zum spezifisch „menschlichen Geist» wird. Dieser ist im Denken, Erkennen u. Wollen auf die ↑Sinnlichkeit des geistig-leiblich konstituierten ganzen Menschen verwiesen u. damit auf Erfahrung angewiesen, die aber die Erfahrung des menschlichen Geistes selbst ist. Eine solche Erfahrung kann aber niemals jenen Ausgriff füllen, den der G. aufgrund seiner unendlichen Transzendenz dauernd u. notwendig als Bedingung seiner Erfahrung vollzieht; die je endlichen Reflexionen des menschlichen Geistes lassen auch in ihrer Summierung jene Weite bestehen, für die G. offen ist, u. können die absolute u. unendliche Erwartung des Geistes niemals adäquat einholen. Das gegenständliche Bewußtsein des menschlichen G.es, das immer hinter dem Ausgriff dieses G.es zurückbleibt, weiß (wenn vielleicht auch im Modus des Nichtwahrhabenwollens oder des Unthematischen), daß es selbst ermöglicht ist durch das seine Transzendenz tragende Woraufhin seiner unendlichen Bewegung (↑Geheimnis, ↑Gott, ↑Gottesbeweis), das als solches Grund des menschlich-endlichen G.es ist. Von diesem unendlichen Unbegreiflichen, von dem her u. auf das hin sich der endliche G. als sich selbst u. seiner Freiheit überlassen erfährt, ist Erkennen u. Freiheit des menschlichen G.es umschlossen u. getragen; auf dasselbe hin bleibt er auch aus seinem Wesen heraus offen (↑Existential, übernatürliche ↑Gnade, ↑Selbstmitteilung Gottes).

Gemeindetheologie

Mit diesem Begriff will jener Vorgang bezeichnet sein, in dem die Sammlung, redaktionelle Gestaltung (..Formung»), christologische u. soteriologische Präzisierung u. die damit verknüpfte Interpretation der Worte u. der Ereignisse im Leben Jesu erst nach dem „Ostererlebnis» u. von ihm her geschehen ist, u. in dem bei der schriftlichen Fixierung (Evangelien) die religiösen u. kultischen Bedürinisse der nachösterlichen „Gemeinde» (die als solche weder lokal noch streng zeitlich definiert werden kann) mitgewirkt haben u. heute noch z. T. in einer historischen Exegese nachgewiesen werden können. Diese „Mitwirkung» kann jedoch nur als Entfaltung der Botschaft Jesu von sich u. seinem Werk, nicht als eine Neuschöpfung u. also als Begründung der ntl. Theologie angesehen werden (↑Evangelium, ↑Tradition).

Gemeinschaft

bezeichnet zunächst allgemein die Einheit einer Vielzahl von personal Seienden, die aufgrund bestimmter Verhältnisse (personale ↑Kommunikation, Rechtsverhältnisse, raum-zeitliches Beieinander, transzendentale Beziehungen) zu der Einheit einer G. geeint ist. Philosophisch entspringt G. dem Wesen des Menschen, der nur in der Erfahrung des Mitseins mitanderen Menschen zu der Einmaligkeit seines Selbst kommen kann. Insofern der Vollzug des „Ich» nur über u. in Gemeinschaft geschehen kann, wachsen Selbstfindung u. Einheit mit der G. im selben, nicht im umgekehrten Maße. Die verschiedenen Arten oder Momente der innerweltlichen G.en sind von den verschiedenen Dimensionen des menschlichen Daseins begründet (↑Ehe, Familie, Freundschaft, Volk). In der Theologie wird die Verfaßtheit des Menschen als G.swesens näherhin begründet u. gedeutet: von Gott selbst aufgerufener Partner ist der Mensch immer so, daß er seine personale Einmaligkeit in der G. aller Menschen u. im Dienst an ihr realisieren muß. Die in Jesus Christus geschehene Selbstmitteilung Gottes an den Menschen hat also nicht je individualistische Heilsgeschichten der atomisierten Einzelnen konstituiert, sondern die eine Geschichte der einen Menschheit. In dieser bleibt der Einzelne dennoch je für sich gemeint; er findet aber nur zu sich (u. zwar zu sich als dem von Gott Gemeinten), indem er die von Gott selbst konstituierte Heils-G. findet, die Zugehörigkeit zu ihr personal realisiert (↑Kirche) u. seine Solidarität mit den von Gott Geliebten (Armen, Benachteiligten) praktiziert. Die theol. Überlegungen zur G. sind bisher erst Ansätze, das Problem der Gesellschaft in theol. Sicht, das Verhältnis von individueller .u. kollektiver Identität usw. zu thematisieren.

Gemeinschaft der Heiligen

(lat. communio sanctorum), ein Glaubensartikel, der seit dem 5. Jh. ins Apostolische Glaubensbekenntnis Aufnahme fand. Er gründet in dem Begriff der koinonia (griech. = Gemeinschaft) des NT, mit dem die Gemeinschaft im Glauben, bei der Eucharistiefeier, mit Jesus Christus u. aller untereinander gemeint ist. Dieser Begriffsinhalt sollte auch heute in erster Linie gesehen werden: die „Heiligen» sind zunächst die Zugehörigen des ↑Volkes Gottes, die eins sind im Heiligen Geist, in der Gnade der Rechtfertigung u. in der Liebe, im Vollzug der Sakramente, u. die dementsprechend fürbittend u. in der Tat füreinander eintreten. Danach bezeich net G. auch die Einheit mit den schon im Tod Vorangegangenen u. mit den Engeln (↑Fegfeuer, ↑Ablaß, ↑Heiligenverehrug).

Generatianismus

ist die Lehre, daß die Eltern aus unbeseeltem Stoff den Leib und die Seele des Kindes zeugen (so Theologen des Altertums wie Tertullian u. die Anhänger des /Traduzianismus). Die Ansicht, die Seele des Menschen werde durch die Eltern allein gezeugt, wurde durch das Lehramt verurteilt (DS 360f 1007 3220, NR 330); kirchliche Lehre ist vielmehr der ↑Kreatianismus (DS 3896, NR332). Offen sind die durch den G. aufgeworfenen Fragen: das Zeugen erfolgt nicht aus unbeseeltem Stoff, sondern aus schon Lebendigem. Die Ontogenese (Entwicklung des Lebewesens aus dem Keim) wird naturwissenschaftlich allgemein angenommen, ohne daß die Theologie in der Frage nach der Einerschaffung der Seele u. nach der Einheit des elterlichen u. göttlichen Tuns schon eine sehr befriedigende Vorstellung erzielt hätte. Hier vermag der Begriff der Selbsttranszendenz der Materie (zu der sie von sich allein aus nicht fähig ist) zur Verdeutlichung beizutragen. – Vgl.↑Erschaffung des Menschen.

Genugtuung

bezeichnet in der kath. Theologie das giiadengeschenkte sittliche Bemühen, im Glauben an Jesus Christus u. in seiner Gnade der Güte u. Heiligkeit Gottes, die durch die Sünde verletzt wurden, durch die die Heiligkeit Gottes anerkennende u. bezeugende Tat genugzutun. Über die theol. Grenzen dieses Vorstellungsmodells: ↑Tod, ↑Satisfaktionstheorien. Daß diese G. strikt als gnadengeschenkt bezeichnet wird, bedeutet, daß die Initiative zu dieser G. von Gott ausgeht, der das Wollen u. das Vollbringen der G. bewirkt. Diese G. kann nach kath. Lehre für die eigene Person oder stellvertretend (fürbittend) für andere geschehen; sie kann vollwertig (satisfactio condigna) oder nur inadäquat (congrua) sein. Nach der abendländischen Theologie hat Jesus Christus für alle Sünder überfließende G. (superabundans) geleistet, indem er für alle starb (DS 1528f 3891, NR 798ff): ↑Erlösung. Für menschliche Sünden kann ein Mensch in der GnadeJesu Christi (DS 1689ff, NR 656ff) nichtvollwertige G. leisten, wohl aber kann er durch freiwillige ↑Buße oder Übernahme einer kirchlich auferlegten G. die zeitlichen ↑Sündenstrafen tilgen (↑Kirchenschatz) (DS 1693 1713, NR 659 672). Die sakramental im Bußsakrament auferlegte G. ist ein Teil des Sakramentes; über ihre primären Eigentümlichkeiten vgl. ↑Bußsakrament, ↑Buße. Es ist wichtig, daß diese sakramentale G. auch bewußt als G. an dem durch Sünde verletzten Menschen .getätigt wird, z.B. als Wiedergutmachung verletzter Liebe, des Sachschadens, des geschädigten guten Rufes usw. Wird die sakramentale G. unterlassen, nachdem vorher der ernste Wille, sie zu übernehmen, gegeben war, so bleibt das Bußsakrament zwar gültig, doch wird der Mensch die G. als Ausleiden der schmerzlichen Sündenfolgen in jedem Fall leisten müssen: ↑Fegfeuer.

Gerechtigkeit

ist „die Haltung, kraft deren einer standhaften u. beständigen Willens einem jeden sein Recht zuerkennt» (Thomas v. Aquin). nach der klassischen Lehre von den ↑Tugenden die 2. Kardinaltugend, die herkömmlich in drei an den Verhältnissen des Gemeinschaftslebens abgelesene Arten eingeteilt wird: a) die kommutative (ausgleichende) G. im Verhältnis Einzelner untereinander; b) die distributive (zuteilende) G. im Verhältnis der Gemeinschaft (der Familie, des Staates, der Kirche) zu ihren einzelnen Gliedern, so daß ihnen Teil am Gemeinwohl gegeben wird; c) die legale G. im Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft, so daß dieser sich seinerseits dem Gemeinwohl unterordnet. Ist die G. auch dem Rang nach die höchste sittliche Tugend, so ist sie in ihrer christlichen Verwirklichung doch untrennbar von der Liebe, da vom Christen mehr verlangt ist als Unparteilichkeit, die jedem das gleiche Recht zuerkennt, oder als die Respektierung unabdingbarer Sachrechte. Der Christ kann daher nicht akzeptieren, daß der ökonomische Bereich nur von eigenen Gesetzen beherrscht wird (Schuldner in der Liebe bleibt man immer: Röm 13,8).- Der biblische G.sbegriff ist vom ↑Gesetz her bestimmt; es wird im AT u. im NT unbefangen angenommen, daß es Gerechte gibt, die in Gottesfurcht u. Nächstenliebe den heiligen Willen Gottes erfüllen u. von gemeinschaftsverletzender Schuld freisind. Im AT bezeichnet „Gerechte» auch die Armen, Unterdrückten u. Verfolgten. Gerechtigkeit ist eine Verheißung des Reiches Gottes. Das NT enthält dann die Botschaft von jener G., die den Menschen wirklich Gott wohlgefällig macht, die ihm von Gott auf Grund des Glaubens aus Gnade mitgeteilt wird: ↑Rechtfertigung.

Gerechtigkeit Gottes

heißt in der Theologie die sittliche Eigenschaft des Willens Gottes, das richtige, d.h. dem beiderseitigen Wesen entsprechende Verhältnis zum Geschöpf einzunehmen. Die einzige Norm der göttlichen G. ist Gottes eigener, heiliger Wille, der mit dem Wesen Gottes identisch ist. Weil Gott in seiner ↑Schöpfung u. ↑Gnade den Menschen zum richtigen Objekt seines Handelns macht u. dabei die ↑Freiheit des Geschöpfes wahrt, da er diese ja selber setzt, darum kann der Wille Gottes gegenüber dem Geschöpf sowohl G. als auch ↑Barmherzigkeit sein: seine G. „zwingt» ihn nicht zu einem bestimmten Handeln, etwa zur Forderung einer vollen ↑Genugtuung. In Freiheit kann Gott sowohl auf die zugelassene Schuld des Menschen als wirklichen Widerspruch zu seinem heiligen Willen richtend u. vergeltend antworten als auch das durch seine Gnade geschenkte ↑Verdienst als „gerechter Richter» belohnen. Daß der Mensch über die Einheit von Barmherzigkeit u. G. Gottes nicht verfügen kann, erweist die Göttlichkeit beider Eigenschaften. Nach der Offenbarung werden wir zu Gerechten gemacht (↑Rechtfertigung) u. nehmen so an der G. Gottes teil: damit offenbart Gott, wie er zugleich barmherzig u. gerecht ist, indem er uns umschafft zu solchen, denen gegenüber seine Liebe auch wesens- u. wirklichkeitsgerecht ist.

Gericht

(Letztes, Jüngstes G.). Das G. muß gesehen werden im Zusammenhang mit der Vollendung der Welt u. der Geschichte als ganzer: damit wird auch deutlich, daß jene ntl. Aussagen, die das G. eng verbinden mit der ↑Parusie (Mt 25,31-46; Mk 14,62) am ↑Tag des Herrn u. der ↑Auferstehung (Mt 10,15; II, 21ff; mit Parallelen) zu den wesentlichen Aussagen über das G. gehören. Insofern diese Vollendung einerseits als inneres Moment in sich begreift, daß das Vollendetsein der in Freiheit getanen ganzen Geschichte der Welt radikal offenbar wird, u. anderseits diese Vollendung nicht einfach das Ergebnis der weltimmanenten ↑Entwicklung, sondern von der souveränen Verfügung Gottes abhängig ist (gesetztes, nicht bloß erzieltes ↑Ende), heißt sie G. Gottes. Insofern sie in ihrer Eigenart letztlich durch das Wesen u. die Tat Jesu Christi (u. dies wegen der ↑Christozentrik aller Wirklichkeit in allen Dimensionen) wesentlich bestimmt ist, heißt diese Vollendung G. Christi. Insofern diese Vollendung alle (in gegenseitiger Bezogenheit, u. zwar bei Vollendung zur Endgültigkeit sowohl des Guten wie des Bösen) betrifft, heißt es allgemeines G. Insofern es die endgültige, die Geschichte beendende Vollendung ist, heißt es Letztes (Jüngstes) G. I. Das kirchliche Lehramt bezeugt ein allgemeines G. in den Glaubensbekenntnissen („der wiederkommen wird zu richten die Lebendigen u. die Toten»). Das besondere G. des Einzelnen, das dem Tod folgt, wird vom Konzil von ↑Florenz gelehrt (DS 1304 ff); vgl. dazu noch besonders ↑Tod. II. Die theol. Problematik liegt in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen allgemeinem u. besonderem G. Das Wesen des Menschen bedingt eine dialektische Einheit von Aussagen über den einen Menschen, deren Momente weder adäquat miteinander verrechnet noch rein auf die beiden,,Teile› ‹des Menschen (Seele-Leib) verteilt werden können. Der Mensch ist ein je einmaliges, in sich selber ständiges (also nicht zum bloßen Moment des Weltganzen u. seiner Geschichte reduzierbares) geistiges Seiendes u. in Materie ständiges Weltwesen, das dem Geschick der einen Welt verhaftet ist. Entsprechend der unauflöslichen dialektischen Einheit dieser beiden Gruppen von Aussagen läßt sich auch die Vollendung dieses einen Menschen prinzipiell nur in zwei dialektisch zueinander stehenden u. zusammengehörenden Aussagen aussprechen: in den Sätzen einer individuellen u. in denen einer kosmischen Eschatologie. Dem Wesen des Menschen wird der moderne Versuch, durch ↑Entmythologisierung eine bloß individualistische Eschatologie zu erreichen, nicht gerecht. Ebensowenig aber auch die Neigung, die sich z.B. in der reformatorischen Theologie vordrängt, eine individuell eschatologische Eschatologie zu überspringen zugunsten einer kosmischen Eschatologie, in der der Einzelne nur ein Moment an diesem Ereignis ist. Aber auch der Versuch ist nicht berechtigt, die materialen Momente der einen Vollendung des einen Menschen adäquat u. eindeutig auf schlechthin zwei, durch einen Zeitabstand voneinander getrennte, untereinander beziehungslose Ereignisse zu verteilen. Denn die Vollendung des Menschen als kosmisches Wesen (z.B. ↑„Auferstehung des Fleisches») ist auch ein Moment an der Vollendung seiner Jeeinmaligkeit (so daß er auch als Geist erst in jenem Ereignis schlechthin vollendet ist), u. die Vollendung des einzelnen Menschen als je er selbst (z.B. ↑„Anschauung Gottes«) ist ein Moment an der kosmischen Weltgeschichte. Dieses grundsätzliche Verhältnis zwischen Verschiedenem u. doch nicht adäquat Aufteilbarem in den Aussagen der allgemeinen u. individuellen Eschatologie obwaltet auch zwischen allgemeinem u. partikulärem G. – Die Aussagen des NT u. des Lehramtes über das G. sind nicht dazu geeignet, als Instrument kirchlicher Drohungen zu dienen: gegenüber einem G., bei dem Jesus Richter ist, kann sich feste Hoffnung darauf richten, daß die ↑Gerechtigkeit Gottes durch sein Erbarmen erfüllt wird; auch die Rede vom G. ist Teil des ↑Evangeliums. Die Aussagen vom G. u. die damit volkstümlich verbundenen Vorstellungen von einer ,,ausgleichenden Gerechtigkeit» dispensieren den Christen nicht davon, mit allen Kräften schon jetzt die Gerechtigkeit u. damit die Verheißung als verstehbare – zu realisieren. III. Diese prinzipiellen theol. Erwägungen vorausgesetzt, sind mit Sicherheit noch folgende ntl, Aussagen über das G. nicht bildhafte Einkleidung: Eine Vorausberechnung des G.es ist unmöglich (Mt 24, 43-51; Lk 17,20f). Maßstab des G.es ist die Stellungzu ↑Jesus Christus u. die im Leben getätigte ↑Liebe, insbesondere zu denen, mit denen sich Jesus identifizierte (Mt 25, 31-46; 18, 23-35). Der Christ kann dem G. mit Zuversicht entgegensehen (l Thess 5,3; Gal 5,5; Kol 3,4; l Kor 6, 1-5; Röm 8,1.31-39; l Petr l,8f; Jo 5,24). Ein strenges G. haben die kirchlichen Amtsträger zu erwarten (Jak 3,1).

Geschichtlichkeit

bezeichnet jene eigentümliche Grundbestimmung des Menschen, durch die er in die ↑Zeit gestellt ist u. ihm eine jeweilige ↑Welt verfügt ist, die er in ↑Freiheit übernehmen muß. Damit ist gesagt, daß er sowohl sein Wesen erst einholen muß als auch die Zeitu. die Welt selbst verwandelt, insofern er im ↑Jetzt seiner verantwortlichen Entscheidung das Verfügte, die physikalische ↑Zeit zu „seiner» Zeit u. die bloße „Umwelt» zur eigentlichen Welt macht u. dadurch zu sich selbst als Existierender kommt. Diese ihm mit seinem ↑Geist vorgegebene Aufgabe erfüllt er freilich nie adäquat; sie scheitert an seiner Endlichkeit. Das ändert nichts daran, daß das Geschichtliche gleichzeitig je Einmaliges, Ereignis ist u. in der Freiheitsentscheidung je transzendiert wird auf Endgültigkeit hin. Daraus ergibt sich, daß die G. des Menschen der Heilung bedürftig ist, die aus der innergeschichtlichen Dynamik nicht zu erwarten ist. Von da aus wird deutlich, daß allein die /nOffenbarung im Aufweis des echten ↑Endes der Geschichte als der definitiven Vollendung der Geschichte u. der Welt im ↑Heil die G. des Menschen zu sich selbst bringt; ferner daß die G. auch zu den Grundbestimmungen des christlichen Daseins gehört: als theol. Begriff besagt die G. des Menschen, daß dieser für die souve räne Verfügung Gottes so offen ist, daß er aus einem geschichtlichpersonalen Ereignis das ↑Heil seiner selbst, seiner Welt u. Geschichte erwarten darf. Sie besagt ferner, daß sein Andenken an das heilshafte Ereignis als Geschehenes (↑Anamnese) die Kraft einer andenkenden ↑Wiederholung haben kann (↑Eucharistie, ↑Tradition, ↑Dogmenentwicklung). Sie besagt schließlich, daß gemäß dem kommunikativen Charakter des Heilsereignisses (↑Bund, ↑Altes Testament, ↑Neues Testament) das Ereignis u. sein Andenken geschichtlich verwahrt ist (↑Kirche, ↑Erinnerung).

Geschichtstheologie

heißt das theologische Verständnis der Geschichte. Ihr allein sind der ↑Anfang u. das ↑Ende der Geschichte in einer gewissen konkreteren Inhaltlichkeit ..gegeben», weil geoffenbart; beide haben Ereignischarakter. Wie Anfang u. Ende, so unterliegt auch der Verlauf der Geschichte der freien Verfügung Gottes, die durch die G. in theol. Analyse als einheitlicher, beständiger, in der Geschichte sich erst fortschreitend enthüllender Plan aufgewiesen wird. Gemäß diesem Plan läßt Gott sich frei übernatürlich selbst auf die ↑Geschichtlichkeit ein; in ↑Jesus Christus u. seiner ↑Gnade wird die Welt zur Geschichte Gottes selbst; erst von der ↑Christozentrik her ist die innere Differenzierung der ganzen Geschichte in Heilsu. Profangeschichte zu verstehen. Von diesen theol. Grunddaten her versteht die G. die innerweltlichen Mächte der Geschichte wie ↑Sünde, ↑Tod, ↑Gesetz, ↑Staat, die ↑Einheit der Menschheit (↑Monogenismus), ↑Engel u. ↑Dämonen. Bei der Verwirklichung seines Planes ruft Gott den Menschen auf als in ↑Freiheit gesetzten Partner (↑Uroffenbarung, ↑Offenbarung, ↑Bund sind hier die wesentlichen geschichtstheol. Faktoren). Die Geschichte des Neins des Menschen ist nicht gleichberechtigtes Thema der G.: von der Offenbarung her versteht diese es gewissermaßen als die ständig zu überwindende Grenze, als das ..notwendige» (Lk 24.26; l Kor 11,19 u. ö.) Nein zum freien Heilsgeschenk Gottes. Aber aus der Tat Gottes u. der Antwort des Menschen entspringen innergeschichtlich je neue Epochen der ↑Heilsgeschichte (↑Urständ, ↑Heidentum, ↑Altes Testament, ↑Neues Testament, ↑Christentum, ↑Nichtchristliche Religionen, ↑Kirche). Diese werden von der G. mit Hilfe genuiner Erken ntnis- u. Aussägeweisen erhoben: mit der ↑Ätiologie (als Erreichen der entzogenen Vergangenheit), mit der Kerygmatik (als Ausrufung der Heilsgegenwart; ↑Kerygma), mit der ↑Anamnese (als Ineinander von Vergangenheit u. Zukunft der Heilsgeschichte) u. schließlich in der ↑Hermeneutik eschatologischer Aussagen (↑Apokalyptik, ↑Eschatologie). Diese Theologie der Perioden des Heilsplanes Gottes ist die eigentliche Aufgabe methodisch-systematischer G. An zwei wesentlichen Punkten der Theologie müßten die Ergebnisse der G. weiter entfaltet werden: als Fundament einer wirklich theologischen ↑Kirchengeschichte u. als Daten einer genuinen /Tastoraltheologie, die aufgrund der G. die Haltungen des Christen als des allein echt u. erlöst geschichtlich existierenden Menschen (in Geduld, ↑Hoffnung usw.) in ihre Reflexion einbeziehen müßten. Beides ist freilich in der kath. Theologie noch nicht in Angriff genommen. Soweit diese überhaupt geschichtstheologisch denkt, hält sie sich an die in den ersten vier Jahrhunderten (von Eirenaios von Lyon, Eusebios u. Augustinus) erarbeiteten Schemata, während die ev. Theologie eine Reihe bedeutender Geschichtstheologen (Karl Barth, Oscar Cullmann u. a.) aufzuweisen hat.

Gesetz

heißt eine für eine Gemeinschaft erlassene Ordnung, aufgestellt von der Autorität dieser Gemeinschaft. Als theol. Größe spielt es eine besondere Rolle in der Heilsgeschichte Israels. Ausgebildet auf dem Hintergrund des altorientalischen Rechtsdenkens, weisen die biblischen Bücher des AT (fast ausschließlich Gn, Ex, Lv, Nm, Dt) eine Fülle von G.en auf, die zwar in einzelnen wenigen Elementen als menschliche Unterweisung dargestellt, in ihrer Gesamtheit aber als Offenbarung des Willens des Bundesgottes Israels angesehen werden. Die erwähnten fünf Bücher (= griech. pentateuchos) werden daher schon im AT zusammenfassend als „das Buch des G.es» bezeichnet (2 Kg22,8.II; 2 Chr 34, 14; Neh 8,3), später heißen sie einfach,,G.» (hebr. tora). In ihrem Kern enthalten sie die Ordnung zwischen Jahwe u. Israel sowie zwischen Israel u. den Einzelnen (↑Dekalog, ↑Gebote Gottes, ↑Bund). Da diese Ordnung im Verständnis des AT eine Heilsordnung ist, gilt das sie enthaltende G. als Gnadengabe Jahwes, die hymnisch gepriesen wird (PS 119). Spätestens nach der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft, die König Kyros (559-529 v. Chr.) gestattete, galt es als verboten, dem im Exil treu bewahrten G. noch etwas hinzuzufügen (oder etwas davon abzuschaffen). Aus dem Gesagten ist verständlich, daß von den heiligen Büchern Israels das G. (synonym mit „Willen Gottes») als vornehmstes angesehen wurde, vor den Propheten u. den späteren „Schriften»; es wurde zur Norm dafür, was in den ↑Kanon des AT aufgenommen werden durfte. Das Spätjudentum baut eine eigene Theologie der Tora aus. Sie ist die göttliche Weisheit selbst, unvergänglich, der Schmuck Israels u. seine Unterscheidung gegenüber den Heiden. Anderseits: wer das G. nicht kennt, ist im Unheil, nicht nur derjenige, der es nicht befolgt. Es gibt Parteien, die überhaupt nur annehmen, was in der Tora steht (Sadduzäer, Samariter). – Der Begriff des „G.es» wird im NT formal gleich verwendet wie im AT: ,,G.» heißen alle im Pentateuch zusammengefaßten Satzungen (einschließlich der kultisch-rituellen), der Pentateuch selbst, ja das ganze AT. Dieses G. ist von Gott selbst gegeben. Aber es wird von Jesus, der sich souverän über dem G. weiß, autoritativ ausgelegt: es wird vertieft u. verschärft auf das Gebot, Gott u. den Nächsten zu lieben (Mt 5, 23-48; 7, 12; 22, 34-40; Mk 10,5; ;?, 28-34; Lk 10, 25-29); die Vorschriften der kultischen Reinheit werden aufgehoben (Mk 7, 1-23) – darin liegt die wahre Erfüllung des G.es (Mt 5, 17). – In dem Augenblick, in dem die Verkündigung des ↑Evangeliums von ↑Jesus Christus vom Jüngerkreis ausgeht, muß es zu einem Konflikt zwischen der ↑Urkirche u. dem Judentum kommen; getragen wurde er von Paulus. Auch für ihn offenbart das G. Gottes Willen (Röm 2,27; 7). Aber es war gegeben wegen der Sünde (Gal 3, 19), galt also nur vor Jesus Christus (Gal 3) als ,,Zuchtmeister»; ein Fluch ist es, insofern es als Heilsweg angesehen wird: das ↑Heil kann nicht aus menschlicher Kraft durch Befolgung des Buchstabens, sondern allein aus der ↑Gnade Gottes kommen (Röm 3 u. 4), die in Jesus Christus geschenkt ist: im Kreuz Jesu u. in der Taufe als Mitsterben werden wir vom G. befreit (Röm 6, 1-6; Gal 2, 19). Diese theol. Widerlegung der Auffassung des G.es als Heilsweg darf, wie schon andere ntl. Aussagen zeigen, nicht als Leugnung der Notwendigkeit verstanden werden, daß der Glaube sich in allen Dimensionen des Menschen realisieren u. darum ein in Gehorsam u. Liebe tätiger sein muß: ygl.↑Werke. Mit der paulinischen Gnadentheologie ist aber die Diskussion um G. überhaupt nicht beendet. Sie fand ihre eigentümliche Ausprägung in der Theologie der Reformatoren (u. dem Widerstand der reformatorischen Kirchen gegen ein Kirchenrecht; vgl. auch ↑Antinomismus; als Diskussion um das Naturrecht) u. wirkt bis in die Gegenwart als Vorwurf an die kath. Moral, „Gesetzesethik» zu sein. Daß es Kirchenrecht u. Kirchengebote geben muß u. auch dem Staat das Recht zukommt, zur Ordnung seiner Gemeinschaft G.e zu erlassen, ergibt sich aus einer Analyse adäquat vollzogener menschlicher ↑Freiheit, die in ihrem unausweichlichen Freiheitsakt implizit auch die apriorischen Bedingungen ihrer selbst als zu wollende, d.h. als gesollte bejaht, diese Bedingungen aber nur in aposteriorischer Vermittlung erkennt u. sich somit, bei der Geschichtlichkeit des Menschen, im konkreten Handeln einer Normierung von „außen» unterwerfen muß, die ihrerseits wieder geschichtlich „verleiblicht» u. anschaulich gemacht werden muß. Christliche „Gesetzesethik» kann man dies nur dort nennen, wo die Gnade Jesu Christi nur noch als Mittel zur Erfüllung dieser Normen angesehen oder die Bejahung dieser Normen unabhängig von ihrer Sachgerechtheit um ihrer selbst willen (↑Nominalismus) gefordert wird – Gefahren, die zwar in den Äußerungen des kirchlichen Lehramtes keinen Anhaltspunkt finden, die aber in der durchschnittlichen Katechese u. Verkündigung durchaus nicht immer vermieden sind.

Gewalt

(Gewaltfreiheit). In einem zunächst noch sehr «spekulativen» Sinn ist G. die reale von der Freiheit eines Subjekts bewirkte Veränderung des Freiheitsraumes eines anderen ohne dessen freie Zustimmung. In diesem Sinn verstanden, kann nicht jede G.anwendung immer u. in jedem Fall als unmoralisch gelten, weil sie mit der realen Ausübung von Freiheit, die sich selbst vollziehen will u. nicht immer von der Zustimmung aller anderen abhängig sein kann, unablöslich ist. Aber solche Gewalt ist sehr oft in einer unsittlich den Freiheitsraum des anderen beeinträchtigenden Tat gegeben, die nicht mehr person- u. sachgerechte Inanspruchnahme des eigenen Freiheitsraumes ist; es bleibt überdies sehr oft dunkel, wo genau und real die Grenze zwischen an sich legitimer Gewaltanwendung und unsittlicher G. liegt; der Egoismus des Menschen täuscht ihn nur zu oft darüber, wo diese Grenze wirklich liegt. So gibt es allenthalben die G., die zur,,Sünde der Welt» gehört und die das Gegenbild jener Gewalt ist, die die des „allmächtigen» Gottes ist und an der die Freiheit des Menschen an sich in Verantwortung partizipieren darf. Die Geschichte aller menschlichen Kulturen und Gesellschaften ist voll von den verschiedensten Formen der G. im herkömmlichen Sinn als unsittliches Mittel zur Beugung des Willens anderer u. zur erzwungenen Erreichung von Zielen: Bestrafungen, Mißhandlungen, Folterungen, Tötung, Gefängnis, Polizeigewalt, Geiselnahme, Attentate, Krieg. Dabei sind die einzelnen G.maßnahmen (z.B. Krieg) selber oft wieder grauenvolle Bündel von verschiedenen Gewalttaten (Gefangenschaft, Vergewaltigung, Folter, Tod) u. richten sich ebenso gegen Personen wie gegen Sachen u. Einrichtungen. Zu Jesu Botschaft (↑Bergpredigt) von der bedingungslosen Liebe gehört der Appell zum Verzicht auf G., die die Existenz, die Freiheit, die Würde u. das Glück des Mitmenschen zerstört. Gerade weil der Christ dazu aufgerufen ist, ohne Vorleistungen die unheilvolle Kette von G. u. Gegengewalt durch eindeutige G.freiheit zu unterbrechen, wird er oft in einen theoretisch unlösbaren Konflikt gestürzt, da er in einer Welt handeln muß, deren Verhältnisse allenthalben von G. geprägt sind u. daher zu ihrer Überwindung förmlich eine Gegengewalt erzwingen. Die fast unvorstellbare Perfektionierung der Mittel u. Methoden von G. im technisch-wissenschaftlichen Zeitalter u. die Zunahme von Kräften, die G. glorifizieren, kommerziell u. politisch ausmünzen oder bedenkenlos schnell als unvermeidlich hinstellen, läßt darüber hinaus die traditionellen (abstrakt nicht unberechtigten) Unterscheidungen zwischen blutiger u. unblutiger, legaler u. illegaler, angemessener u. unangemessener G.anwendung als ethische Orientierung weitgehend untauglich werden, da die G.mittel jederzeit sich verselbständigen können u. sowohl die Anwendenden in ihren Sog zu ziehen wie deren Ziele zu korrumpieren in der Lage sind. Auch wenn der Christ deshalb jeder Verherrlichung oder Selbstrechtfertigung von G. entschieden entgegentreten u. jene Tendenzen als die wahrhaft vernünftigen unterstützen muß, die G. als Mittel der Politik u. des Alltags ablehnen u. nach gewaltfreien Methoden der politischen Veränderung suchen, ist mit der Achtung der instrumentellen G. – klammert man das Problem der Notwehr u. gerechten Verteidigung einmal aus – das Problem der strukturellen G. immer noch nicht gelöst. K. Marx zufolge ist die systematische Anwendung von G.mitteln in der Geschichte der Menschheit weithin selber eine beklagenswerte Folge der Existenz antagonistischer Klassen u. daher letztlich durch den Entwicklungsstand der Produktivkräfte u. der Produktionsverhältnisse strukturell u. nicht bloß durch moralisches Versagen von Einzelnen verursacht. Der strukturelle Antagonismus bedingt die primäre G., die immer wieder zu Anwendung von instrumenteller G. führt, da eine herrschende (immer auch „sündige») Klasse nie freiwillig auf die Durchsetzung ihrer Macht verzichtet. Die aufgezwungene (so sie das wirklich ist) revolutionäre Gegengewalt ist daher von einer neuen Qualität, weil sie den moralischen Absichten des Individuums vorausliegt. Eine theologische Beurteilung der G. muß auch diese Differenz exemplarisch berücksichtigen, will sie das Problem nicht in unzulänglicher Weise auf die freie moralische Wahl des Individuums einengen. Auch wenn der Christ sich durch Ausübung revolutionärer Gegengewalt subjektiv in die „Sünde der Welt» verstrickt fühlt, kann ihm objektiv die G.anwendung aus Liebe zu den anderen u. aus Verantwortung vor der Geschichte schicksalhaft aufgezwungen u. abverlangt sein. Gerade im Bewußtsein aber seines unvermeidlichen Verstricktseins in diese „Sünde» könnte der Christ eine entscheidende Aufgabe als schlechtes Gewissen der Revolution wahrnehmen u. ihre Perversion zu terroristischem Gewaltmißbrauch verhindern helfen. K. F.

Gewalten und Mächte

heißen im NT, besonders bei Paulus, böse Herrscshaftskräfte (↑Dämonen), insofern sie im gegenwärtigen fÄon noch Macht auszuüben versuchen. Da das NT unbefangen Erfahrungen der Menschheit übernimmt u. gereinigt wiedergibt, darf angenommen werden, daß es sich bei diesen G. um das personale Böse in der Welt handelt, insofern es in den verschiedenen Bereichen u. Dimensionen des Menschen zutage tritt als Selbstherrlichkeit, die zu ↑Sünde u. ↑Tod führt (solche G. besonders in Eph u. Kol; Röm 8, 38; l Kor 15, 23-26). Diese G. sind im Kreuz Jesu Christi u. in seiner Auferweckung besiegt, aber diese Entmächtigung ist noch verhüllt; die Atmosphäre «dieser ↑Welt» ist noch durchsetzt von ihnen u. führt zu ↑Versuchung u. ↑Verfolgung der Christen. Dogmatisch gesehen, ist dieses Wirken von der ↑Vorsehung Gottes «zugelassen».

Gewissen

ist jenes Moment an der Freiheitserfahrung des Menschen, in dem er seiner Verantwortung bewußt wird. Der biblische Begriff dafür ist ↑Herz, in das der Wille Gottes geschrieben ist (Röm 2, 15), das versteinern (Ez 11,19) oder geteilt (Jak 1, 8) sein kann, das beschnitten werden muß (Apg 7,51), in dem das Licht der göttlichen Wahrheit leuchtet (2 Kor 4,6). Wer aus innerer Überzeugung, d.h. in gehorsamer Annahme der der Freiheit vorgegebenen u. selbst implizit im Widerspruch zu ihr nochmals gesetzten Wirklichkeit, handelt. der hat ein reines Herz u. wird Gott schauen (Mt 5,8.28; vgl. Mt 12,34 f). G. im Sinn von „sittlich urteilendes Selbstbewußtsein» prägte sich in der griech. Popularphilosophie des 1. Jh. v. Chr. aus (↑Syneidesis) u. ging auch in die apostolischen Schriften des NT ein, besonders Paulus entwickelt es (Röm 2,14f u.ö.) zum christlichen Begriff u. nähert sich damit dem „Herzens»-Begriff: „Alles, was nicht aus Überzeugung geschieht, ist Sünde» (Röm 14,23). Damit ist gesagt, daß das Herstellen der inneren Überzeugung in die Verantwortlichkeit der Person gegeben ist u. sich somit auf alles beziehen muß, was mit Person gesagt ist (Verantwortung gegenüber Gott als dem richtenden Geheimnis, gegenüber dem Ich selbst [u. seiner inneren Wahrheit = Wirklichkeit] u. gegenüber jeder ↑Gemeinschaft u. der Welt dieser Person). Das aber bedeutet, daß das G. gebildet (besser: seine Reflexion auf die immer schon gegebene Wirklichkeit vertieft u. geschärft) werden kann u. es die apriorischen Bedingungen des Freiheitsaktes (die aposteriorisch – geschichtlich u. kollektiv [↑natürliches Sittengesetz] – vermittelten objektiven Normen) als zu wollende, d. h. als gesollte, bejahen muß. Es bedeutet aber auch, daß diese objektiven Normen dem Menschen nur durch die Vermittlung seines personalen Gewissensurteils überhaupt präsent werden, so daß dieses Gewissensurteil für die Entscheidungen des Menschen absolut bindend ist. Von da aus kann in einem mehrfachen Sinn von Gewissensfreiheit gesprochen werden: a) die Freiheit des Willens, die Forderungen des G.s anzuerkennen oder nicht; b) die Freiheit, gegenüber jeder Beeinflussung von außen (selbst gegenüber den höchsten Autoritäten, die nicht an das G. selbst appellieren), dem G. allein zu gehorchen (welche beiden Freiheiten eine mit dem Wesen der Person gegebene Pflicht sind);c)die Freiheit des G.s im Sozialverband als das natürliche Recht, gemäß dem eigenen G. ‹zu leben (↑Toleranz, ↑Religionsfreiheit). Damit ist noch nichts entschieden über die Frage, ob das urteilende konkrete G. die Wahrheit selbst wirklich adäquat erkennt oder nicht (im letzteren Fall spricht man, terminologisch inadäquat, von irrigem G.). Nach der Lehre der Kirche ist in der konkreten nachadamitischen Situation des Menschen schon eine faktisch ungetrübte u. genügend entfaltete Erkenntnis des naturalen Wesens des Menschen als Norm seiner natürlich-sittlichen Akte nur mit Hilfe der Wortoffenbarung Gottes erreichbar. Damit ist der Mensch, der sich in seiner konkreten Situation entscheiden muß u. dennoch von der möglichen Falschheit seiner Entscheidung weiß, an die Gnade Gottes gewiesen, die seine Freiheit befreit.

Gewißheit

heißt jene als berechtigt erfaßte Sicherheit (Zweifelsfreiheit) der Erkenntnis, die im erkennenden Subjekt selbst liegt. Sie wird unterschieden in a) unmittelbare Evidenz, wenn ein Gegenstand sich unmittelbar zeigt bzw. ein Sachverhalt unmittelbar einleuchtet; b) zwingende G., wenn jeder ↑Zweifel u. jede begründete Unsicherheit unmittelbar ausgeschlossen sind; c) strikte, aber freie G., die eigentlich moralische G., wenn das Subjekt sieht, daß es sittlich berechtigt ist, einen ihm psychologisch noch möglichen Zweifel zu verbannen bzw. in seinem Handeln zu übergehen.

Glauben

in einem allgemeinsten Sinn heißt, die Äußerungen einer Person im Vertrauen auf sie frei anzunehmen. Damit ist schon gesagt, daß es sich bei G. immer um eine Beziehung zwischen ↑Personen handelt, die mit der Glaubwürdigkeit dessen, dem geglaubt wird, steht u. fällt. G. in diesem Sinn unterscheidet sich vom Beweiswissen u. von dem grundlosen Paradox eines „blinden» Vertrauens. Wird dieser G.sbegriff in der Theologie verwendet, so muß freilich von vornherein gesehen werden, daß er auf den christlichen G. nur im analogen Sinn angewendet werden kann. Denn hier ist es ja Gott selbst, der geglaubt wird, dem geglaubt wird u. an den geglaubt wird, freilich unter der Voraussetzung, daß er sich selbst kundtut (..-«Offenbarung) u., wenn dies im Normalfall nicht direkt gegenüber dem Einzelnen geschieht, daß die von Gott bestimmten Zeugen ihrerseits glaubwürdig sind. Diese formalen Eigentümlichkeiten hat der christliche mit dem allgemeinen G.sbegriff gemeinsam. Der fundamentale Unterschied beider liegt jedoch darin, daß die Kundgabe Gottes an die Person des Menschen im christlichen G.sverständnis nicht eine bloße Benachrichtigung im Bereich des Intellektuellen ist, bei der Gott ein äußerliches Glaubensmotiv bliebe, sondern daß die Kundgabe alle Dimensionen des Menschen anruft u. auf Gott hin verfügt (↑Selbstmitteilung, ↑Gnade) u. bei vollem Wesensvollzug Liebe ist. Gleichzeitig teilt sich der kundgebende Gott so mit, daß diese Verfügung des Menschen auf Gott hin das weitere Leben des Menschen beansprucht u. der sich als Liebender offenbarende Gott auch als das letzte, einzige u. schlechterdings alle Hoffnung in sich erfüllend-bergende u. übertreffende (übernatürliche) Ziel des Menschen kundgibt.

I. G. in der Schrift. Als personale Beziehung stellt schon das AT den G. vor, in ausgezeichneter Weise als die Beziehung zwischen Gott u. den Vätern des G.s (Abraham: Gn 15,6; die gehorsam aus Ägypten ausziehenden u. durch das Schilfmeer wandernden Juden: Ex 14,31; lsaias: ls 8,17); das meist dafür verwendete Wort besagt „sich sicher wissen». G. heißt nach dem AT weiter, die Treue des Bundesgottes mit Treue des ganzen Volkes u. der Einzelnen erwidern (so namentlich bei den Propheten). Von da aus kann G. die Bedeutung von ↑Gehorsam annehmen, nämlich gegenüber dem im ↑Gesetz geoffenbarten Willen Jahwes, u. von ↑Bekenntnis, nämlich gegenüber der späteren, nicht mehr kriegerisch zu überwindenden, sondern als übermächtig auszuhaltenden Umwelt Israels (↑Monotheismus). Grundlegend bleibt, daß der Israelit glaubt wegen der ihm, seinem Volk oder den Vätern erwiesenen Machttaten Gottes. – Unabhängig davon, wie Jesus selbst das Wort G. verwendet u. mit welcher genaueren Absicht er im Einzelfall seine unbestreitbaren ↑Wunder gewirkt hat, ist zu sagen, daß Jesus G. fordert, wenn er verlangt) daß die Zeichen der in ihm angebrochenen endgültigen Heilszeit verstanden werden, zu denen sein gesamtes Wirken (die Predigt der ↑Basileia, die sich in der Vertreibung der ↑Dämonens, in der Heilung der Kranken u. Auferwekkung von Toten als mächtig u. gegenwärtig erweist) zu rechnen ist, u. wenn er zur ↑Nachfolge seiner selbst ruft: „Glaubet dem Evangelium» (Mk 1,15). Dieser G. wird erwiesen in einer ↑Metanoia, die eine solche Sinnwendung des Menschen bedeutet, daß vorher für unmöglich Gehaltenes nun von Gott erhofft wird (Mk 9,23; ll,23f). Der G. der späteren Zeit, beginnend mit der ↑Urkirche, ist von Jesus selbst durch die Sammlung seines Jüngerkreises, durch dessen Bevollmächtigung u. Konstituierung zur ↑Kirche dem Wirken der Zeugen anvertraut (↑Apostel, ↑Tradition). Dementsprechend ist G. nicht nur Vertrauen (Röm 4,24f) u. Hoffnung (Gal 5,5 u.ö.), sondern auch Fürwahrhalten (Apg 6,7; Gal 5,7; Röm l, 5; 10,16 u.ö.) u. Bekenntnis (Röm 10,9f); mit dem Wort G. kann auch der Inhalt der Verkündigung gemeint sein (Gal 3,2.5: Röm 12,6 u. ö.). Eine besonders dichte u. zentrale Theologie des G.s entwickeln Paulus u. Johannes. Paulus sieht die G.stheologie im Zusammenhang mit dem jüdischen Verständnis des ↑Gesetzes als Heilsweg. Diesem gegenüber legt er dar, daß, wie das Beispiel Abrahams (Röm 4) zeigt, der einzige Weg zu der von Gott geforderten ↑Gerechtigkeit der von Gott selbst in Gnade geschenkte u. für alle Menschen mögliche G. ist (Gal 2,15 ff; Röm 3,21-31; 10,3-10 u. ö.), der als Einheit mit der /Taufe gesehen wird u. das darin geschenkte neue Leben im Tun der Liebe bewähren u. beweisen muß (Röm 6; Gal 3,26f; 5,6). Von der Theologie desneuen Lebens her baut Johannes die G.stheologie auf (Jo 3,16; 5,24; 6,29.40.47; 8,51; ll,25f; 20,31 u.ö.), so daß auch hier der G. eine einzigartige Beziehung sowohl zu dem neu zeugenden Gott als auch zu den Brüdern im G. ist (Jo 13,34f; 17,26; l Jo 3,23). So wie Paulus sich für „sein Evangelium» auf die von ihm selbst empfangene Tradition der Urkirche beruft (l Kor 11,23; 15,3 u.ö.; der G. kommt vom Hören: Röm 10,17), so weist auch Johannes auf die Vermittlung des G.s durch Zeugen hin (Jo 5,31-47; 10,38 u.ö.).

II. Systematisch, l. Das kirchliche Lehramt befaßte sich (außer der Formulierung des G.sinhaltes in den ↑Glaubensbekenntnissen) erstmals mit dem G. in den Dekreten von ↑Orange, wo es gegen den fSemipelagianismus (wie schon vorher der von Prosperv. Aquitanien verfaßte Indieulus, dessen Lehre später vom Lehramt übernommen wurde, DS 236-248, besonders 244-248, NR 767 f 349 769f gegen den ↑Pelagianismus), festhielt, daß der erste Anstoß zum G. u. die Bereitschaft zur Zustimmung von der ↑Gnade Gottes geschenkt werden (DS 373-378, besonders 375, NR 777-780, besonders 779). Das ↑Tridentinum definierte gegen das ev. Verständnis des ↑Fiduzialglaubens, daß der G. mehr sei als bloßes Vertrauen, nämlich der Akt der Zustimmung gegenüber dem von Gott Geoffenbarten u. Verheißenen (DS 1526f 1562, NR 796f 830); dieser ist gegeben von der Gnade Gottes in uns (DS 1525 1553, NR 795 821), er ist der Beginn des Het?s für den Menschen, Grundlage u. Wurzel jeder ↑Rechtfertigung (DS 1532, NR 803). Ohne „Werke» (ohne Hoffnung u. Liebe) ist er tot (DS 1530f, NR 801 f). Im 19. Jh. verteidigte das Lehramt die übernatürliche Gnadenhaftigkeit des G.s gegen den fRationalismus (DS 2738 ff) u. die Vernünftigkeit des G.s gegen den ↑Traditionalismus (DS 2751-2756 2811-2814, NR 1-6 11 ff). Das l. 7″Vaticanum definierte den G. folgendermaßen: „Da der Mensch von Gott, seinem Schöpfer u. Herrn, ganz abhängig u. der geschaffene Verstand der unerschaffenen Wahrheit völlig unterworfen ist, sind wir verpflichtet, dem offenbarenden Gott im Glauben vollen Gehorsamsdienst des Verstandes u. Willens zu leisten. Diesen G., der der Anfang des menschlichen Heils ist, bekennt die kath. Kirche als eine übernatürliche Tugend, durch die wir auf Antrieb u. Beistand der Gnade Gottes glauben, daß das von ihm Geoffenbarte wahr ist, nicht weil wir die innere Wahrheit der Dinge mit dem natürlichen Licht der Vernunft durchschauten, sondern auf die Autorität des offenbarenden Gottes selbst hin, der weder täuschen noch getäuscht werden kann. Denn der G. ist, wie der Apostel sagt, die Gewißheit der Dinge, die wir erhoffen, ein sicherer Beweis dessen, was wir nicht sehen (Hebr 11,1)» (DS 3008, NR 31). Diese Qualitäten des G.s werden vom Konzil noch im einzelnen entfaltet (DS 3009-3020, NR 32-44 97 384ff) und im II. Vaticanum von einer gewissen intellektualistischen Engführung befreit (Offenbarung 5). 2. Theol. Problematik, a) G. als Akt. Aus der zeitgenössischen Diskussion ist zu verstehen, daß das kirchliche Lehramt seit dem Tridentinum immer mehr dem G. als Akt des Verstandes Aufmerksamkeit geschenkt hat. Hand in Hand damit ging die Ausbildung einer ↑Fundamentaltheologie, die sich mit der Frage nach den faktischen u. sachlichen ..Voraussetzungen des G.s» (↑Praeambula fidei) beschäftigte, die schon bei Albertus Magnus, Thomas u. Bonaventura thematisch wurden. Demzufolge werden als einzelne Elemente der Voraussetzungen des G.s u. des G.saktes selbst folgende herausgehoben: das Glaubwürdigkeitsurteil des Verstandes über die Tatsache der Offenbarung, das Urteil des Verstandes über die Pflicht zu glauben, also ein Erkenntnisvollzug als der der eigentlichen Praeambula fidei; der Freiheitsakt des Willens, der nun dem Verstand entweder die Zustimmung befiehlt oder nicht (da das Glaubensmotiv ja nicht mit Evidenz zwingt), schließlich die Zustimmung des Verstandes selbst als eigentlicher G.sakt. Gegenüber dieser Beschreibung des G.saktes erheben sich zwei wesentliche theol. Fragen. Die erste geht danach, ob die Erkenntnis der Praeambula fidei faktisch im konkreten Dasein rein „natürlich» sein könne, wenn der „Anfang des G.s» durch die innere Gnade Gottes gegeben ist: vgl. dazu ↑Praeambula fidei. Die zweite Frage fragt, ob mit der Beschreibung des G.saktes als eines Aktes des Verstandes dieser Akt vollständig u. adäquat beschrieben oder ob nur eine wesentliche Seite daran herausgehoben sei. Mit Thomas v. Aquin sollte primär das totale personale Verfügtsein des Menschen auf Gott hin im G.sakt gesehen werden, da der G.sakt den ganzen Menschen total betrifft u. engagiert; bei einem solchen radikalen Totalvollzug des Menschen (der freilich den ↑Geist des Menschen in ausgezeichneter Weise betrifft) kann von vornherein nicht adäquat zwischen den einzelnen Momenten u. Elementen dieses Aktes unterschieden werden; eine aposteriorische Analyse aber hängt von der Ontologie u. Psychologie des einen Menschen ab. Weitere Themen der Theologie des G.saktes sind: dasjenige, was ge glaubt wird (Materialobjekt) u. warum es geglaubt wird (↑Formalobjekt = ↑Motiv). Vor jeder Aufspaltung in Einzelwahrheiten liegt im Radikalakt des G.s das Engagement des Menschen an das sich selbst mitteilende, unbegreifliche ↑Geheimnis Gottes, das sich kundgibt als dreifaltiger u. menschgewordener Gott, der den Glaubenden in seiner ↑Gnade in die ↑Anschauung Gottes setzt, deren Beginn nach Thomas v. Aquinder G. ist. Die geglaubten Einzelsätze sind nicht im eigentlichen Sinn Gegenstand, sondern „Mittel» des G.s, in denen das Ganze unter jeweils verschiedenem Aspekt vermittelt wird. Die Unterscheidung in Sätze ist gerade bei einem genauen Hinblick auf die Offenbarung (↑Bibelkritik) u. bei der häretisch-auswählenden Bestreitung einzelner geoffenbarter Wahrheiten notwendig u. sinnvoll. So sagt die kath. Theologie, daß nur jenes geglaubt werden könne u. müsse, wofür sich Gottes Autorität selbst verbürgt, das formell (u. das virtuell) Geoffenbarte. Formell geoffenbart bedeutet, daß etwas als solches in der ursprünglichen fOffenbarung Gottes unmittelbar enthalten ist u. nicht erst mit Hilfe anderer Wahrheiten schlußfolgernd gefunden werden muß. Freilich braucht es darum nicht explizit geoffenbart zu sein: es kann als formell implizit Geoffenbartes im Lauf der geistesgeschichtlichen Entwicklung entdeckt werden, so daß die inneren Momente aus einem schon Bekannten unter neuem Gesichtspunkt hervorgehoben werden (↑Dogmenentwicklung). Den G. an das formell Geoffenbarte als Geoffenbartes nennt die kath. Theologie die fides divina (göttlichen G.); wird dieses vom kirchlichen Lehramt auch ausdrücklich vorgetragen, so heißt der G. daran die fides divina et catholica (göttlicher u. kath. G.; ↑Dogma) . Nur virtuell geoffenbart ist jenes, das aus der Offenbarung nur mit Hilfe anderer Wahrheiten erschlossen werden kann (↑Konklusionstheologie, ↑dogmatische Tatsachen). Der G. an dieses virtuell Geoffenbarte heißt bei den meisten Theologen fides ecciesiastica (kirchlicher G.), da er unmittelbar aufgrund der Autorität des Lehramtes der ↑Kirche glaubt (vgl. auch ↑katholische Wahrheiten). – Bei der Frage, warum etwas geglaubt werde, istzuunterscheiden zwischen dem Glaubwürdigkeitsmotiv (die Gründe dafür, daß der Zeuge glaubwürdig genug ist und etwas bezeugt) u. dem eigentlichen Glaubensmotiv, nämlich der alleinigen Autorität Gottes als des wahren u. treuen, der, wenn er sich selbst offenbart, nieff»mden täuschen kann (DS 3008 3537-3542, NR 31 60-65): vgl. ↑Analysis fidei. Wesentliche Qualitäten des G.saktes sind nach der kath. Theologie seine Übernatü?lichkeit, seine Vernünftigkeit u. seine Freiheit. Übernatürlich ist der G., weil er allein durch eine übernatürliche, innere ↑Gnade ermöglicht wird. Diese heißt in der kath. Tradition das „Glaubenslicht», mit dem wir das material Geoffenbarte im Horizont unserer übernatürlichen (unreflex) bewußten Dynamik auf den Besitz Gottes in seiner unmittelbaren Anschauung erfassen (↑Formalobjekt, übernatürliches) u. die Glaubwürdigkeitszeichen gegen jede müde Skepsis als Zeichen der übernatürlichen Glaubwürdigkeit der Offen barung Gottes deuten. Vernünftig ist der G., wie die ↑Fundamentaltheologie zu zeigen hat, weil er gerade den Menschen als ↑Geist engagiert u. den Totalvollzug des menschlichen Geistes fordert u. die ↑Praeambula fidei mit genügender Sicherheit erkannt werden können, nicht aber deswegen, weil er ein Durchschauen u. rationales Analysieren des absoluten ↑Geheimnisses wäre (vgl. DS 3008f, NR 31 f). Aus dem G. als dem personalen Akt ergibt sich seine ↑Freiheit, welche die in der Gnade Gottes zum G. befreite Freiheit ist. Daraus ergibt sich ferner, daß der G. sicher u. gewiß ist (IJo 5,9; Röm 4,16-22). Dies bedeutet nicht, daß er nicht psychologisch angezweifelt oder angefochten werden könnte (siehe unten). Aber die Tatsache, daß der sich selbst offenbarende Gott in einer dunklen, bezweifelbaren Weise gegeben sein kann, bedeutet noch nicht, daß das Verhältnis des Glaubenden zu Gott ebenso kontingent u. bezweifelbar ist: dieses Verhältnis bedeutet eine absolut feste Entscheidung für Gott (gleichgültig, wie deutlich er gegeben ist) u. für die Wahrhaftigkeit seines Zeugnisses, die sich von nirgendwo anders her mehr normieren u. richten läßt. Gesteht man sich ein, daß Gott nur dunkel gegeben ist, daß sich mit dem G. an ihn nicht alle Fragen immer positiv harmonisieren lassen, die mit der Existenz u. dem Tod in dieser Welt gegeben sind, bestehen wirklich quälende (nach Studium u. Gebet noch bleibende) Ängste, ob ein Satz, den die Kirche als geoffenbart vorlegt, wirklich von Gott geoffenbart ist, so sind dies alles noch keine ,,Glaubenszweifel». Glaubenszweifel als Sünden gegen den G. sind meist komplexe Akte, bei denen sich die Schuld ebenso gegen die ↑Kirche richtet, etwa bei der apriorisch-souveränen Einstellung, das von der Kirche Vorgelegte habe nur ..zweifelhaften Wert» usw. Das l. Vaticanum verurteilte jenen positiven, nicht bloß ..methodischen» wissenschaftlichen ↑Zweifel, den G. Flermes zur notwendigen Grundlage des vernünftigen G.s erklärt hatte. b) G. als Tugend (↑Habitus). G., Hoffnung u. Liebe, insofern sie in der ↑heiligmachenden Gnade (als der ↑Selbstmitteilung Gottes) oder als deren „Rest» das ganze personal-geistige Wesen des Menschen vom Grund her auf den dreifaltigen Gott des ewigen Lebens hinordnen, sind übernatürliche, „eingegossene» ↑Tugenden, aus denen die ebenfalls von der Gnade erhöhten Akte ermöglicht werden u. entspringen (vgl. DS 1578 3008, NR 846 31). c) Vgl. ferner ↑Rechtfertigung u. zur Annahme des menschgewordenen Gottes im G. ↑Jesus Christus. d) Da die Gnade, die den Glauben schenkt, den Menschen befähigt, das Geglaubte (= den Geglaubten) konnatural aufzunehmen, kann der Glaubende über die Glaubensinhalte im einzelnen Erkenntnisse gewinnen, die weniger auf logisch-analytischen Verfahren als auf einer Art „instinktiver» Einsicht beruhen; dies gilt ebenso von der Kirche als ganzer, in der sich eine Art „Gesamtsinn» des Glaubensverständnisses (J. A. Möhler), der Glaubenssinn oder das Glaubensbewußtsein, ausbildet. Zweifellos hat dieses schon in der Schrift bezeugte Glau bensbewußtsein großen Anteil an der ↑Dogmenentwicklung, namentlich der neuesten Zeit; es wird zwar vom Lehramt authentisch interpretiert, doch steht dieses selbst wieder auf dem Glauben der Gesamtkirche (vgl. II. Vat., Kirche 12), der in der Erkenntnis lebendig ist, reifen u. wachsen kann. Soweit er ..statistisch» greifbar ist, spricht man von einem ↑Consensus (der Glaubenden).

Glaubensabfall

heißt in theol. Sprache das Aufgeben des übernatürlichen ↑Glaubens, entweder völlig (= Apostasie) oder in einzelnen Wahrheiten, die integrierend zum Gesamten der Offenbarung gehören (= ↑Häresie) Hierzu erklärte das l. Vaticanum in Abwehr des von G. Hermes geforderten positiven fZweifels, kein Katholik habe jemals einen gerechten Grund, seinen Glauben zu wechseln oder in Zweifel zu ziehen, nachdem er einmal den Glauben unter dem kirchlichen Lehramt angenommen habe (DS 3013 f). Dies ist selbstverständlich zunächst vom objektiven gerechten Grund gesagt, weil in der Theorie von Hermes die Wirksamkeit der Gnade, die den Glauben gibt, geleugnet u. die ↑Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden, die in ihrer Erscheinung selber ein Glaubwürdigkeitsmotiv ist (DS 3013 f, NR 385), verletzt wird. Da die Kirche aber als Medium der Gnade in der Welt gegeben ist u. sie durch die Schuld ihrer amtlichen Repräsentanten u. ihrer anderen Glieder auch bei ihrer bleibenden subjektiven Heiligkeit als ganzer dem Einzelnen schuldhaft begegnen kann u. sich so als sündige Kirche an ihren Gliedern verfehlt (u. nicht nur umgekehrt), kann im Einzelfall, wenn auch nicht (wie Hermes wollte) im Normalfall, die Möglichkeit gegeben sein, daß ein Katholik zwar mit objektiver, aber ohne subjektive Schuld seinen Glauben (wenigstens innerhalb seines reflexen Bewußtseins) aufgibt. Es ist aber schwerlich zu leugnen, daß in dem Bild, das ein solcher von der Kirche im Herzen trägt, wie sie eigentlich u. nach dem Willen Jesu sein müßte, das ↑Votum, zu ihr zu gehören u. ihren Glauben zu haben, eingeschlossen sein kann.

Glaubensbekenntnis

im theol. Sprachgebrauch ist nicht in erster Linie das Bekennen des Glaubens, sondern eine vom Lehramt bzw. von der Tradition vorgenommene Formulierung des Glaubensinhaltes in Sätzen mit dem iel mehr oder minder großer Vollständigkeit. Es heißt auch mit dem lat.-griech. Ausdruck Symbolum, Symbol, auch Professiofidei (=’G.). Ein- bis dreigliedrige Formulierungen als Traditionsstücke finden sich schon im NT, wahrscheinlich bereits in der allerersten Taufliturgie entstanden, in der von Anfang an das Bekenntnis des Glaubens verlangt wurde. Während die eingliedrigen Formeln den ↑Kyrios Jesus bekennen, sind die dreigliedrigen, Mt 28,19 nachgebildet, trinitarisch. Der Urtyp des sog. Apostolischen G.ses ist im 2. Jh. bezeugt, er enthält den Glauben an den dreifaltigen Gott, die heilige Kirche u. die Vergebung der Sünden. Er wird in ausgebauter Form für das römische Taufbekenntnis im 4. Jh. bezeugt u. wird im 6. Jh. in Südwestfrankreich in der heutigen Form gebetet, die im 9. Jh. in Röm für die Taufe offiziell übernommen wurde (vgl. DS 1-30 36, NR 911). Parallel dazu wurde im Osten in den christologischen u. trinitarischen Streiten das G. der Stadt Nikaia vom l. Konzil von ↑Nikaia übernommen (DS 125f, NR 155f). Das nicaeno-konstantinopolitanische G. des l. Konzils von ↑Konstantinopel (DS 150, NR 250) ist seit dem 6. Jh. allgemein verbreitetes Taufbekenntnis, es wurde 1014 das G. der römischen Messe. Spätere G.se wurden ausdrücklich zur Abwehr von Irrlehren formuliert. Im heutigen theol. Sinn enthalten die G.se die Hauptdogmen (↑Dogma) ; ob ihr Wortlaut verpflichtet, muß danach beurteilt werden, ob sie von der Kirche allgemein angenommen, von einem Konzil oder vom Papst (ex cathedra, unter Berufung auf seine ↑Unfehlbarkeit) formuliert oder gebilligt wurden oder nicht.

Gleichzeitigkeit

ist an sich eine Bestimmung, die der ↑Ewigkeit zukommt, der ↑Geschichtlichkeit nur insofern, als sie gleichsam die ↑Potentia oboedientialis der Ewigkeit ist. Diese Potenz ist, theol. gesehen, nicht nur erfüllt im echten ↑Ende der Geschichte, sondern in dem ausgezeichneten Augenblick der „Stunde» Christi (Jo 2,4 u.ö.) u. Christi allein, in der er allein ↑Anfang u. ↑Ende in reiner Freiheitstat zu versammeln vermag. Analog dazu kann von einer G. des Christen mit Jesus Christus gesprochen werden (Kierkegaard), in der kraft der erfüllten Heilsgeschichte der Einzelne sich Jesus Christus präsent setzt u. dieser ihm, was jedoch nicht ein Überspringen der historischen Differenz bedeutet, die für den Vollzug des echten religiösen Aktes notwendige Relativierung des rein Historischen.

Gnade

(althochdeutsch ganada = Wohlwollen, Gunst, griech. charis, lat. gratia) ist in der Theologie die sich herabneigende personale, absolut ungeschuldete Huld Gottes gegenüber dem Menschen: G. bezeichnet aber auch die Wirkung dieser Huld, in der Gott sich selbst dem Menschen mitteilt.

l. Der christlich glaubende Mensch muß sich in u. trotz seiner Geschöpflichkeit u. obwohl er sich als von sich selbst u. von seinem Ursprung (↑Erbsünde) her als Sünder anerkennt, als der geschichtlich von Gott u. dem wirksamen Wort seiner freien absoluten Selbsterschließung in Gottes eigenstes u. innerstes Leben hinein Angerufene verstehen. Das Entscheidende dieser Aussage besteht darin, daß Gott dem Menschen nicht nur irgendeine heilsvolle Liebe u. Nähe zuwendet, irgendeine heilsvolle Gegenwart schenkt (wie sie seinsgemäß schon mit dem abstrakten Begriff eines Verhältnisses zwischen Schöpfer u. noch schuldlosem Geschöpf notwendig mitgesetzt ist), sondern ihn an Gottes Natur selber teilhaftig, Miterbe mit dem Sohn schlechthin, Berufener zum ewigen Leben Gottes von Angesicht zu Angesicht, Empfänger der unmittelbaren ↑Anschauung Gottes, also Gottes eigenen Lebens (in ↑Doxa) sein läßt.

2. Diese G. ist in sich freies Geschenk dem Menschen gegenüber, nicht bloß insofern er Sünder (d. h. der sich diesem Selbstangebot Gottes u. dem in der ganzen menschlichen Wirklichkeit zum Ausdruck kommenden Willen Gottes schuldhaft Verschließende) ist, sondern schon im voraus dazu (↑Urständ). Damit diese ↑Selbstmitteilung Gottes durch die Annahme von Seiten des endlichen Menschen nicht (entsprechend dem Wesen u. Maßstab der endlichen Kreatur) zu einem im Bereich des bloß Endlichen bleibenden Ereignis depotenziert werde (u. so die Selbstmitteilung Gottes als solche aufhebe), muß auch die Annahme der G. von Gott selbst in derselben Weise getragen sein wie die Gabe selbst. Die Selbstmitteilung erwirkt als solche ihre Annahme; das aktuelle u. nächste Vermögen dieser Annahme ist ebenso freieste Gnade.

3. Insofern diese freie Selbstmitteilung Gottes in ↑Jesus Christus u. seinem Geist von der geistigen Kreatur in ebenso freier dialogischer Partnerschaft angenommen werden muß, ist eine bleibende (von Gott frei gesetzte) Verfaßtheit des Menschen vorausgesetzt, die a) der Selbstmitteilung Gottes so vorausgeht, daß diese vom Menschen als die freie ereignishafte Huld empfangen werden muß, die von dieser Voraussetzung her nicht errechnet werden kann, also mit dem Selbstvollzug des Menschen nicht in transzendentaler Weise schon mitgesetzt ist, obwohl er wesentlich auf diese Selbsterschließung Gottes offen (↑Potentia oboedientialis, übernatürliches ↑Existential) u., wenn er sich ihr versagt, mit seinem ganzen Wesen im Unheil ist; – die b) auch dann (im Modus der Sinnlosigkeit) bestehenbleibt, wenn der Mensch sich dieser Selbsterschließung Gottes verschließt. Diesen „Adressaten», diese Voraussetzung der Selbstmitteilung Gottes, nennt man in kath. Begrifflichkeit die ↑„Natur» des Menschen (↑Natur und Gnade).

4. In diesem Sinn ist die G. der Selbstmitteilung Gottes ↑,.übernatürlich», mit anderen Worten dem Menschen (u. jeder Kreatur) schon im voraus zu seiner Unwürdigkeit als Sünder ungeschuldet, d.h. mit seinem unverlierbaren Wesen (seiner „Natur») noch nicht mitgegeben, also „an sich» auch ohne Sünde dem Menschen von Gott her versagbar.

5. Das kirchliche Lehramt befaßte sich in seinen Aussagen über die G. vor allem mit dieser Übernatürlichkeit der G. (DS 895 1917 u.ö. 2435 2616 3005 30&S 3891, NR 900 340 u.ö. 29f 31 890), die der Grund dafür ist, daß die G. (vom Lehramt schon früher) als ungeschuldete, vom Menschen durch keinerlei eigene Kräfte verdienbare erklärt wird, die der Mensch von sich aus weder erbitten noch auf die er sich positiv vorbereiten kann (DS 243 f 248 273 f 1525 1553 u.ö., NR 771f 775f 777f 795 821 u.ö.).

6. Damit ist die G. als vergebende nicht in den Hintergrund gedrängt (Röm 3,23f). Denn der konkrete Mensch findet sich immer in einer doppelten unentrinnbaren Situation: als Kreatur u. als Sünder, wobei sich für die konkrete Erfahrung diese beiden Momente gegenseitig bedingen u. erhellen. Die Fehlbarkeit der endlichen Kreatur ist zwar noch nicht einfach Sünde, aber in dieser kommt sie unerbittlich ans Licht; u. die Sündigkeit zwingt den Menschen, sich als die absolut endliche Kreatur unausweichlich zu begreifen, für welche die vergöttlichende Huld Gottes immer u. auf jeden Fall G. ist. So ist es auch nicht verwunderlich, daß die ganze Lehre des ↑Tridentinums von der rechtfertigenden G. nicht unter dem Schema der «Erhebung» einer Natur, sondern der Begnadigung eines Gottlosen konzipiert ist (DS 1513f 1521-1534, NR 355f 791-804).

7. Diese vergebende G. u. somit die erhebende G., insofern sie dem erbsündigen Menschen gegeben wird, ist reine G. Jesu Christi (DS 127 1513 1521fl551f,NR355791f819fu.ö.; ↑Erlösung, ↑Christozentrik). Durch diese Herkunft von Jesus Christus hat die G. auch als vergöttlichende einen eminent geschichtlich-dialogischen Charakter, d.h. sie ist Huld Gottes, die unbeschadet ihres alle Menschen immer, zu allen Zeiten u. überall meinenden u. für diese unabdingbaren Wesens (vgl. DS 340ff 2305 2406 2464 2618 u. ö.) an dem „Ereignis» Jesu Christi hängt, darum inkarnatorisch-sakramentalen Charakter hat (↑Kirche als ↑Leib Christi, ↑Sakrament) u. den begnadeten Menschen einbezieht in das Leben u. den ↑Tod Jesu.

8. Von diesem Ansatz (vgl. l) her ist leicht begreiflich, daß „die G.» (der ↑Rechtfertigung) schlechthin u. als streng übernatürliche primär der sich mit seinem eigenen Wesen mitteilende Gott selbst ist: ungeschaffene Gnade (vgl. auch ↑Appropriation, ↑Einwohnung, ↑Pneuma, ↑heiligmachende Gnade, ↑Rechtfertigung). Von da aus ist eine ding- u. sachhafte Auffassung der G., die die G. in die autonome Verfügung des Menschen gäbe, grundsätzlich u. in jeder Hinsicht ausgeschlossen. Die Lehre des Tridentinum von der „inhärierenden» G. (DS 1530f 1561, NR 801 f 829) ist keine Aussage, die dies bestreiten wollte oder die auch nur vorgetragen würde im Blick auf das Problem der Unterscheidung von geschaffener u. ungeschaffener (auch diese ist genannt: DS 1528f 1677f, NR 798f 651) G.; sie will nur die Wahrheit aussagen, daß die Rechtfertigung durch wahrhafte Neugeburt in der Konstitution einer neuen Kreatur, eines vom Geist Gottes selbst wirklich bewohnten Tempels, eines Menschen besteht, der gesalbt ist u. gesiegelt mit dem Geist u. aus Gott geboren ist, daß dieser Gerechte nicht bloß in einem „als ob» forensisch als gerecht „betrachtet» wird, sondern es wahrhaft ist (DS 1528 ff 1561, NR 798 ff 829). Gerade der Begriff der „ungeschaffenen» G. besagt, daß der Mensch selber in sich wahrhaft neugeschaffen ist durch diese Selbstmitteilung Gottes, daß es also in diesem Sinn eine „geschaffene» u. „akzidentelle» G. gebe.

9. Von der abendländischen G.ntheologie (Augustinus) im Kampf gegen den ↑Pelagianismus her, in welchem die G. als notwendig für das heilschaffende Handeln definiert wurde, ist G. zunächst einmal Hilfe für den Akt, also in diesem Sinn „aktuelle» G. (DS 238 249 330-339 340ff 1551 ff, NR 767 f 819ff). Aber von der kirchlich verpflichtenden Lehre her gibt es den Unterschied zwischen aktueller übernatürlicher, erhebender G. u. habitueller G. nur insofern, als es DGL ist, daß es Heilsakte des Nichtgerechtfertigten gibt, durch die er sich mit der ihm zuvorkommenden (DS 1525, NR 795) u. für sie absolut notwendigen G. auf die Rechtfertigung vorbereitet. Der Sinn der Unterscheidung, insofern sie verpflichtend ist, besagt nur dies: „Habituell» ist die G., insofern die übernatürliche Selbstmitteilung Gottes dem Menschen (seit der Taufe) dauernd angeboten ist u. insofern sie (im Mündigen) frei angenommen ist. „Aktuell» wird diese selbe G. genannt, insofern sie aktuell den (existentiell wesentlich gestuften, immer neu vollziehbaren) Akt ihrer Annahme trägt u. darin sich selbst aktualisiert.

10. Angesichts der Tatsache des allgemeinen ↑Heilswille Gottes einerseits u. der Sündigkeit des Menschen anderseits ergibt sich, daß es auch angebotene, aber nicht wirksam werdende, also bloß ..zureichende» (gratia sufficiens) Gnadenhilfe gibt (DS 1525 1554 2002 2305f 2621 3010, NR 795 822 872 33). Ihr Wesen kann also nicht in der unwiderstehlichen Allmacht Gottes liegen (DS 2409-2415, NR 886f). Der Unterschied zwischen bloß hinreichender u. wirksamer aktueller G. ist nach (fast) allgemeiner Lehre (sowohl des ↑Bañezianismus wie des ↑Molinismus) trotz der menschlichen Freiheit in Annahme u. Widerstand im voraus zu diesen schon auf Seiten des erwählenden Gottes begründet. Die aktuelle G. ist Erleuchtung u. Inspiration (DS 244f 377 1525 2621 3010, NR 772f 761ff 795 33). Sie wird nicht nur als ungeschuldet (DS 244f 1525f 1532 2618, NR 772f 761 ff 795 f 803), sondern auch im selben Sinn als „übernatürlich» betrachtet wie die Rechtfertigungs-G. (vgl. DS 3008 ff, NR 31 ff). Dementsprechend liegt sie nicht bloß in äußeren, durch die ↑Vorsehung Gottes gestalteten Umständen, die das religiöse Tun des Menschen begünstigen, sondern ist „innere» G. im selben Sinn wie die heiligmachende G.

11. Der Mensch ist trotz der ↑Erbsünde u. mit der fsegierde frei (DS 1515f 1526f 1554ff, NR 357f 796f 822ff); er stimmt also der zuvorkommenden G. frei zu oder lehnt sie frei ab (DS 243 247 330-339 393 1521 3875 ff, NR 771 791 71). Insofern muß von einem „Miteinanderwirken» Gottes u. des Menschen gesprochen werden (DS 379 397 152.›. 1554, NR 783 795 822). Das bedeutet aber keinen die Heilswirkung aufteilenden ↑„Synergismus». Denn nicht nur das Vermögen des Heilshandelns (der eingegossene ↑„Habitus» oder die zuvorkommende hinreichende G.), sondern auch die freie Zustimmung selbst ist G. Gottes (DS 373f 379 u.ö., NR 777f u.ö.). Die G. ist es also selbst, die unsere ↑Freiheit nach Vermögen u. Tat zum Heilshandeln befreit, so daß die Situation dieser Freiheit zum Ja oder Nein gegenüber Gott nicht autonome, emanzipierte Wahlsituation ist (DS 397 626f 633, NR 783), sondern der Mensch dort, wo er nein sagt, sein eigenes Werk tut, u. dort, wo er frei ja sagt, dies als Gottes Gabe Gott danken muß. Über die spekulativen Bemühungen, die Möglichkeit zu begreifen, wie die heilshafte freie Entscheidung des Menschen selbst Gottes G. sein kann, vgl. ↑Gnadensysteme.

12. Das kirchliche Lehramt unterscheidet ferner zwischen erhebender G. (die notwendig ist zum ↑Heilsakt) u. heilender („medizineller») G. (die notwendige Hilfe Gottes zur Beobachtung des ↑natürlichen Sittengesetzes ist) (DS 225 241 244 383f 387 1541 1572 u.ö., NR 761 770 772 810f 840 u.ö.). Damit ist jedoch die Frage noch nicht beantwortet, ob es faktisch sittliche Akte gibt, die ohne jede positive Heilsbedeutung sind, oder ob alle solchen, wenn sie faktisch existieren, durch eine erhebende G. auch heilshaft sind (G. Väzquez, J. M. Ripalda). Die äußere „heilende» G. könnte betrachtet werden als ein Moment an einem Gnadengeschehen, das in der faktisch allgemeinen u. durchgängigen Christozentrik der menschlichen Geschichte auf die Verwirklichung des Humanen u. des Christlichen im Menschen in einem hinzielt. Vgl. ↑Glauben.

13. Eine Erfahrung der G. kann sich konkret in den verschiedensten Gestalten ereignen, bei jedem Menschen anders: als unsagbare Freude, als unbedingte personale Liebe, als unbedingter Gehorsam gegen das Gewissen, als Erfahrung liebender Einheit mit der „Welt» schlechthin, als Erfahrung der unaufholbaren Unverfügbarkeit der eigenen Existenz usw.

Gnadensysteme

heißen die spekulativen Versuche, das Wirken der ↑Gnade Gottes unter Aufrechterhaltung der ↑Freiheit des Menschen zu verstehen (hierzu gehören also in jedem Fall: die Lehre über ↑Gott, die Sünde, die ↑Erbsünde, das Verhältnis von ↑Natur und Gnade, das Wesen des Übernatürlichen, die ↑Stände des Menschen, die ↑Prädestination, die ↑Reprobation u.a.). Die wichtigsten G. sind der ↑Augustinismus, ↑Bañezianismus u. der ↑Molinismus. Alle sind ohne Bevorzugung eines einzelnen vom kirchlichen Lehramt geduldet. Das Grundproblem wurde von keinem in befriedigender Weise beantwortet. Schuld daran ist vor allem die wenig sachgerechte biblische Theologie früherer Jahrhunderte u. die Versuchung, in einer Art von ↑Gnosis (syllogistischer Art) das unbegreifliche ↑Geheimnis Gottes zu durchschauen u. berechenbar zu machen. Darum spielen die G. in der Theologie der Gegenwart keine große Rolle mehr. Aussagen, die Gott über sich selbst u. über den Menschen macht (ebenso wie Erfahrungen), die einander zu widersprechen scheinen, bleiben besser nebeneinander als Ausdruck der für den Menschen unverfügbaren Fülle der Wirklichkeit stehen; in unserem Fall muß gesehen werden, daß die Unbegreiflichkeit der Koexistenz der absoluten Verfügung Gottes u. der echten Freiheit des Menschen nur der höchste Fall der Unbegreiflichkeit der Koexistenz von absolutem Sein Gottes u. echter Seiendheit der Kreatur ist, einer Unbegreiflichkeit, die bleibend sein muß, soll Gott Gott sein. Solche Sätze werden aufrechterhalten im Rühmen der souverän verfügenden u. rettenden u. zu eigentlicher Freiheit befreienden Gnade Gottes.

Gnadentheologie

heißt der theologische Traktat der dogmatischen ↑Anthropologie des erlösten u. gerechtfertigten Menschen, der wesensmäßig ursprünglich nicht abstrakt von der ↑Gnade, sondern vom begnadigten Menschen zu reden hat. Denn wo die Wirklichkeit des Menschen nicht in ihrer Vieldimensionalität zu Gesicht kommt, bleibt der Begriff der Gnade in einer bloßen formalen Abstraktheit einer Wesenserhebung oder einer moralischen Hilfe, u. so wird die bibeltheologische Konkretheit der Gnade nicht eingeholt. Dieser Traktat der Anthropologie des erlösten Menschen (der in der Gesamtdogmatik seinen richtigen Platz hinter ↑Trinitätstheologie, ↑Schöpfungslehre, ↑Christologie, ↑Soteriologie u. ↑Ekklesiologie hat) schließt als einen integrierenden Bestandteil die Lehre von den göttlichen ↑Tugenden in sich u. stellt als ganzer jene dogmatische Grundlegung dar, die für eine ursprüngliche dogmatische ↑Moraltheologie wesentlich ist. Die wesentlichen Themen der G. sind dann folgende: l. die trinitarische ↑Selbstmitteilung Gottes an den Menschen in Jesus Christus, die als Grundakt Gottes auf das Nichtgöttliche hin ↑Natur und Gnade, supralapsarische (vor Adams Sünde) u. infralapsarische (nach der ↑Erbsünde) Ordnungen unterscheidet u. umgreift. Daraus ist 2. der Begriff der übernatürlichen (ungeschaffenen u. geschaffenen) ↑Rechtfertigungs-Gnade zu entwickeln, u. zwar auch in ihrem christologischen, infralapsarischen, individuellen u. sozialen, anthropologischen u. kosmischen Charakter. Daran schließt sich 3. die Lehre vom aktuellen (existentiellen) Vollzug der übernatürlichen Begnadigung an. Diese umfaßt: das gerechtfertigte Leben in Jesus Christus (Unverfügbarkeit der Gnade, Verborgenheitder Gnade im ..gerechten» Existenzvollzug, Gnadenbewußtsein, Freiheit unter der Gnade u. Befreiung der Freiheit durch die Gnade, Gesetz u. Gnade, Gewissen u. Gnade, Leibhaftigkeit der Gnade in der Kirche, Erkenntnis u. Gnade: die Tugend des Glaubens, Tat u. Gnade: die Tugenden der Hoffnung u. der Liebe u. deren Konkretisierung in der Breite des menschlichen Lebens, in den sogenannten moralischen Tugenden), den Prozeß der Rechtfertigung, das Wachstum des begnadeten Lebens u. seine Gefährdetheit durch die bleibende Sündlichkeit des Christen, die Grundgestalten des geistlichen Lebens, die ekklesiologisch-tätige Seite des Lebens in der Gnade: ↑Charismen, ↑Berufung, Zeugnisgeben.

Gnosis

(griech. == Erkenntnis) a) in einem echt christlichen Sinn bedeutet die charismatische, von der ↑Agape umfaßte Erkenntnis (als Moment am Glauben, nicht seine Überbietung), die Paulus dem vollkommenen „geistlichen» Menschen (der im ↑Pneuma ist) zuschreibt, jene Erkenntnis, in der der Mensch letztlich die unbegreifliche Liebe Gottes, die sich im Kreuz Jesu Christi offenbart, immer mehr glaubend „begreift» u. sich so immer mehr von dieser Liebe selbst als dem Eigentlichsten u. Endgültigen ergreifen läßt. Dieses Wachstum bedeutet das einende Verständnis des Ganzen der Offenbarung als solcher u. deren immer personaleren Bezogenheit auf die eigene Existenz. Diese theol. Erkenntnis ist von ihrem Wesen her auf die ↑Beschauung ausgerichtet, sollte getragen werden durch die ↑Weisheit des ↑Heiligen Geistes, sollte „charismatische», „kniende Theologie» werden, aus dem Vollzug des Geglaubten in der Liturgie herauswachsen u. in einer persönlichen „Konnaturalität» zum Glaubensmysterium u. in der Liebe geschehen. Einer solchen G. ist jede ↑Theologie bedürftig. – b) In einem nicht rechtgläubigen Sinn bezeichnet G. eine in der Geschichte immer wieder durchgebrochene Anfechtung (bis zur häretischen Spaltung) des Christentums u. eine Grundhaltung. Die gnostischen Phänomene pflegt man an Hand einzelner Anschauungen, die jeder G. gemeinsam sind, unter dem Sammelnamen „Gnostizismus» zusammenzufassen. Dazu gehören u.a. als wichtigste: eine Ablehnung der jeweils konkreten Gegenwart, eine „Flucht» in die göttliche Sphäre, in die man durch philosophische Erkenntnis u. Askese aufsteigt (u. die in Geister- u. Engelspekulationen ausgemalt wird), ein absoluter oder relativer (mit dem Ende der Welt begrenzter) ↑Dualismus, eine Ablehnung gesetzlicher Normen (Antinomismus). Solche G. gab es in der jüdischen Umwelt des NT z.B. in der Bruderschaft von Qumran, in jenen Kreisen, die von Paulus im Brief an die Kolosser (wegen Abschwächung der Stellung Jesu Christi) u. die von den Pastoralbriefen (Mythen, Ehefeindlichkeit) bekämpft werden u. gegen die sich die Apk richtet. Dabei ist nicht zu verkennen, daß das NT gerade zur radikalen Ablehnung solcher G. sich teilweise ihrer Terminologie bedient (↑Entmythologisierung). Radikal antignostisch im NT sind die Betonung, daß die Vollendung der Welt u. des Einzelnen allein Sache Gottes sind, der auch allein das ↑Heil gibt, die Betonung der fleischlich-leiblichen Existenz des wirklich Mensch gewordenen Logos Gottes samt dem Ärgernis des Kreuzes, die Ungeschuldetheit u. Einmaligkeit der Erlösung u.a. Seit Beginn des 2. Jh. wird eine von Osten her kommende G., die in ihr System christliche Stücke einbaut, zum gefährlichsten, weil von echter religiöser Erfahrung getragenen u. imponierenden Gegner der ↑Urkirche. Historisch greifbar u. wichtig sind vor allem eine frühgnostische Gruppe um 120 n.Chr. in Antiochien (die den ↑Doketismus u. radikale geschlechtliche Enthaltung vertrat); die Anhänger des Basilides (120-145 in Alexandrien; gnostische Exegese des Evangeliums u. Hymnendichtung); die des Valentin in Rom (145-160), die einen dualistischen Erlösungsmythos aufstellte. Markion, 144 in Rom exkommuniziert, der den „Judengott» (das ganze AT) radikal verwarf u. einen Kanon, bestehend aus Lk u. 10 Paulusbriefen, die er von „jüdischen» Elementen gereinigt hatte, aufstellte, ist nicht eigentlicher Gnostiker, wohl aber seine Anhänger. Gegen diese G. entfalteten sich die früheste ↑Dogmenentwicklung der Kirche, eine großartige kirchliche Literatur (Justinus, Eirenaios, Tertullian, Hippolyt) u. die theol. Bemühungen, tiefere u. gültige Erkenntnisse der Gnostiker christlich zu integrieren (↑Alexandrinische Theologenschule). Konzentriert ist die kirchliche Abwehr in der radikalen Bejahung der echten Menschheit Jesu u. darum der Würde des Fleisches (↑Auferstehung des Fleisches). Gnostische Anschauungen lebten im Mittelalter u. in der Neuzeit immer wieder auf (↑Theosophie, ↑Anthroposophie, Rosenkreuzer usw.). Die theol. Grenze gegen die G. ist vor allem wegen der folgenden Merkmale der G. zu ziehen: G. ist Erkenntnis, die nicht einer personalen, gnadenhaften Selbsterschließung Gottes, sondern dem zu entdeckenden Wesen des Menschen selbst entstammt, ist also letztlich gnostisches „Selbstbewußtsein», nicht gehorsames Hören des Wortes Gottes, Glaube. Der ..Erlöser» der G. hilft dem Menschen nur, zum eigenen verschütteten Wesen hinabzudringen, schafft aber nicht innerhalb der konkreten Geschichte als echter Mensch erst das Heil, das er gibt. Die Erkenntnis als solche ist schon einfach durch sich allein erlösend; Liebe u. sittliche Tat ist höchstens Folgerung aus dem Erkannten, so daß objektiv u. subjektiv in der G. schon alles gegeben ist. Damit behauptet die G., daß der Mensch im letzten die absolute u. doch alles umfassende Einheit aller Wirklichkeit in sich selbst findet; er realisiert also nicht, daß er in seinem kreatürlichen ↑Pluralismus immer auf die ihm transzendent bleibende Einheit Gottes verwiesen ist u. seine Existenz also der Konzentration auf die bloße Erkenntnis widersteht. Die Erkenntnis erreicht nach der G. ein ..geschlossenes» System, das das Abbild des in logischer oder physischer Notwendigkeit verlaufenden Weltlaufes ist, somit keine wirkliche personale Freiheit, ↑Geschichtlichkeit u. Einmaligkeit kennt u. mit dem ↑Geheimnis im Grund des Daseins nicht als bleibender, wenn auch ..nahegekommener» Unbegreiflichkeit Gottes rechnet, sondern es als das entschleierte u. eroberte versteht.

Gott

(lat. Deus, griech. Theos, hebr. El, Elohim u. Jahwe) ist der dt. Name für denjenigen, der sich nach dem Zeugnis des AT als der durch keine Grenze Beschränkte (ls 6; l Kg 8,27), schlechthin Unvergleichliche (PS 139, 7-12 u.ö.), radikal Lebendige (PS 90), absolut Seinsmächtige, Zukünftige u. Zuverlässige (Ex 3,13 f, ↑Jahwe) offenbart, dessen All-Macht sich aber nicht abstrakt, sondern in seinem geschichtsmächtigen Handeln an seinem Volk Israel u. über den Völkern erweist u. der sich in liebender Erwählung des ↑Bundes-Volkes u. des Einzelnen als unmißverständlich personal zeigt. Diesen selben bekennt Jesus als seinen Vater, der in Jesus den Menschen gnädig u. vergebend angenommen hat u. in ihm den Zugang zu seiner ↑Basileia eröffnet. Er ist vom Wesen her unsichtbar (Röm 1,20; Jo 1,18; 6,46), nur dem Sohn bekannt (Jo 1,18 u.ö.), aber in der Selbstmitteilung an den Sohn u. von diesem an die Brüder als Liebe erkannt (l Jo 4,16f) u. letztlich in Jesus als seinem getreuen Abbild (2 Kor 4,4; Kol 1,15) sichtbar geworden. In analoger Seinserkenntnis (↑Theismus) sieht ihn die christliche Philosophie u. Theologie als das absolut heilige, das höchste, überweltliche, persönliche, absolut notwendige, unverursachte, von sich seiende, daher ewige u. unendlich vollkommene (DS 3001, NR 315) Wesen, das alles andere aus dem Nichts geschaffen hat (↑Schöpfung; ↑Erhaltung der Welt). Selbstverständlich werden mit diesen Reflexionen u. analogen Formulierungen (↑Analogia entis) bei weitem nicht alle Erfahrungen getroffen, die die Menschheit in ihrer Glaubens- u. Hoffnungsgeschichte gemacht hat. Diese Überlegungen, in denen die „praktische Aussage ,Gott» auf einen theoretischen Begriff gebracht wird, sind zunächst für die Theologie relevant:

l. Als der absolut von-sich-Seiende kann Gott nicht auf dieselbe Weise „seiend» genannt werden wie das geschaffene Seiende. Insofern Gott den ↑»Grund» für seine Existenz in sich selbst, d.h. in seinem eigenen Wesen (↑Aseität) hat, kommt ihm das ↑Sein schlechthin u. in absolutem Maße zu (esse ipsum subsistens); geschaffenes Seiendes aber besitzt Sein nur als von -Gott-begründetes (↑Kontingenz, ↑Kausalität) u. wird so nur in Analogie seiend genannt. Weil G. absolutes Sein in ewigem Selbstbesitz ist, ist jede Einschränkung u. jeder Zusatz in ihm unmöglich; es gibt keine positive Möglichkeit, die in ihm nicht erfüllt wäre, er ist reiner ↑Akt (actus purus). In diesem absoluten, ursprünglichen, uneingeschränkten Selbstbesitz gründet die absolute Geistigkeit G.es (Spiritus purus). So sehr nun G. in der Welt als dem Abbild Gottes von der Vernunft erkannt werden kann, insofern aus der vielschichtigen Erfahrung der bleibenden Kontingenz des Seienden wie auch aus der Kontingenz dieser Erfahrung selbst auf den Grund (Ursache) dieser kontingenten Wirklichkeit „geschlossen» werden kann (↑Erkennbarkeit Gottes, ↑Gottesbeweis), so ist doch G. zugleich in seiner Unendlichkeit, Absolutheit u. absoluten Andersheit für eben dieses menschlich-endliche Denken unbegreifbar, weil die Unendlichkeit Gottes nicht umfaßt u. nicht von einem andern her verstanden werden kann, sondern als Grund alles Verstehens das Unergründliche bleibt, das nie als (sondern nur: in Art von) „Gegenstand» innerhalb der menschlichen Erkenntnis zu stehen kommt. Er bleibt somit das absolute u. unauflösliche ↑Geheimnis, das gerade als solches erfaßt werden muß, soll Gott als ER verstanden werden. Als solches ist er Grund u. Ziel der Bewegungstranszendenz des endlichen, auf das Unendliche offenen menschlichen ↑Geistes u. ist in dem Vollzug dieses Geistes (in Erkennen u. Wollen) schon unthematisch immer mit-bejaht. Insofern G. als solches Geheimnis dem Menschen gegeben ist u. insofern er dennoch als von der natürlichen Erkenntnis des Menschen erreichbar angesehen wird (DS 3005 3875 ff, NR 29 f 71), muß das Wesen der von der kirchlichen Lehrentscheidung des l. Vaticanums gemeinten erkennenden Vernunft als das Vermögen der Offenheit auf das Geheimnis verstanden werden; dann aber müssen alle positiven analogen Aussagen über G. als das unendliche Geheimnis von vornherein mit dem Bewußtsein gelesen werden, daß sie nur richtig verstanden sind, wenn sie in absoluter Einheit mit dem positiv Gesagten als Verweis in das unaussagbare Geheimnis hinein gemeint werden u. zugleich als Abwehr der Antastung dieses Geheimnisses.

2. Diese Aussage über G. lebt im wirklichen Vollzug des Menschen weder in ihrer Inhaltlichkeit noch in der Kraft u. Entschiedenheit allein von der metaphysischen Erkenntnis Gottes aus der Welt im allgemeinen. Denn gerade sie ist auch erwirkt von der heilenden ↑Gnade u. auch Glaubensaussage, d.h. von der geschichtlichen Selbstoffenbarung Gottes her empfangen (DS 3005, NR 29 f) u. als Glaube vollzogen (DS 800 3001, NR 918 315). Ja die kirchliche Lehre hält an der faktischen Bedrohtheit u. Verzerrtheit einer gnadenlosen, offenbarungslosen, bloß ..metaphysischen» Erkenntnis in der gegenwärtigen Welt ausdrücklich fest (↑Polytheismus). So ist also unsere Aussage immer von der heilsgeschichtlichen u. gnadenhaften Erfahrung ↑Jesu Christi her zu hören, so daß wir immer von dem, den wir als in dieser Heilsgeschichte Handelnden erfahren, sagen, daß ER G. ist. Unsere Glaubensaussage lautet also letztlich u. adäquat nicht: „Es gibt einen Gott», sondern: Dieser, mit dem wir es in der Geschichte Jesu Christi zu tun haben, der darin erscheint, der sich als ↑Dreifaltigkeit offenbart u. mitteilt, ist G., ist der einzige G., der Grund aller vielfältigen, antagonistischen Wirklichkeit u. das Geheimnis schlechthin. Dadurch zielen auch alle (oben getroffenen) metaphysisch-abstrakten Aussagen über G. in der dogmatischen G.eslehre nicht wieder auf das abstrakte Subjekt einer Metaphysik, sondern sind immer auch das Bekenntnis, daß wir in unserer Geschichte mit dem konkret zu tun haben, von dem wir so Unsagbares aussagen, u. von diesem diese Aussagen machen, weil er darin sich so zeigt u. zu dem wir DU sagen.

3. Genauerhin geht es also dieser spezifisch dogmatischen Glaubensaussage über G. darum, diesen in seiner absoluten Einmaligkeit auszusagen u. daraus die absolute Verbindlichkeit des ↑Glaubens an diesen G. der in Jesus Christus geschehenen Offenbarung zu folgern: Gott ist die Wirklichkeit, die sich in absoluter Wesensunterscheidung von der Welt hält (DS 804ff 957 2842f 3001 3201f 3875f u.ö., NR 280 15f 315 58 71 u.ö.), obwohl er der bleibende, alles durchdringende u. alles in sich behaltende (DS 75 800 3001, NR 915 918 315) Grund der Welt ist. Er kann also nicht als die ..personifizierte» Summenformel aller Wirklichkeit „pantheistisch» gedacht werden (DS 3023 f, NR 320f; ↑Pantheismus). Eine solche Wirklichkeit, die nicht Qualität dieser Welt ist, sondern absolut in sich u. für sich besteht, gibt es nur eine (↑Monotheismus); sie ist absolut ..einfach» (DS 800 1880 3001, NR 918 473 315) gerade in ihrer unendlichen Seinsfülle, die keine ihrer Daseinsdimensionen mit einem anderen Seienden gemeinsam hat u. darum auf dieses Andere verwiesen wäre (Einfachheit Gottes). Diese eine u. einmalige Wirklichkeit wird als die ..Ganzheit unendlicher Vollkommenheit» bezeichnet (Allmacht, Allwissenheit usw., DS 3001, NR 315). Die Unendlichkeit dieser Vollkommenheit selbst ist theologisch nur mehr aufhellbar durch die Unbegreiflichkeit Gottes. Insofern jede Seinswirklichkeit durch ihren eigenen Ur-grund immer schon restlos eingeholt sein muß u. sie in diesem also unendlich erhaben vorliegen muß, finden Geist, Wollen, Selbstbewußtsein, Leben in jener einmaligen absoluten Wirklichkeit, die G. ist, ihren absoluten Höhepunkt: G. ist also („intellectu et voluntate infinitus»: DS 3001, NR 315) der absolut freie, lebendige, personale Gott, der sich in der Heilsoffenbarung durch Jesus Christus in eben dieser Fülle u. in reueloser Liebe dem Menschen mit-geteilt hat. Vgl. ↑Gotteslehre, ↑Trinitätslehre, ↑Theodizee.

4. Vgl. ferner ↑Vaterschaft Gottes (↑Jahwe), ↑Sohn Gottes (↑Jesus Christus, ↑Logos) ↑Heiliger Geist, ↑Pneuma, ↑Barmherzigkeit Gottes, ↑Gerechtigkeit Gottes, ↑Heiligkeit Gottes, ↑Treue Gottes, ↑Gottesverehrung, ↑Religion.

5. Die Gotteserfahrung heute steht unter dem Vorzeichen des Abbaus der Vorstellungen, daß Gott eine partikuläre Wirklichkeit in der Welt, eine Teilursache sei, die mit den übrigen Wirklichkeiten in einer dauernden gegenseitigen Wechselwirkung stehe. Die legitime Entgöttlichung der Welt wird (langsam) immer mehr erfahren als getragen von jener Transzendierung von Welt u. endlichem Subjekt, in der die wahre Gotteserfahrung geschieht. Das ..persönliche Verhältnis» zu Gott artikuliert sich heute vor allem in einer verstummenden Haltung, in der das Wort des Menschen an Gott nur die Voraussetzung seines Schweigens wird. Die Gotteserfahrung heute hat teil an der Gotteserfahrung Jesu, einer Erfahrung der anzubetenden Unbegreiflichkeit, welche Erfahrung aber kaum eine erhebliche Stütze in der bloß gesellschaftlichen Tradition des Christentums (Kirche) hat.

Gottebenbildlichkeit

ist ein aus der Offenbarung erhobener Begriff, der das einzigartige Verhältnis zwischen Gott u. Mensch umschreibt. Der Mensch, d.h. nach der biblischen Anthropologie der ganze Mensch in seiner leib-geistigen Verfaßtheit als Mann u. Frau, ist geschaffen zum Bild Gottes (Gn 1,26f) als der die Welt beherrschende Partner Gottes. Er ist damit schlechterdings von allem übrigen Geschaffenen, zumal dem belebten, unterschieden, das geschaffen ist je „nach seiner Art». Bild Gottes bleibt er auch nach der Ursünde (Gn 9,6), weil er rufbar u. von Gott gerufen bleibt. Das Bild Gottes schlechthin aber ist ↑Jesus Christus (2 Kor 4,4 ff; Kol 1, 12-16; Hebr 1,3), da er als der Sohn Gottes (↑Logos) den Vater abbildet u. als der menschgewordene Gott den Unsichtbaren sichtbar macht; so liegt auf ihm auch der Glanz der Herrlichkeit des Vaters. Durch das göttliche ↑Pneuma erhält auch der an ihn Glaubende Anteil an der ↑Doxa des verklärten Herrn u. wird so zum Bild des Verklärten schon hier (2 Kor 3, 18), um wieviel mehr nach der Auferstehung des Fleisches (1 Kor 15,49; Röm 8,29). Dieser selbst wieder bildhaften Aussage über den Menschen als Bild Gottes sucht die dogmatische Anthropologie nahezukommen, wenn sie den Menschen bestimmt als von ↑»Natur» aus offenen für die ↑Selbstmitteilung Gottes u. diese Natur selbst als ↑Potentia oboedientialis für die ↑hypostatische Union u. für die ↑Gnade Jesu Christi (in apriorischer ↑Christozentrik der Schöpfung) u. wenn sie ferner die Gnade bestimmt als Selbstmitteilung Gottes u. als die Fähigkeit der konnaturalen Aufnahme dieser Selbsterschließung Gottes im Wort (Glaube – Liebe) u. in der ↑Anschauung Gottes.

Gottesbeweis

bedeutet die systematische auslegende Reflexion auf die notwendige Bejahung dessen, was wir „Gott» nennen, in jedem geistigen (urteilenden u. frei entscheidenden) Akt des Menschen. Ein G. will also letztlich nicht eine Kenntnis vermitteln, in der einfach irgendein bisher schlechthin unbekannter u. darum auch gleichgültiger Gegenstand von außen an den Menschen herangebracht wird, sondern das reflexe Selbstbewußtsein darüber vermitteln, daß der Mensch immer u. unausweichlich in seiner geistigen Existenz mit Gott zu tun hat (ob er ihn „Gott» nennt oder anders, ob er darauf reflektiert oder nicht, ob er es wahr haben, zulassen, frei bejahen will oder nicht). Das macht Eigenart, Selbstverständlichkeit u. Schwierigkeit des G.es aus: es ist immer der ganze Mensch in der Einheit seiner Einsicht u. Freiheit gemeint (obwohl nur die Seite der abstrakten Begrifflichkeit u. das Allgemeine im Menschen thematisiert werden kann); es handelt sich um das, was jeder eigentlich schon immer weiß u. gerade darum sich nur sehr schwer in begrifflicher Objektivität sagen kann, weil das so begrifflich Vergegenständlichte die unthematische Gewußtheit des Gemeinten nie adäquat einholt (so wie jemand im Durchschnitt des Alltags mehr, als er sich u. ändern reflex sagen kann, weiß, was Logik, Zeit, Liebe, Freiheit, Verantwortung usw. ist). Der G. oder die Gottesbeweise (man kann ihn verschieden formulieren u. verschiedene Gesichtspunkte mehr oder weniger ausdrücklich werden lassen) laufen alle darauf hinaus, daß in jeder Erkenntnis (ja sogar im Zweifel, in der Frage, in der getanen Weigerung, sich auf „Metaphysik» einzulassen), mit was immer sie sich beschäftigt u. indem diese Erkenntnis etwas – wenigstens den Akt selbst – real setzt, solches geschieht vor dem Hintergrund des bejahten ↑Seins überhaupt oder schlechthin als des Horizontes, des asymptotischen Woraufhin u. des tragenden ↑Grund von Akt u. Gegenstand, wobei es nochmals eine zweitrangige Frage ist, wie man dieses namenlos abweisend Anwesende nennt (Sein schlechthin, Geheimnis oder – bei Hervorkehren der Freiheitsseite dieser ↑Transzendenz – absolutes Gut, personales, absolutes Du, Grund schlecuthinniger Verantwortung usw.). Indem der Mensch die gegenständliche Wirklichkeit seines Alltags ergreift (im Zugriff u. umgreifenden Begriff), vollzieht er als Bedingung der Möglichkeit solch zugreifenden Begreifens den unthematischen, ungegenständlichen Vorgriff auf die unbegreifliche, eine Fülle der Wirklichkeit, die in ihrer Einheit zugleich Bedingung der Erkenntnis u. des (einzelnen) Erkannten ist u. als solche (unthematisch) immer bejaht wird, selbst noch in dem Akt, der dies thematisch bestreitet. Der einzelne Mensch erfährt diese unentrinnbare Grundverfassung seines geistigen Daseins in der je individuellen Grundbefindlichkeit (↑Befindlichkeit) seines Daseins: als ungreifbar lichte Helle seines Geistes, als Ermöglichung der absoluten Fraglichkeit, die der Mensch sich selber gegenüber vollzieht u. in der er sich selbst radikal übergreift, in der nichtigenden Angst (die etwas anderes ist als gegenständliche Furcht), in der Freude, die keinen Namen mehr hat, in der sittlichen Verpflichtung, in der der Mensch wirklich von sich abspringt, in der Erfahrung des Todes, in der er um seine absolute Entmächtigung weiß: in diesen u. vielen anderen Weisen der transzendentalen Grunderfahrung des Daseins west an (ohne „geschaut» zu werden), was alles ist (u. darum erst recht Person) u. was der Mensch als den Grund seines geistigen Daseins erfährt, ohne sich selbst, den Endlichen, mit diesem Grund identifizieren zu dürfen. Diese Grundverfassung u. ihre Inhaltlichkeit wird in den ausdrücklichen Gottesbeweisen thematisiert. Die Erfahrung, daß der Vollzug jedes Urteils als Tag in dem Getragen- u. Bewegtsein durch das Sein schlechthin geschieht, das nicht von Gnaden dieses Denkens lebt, sondern als das Tragende, nicht als das durch das Denken Erdachte waltet, wird thematisiert in dem metaphysischen Kausalprinzip (das nicht verwechselt werden darf mit dem naturwissenschaftlichen funktionalen Kausalgesetz, nach dem jedem Phänomen als „Wirkung» ein anderes von ..quantitativer» Gleichheit als ..Ursache» zugeordnet wird): das kontingente Endliche, das als faktisch u. nicht notwendig (als seinen hinreichenden Grund nicht in sich selber tragend) bejaht wird, existiert als „bewirkt» (wie seine Bejahung selbst) von dem absoluten Sein als seiner Ursache her (vgl. auch ↑Kausalität).. Diese Ursächlichkeit des anwesenden, den Vollzug des Geistes tragenden alleinen Seins gegenüber jedem Seienden, das als gegenständlich thematisches im Bewußtsein gegeben ist, kann nun hinsichtlich der verschiedenen formalen Aspekte eines Seienden artikuliert werden: Das Seiende einfach als kontingentes weist auf das absolute Sein als seine Ursache: kosmologischer G., Kontingenzbeweis (wobei noch einmal Einzelmomente unterschieden werden können, etwa im Hinblick auf die dem Seienden eingestiftete Finalität: teleologischer G.; oder im Hinblick auf die Seinsabhängigkeit jedes Aktes von einem früheren u. den Schluß auf den reinen Akt ohne jede Potentialität: kinesiologischer G. [erster ↑Beweger] ; oder im Hinblick auf den notwendigen ersten Anfang der Welt: Entropiebeweis; oder im Hinblick darauf, daß jedem Endlichen alle reinen Seinsvollkommenheiten nur durch Teilnahme zukommen: der Stufenbeweis des Thomas v. Aquin); der absolute Sollenscharakter des (personalen) Seienden verweist auf die Wirklichkeit des absoluten Wertes: deontologischer, axiologischer, moralischer G.; die Absolutheit der (real vollzogenen) Wahrheit verweist auf die reale Absolutheit des notwendigen Seins: noetischer G.; die übereinstimmendeüberzeugung aller Völker vom Dasein Gottes muß im wirklichen Gott ihren Grundhaben: historischer, ethnologischer G. Diese Einzelartikulationen der Philosophie über Gott, die in der abendländischen Philosophie seit Anaxagoras u. Platon unternommen wurden, werden seit dem 18. Jh. mit wenig Klarheit in metaphysische, physische u. moralische Gottesbeweise unterteilt, wobei nicht beachtet wird, daß je ihr Ziel (das nicht u. nie im Zwang zur Anerkennung Gottes bestehen kann) nur in dem Maß erreicht wird, als sie je in einzelner Artikulation die transzendentale Grunderfahrung des Daseins reflektieren.

Gottesfurcht

Dem religiösen ↑Akt, in dem der Mensch als Kreatur in ↑Anbetung sich Gott stellt, gehört als Moment die heilige „Furcht» vor dem absoluten, unbegreiflichen u. heiligen Gott an, insofern in ihm der Mensch sich als restlos abhängig u. als Sünder anerkennt. Sie bedeutet keinen Gegensatz zur vertrauenden Liebe, sondern ein Moment an dieser selbst (auch im Himmel: DS 735), das sie gerade als Gottesliebe charakterisiert: Gott wird gerade dadurch anerkannt u. geliebt, daß der eigene absolute Unterschied von ihm anerkannt u. geliebt wird. Da es sich hier um ein einmaliges Verhältnis handelt, taugt es nicht viel, die G. an Hand der Erfahrung menschlicher Furcht, Schrecknisse usw. zu verdeutlichen. Da in dieser Annahme der eigenen Kreatürlichkeit auch die eigene Heilsbedürftigkeit anerkannt wird, ist die Furcht um das eigene Heil auch dann nicht etwas sittlich Minderwertiges, wenn diese Furcht noch nicht aus ↑Liebe zu Gott entspringt. Die Haltung einer absoluten, selbstvergessenden, furchtlosen Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Heil wäre letztlich sogar Anmaßung, es dem sich selbst genügenden, unbedrohten Gott gleichtun zu wollen. Die Furcht um das eigene Heil (DS 1533 f 1541 1563, NR 804 810f 831; Mt 5,29; 10,28; Jo 5,14; Phil 2,12; Röm 11,20 u.ö.) im Blick auf die unergründliche ↑Gerechtigkeit Gottes gehört somit als weiteres Moment zum vollen Begriff der G. Dementsprechend gehört die G. in den Rechtfertigungsprozeß (DS 1526f 1558; NR 796f 826) hinein, kann sie das sittlich berechtigte› Motiv sein, das (als timor simpliciter servilis, knechtliche Furcht) zu dem Akt der fReue bewegt (DS 1456 1558 1677f 1705 u.ö., NR 632 826 651 664 u.ö.; ↑Attritionismus). Wo natürlich nur die Strafe Gottes als physisches Übel für den Menschen selbst gefürchtet wird u. der sittliche Unwert der Schuld als Widerspruch gegen Gott selbst nicht realisiert u. also an der Schuld als solcher innerlich festgehalten wird (timor serviliter servilis, knechtische Furcht), da liegt kein sittl. Akt vor. Und auch die sittlich berechtigte Furchtreue als vc. bereitende Etappe im Rechtfertigungsprozeß ist erst an ihrem Ziel (der Rechtfertigung), wenn sie im personalen Akt u. (oder) Sakrament überformt u. integriert ist durch die Liebe zu Gott, in der Gott um seiner selbst willen geliebt u. so die G. zur liebenden Ehrfurcht (timor filialis) wird (DS 1677f, NR 651), so daß man Gott aus Liebe fürchtet u. nicht aus Furcht liebt (Franz v. Sales).

Gotteskindschaft

ist wie ↑Gottebenbildlichkeit ein nur der Offenbarung entnommener Begriff zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen Gott u. Mensch. Nach dem AT ist Israel als ganzes das Kind Gottes; später werden die einzelnen Frommen so genannt, u. schließlieh wird angedeutet, daß alle Menschen Kinder Gottes sind (ls 43,6; vgl. auch Mt 8,11 f) u. daß die G. eine Gabe der eschatologischen Heilszeit ist (Mal 3, l; Mt 5,9). Die Theologie der G. entfaltet Paulus. Sie ist nach ihm grundsätzlich allen zugedacht (Gal 3,26ff). Zwar ist nur Jesus Christus Sohn Gottes von Natur aus (Röm 8,29), aber in ihm (unserem Bruder: Hebr 2, llf) werden wir aus der Sklaverei des Gesetzes befreit u. als Kinder adoptiert (Gal 4,5); durch das ↑Pneuma werden wir Jesus Christus so gleichgestaltet, daß wir in ihm zu Gott „Vater“ sagen dürfen (Gal 4,6). Von dieser gnadenhaften G. spricht vor allem Johannes. Sie ist gegeben mit der neuen Geburt aus Wasser u. Geist (Jo 3,5) u. beruht auf einer neuen Zeugung (l Jo 2,29 u.ö.) u. wird auch nach ihm wie bei Paulus an der Liebe zu den Brüdern kund (l Jo 4,7 u.ö.). Die dogmatische Theologie verwendet den Begriff der G. zur Beschreibung der formalen Wirkungen der ↑heiligmachenden Gnade; doch müßte dabei die vertrauende Innigkeit, die wesentlich zum ntl. Begriff der G. gehört, deutlicher u. ursprünglicher nahegebracht werden: mit dem unerhörten Mut, den nur Gott selbst geben kann, sagen wir dem absoluten Geheimnis, dem Abgrund u. dem verzehrenden Gericht Vater und haben recht.

Gotteslehre

Entsprechend dem Anfang aller ↑Glaubenbekenntnisse war es in der christlichen Theologie immer unbestritten, daß die ↑Dogmatik, wenn sie überhaupt systematisch werden will, mit der Lehre über /Gott zu beginnen habe. Die Offenbarung u. Heilsgeschichte (u. so das formale Wesen der ↑Theologie) als Selbsterschließung Gottes u. das transzendental-exzentrische u. zum Glaubensgehorsam an diesen sich selbst erschließenden Gott grundlegend aufgerufene Wesen des Menschen, das nur bei sich ist, wenn es Gott findet, u. den wahren Gott nicht fände, wenn er nur in seinem „Sein für uns» betrachtet würde, gebieten es, daß der Mensch nicht zuerst von seinem Heil, sondern von Gott spricht. Dies schließt nicht aus, sondern ein, daß auch schon dieser Traktat die Herkunft unserer wirklichen Gotteserkenntnis von Jesus Christus nicht vergessen darf (↑Christozentrik). So ist es wichtig, die allgemeine G. (vom einen Gott) nicht so darzulegen, als ob es gar keine ↑Trinitätstheologie gäbe. Der geschichtsmächtige, in fortschreitender Selbstoffenbarung sich der Welt mitteilende Gott ist schon dadurch auch der Gott, der sich fortschreitend mehr u. mehr als der Dreipersönliche offenbart u. mitteilt. Theologisch ist das „Wesen» Gottes erst wirklich ausgesagt, wenn es als innergöttlich mitteilbar bekannt wird u. diese Mitteilbarkeit als aus der Natur des Seins erfolgend verstanden wird, das in der G. selbst behandelt wird. Mit gutem Recht wird auch die Gotteserkenntnis in der G. besprochen, denn gerade die Reflexion auf die Eigenart des transzendentalen u. gnadenhaften Verwiesenseins des Menschen auf Gott macht für uns von ihrem Wesen her offenbar, wer eigentlich Gott ist. Jn der Thematik der eigentlichen G. wird die ganze Frage des Verhältnisses von natur- u. gnadenhafter übernatürlicher Ordnung u. der beiderseitigen Erkenntnisse, ferner des Verhältnisses zwischen essentialer u. existentialer Erkenntnis u. der beiden zugeordneten Gegenständlichkeiten aufgerufen. Es wäre untheologisch, wollte man so tun, als könne eine Theologie als systematische Reflexion auf das Wort der Offenbarung ohne Metaphysik auskommen (↑Philosophie u. Theologie, ↑Theismus). Es kann sich zwar in der theol. G. nur um die Aussage dessen handeln, was durch die geschichtliche Selbstbezeugung Gottes in Heilstat u. Wort von Gott erfahren wird, aber in dieser Erfahrung selbst u. in ihrer Aussage vollzieht der Mensch auch unvermeidlich seine metaphysische Existenz, u. je deutlicher er darauf reflektiert, gerade um für die göttliche Selbstbezeugung völlig offen zu werden, um so reiner kann er diese wieder aussagen. Bei dieser Aussage kann es sich nicht nur um die notwendigen Wesenseigentümlichkeiten Gottes handeln, sondern auch um die grundlegenden, in der Heilsgeschichte sich durchhaltenden Strukturen des freien Verhaltens Gottes zur Welt. Diese beiden Sachverhalte werden meist nicht deutlich genug auseinandergehalten. Die ↑Treue, die ↑Barmherzigkeit, die ↑Liebe usw., die wir faktisch erfahren u. in diesem Traktat aussagen, sind nicht bloß die (theologisch bezeugten) notwendigen ..Eigenschaften» des metaphysischen Wesens Gottes, sondern wesentlich mehr. Denn diese Treue, Liebe usw., die er uns faktisch erweist, könnte er uns auch verweigern, ohne darum aufzuhören, treu, liebend usw. in einem metaphysischen Sinn zu sein. Diese Eigenschaften lassen sich auch nicht material positiv synthetisieren. Wir haben wirklich z.B. seine ↑Barmherzigkeit mehr zu preisen als seine ↑Gerechtigkeit zu fürchten, weil er seine Gnade, nicht seinen Zorn hat überströmend werden lassen. Das Wesen Gottes wird in der G. als das absolute /-«Sem dargestellt. In diesem Zusammenhang müßte deutlich gemacht werden, daß die unendlicheSeinsfülle des „reinen Aktes» mit seiner ↑Aseität nur „verstanden» wird, wenn sie als das heilige ↑Geheimnis angebetet wird.

Gottesmutterschaft

besagt, daß die heilige Jungfrau ↑Maria die wirkliche Mutter ↑Jesu Christi u. daß dieser wirklich der ↑Sohn Gottes ist. Darum erwuchs der Titel „Gottesmutter» für Maria auch aus den trinitarischen u. christologischen Kämpfen der ersten drei Jahrhunderte (DS 252 301 ff, NR 178). Es ist zu beachten, daß mit „Mutterschaft» mehr gesagt ist als nur biologisches Empfangen u. Gebären; ist Mutterwerden im echten Sinn schon mehr als ein bloß leibliches Vorkommnis, so gilt dies um so mehr von der frei-personalen Tat des Glaubens Marias, die untrennbar von unserer Heilsgeschichte ist. Da wegen der ↑Idiomenkommunikation (u. nur so!) vom göttlichen Logos in aller Wahrheit gesagt wird, daß er in Maria gezeugt wurde, ist Maria in Wahrheit die Mutter Gottes u. ist der Titel „Christusmutter» (des ↑Nestorianismus) abgelehnt worden, weil die Gefahr einer Abschwächung der Gottheit Jesu Christi oder der ↑hypostatischen Union damit verbunden war.

Gottesverehrung

ist „verleiblichte» (sichtbar u. hörbar gemachte) Anerkennung Gottes als Gott (↑Anbetung). Das Spezifikum der „Verleiblichung» ist mit der Grundverfaßtheit des Menschen gegeben, der erstens auf keinem anderen Weg eine „innere» Verhaltung vollziehen kann als dadurch, daß er sie auch ,,ausdrückt», u. zweitens zu einer solchen äußeren Kundgabe seiner inneren Anerkennung aufgerufen ist, insofern diese Anerkennung in totaler (also das gesamte Leib-Geist-Sein des Menschen umfassender) Selbstverfügung auf das Anerkannte hin geschehen muß (religiöser ↑Akt). Insofern aber die totale Verfaßtheit des Menschen zur Anerkennung Gottes aufgerufen ist u. dieser Mensch seinem Wesen nach auf Gemeinschaft hin bezogen ist, ist auch die letzthinnige Notwendigkeit der sozialen Struktur der G. erklärt (↑Kult, ↑Kirche). Die in der G. ausdrücklichgemachte Anerkennung selbst ist ihrerseits gerichtet u. spezifiziert durch die ihr vorliegende Gotteserkenntnis. „Gegenstand» der christlichen G. ist also nicht nur abstrakt das metaphysische absolute Sein als solches, sondern der in der Selbstoffenbarung durch Jesus Christus vernommene Gott als der, der von der Welt radikal verschieden dennoch sich selbst dieser Welt in absoluter Selbstmitteilung erschlossen hat. Die spezifisch christliche G. ist also die von Gott selbst ermöglichte Annahme u. Anerkennung seiner Selbst-mit-teilung; diese von Gott gewirkte Annahme ist in der Kirche bleibend u. geschichtlich gemacht worden. Damit fällt die Frage nach der christlichen G. zurück auf die Frage nach dem Kult der Kirche. Diese kennt außer ihrem eigentlichen u. ..öffentlichen» Kult (dem Gottesdienst) den privaten Kuit (Gebet, Wallfahrt, Andacht usw.). Unmittelbar gegen die G. gerichtet sind Fluch, Gotteslästerung, Sakrileg u. Götzendienst; Aberglaube, insofern hinter ihm eine wirkliche Anerkennung einer gottfremden transzendenten Macht steht. Vgl. zur G. noch ↑Religion.

Grund

(lat. principium) ist nach Thomas v. Aquin „alles das, aus dem etwas auf irgendeine Weise hervorgeht». Nach der aristotelisch-thomistischen Philosophie wird zwischen Erkenntnisgründen u. Seinsgründen unterschieden. Die logischen Urteile gründen auf ersten (oder letzten) Prinzipien, die nicht begründet werden müssen, weil sie unmittelbar evident sind (z.B. der Satz vom Widerspruch). In diesen letzten Gründen ist der Unterschied zwischen Logik u. ↑Ontologie aufgehoben: sie sind bereits Seinsgründe. Diese werden in der scholastischen Philosophie mit den Ursachen identifiziert: die letzten Seinsgründe (principium quo) konstituieren das Seiende; es sind die vier Ursachen l) ↑Form (causa formalis) u. 2) ↑Materie (causa materialis), die sich zueinander verhalten wie ↑Akt (Wirklichkeit) u. ↑Potenz (Möglichkeit), ↑Wesen u. ↑Dasein; 3) ↑Kausalität (causa efficiens, Ursache) u. 4) Finalität (causa finalis, ↑Zweck). Doch lassen die letzten Gründe sich zurückführen auf den einen G. gemäß dem Satz vom zureichenden G., daß alles, was ist, einen G. haben muß, daß es ist u. nicht nicht ist (Nikolaus von Cues). Das Wesen dieses letzten G.es ist das ↑Sein, auf das als das unumfaßbare ↑Geheimnis die ↑Transzendenz des Menschen in jedem Erkennen hinweist u. das zugleich auch der G. der Wirklichkeit jedes Seienden ist, in der Theologie das „ipsum esse subsistens», der „actus purus», ↑„ Gott» genannt, von dem aus erst der ↑Mensch verstanden werden kann.

Gut

das Gute ist zunächst eine transzendentale Eigentümlichkeit des Seienden im allgemeinen u. bezeichnet dasjenige, was der final gerichteten Gestalt eines Seienden entspricht (u. deswegen erstrebt wird). Dazu gehört zunächst das Seiende in sich: insofern es sich in seinem aktuellen Wesensvollzug strebend setzt, ist es ontisch für sich „gut» (bonum sibi). Dazu gehört ferner alles, was diesem Wesensvollzug dient (bonum alteri). Ist ein Seiendes sich selbst zu freiem Selbstvollzug (↑Freiheit) im Horizont des absoluten .-«»Seins gegeben, so ist dessen ontische Gutheit das onto-logisch Gute, d.h. objektiv sittliches Gut (bonum honestum) u. als im Horizont des absoluten Seins gegebene ein absoluter „Wert»: weil u. insofern ein Seiendes (Gut) in der mit dem Wesen des Menschen notwendig gesetzten Zielordnung steht u. der Mensch im wissenden u. freien Selbstbesitz vor Gott „absolut», d.h. nicht mehr als Mittel auf anderes verwiesen, ist, kommt einem Seienden eine absolute Gültigkeit, eine Gesolltheit zu, die die Freiheit nicht aufhebt, sondern voraussetzt u. zu inhaltlich bestimmter Entscheidung ruft. Objektiv sittlicher Wert ist also primär die geistige Person (Gott u. Mensch), sekundär alles andere, insofern es dem primären objektiven sittlichen Wert zu seiner richtig bejahenden Selbstgegebenheit, Verwirklichung oder Anerkennung zu dienen vermag. Der freie geistige fAkt, der sich auf solche objektive sittliche Gutheit in Anerkennung u. Vollzug bejahend bezieht, ist subjektiv sittlich gut (bonum morale).

H

Habitus

heißt in der aristotelisch-thomistischen Philosophie eine Bestimmung der ↑Potenz, durch die diese so geformt wird, daß sie dauernd (zuständlich) ihrer Natur vollkommen entspricht (h. perfectivus). Ist diese Formung einer wirkkräftigen Potenz so, daß daraus gleichmäßig Akte einer bestimmten Qualität entspringen, so spricht man von h. operativus. Natürliche Grundlage eines H. ist die ↑Disposition; auf ihr aufgebaut, kann der H. durch beständige Wiederholung „erworben» werden (h. acquisitus). Geht ein solcher (erworbener) H. auf eine objektive sittliche Gutheit, so heißt der so erworbene gute H. ↑Tugend. Entsprechend der scholastischen Tugendtheologie, die von „eingegossenen» Tugenden spricht, wurde die ↑Gnade als der Seele eingeschaffene Qualität als „eingegossener» H. (h. infusus) bezeichnet wodurch die übernatürlichen ↑Heilsakte zunächst ihre Möglichkeit, noch nicht notwendig immer auch ihre Leichtigkeit u. Beständigkeit gewinnen. (Der Begriff H. kommt damit dem des ↑Existentials nahe.) Parallel dazu kann man von einem bösen H. sprechen, der gewöhnlich den Namen ↑Laster hat.

Handauflegung

ist eine uralte kultische Geste. Im AT begegnet sie vor allem als Ausdruck der Übergabe der Opfertiere an Jahwe (Ex u. Lv), als symbolische Übertragung der Sünden des ganzen Volkes auf den Sündenbock am großen Versöhnungstag (worauf dieser in die Wüste gejagt wird, um dort, wie die Sünden des Volkes, unterzugehen), als Segensgeste unter Menschen u. als Weiheritus (Nm 27,21 f; Dt 34,9). Am häufigsten wird die H. nach dem NT bei Krankenheilungen vorgenommen. Als solche wird sie von Jesus, den Jüngern u. Paulus berichtet. Auch als Segensgeste kennt sie das NT (Mk 10,16 mit Parallelen). Bedeutsam sind die ntl. Berichte von H. als Weiheritus; es wird ausdrücklich erwähnt, daß sie mit Gebet verbunden war, einmal auch mit Fasten verbunden. Im einzelnen werden durch H. übertragen: das Amt der Diakone (Apg 6, 1-6); die amtliche Bestellung des Paulus u. Barnabas zur Mission (Apg 13,3); als Amtsübertragung wird sie noch l Tim 4, 14 u. 2 Tim l, 6 berichtet. Ferner kennt das NT die H. als Komplementärritus zur Taufe, durch den der Heilige Geist mitgeteilt werden soll (d.h. als ↑Firmung: Apg 8, 15-17; 19,5f; Hebr 6,2), u. schließlich ist die H. im NT wohl auch als Bußritus greifbar (l Tim 5,22). So ist die heutige H. bei den Sakramenten der Taufe, der Firmung, des Ordo, der Krankensalbung u. (rudimentär als Handerhebung) der Buße biblisch gut fundiert. Ihre symbolische Bedeutung ist die Mitteilung des Geistes (auch bei der Versöhnung mit der Kirche) u. die Heilung; sakramentales Zeichen (↑Materie) ist sie bei der ↑Firmung u. beim ↑Ordo (Diakonats-, Presbyterats u. Bischofsweihe; DS 3857-3861).

Häresie

griech. hairesis = Auswahl) bezeichnet zunächst eine irrige Glaubensauffassung, deren Wesen darin liegt, daß eine (oder mehrere) Einzelwahrheit(en) aus dem organischen Zusammenhang des Ganzen genommen u., weil isoliert, falsch verstanden oder aber ein ↑Dogma geleugnet wird. Daß dies in der Kirche Jesu eintreten werde, sagte Jesus selbst voraus (Mk 13,6;Mt 13,24-39 u.ö.) u. ist in den apostolischen Schriften des NT als Ereignis oft bezeugt. Schon im NT zeichnet sich die Tendenz der ..falschen Brüder» ab, sich von der Kirche abzusetzen u. selber Kirche zu bilden (Apg 20,30; Kol 2,18 u.ö.); dies gehört hinfort wesentlich zur H. Die heutige Theologie unterscheidet materielle H. (wenn jemand einer objektiven H. anhängt, ohne sich seines Irrtums bewußt zu sein) u. formelle H. (wenn jemand einer objektiven H. hartnäckig u. böswillig anhängt). Solange jemand die irrige Auffassung oder die Leugnung eines Dogmas für sich behält, ohne sie zu äußern, spricht man von der Sünde der H. im Unterschied zum Delikt der H. Wer in rechtlich greifbarer Weise der H. verfallen ist, gehört nicht mehr im vollen Sinn zur Kirche (DS 1351 3802 u.ö., NR 381 402 u.ö.). Eine Theologie der H. hat davon auszugehen, daß es die H. nur bei Getauften, die Christen bleiben wollen, geben kann. Sie hat ferner die Pflicht, die Sätze eines anderen liebend-,,komprehensiv» zu interpretieren. Und sie hat schließlich zu beachten, daß die „bewahrten» christlichen Wahrheiten eine objektive u. subjektive Dynamik entwickeln auf die Aufhebung oder Verwandlung der häretischen Sätze in wahre hin. Als erster Aspekt bietet sich so einer wirklich christlichen Betrachtungsweise das virtuelle „Nochenthaltensein» des ganzen Christentums in der H. bzw. im Gesamtbegriff des Christentums beim Häretiker dar. Von hier aus könnte auch der Begriff einer bloß „verbalen» H. gewonnen werden, die sachlich eigentlich ein falscher Nonkonformismus gegenüber dem kirchlichen Sprachgebrauch, also eigentlich eher ↑Schisma ist. Es ist durchaus denkbar, daß eine reale H. im Lauf ihrer Geschichte (ohne es reflex zu wissen) sich zu einer bloß verbalen zurückentwickelt. Ferner ist die Möglichkeit immer im Auge zu behalten, daß es innerhalb der Geschichte einer H. in Lehre u. Praxis Aktualisierungen des Wesens des Christentums geben kann, die zwar in der kath. (d.h. wahren u. umfassenden) u. geschichtlich legitimen Gestalt des Christentums (d.h. in der römisch-kath. Kirche) potentiell immer bewahrt u. gegeben sind, aber noch nicht zur selben ausdrücklichen Aktualisationshöhe gekommen sind, also Anreiz für die Lehr- u. Praxisentfaltung in der Kirche bilden u. so eine positive heilsgeschichtliche Funktion gegenüber der Kirche ausüben können. Der Kern der Theologie der H. ist also folgendes: Die H. steht nach Paulus unter dem Prinzip eines heilsgeschichtlichen „Muß», in welchem die nichtseinsollende Schuld des die Wahrheit Gottes verkürzenden u. verengenden Menschen umfangen bleibt vom Willen Gottes zu seiner Offenbarung u. ihrem Träger, der Kirche. Die H. erhält von dieser Überholtheit her (nicht aus sich u. ohne daß sie dadurch als Tun des Menschen legitimiert würde) einen positiven Sinn: als die Weise, in der die Wahrheit Gottes, insofern sie Wahrheit der Menschen ist, gedemütigt bleibt, faktisch erst im Geist der Menschen wächst, der «seinmüssende» Grund ist für die Einführung der Kirche in alle Wahrheit. Es ist darum nicht so, daß gegenüber den H.n die Kirche nur statisch den beharrenden Besitz ihrer Wahrheiten, den sie schon adäquat erfaßt hat, verteidigt. Sie lernt vielmehr erst deutlicher ihre eigene Wahrheit kennen, indem sie den Widerspruch zu ihr hört u. als Widerspruch zu ihrer Wahrheit u. ihrem (noch im Werden seienden) Selbstverständnis ablehnt. Dennoch ist die Geschichte der Wahrheit u. deren Entwicklung (↑Dogmenentwicklung) die Geschichte der Scheidung, des fortschreitenden, immer umfassenderen u. deutlicheren Neins der Kirche gegen die H., der notwendigen Scheidung der Geister, des Anhebens des auch Wahrheit u. Irrtum der Menschen scheidenden Gerichtes Gottes, wenngleich dieses Gericht der Kirche die geschichtlichen, im Bezug auf den inneren Glauben des Menschen immer zweideutigbleibenden Objektivationen des ursprünglichen Wahrheitsverhältnisses der Menschen u. nicht dieses Verhältnis selbst u. damit die Menschen richtet.

Heidentum

ist ein theol., nicht ein religionswissenschaftlicher Begriff, auf den die Theologie nicht zugunsten von „Nichtchristen» verzichten kann, solange sie den Absolutheitsanspruch (auch was das Geschichtliche u. Institutionelle der Kirche angeht) hinsichtlich aller Menschen seit Jesus Christus aufrechterhält. Der Sprachgebrauch ist weder einheitlich noch sehr genau. Ginge man bloß analog zum atl. Begriff vor, dann könnte man „Heiden» alle jene nennen, die wegen des Fehlens der vollen ↑Kirchengliedschaft nicht zum geschichtlich („sichtbar») verfaßten Volk Gottes (= Kirche) gehören. Tatsächlich werden aber nur solche Heiden genannt, denen die ↑Taufe mangelt. Doch auch diese gelten nicht alle als Heiden: Juden u. Muslime werden nicht dazugezählt. Die ersten nicht, weil sie als Monotheisten u. als innerhalb der amtlichen Heilsgeschichte des Christentums (dem Alten Testament) Stehende nicht mit dem Namen bezeichnet werden können, der zunächst traditionel (biblisch) gerade die Nichtjuden meinte; die anderen nicht, weil sie in einer nachchristlichen Religion leben, strenge Monotheisten sind u. dabei sogar jenen Gott meinen, der auch der der christlichen Heilsgeschichte ist (also sind die Muslime vielleicht eher in einer trinitarischen Häresie). Bei alldem dürfte nicht übersehen werden, daß H. (biblisch) zunächst die religiöse u. geschichtliche Gruppe (u. den Einzelnen nur als Glied dieser Gruppe) meint, die nicht zum Bundesvolk gehört. Theologisch präzis gesehen, müßte man sagen: „Heiden» sind jene in Volktümern geschichtlich verfaßten Menschen, die in ihrer Verfaßtheit als „Völker» faktisch noch nicht vom Anspruch des Christentums geschichtlich erreicht sind der sich ihm noch im Namen ihrer eigenen geschichtlichen Überlieferung verschließen. Der Einzelne, der sich schon im voraus zum eigenen Volk u. zu seiner Geschichte vom H. ablöst u. Christ wird, könnte auch heute noch sinnvoll als „Heidenchrist» bezeichnet werden. Das Merkmal des ↑Polytheismus wird man höchstens als sekundäres, faktisches u. grobes Begriffselement des H.s gelten lassen. Der Begriff des Neuheidentums (u. so auch die Aufwertungsversuche des Begriffs „Heide» durch moderne Ungläubige, die sich stolz als Heiden verstehen wollen) muß daher als theol. ungeeignet abgelehnt oder darf nur mit höchster Vorsicht gebraucht werden: die nachchristlichen „Neuheiden» sind mindestens (ob getauft oder nicht) solche, die den Glauben innerhalb eines geschichtlichen Ganzen ablehnen, das schon christlich geworden war u. in dem Sinn mindestens noch ist, daß der Einzelne einem dialogischen Verhältnis zur christlichen Botschaft gar nicht ausweichen kann, also, theol. gesehen, ein ganz anderes Verhältnis zum Christentum hat als einer, zu dessen geschichtlich greifbarer Situation (in seiner Kultur, Gesellschaft usw.) das Christentum noch gar nicht gehört. Ob diese Unausweichlichkeit immer so bleiben muß, ist freilich nochmals eine andere Frage. – Aus diesem theol. Begriff des H.s muß jede Abwertung des kulturellen Niveaus des betreffenden Volkes u. der religionsgeschichtlichen Einschätzung der Religionen ausgeschaltet werden: Heiden müssen weder kulturell noch religiös „primitiv» sein. – Zur theol. Wertung der heidnischen Religionen vgl. ↑Nichtchristliche Religionen. – Wenn das Entscheidende im Begriff des H.s nicht die faktische Ablehnung des Christentums, sondern das Fehlen einer geschichtlichen Begegnung (von genügender geschichtlicher Mächtigkeit) mit ihm in der Geschichte des betreffenden Volkes ist, dann hört in diesem Sinn durch das jetzt geschehende Aufbrechen des Abendlandes in eine planetarische Weltgeschichte hinein, in der jedes Volk u. jeder Kulturkreis zum inneren Moment jedes anderen Volkes u. jeder anderen Kultur wird, das H. zu existieren auf, oder es kommt langsam in eine theol. durchaus neue Phase: wir haben die eine Weltgeschichte, in der als einer sich Christen u. Nichtchristen (d.h. „Alt-» u. „Neuheiden» jetzt in derselben Situation lebend) dialogisch gegenüberstehen.

Heil

ist ein religiöser u. theol. Zentralbegriff, aber nicht eigentlich ein theol. Fachausdruck. Er meint nicht in erster Linie ein «objektives» Werk (wie es z.B. in weltimmanenten Tendenzen u. Utopien gemeint ist), sondern eine «subjektive», existentielle Heilung u. Erfüllung des Lebens. Schon die ↑Ätiologie des AT, erst recht die existentielle Erfahrung der ↑Kontingenz, der bleibenden Bedrohtheit des Daseins zumal in der Erfahrung der Schuld u. des Todes u. die Botschaft Jesu zeigen, daß das H. nicht vom Menschen aus tätig herbeigeführt werden kann. Sinn der biblischen H.sbotschaft ist es, zunächst einmal den Ursprung des Unheils in der eigenen Tat des Menschen bloßzulegen u. so die Verklammerung der einen Menschheit im gemeinsamen Unheil aufzuzeigen (↑Erbsünde), um dann das H. in derselben dialektischen Bezogenheit auf die Menschheit u. den je Einzelnen darzustellen: H. ist zugleich Konstituierung der Gesamtmenschheit zur ↑Basileia Gottes u. ↑Selbstmitteilung Gottes an den Einzelnen, geschenkt in Jesus Christus. Ist so in Jesus Christus (u. dem in ihm kulminierenden Medium der Gnade u. des Erbarmens Gottes, dem neuen Volk Gottes, der Kirche) der Menschheit u. dem Einzelnen der Heilsweg eröffnet u. die Geschichte als ↑Heilsgeschichte erwiesen, so bedeutet diese Gegenwart des H.s doch noch nicht die subjektive Erfahrung des H.s, denn abgesehen von der nur durch Zeugen vermittelten H.serfahrung Christi, ist auch die Erfahrung der Gnade nicht ↑Heilsgewißheit u. verleiht so nicht jene Gewißheit der Heilung, des Trostes, des Bleibenden, die das Wort H. eigentlich meint. Der Begriff H. sollte darum nicht einfach mit Gnade identifiziert werden, sondern ihm sollte (wiederum im Unterschied zu innerweltlichen Utopien) jenes Moment der Endgültigkeit belassen bleiben, das die Theologie mit den sektorenhaft getrennten Begriffen ↑Anschauung Gottes u. ↑Auferstehung des Fleisches aussagt, die zusammengefaßt werden könnten in dem Wort H., das den ganzen Menschen in seiner ganzen Verfaßtheit meint u. hier in unserer Zeitlichkeit noch in keiner objektiven Erlösung, in keiner Gnade u. in keiner Kirche geschenkt ist. Die beständige Erfahrung des Menschen bezeugt dies. So bleibt das H. auch in der christlichen Heilsordnung der wesentliche Gegenstand der Verheißung u. der ↑Hoffnung.

Heiland

ist ein althochdeutsches Wort (heilant), altsächsisch heliand, welches das neulat. salvator (= Erlöser) wiedergeben will. Dieses ist seinerseits Übersetzung des hebr. jehoschua = josue = Jesus = „Jahwe ist Heil», griech. soter = Retter; der hebräische Name betont mehr das Erbarmende, der griechische mehr die Herrscherwürde (↑Kyrios), die ursprüngliche Bedeutungsfülle des dt. Begriffs H. ist durch das sentimentale Jesusbild des Pietismus u. der Nazarener Malerschule überdeckt.

Heilig

das Heilige, ist ein religiöser Grundbegriff, der freilich in Religionsgeschichte, Religionsphilosophie, biblischer u. dogmatischer Theologie jeweils verschieden verstanden wird. In der Religionsgeschichte kann das H. schlechterdings alles bezeichnen, was vom Menschen verehrt wird, zumal aber die in jedwedem Lebensbereich zutage tretenden Mächte (in Hierophanien, Kratophanien usw.), deren Differenzierungen die Religionswissenschaft erforscht, wobei sie sich unvermeidlich der grundsätzlichen Kategorien der Religionsphilosophie (wie religiöse ↑Erfahrung u.a.) bedienen muß. Eine eindringliche Analyse der religiösen Erfahrung durch die Religionsphilosophie erweist zunächst die Grunderfahrung des H.en in der Weise der Erfahrung seiner Defizienz in dieser geschichtlichen („profanen») Welt, insofern es sich auf den Höhepunkten des Seienden zwar in seinem Charakter zeigt (etwa in der Liebe u. im Tod), sich aber unmittelbar ins Verhüllte u. Zweideutige entzieht. Dieser sich anzeigende Charakter deutet das H. an als gleichzeitig Notwendiges (da es allein den Sinn des Daseins u. der Welt überhaupt garantieren kann: ↑Heil) u. als Freies (da dieses Heil vom Menschen grundsätzlich nicht gefordert, sondern nur aus dem ↑Geheimnis als dem heiligen Seinsgrund aus ↑Gnade erhofft werden kann). Damit enthüllt die Religionsphilosophie den Ereignischarakter des H.en. Die biblische Theologie erweist den Ereignischarakter des H.en schlechthin, indem sie schon in der Offenbarung des AT die ↑Heiligkeit Gottes als geschichtsmächtiges u. heilendes Eingreifen nachweist. Der Heilige Israels ist Jahwe, weil er durch↑Erwählung u. ↑Bund sein Volk zu einem in die Geschichte eingebetteten Eigentumsbereich macht, der völkisch u. kultisch vom Profanen, der ↑Welt im ..argen» Sinn, abgesondert (= die hebräische Wurzel des Wortes H.) ist. Erst aus der Zugehörigkeit zum H.en erfließt die Forderung nach sittlicher Heiligkeit. Das NT hält an diesem Sprachgebrauch fest (Röm 1,7; l Kor 1,2; l Petr l, 15 f; 2,9), freilich mit dem grundlegenden Unterschied des in Jesus allein gegebenen endgültigen u. universalen Heils, so daß das H. nun nicht mehr das von der Welt Abgesonderte, in einem eigenen Bezirk Ausgesparte ist. Gegenüber diesem mit der religiösen Erfahrung u. dem Offenbarungsinhalt gegebenen Sachverhalt steht die dogmatische Theologie vor dem Problem, die Grenze zwischen Gott u. der Kreatur nicht zu verrücken, wenn sie dem Menschen die wirkliche, innere Qualität der Heiligkeit definitorisch zuspricht (DS 1512 u.ö., NR 354 u.ö.): ↑Selbstmitteilung Gottes; ↑Heiligmachende Gnade.

Heiligenverehrung

Das kirchliche Lehramt spricht von der Bedeutung der Heiligen, wenn es die ↑Kirche als Zeichen unter den Völkern bezeichnet u. ihre Glaubwürdigkeit wesentlich in ihrer Heiligkeit gegründet sieht (DS 3013f, NR 385 36f). H. ist nach dem Lehramt erlaubtu. nützlich (DS 1823 u.ö., NR 476 u.ö., II. Vat., Kirche 50f), aber nicht als Pflicht für den Einzelnen gelehrt. Schriftgemäß ist die H„ weil ↑Heiligkeit in den Gliedern der heiligen Kirche nicht nur eine sittliche Forderung, sondern zuerst die geschichtliche, eschatologisch siegreiche /Gnade selbst ist, die gepriesen werden soll (vgl. z. B. Eph l, 6.12.14); die Verehrung der „Wolke der Zeugen» (Hebr 12, l) u. die Anrufung der Heiligen je nach ihren verschiedenen Gaben u. ↑Charismen gehören zu diesem Lob der Gnade Gottes selbst. Die kath. Theologie darf nicht nur von einer bloßen Möglichkeit, heilig zuwerden, sprechen; die Aussage von der wirklich gegebenen ↑Heiligkeit der Kirche gilt nicht nur von ihren objektiven Institutionen (z. B. den Sakramenten) oder von der Urkirche allein. Diese Heiligkeit muß vor der Welt bezeugt werden u. hat ihre Geschichte: kanonisierte (heiliggesprochene) Heilige sind die schöpferischen Vorbilder der einer bestimmten Zeit aufgegebenen Heiligkeit, die durch ihren je neuen Stil des Christseins, durch das konkrete Vorbild anderen den Weg zu schöpferischer, neu verstehender Annahme des Christentums gewiesen haben. Daß diese Vorbildlichkeit geschichtlich blasser werden oder von neuem deutlicher hervortreten kann, zeigt das Aufhören der Verehrung gewisser Heiliger u. sogar ihr Verschwinden aus der Liste der Heiligen. Dies besagt nichts über das ewige Geschick dieser Heiligen, denn die Kirche versteht sich in der amtlichen Selig- u. Heiligsprechung als unfehlbar: amtlich-reflex ergreift sie darin die Weisen ihres Selbstvollzugs in ci,r Geschichte. Wird nun die Vorbildlichkeit eines Heiligen anerkannt u. ihr gehuldigt, so spricht man von Verehrung oder „dulischem ↑Kult“ im strengen Unterschied zur ↑Anbetung (dem „latreutischen Kult»), die allein Gott gebührt. Da die als nachahmenswert erkannte Qualität des Heiligen von der Gnade Gottes geschenkt war, ist die H. immer auch Lob u. Ruhm Gottes selbst. Die Fürbitte der Heiligen für uns ist nicht als neue geschichtliche Initiative, unabhängig von ihrem geschichtlichen Leben, zu verstehen, sondern sie ist sachlich einfach die bleibende Gültigkeit ihres Lebens für die Welt vor dem Angesicht Gottes. Der religiöse Mensch empfindet leicht Schwierigkeiten gegenüber der H., weil sie sich auf eine geschaffene Wirklichkeit richtet, die nicht das Absolute ist. Demgegenüber sollte bedacht werden, daß der wirklich vollendete religiöse ↑Akt auch die Kreatur in Gott zu finden vermag, da ja mit der zunehmenden Nähe Gottes die Gültigkeit einer Kreatur wächst u. nicht abnimmt. Die Volksfrömmigkeit läßt freilich oft Gott nur eine Wirklichkeit neben anderen sein u. läßt sich in der Vorliebe für gewisse Heilige häufig nicht von deren konkreter Vorbildlichkeit (die immer auch ein Gericht über den Verehrenden ist) leiten, sondern gibt unkontrollierten sentimentalen Motiven nach oder läßt sich von religiösem Kitsch beeindrucken, doch dürften solche Phänomene des Katholizismus einer nüchternen H. nicht im Wege stehen.

Heiliger Geist

Der „Geist Gottes“ (hebr. ruach, ein weibliches Wort!, griech. ↑pneuma) ist im AT ein Ausdruck für die Wirkmächtigkeit Gottes, ohne daß sich der H. G. bereits als die „Person“ der göttlichen ↑Dreifaltigkeit deutlich sehen ließe. Das NT weiß von einem „anderen Beistand“ (↑Paraklet), der sich, vom Vater ausgehend (Jo 14,26), von Vater u. Sohn (Jo 15,26; 16,7) unterscheidet (vgl. besonders Jo 14, 16-16, 15 insgesamt; Mk 1,10f; Mt 28, 19) u. der bzw. dessen Wirken vorzüglich in Symbolen vorgestellt wird: dem der Taube als Symbol der Schaffung des neuen Gottesvolkes (die Taube ist ein bevorzugtes Symbol des heiligen Volkes, vgl. Augustinus; Mk 1, 10f mit Parallelen), dem des Sturmes als Symbol der Kraft (Apg 2), dem der Feuerzungen als Symbol der Begeisterung der Zeugen (Apg 2). Vgl. dazu auch ↑Pneuma. Der Schrift gemäß wird die „Personalität» des H. G. in den Glaubensbekenntnissen u. in allen kirchlichen Lehrentscheidungen über die Dreifaltigkeit Gottes gegen ↑Modalismus u. ↑Makedonianismus bekannt bzw. definiert (DS 112 151f u.ö.). Er ist „Geist des Vaters u. Sohnes» (DS 178), der von Vater u. Sohn ausgeht (DS 188 527 u.ö., NR269 u.ö.; ↑Filioque) als von einem einzigen Prinzip u. durch eine einzige Hauchung (DS 8501300ff 1331, NR 285 f). Von ihm hat Maria empfangen (DS II 30 41, NR 911), ohne daß man ihn den „Vater» Jesu heißen dürfte (DS 533, NR 209): in Jesus (DS 178) u. in der ↑Kirche (DS 3807f; ↑Lehramt) wirkt er, in ↑Firmung u. ↑Ordo wird er in besonderer Weise mitgeteilt (DS 1269 1774, NR 471 716). Zum Hervorgang des H. G.es in der göttlichen Trinität vgl. ↑Dreifaltigkeit. Das „Wesen» der „Sendung» des H. G. an die Welt ist (im Rahmen des Geheimnisses) ohne größere Schwierigkeit verständlich. Die göttliche Selbstmitteilung an die Welt hat zwei Grundmodalitäten: Selbstmitteilung als Wahrheit, die sich in Geschichte ereignet u. Angebot der freien Treue Gottes ist, u. Selbstmitteilung als Liebe, die Annahme bewirkt u. die Transzendenz des Menschen auf die absolute Zukunft Gottes hin öffnet. Der bedürftig-endlichen u. sündigen Kreatur teilt Gott sich so selbst als H. G. mit. Dieses Sich-aus-sich-Herausbegeben, ohne sich selbst dadurch zu suchen oder zu gewinnen, ja um sich selbst an den anderen zu ,.wagen», indem man so groß ist, daß man frei am anderen „kleiner» werden kann, ist eben das, was mit ↑Liebe gemeint ist. Weil Gott als Gott schafft, schafft er als der, der Geist ist, alles, was in der Welt immer neu ursprünglich, frei u. lebendig, unerwartet u. mächtig, zart u. stark zumal ist. Er ist der Geist der Gnade: Gott, der in uns Salbung u. Siegel, Angeld, Gast, Tröster, Anwalt, das inwendige Rufen, Freiheit u. Kindschaft, Leben u. Friede, Heiligkeit u. Einheit ist, heißen wir Geist. Der, der die Früchte in uns reifen läßt: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Keuschheit, ist der Geist, der strenge Widersacher des Fleisches, der Sünde, des bloßen Gesetzesdienstes, der die geheime Kraft der Verwandlung in uns ist, die zur verklärten Auferstehung des Fleisches u. zur Verwandlung der Welt drängt. Er ist der Geist der Kirche, die Einheit des ↑Leibes Jesu Christi. An Pfingsten erscheint, daß dieser Geist dem Menschen nicht nur angeboten ist, sondern ihm seine eigene Annahme geschenkt hat, daß diese Geistmitteilung sich nicht sporadisch wehend wie in den Propheten, sondern endgültig u. unwiderruflich ereignet hat; Ursakrament der Gnade Jesu Christi im Geist, der gegeben u. nicht nur verheißen ist, ist die ↑Kirche. In ihr lebt er in nüchternen Gesetzen u. im lebendigen Neuaufbruch, im ↑Amt u. im ↑Charisma. Er ist der Geist des Einzelnen, der ihn auch in einem noch anonymen u. in einem die Kirche nicht verstehenden Christentum haben u. von ihm geleitet sein kann u. der sich überall dort vernehmen läßt, wo der Mensch in der Gnade Gottes sich nicht der legalistischen Mittelmäßigkeit beugt.

Heilige Schrift

l. Ansatzpunkt der Theologie der Seh. Die ↑Offenbarung Gottes ist a) geschichtlich, d.h. raumzeitlich ereignishaft, u. bedarf somit einer weiterbezeugenden Überlieferung (↑Tradition); b) worthaft, d.h., der menschliche Begriff u. so das Wort ist ein sie mit-konstituierendes Element; c) sozial, d.h., sie wendet sich nicht an die private Innerlichkeit des Menschen allein, sondern an die ..Kirche» als die gleichursprüngliche Empfängerin dieser Botschaft, an die Kirche, die diese endgültig gewordene Offenbarung dauernd zu bezeugen hat; d) eschatologisch, d.h., sie wird nicht mehr durch eine neue innerweltliche Offenbarung abgelöst. Wenn die Offenbarung Gottes mit diesen vier wesentlichen Momenten in eine Kulturmenschheit hinein ergeht, die bereits schreiben kann u. in der es Geschriebenes gibt, d»nn ist es Absicht Gottes, daß diese überlieferungsbedürftige, worthafte, an eine Gemeinde gerichtete u. endgültige Offenbarung schriftlich fixiert werde. Diese schriftliche Objektivation der ursprünglichen Offenbarungsbotschaft (des apostolischen ↑Kerygma) in der Kirche des ↑Alten u. des ↑Neuen Testamentes bis zu dem Moment, indem dieser ursprüngliche Offenbarungsvorgang abgeschlossen ist, u. in der Art, daß diese schriftliche Fixierung unter dem besonderen urheberischen Einfluß Gottes (der ↑Inspiration) als reine, ungetrübte, mindestens die wesentlichen Inhalte erfassende u. von anderen nicht normativen Objektivationen abgegrenzte (↑Kanon) Objektivation des Kerygmas als des ursprünglichen Offen barungsvorganges u. -Inhaltes gelten kann u. muß u. so aus sich heraus Quelle u. Norm für die Weiterbezeugung dieser Offenbarung wird, nennen wir die „Heilige Schrift».

2. Positive Daten, Eine andere Bezeichnung dafür ist „Bibel», griech. biblia = beschriebene Blätter, Buchrolle; Selbstbezeichnung in der Bibel: „die heiligen Bücher», „die Schriften», „die Schrift»; im AT Gesetz, Propheten u. Schriften (jüdische Einteilung) oder Geschichts-, Lehr- u. prophetische Bücher (kath. Einteilung); im NT Evangelien, Apostelgeschichte, Briefe u. Apokalypse. Ort u. Zeit der Entstehung u. Verfasser der einzelnen Bücher werden von den biblischen Wissenschaften erforscht (vgl. auch ↑Exegese) . Das AT (das zum größten Teil hebräisch, in Einzelteilen griech. u. aramäisch verfaßt wurde) ist in hebräischer Sprache in Handschriften aus dem 9., 10. u. II. Jh. n. Chr. erhalten, hinzu kommen zahlreiche am Toten Meer gefundene Bruchstücke u. Einzelteile vom 3. Jh. v. Chr. bis 68 n.Chr., darunter eine vollständige lsaias-Handschrift, entstanden um 100 v.Chr., Fragmente auf dem Papyrus Nash (wahrscheinlich noch vorchristlich oder l. Jh. n.Chr.) u.a. Die griech. alte Übersetzung des AT (Septuaginta) liegt in zahlreichen Handschriften u. in Fragmenten vom 2. Jh. v.Chr. bis 4. Jh. n.Chr. vor. Auch die Urschriften des NT sind verloren. Sein griech. Originaltext ist erhalten in Fragmenten des 2. bis 7. Jh. n.Chr. u. in 50 vollständigen Handschriften des 4. bis 10. Jh. n. Chr. Die zahlreichen Lesarten u. Textvarianten sind theologisch ohne Bedeutung. Von den Übersetzungen der Bibel in alte u. moderne Sprachen ist die Revision des altlateinischen Textes (so vor allem beim NT) bzw. Neuübersetzung ins Lateinische (so vor allem beim AT) durch Hieronymus (die Vulgata = allgemein Gebräuchliche) Ende des 4. Jh. in der kath. Theologie von besonderer Bedeutung, da das Konzil von Trient sie als zuverlässig u. beweiskräftig bezeichnete (↑Authentizität) (DS 1506, NR 92). Daneben wird von der Kirche zunehmend der Gebrauch des wissenschaftlich gesicherten Urtextes empfohlen (II. Vat., Offb. 22).

3. Zum Werden der Seh.: ↑Inspiration.

4. Zur Abgrenzung der Seh. von anderen schriftlichen Objektivationen in der frühen Kirche u. zur Erkenntnis dieser Abgrenzung vgl. ↑Kanon.

5. Die Irrtumslosigkeit der Seh. Aus der Inspiration u. Urheberschaft Gottes an der Seh., aus ihrer normativen Funktion für die Kirche u. ihren Dienst an der Wahrheit u. für ihr unfehlbares ↑Lehramt folgt die Irrtumslosigkeit der Seh. (DGL, soweit es sich um die eigentliche Glaubens- u. Sittenlehre der Seh. handelt: DS 1501 1504 3006 3029 3291 3629, NR 87f 94f 98). Das II. Vat. unterscheidet deutlicher als die Schultheologie zwischen Gott als dem „Urheber» der Seh. u. den Menschen als deren „echten Verfassern». Es vermeidet den Begriff „Irrtumslosigkeit» u. lehrt statt dessen, daß die Bücher der Seh. „sicher, getreu u. ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte» (Offb. II). Vermeintlichen „Irrtümern» in der Seh. istfolgendermaßen zu begegnen: a) indem man untersucht, was wirklich in dem Satz gemeint u. ausgesagt ist u. wo die genaueren Grenzen des Aussagewillens liegen unter eindringlicher Berücksichtigung der ↑literarischen Gattung (DS 3373 3862ff 3898, NR 137, II. Vat, Offb. 12) ;b) indem die zu jedem menschlichen, auch zu dem eindeutig wahren Satzgehörende, unvermeidliche Randunschärfe einer Aussage beachtet wird (wie sie z.B. in den biblischen Doppelberichten zutage tritt): c) durch Beachtung des Sitzes einer Aussage im Leben; d) indem Aussageinhalt u. -weise, eigene Aussage u. bloße Berichterstattung über gängige Meinungen u. bloßen Augenschein (implizite Zitationen: DS 3372 3490f 3654) richtig unterschieden werden; e) durch die Einsicht, daß ein Nichtwissen, das in der Aussageform zutage tritt, noch keine Leugnung des Nichtgewußten ist: daß ferner die Unmöglichkeit, zwei Aussagen in der Ebene des Vorstellungsschemas zur Deckung zu bringen, noch nicht die Unmöglichkeit bedeutet, daß beide Aussagen im Aussageinhalt doch übereinstimmen; f) durch die Einsicht, daß Perspektivität der Aussage u. Irrtum nicht dasselbe sind; g) indem man nüchtern zugibt, daß noch vieles u. vielleicht für immer dunkel bleibt u. darum keine Notwendigkeit für künstliche u. rabulistische Lösungen solcher Fragen besteht. Das Gesagte schließt nicht aus, daß der Exeget das Recht hat, einzelne Bibelsätze, wenn sie in sich allein genommen werden, keine Heilswirklichkeit unmittelbar betreffen u. nach den Maßstäben des heutigen Wahrheitsbegriffes beurteilt werden, als unrichtig zu qualifizieren. 6.ZurAuslegung der Seh.: ↑Exegese, Biblische ↑Hermeneutik, ↑Biblische Theologie, ↑Bibelkritik, ↑literarische Gattungen, ↑Schriftsinne.

7.Seh. u.Lehramt, a) Insofern die Seh. als Objektivation des Wortes Gottes im Wort der autoritativ lehrenden Offenbarungsträger entstanden ist, insofern diese Objektivation als solche immer nur im lebendigen Zeugnis der autoritativ lehrenden ↑Kirche erkannt werden kann u. insofern es eine Sukzession in der Lehrautorität gibt, steht die Seh. (zusammen mit der Tradition, s. u. 8) immer wesentlich u. von vornherein in engster Verbindung mit dem kirchlichen Lehramt (II. Vat., Offb. 10). Die Seh. ist nie eine Gegeninstanz, die von privater Seite gegen eine verbindliche Sch.interpretation des Lehramts geltend gemacht werden könnte: die Kirche in ihrem ↑Lehramt ist die legitime Interpretin der Seh., weil diese vom Ursprung her ein Moment an der Urkirche ist, insofern diese in Wesen u. Lehre bleibende Norm für alle folgenden Zeiten ist u. die Seh. von Gott als wesentliches Moment an dieser Urkirche gewollt ist. Dadurch stehen Kirche u. Lehramt nicht über der Seh., wohl aber über der Auslegung der Seh. durch den Einzelnen. Das Verhältnis zwischen Kirche u. Seh. kann nur richtig gesehen werden, wenn bedacht wird, daß beide vom einen Ursprung her keine adäquat unterscheidbaren Instanzen sind, die sich konkurrieren: die Kirche bleibt immer an ihren gottgesetzten Ursprung ge blinden; zu ihr selbst gehört als inneres Moment die Seh.; die bleibende Treue zu diesem Anfang ist durch den Geist garantiert u. ist so gerade auch gehorsame Treue zur Seh. (DS 1507f 1863 3007 3284 3402 3404 3826ff 3886, NR 93 931 96 101 112 114 133 461). b Inofern das Lehramt nur (wenn auch in geschichtlicher Entfaltung durch ↑Dogmenentwicklung) bezeugen u. weitergeben kann, was im apostolischen Kerygma der Urkirche als geoffenbart bezeugt ist (DS 3011 3020 3056 u.ö., NR 97 44 441 ff u.ö.), dieses Kerygma aber unverfälscht u. rein in der Seh. objektiviert ist, bleibt die Seh. verpflichtende Quelle u. Norm für das Lehramt (DS 1501, NR 87f, II. Vat., Offb. 10), wenn auch die Kontrolle der Respektierung dieser Norm durch das Lehramt nicht wieder einer eigenen von der Kirche verschiedenen richterlichen Instanz untersteht, sondern von dem der Kirche verheißenen Beistand des Geistes garantiert ist.

8. Sch. u. Tradition. Vom Ansatz der Seh.-Bildung u. vom Wesen der Kirche mit ihrem autoritativen Lehramt her ist es klar, daß das mündliche apostolische Kerygma die Erkenntnis der formalen Autorität der Seh. begründet u. nichtumgekehrt. Die autoritative Weitergabe dieses Kerygmas als aktuelle Lehrverkündigung eines Inhaltes als eines apostolisch geoffenbarten Inhaltes heißt ↑Tradition im theol. Sinn. Insofern diese Tradition mindestens auch die Erkenntnis des Wesens (Inspiration) u. der Abgrenzung (Kanon) der Seh. trägt, ist die Tradition bleibend der Seh. vorgeordnet. Mindestens einmal in diesem Sinn sind also Seh. u. mündliche Tradition in gleicher Weise als Norm u. Quelle für die Lehrverkündigung der Kirche konstitutiv (vgl. DS 1501, NR 87f u.ö., II. Vat., Offb. 8-10, Kirche 25). Damit ist a) nicht geleugnet, daß die mündliche Tradition der Kirche auf die Seh. als Quelle u. Norm zurückgreifen muß (vgl. 7b), u. b) die Frage noch offen, ob die Tradition nach der Konstitution der Seh. außer deren abgrenzenden Bezeugung als Quelle u. Norm auch noch materiale Glaubensinhalte weitergebe, die aus der Seh. schlechthin nicht erhoben werden können. Diese Frage ist theol. noch kontrovers u. wurde auch vom II. Vat. bewußtoffengelassen. Nach dem II. Vat. sind Seh. u. Tradition zusammengefaßt in der „apostolischen Predigt», die in der Seh. ..besonders deutlichen Ausdruck» gefunden hat. Der Tradition kommen die Funktionen der Erkenntnis des vollständigen Kanons (Offb. 8) u. der Vergewisserung über alles Geoffenbarte zu (Offb. 9). Jedenfalls macht das kirchliche Lehramt keine konkreten Angaben über material-inhaltliche Sätze einer bloßen Tradition u. sucht auch für definierte Sätze, die weit von der Seh. abzuliegen scheinen, ein „letztes Fundament» in der Seh. nachzuweisen (vgl. DS 3900ff, auch 434 1512 1514 1615 1642 1703 1726f 3053f, NR 483ff, auch 190 354 356 533 572 662 588 438f). Außerdem ist praktisch eine dogmengeschichtliche Rückführung erst heute expliziter Glaubenssätze auf ein explizites urapostolisches Kerygma nicht leichter u. historisch wahrscheinlicher durchzuführen als der Aufweis nach den Prinzipien der ↑Dogmenentwicklung, daß ein solcher Satz die Explikation des in der Seh. implizit Gelehrten ist. Endlich ist es in Zweifelsfällen praktisch nur durch die Seh. möglich, zu entscheiden, was unter den (von der Tradition selbst nicht klar unterschiedenen) Inhalten der Tradition bloß menschliche u. was göttlich-apostolische Tradition ist.

9. Sch. als Quelle u. Norm des christlichen Lebens. Schon im AT wird die Lebensbedeutung der Seh.-Lesung gerühmt; Jesus anerkennt diese Bedeutung (Mt 22,29; Jo 5,39), ebenso die Apostel (Röm 15,4; l Tim 4,13; 2 Tim 3,16f; Hebr 4,12 u.ö.). Dasselbe zeigt die nach dem Beispiel der Synagoge gestaltete Praxis der Urkirche (l Thess 5,27; Kol 4, 16) u. ihre Liturgie. Vgl. dazu II. Vat., Offb. 31-25. Vgl. auch ↑Wort Gottes.

Heiligkeit der Kirche

ist nach der kath. Theologie eines ihrer Wesensmerkmale, an dem sie als die von Jesus im Geist gewellte Kirche erkannt werden kann (DS 3013f, NR 385). Das Bekenntnis zu ihr ist älter als die Glaubensbekenntnisse (DS 1-2 1141 150 u.ö., NR 250 u.ö.), es bestimmt schon die apostolische Verhaltungsweise gegenüber den Sündern in den Gemeinden (↑Bußsakrament). Objektiv bedeutet die H. der Kirche, daß diese das Medium des Heils u. der Gnade in der Welt ist, selber ein Zeichen der eschatologisch siegreichen Gnade Gottes (II. Vat., Kirche 194859, Kirche/Welt 42 45 u.ö.; ↑Leib Christi, ↑Ursakrament, ↑Kirche, ↑Extra Ecclesiam nulla salus). Subjektiv bedeutet sie, daß es der Kirche nie an der „Wolke der Zeugen» (Hebr 12, l) fehlen werde, an subjektiver ↑Heiligkeit ihrer Glieder (↑Heiligenverehrung). Diese Lehre muß zusammengesehen werden mit der Glaubenslehre (definiert seit dem Konzil von ↑Konstanz), daß die Sünder zur Kirche gehören (wie die Kirche gegen ↑Montanismus, ↑Novatianismus, ↑Donatismus, Albigenser, Wiclif, Hus, den ↑Jansenismus immer wieder festgehalten hat) u. so die Kirche eine Kirche der Sünder ist (Mt 13, 47-50; 18,17 u.ö.). Damit ist nicht nur gesagt, daß es in der Kirche Sünder gibt, sondern auch, daß die Kirche selber sündig ist, insofern ihre eigenen Glieder, u. zwar auch als Repräsentanten der Kirche, Sünder sind u. auch sein werden (so daß die Kirche selbst ständiger Erneuerung u. Reinigung bedürftig ist: II. Vat., Oek. 4 6 u.ö.). Mit der H. ist also in dieser Hinsicht nur gesagt, daß die Kirche, die durch die Sünde in ihr befleckt ist, nie s- – im Gegensatz zu allen anderen geschichtlichen Gebilden einschließlich der „Kirche» des AT- durch Schuld entstellt werden kann, daß der Geist völlig aus ihr weichen oder in ihr sich nicht mehr geschichtlich sichtbar darstellen könnte (vgl. Mt 16, 18: die Höllenpforten werden sie nicht überwältigen). Die Kirche ist von Gott im voraus zum tatsächlichen Verhalten ihrer Repräsentanten davor bewahrt, grundsätzlich u. wesentlich aus der Gnade u. Verheißung Gottes herauszufallen. Niemals ist die Sünde der Kirche die Offenbarung des Wesensgrundes der Kirche.

Heiligkeit des Menschen

ist nach kath. Lehre eine Wirkung seiner ↑Rechtfertigung durch die ↑heiligmachende Gnade, u. zwar wesentlich die Teilnahme an der ↑Heiligkeit Gottes, da sie eigentlich übernatürliche ↑Gnade, d.h. Selbstmitteilung des wesenhaft heiligen Gottes an den Menschen ist. Es gilt von ihr notwendig alles, was mit ,,Gnade» gesagt ist: sie ist übernatürlich, ungeschuldet, von wesentlich dialogisch-personalem, christologischem u. eschatologischem Charakter, sie ist Einheit von Gabe u. Aufgabe. Da diese Rechtfertigung unlösbar mit dem Befähigtsein durch die göttlichen ↑Tugenden, ↑Glaube, ↑Hoffnung u. ↑Liebe verbunden ist (DS 1530f, NR801 u.ö.), ist die H. des Menschen absolutes Überantwortetsein an den Gott des ewigen Lebens, wie er in sich selber ist. Schenkt die Gnade Gottes Wachstum u. Frucht in dieser Übereignetheit in approximativ totaler existentieller Aneignung des Gnadenangebots Gottes, u. zwar so, daß sie ein einzelnes deutliches Moment an der ↑Heiligkeit der Kirche als ganzer wird, so erreicht die H. des Christen jene Reife, die die heutige kirchenamtliche Terminologie als heroischen Grad der theologischen u. Kardinal-Tugenden u. damit als H. im Sinn der Selig- u. Heiligsprechung u. der ↑Heiligenverehrung bezeichnet.

Heiligkeit Gottes

heißt in der Schrift die von Gott geoffenbarte u. in der Geschichte der Offenbarung erwiesene Eigentümlichkeit seines Wesens, daß er gleichzeitig in heiliger Majestät u. ↑Doxa u. in übermächtigem ↑Leben unendlich erhaben ist gegenüber allem, was nicht Gott ist, u. sich in erbarmender Liebe zum Menschen neigt, um ihn unter Vergebung seiner Schuld hineinzuversetzen in seinen Eigentumsbereich des ↑Heiligen. Beide Grundzüge der atl. Gottesoffenbarung bewahrt das NT, indem es ihn gleichzeitig als den Vater Jesu u. in ihm auch als unseren Vater zeigt u. als den Herrn eines unbegreiflichen u. furchtbaren Willens bekennt, der im unzugänglichen Lichte thront. Die dogmatische Theologie betont in der Gotteslehre vor allem den Aspekt majestätischer Erhabenheit in der H. Gottes (DS 3001 u.ö., NR 315 u.ö.), seine objektive H., die die ↑Anbetung von seiten des Geschöpfes absolut fordert, u. seine subjektive H., in der Gott die letzte u. höchste Norm alles Sittlichen ist, so daß er seine eigene Güte notwendig unendlich liebt.

Heiligmachende Gnade

Das NT kennt als gnadenhafte Tat Gottes am Menschen eine ↑Rechtfertigung, die nicht nur eschatologische Verheißung oder äußere Anrechnung, sondern gegenwärtiges, zuständliches u. innerliches Heilsgut ist, das in dem (an sich) einmaligen Ereignis der ↑Metanoia, des Gläubigwerdens u. der ↑Taufe geschenkt wird. Dies ist nach den Aussagen der Schrift eine Neuschöpfung, ein vom Tod zum Leben Gebrachtwerden, eine Wiedergeburt von oben u. vor allem die Mitteilung des göttlichen ↑Pneumas (↑Heiliger Geist, ↑Einwohnung), welches die real umschaffende Wirklichkeit Gottes selbst ist (2 Petr 1,4). Diese bleibende, innere, wirksame Mitgeteiltheit des göttlichen Geistes samt seinen Auswirkungen nennt die kath. Theologie H. G. Die kath. Lehre von der H. G. findet sich in den Aussagen des Trienter Konzils. Hier wird gegen das reformatorische Verständnis der Rechtfertigung gesagt, daß in ihr die Sünden wahrhaft getilgt werden, der Mensch also aus einem Sünder ein Gerechter wird u. das nur ist (DS 1524 1528f, NR 794 798f) durch die ungeschuldete, unverdienbare Tat Gottes in der Gnade Jesu Christi. Bei dieser Vergebung wird der Mensch innerlich umgewandelt u. geheiligt; die Gnade u. Gaben werden ihm wirklich zu eigen (was nicht heißt: eigenmächtig verfügbar), so daß diese Gnade als „eingegossene», „inhärierende» bezeichnet u. dieseGerechtigkeit von Gott die einzige formale Ursache der Rechtfertigungist (DS 1560, NR 828). Mit der H. G. sind die theologischen ↑Tugenden identisch oder unlöslich verbunden. Als dem Menschen wirklich „eingegossene» u. durch Gottes Gnadentat „effizient gewirkte» wird sie als „geschaffene» Qualität gesehen u. so der ungeschaffenen Gnade gegenübergestellt. Es wird aber auch gesagt, daß wir gesalbt u. gesiegelt sind mit dem Heiligen Geist selbst (DS 1528f, vgl. 1677f 1689ff, NR 798f, vgl. 651 656ff; ↑Einwohnung Gottes, ↑Selbstmitteilung Gottes, ↑Gnade) . Entsprechend der Lehre von der göttlichen Freiheit hinsichtlich der Gnade, von der Notwendigkeit der ↑Disposition u. vom Gnadenwachstum wird diese Gnade als in den einzelnen Gerechten „ungleich» bezeichnet (DS 1528f 1535 1574 1582, NR 798f 805 842 850). Als formale Wirkungen der H. G. werden ↑Rechtfertigung, also Vergebung der Sünden u. innere Gerechtigkeit, Gotteskindschaft u. Gottesfreundschaft (DS 1528f 1535, NR 798f 805), Einwohnung Gottes, Anwartschaft auf die Seligkeit (DS 1314ff 1528f, NR 528ff 798f), Angliederung an Jesus Christus (u. an die Kirche, DS 394 1314ff 1671f 1730 3705, NR 528ff 645 f 591 754) u. Teilnahme an der göttlichen Natur bezeichnet (DS 1921 1942, NR 339). Durch die schwere persönliche Sünde ist der Verlust dieser Gnade möglich. Dieser personal verschuldete Verlust kann nicht mit dem Fehlen der H. G. aufgrund der ↑Erbsünde verwechselt werden, obwohl dem aus beiden resultierenden ,,Schuldzustand» entscheidende Aspekte gemeinsam sind: Dort, wo in der gegenwärtigen Heilsordnung gegen den Willen Gottes im Menschen die H. G. fehlt, die als Selbstmitteilung des wesenhaft heiligen Gottes den Menschen schon im voraus zu seiner personalen Stellungnahme heiligt (wie es in der Kindertaufe deutlich wird), da ist ein solches Fehlen an sich schon ein Zustand der von Gott nicht gewollten Gottferne u. somit Sünde. Ist dieses Fehlen durch die freie personale u. eigene Schuldtat dessen verursacht, dem sie fehlt, so ist der Zustand der persönlichen habituellen Schuld gegeben. Ist dieser Zustand verursacht durch die persönliche Schuld eines anderen (d.h. ↑Adams) u. mißfällt er Gott insofern doch, als er gegen den Willen Gottes u. seine bei der Schöpfung selbst getroffene Verfügung (Ordnung) ist, dann ist die habituelle Schuld der ↑Erbsünde (die nur im analogen Sinn Sünde ist) gegeben. – Bezüglich des Wachstums der H. G. vgl. ↑Verdienst.

Heilsakt

heißt jenes Tun des Menschen, das auf die ↑Rechtfertigung des Menschen positiv hingeordnet ist (actus mere salutaris) oder, wenn der Mensch schon gerechtfertigt ist, positiv etwas beiträgt zur Erreichung der ↑Anschauung Gottes (actus salutaris et meritorius = ↑Verdienst). Nach definierter Lehre der Kirche ist zu jedem einzelnen H. die ungeschuldete ↑Gnade Gottes absolut notwendig (DS 375 377 1551 ff, NR 779 819ff; vgl., was zum Beginn des Glaubens bei ↑Glauben gesagt ist). Vgl. zur theol. Problematik ↑Gnade, ↑Synergismus.

Heilsgeschichte

ist zunächst ein allgemeiner Begriff u. bezeichnet als solcher die Tatsache, daß Gott wegen seines allgemeinen ↑Heilswillens die Geschichte der Menschheit als ganzer gnädig umgriffen u. in ihr allen Menschen sein ↑Heil angeboten hat u. daß sich faktisch seine Gnade u. die Rechtfertigung in der Menschheit geschichtlich konkret realisiert haben. H. bedeutet ferner die Geschichte dieser Heilserfahrungen u. -konkretisierungen innerhalb der Gesamtmenschheit. Und schließlich besagt H., daß die vor- u. außerchristlich gegebenen Heilserfahrungen dynamisch auf den ↑Kairos u. die Heilszeit schlechthin in Jesus Christus hingeordnet sind (in epochalen Weisen, die die ↑Geschichtstheologie zu erheben sucht). Theol. Voraussetzung für diesen Begriff ist somit, daß der Mensch nicht nur innerhalb der Geschichte auf die Gnade zu hoffen u. sie anzunehmen hat, sondern daß die Gnade selbst geschichtlich u. die Geschichte selbst Gnade ist, ebenso wie alle damit gegebenen Daten, wie z.B. die ↑Einheit der Menschheit u.a. (vgl. zur vor- u. außerchristlichen H. auch ↑Offenbarung, ↑Heidentum, ↑Nichtchristliche Religionen).- Im engeren Sinn bezeichnet H. die Geschichte jener Heilserfahrungen u. -konkretionen, die sich innerhalb der allgemeinen H. reflex u. immer eindeutiger von dieser abheben bis zum Eintreten des Heilsereignisses schlechthin (man kann diese auch als amtliche, spezielle H. u.a. bezeichnen). Der Beginn der besonderen H. wird herkömmlich im ↑Bund Jahwes mit Mose gesehen (womit auch das geschichtliche Entspringen der besonderen aus der allgemeinen H. bezeichnet ist, da im AT die Vorgeschichte des Mosebundes bis zum Anfang zurückgeführt wird). ..Aufgehoben» wird die allgemeine H. in dem Sinn, daß dort, wo der Mensch dem Heilsereignis als Angebot so begegnet, daß er entscheidend dazu Stellung nehmen kann, u. sich ihm verschließt, er sich dem Heil selbst verschließt, was sich faktisch in der wachsend antagonistischen Struktur der H. äußert (im Wachsen des Widerspruchs). Innerhalb der besonderen H. kann man noch einmal zwischen einer kollektiven u. einer individuellen H. unterscheiden. Beiden gemeinsam ist die greifbar-kategoriale Struktur (↑Bund,, ↑Kirche, ↑Altes Testament, ↑Neues Testament), die ↑Christozentrik, die eschatologische Ausrichtung. Ein spezifisches Moment der individuellen H. ist die dialogische Struktur: der Anruf Gottes wendet sich an die ↑Freiheit des Einzelnen u. wird, wenn diese in der ↑Gnade Gottes befreit ist, frei im ↑Glauben angenommen. Die kath. Theologie der H. steht noch in ihren ersten Anfängen; am weitesten vorangekommen ist die biblische Theologie der H. (in der Diskussion über die ↑Entmythologisierung konnte sie aufweisen, daß H. nicht metahistorische Glaubenserfahrung, sondern echte, der Profangeschichte koextensive Geschichte ist).

Heilsgewißheit

ist ein Begriff der reformatorischen Theologie u. bezeichnet einen so festen Glauben an die Rechtfertigung, daß dieser Glaube sich mit keinem Zweifel am endgültigen Heil des Menschen mehr vereinbaren läßt. Eine solche H. wird von der kath. Theologie als absolute H. bezeichnet u. wurde vom Konzil von Trient abgelehnt (DS 1533f 1540f 1563ff, NR 804 809f 831ff), da zwar ein Zweifel an dem wirklich von Gott in Jesus Christus Gewirkten u. ein Zweifel an Gottes allgemeinem ↑Heilswillen dem Christen absolut verboten sind, dies aber den Zweifel an der eigenen heilshaften Verfassung noch nicht ausschließt. Hinsichtlich dieser ist der Christ darauf angewiesen, die praktische H. der „festesten Hoffnung» zu haben u. gleichzeitig sein endgültiges Schicksal in die souveräne Verfügung des gnädigen Gottes zu stellen. Das Problem der H. gründet in dem umfassenderen des Verhältnisses von ↑Glauben u. ↑Werken, ↑Hoffnung, ↑Synergismus, ↑Prädestination. Die kath. Lehre wird damit nicht nur der deutlich ausgesprochenen praktischen H. bei Paulus gerecht, sondern auch den andern biblischen Aussagen, nach denen der Mensch sein Heil „in Furcht u. Zittern» (Phil 2,12; l Kor 10,12; Hebr 12,29) wirken muß.

Heilsnotwendigkeit

Der Begriff ruht in der kath. Theologie auf der Anerkennung der Souveränität Gottes auf, insofern begriffen wird, daß Gott dem Menschen, damit er sein Heil erlange, die Verwirklichung eines bestimmten Sachverhaltes (positiv) gebieten kann. Bei dieser, der Gefahr einer Verdinglichung u. des Eindruckes von Willkür nicht immer ganz entgangenen Auffassung ist zu beachten, daß das als heilsnotwendig Gebotene, immer umgriffen bleiben muß vom allgemeinen ↑Heilswillen Gottes, der sich in einer personalen Beziehung zwischen Gott u. Mensch bekundet. Nach kath. Lehre ist heilsnotwendig a) der ↑Glauben (DS 375 399f 1532 3008 3012, NR 779 803 31 35); b) die ↑Kirchengliedschaft (DS 870ff 1351 2865 3802. NR 376 381 402), in ↑Taufe (DS 1314f 1513f 1524 1618 3442, NR 528ff 355 f 794 536 546) u. dem Vollzug anderer Sakramente (DS 1604, NR 509) realisiert bzw. aktualisiert. Es wird in der Theologie zwischen absoluter u. hypothetischer H. unterschieden, wobei die letztere besagt, daß dort, wo ein Mensch ohne eigene Schuld nicht zum vollgültigen reflexen Erfassen der H. gelangt (wie bei der Kirchengliedschaft), sein (auch unreflexer) Wunsch ihn das zum Heil Notwendige in der Gnade Gottes erfassen läßt (II. Vat., Kirche 16, Kirche/Welt 22, Miss. 7; ↑Votum, ↑Begierdetaufe). Hinsichtlich der absoluten H. des Glaubens ist darauf hinzuweisen, daß jede wirklich echte sittliche Entscheidung, die sich dem absoluten Anspruch des Sittlichen beugt, eine (mindestens implizite) Kenntnis u. Anerkenntnis Gottes als des sich in Gnade frei Mitteilenden u. so sich Offenbarenden (↑Offenbarung) implizieren kann; so kann eine gehorsame Glaubensgesinnung, eine Glaubenshaltung u. -bereitschaft auch dort gegeben sein, wo ein eigentlicher Offenbarungsgegenstand der spezifischen äußeren, geschichtlichen Botschaft des Evangeliums nicht erreicht ist (vgl. II. Vat., aaO.; DS 2291 2063; Röm 2, 12-16). Wo etwas unabhängig vom Wissen u. guten oder schlechten Willen eine H. bedeutet, spricht man von mittelhafter H. (necessitas medii); wo etwas bloß heilsnotwendig ist, weil u. insofern es geboten ist (u. also schuldloses Fehlen des Heilsnotwendigen entschuldigt u. das Heil nicht gefährdet), ist eine bloß gebothafte H. (necessitas praecepti) gegeben.

Heilswille Gottes

Nach den Aussagen der Schrift handelt es sich bei dem H. G. nicht um eine statisch notwendige Eigenschaft Gottes, sondern um ein freies personales „Verhalten», das erst endgültig u. unwiderruflich in Jesus Christus offenbar geworden ist, auf diesen hin seine Geschichte (↑Heilsgeschichte) u. in ihm seine Vollendung gefunden hat. Alle haben einen Erlöser (l Tim 4,10), alle werden erleuchtet (Jol,29;3,16f;4,12;8,12; l Jo 2,2). Am deutlichsten ist der klassische Text l Tim 2,1-6. Vgl. auch Mt 26,28 mit Parallelen; Mk 10,45; Röm 11,32; Mt 23,27; Lk 19,41. Preist so die Schrift die machtvolle Kraft des erbarmenden Willens Gottes, von dem alle umfaßt sind u. der die Sünde übermächtig „einschließt» (vgl. Röm 5,17f; 11,32), so wird dennoch die Schlußfolgerung einer ↑Apokatastasis nicht gezogen. Die Gerichtspredigt auch im NT verbietet dem Menschen jene Sicherheit, die die „bloße» Hoffnung überholen würde. Der H. G. ist der Grund der ↑Hoffnung als solcher, der als konkreter nur erreicht wird im Akt der Hoffnung selbst. Dementsprechend kann das kirchliche Lehramt festhalten, daß Jesus Christus für alle Menschen gestorben ist (Glaubensbekenntnis); daß Gott allen Gerechtfertigten hinreichende Gnade gibt, jede formelle (subjektiv) schwere Sünde zu meiden oder in ↑Buße zu überwinden u. so ihr Heil zu erlangen (DS 1536 ff 1568 u.ö., NR 806 ff 836 u.ö.). Es wäre Häresie, zu glauben, daß Jesus nur für die Prädestinierten (DS 2005, NR 875 u.ö.) oder nur für die Gläubigen gestorben sei (↑Atheismus) oder Heiden, Häretiker usw. außerhalb der Kirche keine hinreichende Gnade Christi empfingen (↑Extra ecclesiam nulla salus; DS 2304 2425 2428 2865f, II. Vat., Kirche 16). Über die Frage, ob u. wie die ungetauft sterbenden Kinder (↑Limbus) in diesen H. G. einbezogen sind, liegt keine kirchliche Lehrentscheidung vor. In der Universalität und souveränen Freiheit des H. G. zugleich erscheint für uns erst, wer Gott in seiner Liebe ist (↑Reprobation, ↑Prädestination). Insofern die Hoffnung in dem eschatologischen Heilsereignis Jesus Christus begründet ist, ist das Heil nicht eine von zwei Möglichkeiten, neben der die andere des Unheils als gleichrangige Möglichkeit steht, zwischen denen die Freiheit der Kreatur autonom auswählen würde. Gott hat durch seine eigene souveräne wirksame Gnade das Ganze der Freiheitsgeschichte (das den Raum der Freiheitsentscheidung des Einzelnen bildet) zugunsten des Heils der Welt in Jesus Christus schon entschieden.

Hermeneutik

(von griech. hermeneuein = auslegen, deuten) ist die Lehre von den Prinzipien, die für die Auslegung einer Aussage gelten. Die Ausbildung solcher Prinzipien ist notwendig, soll eine Aussage trotz ihres zeitlichen Abstandes zur Gegenwart, der Veränderung der Denkformen, Vorstellungsmodelle u. der Sprache unter Bewahrung ihres ..Sinnes» verstanden werden. H. als ..Theorie des Verstehens» versucht das Überlieferungsgeschehen mit den Bereichen eigener Erfahrungen zu vermitteln; das universale Medium dabei ist die Sprache (↑Sprachanalyse). Als umfassender Horizont der theol. H. zeigt sich die .–«Tradition. – Zu einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin wurde in der kath. Theologie nur die Biblische H., die die Kriterien angibt, mit denen der kath. Theologe den Text der Heiligen Schrift auszulegen hat (vgl. auch IJ. Vat., Offb.), nämlich entsprechend dem Charakter der Schrift als ↑Wort Gottes (↑Inspiration) als dogmatisches Kriterium, u. nach den verschiedenen literarischen Kriterien, mit denen die Schrift wie jedes Geschriebene eines menschlichen Verfassers beurteilt werden muß (Sprache, Urtext, geschichtliche Einbettung, ↑Iiterarische Gattung). Die Vereinbarkeit beider Gruppen von Kriterien stellt vor schwierige Probleme u. ist in der kath. Theologie noch nicht so bewältigt, daß beide immer eine gleichmäßig sachgerechte Behandlung erfahren. Die Auslegung selbst wird ja in den einander oft entfremdeten Disziplinen ↑Dogmatik u. ↑Exegese getrennt vorgenommen. Die von den Kirchenvätern schon gesehene Problematik kann auch nicht mit Hilfe der von ihnen unterschiedenen ↑Schriftsinne adäquat gelöst werden. Vgl. auch ↑biblische Theologie; ↑Schriftbeweis.

Herz

ist ein uranthropologischer Grundbegriff (,,Urwort») zur Bezeichnung jener nur asymptotisch erreichbaren Mitte u. Einheit von personal-geistiger Selbstverfügung u. leib-seelischer Eigengesetzlichkeit, die zwar im physiologischen Herzen nicht lokalisiert werden kann, in ihm aber ein ursprüngliches reales Symbol hat. Als solche ursprüngliche Einheit des wesentlich substantiell mehrschichtigen Menschen (der Leib u. Seele zugleich ist) kommt H. im strengen Sinne nur dem Menschen zu. Es ist zugleich der dynamische Grund, von dem aus er sein ureigenstes u. niemals adäquat einholbares Selbstverständnis sucht u. in dem allein er es finden kann.

Himmel

kann in der Theologie in zwei voneinander zu unterscheidenden Bedeutungen gebraucht werden, l) Als Bildwort bezeichnet es im AT u. im NT das Obere über der Erde, gemäß dem antiken Weltbild in Stufen vorgestellt, deren oberste wiederum ganz bildlich als Wohnort Gottes gedacht wird. Schon das AT „entmythologisiert» diese Vorstellung, wenn es sagt, daß H. u. Erde Gott nicht fassen (l Kg 8,27; Jr 23,24). Im Spätjudentum wird der H. ebenfalls bildlich auch als Ort der Geretteten vorgestellt: im H. war das ↑Paradies, im H. wird das „himmlische Jerusalem» sein. Bildlich sagt auch das NT, die Christen sollen nach dem streben, was „oben» ist (Kol 3, l), dort ist ihre Heimat (Phil 3,20; Hebr 13,14). H. ist auch Umschreibung des Namens Gottes: „↑Basileia der H.» bedeutet daher nicht, daß das NT die endzeitliche Gottesherrschaft räumlich in den H. verlegt, da sie gekennzeichnet ist durch die verklärende Umwandlung der ganzen Schöpfung zu einem neuen H. u. einer neuen Erde. 2) In der Theologie kann H. eine Metapher sein für die Fülle des ↑Heils der in Gott endgültig geretteten Menschen. Ob dieser H. ein „Ort» genannt werden kann, ist davon abhängig, in welcher Weise die .fMaterIe ebenfalls endgültig zu Gott gerettet wird; außer der Tatsache (der Auferstehung des Fleisches) ist aber darüber nichts geoffenbart. Auf keinen Fall darf dieser H. als ein zeitlos existierender Ort vorgestellt werden, „an» bzw. „in» den man kommt. Dies ergibt sich aus der wesentlich christologischen Struktur des H.s: der H. ist begründet in der Ubermächtigung des Todes durch Jesus Christus u. in seiner Erhöhung (↑Himmelfahrt Jesu), die die Grundbedingungen dafür sind, daß das Geschaffene in das Leben Gottes selbst eingehen kann; dieses Bei-Gott-Sein des personalen Geschöpfes heißt wesentlich die Versammlung der Menschheit zum endgültigen ↑Leib Jesu Christi, zum „ganzen Christus», in Kommunikation mit dem menschgewordenen (u. -geblichenen) Gott; darin bedeutet es auch das «Wiedersehen» u. Bleiben der in dieser Welt gegründeten menschlichen Beziehungen. Dieses Eingehen in die Einheit mit Gott u. der Menschen untereinander bedeutet keinesfalls den Untergang des Einzelnen, da er mitwachsender Nähe Gottes zu um so größerer Eigenständigkeit u. Gültigkeit befreit ist. Dies liegt auch in der theol. Redeweise, die das eigentliche Wesen des H.s u. der Seligkeit in Gott als ↑Anschauung Gottes (so die Thomisten)oder als die radikale ↑Liebe (so die Skotisten) personaler Art zwischen Gott u. Geschöpf bezeichnet. Nimmt man beides zusammen, so wird auch deutlich, wie die Seligkeit als unterschiedlich vorgestellt werden kann, ohne aufzuhören, restlose Seligkeit zu sein: das von der Gnade Gottes allein endgültig Gerettete (das sagt die Theologie auch damit, daß sie das «Glorienlicht» als Verwandlung des Menschen notwendig fordert, damit der Mensch „im H.» sein könne) bleibt bestimmt von dem geschichtlich Erwirkten u. Gewordenen u. wird in dem geschichtlich erreichten Maß u. «Format» ganz von Gott erfüllt u. geliebt. Sosehr der H. gegründet ist im Eingang Jesu Christi in seine Herrlichkeit, die eine bleibende Gültigkeit seiner Menschheit in Gott u. die Hineinnahme der nach ihm Gestorbenen in diese Seligkeit ii. zugleich die Eröffnung eines neuen Weltbezuges Jesu u. der bei ihm Seienden ist, so sehr muß gesehen werden, daß „H.» eine noch wachsende Größe ist, da das Heil erst total ist, wenn alles geheilt ist (Welt, Geschichte u. Menschen), so daß der H. erst mit der Vollendung des Ganzen in ↑Parusie, ↑Gericht u. ↑Auferstehung des Fleisches zu seiner Vollendung kommt.

Himmelfahrt Jesu

ist eine Aussage des NT (Apg l, 1-14, davon abhängig Mk 16,19 berichtet, öfter erwähnt) über die Aufnahme des gekreuzigten, gestorbenen u. auferstandenen Jesus zu Gott derart, daß darin die bleibende Gültigkeit seiner Menschheit zum Ausdruck kommt („erscheint»). Die Berichte über die H. sind in Zusammenhang zu sehen mit den Berichten über seine Erscheinungen nach der ↑Auferstehung gegenüber den „vorherbestimmten Zeugen» (Apg 10,41); sie sagen damit nichts über den Tag der H. selbst, sondern sie bezeugen den Tag, an dem den Zeugen die H. sichtbar gemacht wurde. Für Jesus bedeutet die H. die Vollendung seines Werkes im Kreuz, in Auferstehung, seine triumphale Erhöhung, die Entmachtung der Mächte, die Erfüllung des Alls durch ihn als dessen Haupt u. einen neuen, radikal herrscherlichen Weltbezug. Für uns bedeutet die H. die Weise einer neuen Anwesenheit Gottes bei uns: im Heiligen Geist, der der Kirche gegeben ist, die durch Jesu H. zu seinem Leib konstituiert wurde, die Eröffnung des ↑Himmels, die schlechthinnige Rettung der Menschheit – u. dabei doch auch einen Hinweis darauf, daß das endgültige Heil noch ausständig ist u. im Glauben trotz des gegenteiligen Anscheins erhofft werden muß: Jesus ist unserer Sinnlichkeit entzogen, u. die Vollendung der Welt in ↑Parusie, ↑Gericht u. ↑Auferstehung des Fleisches ist erst im geheimen Gang.

Hirtenamt der Kirche

Hirt u. Herde sincHn Israel u. im NT sehr geläufige u. bedeutsame Bildworte, die das Verhältnis Gottes zu seinem Volk als personales, fürsorgliches, rettendes beschreiben. Jesus Christus bleibt auch der Hirt seiner Kirche (l Petr 5,4), doch wird das heute nur sehr schwer nachvollziehbare Bildwort (da „Herde» heute wider seine Absicht zu sehr an von oben gelenkte stumpfe Masse erinnert) auch auf die Amtsträger der Urkirche u. ihre Gemeinden angewendet (Jo 21,15 ff; l Petr 5, l ff; Apg 20,28). So ist auch in der Theologie die Vollmacht zur heilshaften Ordnung in der Kirche als H. bezeichnet (vgl. II. Vat., Kirche 21 22 27 28 u.ö.: H. des Papstes, der Bischöfe, der Priester), zu dessen Ausübung die Hirtengewalt (differenziert in oberste Hirtengewalt: Papst, u. Oberhirtengewalt: Bischöfe) gegeben ist. Sie ist verschränkt mit der Weihegewalt: vgl. dazu ↑Kirchengewalt.

Hoffnung

im ntl. Sinn ist letztlich konstituiert durch den Schnittpunkt einerseits jener schicksalhaften Verfügung Gottes über den Menschen, durch die dieser wirksam u. bleibend von der in Jesus Christus menschgewordenen (u. somit menschliche Geschichte gewordenen) ↑Liebe Gottes getroffen worden ist, andererseits durch die dieser Verfügung antwortende Verhaltensweise des Menschen (oder der ↑Kirche, in der ja die je personal mögliche Antwort des einzelnen Menschen bleibend aufgehoben u. getragen ist), der, auf der glaubenden Gewißheit der schon endgültig geschehenen Heilsverfügung Gottes stehend, auf die letzte Vollendung der göttlichen Heilsveranstaltung im Kommen Jesu Christi zuversichtlich wartet (vgl. Hebr 6,18f; Röm 8,24 u.ö.). Somit ist H. nach der theol. Tradition gottgewirkte („göttliche») ↑Tugend, die als solche mit der Gnade eng verbunden ist, zugleich aber wirkliche – von Gott gewirkte – Tat des Menschen, die als solche in einem engen Verhältnis zu dem personalen ↑Glauben u. der ↑Liebe steht, in dem sie gewissermaßen die entwicklungsgeschichtliche Mitte zwischen allgemeinem dogmatischem Glauben u. der absoluten individuellen Intimität der Liebe bildet (1 Kor 13, 13; vgl. DS 1530f 1545 ff, NR 801 f 815f). Christliche H. sagt im allerletzten nicht nur eine Modalität von Glaube u. Liebe, solange das Vorläufige dauert, sondern ist auch die bleibende Wegräumung des Vorläufigen auf die radikale u. reine Unverfügbarkeit Gottes hin, ist die ständige Zerstörung des Scheins, die absolute u. letzte Wahrheit sei das umgriffen Begriffene u. die Liebe sei das durch unsere Liebe Bewirkte. Der Grund der H. ist der allgemeine ↑Heilswille Gottes, der nur in der H. konkret gegenwärtig u. erreicht (aber nicht „durchschaut») wird. Materiales Objekt der H. ist nach der theol. Tradition die im Glauben schon vernommene Vergebung der Sünden, die Gnade sowohl als ungeschuldete u. unverdienbare Rechtfertigung, aber auch als wirksame Hilfe zur Beharrung in diesem Gnadenstand, vor allem aber die endgültige ↑Anschauung Gottes als von Gott „je mir» und jedem «Nächsten» zugedachte Gaben. Ihre Gewißheit findet die christliche Hoffnung in der Person Jesu Christi (vgl. Kol 1,27; 1 Tim 1, 1), an dem die gnädige Annahme des menschlichen Schicksals u. des Menschen überhaupt durch Gott Geschichte geworden ist; gerade die darin geschehene Annahme (Umgestaltung) der menschlichen Geschichte als eines in dem Plan Gottes selbst enthaltenen «Muß», das in die endgültige Neuschöpfung einmündet, gibt der H. ihre «Richtigkeit»: Die H. hält die Erinnerung an die noch unabgegoltenen Verheißungen Gottes wach, auf deren Erfüllung der Mensch zugeht, indem er an der innerweltlichen Zukunft arbeitet. Die christliche H. wird in der Praxis der innerweltlichen H.en u. im erlittenen Vorübergehen der «Gestalt der Welt» eingeübt u. vermittelt. H. ist daher die zentrale Kategorie einer auf Praxis zielenden Theologie (↑Politische Theologie).

Hölle

(nordgermanisch hei = das Totenreich u. seine Göttin) ist ein volkstümlicher Ausdruck für das Nichterlangen der seligen Gemeinschaft mit Gott (↑Himmel) u. die positiven Straffolgen aus dem Zustand endgültiger personaler Abwendung von Gott u. endgültiger personaler Gegensätzlichkeit zur göttlichen Ordnung der geschaffenen Wirklichkeiten. Über diese H. wird vom kirchlichen Lehramt festgestellt, daß es sie gebe (DS 72 76 801 858 1351, NR 919 926 381), daß die Strafe sogleich nach dem Tod (u. nicht erst beim Gericht) eintrete (DS 1002, NR 905) u. daß sie ewig dauere (DS 411, NR 891). Die Aussagen der Schrift des NT, in dem eine gesonderte Stätte der Strafe in freier Übernahme spätjüdischer Vorstellungen mehr vorausgesetzt als ausdrücklich ausgesagt wird, sind nach den Prinzipien der Auslegung apokalyptischer u. eschatologischer Aussagen in der Schrift auszulegen. Das heißt: Solche Aussagen sind nicht Reportagen antizipierender Art, als spreche der biblische Bericht gleichsam von der schon eingetretenen Zukunft her, sondern sie wollen das jetzige, gegenwärtige Dasein des Menschen vor Gott erhellen. Das Dogma von der H. besagt somit: das Leben des Menschen ist von der realen Möglichkeit ewigen Scheiterns bedroht, die darin gegeben ist, daß er frei über sich verfügen u. sich so frei Gott verweigern kann. Diese Möglichkeit des Menschen spricht Jesus direkt aus, wenn er vor den Folgen des eigensinnigen u. eigenmächtigen Sich-selbst-Verschließens (dem Fehlen der Liebe, nach der gerichtet wird) in Bildern, die der damaligen Zeit geläufig waren, warnt. Er verkündet den Ernst der gegenwärtigen Situation u. die Bedeutung der menschlichen Geschichte, deren Ertrag als vom Menschen gültig gewirkt angesehen wird, er weist damit jeden Leichtsinn (↑Apokatastasis) u. jede Oberflächlichkeit in der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Mensch u. Gott ab u. betont damit gleichsam negativ die ins Eigene u. Freie setzende u. doch restlose Liebe Gottes. Ob u. in welchem Umfang diese Möglichkeit bei Menschen (vgl. .↑Dämonen) sich tatsächlich verwirklicht, darüber gibt es keine Offenbarung u. keine Entscheidung des kirchlichen Lehramtes. Dies würde auch dem Sinn der Botschaft von der Möglichkeit der H. widersprechen, der nicht in der Informierung u. Stillung der Neugierde, sondern in dem Ruf zu Besinnung u. Umkehr liegt. Wir haben die Sätze von der Kraft eines allgemeinen Heilswillens Gottes u. von der wahren Möglichkeit ewiger Verlorenheit unverrechnet nebeneinander zu bekennen, jedoch ohne beide als gleichermaßen mächtig zu behaupten (↑Heilswille).

Höllenabstieg Jesu

An mindestens 10 Stellen des NT u. in der seit 370 n.Chr. verbreiteten Fassung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses wird bekannt (DGL: DS 801 852, NR 919 922): Jesus ist als Gestorbener im „Totenreich» gewesen. An einzelnen Stellen wird näher erläutert, er habe dort (den Mächten oder den verstorbenen Menschen) den Sieg der ↑Basileia verkündet oder repräsentiert. Es handelt sich dabei nicht um die Hölle, sondern um die ↑Scheol im spätjüdischen Sinn, wie aus der Tradition eindeutig hervorgeht. Bei kritischer Scheidung von Aussageweise u. -inhalt ist zu sagen: Dieser H. selbst ist Jesu Sterben, insofern er den entmächtigenden ↑Tod des Menschen als Tat gehorsam annimmt u. vollbringt u. „im Tode» freiwillig radikaler Ohnmacht, der reinen Verfügung durch Gott, ausgesetzt ist, so aber sein erlösender Gehorsam Macht über Kosmos u. Geschichte gewinnt, weil im ↑Tod das Verhältnis zum Ganzen der Schöpfung nicht abgebrochen wird, sondern als Sein „im Herzen der Welt» (Mt 12,40) offen u. unmittelbar wird. Der H. ist also kein neuer Erlösungsakt über den Tod hinaus. Mit dem Tod ging Jesus die Gemeinschaft mit den vor ihm Gestorbenen ein, im wahren Sinn eine Mit-teilung des von ihm Gewirkten, ein bleibender Appell an die notwendige Solidarität der Menschen mit den vergessenen Toten. Eine Reflexion über den Zeitpunkt dieses H.s u. seine Dauer ist sinnlos, weil er nur in dem der weiterlaufenden Zeitenthobenen Augenblick des Totseins gesehen werden kann.

Homoousios

(griech. = wesensgleich, nicht zu verwechseln mit hornoiousios = wesensähnlich) ist ein schon im 3. Jh. greifbarer theol. Fachausdruck, der besagt, daß Vater u. Logos in der göttlichen ↑Dreifaltigkeit gleichen (besser: eines) Wesens sind. Jesus Christus ist, wie in den trinitarischen u. christologischen Glaubenskämpfen vom 3. bis 5. Jh. erarbeitet werden mußte, wesensgleich mit dem Vater (DS 125 f 150 301ff, NR 155f 250 178) u. wesensgleich mit uns (DS 301ff, NR 178) kraft der beiden ↑Naturen in ihm. Dieses göttliche „Wesen» wird von den griech. Theologen als absolut einfach begriffen; es kann durch innergöttliche „Zeugung» nicht geteilt werden, sondern wird in ihr ungeteilt mitgeteilt. Das nach dem l. Konzil von ↑Nikaia noch bleibende philosophisch-theol. Problem war die Unterscheidung zwischen ↑,,Wesen» (griech. ousia) u. ↑,.Hypostase“. Vgl. dazu auch ↑Arianismus.

Hörende Kirche

bezeichnet in einem genaueren theol. Sinn nicht so sehr die Tatsache, daß die ↑Kirche als ganze Hörerin des Offenbarungswortes Gottes ist, u. auch nicht so sehr den zuhörenden Teil der Kirche im Unterschied zu dem kraft des .fLehramtes lehrenden Teil (der kraft göttlichen Rechts nur im Episkopat unter dem Papst besteht, wozu kraft kirchlichen Rechts die von diesem zum Lehren Delegierten kommen), sondern genau die Tatsache, daß in einem wahren u. eigentlichen Sinn der lehrende u. der hörende Teil der Kirche im Hören geeint sind, weil der Heilige Geist der Kirche als ganzer gegeben ist u. diese ganze Kirche den „Glaubenssinn» (↑Glauben) hat u. in der Kirche nur ein Glaubender, d. h. Gehorsamer, d. h. Hörender, wirklich Lehrer sein kann.

Hylemorphismus

heißt die von Aristoteles aufgestellte, in der Scholastik ergänzte Lehre, daß in allem Körperhaften die Wesensbestandteile der ↑Materie (griech. hyle) u. der ↑Form (griech. morphe) zu einer Einheit verbunden sind. Zugrunde liegt die Vorstellung von einem substantiellen Wesen des Körperhaften, das konstituiert ist durch eine „erste Materie» (materia prima, ↑Potenz, Wandelbarkeit) u. deren (wechselnd sein könnendes) substantielles Gestaltprinzip, das durch eine äußere Wirkursache hervorgebracht wird (vgl. besonders ↑Kausalität), die Artverschiedenheit begründet u. die Materie bestimmt zu dem, was sie in Potenz war, die „Form» (↑Akt). Die daraus resultierende erfahrbare „zweite Materie» sei also immer hylemorph konstituiert. In der Scholastik verschob sich der Akzent vom Naturphilosophischen auf das Metaphysische. Der H. diente so seit Anfang des 13. Jh. auch zur deutlicheren Beschreibung theol. Sachverhalte. Thomas v. Aquin u. der ↑Thomismus hielten an der Einzigkeit der substantiellen Form in einem Seienden fest, während die Franziskanerschule u. Suärez einen ↑Pluralismus der Formen annahmen. Einen Ausnahmefall des substantiellen Werdens nahm man in der Lehre von der ↑Transsubstantiation an, bei der sich die Materie nicht durchhalte, sondern nach dieser Terminologie Materie u. Form, die ganze ↑Substanz, verwandelt werden. Mit hylemorpher Begrifflichkeit wurde auch das Leib-Seele-Verhältnis beschrieben (vgl. DS 902, NR 329); der H. spielt ferner eine Rolle in der scholastischen Lehre von der ↑heiligmachenden Gnade als der „causa formalis» der Rechtfertigung (vgl. DS 904 1528f, NR 798f) u. analog bei der Bestimmung des sakramentalen Zeichens als Einheit aus rituellem Gestus (↑„Materie“) u. Wort (A .Form») (vgl. DS 1671ff 1695 1704, NR 645 ff 697 663 u.ö.). – Eine ..metaphysische Zusammensetzung» im Sinn des H. wäre von den Erkenntnissen der Naturwissenschaft über die Zusammensetzung der Lebewesen u. der anorganischen Körper unabhängig.

Hyperdulie

(griech. hyperduleia, sachgerecht am besten mit „größere, vorzügliche Verehrung» wiederzugeben) ist eine Bezeichnung für die im Vergleich zur übrigen ↑Heiligenverehrung „größere» Verehrung der heiligen Jungfrau ↑Maria wegen ihrer ↑Gottesmutterschaft u. der sich darin konkretisierenden einmaligen Stellung in der Heilsgeschichte. H., die selbstverständlich nichts mit ↑Anbetung zu tun hat, wird Maria von der kath. Kirche u. den getrennten Ostkirchen zugesprochen.

Hypostase

(griech. hypostasis, philosophischer Ausdruck für ..konkrete Wirklichkeit») war von seiner ursprünglichen Bedeutung her nicht von „ousia» = Wesen unterschieden; so konnte auch im Lateinischen für beide „substantia» (↑Substanz) stehen. Mit dem Beginn der theol. Reflexion über die göttliche ↑Dreifaltigkeit zeigte sich diese Gieichsetzung bei den damaligen Beziehungen zwischen griech. u. lat. Theologie als wenig glücklich. Origenes bezeichnete die drei göttlichen Personen als H.n, die durch die Identität der „ousia» eins seien; Ter tullian sprach von drei Personen in einer Substanz. Dennoch wurden auf dem l. Konzil von ↑Nikaia H. u. „ousia» noch in gleicher Bedeutungverwendet (DS 125 f, NR 155 f). Die klassische Trinitätstheologie fand erst um 380 ihren Ausdruck: in der einzigen göttlichen ↑Natur (= Wesen) sind drei H.n = drei ↑Subsistenzen = drei ↑Personen (vgl. DS 421, NR 180). – Eine andere begriffliche Unklarheit fand sichinderChristologie. H. u. „physis» (= Natur) wurden gleichgesetzt (vgl. ↑Monophysitismus). Erst mit dem Konzil von ↑Chalkedon war eine begriffliche Klärung gewonnen: Jesus Christus ist eine H. (= eine Person) in zwei Naturen (DS 301ff, NR 178). Im 6.Jh. wurde die einzige H. Christus „eine der drei göttlichen H.n» genannt (DS 401 426, NR 179184). Damit war die klassische Christologie in ihrer Verknüpfung mit derTrinitätstheolog. abgeschlossen: die Problematik, die durch die unnuancierte Verwendung des H.-(= Person-)Begriffes in Trinitätstheologie (wo die Person nur durch die ↑Relation konstituiert ist) u. Christologie entstand, wurde noch nicht gesehen.

Hypostatische Union

(wörtlich etwa: Vereinigung u. bleibende Einheit in einer ↑Hypostase = Person) ist jener theol. Fachausdruck, der besagt, daß in ↑Jesus Christus durch die Vereinigung u. bleibende Einheit von einer menschlichen Natur mit der göttlichen Person ( = Hypostase) des Logos eine menschliche Wirklichkeit zur kreatürlichen Selbstaussage des Wortes Gottes wurde (DGL: DS 252-263 301ff 426 436f 516, NR 178 184 191f 208). Diese Formulierung ist das Ergebnis der großen christologischen Kämpfe der ersten vier Jahrhunderte. Zu ihnen war es gekommen durch mißglückte Versuche, sich die in der Schrift bezeugte Tatsache, daß Jesus Christus wahrer Mensch u. wahrer Gott ist, rational-spekulativ zu verdeutlichen. Das Schwerwiegende an diesen christologischen Häresien war, daß die Menschwerdung selbst u. so die wirkliche Menschheit Jesu zur bloßen Verkleidung Gottes degradiert wurden (↑Arianismus, ↑Apollinarismus), z.B. indem man Jesus eine menschliche Seele absprach u. in der „Seele» des göttlichen Logos die Klammer zwischen diesem u. dem Fleisch sah (was konsequent zum ↑Monophysitismus führte u. so die Erlösung zur Tat Gottes als solchen machte), oder aber daß man bestritt, daß der göttliche Logos das „Subjekt» auch der menschlichen Wirklichkeit sei (↑Nestorianismus, der das menschliche Geschehen in Jesus Christus diesseits des Abgrundes läßt, der zwischen Gott u. Kreatur wäre, wenn nicht in Jesus das wahrhaft Menschliche in eigentlichstem Sinn eine Wirklichkeit Gottes selbst wäre). Durch die Anerkennung einer zweifachen ↑Natur in Jesus Christus (auf dem Konzil von ↑Chalkedon) gewann man die Möglichkeit, den entscheidenden, erlösenden Mittler-Akt in die Wirklichkeit dieser Welt, eben in die Menschennatur Jesu Christi, hineinzuverlegen, so daß der erlösende Akt ein Akt des Logos u. doch ein Akt menschlicher Freiheit ist u. bleibt. Diese Lehre schließt ein, daß die menschliche Natur des Logos ein echtes, spontanes, freies, geistiges Aktzentrum besitzt, ein mensch liches Selbstbewußtsein, das dem ewigen Gott kreatürlich gegenübersteht in der echt menschlichen Haltung der Anbetung, des Gehorsams, des radikalsten Kreaturgefühls. Denn Jesus ist nicht ein in Menschengestalt an uns handelnder Gott, sondern Gott u. zugleich wahrhafter Mensch, der in echter menschlicher Freiheit auf Gott hin unser Mittler sein kann. Wie dies gedacht werden könne, das macht die aktuelle Problematik der H. U. aus. Ihre Lösung müßte davon ausgehen, daß nur eine göttliche Person eine von ihr real verschiedene Freiheit so als ihre eigene besitzen kann, daß diese nicht aufhört, wahrhaft frei zu sein auch gegenüber der sie besitzenden göttlichen Person, u. doch diese Freiheit diese Person selbst als ihr ontologisches Subjekt qualifiziert. Denn nur bei Gott ist es überhaupt denkbar, daß er selber die Unterschiedlichkeit zu sich selbst konstituieren kann. Das Verhältnis der Logos-Person zu ihrer menschlichen Natur ist gerade so zu denken, daß hier Eigenstand und radikale Nähe in gleicher Weise auf ihren einmaligen, qualitativ mit anderen Fällen unvergleichbaren Höhepunkt kommen, der der einmalige Höhepunkt eines SchöpferGeschöpf-Verhältnisses ist. Daraus folgt: in dem Maß u. in der Weise, wie die H. V. eine realontologische Bestimmung der menschlichen Natur, u. zwar ihre ontologisch höchste, ist u. diese menschliche Natur „bei sich selbst» ist durch sich selbst (was mit ihrer Geistigkeit gegeben ist), muß auch die menschliche Natur von sich selbst her dieser H. U. bewußt sein; die H. V. kann nicht bloß ein Inhalt ihres „von außen» gegebenen gegenständlichen Wissens sein, d.h. die menschliche Seele Christi ist unmittelbar ontisch u. bewußtseinsmäßig beim Logos (vgl. auch ↑Wissen Jesu). Von da her könnte man sagen: „Jesus ist der Mensch, der die einmalige absolute Selbsthingabe an Gott lebt» (als Wesensaussage über Jesus Christus), unter der Voraussetzung, daß eine absolute Selbsthingabe eine absolute ↑Selbstmitteilung Gottes beinhaltet, die das durch sie Bewirkte (den mit Gott beschenkten Adressaten der Selbstmitteilung Gottes, der durch diese Mitteilung geschaffen wird) zur Wirklichkeit des Bewirkenden selbst macht, u. unter der Voraussetzung, daß eine solche existentielle Aussage in radikalster Weise eine Seinsaussase ist. – ↑Inkarnation.

I

Ideen, göttliche

Idee im allgemeinen bezeichnet ein Urbild oder einen Urtypus, das aufleuchtende Bild (im Unterschied zu Abbild u. Begriff). Im ↑Neuplatonismus der Kirchenväter sind die göttlichen I. die schöpferischen Gedanken Gottes über die erschaffbaren Wirklichkeiten oder die ihm immanenten Urbilder, die mit seiner Vollkommenheit identisch sind u. durch die Schöpfung im Geschaffenen nachgebildet werden. Dies wurde bei Bonaventura u. Thomas v. Aquin zur Lehre von der Exemplarursächlichkeit Gottes weiter ausgebaut. Bonaventura sieht diese christozentrisch: der Sohn Gottes ist das Bild des Vaters u. vermittelt dem Geschaffenen die ↑Gottebenbildlichkeit.

Ideologie

(Ideologiekritik). Jede gesellschaftliche Realität bedarf zu ihrer Entstehung, Erhaltung u. Fortentwicklung eines entsprechenden Systems von Auffassungen, Ideen u. Theorien über die gesellschaftliche Wirklichkeit im ganzen sowie über einzelne ihrer Strukturen, Prozesse u. Problemlagen. Die l.n sind jedoch nicht nur die Widerspiegelung der den Menschen umgebenden materiellen Verhältnisse in seinem Bewußtsein, sondern auch der konzentrierte Ausdruck der jeweiligen Klasseninteressen u. damit die normativ auftretende Grundlage für die entsprechenden Haltungen, Bewertungen, Entscheidungen u. Konventionen. Ein ideologisches System konstituiert sich daher aus deskriptiven u. erklärenden Aussagen u. Erkenntnissen einerseits, motivbildenden u. handlungsstimulierenden Appellen, Forderungen u. Werten andererseits. In der Geschichte der menschlichen Gesellschaft gibt es ausreichend Beispiele für l.n, die die soziale Realität einseitig oder falsch interpretieren, trotzdem jedoch das Handeln der Menschen u. die Gesellschaftsstrukturen nachhaltig beeinflussen. Umgekehrt muß sich nicht jede richtige Einschätzung der Gesellschaft auch schon angemessen im Handeln der Individuen u. Massen niederschlagen. Aufgabe der l.kritik ist daher die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Wahrheit u. der Wirksamkeit eines ideologischen Systems, die nicht schlechthin aufeinander reduzierbar sind. Dort, wo ↑Religion als Ausdruck eines falschen Bewußtseins der gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse u. Klassengegensätze angesehen wird, nimmt l.kritik die spezielle Form von Religionskritik an. Genau die Unterscheidung zwischen der Wahrheit u. der Wirksamkeit einer l. aber belegt selber wieder die soziale Standort- u. Interessengebundenheit von Aussagen über gesellschaftliche Wirklichkeit. Eine standpunktlose, freischwebende Erkenntnis sozialer Zusammenhänge kann es daher nicht geben. Allerdings kann der soziale Standort je nach Existenzbedingungen u. Klassenzugehörigkeit sowohl zur entscheidenden Erkenntnisschranke u. Fehlerquelle als auch zur Bedingung klarer u. exakter Einsicht werden. Die Forderung nach l.freiheit oder Entideologisierung erweist sich daher vom ideologiekritischen Standpunkt aus als der verschleierte Versuch, eine bestehende l. durch eine neue zu ersetzen. K. F.

Idiomenkommunikation

besagt zunächst, daß wegen der ↑hypostatischen Union von der einen Person Jesus Christus die Eigentümlichkeiten beider Naturen ausgesagt werden können u. müssen. Eigentliche l. im logischen Sinn ist dann gegeben, wenn die Person Jesu Christi mit einem Namen bezeichnet wird, der sie direkt als Träger einer der beiden Naturen kennzeichnet u. von dem so bezeichneten Subjekt die Eigentümlichkeiten der anderen Natur ausgesagt werden (z.B. „Das Wort Gottes ist gekreuzigt worden»). Einer solchen l. bedienen sich Schrift u. Lehramt seit alters. In der Scholastik wurden dafür 6 Regeln aufgestellt: l) Konkrete göttliche u. menschliche Attribute Jesu Christi können getauscht werden („Gott ist Mensch»); 2) göttliche Abstracta u. menschliche Abstracta können nicht getauscht werden, Abstracta können nicht von den Concreta ausgesagt werden (falsch ist: „Die Menschheit Jesu Christi ist das fleischgewordene Wort»): 3) ein Satz, der Jesus Christus ein Attribut schlechthin abspricht, das ihm kraft einer der beiden Naturen zukommt, ist falsch (so ist falsch: „Der Logos ist nicht gestorben»); 4) für Aussagen, die das Werden der hypostatischen Union ausdrücken, ist der Mensch Jesus nicht Subjekt (falsch ist: „Der Mensch ist Gott geworden»); 5) beim Gebrauch von Ableitungen oder Zusammensetzungen von „Mensch» oder ..Gott» ist Vorsicht geboten (falsch ist der Satz des Nestorius: „Christus ist ein Gott tragender Mensch»); 6) von den Häretikern verwendete Redeweisen sind mit Vorsicht zu verwenden (z.B. der Satz der Arianer: „Christus ist ein Geschöpf», der richtig verstanden werden kann). Diese logischen Regeln der l. sind gleichsam die logische Version der Realität der ↑hypostatischen Union.

Immanenz

besagt im Unterschied zu ↑Transzendenz, daß etwas eine Grenze nicht übersteigt. So kann sich z.B. eine Erkenntnislehre darauf beschränken, das Für-mich darzulegen unter bewußtem Verzicht auf das An-sich; oder sie erklärt dasjenige, was nicht erfahren werden kann, als jeder möglichen Erkenntnis transzendent u. identifiziert Erkenntnis mit Erfahrung. Vgl. dazu ↑Geist, ↑Erfahrung.. – Eigentliche Immanenzphilosophien sind ↑Materialismus, ↑Monismus u. ↑Pantheismus, wenn u. insofern in ihnen das Sein selbst auf das Erfahrbare oder Endliche eingegrenzt wird. Immanentismus heißt in diesem Zusammenhang auch eine Philosophie, die Gott selbst ein unendliches Sein nicht abspricht, aber als nicht substantiell verschieden vom endlichen Seienden erklärt u. sich so in Widersprüche verwikkelt. In einem richtigen Sinn wird l. vom ↑Leben ausgesagt, da der Vollzug des Lebens nicht eine außerhalb von ihm seiende Wirkung setzt, sondern Selbstvollzug (actio immanens) bedeutet; am deutlichsten im Selbstvollzug des ↑Geistes, doch ist gerade hier deutlich, daß sich l. u. Transzendenz nicht notwendig auszuschließen brauchen.

Immanenzapologetik

ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Strömungen, besonders in der französischen Theologie Ende des 19. u. Anfang des 20. Jh., die bei der rationalen Darlegung der ↑Praeambula fidei an die im Menschen selbst gelegenen Tendenzen u. die diesen Tendenzen des Menschen wegen deren gnadenhafter Erhebung entgegenkommenden Gehalte der Offenbarung anknüpfen wollten u. demgegenüber die in der herkömmlichen Apologetik (↑Fundamentaltheologie) hochgeschätzten äußeren Kriterien (Wunder u. Erfüllung von Prophezeiungen) abwerteten. Die von der l. nicht überall ganz vermiedene Gefahr ist die Überbewertung des Gefühls u. des religiösen Bedürfnisses unter Abwertung des Verstandes; insoweit, als sie mit den verurteilten Positionen des ↑Modernismus identisch war, wurde auch sie vom kirchlichen Lehramt verworfen (DS 3878 3882 3894, NR 74 77). Der klassische Vertreter der l., M. Blondel, ist ausdrücklich von dieser Verurteilung ausgenommen worden. Auch zeigt die Enzyklika ,,Humani generis» 1950 dadurch, daß sie eine Erkenntnis einer Wirklichkeit durch „Konnaturalität» mit ihr kennt (wie schon Thomas v. Aquin), daß das richtige u. notwendige Bemühen der l. als solches keiner Verurteilung unterliegt. Vgl. zum richtigen Ansatz einer l. /Totentia oboedientialis, übernatürliches ↑Existential, ↑Offenbarung.

Imputationsgerechtigkeit

ist eine Bezeichnung für die Weise der ↑Rechtfertigung im Verständnis mancher Reformatoren (Melanchthon). Danach rechnet Gott dem Sünder die Sünden nicht mehr an (Imputation = Anrechnung), weil er ihm in der Rechtfertigung die Gerechtigkeit Jesu Christi anrechnet. Diese forensische Imputation ist rein äußerlich, der Sünder bleibt ↑simul iustus et peccator, u. die Gerechtigkeit ist dem Sünder nicht wirklich zu eigen geworden. Demgegenüber stellt das Konzil von Trient auf Grund der Heiligen Schrift fest, daß der Sünder ein auch innerlich Gerechtfertigter wird (Röm 8,1 u.ö., DS 1561, NR 829). Dennoch hat l. auch einen gut kath. Sinn, da auf Grund der Heiligen Schrift festgehalten werden muß, daß uns unsere Sünden allein aus der Gnade Jesu Christi nicht angerechnet werden (Röm 4; Gal 3,6; 2 Kor 5,19) u. nichts im Sünder von ihm her Grund der Rechtfertigung ist. Wird diese Lehre zusammengesehen mit der kath. Lehre von der bleibenden Sündigkeit des Gerechtfertigten (DS 225ff 1533f 1540 1548ff 1573 u.ö., NR 761ff 804 809 817f 841 u.ö.) u. mit der heute oft vertretenen ev. Lehre, daß l. die Gnadenhaftigkeit u. Unverfügbarkeit der Rechtfertigung betont, nicht aber die wahrhafte u. wirkliche Gerechtmachung des Sünders leugnen will, so erscheint heute die l. nicht mehr als eine wirkliche Unterscheidungslehre zwischen kath. u. nichtkath. Christen.

Individualität

heißt in der Philosophie jene Bestimmtheit eines Seienden, die es in seiner Einzigkeit u. nicht mitteilbaren Einheit gegenüber dem Allgemeinen (Gattung usw.) bestimmt. Sie kommt im strikten qualitativen (nicht nur numerischen) Sinn nur der Person zu u. ist (wenigstens als zahlhafte) für die Einzelseele vom V. Laterankonzil gegen Averroismus u. Neuaristotelismus definiert worden (DS 1440f, NR 331).

Initiation

ist ein Fachausdruck der Religionsgeschichte u. Völkerkunde u. bedeutet wörtlich „Einführung». Er wird verwendet zur Zusammenfassung der verschiedenartigsten Riten, durch die ein herangewachsenes Mitglied eines Volkes in die Gemeinschaft oder ein „Kandidat» u. Uneingeweihter als Vollmitglied u. Eingeweihter in einen religiösen Bund aufgenommen wird, oft unter Riten, die Kampf, Tod u. Bewährung symbolisieren. Von da her können, nimmt man den Begriff ganz allgemein, die /Taufe u. auch die ↑Firmung als Initiationsriten ins Christentum angesehen werden auf Grund der materialen Ähnlichkeit, die sie allerdings nicht mit ↑Mysterien des Heidentums, sondern mit den Bräuchen der jüdischen Umwelt haben. Der Begriff,.Sakrament» stammt ebenfalls aus diesem Bereich; sacramenturn war ursprünglich der lat. Begriff auch für Initiation.

Inkarnation

(lat. •= Fleischwerdung), das zentrale Mysterium des Christentums. Die Lehre von der l. besagt, daß die menschliche Natur Jesu Christi von der göttlichen Person des Logos in einer ↑hypostatischen Union für immer als ihm eigene angenommen wurde. Die „menschliche Natur Jesu Christi» der Person des Logos muß so verstanden werden, daß Jesus Christus in Wirklichkeit u. aller Wahrheit ein Mensch ist mit allem, was dazugehört: ein menschliches Bewußtsein, das anbetend in unendlichem Abstand sich Gott gegenüber weiß, eine menschliche spontane Subjektivität u. Freiheit mit Geschichte, die, weil sie die Gottes selbst ist, nicht weniger, sondern mehr jene Eigenständigkeit besitzt, die durch die Einheit mit Gott nicht abnimmt, sondern wächst. Einheit mit Gott u. Eigenständigkeit sind eben grundsätzlich Größen, die im gleichen, nicht im umgekehrten Maß wachsen. Der göttliche Akt der Einigung ist selbst der Akt der Freisetzung- der geschöpflichen Wirklichkeit in ihre aktive Selbständigkeit auf Gott hin. Das bedeutet, daß die heutige Christologie (in der Verkündigung u. der theologischen Reflexion) jene Geschichte der „Aufstiegschristologie» gleichsam neu nachvollziehen (u. predigen!) muß, die sich schon innerhalb des NT in ungeheurer Geschwindigkeit zwischen der Erfahrung des geschichtlichen Jesus u. den Abstiegsformeln der Christologie bei Paulus u. Johannes in eine Lehre von der l. des präexistenten Sohnes u. Logos Gottes umgesetzt hat. Es muß so von der l. gepredigt werden, daß darin die Erfahrung des konkret geschichtlichen Jesus sich so vertieft u. radikalisiert, daß sie die Erfahrung jener absoluten u. endgültigen Nähe Gottes zur Welt u. zu unserem Dasein in Jesus wird, die ohne Abstrich u. Vorbehalt reflex nur angenommen wird, wenn die klassischen Formeln der Christologie gültig bleiben u. verstanden werden. Man kann also Jesus zMnactounbefangen erfahren u. sehen als menschlichen „Propheten», der, in schöpferisch neuer Weise angerührt von dem Geheimnis Gottes u. gleichzeitig selbstverständlich aus der Geschichte seiner eigenen Welt lebend, Gott als den Vater u. die drängende Nähe des von Gottes Erbarmen her siegreichen Reiches Gottes verkündigt. Auch innerhalb der orthodoxen Christologie haben wir die Möglichkeit u. das Recht, ein echt geschichtliches Bewußtsein Jesu zu sehen, weil die letzte geistige, immer gegebene Transzendenz seines Wesens auf die Unmittelbarkeit Gottes hin (in der scholastischen Theologie: die unmittelbare Anschauung Gottes durch die Seele Jesu genannt) als letzter Horizont u. Grundbefindlichkeit seiner menschlichen Existenz eine solche echte Geschichtlichkeit seines religiösen Lebens auf Gott hin nicht ausschließt. Aber dieser „Prophet» weiß sich eben nicht nur als bloß einer der vielen immer wieder neu aufstehenden Erwecker des religiösen echten u. radikalen Verhältnisses des Menschen zu Gott in einer nach vorn ins Unbestimmte offenen Geschichte, sondern als der endgültige u. absolute Heilbringer, in dessen Person, Tod u. Auferstehung der endgültige Bund zwischen Gott u. Mensch „da ist» u. als so gegeben u. besiegelt durch seine Auferstehung erfahren wird. Er weiß sich nicht als bloßer Prophet eines noch absolut ausständigen, rein zukünftigen „Reiches Gottes» noch eines solchen (das das Heil ist), das unabhängig von seiner Person bestünde, von dem als solchem er nur reden könnte, sondern er ist es selber, so daß am Verhältnis zu ihm selbst das Heil jedes Menschen sich entscheidet. In der heutigen geistesgeschichtlichen Situation ist es möglich u. geboten, die ontische Christologie (ohne sie aufzuheben oder in ihrer bleibenden Gültigkeit zu bezweifeln) immer auch in eine transzendental onto-logische Christologie zu transponieren, gerade um die klassische Christologie besser zu verstehen. Das will (ganz einfach formuliert) sagen: der Mensch istvom Grund seines Wesens her die absolut unbegrenzte Frage nach Gott u. betreibt nicht nur diese Frage als eines der vielen möglichen Geschäfte neben ändern. Das zeigt sich darin, daß die transzendentale Verwiesenheit in Erkenntnis u. Freiheit auf Gott (als von Gott her dauernd eröffnete Möglichkeit, nicht als autonome „Subjektivität») die unreflex immer waltende Bedingung der Möglichkeit jedweder menschlichen Erkenntnis u. freien Tat ist. Diese Transzendenz verwirklicht, sich zwar in einer raum-zeitlichen Vielzahl von „akzidentellen» Akten des Menschen, die seine Geschichte ausmachen, aber eben diese Vielzahl ist getragen von dem Grundakt der ↑Transzendenz, der das Wesen des Menschen irt. Dieser Grundakt (insofern er dem Vollzug der Freiheit des Menschen vorausliegt) ist in einem die reine Herkünftigkeit von Gott u. Hinkünftigkeit zu ihm, die von Gott ständig im Akt der Schöpfung eröffnete Offenheit für Gott als Frage an die so konstituierte Freiheit zur Annahme oder Ablehnung dieser Transzendenz u. als Potentia oboedientialis für die Selbsttnitteilung Gottes als die mögliche, aber freie u. radikal höchste Antwort Gottes auf diese Frage, die der Mensch ist (vgl. ↑Gnade, ↑Erlösung). Wenn nun die Setzung der Frage, die der Mensch ist, u. die Annahme dieser Fraglichkeit von Gott selbst so schöpferisch geschieht, daß diese Frage gesetzt wird als Bedingung der Möglichkeit der Antwort der Selbstmitteilung Gottes an die Menschheit, u. zwar so, daß a) der Wille zu dieser Selbstmitteilung u. zu ihrer Annahme von seiten des Menschen als absoluter Wille selbst (nicht nur als bedingter) diese Potentia oboedientialis, die unendliche Frage, die der Mensch ist, setzt, weil. der Wille zur Antwort von Gott her absolut ist, u. b) so, daß diese absolute (also ihre Annahme in formeller Prädestination implizierende) Zusage der göttlichen Selbstmitteilung an die geistige Kreatur überhaupt in geschichtlicher Irreversibilität erscheint, dann ist diese solche Einheit von Frage u. absoluter Antwort in einer ontologischen Aussage das, was in einer ontischen Aussage hypostatische Union heißt. Denn unter der gemachten Voraussetzung ist die „Frage» (die der Mensch ist) ein inneres Moment an der Antwort selbst. Ist nämlich diese Antwort nicht etwas, was nur von Gott als Urheber kommt, sondern was streng er selbst ist, u. ist die Frage (als von ihr selbst in Freiheit angenommene u. die Antwort entgegennehmende, sich beantworten lassende) als Moment des sich selbst zur Antwort (zur Selbstmitteilung) gebenden Gottes gesetzt, dann ist die Setzung der „Frage» als inneres Moment der Antwort eben eine von Gott verschiedene u. doch strengstens zu ihm selbst gehörende, ihm selbst eigene Wirklichkeit. Von diesem Ansatz aus könnte dann an sich noch eingehender gezeigt werden, wie die „unvermischte» Differenz zwischen Göttlichem u. Menschlichem in Jesus Christus aus dem einenden Willen der Selbstmitteilung Gottes entspringt, die „Schöpfung» des Menschlichen hier (wie schon Augustinus sagt) durch die „Annahme» selbst geschieht, der „Bund» (wie K. Barth grundsätzlich richtig betonte) die Schöpfung trägt. Das eben Gesagte kann nur richtigverstanden u. gewürdigt werden, wenn das Gesagte streng ontologisch verstanden wird, d. h. die Voraussetzung mitvollzogen wird, daß Geist, Selbstbewußtsein, Freiheit, Transzendenz nicht zufällige Epiphänomene „an» einem (letztlich sachhaft gedachten) „Vorhandenen» sind, sondern das eigentliche Wesen des Seins bilden, das im einzelnen Seienden nur durch das „Nichtsein» der materia gehindert wird, zu sich selbst zu kommen. Es ist von dem Ansatz aus auch verständlich, daß die Selbstzusage Gottes an die Welt (in vergöttlichender Gnade) geschieht u. so gerade in dem einmaligen Gottmenschen ihre geschichtlich irreversible u. siegreiche Erscheinung u. heilsgeschichtliche Präsenz hat. Ein Verständnis (das natürlich das Mysterium nicht aufhebt) für die l. läßt sich noch von einem anderen Gesichtspunkt erreichen, u. dieser ist heute notwendig zu berücksichtigen, wenn es gilt, dieses Geheimnis dem ungläubigen „Heiden» von heute zu verkündigen. Der Mensch von heute lebt eine „evolutive» ↑Weltanschauung; er sieht sich, die Menschheit, eindringlich im Fluß der Geschichte, die Welt hat für ihn eine ..Naturgeschichte», ist keine statische Große, sondern eine Werdewelt. Natur- u. Weltgeschichte bilden eine Einheit. Und diese eine ganze Geschichte wird als eine ..aufwärts gerichtete» Geschichte erlebt u. gesehen, gleichgültig, wie man die formale Struktur dieses je Höheren, in das hinein sich jede Phase dieser Geschichte überbietet, genauer charakterisieren will (z.B. wachsende Innerlichkeit als Selbstgegebenheit; wachsender Ausgriff auf das Ganze der Wirklichkeit; wachsende Einheit und Komplexheit des einzelnen Seienden). Wenn diese Geschichte wirklich Neues (d.h. Höheres, seinshaft Mächtigeres u. nicht nur anderes), u. zwar dennoch durch sich selbst, hervorbringen soll, dann kann der Übergang von einer Gestalt und Phase der Geschichte zur anderen nur als „Selbsttranszendenz» charakterisiert werden. Diese Selbsttranszendenz auf Höheres hin kann aber, obwohl sie ex supposito die Tat des geschichtlichen Seienden selbst ist, nur in der Kraft des absoluten Seins Gottes selbst geschehen, der, ohne zum Wesensmoment des endlichen Werdeseienden zu werden, in seiner schöpferischen Erhaltung u. Mitwirkung u. als (mindestens asymptotisch von sich her bewegende u. so angezielte) Zukunft diese Selbsttranszendenz des endlichen Seienden wirkt als die Tat dieses selbst. Wird dieser Begriff der Selbsttranszendenz als göttliche Bewegung u. die göttliche Tat als Erteilung der .Seßwftranszendenz aufgefaßt, dann kann die Entwicklung der materiell-geistigen Welt als eine Geschichte verstanden werden, ohne daß man dadurch die Wesensunterschiede innerhalb dieser einen Welt u. Geschichte leugnen oder übersehen müßte. Wie wir aus der die letzte Gnadenerfahrung des Daseins auslegenden Offenbarung Gottes wissen, ist die höchste, absolute u. endgültige Selbsttranszendenz des geschaffenen Seins, die alle vorausgehenden trägt u. ihnen ihren letzten Sinn u. ihr Ziel gibt, die Selbsttranszendenz des geschaffenen Geistes in die IJnmittelbarkeit des unendlichen Geheimnisses des Seins Gottes selbst hinein. Diese Selbsttranszendenz bedarf in einem absolut einmaligen Sinn der „Mitwirkung» Gottes. Von dieser aus gesehen, heißt diese Mitwirkung gnadenhafte Selbstmitteilung Gottes. Die in gestuften Selbsttranszendenzen des geschaffenen Seins erfolgende Geschichte der Welt u. des Geistes ist von der Selbstmitteilung Gottes getragen, deren ihre Voraussetzung schaffendes Moment die wirkursächliche ↑Schöpfung des von Gott Verschiedenen ist, während sie selbst erste Ursache u. letztes Ziel in der faktischen Welt ist. Letzte u. höchste Selbsttranszendenz des Endlichen u. radikale Selbstmitteilung Gottes sind die beiden Aspekte dessen, was in der Geschichte geschieht. Dabei ist immer ein Doppeltes nicht zu vergessen: einmal ist das Woraufhin dieser letzten Selbsttranszendenz immer das unbegreifliche Geheimnis Gottes. Aller Weg in die Zukunft ist somit von dieser Eigentümlichkeit des Zieles mitbestimmt, ist Weg in das von uns her unbekannt Offene. Alle Selbsttranszendenz ist somit Hoffnung u. liebendes Sichanvertrauen an das Unverfügbare schlechthin, das sich als die Unbegreiflichkeit der Liebe mitteilt. Und ferner: die Geschichte der Selbsttranszendenz ist Geschichte der Freiheit, also Geschichte der möglichen (u. tatsächlich eingetretenen) Schuld u. des Neins zu dieser Dynamik der Geschichte oder der falschen (d. h. autonomen) Interpretation dieser Selbsttranszendenz, Geschichte der Möglichkeiten der absoluten u. endgültigen Verfehlung des letzten Zieles. Innerhalb dieser doppelten Möglichkeit der Freiheitsgeschichte haben dann auch die Entsagung, das „Kreuz» u. der ↑Tod einen notwendigen Platz. Diese Geschichte nun der Selbstmitteilung Gottes u. Selbsttranszen denz der Kreatur, die die Geschichte der wachsenden Vergöttlichung der Welt ist, geschieht nicht nur in der Tiefe des freien Gewissens, sondern hat bei der Einheit des vieldimensionalen Menschen u. der Dynamik der Gnade auf Verklärung alles Geschaffenen eine eigentlich kategorialgeschichtliche Dimension: sie erscheint u. schafft sich ihre Greifbarkeit in dem, was wir ↑Heilsgeschichte im eigentlichen u. üblichen Sinn nennen, u. diese kategoriale, raum-zeitliche Geschichte ist die Geschichte, in der Selbstmitteilung Gottes u. Seibsttranszendenz des Geschöpfes (konkret: des Menschen) sich ereignen. Wo die Selbstmitteilung Gottes u. die Selbsttranszendenz des Menschen kategorial-geschichtlich zu ihrem absoluten u. irreversiblen Höhepunkt kommen, d.h., Gott in der Raumzeitlichkeit schlechthin u. unwiderruflich „da ist» u. so die Selbsttranszendenz des Menschen zu eben solcher völligen Übereignetheit an Gott gelangt, ist das geschehen, was christlich l. heißt. Damit ist in Einheit eine kosmische u. eine freiheitsgeschichtliche Christozentrik der Welt gegeben. Nicht als ob „nur» in Jesus Christus die Welt zu ihrer absoluten Selbsttranszendenz gelangen würde. Sie erreicht sie als ganze, insofern alles Materielle in das Geistig-Personale hinein sich selbst transzendiert u. endgültig nur als Moment des Geistigen (in Engeln u. Menschen) in der Vollendung existieren wird u. in der vollendeten geistigen Schöpfung die absolute Nähe zu Gott, zum absoluten unendlichen Sein erreicht sein wird. Insofern stellt Jesus Christus nicht eigentlich eine ..höhere Stufe» der Selbsttranszendenz des Geistes u. der Selbstmitteilung Gottes dar, so daß man sich fragen müßte, warum sie nur „einmal» gegeben werde u. nicht in aller geistigen Kreatur in einem „Panchristismus» erreicht werde. Der inkarnierte Logos ist der Höhepunkt u. das Zentrum der Vergöttlichung der Welt vielmehr, insofern er als „einzelner» notwendig gegeben ist, wenn die Vergöttlichung der Welt in Gnade u. Glorie ihren irreversiblen Höhepunkt u. geschichtlich innerhalb der Geschichte selbst erscheinenden Sieg erreichen soll. Weil Gott sich selbst der Welt zusagt, gibt es Jesus Christus; er ist nicht ein nur möglicher Mitteiler eines Heiles, wenn er diese Mitteilung vollbringen will, sondern ist diese Mitteilung als unwiderrufliche u. geschichtlich erscheinende selbst.

Inspiration

wird (in Unterscheidung der göttlichen ↑Offenbarung an u. durch den ↑Propheten) jener charismatische Einfluß Gottes auf die Verfasser der ↑Heiligen Schrift des AT u. NT genannt, durch den (ohne daß diese Verfasser aufhören würden, literarische Urheber ihrer Werke zu sein) Gott in einem besonderen Sinn „Urheber» dieser Schriften wird, so daß sie das irrtumslose Wort Gottes darstellen (2 Tim 3, 16; DGL: DS 3006 3029, NR 94 f 98). Dieser charismatische Einfluß Gottes besteht in der Anregung u. Steuerung der Abfassung dieser Bücher in all ihren inneren u. äußeren Phasen, so daß sie das beinhalten, was Gott selbst durch sie sagen wollte, nämlich den genuinen irrtumsfreien Ausdruck der Lehre u. der Wirklichkeit der auf der apostolischen Predigt beruhenden Kirche, so daß diese Schriften in einem das Wort der inspirierten Verfasser, normative Objektivation des Glaubens der Urkirche für alle spätere Zeit u. in beidem ↑Wort Gottes sind. Das II. Vat. wiederholt die kirchenamtliche Lehre über die l., unterscheidet aber deutlich zwischen Gott als dem „Urheber» u. den Menschen als den „echten Verfassern» der Heiligen Schrift, in der „die Wahrheit» enthalten ist, „die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte» (Offb. II). Damit ist also nicht ausgeschlossen, daß biblische Sätze, die mit der Wahrheit um unseres Heiles willen in keinem Zusammenhang stehen, menschliche Fehler enthalten.

Institution

Jedes menschliche Handeln u. Zusammenleben ist nicht nur bestimmt durch individuelle Bedürfnisse, Neigungen u. Zielvorstellungen, sondern auch durch wechselseitiges Aufeinanderangewiesensein, reziproke Verhaltenserwartungen, Beurteilungen u. Normen. l.en sind intersubjektiv anerkannte u. daher den Einzelnen verpflichtende, auf Dauer gestellte Fixierungen gesellschaftlicher Interaktionsu. Kommunikationsmuster, Arbeits- u. Bildungsmöglichkeiten, l.en setzen sowohl den Einigungswillen von Gruppen unter gemeinsamen Zielen wie auch eine organisierbare Macht zu ihrer Durchsetzung u. Aufrechterhaltung voraus. Dabei ist allerdings die Gefahr gegeben, daß den gesellschaftlichen Verobjektivierungen universaler Normen u. Prinzipien auch ein ontologischer Vorrang vor der Würde u. den Interessen des Einzelnen eingeräumt wird. Es ist also darauf zu achten, daß die institutionellen Ordnungen nicht ein abstraktes Allgemeininteresse gegen das Lebensrecht der Beteiligten u. Betroffenen vertreten u. dadurch zur Verweigerung individueller wie kollektiver Entfaltungs- u. Selbstbestimmungsmöglichkeiten werden, l.en sollen ja gerade durch Handlungsentlastungen u. Reduktion von Komplexität das gesellschaftliche Zusammenleben überschaubarer machen u. die Chancen zur Selbstverwirklichung erhöhen. Die Ausbalancierung der Polarität von Ordnung u. Freiheit ist somit ein Grundproblem aller l.en. Als Grundfiguren u. strukturelle Leitlinien der Reproduktion u. verbindlichen Selbstauslegung einer Gesellschaft haben l.en darüber hinaus die Aufgabe, zwischen personaler Sinnachfrage u. Lebensentwurf einerseits u. allgemeinen Sinnangeboten u. sozialen Zwecken andererseits zu vermitteln. Darin liegt im wesentlichen die der Identitätssicherung des Einzelnen wie der Stabilität des gesamten Ordnungsgefüges dienende integrative Funktion der l.en. Die Institutionen können die damit verbundene Ordnungsgarantie jedoch nur gewähren, wenn es ihnen gelingt, mit ihrem Anspruch auf Verbindlichkeit auch die Einsicht in ihre Legitimität u. damit die Grundlage allgemeiner Zustimmungsbereitschaft zu vermitteln. Wenn daher die legitimatorische Funktion eines Weltbildes erlischt, verlieren auch die es repräsentierenden l.en ihre Verbindlichkeit u. Ordnungskraft. Andererseits geraten die l.en auch dann in die Krise, wenn sie in ihrer Integrations- u. Orientierungsleistung hinter dem sozialen Wandel zurückbleiben u. so die Handlungsmöglichkeiten der Subjekte unzumutbar einschränken. Sie müssen dann entweder neuen l.en Platz machen oder sich tiefgreifenden Veränderungen unterziehen. All dies gilt auch – in seiner Weise gemäß der spezifischen Eigenart der Kirche von dieser. K. F.

Integrität

im allgemeinen bedeutet soviel wie Ganzheit. In der Theologie des ↑Urstandes bezeichnet sie alles, was dem Menschen im ↑Paradies von Gott frei u. ungeschuldet zugedacht war: die übernatürliche ↑Heiligmachende Gnade, die außernatürlichen Gaben der Freiheit von (der negativen) ↑Begierde, vom ↑Tod u. dessen Einleitungsphasen in Krankheit u. Leid (die theol. Lehre bei den angegebenen Artikeln; Gn 2,25; 3,7; Röm 6,12ff; 7,8f u.ö.- Gn 2,16f; 3,3; Röm 5, 12-21). Diese l. ging nach kath. Lehre verloren durch die ↑Erbsünde. Im christologisch-christlichen Sinnheißt l. sodann jene Freiheit von der Begierde, die dem göttlichen Logos nach der Menschwerdung in der menschlichen Natur zu eigen war (DS 434, NR 190) u. die Gott in der Gnade Jesu Christi auch ↑Maria schenkte (DS 2803 f, NR 479; ↑Unbefleckte Empfängnis) u. schließlich als wesentliches Moment zur ↑Auferstehung des Fleisches gehören wird, zu der auch das Nichtmehrleidenkönnentritt(Apk7, 16f; l Kor 15,42.53; Röm 8,11). Zur Theologie vgl. ↑Leiden. – Im Bereich des Sittlichen bezeichnet l. zunächst die physiologisch-psychologische Ganzheit des Menschen, aus der sich keine „Teile» autonom verselbständigen dürfen (wie etwa in der freiwillig oder krankhaft hingenommenen Dominanz eines bestimmten Triebes) oder in die ein Mensch nur insoweit eingreifen darf, als der Gesamtorganismus dies fordert (ärztliche Eingriffe); moraltheologisch bezeichnet l. schließlich die Integrierung dieses einen ganzen Menschen in eine sittlich gute Fundamentalentscheidung (↑Liebe).

Intention

heißt ursprünglich u. philosophisch Absicht, Richtung; Intentionalität ist in der heutigen Philosophie vor allem die transzendentale Bezogenheit des ↑Geistes u. der Person. In der Moraltheologie wird unter I. jene Eigentümlichkeit des sittlichen ↑Aktes verstanden, die ihn auf ein Ziel (↑Gut, ↑Motiv) hinbezieht u. darum maßgeblich die Sittlichkeit dieses Aktes bestimmt. Sie ist nicht das äußere Motiv u. nicht die innere allgemeine Gesinnung, sondern die konkrete innere Absicht, die je nach dem Maß, wie sie gegeben ist, explizit oder implizit sein kann u. je nach dem Grad, in dem sie das Tun beeinflußt, in aktuelle I. (ausdrücklich erfaßtes u. im Tun aktuell präsentes Motiv), virtuelle I. (ausdrücklich erfaßtes u. weiterwirkendes, aber beim Tun nicht mehr ausdrücklich präsentes Motiv) u. habituelle I. (früher einmal ausdrücklich erfaßtes, dann aber bloß nicht mehr widerrufenes Motiv) unterschieden wird. Diese Unterscheidung spielt auch in der Sakramententheologie eine Rolle, wo ein Mindestmaß an I. gefordert wird, damit ein ↑Sakrament gültig vollzogen werde. Ein positiver Wille, ein Sakrament nicht zu empfangen, macht dieses immer ungültig. Ehe, Bußsakrament u. Krankensalbung fordern immer eine positive (wenn auch unter Umständen nur habituelle) I. zu ihrer Gültigkeit; Taufe, Firmung u. Weihesakrament werden ihnen gegenüber von der Kirche eher als reine Gabe denn als Selbstvollzug betrachtet; dementsprechend die Lehre, daß man sie auch vor dem Vernunftalter empfangen könne (CIC can. 968); in diesem Alter können sie gültig nur mit genügender I. empfangen werden. Der Spender der Sakramente muß (unter der Voraussetzung, daß er sie überhaupt gültig spenden kann) wenigstens die I. haben, „zu tun, was die Kirche tut» (DS 1611, NR 516), d.h. die I. auf den als solchen gewollten u. erkannten religiösen Ritus, wie er auch in der Kirche vollzogen wird.

Intuition

(lat. Anschauung) heißt die unmittelbare Selbstgegebenheit einer Wirklichkeit für eine Erkenntnis u. in ihr. Sie ist so von abstraktdiskursiver Erkenntnis zu unterscheiden, ist aber tatsächlich bei der Reflexivität des menschlichen ↑Geistes (der transzendentalen ↑Erfahrung) nie ganz von dieser getrennt. Wird in einer Theorie der religiösen Erkenntnis der (von vornherein zum Scheitern verurteilte) Versuch unternommen, das rationale logische Erkennen durch l. allein zu ersetzen, so bezeichnet man diese Theorie als Intuitionismus. Solche Intuitionismen waren gegeben im ↑Ontologismus, in der Wertphilosophie (M. Scheler), im ↑Neuplatonismus, in der Theosophie u. Anthroposophie u. im ↑Modernismus (insofern dieser die Theologie vom ↑Dogma als nur mittelbarer Erkenntnis zu unmittelbarer religiöser Erfahrung befreien wollte).

Irrationalismus

ist ein Sammelbegriff für jede Deutung des menschlichen Bewußtseins, die vom Verstand lösbare u. (mehr oder weniger) unabhängige Erkenntniskräfte annimmt unter Ablehnung oder Zurückhaltung gegenüber dem begrifflichen Denken, gegeben etwa dort, wo das Fühlen als eigene dritte geistige Grundkraft des Menschen neben Intellekt u. Wille (Freiheit, Liebe) angenommen wird (Wertfühlen als Gotteserkenntnis usw.), oder dort, wo der letzte Wesensgrund als „etwas» Irrationales, Dunkles (etwa als Lebensdrang usw.) verstanden wird. Geistesgeschichtlich jeweils eine Gegenbewegung gegen den ↑Rationalismus.

J

Jahwe

ist sprachgeschichtlich/exegetisch weder ein Eigenname im Sinne der hinweisenden Bezeichnung eines Objekts (Nominator) noch die Bezeichnung einer Eigenschaft oder Relation (Prädikator), sondern der dankend u. preisend bekannte Grund eines rettenden Geschehens, dessen literarische Explikation durch die älteste biblische Exodus-Erzählung vorgenommen wird. Da in dem namenartigen Ausdruck („Ich bin, der ich bin», Ex 3,14) das rettende Heilshandeln Gottes an seinem Volk u. die Garantie seiner unverfügbaren, aber beständig nahen u. helfenden Gegenwart abgekürzt ausgesagt wird, läßt sich dieser nicht ontologisch, sondern eher narrativ auslegen: die erzählte Geschichte expliziert die geschichtlich sich durchhaltende Identität dessen, für den sie steht u. der für ihre Wahrheit einsteht, so daß sie immer neu die Grundlage dazu liefert, den Gott des Exodus auch unter gewandelten Erfahrungsbedingungen an seinem Handeln als den Befreier zu erkennen. K. F.

Jansenismus

ist eine nach dem Bischof C. Jansen von Ypern (†1638) benannte lehrhafte u. religiöse Strömung, die im 17. u. 18. Jh. weite Gebiete Frankreichs, Belgiens, Hollands, Italiens u. Deutschlands erfaßte. Die Grundzüge, die sich nur verkürzend zusammenfassen lassen, sind: Abneigung gegen die Philosophie, alleinige Geltung der Schrift u. der Kirchenväter u. einer Herzensmystik, moralische Strenge (erbitterter Kampf gegen den Laxismus) u. Betonung der Rechte der Bischöfe im Sinn des französischen Gallikanismus. Kirchlich verurteilt. Theologisch eindeutig falsch war die Gnadenlehre des J., insofern sie behauptete: die Gnade war dem Adam geschuldet, die Tugenden der Heiden sind nur Laster, die Menschheit ist der lasterhaften Begierde unterworfen, welcher der begnadete Mensch ebenfalls wenigstens innerlich unterworfen bleibt; Schuld ist auch ohne innere Wahlfreiheit möglich; Jesus starb nur für die Auserwählten, u. die Masse bleibt verdammt (↑Prädestination). Diese Gnadenlehre wurde in 5 Sätzen aus dem Buch „Augustinus» des Jansen exzerpiert u. 1653 verurteilt (DS 2001-2005, NR 871-875). Die Jansenisten erklärten diese Sätze ebenfalls als häretisch, bestritten aber ihr Enthaltensein im „Augustinus». Darauf wurde 1656 entschieden, die Sätze seien dort enthalten (DS 2012, vgl. 2020), die Verurteilung des J. wurde 1715 feierlich erneuert (Bulle Unigenitus). Die Lehre lebte bis Anfang des 19. Jh. weiter, in der 1723 von Rom abgetrennten jansenistischen Kirche von Utrecht (Holland) sogar bis in die Gegenwart.

Jenseits

ist eine Bezeichnung für Gott u. seine Wirklichkeit, seine „Welt», dann auch für das Leben (u. den Zustand) des Menschen nach dem Tod. Diese Redeweise ist nicht dem Denken selbst (↑Transzendenz), sondern räumlichen Vorstellungen entsprungen mit Überwiegen der Vorstellung des „Oberen» u. ist von mythischer Bildhaftigkeit (vgl. die Berichte von „Reisen» der abgeschiedenen Seelen, evtl. über eine „Brücke» usw. bis an ihren „jenseitigen» Bestimmungsort). Dies macht den Begriff zur Bezeichnung des christlichen eschatologischen Glaubens ungeeignet, da der ↑Himmel weder die höchste physikalische Dimension noch als vollendeter die Seligkeit reiner Geister, sondern der neue u. vollendete Zustand dieser Welt ist, in dem ihre Geschichte „aufgehoben» bleibt.

Jesus Christus

I. Leben Jesu. Die geschichtliche Existenz, das Leben, der Tod u. die Auferstehung, der Inhalt der Aussage Jesu über sich selbst sind historisch sicher durch die vier Evangelien, die Briefe der Apostel, außerchristliche Zeugnisse (Flavius Josephus, Tacitus, Sueton, Plinius d.J., den Talmud) u. das frühe Christentum. Jesus (= Jehoschua, Joschua, Josue = Jahwe ist Heil; zu „Christus» vgl. ↑Messias) ist geboren vor dem Jahre 4 vor Beginn unserer Zeitrechnung in Bethlehem in Palästina als Jude von seiner Mutter ↑Maria zur Zeit, als der Edomiter Herodes unter römischer Obergewalt in Palästina regierte, das Volk der Juden in religiöser Spaltung seine nationale Selbständigkeit verloren hatte u. in der griechisch-römischen Kultur im Imperium Romanum der Anfang der geschichtlichen Einheit Europas (u. von da aus der Welt) gelegt wurde. Nach einer verborgenen Jugend in Nazareth tritt Jesus ungefähr im Jahre 27 in der Art eines religiösen Wanderlehrers in seiner engeren Heimat Galiläa auf. Er verkündet, daß in ihm, dem Sohn des Vaters, die endgültige Herrschaft Gottes (↑Basileia) siegreich und irreversibel im Kommen sei, welche die sündigen u. verlorenen Menschen erlöst, wenn sie kompromißlos an ihn glauben u. umkehren (↑Metanoia). Darin ist der Mittelpunkt seiner Botschaft u. Sendung gegeben, die zunächst konkret an Gesamtisrael als das auserwählte Volk Gottes gerichtet sind. Im Rahmen seines Rufes zur radikalen Umkehr des ↑Glaubens verkündet er fordernd als Gabe der Gnade Gottes eine Sittlichkeit, die – bei allem Realismus der konkreten sittlichen Leistung (uneingeschränkte Nächstenliebe, Wahrhaftigkeit, Reinheit, Demut, Entsagung) – alles institutionell Erstarrte u. alles Leistungsdenken in Ethik u. Religion durchbricht u. den Menschen in ein persönliches Verhältnis zum lebendigen Gott setzt (↑Bergpredigt). Gott kann nach Jesus trotz seiner unendlichen Erhabenheit geliebt werden, u. alle Sittlichkeit ist erst das, was sie (sich selbst überbietend) sein soll, wenn der Mensch, der die Botschaft von Gottes Liebe zu ihm im Glauben empfängt, von ganzem Herzen Gott liebt. Das ermöglicht Jesus den Menschen dadurch, daß er das Reich Gottes zur konkrteten Erfahrung bringt, indem er sich parteilich der ..Schwachen» annimmt, in Tischgemeinschaft mit „Unreinen» u. in Heilungen das Reich Gottes antizipiert u. sich in die Gemeinschaft mit den Entrechteten u. Sündern begibt, um den Menschen Bruder u. in allem gleich zu werden, ausgenommen die Sünde (Hebr 2, 17; 4, 15). Diese Botschaft richtet Jesus an jeden, weil er in jedem eine Person vor Gott mit einer unbedingten Gültigkeit u. Bestimmung sieht, die frei in diesem einen Leben ihr ewiges Geschick entscheidet. Die Lehre wird durch sein Leben bezeugt: in klagloser Annahme seiner Enge u. Schwere, in Lauterkeit des Herzens u. demütig-selbstverständlicher Liebe zu jedem Menschen, der ihm begegnet, in unerbittlicher Treue zu seiner Aufgabe, die vor keinem Widerspruch u. keiner Bedrohung ausweicht, in unbedingtem Gehorsam zum Willen des Vaters, der die letzte Kleinigkeit seines Lebens durchwaltet, in anbetender Liebe zu diesem Vater, den er in betender Einsamkeit, im Alltag u. in der Verlassenheit des Todes immer vor sich hat. Durch diese Weise dazusein bezeugt Jesus viel tiefer als durch Worte die Freude an Gott, dem liebend-vergebenden Vater. Seine Botschaft u. Forderung stößt in steigendem Maße auf die Ablehnung seines Volkes in seinen religiösen u. amtlichen Führern, die in dem souveränen Verhalten Jesu gegenüber dem ↑Gesetz einen Angriff auf Gott selbst sehen. Jesus verzichtet auf die Sammlung eines „heiligen Restes» der Guten u. Umkehrbereiten in einer messianischen Sondergemeinde. Er läßt seine Botschaft universal auch für Heiden, für alle Menschen gelten u. sieht bewußt seinem gewaltsamen ↑Tod durch die römische Herrschaft entgegen, den er als die Konsequenz seiner Sendung versteht. Nach gut zweijähriger Wirksamkeit stirbt er am 14. oder 15. Nisan (etwa 7. April) wahrscheinlich des Jahres 30 wegen seines Anspruchs, der Sohn (Gottes) schlechthin u. der Heilbringer zu sein, in Jerusalem den Tod am ↑Kreuz, verraten von seinen Freunden u. verurteilt von der religiösen u. politischen Gewalt. Am 3.Tage ist das von seinen Feinden bewachte u. versiegelte Grab leer. Er aber zeigt sich als der leibhaft, jedoch verklärt Lebendige seinen Jüngern (↑Auferstehung Jesu, ↑Himmelfahrt). Er hinterläßt eine Gemeinde der an ihn als den Herrn (↑Kyrios) u. Erlöser in der Kraft seines Heiligen Geistes Glaubenden, die im Bekenntnis zu ihm unter der Leitung des in Petrus geeinten Apostelkollegiums zusammengeschlossen sind (↑Kirche) im Glauben an seine Wahrheit, die die Apostel in seinem Auftrag getreu verkünden: in der Einheit der Taufe, durch die als das Sakrament des Glaubens man im Bekenntnis zur Dreifaltigkeit in seine Gemeinde eintritt; in der gemeinsamen Feier des Abendmahles, bei der in ↑Anamnese sein Kreuzestod gegenwärtig u. sein Leib u. sein Blut empfangen werden; in der Erwartung seiner Wiederkunft (↑Parusie), in der die Herrschaft Gottes unverhüllt in Erscheinung treten soll, die mit Jesu Leben u. befreiendem Wirken, mit seinem Tod u. seiner Auferstehung schon unzerstörbare Wirklichkeit in der Welt geworden ist.

II. Das Selbstverständnis Jesu u. die Christologien des NT. Dieses Leben Jesu hat seinen tiefsten Inhalt in dem, was er selber ist u. in wachsender Deutlichkeit von sich offenbart. Er weiß sich wahrhaft als Mensch, anbetend vor Gott, in dessen unbegreiflichen Willen er sich fügt, ausgesetzt allem, was das Schicksal eines Menschen in sich beschließt. Aber er weiß von sich u. sagt, daß er der Sohn des Vaters schlechthin ist, der in einem Verhältnis zu seinem Vater steht, das in absoluter Einmaligkeit im Unterschied zu allen andern Menschen nur ihm zukommt. Er weiß sich als der, an dem sich das ewige Geschick aller Menschen entscheidet, weil alles Tun letztlich Tat für oder gegen ihn ist. Er beansprucht die Macht, Sünden zu vergeben, eine Macht, die als göttliches Recht gilt. Er wird von da her legitim verstanden als Herr der göttlichen Gesetzgebung u. als Herr u. Haupt der Kirche Gottes, als Richter der Weltgeschichte, als Herr der Engel, als einziger Sohn, der allein den Vater kennt u. dessen eigenes Wesen selber das ausschließliche Geheimnis des Vaters ist, als der, dessen Platz zur Rechten Gottes ist. Gewiß sind die Selbstaussagen Jesu im Johannesevangelium u. die Christologie bei Paulus anders, metaphysischer formuliert (↑Präexistenz der sich bezeugenden Person vor ihrem irdischen Dasein, Einheit mit dem Vater, Besitz des frei waltenden personalen Geistes Gottes, Eigenbesitz der göttlichen ↑Doxa u. des Lebens „in sich selbst» wie der Vater; unmittelbare Aussage des Gottesnamens von Jesus; ↑Sohn Gottes, ↑Kyrios) als bei den Synoptikern (vgl. auch ↑Menschensohn, ↑Messias); sie gehen aber sachlich nicht über das hinaus, was dort über Jesus gesagt ist. Die Christologien des NT verwenden zahlreiche Würdenamen, die in erster Linie die Bedeutung Jesu in der Heilsgeschichte, nicht so sehr sein personales Wesen zum Ausdruck bringen wollen. Die Tragweite des Selbstverständnisses des vorösterlichen Jesus geht nur von Ostern her auf. Die Auferstehung muß von vornherein gesehen werden als das Ereignis, in dem Gott in seiner Selbstmitteilung siegreich u. endgültig die Welt annimmt, in dem diese eschatologische Tat Gottes an der Welt offenbar wird u. in dem so erst eigentlich u. voll offenbar wird, wer Jesus selbst von Anfang an war. Ein heutiger Zugang zu Jesus von Nazareth könnte sich aus der Überlegung ergeben, daß jeder Mensch, der sein Dasein entschlossen annimmt, eigentlich schon immer so etwas wie eine ..suchende Christologie» treibt. Man könnte diese in einem dreifachen Appell verdeutlichen: l. im Appell an die absolute ↑Nächstenliebe, 2. im Appell an die Bereitschaft zum ↑Tod, 3. im Appell an die Hoffnung der ↑Zukunft. Wo, wenn nicht in Jesus, könnte gefunden werden, was auf jeden Fall gesucht wird?

III. Dogmatische Formulierung der Selbstoffenbarung Jesu. Um die Selbstaussage Jesu u. die Christologien des NT vor Mißbildung u. Verkürzung, besonders in Richtung auf eine bloße religiöse Gesinnungseinheit des Menschen Jesus mit Gott (so der ↑Nestorianismus, später die liberale Jesustheologie), zu bewahren, hat die Kirche (Konzilien von ↑Nikaia, ↑Ephesos u. ↑Chalkedon) sie (im Blick auf das Geheimnis der ↑Dreifaltigkeit Gottes) entfaltet u. unter Verwendung problematischer Begriffe u. Formeln aus der abstrakten Vulgärphilosophie dahin formuliert: die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit, der Sohn des Vaters, sein göttliches Wort (↑Logos), das von Ewigkeit her im Besitz des vom Vater mitgeteilten einen göttlichen Wesens ist (Glaubensbekenntnisse; DS 301 ff 434 595 u.ö., NR 178 190 u.ö.), hat in der Zeit aus Maria eine menschliche Natur als eine ihm vollendet eigene Wirklichkeit angenommen (Glaubensbekenntnisse; DS 301 ff 424 f 502 u.ö., NR 178 183 194 u.ö.). So besitzt Jesus Christus in der Einheit derselben göttlichen Person (↑Hypostatische Union) eine göttliche u. eine menschliche Natur unvermischt u. ungetrennt, ist als derselbe also wahrhaft Gott und Mensch (DS 301 ff, NR 178), ein Mysterium des Glaubens in strengstem Sinn. Seine Wirklichkeit hat darum mit der mythologischen Idee eines in menschlicher Verkleidung erscheinenden Gottes auf Erden nichts gemein (außer vielleicht die dort erfüllte, hier schweifende Sehnsucht des Menschen nach der Nähe Gottes, die nur ein Gottesleugner verdächtig finden kann). Diese unterscheidet sich von jener durch die Geschichtlichkeit Jesu u. durch die Unverwechselbarkeit des einen unendlichen Gottes, dessen wahrhaft göttlich seiendes Wort eine wahrhaft menschliche Wirklichkeit annahm, ohne diese zu verletzen, im Gegensatz zu den vielen Göttern als den personal gedachten Prinzipien einzelner innerweltlicher Mächte, die untereinander im Gegensatz stehen u. keinen abgegrenzten Ort ihrer „Erscheinung» haben. Weil es sich bei Jesus nicht um ein himmlisches Zwischenwesen handelt (ein Mißverständnis des Evangeliums, das schon im Kampf gegen ↑Gnosis, ↑Doketismus, ↑Monophysitismus, ↑Arianismus überwunden wurde), bedarf die Inkarnationslehre auch keiner ↑Entmythologisierung, solange man glaubt, daß es auch heute noch den lebendigen Gott u. den wirklichen, eine ewige Bedeutung besitzenden Menschen gibt u. beide etwas, ja alles miteinander zu tun haben. Ausdrucksweisen, die man als mythologisch mißverstehen kann (..Abstieg», „Entleerung», „Sitzen zur Rechten Gottes» usw.), versteht der unterrichtete Gläubige ohne sonderliche Mühe richtig in ihrer Bildhaftigkeit. Weil es sich in der Menschwerdung um die Endgültigkeit u. Bestätigung des bleibend Geschöpflichen handelt, hat der Inkarnationsglaube auch nichts zu tun mit den Ideen ostasiatischer Herkunft, da in diesen allen die ..Inkarnation» nur vorübergehendes Zeichen der Gottheit im Raum des eigentlich Wesenlosen ist, das wieder vergeht (u. darum sich auch immer wiederholen kann). So besteht das Geheimnis Jesu darin, daß er wahrhaft auf beiden Seiten der Grenze steht, die zwischen Gott u. der Kreatur verläuft: er ist der Sohn Gottes u. des Menschen Sohn. Wird das Wesen des Menschen als die offene, personal zu vollziehende Transzendenz auf das absolute Sein Gottes verstanden, dann kann die Inkarnation erscheinen als die (freie, ungeschuldete, einmalige) absolut höchste Erfüllung dessen, was „Mensch» überhaupt besagt. Die „Menschheit» Jesu Christi kann erscheinen als genau das, was wird, wenn Gott in seinem Wort streng sich selbst in das (kreatürlich) Andere entäußert. So ist Jesus Christus der Gipfel der Schöpfung, als Glied der Menschheit ihr Herr u. Haupt, der ↑Mittler zwischen Gott u. der Kreatur. Insofern er in seiner Menschheit ohne die Welt als seine Umwelt nicht gedacht werden kann, ist in seiner Wirklichkeit der gnädige Wille Gottes zur Welt überhaupt in geschichtlicher Greifbarkeit in der Welt real u. endgültig geworden, ist im Dialog Gottes mit seiner in Freiheit gesetzten Welt das entscheidende u. letzte Wort Gottes in seinem fleischgewordenen Wort schon gefallen. Seinem sittlichen Tun eignet wegen der Würde der göttlichen Person eine unendliche Bedeutung. Sein Gehorsam, der sich in seinem Leben u. in der vollen Todeshingabe in die Verfügung des Vaters realisiert u. von ihm als dem Haupt der Menschheit geleistet wird, ist die ↑Erlösung der Welt. Wer die Botschaft Jesu hört u. ihm glaubt, an ihn glaubt, der erfaßt, daß Gott die Kreatur nicht nur in seiner allmächtigen Freiheit sich entgegengesetzt hat in ihre eigene Freiheit hinein, sondern sie in ihrer Gesamtheit in die Teilnahme an seinem eigenen Leben in seliger Herrlichkeit dadurch berufen wollte, daß sein eigenes Wort selbst als leib-hafte geistige Ganzheit u. diese als des Wortes eigene Wirklichkeit in der Welt lebte. Daß dieses, an dem das unüberbietbare Heil der Welt hängt, gerade in Jesus von Nazareth geschehen ist, daß darum seine Lehre u. sein Geist die absolute Wahrheit u. das Leben für den Menschen, sein Tod die Erlösung ist, die Vollendung der Welt in der endgültigen Offenbarung dieser letzten Nähe von Gott u. Kreatur besteht, das ist der Glaube der Christen (↑Christentum). Mancher, der die Formeln der theol. ↑Christologie ablehnt, weil er sie falsch versteht, mag existentiell den Glauben an die Menschwerdung des Wortes Gottes dennoch echt u. glaubend vollziehen. Wenn jemand im Blick auf Jesus, sein Kreuz u. seinen Tod wirklich glaubt, daß darin Gott, der Lebendige, ihm das letzte, entscheidende, nicht mehr zurücknehmbare u. umfassende Wort gesagt u. ihn darin von aller Gefangenschaft u. Tyrannei unter den Existentialien seines versperrten, schuldigen u. dem Tod überlieferten Daseins erlöst hat, der glaubt etwas, was nur wahr u. wirklich ist, wenn Jesus der ist, als den ihn der Glaube der Christenheit bekennt, der glaubt, ob er es reflex weiß oder nicht, an die Menschwerdung des Wortes Gottes. Damit ist die Bedeutung der Formel, die sachlich richtig u. die ekklesio-soziologische Basis des gemeinsamen Denkens u. Glaubens ist, nicht geleugnet. Ja, schon mancher ist Jesus Christus begegnet, der nicht wußte, daß er denjenigen ergriff, in dessen Leben u. Tod er hineinstürzte als in sein seliges, erlöstes Geschick. Gott u. Christi Gnade sind in allem als geheime Essenz aller wählbaren Wirklichkeit, u. darum ist es nicht so leicht, nach etwas zu greifen, ohne mit Gott u. Jesus Christus (so oder so) zu tun zu bekommen. Wer darum auch noch fern von jeder ↑Offenbarung expliziter Wortformulierung sein Dasein, also seine Menschheit, annimmt in schweigender Geduld (besser: in Glaube, Hoffnung u. Liebe, wie immer er diese auch nennen mag) als das. Geheimnis, das in sich das Geheimnis ewiger Liebe birgt u. im Schoß des Todes das Leben trägt, der sagt zu etwas ja, das so ist, wie er sich diesem ins Ungemessene anvertraut, weil Gott es tatsächlich mit dem Ungemessenen, d.h. mit sich selbst, erfüllt hat, da das Wort Fleisch wurde, der sagt, auch wenn er es nicht weiß, zu Jesus Christus ja. Denn wer losläßt u. springt, fällt in die Tiefe, die da ist, nicht nur insoweit er sie selbst ausgelotet hat. Wer sein Menschsein ganz annimmt (u. es bleibt dunkel, wer es wirklich tut), der hat den Men schensohn angenommen, weil in ihm Gott den Menschen angenommen hat. Wenn es in der Schrift heißt, es habe das Gesetz erfüllt, wer den Nächsten liebt, dann ist dies darum die letzte Wahrheit, weil Gott dieser Nächste selbst geworden ist u. so in jedem Nächsten immer dieser eine Nächste u. Fernste zumal angenommen u, geliebt wird.

Jetzt

verweist in der Theologie nicht, wie in der Philosophie der ↑Zeit, auf den einzelnen Zeitpunkt einer kontinuierlichen, in ihren Momenten gleichwertigen Reihe (Platon u. Aristoteles), sondern auf eine (mögliche, nicht notwendige!) religiöse Grunderfahrung: nicht im Ausgang in die Welt u. Zeit, sondern im Eingang in sich selbst, in derTranszendierung von Raum u. Zeit wird die eigentliche Gegenwart als J. realisiert (Augustinus; ähnlich das „gegenwärtige Nu» Meister Eckharts, der ..ewige Augenblick» Karl Jaspers). In der Schrift ist J. (griech. nyn) wesentlich eine heilsgeschichtliche Größe, die in verschiedener Wertigkeit gegeben ist als Christusgegenwart (leibliche Gegenwärtigkeit Jesu als Beginn des neuen ↑Äons, apostolische Zeit, Christusgegenwärtigkeit im ↑Kerygma), die insgesamt dynamisch von J. zu J. auf die ↑Parusie hindrängt. Dem entspricht das J., der Augenblick absoluter Entscheidung, die je J. geforderte Antwort von seiten des Menschen (Röm 13, II; S. Kierkegaard). In den Stadien Kierkegaards ist im christl. Stadium der Augenblick das Ewige: zugleich entscheidende Gegenwart u. Zukünftiges, als Vergangenheit Wiederkommendes. Vgl. ↑Kyrios, ↑Gericht.

Johanneische Theologie

ist die geoffenbarte u. inspirierte Lehre, die im Johannesevangelium u. in den 3 Johannesbriefen (u. in etwa in der Apokalypse) vorgelegt wird u. einen wesentlichen Bestandteil des NT u. so bleibend auch des Christentums ausmacht. Der Weite des umgriffenen Horizontes (bei einem relativ bescheidenen Sprachschatz) u. der tiefen Reduktion des Kerygmas auf theo-logische Aussagen, die zumal Anthropologie sind, nach ist die J. Th. einzigartig in der Theologie der Urkirche. Dabei ist aber zu sehen (u. wird auch von nichtkath. Forschern in steigendem Maß zugegeben), daß diese Theologie von den als ursprünglich erkennbaren Herrenworten nicht scheidbar u. mit den Aussagen der Synoptiker u. der /Taulinischen Theologie bei aller Verschiedenheit der Terminologie im einzelnen doch vereinbar ist. Als Grundzug der J. Th. kann man vielleicht angeben, daß in ihr die Urkirche angesichts der neuen u. weiteren Welt, in die sie von Jerusalem her ausgezogen war, in ihrer systematisch reifsten Gestalt reflex zu sich selber kommt. So ist auch diese Theologie von grundlegender Bedeutung. Sie ist Kunde von Gott, der Geist, Licht u. Liebe ist u. den einzigen, vielgeliebten Sohn ins Fleisch sandte, damit die, die ihn im Glauben aufnehmen, wiedergeboren würden zu Kindern des Vaters, schon hier u. jetzt neugeboren, mit Licht u. Gnade erfüllt, einmal aber zur nächsten Gemeinschaft mit Gott in der Herrlichkeit bestimmt, die dem heimkehrenden Sohn zuteil wurde. Alles Verengende u. Partikularistische ist dieser Theologie fremd; so zeichnet sie das lichte Bild einer neuen Welt inmitten der alten, der Finsternis verfallenen, deren Neuheit sich äußert in Liebe u. Freude, wie auch von Gott gesagt wird, daß er alle an sich ziehen wolle. Diese Theologie ist im tiefsten Sinn Theologie der Kirche, wenn das Amt u. die Ehrfurcht vor ihm, die Sakramente u. Gebote gleichsam als Ordnungen vorausgesetzt u. als Weg angenommen sind, der Blick aber nicht in direkter Reflexion auf sie, sondern auf den in Jesus sich mitteilenden Gott gerichtet ist, auf das Licht in sich, nicht so sehr auf den Schein, den es wirft, u. auf die Schatten, die ihm widerstehen. Von dem Bewußtsein her, daß das Gericht schon ergangen ist, das Leben schon;in den Neugezeugten lebendig ist u. sie eine in Liebe gefügte Gemeinschaft von Brüdern sind, fehlt der J. Th. jene aggressive Polemik, die etwa in der Paulinischen Theologie zu finden ist; den Blick voll gewisser Erwartung auf das Wiedersehen mit dem Herrn gerichtet, ist ihr alles, was ihn ablehnt u. im Fleisch verbleiben will, gleichsam unbegreiflich.

Judentum und Christentum

Judentum könnte man definierenais jenen Teil der Menschheit, der in der heilsgeschichtlichen Epoche des ↑Alten Testamentes durch das geschichtliche Eingreifen Gottes, durch ↑Erwählung u. ↑Bund, zu einem Volk konstituiert wurde u. im ganzen (trotz aller Säkularisierungserscheinungen) im Bewußtsein der Auserwählung, der Heilshoffnung u. der bestimmten Verheißung Gottes ein Volk geblieben ist. Zur Theologie dieses Volkes ist hier einiges angedeutet unter ↑Altes Testament, ↑Erwählung, ↑Bund, ↑Gesetz. Aus diesem Volk ging Jesus, selbst ein Jude, aus der jüdischen Jungfrau Maria hervor, er wurde beschnitten nach der Sitte dieses Volkes (↑Beschneidung), in dessen Tempel zu Jerusalem betete er, dessen Gesetz wollte er vollenden, dessen Heilige Schrift war auch seine Heilige Schrift, diesem Volk gehörten seine Jünger an, die Zwölf, die erberief, um seinen Anspruch auf sein Volk, auf die zwölf Stämme als Eigentumsvolk zu dokumentieren, diesem Volk drohte er in werbender Liebe, u. den Schuldigen vergab er sterbend am Kreuz, „denn sie wissen nicht, was sie tun» (Lk 23,34). Von diesem Volk trennte sich die Urkirche u. wurde von ihm getrenntwegen ihres Bekenntnisses zu Jesus als dem Sohn Gottes (vgl. zu dieser theologisch neuen Situation ↑Kirche, Neues Testament); diese Trennung warein heilsgeschichtliches „Muß», etwas, was nicht sein sollte, aber sein „mußte», weil es der weltlich-geschichtliche, notwendige Weg war, das auserwählte Volk aufzusprengen hin auf die Gesamtmenschheit. Aber diese Trennung hätte niemals der Anlaß dafür sein dürfen, daß Christen über die Juden herfielen u. als Christen den „Gottesmördern» (pseudotheologisch-religiös motiviert) unbeschreibliches Unrecht zufügten. Einen ersten kath. Ansatz, diese Vergangenheit zu überwinden, machte das II. Vat. in der ..Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen» (4f). Eine christliche u. kath. Theologie, die aus heilsgeschichtlichem Denken die feindselige Haltung gegenüber dem J. von Grund auf eliminiert, ist erst im Entstehen. Sie muß ausgehen von der „großen Trauer», dem ..unaufhörlichen Kummer» des „antijüdischen» Theologen Paulus, der wünschte, „selber von Christus weggeflucht zu werden statt meiner Brüder», der Juden, denen „die Kindschaft u. die Herrlichkeit u. der Bund u. das Gesetz u. die Liturgie u. die Verheißungen» gehören (Röm 9,2ff), von der in Röm 9-11 entworfenen eschatologischen Sicht, in der Paulus gleichsam retrospektiv sieht, wie Gott Juden u. Heiden ungehorsam werden ließ, um sich aller zu erbarmen, um beide in gegenseitiger heilsamer Eifersucht in seine ↑Basileia zu bringen (vgl. Mt 23,39). Die Trennung, die darin liegt, daß die Christen Jesus aus dem Volk der Juden als ihren Herrn bekennen u. die Juden meinen, nicht an ihn glauben zu können, ist nicht eine bloß „theoretische» u. harmlose Meinungsverschiedenheit. Aber der Christ, der glaubt, daß sein Leben u. seine Ewigkeitselig ist, weil Jesus von Nazareth für ihn gestorben ist, an dessen Tod der Christ ebensosehr wie irgendein Jude schuldig ist, der kann dem Volk, aus dem Christus ist, nur so begegnen, wie Christus ihm begegnete. Und wenn er vernimmt, daß die Juden heute in scheuer Liebe schon von Christus zu sagen beginnen: „denn er war unser», dann stärkt sich in ihm die Hoffnung, es sei hinter dem Nein des Volkes Israel gegenüber Jesus Christus doch ungesagt ein größeres u. gültigeres Ja verborgen, weil viele ihn sogar schon gefunden haben zu ihrem Heil, die seinen Namen nicht kannten.

Jungfrauengeburt

in der Religionsgeschichte Fachbegriff nicht für das biologische Entstehen eines Poetus in einem Mädchen ohne Zutun eines Mannes (Parthenogenese; daß sie schon jemals beim Menschen vorkam, ist naturwissenschaftlich nicht bewiesen), sondern für die Geburt eines Menschen aus der Verbindung zwischen einem Gott u. einer Frau. Von der griech. Mythologie ist der Bericht über die Geburt ↑Jesu Christi aus der Jungfrau ↑Maria grundsätzlich verschieden. Er war ursprünglich nur einem kleinen Kreis bekannt (vgl. die Meinung, Josef sei der Vater Jesu.Mt 13,55;Lk3,23)u.istindenKindheitsgeschichtenJesuenthalten(Mt l, 18-25;Lk l,26-38), die,voneinander unabhängig, mit verschiedener Zielsetzung kompiliert sind, zur Darlegung der Erfüllung jüdischer Messiaserwartungen (Lk) u. der Davidssohnschaft Jesu (Mt). Aus dem Vergleich der Quellen ergibt sich, daß die J. nicht als isoliertes biographisches Datum u. privates Wunder angesehen werden darf, sondern daß das primär Berichtete die Würde Jesu als Sohn Davids, Messias, Sohn Gottes ist, deren Folge die J. (↑Jungfräulichkeit, ↑Maria) ist. Die J. bedeutet keinesfalls, daß Jesus halb Gott u. halb Mensch wäre. Die J. bringt real zum Ausdruck, daß in Jesus einerseits absoluter Neubeginn der Geschichte der Wirklichkeit (nicht der Ideologie!) und rettende Aufnahme der Vergangenheit geschieht. Ein Bekenntnis zur J. findet sich schon im Apostolischen Glaubensbekenntnis (vgl. DS II 30, NR 911).

Jungfräulichkeit

meint hier weder das sexuelle Unberührtsein (so daß ein Mensch seine Zeugungskraft noch nie in seinem Leben freiwillig aktualisierte) noch das bloße Unverheiratetsein, sondern den verwirklichten Entschluß, sich für dauernd geschlechtlich zu enthalten „um der ↑Basileia willen» (Mt 19, IOff). Diese J. gibt es in der Kirche als einen ↑evangelischen Rat u., daraus entsprungen, als eigene Lebensform. In ihrem christlichen Wesen kann diese J. nicht aus einer rein natürlichen Ethik erklärt werden. Sexuelle Enthaltsamkeit an sich ist kein sittlicher Wert; sie ist letztlich auch nicht zu begründen als aktives Ankämpfen gegen die ↑Begierde. Vor Jesus Christus gab es sie nicht, sondern sie wird im NT eindeutig erst aus der mit dem Erscheinen Christi gegebenen Heilssituation abgeleitet. Da diese Entsagung ein tugendliches Verhalten auf die christliche Vollkommenheit hin ist, das seine letzte Seinsbestimmung von der Liebe her erhält, müssen der letzte Sinn u. die Gültigkeit der J. von der Liebe her bestimmt werden. Darum muß auch der Verzicht auf positive Werte u. Güter (wie sie das personale eheliche Leben darstellt) den Ausdruck der Liebe an sich tragen. Dies geschieht, wenn der Entsagungscharakter als solcher eine Funktion der Repräsentation für die glaubend in Hoffnung ausgreifende Liebe hat. Daß man die J. als Ausdruck der Existenzverlagerung aus dieser Welt hinaus ergreifen darf, ist nur durch einen positiven Anruf Gottes (↑Berufung) erklärbar; von da aus ist der Zusammenhang der J. mit dem ↑Tod im allgemeinen u. mit dem Tod Jesu ohne weiteres einsichtig, aber auch der Wille Gottes, daß die ↑Kirche die eschatologische Transzendenz der Liebe, die ihr inneres Leben ausmacht, greifbar zur Erscheinung bringe. Dies geschieht sakramental in den ↑Sakramenten, existentiell in der Entsagung. Evangelische Räte sind ein unaufgebbares Wesensmoment an der Gestalt der Kirche, insofern diese greifbar das darstellen u. zur Erscheinung bringen muß, was sie innerlich lebt: die göttliche Liebe, die die Welt eschatologisch transzendiert (darum die kirchliche Lehre über die J.: DS 1810 391 lf, NR 744). Daraus folgt aber auch, daß die konkrete Darlebung der J. so gestaltet werden muß, daß sie diese Anzeigenfunktion in dem jeweiligen konkreten geschichtlichen Milieu, in dem sie gelebt wird, auch wirklich deutlich ausüben kann. Die lat. Kirche legt ihren Priestern die J. als Lebensform auf u. entläßt sie (obgleich sie könnte) lebenslänglich nicht mehr aus dieser Verpflichtung. Dies erfordert die innere Erfüllung des äußeren Zeichens, damit die Zeichenfunktion nicht durch Herrschsucht, Prüderie u. Lebensmißmut pervertiert werde, es erfordert aber auch die nüchterne Einsicht, daß es die größere Pflicht (göttlichen Rechtes) der Kirche ist, das Ihre zu tun, um zahlenmäßig genug Priester zu finden.

K

Kairos

bezeichnet in der griech. Philosophie die Krise innerhalb einer Zeiterfahrung, in welcher Krise der angerufene Mensch sich geschichtlich zu entscheiden hat. In der Schrift ist K. die von Gott entschiedene u. verfügte Heilszeit (Mk l, 15), das Vollmaß der Zeit (Gal 4,4), das letzte Angebot der Gnade Gottes in Jesus Christus an Israel (Lk 19,44) u. alle Menschen (2 Kor 6,2), u. damit zugleich eine letzte Warnung, der Beginn des Gerichts (l Petr 4, 17; Kol 4,5). Wie das biblische ↑Jetzt ist K. ein Ausdruck für die frei verfügende Souveränität Gottes auch über die ↑Zeit.

Kanon

(aus dem Semitischen = Rohr, Richtmaß) bezeichnet als theol. Fachausdruck die Sammlung aller jener Bücher zur ↑Heiligen Schrift, denen die rTnspiration zukommt u. die Glaubensnorm sind.

I. Positives. Diese Sammlung geschah in Stufen. Das ↑Gesetz (= die Tora, der Pentateuch) erscheint in der Verkündigung des Esdras (wohl 398 v. Chr.) als Glaubensnorm in Israel; die prophetischen Bücher erhielten diesen Rang im 2. Jh. v. Chr.; der heutige K. des AT einschließlich der schon im NT hochangesehenen ,,übrigen Schriften» war auf einer jüdischen Synode in Jabne um 100 n.Chr. sicher vorhanden, doch ist für einige Bücher nicht beweisbar, daß sie im strengen Sinn zum jüdischen K. gerechnet wurden (Tob, Jdt, l u. 2 Makk, Weish, Sir, Bar u. griech. Teile von Est u. Dn), sie wurden mit Sicherheit aber sehr geachtet. Seit Sixtus v. Siena (t 1569) heißen diese wenig glücklich „deuterokanonische Bücher». Die autoritative Gültigkeit wird rein historisch aus der Zitation der Büchererschlossen, so auch für die Anfänge des ntl. K.s durch die Zitation bei den frühen Kirchenvätern u. -Schriftstellern in der l, Hälfte des 2. Jh. Das erste rechtgläubige Verzeichnis des NT ist der sogenannte K. Muratori (2. Hälfte 2. Jh., italischen Ursprungs), in dem aber 5 Apostelbriefe des heutigen K.s fehlen. Bezüglich der Zugehörigkeit einzelner Bücher zum ntl. K. schwankte man lange Zeit, im Westen bis 380/390 n.Chr., im Osten noch Ende des 7. Jh. (hinsichtlich der Apk). Den ersten vollständigen K. des NT bietet Athanasios von Alexandrien 367 n. Chr. Analog zum AT unterschied man auch beim NT»ioehgeachtete, aber in ihrer Kanonizität bestrittene Bücher als ,,deuterokanonische» (Hebr, Jak, 2 Petr, 2 Jo, 3 Jo, Jud u. Apk). Die Notwendigkeit, den K. lehramtlich zu definieren, ergab sich erst aus der reformatorischen (u. teilweise kath.: Erasmus von Rotterdam) Bezweiflung mancher biblischer Bücher, teils hinsichtlich ihrer Kanonizität, teils hinsichtlich ihres autoritativen Charakters. Dies nahm das Konzil von Trient 1546 vor, indem es für alle 45 atl. u. 27 ntl. Schriften gleiche Ehrfurcht wegen der Urheberschaft Gottes verlangte (DS 1501 ff, vgl. 3029, NR 87 ff, vgl. 98). In modifizierender Ergänzung dazu stellte das II. Vat. fest, daß unter allen biblischen Schriften, auch denen des NT, ein Vorrang den Evangelien zukommt (Offb. 18).

II. Theologie. Wie alle Heilstaten Gottes uns durch göttliche Offenbarung, die durch das Lehramt der Kirche authentisch verkündigt u. interpretiert wird, bekannt sind, so gilt das auch von der durch die ↑Inspiration gegebenen göttlichen Urheberschaft der ↑Heiligen Schrift. Daß ihre Bücher inspiriert u. so kanonisch sind, wissen wir unmittelbar durch die kirchliche Lehrverkündigung, die die göttliche Offenbarung als ursprüngliche Quelle dieses Wissens bezeugt. Die Kirche hat sich in diesem Sinn immer das Recht der Umgrenzung des K.s zugeschrieben, indem sie ↑Apokryphen als solche kennzeichnete u. Erklärungen über den K. abgab. Die Unterscheidung zwischen proto- (unbestrittenen) u. deuterokanonischen Schriften ist sachlich primär eine Frage der Gewißheit der Kirche über die Inspiration der betreffenden Schriften u. spielt in den kirchlichen Lehrentscheidungen über den Umfang des K.s eigentlich keine Rolle. Dasselbe gilt von der Frage der Kanonizität einzelner kleinerer Textstücke im überlieferten Textbestand der Heiligen Schrift. Das dogmatische u. dogmengeschichtliche Problem hinsichtlich des K.s ist die Frage, wie die Offenbarung der Inspiriertheit u. der Kanonizität u. die Kenntnis von dieser (apostolischen) Offenbarung durch die Kirche genauer gedacht werden soll, damit die Vorstellung von diesem doppelten Geschehen geschichtlich wahrscheinlich u. namentlich mit der langsamen u. schwankenden K.bildung vereinbar erscheint. Denn einerseits muß die Offenbarung mit der ersten Generation („mit dem Tod des letzten Apostels») abgeschlossen sein, so daß die Kirche sich zwar über eine Offenbarung klarer werden, aber keine neue empfangen kann, anderseits aber hat sie lange in vielen Fragen der K.bildung bis zur endgültigen Festlegung geschwankt, eine Tatsache, die man schwerlich ohne neue Offenbarung erklären könnte, wen die ursprüngliche Offenbarungsmitteilung darüber in der apostolischen Zeit (die es gegeben haben muß) in je einzelnen expliziten Sätzen über die einzelnen fraglichen Bücher von Seiten eines Apostels bestanden hätte. Die Frage ist also, ob eine ursprüngliche Offenbarung derart denkbar ist, daß sie einerseits in apostolischer Zeit erfolgt, anderseits so implizit ist, daß ihre Explikation Zeit braucht u. unter Schwankungen geschieht (↑Dogmenentwicklung). Wenn man im Wesen der Heiligen Schrift von vornherein ansetzt, daß sie wesensmäßig als Moment der für alle Zeiten normativen ↑Urkirche von Gott in der gottgewirkten Konstitution dieser Kirche als Norm der Zukunft gewollt ist u. so ihre Inspiration in der Offenbarung dieses umfassenderen Tatbestandes der normativen Urkirche ursprünglich geoffenbart ist, ist wohl das Explizitum gegeben, aus dem die Kirche die Grenzen des K.s der Schrift ohne neue Offenbarung allmählich erkennen kann: was (nicht: weil!) von ihr unter den Schriften jener Zeit als reine Objektivation der Urkirche (u. deren atl. Vergangenheit) in allmählicher Reflexion erkannt wird, ist damit auch als konstitutives Moment der Urkirche u. somit auch als inspiriert u. kanonisch erkannt.

Kapitalismus (LThK)

Kapitalismus ist urspr. ein polit. Schlagwort. das sich jedoch allmählich Heimatrecht im wiss. Sprachgebrauch errungen hat. Im Alltag, nam. bei der Arbeiterschaft, wirkt bis heute die urspr. Affektbetonung noch nach: der Ingrimm der wirklich od. vermeintlich „Enterbten» gg. alles u. jedes, was an der bestehenden Wirtschaft (u, Gesellschaft) als unerfreulich od. ungerecht empfunden wird. Auch der Wiss., die das Wort übernommen hat, ist es nicht gelungen, sich auf einen allg, anerkannten Wortsinn zu einigen. Die sehr verschiedenen, ja gegensätzl. Urteile über den K. müssen sich nicht notwendig widersprechen; es können verschiedene Gegenstände gemeint sein. Es entsteht die Frage, ob man unter K. etwas geschichtl. Einmaliges, auch wenn dieses Abwandlungen erfährt u. in verschiedenen Erscheinungsformen auftritt, od. etwas Abstrakt-Begrilfliches verstehen will. Auch darüber besteht keine Einmütigkeit. Die Sozialkritik spricht v. K. vorzugsweise als geschichtl. Erscheinung; die ökonomische Theorie dagegen — soweit sie den Ausdruck gebraucht — kann darunter nur ein durch exakt definierbare, abstrakte Merkmale bestimmtes „Wirtschaftssystem» verstehen; der Soziologe fügt beides bildhaft zusammen zu einem „Wirtschaftsstil».

Unstreitig denkt man bei K. an erster Stelle an die Wirtschaft, aber, da diese ein gesellschaftl. Lebensvorgang ist, auch, wenngleich erst an zweiter Stelle, an die Gesellschaft. So unterscheidet man, wie das auch die päpstl. Verlautbarungen tun, kapitalist. Wirtschaftsweise u. kapitalist. (Klassen-) Gesellschaft.

l. Wirtschaft. Erwerbsvermögen u. Erwerbsstreben gibt es in jeder Wirtschaft; jede bedient sich — wenn auch in sehr verschiedenem Umfang — produzierter Produktionsmittel; darum allein ist eine Wirtschaft noch nicht „kapitalistisch». Dazu gehört vielmehr, daß Erwerbsvermögen als Produktionsfaktor „Kapital» die funktionelle Einkommenart Kapitalrendite abwirft u, überdies für denjenigen, der dieses „Kapital» unternehmerisch nutzt, noch ein weiteres. Unternehmergewinn od. „Profit» gen. Einkommen abfällt (fKapital 3). Schlüsselfigur der kapitalist. Wirtschaft ist der Unternehmer.

Wo der Eigentümer selbst od. mit Familienangehörigen sein Vermögen nutzt (bäuerl., handwerkl. Familienbetrieb), lassen sich weder Anteile der Produktionsfaktoren am Ertrag, noch läßt sich ein Unternehmergewinn aussondern. Erst wenn der Unternehmer sich die Produktionsfaktoren gg. Zahlung eines Preises beschafft, entstehen Faktoreinkommen (bei der Arbeit

↑Lohn gen.); haben alle Produktionsfaktoren ihre Entgelte empfangen, dann ergibt sich, ob bzw. wieviel Unternehmergewinn übriggeblieben ist. Die kapitalist. Wirtschaft setzt daher voraus, daß die Produktionsfaktoren, nam. die Arbeit, gg. Zahlung eines Preises zu haben sind; auch die für die Produkte erzielten Erlöse sind Preise. Alsdann beruht alle Einkommensbildung auf Preisbildung: die Faktoreinkommen sind Preise, der Unternehmergewinn springt heraus als „Residuum», nämlich als Spanne zw. Kosten- u. Erlös-Preisen. Auch eine nicht in Preisen rechnende Naturalwirtschaft kann durchaus rational geführt werden, das Rechnen in Preisen kann die Rationalität sogar vereinseitigen, aber es fordert, ja erzwingt sie. Mit dieser Einschränkung kann man sagen, mit dem K. habe die Wirtschaft die Stufe der Rationalität erstiegen. Aber es ist der Mensch, der die Wirtschaft geldrechenhaft-rational macht; um sie auf diese Stufe zu heben, muß daher eine entspr. geistige Haltung der wirtschaftenden Menschen bereits vorhanden sein. Durch diese Art des Wirtschaftens aber wird sie gesteigert, gegebenenfalls z. Schaden höherer Werte übersteigert. — Kapitalistische Wirtschaft ist im Sinn der Preisrechnung rationalisierte Wirtschaft.

Die Verfügbarkeit des Produktionsfaktors Arbeit ist aus einer Vielzahl v, Ursachen seit Jhh. in größtem Ausmaß gegeben. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung ist darauf angewiesen, für seine Arbeitskraft im sog. freien Lohnarbeitsverhältnis Verwendung zu suchen. Dabei muß das Faktoreinkommen der Arbeit stets Raum lassen für das Einkommen der beiden anderen Produktionsfaktoren u. für einen Profit des Unternehmers; andernfalls könnte dieser auf die Dauer Arbeitskräfte weder beschäftigen noch entlohnen. So beruht die kapitalist. Wirtschaft in der Tat auf der „Trennung des Arbeiters v, den Produktionsmitteln», d. h. auf der Arbeit an fremden Produktionsmitteln. Ob diese in privatem od. in öff. (staatl. od. gemeindlichem) Eigentum stehen — im einen Fall Privat-K., im anderen Staats- usw. K. — kommt insoweit auf das gleiche hinaus; auch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel würde daran grundsätzlich nichts ändern. — ↑Sozialisierung.

Leos XIII Wortspiel „non res sine opera nec sine re potest opera consistere» (Rerum novarum 15; Qwidrageslmo anno 100) trifft das Wesentliche der kapitalist. Wirtschaftsweise: es sind verschiedene Personenkreise, v. denen die beiden Produktionsfaktoren Kapital u. Arbeit z. Vollzug der Wirtschaft bereitgestellt werden; beide sind aufeinander angewiesen, da keiner ohne den anderen etwas ausrichten kann. In der geschichtl. Verumständung ist es das Kapital, das die Arbeit in Dienst nimmt (der Kapitalist ist zugleich Unternehmer); grundsätzl, bestünde auch die umgekehrte Möglichkeit, daß die (genossenschaftl. organisierte) Arbeit das Kapital anmietet od. — wohin gewisse Entwicklungslinien heute deuten — der nur durch seine persönl. Qualitäten legitimierte Unternehmer sowohl das Kapital als auch die Arbeit heranholt: Management, Kapital, Arbeit, od. nach Pius XI: „intellectus, res, opera». Bis jetzt aber liegt, wie der Name K. zu verstehen gibt, die Führung beim Kapital.

Dementsprechend lautet der Einwand gg. dieses System, es werde dem Produktionsfaktor Arbeit nicht gerecht. Aufs materielle Ergebnis abgestellt heißt dies; das Faktoreinkommen des Arbeiters entspreche nicht dem ihm zustehenden Anteil am Ertrag; er werde ausgebeutet, indem das Kapital (der Kapitalist) sich den „Mehrwert», d. i. jenes Mehr an Wert, das der Arbeiter über das hinaus, was ihm als Lohn ausgezahlt wird, geschaffen habe, widerrechtlich aneigne. K. ↑Marx glaubte damit die Funktionsweise der kapitalist, Wirtschaft als solcher, die dem einzelnen Kapitalisten gar nicht z. Last gelegt werden könne, entlarvt zu haben. Mag die Wirtschaftswiss. die (bei D. Ricardo entlehnte) Arbeitswertlehre noch so schlagend widerlegt haben, weite Kreise auch der kath. Arbeiterschaft bleiben in der scheinbar so einleuchtenden Vorstellung befangen: wir haben das alles geschaffen; uns steht daher das alles zu; wer uns einen Teil davon vorenthält, beutet uns aus. Unbestreitbar hat es in der kapitalist. Wirtschaft eine ungeheuere Ausbeutung der Arbeit gegeben; ob in höherem Grade als früher unter dem Feudalsystem u. heute noch unter feudaloiden Verhältnissen (unterentwickelte Länder!) od. in totalitären Staatswirtschaften, wird kaum auszumachen sein. Unzulässig aber ist es, kapitalist, Wirtschaft u. Ausbeutungssystem gleichzusetzen. Alle Versuche, dies zu begründen, laufen auf offene od. verkappte Abwandlungen der Lehre vom „Mehrwert» hinaus. Pius XI, der mit einer Schärfe ohnegleichen die Mißstände der kapitalist. Wirtschaft geißelte, erklärte diese selbst klar als indifferent: „suapte natura vitiosa non est» (Quadragesimo anno 101).

Heute, da in den fortgeschrittenen Ländern die Arbeiterschaft in hohem Grad an den Früchten der kapitalist. Wirtschaft teilhat, wiegt viel schwerer die Gefahr, daß das rechnerisch-abstrakt gewordene Streben nach ↑Gewinn sich z. Selbstzweck od. zu titanischem Machtstreben übersteigert. Für den kapitalist, Unternehmer ist der Gewinn die zwar nicht hinreichende, aber notwendige Bedingung, um seinen Machtbereich zu erweitern, sein immer weiter ausgreifendes Planen u. schöpferisches Gestalten in die Tat umzusetzen. Dabei unterliegt der kleine Unternehmer viell. noch dem Zwang, sein Planen u. Gestalten in den Dienst der Bedarfsdeckung zu stellen. Der große Unternehmer in wirtschafti. Schlüsselstellungen kennt keinen solchen Zwang; er kann sich dem Dienst versagen, kann den Menschen die Bedürfnisse vorschreiben, die er zu seinem Nutzen befriedigen will; er kann, nam. wo er auf primitive, noch vorkapitahst. Verhältnisse stößt, rücksichtslos ganze Zivilisationen u. Kulturen aus den Angeln heben u. verwüsten; kein Wunder, daß solche Völker nach allem, was sie mit dem K. erlebt haben, vor die Wahl gestellt, zw. der freien Welt (die sie mit diesem K. identifizieren) u. dem, was der Kommunismus ihnen verspricht, zu wählen, nicht ohne weiteres bereit sind, sich für die freie Welt zu entscheiden.

II. Gesellschaft. Lange Zeit vermochte die kapitalist. Wirtschaft sich allen Bindungen zu entschlagen u. im Sinn des Laisser-faire als individualistischer od. Liberal-K. auszutoben. So konnte sie jede gesellschaftl. Ordnung zersetzen; übrig blieb die kommerzialisierte, speziell um den Arbeitsmarkt zentrierte „kapitalist. (Klassen-) Gesellschaft», bestehend aus den beiden Klassen der Produktionsmittelbesitzer (Kapitalisten) u. der v. Produktionsmittelbesitz entblößten Arbeiterschaft (Proletariat). Inzwischen ist die kapitalist. Wirtschaft u. a. durch Maßnahmen des Arbeitsrechts, der Sozialpolitik weitgehend gebändigt worden („sozial temperierter K.»); auch ist in den fortgeschrittenen Ländern die Arbeiterschaft längst kein Elendsproletariat mehr u. hat weithin das proletarische Klassenbewußtsein abgelegt. Wenn inzwischen eine Änderung eingetreten ist u. die v. Marx gegebene und v. Pius XI (Quadragesimo anno 82 ff) in wesentl. Stücken übernommene Kennzeichnung unserer Gesellschaft als Klassengesellschaft heute der Berichtigung bedarf, so nicht weil die Klassenlage u. der Klassengegensatz der beiden Gegenspieler Kapital u. Arbeit nicht mehr bestünde, sondern weil dieser Dualismus sich zu einem Pluralismus ausweitet. Die Kapitalist. Zwei-Klassen-Gesellschaft wandelt sich z. Gesellschaft einer Mehr- od. Vielzahl verschiedenartigster Interessen(ten)gruppen, deren jede mit den ihr eigentümlichen Druckmitteln („pressuregroups») sich u. ihre Interessen durchzusetzen trachtet, allzuoft ohne Rücksicht auf das Ganze. Auf der Suche nach einem Weg, den K., verstanden als die Kapitalist. Klassengesellschaft, zu überwinden, entwickelte die kath. Soziallehre das Ordnungsbild der ↑Berufsständischen Ordnung, In dem Maß, wie die Entwicklung v. dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft z. gesellschaftl. Pluralismus fortschreitet, wird auch die v, der kath. Soziallehre anzubietende Lösung weiterzuentwickeln sein. In eben diesem Maß wird die Arbeiterfrage, die für Leo XIII noch die Soziale Frage war, wie für Pius XI noch der Arbeitsmarkt im Mittelpunkt stand, zu einer Frage neben anderen. Um so stärker empfinden wir heute, daß die vom K. deformierte Gesellschaft an erster Stelle nicht industrielle („industriekapitalist.»), sondern «kommerzialisierte Gesellschaft» ist, in der nur die Leistung zählt, die der Markt honoriert. In ihr zeichnen sich zwei völlig andere gesellschaftl. Klassen ab: die Marktaktiven, die eine dem Markt genehme Leistung anzubieten haben, u, die Marktpassiven, die für die Deckung ihres Bedarfs gleichfalls auf den Markt angewiesen sind, aber als Noch-nicht- od. Nicht-mehr-Erwerbsfähige, od. aus welchem Grunde immer, keine Leistung anzubieten haben, die der Markt zu honorieren bereit wäre. Diese kommerzialisierte Gesellschaft ist ihrem Wesen nach familienfeindlich; der fFamilie, insbes. der kinderreichen Familie, hat sie nichts zu bieten. Müßte die kapitalist. Wirtschaftsweise notwendig z. kapitalist. Gesellschaft, sei es z. Zwei-Klassen-Gesellschaft der Arbeitsmarktparteien, sei es z. pluralistischen Gesellschaft der pressure-groups, sei es z. kommerzialisierten Gesellschaft schlechthin führen, dann ließe sich das Urteil, sie sei indifferent, nicht aufrechterhalten; wir müßten sie verdammen. Daß sie durch menschl. Versagen od. Schuld dahin geführt hat, ist Tatsache; daß sie dahin führen müsse, ist unbewiesene Behauptung.

Seit M. ↑Weber u. W.↑Sombart spricht man viel v. „kapitalist, Geist», der sich das Gehäuse der kapilalist. Wirtschaft erbaut habe, ein Lieblingsthema der Religionssoziologen. Andere setzen „kapitalist. Geist» kurzerhand mit prakt. Materialismus öd. Mammonismus gleich, was zu der Mißlichkeit führt, die kapitalist. Wirtsdiaft für indifferent, den gleichnamigen Geist dagegen für verwerflich erklären zu müssen. Die päpstl. Dokumente vermeiden Ausdrücke wie K. u, kapitalist. Geist geflissentlich, sehr z. Nutzen eindeutiger Klarheit.

Lit.: R. Passow, K., eine begrifflich-terminologische Studie (Je 1918, 1927); W. Sombart. Der moderne K., 2 Bde (L 1902), 3 Bde (Mn-B 1924—27); E. Heimann, Soziale nismus u. K. (Mn 1930); J.Schiiinpeter, K., Sozialismus u. Demokratie (Bein 1946, Bem-Mn 1950); P. Joslodi: WB der Politilt, hrsg. v. H. Sacher-O. v. Nell-Breuning V/l (Fr 1951, Neudr. 1956) 147—172; E. Heimann, Wirtsdiafts

Kardinaltugenden

(von lat. cardo = Angel) als jene ↑Tugenden, die das sittliche Leben des Menschen fundamental tragen, heißen seit dem Kirchenvater Ambrosius die 4 sogenannten sittlichen (oder moralischen im Unterschied zu den theologischen) Tugenden: ↑Klugheit, ↑Gerechtigkeit, ↑Starkmut, ↑Mäßigkeit.

Kardiognosie

(griech.= Herzenskunde) ist ein Begriff der scholastischen Erkenntnismetaphysik u. auch der Mystik, der eine besondere Gabe bezeichnet, mit deren Hilfe der in freier Entscheidung erwirkte sittliche u. religiöse Zustand des Menschen (also sein Verhältnis zu Gott) erkannt werden kann. Eine solche Erkenntnis ist nach der kath. Theologie nicht zu erwerben; sie kommt von Natur aus Gott zu, wie die Schrift bezeugt, u. ist ein Einzelnen geschenktes ↑Charisma, das im Einzelfall wiederum nicht leicht von parapsychologischen Phänomenen abzugrenzen ist.

Karman (LThK)

(auch karma == Tat), grundlegender Begriff der indischen Ethik u. Lehre v. der ↑Seelenwanderung. Im Vedismus bez. K. die rituellen, das Heil nach dem Tod sichernden Handlungen. In den Upanischaden erhält das Wort eine neue, umfassendere Bedeutung: K. ist jede Tat eines lebendigen Wesens; sie bewirkt automatisch nicht bloß eine Wiedergeburt, sondern auch deren Art (gute Taten bedingen glückl. Lebensverhältnisse, schlechte Unheil, Wiedergeburt in niedrigerer Kaste od. gar als Tier). Zwar bestimmt das streng determinist. wirkende, Sündenvergebung od. Gottesgnade ausschließende K.-Gesetz wohl die Bedingungen des Handelns im folgenden Leben, nicht aber die Taten selbst, widersetzt sich also nicht der Willensfreiheit. In den älteren Upanischaden u. im älteren ↑Buddhismus wird das — den Zwang z. Wiedergeburt aufhebende — Sich-enthalten v. jeglicher Handlung als Weg z. Befreiung v. K.-Gesetz empfohlen, ähnlich im ↑Jainismus, der das K. jedoch als die mit den Taten in die Seele eindringende u. sie verunreinigende Materie versteht. Im ↑Hinduismus gilt dagegen eher die Auffassung ↑Bhagavadgïtas: Das Handeln kann, wenn uneigennützig u. Gottes Willen erfüllend, verdienstvoll sein u. z. Erlösung führen. Durch die K.-Lehre entfallen für die indischen Religionen die mit der Entstehung des Übels, der Sünde u. der Sündenvergebung verbundenen Probleme.

Lit.: L. de la Vallée-Poussin (Buddhismus): JA 20 (1903) 237—306; E. W. Hopkins (Hinduismus): JRAS 73 (1906) 581—593, 74 (1907) 665—672; H. v. Glasenapp, Die Lehre vom K. in der Philosophie der Jainas (Diss. Bo, L 1915); ders., Unsterblichkeit u. Erlösung in den ind. Religionen (Hl 1988). C. REGAMEY

Karthago

Die 16. Synode von K. 418 (früher irrtümlich Milevitanum genannt) stellte 9 Canones gegen den ↑Pelagianismus auf (DS 221-230, NR 338 761-766), deren theol. Lehre von Papst Zosimus gebilligt wurde, wobei heute aber bezweifelt wird, daß diese Approbation eine ↑Definition sei (heute wichtig wegen der Diskussion um den ↑Limbus).

Katechismus

(griech. katechein = mündlich unterrichten) heißt heute jenes Buch, nach dem der Elementarunterricht im Christentum vorgenommen wird, seit dem 18. Jh. von der ..Biblischen Geschichte» getrennt. Wenn u. insofern ein K. von einem Bischof als Grundriß der Glaubensverkündigung autorisiert wurde, ist er ein wichtiges Dokument des ordentlichen Lehramtes. Jedoch kommt einer Wahrheit nicht schon deshalb, weil sie im K. ausgesagt ist, Unfehlbarkeit oder theol. Verpflichtung zu, da kein K. mit dem Ziel, nur solche Wahrheiten zu bieten, zusammengestellt wurde, sondern (meist) voneinander unabgehoben u. vermischt ↑Dogmen, ↑kath. Wahrheiten, theol. sichere Wahrheiten u.a. unter zeitbedingten Aspekten darbietet.

Katholische Wahrheiten

(veritates catholicae oder doctrina catholica) heißen in einem engeren theol. Sinn all jene Wahrheiten, die die Kirche authentisch, aber nicht unfehlbar vorlegt (Unterschied zum ↑Dogma u. zu den ↑dogmatischen Tatsachen). Zu den K. W. gehören manche theol. Schlußfolgerungen, viele Ausführungen in päpstlichen ↑Enzykliken u.a. Die Kirche verlangt für so vorgelegte Wahrheiten eine innere Zustimmung, jedoch nicht eine absolute unwiderrufliche Glaubenszustimmung. Die wegen der Autorität der ↑Kirche gegebene Zustimmung kann jemand aufgeben, wenn er in Überlegungen, die den bisherigen Fragestand überholen, die sichere Überzeugung gewonnen hat, daß eine von der Kirche authentisch, aber nicht unfehlbar vorgetragene Meinung der Sache nicht mehr gerecht wird.

Katholizität der Kirche

ist eine Wesenseigenschaft u. ein Kennzeichen der einen wahren Kirche Jesu. Sie bedeutet, a) daß die ↑Kirche, kraft des allgemeinen ↑Heilswillens Gottes, wegen der grundsätzlich allen Menschen erwirkten Erlösung in Jesus Christus u. des Wirkens des Heiligen Geistes, in räumlicher u. zeitlicher Unbegrenztheit bis zum Ende der Geschichte allen Menschen offensteht u. offenstehen muß (u. objektiv für alle verpflichtend ist), so daß sie den gottgewollten innergeschichtlichen Pluralismus der mannigfaltigen privaten u. öffentlichen Bereiche zu jeder Zeit bejahen muß u. ihre Verkündigung u. kirchlichen Lebensformen nie auf einen bestimmten Kulturkreis, eine bestimmte Rasse usw. unter Ablehnung anderer eingeschränkt sein können; b) daß die Kirche Jesu im Besitz der Fülle der ↑Offenbarung Gottes in Christus ist. Diese K. oder Universalität ist in jenen Schriften des AT u. des Spätjudentums angebahnt, in denen explizit vom Heilswillen Gottes für alle Völker gesprochen wird; sie setzt sich durch in der Berufung des Paulus zum Apostel auch der Heiden (grundsätzlich: Eph 2, 11-3, II). Die K. istein Bekenntnis des christlichen Glaubensbekenntnisses u. bezeichnet in der Väterzeit (..katholisch» als Bezeichnung der Kirche erstmals bei Ignatios v. Antiochien, Smyrn. 8,2) wie auch heute eher den inneren, qualitativen Aspekt, während sie in der Blütezeit der Apologetik eher die äußere, faktische Universalität der Kirche meinte.

Kausalität

(lat. causa = Ursache). Ursächlichkeit, Ursachesein war ein Hauptthema der griech. Philosophie, entstanden aus der Frage: Was „bewegt», d.h. verändert, ein Seiendes? Aus Vorliegendem (↑Materie) wird durch eine neue innere ↑Form ein Neues; so werden Materie u. Form als innere Gründe oder Ursachen (Material- u. Formalursache) angesehen. Da die Formung eines durch ein anderes immer auf ein Ziel hin geschieht (↑Zweck), sind das Wirken selbst u. das Ziel die äußeren Ursachen (Instrumental- u. Finalursache) des Werdens. Diese klassische Vierzahl der Ursachen wird ergänzt durch die äußere Form des Vorbilds oder Urbilds, dem ein Seiendes nachgebildet wird (Exemplarursache). Genauer durchdacht wurde die Frage nach der K. durch die Scholastik, die das. Kausalitätsprinzip aufstellte: Alles endliche Seiende ist nicht das 7″Sein selbst, daher ist es kontingent, d.h. nicht notwendig (↑Kontingenz); ist es aber wirklich, so muß es von einer (Wirk-)Ursache hervorgebracht sein. Philosophisch gestützt wird dieses Kausalitätsprinzip durch das Widerspruchsprinzip: Das Kontingente ist nicht von seinem Wesen her zum Sein bestimmt, es kann sein oder nicht sein, da sein eigenes Wesen nicht der Grund seines Seins ist. Existiert es aber, so ist es durch ein anderes zum Sein bestimmt worden. Wäre es durch kein anderes zum Sein bestimmt worden, so wäre es gleichzeitig zum Sein bestimmt worden (da es ja existiert) u. nicht bestimmt worden (da es angeblich keine Ursache hatte), was ein Widerspruch wäre. Dies trägt allerdings für die Theologie nur etwas aus, wenn von vornherein im Selbstvollzug des menschli eben Geistes verstanden ist, was ↑Sein ist; wäre dieses selbst nicht von vornherein im Denken, das ja notwendig in dessen Horizont geschieht, angezielt u. bejaht u. das Denken tragend, so würde die Anwendung des Kausalitätsprinzips in der Theologie auf das Verhältnis zwischen Gott u. Welt nicht zu einem wahren Gottesbegriff führen. Vgl. ↑Gottesbeweise, ↑Grund.

Kenosis

(griech. = Entleerung) ist ein bibeltheol. Wort, das die Selbstentäußerung des göttlichen Logos in der Menschwerdung, in der Bejahung des Gehorsams gegenüber dem Vater, in der bewußten Übernahme des Todes zum Ausdruck bringen will (Phil 2, 6-11). Sie besteht im Verzicht auf die Erscheinung der ↑Doxa, die ihm von Natur aus zu eigen ist (↑Präexistenz Jesu Christi), in seinem irdischen Dasein, das ein Sklavendasein um unseretwillen war (vgl. 2 Kor 8,9). Zu einem die Einheit von Gott u. Mensch genauer denkenden Zugang, ↑Inkarnation.

Kerygma

(griech. = Verkündigung, Verkündigtes) heißt (in moderner Verwendung des ntl. Wortes) jenes Wort, das im Namen Gottes aufgrund legitimer Beauftragung durch Gott u. die Kirche als Wort Gottes u. Jesu Christi selbst, das wirksam das Ausgesagte in der Situation des Angerufenen gegenwärtig setzt, auf die glaubende Gemeinde (↑Predigt) oder den Einzelnen („überführend» oder „erbauend») hin gesagt wird. Insofern es so das im Sagen u. Hören geschichtlich greifbare Ereignis des Ausgesagten in der Situation des Hörenden ist (als wirksam im Namen Gottes gesagtes Wort, das unter dem Angebot des Ausgesagten [= Gnade des rechtfertigenden Glaubens] gehört wird), ist es mehr u. unterschieden von den bloß mit der Sache „übereinstimmenden» Sätzen des ↑Dogmas der Kirche (dort wo sie nicht das K. verkündigt, sondern im „außerordentlichen ↑Lehramt“ Wahrheit u. Irrtum voneinander abgrenzt) u. den Sätzen menschlicher Reflexion über diese Sätze (↑Theologie), ist aber für Dogma u. Theologie ursprünglicher Grund u. Norm u. hat seinen eigenen intensivsten Wesensvollzug in dem Glaubenswort, das dem Einzelnen im ↑Sakrament als die Erscheinung des Heiles Gottes gesagt wird, das sich gibt, indem es seine Erscheinung (sein „Zeichen») erwirkt.

Kerygmatische Theologie

oder Verkündigungstheologie kann an sich jede Theologie genannt werden, die besonders darauf achtet (wie es alle Theologie soll), daß sie dem Kerygma der Kirche, der fruchtbaren u. wirksamen Verkündigung der Heilsbotschaft Gottes durch die Kirche dient. Historisch gesehen, wird K. Th. die in den dreißiger Jahren des 20. Jh. vertretene These genannt, daß es neben der wissenschaftlichen (scholastischen) Theologie mit ihrem Formalobjekt (Gott im Hinblick auf seine Gottheit) noch eine zweite Theologie mit einem eigenen Formalobjekt (Jesus Christus) geben könne u. solle, die nicht nur betont der Seelsorge dienen müsse, sondern wesentlich von der wissenschaftlichen Theologie unterschieden sei. Diese Theorie fand mit Recht keinen Anklang: alle Theologie muß Heilstheologie sein, eine grundsätzlich nur theoretische, nichtengagierte Theologie kann u. darf es nicht geben. Dennoch sah diese Theorie ein Grundanliegen: daß die wissenschaftliche Theologie zu wenig deutlich im Dienst einer aktuellen Verkündigung steht, die den heutigen Menschen u. seine Glaubensnot findet, ein folgenschwerer Mangel, der dem heutigen theol. Schulbetrieb an Universitäten u. Hochschulen entspringt (der sich seinerseits allerdings dem interdisziplinären Dialog u. Konflikt u. der daraus folgenden Anforderung an Wissenschaftlichkeit ebenfalls nicht entziehen darf).

Ketzertaufe

bezeichnet nicht die von einem Nichtkatholiken gespendete ↑Taufe, sondern als dogmengeschichtlicher Fachausdruck ein theol. Problem des 3. Jh.: sollten Konvertiten aus einer häretischen Gemeinschaft bei ihrer Konversion getauft werden, wenn sie schon von Häretikern getauft waren, oder genügte die Praxis bei der Wiederaufnahme abgefallener Katholiken, die Kirchenbuße (↑Bußsakrament)? Die afrikanische Kirche (mit den wichtigen theol. Vertretern Tertullian u. Bischof Cyprian von Karthago) vertrat u. praktizierte mit vielen Ostkirchen eine zweite Taufe; die römische u. alexandrinische Kirche verzichteten auf sie, so daß es 256 zu einem Bruch zwischen den Parteien kam (Ketzertaufstreit), der nicht offiziell bereinigt, aber allmählich verwischt wurde. Mehrere Synoden befaßten sich mit der Frage u. entschieden, daß diejenigen zum zweitenmal zu taufen seien, bei deren erster Taufe die Taufformel nicht das Bekenntnis zur heiligen Dreifaltigkeit enthielt (DS 123 127f). Dies blieb bis heute die Haltung der kath. Kirche (DS 802 1617, NR 920 535). Es kommt damit an einem Modellfall zum Ausdruck, daß auch in der ↑Häresie der wahre Glaube an den dreifaltigen Gott möglich ist u. die gültige Taufe gespendet wird, wenn dabei dieser Glaube objektiv bezeugt wird, u. daß die Gültigkeit der Taufe (u. aller anderen Sakramente) nicht von der ..Heiligkeit» des Spenders u. des Empfängers abhängt (vgl. dazu ↑Sakrament ↑Opus operatum).

Kindertaufe

Die ↑Taufe ist nach der ausdrücklichen Lehre der Kirche das Sakrament der Eingliederung des Menschen in die Kirche. Diese Eingliederung in der Taufe setzt nach den Worten der Schrift das Bekenntnis zum Glauben der Kirche voraus. Hieraus ergibt sich das seit Kriegsende in der ev. Theologie durch eine negative Stellungnahme K. Barths gegen die K. erneut zur Sprache gekommene u. von der kath. Theologie aufgegriffene Problem, ob Kinder getauft werden können, die zum Bekenntnis dieses Glaubens selbst noch nicht imstande sind. Das kirchliche Lehramt hatte schon auf dem Trienter Konzil gegen die fälschlich so genannten „Wiedertäufer» (die die K. ablehnten u. eine Erwachsenentaufe mit vorausgehender Bekehrung forderten, seit 1521) definiert, daß die getauften Kinder wirklich Gläubige sind u. eine Ratifizierung der Taufe bei Erlangung des Vernunftgebrauchs nicht zur Gültigkeit der Taufe notwendig ist (DS 1625 ff). Diese Lehre beruft sich auf die kirchliche Tradition u. auf die in der Schrift als apostolisch bezeugte Praxis, ein ganzes „Haus» (nach dem damaligen Sprachgebrauch einschließlich der Kinder) zu taufen (l Kor l, 16; Apg 16,15.33). In Analogie zur fErbsünde lehrte später die Theologie, so wie diese ohne persönliche Schuld zugezogen werde, so sei der der K. zugrunde liegende Glaube der „fremde» Glaube der Eltern, Paten u. der Gesamtkirche. Eine weitere Verdeutlichung erhielt diese Lehre durch die Einsicht, daß die Fähigkeit des Glaubens (die eingegossene Tugend des Glaubens) auf jeden Fall von der Gnade Gottes geschenkt werden muß. Entscheidend ist die Einsicht, daß die gnadenhafte Ermöglichung frei-heilshaften Handelns eine reine Gabe Gottes ist, die sachlich (wenn auch nicht notwendig zeitlich) dem Tun des Menschen vorausgeht. Dieser individuell gemeinte Heilswilie Gottes, der das Leben zuerst schenken muß, ehe es sich vollziehen u. entfalten kann, wird in geschichtlich-kirchlicher Greifbarkeit dem Kind als Gabe u. Verpflichtung in der Taufe zugesagt, weil beides nicht erst durch seine Glaubenszustimmung Wirklichkeit wird. Eine zwingende theol. Notwendigkeit der K. ist damit nicht begründet, u. die Bedenken gegen die K. sind ernst zu nehmen. Die Redensart vom „stellvertretenden Glauben» ist nicht korrekt, da niemand den Glauben eines ändern ersetzen kann. Die Kirche verbietet es, außer im Sterbefall, ein Kind zu taufen, für dessen christliche Erziehung keine Garantie vorliegt.

Kirche

griech. kyriake = dem Herrn gehörig, zu ergänzen griech. ekklesia = das hl. Volk und vor allem dessen Festversammlung, Kirche also = die heilige Gemeinde des Herrn (lat. ecclesia).

I. In der Schrift. Der Ansatzpunkt für die Herkunft einer K. von ↑Jesus Christus liegt in seiner Predigt an sein Volk Israel, das er in die ↑Basileia Gottes rufen will. Dieses Volk war das ↑Volk Gottes, dessen Festversammlung hebr. qahal, griech. ekklesia hieß. Der Ruf an Israel erging zunächst innerhalb des ↑Bundes, des ↑Alten Testamentes; die Erwählung von zwölf ↑Aposteln bedeutete Jesu Anspruch auf sein ganzes Volk, auf alle zwölf Stämme. In der Verwirklichung dieses Rufes benützt Jesus das in der jüdischen Umwelt seiner Zeit gebräuchliche „Material», indem er als ein religiöser Wanderlehrer seinen Schülerkreis aufbaut, wenn sich diese Gemeinde gegenüber ähnlichen Gruppen vor allem auch dadurch unterscheidet, daß auch u. gerade die Sünder u. Verlorenen hineinberufen werden (Mk 6,34; Mt 10,6). Nach der Ablehnung des Rufes Jesu durch große Teile Israels predigt er nicht eine spirituelle K., den „heiligen Rest“ einer messianischen Sondergemeinde, sondern er führt den Jüngerkreis tiefer in das Geheimnis seiner Sendung u. seines Todes ein, er rechnet mit einer Zwischenzeit zwischen seinem Tod u. dem enthüllten Anbruch der ↑Basileia (vgl. Mk 2,19f; 13,9f; vor allem den Auftrag zur Wiederholung des Gedächtnismahles: 1 Kor 11,24; Lk 22,16.19f.30a; vgl. auch 22,31 f). Dieser Ansatz wird von Jesus selbst nicht weiter institutionalisiert. Von ihm aus verstehen die Schriftsteller des NT jedoch die K., in der sie bereits leben, vgl. die Kirchenstiftungsworte Mt 16,18f: auf dem Fundament des Petrus (das also fortdauern muß, solange der Bau dauert) will Jesus „seine K.“ bauen, die noch nicht Basileia ist, aber auch nicht unabhängig von ihr steht, denn dem Petrus wird die ↑Schlüsselgewalt auf sie hin gegeben. Diese K. wird sich in dieser Zeit vollziehen, denn die Höllenpforten werden gegen sie anstürmen, sie aber nicht überwältigen. Dies kommt ihr zu, weil im Tod Jesu, des ↑Ebed Jahwe, „für die vielen“ (Mk 14,24) der Neue ↑Bund gestiftet ist u. die K. darin als Medium des Heils für alle jene bestimmt ist, die die Basileia erben werden. Diese K. soll apostolischhierarchisch geleitet sein (Lk 22,31f; Mt 18, 18; ↑Binde- u. Lösegewalt); die nähere Entfaltung u. die innere Begeisterung werden das Werk des ↑Heiligen Geistes sein, der als ↑Paraklet von Jesus verheißen ist. Das Verhältnis zum eschatologisch unwiderruflich zugesagten Geist Gottes ist überhaupt ein wichtiges Bindeglied zwischen Jesus u. der ,-«Urkirche. In diesem Geist erhält sie den Anspruch auf Israel aufrecht (Apg 2,36; 3,17-26) u. eröffnet sie sich den Heiden (Apg 15,14). In der Einheit von Juden u. Heiden in der K. sieht Paulus in seiner Kirchentheologie das Geheimnis Jesu Christi schlechthin (Eph 3,4ff). Wenn bei ihm „K.» auch öfters die einzelne Ortsgemeinde bezeichnen kann, so ist ihm doch letztere eine theol., nicht eine organisatorische Größe; in allen Schwierigkeiten der Heidenmission hält er fest an der Urgemeinde in Jerusalem, u. die Gesamt-K. ist für ihn das eigentlich mit „K.» Gemeinte, das sich freilich vollzieht u. repräsentiert wird von den kleinen Einzelgemeinden.

II. Theologie,

l. Im ersten Wesensansatz wird K. am besten von dem Wesen der ↑Offenbarung her bestimmt: sie ist die gesellschaftlich legitim verfaßte Gemeinschaft, in der durch den ↑Glauben die eschatologisch vollendete Offenbarung in Jesus Christus als Wirklichkeit u. Wahrheit für die Welt präsent bleibt. K. kann es daher nur im endgültigen Stadium der Offenbarung als der siegreichen ↑Selbstmitteilung Gottes im wirksamen ↑Wort Gottes geben, in dem als menschlichem Wort Gott sich der Welt als erbarmende Gnade endgültig zusagt, also im Wort, das an die Gemeinschaft der Glaubenden ergeht, in ihrem Bekenntnis die Zusage der Gnade zur reflexen Gegebenheit bringt u. in ihr mittels ihrer amtlichen Führung (Lehramt) richtig bewahrt u. entfaltet wird. K. ist die bleibende Präsenz des endgültigen (u. darum reflex ausdrücklichen) Wortes Gottes an die Welt in der Welt u. für die Welt. Da dieses Wort letztlich Jesus Christus ist, hat er durch seine Wirklichkeit die K. gestiftet (DS 1330 3050-3075 3537-3542 u.ö„ NR 281-284 436-454 60-65 u.ö.; II. Vat., Miss. 5: die Kirche nach der Auferstehung von Jesus gegründet).

2. Wesensgesetz. Die K. ist, entsprechend ihrem Wesen, als bleibende Präsenz des gott-menschlichen, gehörten u. proklamierten, wirksamen Wortes Gottes in der Welt, die gewissermaßen „sakramentale» Einheit von Zeichen u. Sache, die weder identifiziert noch voneinander getrennt werden können (II. Vat., Kirche l 9 48, Kirche/Welt 42 u.ö.; ↑Ursakrament) : sie ist äußere Gesellschaft, „sichtbare» K. mit einer Verfassung (↑Papst, ↑Bischof), die – wenigstens hinsichtlich bestimmter Materialien – auf Jesus Christus zurückgeht (DS 3050ff, NR 436f), mit einer greifbaren Gemeinsamkeit des Kultes u. des Bekenntnisses. Aber eben dies alles ist das Zeichen der wirksamen Zugesagtheit Gottes selbst an die Welt: seiner Wahrheit in der unfehlbaren Lehre der K. (↑Jnfehlbarkeit), seiner Gnade in dem wirksamen Wort der ↑Sakramente, seiner Liebe in der gnadenhaften Einheit der Glaubenden untereinander u. in deren Dienst an der Welt. Und eben dieses, dessen wirksames Zeichen die sichtbare K. (in Sein u. Tun) ist, gehört selbst zur K.

3. In dieser doppelten Seinsweise gründet die Geschichtlichkeit der K. Sie ist zwar gegenwärtig u. ist doch nur eschatologisch (d.h. von der schon in Jesus Christus angebrochenen Vollendung her) zu verstehen: sie ist wanderndes Gottesvolk (IPetr 2,10; Hebr 3,7-4,11) bis zur Wiederkunft Jesu Christi. „In ihren Sakramenten u. Institutionen, die noch zu dieser Weltzeit gehören, trägt die pilgernde Kirche die Gestalt dieser Welt, die vergeht» (II. Vat., Kirche 48). Diese Geschichtlichkeit der K. steht nicht im Widerspruch zur Verbindlichkeit ihrer jeweiligen konkreten Erscheinung, in der allein (u. nicht in einer spiritualistischen „Idealkirche») jeweils die K. anzutreffen ist. Die K. ist Geschichte, aber sie wird immer neu gegenüber dem immer drohenden Verfall gehalten vom Heiligen Geist (vgl. DS 600f 3807 f, NR 407; ↑Heilsgeschichte), der die abgeschlossene ↑Offenbarung je geschichtlich neu enthüllt. Der innere Dynamismus der K. drängt nicht nur aus Glaube u. Gnade zur sakramental greifbaren Darstellung dieser inneren Wirklichkeit, sondern auch aus dieser Sakramentalität der ganzen, „sichtbaren» K. zurück zu Glaube u. Gnade, u. beide Bewegungen zusammen drängen zur endzeitlichen Vollendung. In drei Daseinsräumen also lebt die K.: in der Innerlichkeit des Glaubens u. der Gnade, in der Sichtbarkeit repräsentierender Ämtern, sakramentaler Handlungen u. in der hiei-u. jetzt in engagierter Liebe realisierten wachsenden Anteilnahme am künftigen Äon, in dem Zeichen u. Bezeichnetes nicht mehr verschieden sind.

4. Die Notwendigkeit der K. für das Heil des Menschen ist aus diesem ihrem „sakramentalen“ Wesen her zu verstehen: sie ist heilsnotwendig (DS 1351 2865ff, NR 381 u.ö.; II. Vat., Kirche 14, Miss. 7), wie es der Glaube u. die Taufe je in ihrer verschiedenen Weise sind (↑Begierdetaufe, ↑Kirchengliedschaft, ↑Heilsnotwendigkeit). In Analogie zu den in der Theologie seit langem üblichen Abstufungen der Ausdrücklichkeit in Glauben (fides implicita) u. Taufe (votum baptisrni) geht auch der Vorgang der Kirchenbildung durch verschiedene Stufen (II. Vat., Kirche 13-16, Oek. 4), doch so, daß alle diese Stufen infolge ihrer Hinordnung auf die sakramental-kirchliche End stufe deren echte Anteile sind. Dies ist nur möglich, weil die Wirklichkeit der K. (ebenso wie die Jesu Christi u. der Sakramente) trotz ihrer Sichtbarkeit nicht nach der Art materieller Erscheinungen determiniert ist. Sie ist eine geistig-leibliche Ausdruckswirklichkeit u. hat als solche die größere Möglichkeit, in verschieden dichter Leibhaftigkeit doch streng identisch zu bleiben. So ist der Satz Cyprians /, .Extra Ecciesiam nulla salus» durchaus mit dem allgemeinen ↑Heilswillen Gottes sinnvoll zu vereinen, ohne daß dabei etwa die reale Heilsmöglichkeit aller (also auch der äußerlich außerhalb der K. Stehenden) oder die Verbindlichkeit der K. geleugnet werden muß. Diese Verbindlichkeit bleibt nicht ganz unangetastet, wenn man von „außerordentlichen» u. „unsichtbaren» Heilswegen u. von einer Zugehörigkeit zur „Seele» der K. spricht. Die Struktur der K. läßt nach der Lehre der kath. K. vom Wesen der K. eine solche Aufspaltung nicht zu (DS 911 2885 f), wohl aber (infolge ihrer sakramentalen Struktur) eine Abstufung, sofern nur ein objektiver Zusammenhang der Anteile mit der ganzen Realität gegeben ist, die sich in ihnen entfaltet, u. sofern nur die Verpflichtung des Menschen zu der ganzen Wirklichkeit der K. unangetastet bleibt.

5. Merkmale. Als Eigentümlichkeiten u. Merkmale zur Unterscheidung der wahren K. Jesu Christi zählt man heute gewöhnlich vier auf (DS 2886 f↑NR 383): a) Die kath. K. beansprucht für sich allein den Auftrag zur Verwirklichung der auch äußerlich sichtbar einen K. (↑Einheit der Kirche, H. Vat., Kirche 8); b) die kath. K. versteht sich als heilige (↑Heiligkeitt der Kirche, H. Vat., Kirche 8 ff 39 41 48); c) die K. Jesu Christi muß grundsätzlich katholisch, d. i. Weltkirche sein (↑Katholizität der Kirche, II. Vat., Kirche 81323, Oek. 4); d) sie muß auf den Aposteln aufruhen u. ihnen folgen, d. h. apostolisch sein (↑Apostolizität der Kirche, II. Vat., Kirche 8, Oek. 17).

6. Zur Verfassung der K. als äußerer Gesellschaft vgl. Apostel, /Tapst, ↑Bischof, ↑Amt, ↑Laie, ↑Lehramt, ↑Hirtenamt der Kirche, ↑Ordo, ↑Ämteranerkennung, ↑Successio apostolica.

7. Wesensbilder der K. Nach dem Vorgang der Schrift u. der Patristik spricht die K. ihr Wesen in Analogien u. Bildern aus (so zuletzt II. Vat., Kirche 6f u.ö.), deren Bezug auf die K. u. deren genauere Bedeutung allerdings erst aus dem Ganzen der Offenbarung erkannt werden können.

a) Der nächstliegende Vergleich entstammt dem soziologischen Bereich selber: die K. ist das Volk Gottes (IPetr 2,10 u.ö.). Die Berufung zum Heil wird in dieser Sicht zum Prinzip der Sammlung. Daß die Beziehung des Menschen zu Gott an ein äußeres u. gemeinsames Handeln (bzw. Erleiden) geknüpft sei, wird im modernen Individualismus als befremdend empfunden. Doch durchzieht dieser Gedanke die ganze Heilsgeschichte (↑Solidaritätsprinzip). Immerwar Gottes Gnade in Gemeinschaften gefaßt, angefangen von den Stammeltern (↑Monogenismus) über die Bundesväter Noah, Abraham u. Mosebiszum Neuen Bund, in dem die „Nahen u. Fernen» (Eph 2, 17) in der friedensstiftenden Kraft des Blutes Jesu Christi zusammenkommen (vgl. Mt21,43 u.ö.). Man kann aus diesem Zusammenhang nicht ausbrechen, ohne den Weg zu eben jener Transzendenz zu verfehlen, um derentwillen man versucht u. vielleicht verpflichtet ist, gegen eine illegitime Inanspruchnahme dieser Transzendenz zu protestieren.

b) In der gleichen Ebene liegt das Wort vom ↑»Reich Gottes» (zur richtigen Anwendung dieses Wortes vgl. ↑Basileia). Es stellt die K. dar als den geschichtlichen Raum der in der Öffentlichkeit sichtbaren praktischen Durchsetzung des Willens Gottes u. läßt sie Vorstufe sein für jene endgültige Verfassung der Schöpfung, in der in der wirklichen Basileia „Gott alles in allem» ist.

c) Mit Paulus bzw. den „Paulinen» (l Kor 6,15ff; Eph l,22f: Kol 1,24) u. in Übereinstimmung mit der Tradition (Klemens von Rom, Origenes, Augustinus, Bonifaz VIII.) bezeichnet sich die K. als den „Mystischen ↑Leib Jesu Christi«. Die Bedeutung der Lehre vom mystischen Leib Jesu Christi für das neue K.nbewußtsein liegt in der engeren Verbindung der K. mit Jesus Christus sowie in der begründeteren Solidarität der Glieder untereinander. In bezug auf die Verbindung mit Jesus Christus kann man sagen: die K. ist eine Christuswirklichkeit (l Kor 12, 13); sie ist die ausgezeichnete Weise, in der Jesus Christus nach seiner Erhöhung durch die Sendung des Heiligen Geistes (vgl. l Kor 10,3f; Eph 2,15.17f) in den Menschen fortlebt, die er sterbend als seinen „Leib», seine „Fülle» (Eph 4,12f) an sich gezogen hat. Sie werden ihm gleichförmig u. alle zusammen „einer in Christus» (Gal 3,28). Diese Weise seines Fortlebens heißt mystisch; damit wird ihr Realitätscharakter nicht geschmälert, sondern von den sonstigen Möglichkeiten, Leib zu sein, abgehoben (z.B. in biologischer Substanzeinheit). Die K. ist somit eine über alles bloß Institutionelle hinausreichende, lebendige Einheit: sie bezieht sich auf Jesus Christus nicht nur als auf ihren Ursprung, sondern auch als auf den in ihr gegenwärtigen Grund ihres Lebens. Die im Bild des mystischen Leibes dargestellte Verbindung aller Gläubigen untereinander (↑Gemeinschaft der Heiligen), die im Essen des einen Brotes in Erscheinung tritt (l Kor 10,17.21), begründet das Bewußtsein einer seinshaft „in Christus» (Röm 12,5) begründeten Solidarität der Glieder u. wird zum Motiv für liturgische, aszetische, pfarrliche, ökumenische u. soziale Forderungen.

d) Da die ntl. K. in das Erbe des Alten Testamentes eintritt, gehen auf sie neben der allgemeinen Idee des Gottesvolkes auch die bildlichen Redewendungen der prophetischen ↑Brautmystik über: Gott verbindet sich der erlösten Menschheit in der Zartheit u. Unverbrüchlichkeit der Liebe. Nur scheinbar bleibt dieses Bild hinter dem vom mystischen Leib zurück, denn eben diese Liebe macht aus den Partnern „ein Fleisch» (Gn 2,24), u. eben dieser Leib bewahrt das personale Eigensein der Glieder. Beide Bilder verbinden sich im NT (Eph 5,23-32; Apk21,9f) u. halten, sich gegenseitig ergänzend, Ehrfurcht u. Innigkeit im Gleichgewicht.

e) Die gleiche dialektische Funktion hat die biblische Mischung mechanischer u. organischer Bildlichkeit. Einerseits wird die K. einem Bau verglichen, der sich aus vielen Steinen zum Haus (l Tim 3,15; Hebr 3,6; IPetr 4,17) oder Tempel (Eph 2,21f) fügt, um sich zur Stadt Gottes (Gal 4,25 f) zu vollenden. Anderseits wächst sie von innen wie eine Senfstaude, ein Weinstock oder ein Baum (Mt 13,31f; Jo 15,1-8) der Lebensfülle des Paradieses entgegen. Doch auch Stadt u. Garten sind nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern deuten an, daß die bildliche Aussage das geheimnisvolle Sein der K. über den Begriff der Ansammlung sowohl wie des Lebens erheben will. Zuletzt aber kann die K. in ihrer vom Heiligen Geist gewirkten Gesamtwirklichkeit mit keiner Kategorie des irdischen Daseins, ob bildlich oder begrifflich, erschöpft werden. Sie hat den Grund ihrer Möglichkeit „von oben» u. wird dem Denken des Menschen nicht dadurch zugänglich, daß sie dies verleugnet.

8. Ortskirche u. Gesamtkirche. Das II. Vat. versteht unter Ortskirche zunächst die vom Bischof geleitete K. (= Diözese). Theologisch bedeutet Ortskirche: Die eine ganze Kirche Jesus Christi ist gegeben u. präsent in jeder Ortsgemeinde (II. Vat., Kirche 26), die konstituiert wird durch die Verkündigung des ↑Evangeliums Jesu Christi, durch die ↑Eucharistie u. durch die praktizierte ↑Liebe. Diese (unter Umständen sehr kleine) Ortsgemeinde ist „je an ihrem Ort» das neue Volk Gottes im Heiligen Geist (ebd.). Durch sie wird Jesus im Zeichen u. im Geist Gläubigen u. Ungläubigen präsent. Die Gesamtkirche baut sich aus vielen solchen (unter Umständen zerstreuten) Glaubensgemeinden der „Basis» (lokalen Zellen) auf.

9. Kirche u. Staat. Die K. beansprucht kraft ihres Wesens eine grundsätzliche Unabhängigkeit vom r Staat (sie ist an kein politisches, wirtschaftliches oder gesellschaftliches System u. an keine bestimmte Kultur gebunden: II. Vat., Kirche/Welt 42 58 76). Sie erkennt Staat u. bürgerliche Gesellschaft als eigenständige, von der K. unabhängige u. autonome Größen (..vollkommene Gesellschaft») durchaus an (↑Pluralismus) (DS 638ff 943 2895 2919f 3168f 3171 3685). Wenn sie beansprucht, ..Zeichen u. Schutz der Transzendenz der menschlichen Person» zu sein (II. Vat., Kirche/Welt 76), u. die objektiv auch für das öffentliche u. staatliche Leben geltenden Normen des ↑natürlichen Sittengesetzes verkündigt u. Verstöße dagegen ‹als gegen das Gewissen der Völker als solche kennzeichnet u. dadurch das Gewissen ihrer Glieder bindet, so wird sie dadurch kein Oberstaat, weil die Kirche die Normen der Freiheit vor Glaubenszwang u. der ↑Toleranz auch u. gerade für den weltanschaulich gemischten Staat anerkennt u. nicht beansprucht, hinsichtlich des positiv in der jeweiligen geschichtlichen Situation staatlich u. gesellschaftlich zu Tuenden einen konkreten Imperativ verkünden zu können. Die K., die nach dem II. Vat. keine Sendung in den politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereich hat (Kirche/Welt 42), weiß sich dennoch verpflichtet, aktiv ..zu einer humäneren Gestaltung der Menschheitsfamilie» beizutraeen (ebd. 40). Hinsichtlich des konkreten politischen Weges haben die Glieder der K. berechtigte Meinungsverschiedenheiten (ebd. 43 75). Damit ist natürlich nicht die Freiheit gemeint, auf der Seite der allein Besitzenden, Unterdrückern. Ausbeuter zu stehen (ebd. 63-72). Die Aufgaben der K. in Staat u. Gesellschaft ergeben sich daraus, daß sie/MT- andere, auch für Ungläubige existiert u. dadurch gegen Unrecht sein muß; ihre Aufgaben bestehen aber nicht in der Verteidigung ihrer Privilegien, ja noch nicht einmal ihrer „legitim erworbenen Rechte» (ebd. 76).

10. Die Haltung des reifen Christen von heute gegenüber der K. ist einerseits von der Einsicht der Unmöglichkeit eines absoluten religiösen Individualismus getragen: Gott will das Heil aller, u. dieses Heil als Heil des ganzen Menschen verwirklicht u. repräsentiert sich in allen Dimensionen des Menschen, so daß es keine solche gibt, die allein ..spezifisch» religiös ist (z.B. die Innerlichkeit, das Gemüt, das Frauliche, das Kultische usw.). Und so gehört eben auch die Gesellschaftlichkeit der wirksamen Repräsentanz des göttlichen Heils zur K. Darum gibt es für den Christen auch auf dem Gebiet des Religiösen keinen separatistischen Individualismus, sosehr er auch als homo religiosus das individuum ineffabile bleibt. Anderseits weiß der Christ mitten in seiner Treue zur K. als dem bleibenden Raum seines religiösen Daseins, in Gehorsam gegen ihr Lehr- u. Hirtenamt, daß sie die pilgernde K. ist, die in ihrer Geschichtlichkeit mühsam ihren Weg durch die Zeit sucht, er erträgt sie in kritischer Loyalität u. in Geduld, wie er von ihr getragen wird. Und er sieht sie als in der Geschichte von Gott aufgerichtetes Zeichen des Heils (des Friedens, der Versöhnung u. der Einheit) auch für die ganze Welt, also auch für die, die ihr geschichtlich greifbar noch nicht angehören. Diese grundsätzliche u. durchaus auch konkrete Bejahung der K. schließt nicht aus, daß der Einzelne oder eine Gruppe in dem unverfügbar gegebenen ↑Charisma die Intention der K. engagiert antizipiert u. sich darum nur partiell mit einer Ortskirche identifiziert, in der diese Intention nur unzulänglich realisiert ist.

Kirchengeschichte

ist jene Disziplin, die die Geschichte des Selbstvollzugs der ↑Kirche als einer theologisch-heilsgesciiichtlichen Größe wissenschaftlich untersucht u. darstellt. Nur wenn sie sich so versteht, also ihren Gegenstand so entgegennimmt, wie er, nämlich die Geschichte der Kirche, von der Offenbarung Gottes selbst erschlossen wurde u. das Selbstverständnis der Kirche der Vergangenheit enthüllt, ist sie eine theol. Wissenschaft u. unterscheidet sie sich von dem christlichen Stück der allgemeinen Religionsgeschichte (auch dann, wenn dieses Stück von einem Katholiken geschrieben würde). Sie dürfte nicht so betrieben werden, daß die christliche Lehre u. Überzeugung von der göttlichen Herkunft der Kirche nur negative Norm für eine rein aposteriorische Erforschung der christlichen Religionsgeschichte wäre. In einer aposteriorischen Erforschung müßte die K. freilich der Selbstkritik der Kirche dienen, indem sie sich den Fehlern der Kirche in Theorie u. Praxis stellt u. versucht, das von der Kirche Unterdrückte zu rekonstruieren.

Kirchengewalt

Unter K. kann man die Summe der ↑Vollmachten verstehen, die der ↑Kirche zur Erfüllung ihres Auftrags eingestiftet sind. Die theol. Reflexion u. das Kirchenrecht teilen diese K. ein in Weihegewalt (potestas ordinis) u. Hirtengewalt (potestas iurisdictionis, Jurisdiktion), wobei aber nicht übersehen werden darf, daß beide eng aufeinander bezogen sind. Die Weihegewalt wird durch den ↑Ordo (in seinen verschiedenen Ausgliederungen) im Ritus der ↑Handauflegung jeweils einer bestimmten Person erteilt. Die Hirtengewalt kommt dem Inhaber eines Amtes in der Kirche zu, sie kann darum weitergegeben (delegiert) werden, wobei sie nicht im vollen Umfang weitergegeben zu werden braucht, u. sie kann dem Inhaber wieder genommen werden (dem ↑Papst als dem Inhaber des Jurisdiktionsprimates allerdings nur dadurch, daß er verzichtet oder wegen öffentlicher Häresie oder Irrsinn aufhört, Papst zu sein). Die Verleihung der Weihegewalt kann so gedacht werden, daß sie unter Umständen (wie bei der Priesterweihe) in ihrer Ganzheit mitgeteilt, aber in ihrem Gebrauch gebunden oder beschränkt wird. So versteht sich am einfachsten, warum auch der einfache Priester firmen kann (ja im Mittelalter in wenigen Fällen legitim die Priesterweihe erteilen konnte) u. ohne Ent-Bindung der Beicht-,.Jurisdiktion» nicht gültig die Lossprechung spendet. Im letzteren Fall tritt deutlich die Verschränkung beider Gewalten zutage. Das II. Vat. verwendet zur Verdeutlichung des theol. Sachverhalts das Schema der drei Ämter (der Heiligung, der Lehre u. der Leitung), die alle drei durch die Ordination mitgeteilt werden. Es versuchte, die Einheit aller Amtsvollmachten in der Kirche, die sakramentale Verwurzelung u. die pneumatische Natur aller Gewalten (also auch der rechtlichen) auszusagen (Kirche 21, Nota 2, Bisch. 2).

Kirchengliedschaft

Die Frage nach der K. bzw. Kirchenzugehörigkeit ist identisch mit der Frage nach dem Wesen, d. h. dem Selbstvollzug der Kirche. Die dialektische Position der Ekklesiologie des II. Vat., der zufolge einerseits a) jeder, der seinem Gewissen getreu handelt, das Hei! Gottes in Jesus Christus erreicht, ob er katholisch ist, einem anderen christlichen Bekenntnis angehört, in einer anderen Religion lebt oder (schuldlos) Atheist ist, die anderseits jedoch b) die Kirche Jesu Christi, die in der röm.-kath. Kirche gegeben ist, in Übereinstimmung mit der ganzen Tradition als heilsnotwendig für alle Menschen u. alle Menschen für sie bestimmt erklärt (Kirche 16 u. 14), ist vermittelt in der Lehre von der Kirche als dem Grundsakrament des Heiles der Welt (Kirche l 9 48 u.ö.). Die mit der Kirche angebotene Gnade Gottes vermag den Menschen auch ohne Kirche zu erreichen, die Kirche ist dennoch die geschichtlich authentische Erscheinung dieser Gnade Gottes u. Verweis auf sie. l) Lehramt. Zur Kirche gehören auchSünderu.„Vorhergewußte» (DGL:DS 1201 ff 1205f 1221 1578 2472-2478 2615 3803, NR 377ff 846). Dieser Glaubenssatz besagt nicht, daß der Verlust der Rechtfertigungsgnade für die K. gleichgültig sei, zumal die Kirche nie als rein äußere Religionsorganisation betrachtet werden darf u. der Heilige Geist zu ihren Wesenskonstitutiven gezählt werden muß. Durch die gültige Taufe wird jemand „Person» in der Kirche (CIC can. 87; vgl. DS 1314ff 1620f 1627 1671f 3802, NR 528ff 538f 545 645f 402; II. Vat., Kirche II) u. nur so. Damit ist mindestens als Glaubenswahrheit gesagt, daß durch die Taufe auf jeden Fall ein gewisses positives, unaufhebbares Verhältnis grundsätzlicher Hingeordnetheit (DS 1621 1671 f,NR 539 645f) (vor-persona1er Art) gegenüber der Kirche eintritt. Zur vollen, aktiven K. sind erforderlich: Taufe, Bekenntnis des Glaubens, Eihheit mit der Kirche u. ihrer Leitung (DS 718 1351 2803 f3802f,NR 479 402).-2) Theologie. So wie es ungültiges, bloß gültiges u. fruchtbares Sakrament gibt, so wie das zeitliche Verhältnis zwischen Gnade u. sakramentalem Gnadenzeichen variieren kann, so wie diese Unterschiede mit u. ohne Schuld eintreten können, so besteht im Verhältnis des Menschen zur Kirche, dem „Ursakrament», eine analoge Differenzierung. Dementsprechend ist zu sagen: a) Die volle K., so daß sie faktisch auch bewirkt, was sie bezeichnet, ist die K. des im Stand der Rechtfertigungsgnade lebenden glaubenden u. gehorsamen Katholiken (II. Vat., Kirche 14). Hier hat die Gnade ihre größtmögliche geschichtliche Verleiblichung, u. die K. ist mit dem verbunden, was sie bezeichnen will: mit Glaube u. Gnade. – b) Wo jemand ohne Taufe in Glaube-Liebe u. durch das implizite 7″Votum der Kirche (↑Begierdetaufe) gerechtfertigt ist, ist eine eigentliche K. (noch) nicht gegeben, wohl aber ein Zustand, der mit objektiver u. existentieller Tendenz seine geschichtlich-gesellschaftliche Verleiblichung in der K. sucht u. so den Menschen schon auf die Kirche „hinordnet», so daß dadurch auch für diesen die Heilsbedeutung der Kirche gewahrt bleibt. Wo Taufe u. Glaube schuldhaft fehlen, bleibt diese Hinordnung als objektive Erlöstheit, übernatürliches ↑Existential u. Verpflichtung objektiv bestehen (II. Vat., Kirche 13). -c) Zwischen diesen extremen Fällen lassen sich die verschiedenen denkbaren Möglichkeiten einer objektiv defizivnten Beziehung des Menschen zur Kirche leicht einordnen. Sie sind möglich, weil sowohl die Rechtfertigung wie die geschichtlich-soziale Sichtbarwerdung des Heils geschichtliche u. untereinander nicht identische Größen sind, so daß es Phasenverschiebungen geben kann, ohne daß diese Vorgänge aufhören, eine Einheit zu bilden. Das II. Vat. (Kirche 14) unterscheidet mit Augustinus zwischen einer Zugehörigkeit zur Kirche „im Herzen» u. einer solchen „dem Leibe nach». Der kath. Christ weiß, daß er „dem Leibe nach» zur Kirche Jesu Christi gehört. Daß er auch „im Herzen» zu ihr gehört, d.h. in ihr lebt durch glaubende Liebe, das weiß er nicht sicher, das kann er (u. muß er) nur hoffen. Diese Hoffnung weiß davon, daß ein Mensch „Christ» (d. h. hier: ein in der Gnade Gottes u. seines Christus lebender Mensch, ↑Anonymes Christentum) sein kann, selbst wenn er den Namen Christi nicht kennt oder meint, ihn ablehnen zu müssen.

Kirchenlehrer

heißt in der kath. Kirche u. Theologie ein Theologe, der die ↑Tradition von alters her bezeugt u. bei dem vier Kennzeichen verwirklicht sein müssen: rechtgläubige Lehre, persönliche Heiligkeit, ausgezeichnete wissenschaftliche Leistung u. ausdrückliche Anerkennung durch die Kirche. In der theol. Argumentation gehören die Zeugnisse der K. nicht zu denen der ↑Kirchenväter, da sie nicht notwendig aus der Zeit der Patristik stammen u. nicht wenige dem Mittelalter u. der Neuzeit angehören, sondern zu denen der ↑Theologen. In der lat. Kirche werden seit dem 8. Jh. vier hervorgehoben, Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Gregor l. Ihre Zahl ist inzwischen auf über 30 angewachsen (unter ihnen durch Paul VI. als erste Frauen Theresia von Avila u. Katharina v. Siena). Die Ostkirehen verehren seit dem 9. Jh. nur die drei K., „drei Hierarchen u, ökumenische Lehrer» genannt, Basileios, Gregor von Nazianz u. Johannes Chrysostomos.

Kirchenrecht

heißt das in der ↑Kirche geltende Recht, das ihren Vollzug als Gemeinschaft ordnet. Soweit es in der Offenbarung Gottes mitgeteilt oder Teil des ↑natürlichen Sittengesetzes ist, heißt es göttliches Recht (ins divinum). Zum genaueren Verständnis eines göttlichen Rechtes ist zu beachten, daß ↑Offenbarung nicht notwendig passives Vernehmen ist, sondern auch u. U. aktive, unter mehreren sich anbietenden Möglichkeiten auswählende Entscheidung des Hörenden sein kann. Angewandt auf die Offenbarung eines göttlichen Rechtes in der Kirche, bedeutet das, daß die Kirche in einer sich von ihrem Selbstvollzug her nahelegenden Entscheidungssituation eine Wahl trifft, die ihrem Wesen gemäß ist. In diesem Sinn einer wesensgemäßen Entscheidung kann ein göttliches Recht mindestens noch in der Apostolischen Zeit bis zur vollen Konstitution der Kirche „gesetzt» werden. Das rein kirchliche Recht besteht aus kirchlichen Gesetzen (die inhaltlich freilich oft göttliches Recht wiedergeben) u. Gewohnheitsrecht. Hauptsächliche Quelle des K.s in der lat. Kirche ist der CIC (K. heißt mit einer älteren Bezeichnung oft auch „kanonisches Recht» von der Grundbedeutung des griech. kanon = Richtmaß her), der 1918 in Kraft trat, inzwischen aber als reformbedürftig erkannt wurde u. zur Zeit neu verfaßt wird. Das göttliche Recht in der Kirche ist nicht starr, vielmehr gelten hinsichtlich seiner Erkenntnis u. Anwendung auf die konkrete Situation analoge Prinzipien wie bei der ↑Dogmenentwicklung. Erst recht ist das rein kirchliche Recht der Änderung u. Anpassung an die veränderte Zeit fähig. Kriterien zur Änderung des K.s ergeben sich nicht bloß aus der Beachtung der heute der Kirche ihrem Wesen gemäß Gebotenen, sondern auch aus der kritisch-hermeneutischen Reflexion über Entstehungszusammenhänge des K.s (z.B. des Ehe- u. Verwaltungsrechts). Soweit die Normen’des K.s den Selbstvollzug der Kirche wesentlich tragen, kommt ihnen dieselbe Heilsbedeutung wie der Kirche überhaupt zu (hier, in der unterschiedlichen Auffassung vom Wesen der Kirche, liegt die verschiedene Auffassung von K. bei ev. u. ostkirchlichen Christen), doch ist die Verbindlichkeit dieser Normen im Einzeifall nicht immer leicht zu erkennen. Nachsichtig ist die Kirche in der Anwendung mancher rein kirchlicher Normen (Erteilung von Dispensen; die Epikie, d. h. nachsichtige Interpretation der Meinung des Gesetzgebers, gilt als Tugend; gegenüber rein kirchlichen Gesetzen gilt der allgemein anerkannte Grundsatz, daß sie bei schwerem Nachteil nicht verpflichten). – K. ist auch der Name einer theol. wissenschaftlichen Disziplin, die zu den ältesten zählt, da sie auf den schon im 5. Jh. greifbaren Sammlungen der Konzilskanones beruht (bedeutend Gratians Dekretensammlung um 1142).

Kirchenschatz

Der mißverständliche Begriff K. wurde erst im Zusammenhang mit der Theologie des ↑Ablasses seit dem 14. Jh. entwickelt (DS 1025ff 1447ff 1467 u.ö., NR 677ff 682 u.ö.), aber die Sache selbst ist vom geschichtlichen Anlaß dieses Wortes unabhängig, ja das Wort selbst sagt nur unter einem anderen Bild, was auch ohne es immer schon deutlich ausgesagt wird: daß Gott das Heil jedes Einzelnen in jeder Hinsicht, die dieses Heil hat, will im Blick auf Jesus Christus, seine unendliche ↑Genugtuung u. sein „Verdienst» am Kreuz (DS 1528f 3670 3891 u.ö.) u. auf den ganzen ↑Leib Jesu Christi, der von ihm u. in ihm seine Kraft zu eigenem Tun hat u. dieses jedem Glied zugute kommen läßt (vgl. l Kor 12,25 f u.ö.). Insofern dieses Ganze der Heilswirklichkeit Jesu Christi u. seines Leibes gerade zur Tilgung der zeitlichen ↑Sündenstrafen sich auswirkt, u. zwar vor allem auch mittels des Ablasses, wird es K. genannt. Über die Weise, wie seine Wirksamkeit zu denken ist, vgl. ↑Ablaß.

Kirchenväter

sind nach der Definition des Vinzenz v. Lerins (•{• Mitte des 5. Jh.) jene Schriftsteller des Altertums, die in ihrer Zeit u. an ihren Orten in der Einheit des Glaubens u. der Gemeinschaft der Kirche bewährte Lehrer waren. Die kirchlich-amtlichen Merkmale für sie sind: l) rechtgläubige Lehre (die freilich nicht Irrtumslosigkeit bedeutet u. faktische Irrtümer in einzelnen Dingen nicht ausschließt); 2) ein im altchristlichen Sinn heiliges Leben; 3) Anerkennung durch die Kirche, die nicht ausdrücklich zu sein braucht, sondern sich durch Zitationen usw. äußern kann; 4) ihr Leben zur Zeit der „Väter», d.h., daß sie innerhalb jener Zeit lebten, die durch den Tod des lsidor v. Sevilla im Westen, des Johannes v. Damaskus im Osten endete, also etwa mit dem 8. Jh. aufhört. Eine besondere Autorität sind sie, wo ein ↑Consensus der K. vorliegt, da sie dann im reinen Sinn als Ubermittler u. Zeugen der kirchlichen Lehre gelten können. Zu ihrer Lehre vgl. ↑Patristik, ↑Neuplatonismus.

Klasse (LThK)

l. Begriff. K. bezeidmet eine gesellschaftl. (Groß-)Gruppe, die beherrscht ist v. einem ihr eigentümlichen Gruppeninteresse u. in einem Interessenkonflikt mit einer anderen gesellschaftl. Gruppe mit entgegengesetzter Interessenlage steht. Subjektiv wird sich zunächst nur jene gesellsdiaftl. Gruppe als K. fühlen, die sich in der ihr zugehörigen Gesellschaftsordnung auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse benachteiligt weiß. Dabei wird ihr Wille darauf gerichtet sein, den bestehenden Zustand (egoistisch od. im Interesse des Gemeinwohls) zu ändern. „Setzen andere, die mit der bestehenden Ordnung wohl zufrieden sind, sich der Änderung entgegen, so bilden sie ebenso eine K. mit umgekehrter Zielsetzung» (P. Jostock), K.n sind geschieden nach gesellschaftl. (polit., wirtschaftl.) Macht. Je mehr die wirtschaftl. Verhältnisse eine Gesellschaft bestimmen, desto mehr tritt auch hier die wirtschaftl. Macht in den Vordergrund. Von den oben gen. allgemeinen K.merkmalen sind diejenigen zu unterscheiden, die zwar nicht notwendig eine K. als solche konstituieren, wohl aber (einzeln od. in Verbindung mit anderen) unter bestimmten gesellschaftl. Zuständen zu einer ganz spezifischen K.bildung führen (u. a. Privilegierung, ähnl. Abstammung od. Bildung, soziale Funktion, Besitz).

II. Unter einer Klassengesellsthaft ist nicht jede Gesellschaft schlechthin zu verstehen, die u. a. auch gewisse Strukturmerkmale einer K.schichtung trägt, sondern nur diejenige, die überwiegend durch ein bestimmtes K.Verhältnis geprägt ist. Anderseits ist nicht jede Gesellschaft, wie es der ↑Marxismus behauptet, notwendig K.gesellsdiaft. Aber das Vorhandensein einer K.gesellschaft in dem oben gen. Sinn ist stets Symptom für eine mehr od. minder desintegrierte Gesellschaft. Nur ist das in ihr herrschende K.Verhältnis nicht notwendig antagonistisch. Außerhalb ihrer speziellen Gruppeninteressen kann es zw. den K.n sehr wohl Interessengleichheit od. Interessenausgleich geben. Wenn man aber wie K. ↑Marx den Antagonismus als notwendige Erscheinung des K.verhältnisses betont, so bleibt nur der K.kampf mit dem Ziel der Liquidierung der „ausbeutenden» durch die „ausgebeutete» Klasse. Die kapitalist. K.gesellschaft, auch in ihrer gegenwärtigen pluralist. Form, ist eine ebenfalls funktional gestörte Gesellschaft. Sie ist aber nicht die zwangsläufige Folge der kapitalist. Wirtschaftsweise (↑Kapitalismus), wenn auch faktisch die Nichtbewältigung der der kapitalist. Wirtschaftsweise eigenen Ordnungselemente zu ihr geführt hat. Kennzeichnend für die spezielle K.lage in der kapitalist. K.gesellschaft ist die „Schichtung v. Besitz u. Nicht-Besitz mit der Folge der Zentrierung um den Arbeitsmarkt» (O. v. Nell-Breuning),

III. Die v. der kath. Soziallehre angebotene Lösung z. Überwindung der kapitalist, K.gesellschaft geht ganz konkret v. den gegebenen Zuständen aus, setzt also bei dem bestehenden K.verhältnis an. Voraussetzung ist aber, daß zunächst die Haltung des K.kampfes zugunsten einer das gesellschaftl. Gesamtwohl berücksichtigenden K.auseinandersetzung (Quadragesimo anno n. ll4) aufgegeben wird. Die K.auseinandersetzung ist auf dem Boden der kapitalist. K.gesellschaft durchaus legitim. Sie ist zugleich der Ausgangspunkt, „von dem aus man sich z. einträchtigen Zusammenarbeit der Stände emporarbeitet» (ebd.). So ist das erstrebte gesellschaftspolit, Ziel, die angebotene Alternative z. kapitalist. K.gesellschaft, das Leitbild einer ständischen Ordnung der Gesellschaft (ebd. n. 82) (↑Beruffsständische Ordnung). Sie soll die Zentrierung der Gesellschaft um den Arbeitsmarkt lösen u. damit die spez. K.lage der kapitalist. K.gesellschaft überwinden.

Lit.: P. Jostodc, Gnmdzüge der Soziallehre u. Sozialreform (Fr 1946) Reg.; E. Heimann, Die sittl. Idee des K.kampfes u. die Entartung des Kapitalismus (H 1947); WB der Politik H. l—5, hrsg. v. H. Sadier-O. v. NellBreuning (Fr 1948—54) passirn; Th. Geiger, Die K.gesellschaft im Sdimelztiegel (Kö 1949); ECalt III 1775 ff; C.D, H. Cole, Studiea in Class Strocture (Lo 1955); 0, v, NellBreuning, Wirtsdiaft u Gesellschaft heute l—III (Fr 1956 bis 1960) passirn; R.Dahrendorf, Soziale K.n u. K.konflikte in der industriellen Gesellschaft (St 1957); SIL› IV 1062 bis 1070 (Lit.); N. Monzel, Solidarität u. Selbstverantwortune (Mn 1960) 265 ff. G. BÖING

Fourier, Franpois-Charles, Soziologe u. Philosoph, * 7. 4. 1742 Besancon, gest. 10. 10. 1837 Paris; Sozialist, zählt zu den sog. „utopischen Nationalökonomen». F, lehnte die Konkurrenzwirtschaft ab, forderte Entlohnung nach Leistung, nicht nach Bedürfnis, Recht auf Arbeit. Zur Verwirklichung seiner Ideen propagierte er die Gründung sog. „Phalanstères», Wohngemeinschaften von ca 1500 Personen zu gemeinschaftlicher Produktion u. Konsumtion. Der Ertrag solle nach Deckung des Existenzminimums im Verhältnis 5:4:3 auf Arbeit, Kapital u. Talent verteilt werden. Entsprechende Versuche in Fkr. scheiterten; in den USA dagegen wurden 1840-50 zahlreiche Phalanstères gegr., auch hier ohne dauernden Erfolg. — Die Genossenschaftsbewegung erhielt durch F. starke Anregungen.

HW: Theorie des quatres Mouvements (Ly 1808, 1841); Le nouveau monde industriel et soci6taire (P 1826, Pis45); (Euvres completes, 6 Bde (P 1841—45, 1870). Lit.: C. Gide, F. Precurseul de la cooperatlon (P 1923); W. Wessels, F. als Vorläufer der modernen Genossensdiaftsbewegung (Bergisch-Gladbach 1929); A. Pinloche, F. et le socialisrne (P 1933); F. Armand-R, Maublanc, 2 Bde (P 1937); ECatt V 1558 f; F. Armand, Los fourletistes . , . de 1848 ä 1851 (P 1948); Th. Ramm, Die großen Sozialisten als Rechts- u. Staatsphilosophen 1/1 (St 1955) 315—383 u. o.; SIL› III 407 f. G. BÖING

Blanc, Louis, frz. Sozialist, 1813—82; förderte die Bildung v. Produktivgenossenschaften (diese Idee in der Revolution v. 1848 verwirklicht [Nationalwerkstätten], aber ohne Bestand). 1848 Mitgl. der provisor, Regierung, anschließend Emigration, 1870 Rückkehr nach Frankreich.

HW: Organisation du travail (P 1839 u. ö.) (dt. Nordhausen 1847 u. B 1899); Hist. de la rtvoliition francaise, 12 Bde (P 1847—82), dt. 3 Bde (L 1847—53) i Hist. de dix ans, 1830—M, 5 Bde (P 1841—44) (dt. B 1844). Lit.: P. Keller, L. B. u. die Revolution v. 1848: Zürdier Volkswirtschafti. Forsdiungen (Z 1926); H. Pedian, L. B. als Wegbereiter des modernen Sozialismus (Je 1929); J. Vidalenc, L. B. (P 1948). W. MENGES

Proudhon, Pierre-Joseph, frz. Fruhsozialist, * 15. l. 1809 Besancon, gest. 19. l. 1865 Paris. P. sah im Eigentum nicht die Wurzel alles sozialen Übels; sein Satz „Eigentum ist Diebstahl» galt dem aus dem Eigentum fließenden arbeitslosen Einkommen. Zur Beseitigung der ungleichen Eigentums- u, Einkommensverhältnisse propagierte P. zinslose Ausgabe v. Krediten durch eine Tauschbank, die auch die produzierten Waren gg. Tauschbonds (zugleich Zahlungsmittel) in Höhe der Produktionskosten in Zahlung nehmen sollte. Durch Ausschaltung v. Gewinn u. Zins entsteht die neue Gesellschaftsordnung der Gegenseitigkeit (Mutualismus), in der auch jede Herrschaft durch ↑Anarchismus abgelöst ist. P.s freiheitl. Sozialismus steht im Ggs. zum ↑Marxismus.

WW; Qu’est-ce que la propriäte? (P 1840); Systeme des contradictions 6conomic[ues ou Philosophie de la niisere, 2 Bde (P 1846); De la Justice dans la revolution et dans l’äglise, 3 Bde (P 1858). — GA: OEuvres completes, 26 Bde (P 1867—71); Correspondance de P.-J. P., 14 Bde (P 1875). Lit.: K. Diehl, 3 Bde (Je 1888—96); H. de Lubac, P. et le christianisme (P 1945); G. Guy-Grand, La pensäe de P, (P 1948); G. Sontonaitaso (Mi 1954); P. Heintz, Die Autoritatsproblematili bei P. (Kö 1957); EncF III 1885 f; StL» VI 558 ff. G.BÖING

Klerus

heißt nach dem theol. u. kirchlichen Verständnis in der Kirche jener Personenkreis, dem in einem von der Kirche selber näher zu bestimmenden Umfang Anteil (= griech. kleros) am ↑Amt in der Kirche u. an dessen ↑Vollmacht zukommt. Zum Kirchenamt u. zur Weihe vgl. diese Artikel u. ↑Ordo, ↑Priestertum. In der lat. Kirche geschieht die Aufnahme in den K. (nach vorausgehender ↑Berufung u. kirchlicher Annahme) durch die Diakonsweihe (Eingliederung in einen Heimatverband). – Der K. ist nicht die ganze Kirche, wie schon sein Name besagt. Er hat gegenüber den Laien keinen Vorrang, aber eine größere Verpflichtung, u. er hat innerhalb der Kirche wesentlich eine Dienstfunktion, die er je nach dem Anteil des einzelnen Klerikers an der ↑Kirchengewalt gerade in der Leitung der Kirche (u. nicht der Welt) realisiert; ferner hat er in der lat. Kirche durch die feste Verpflichtung auf die Ehelosigkeit u. den kanonischen Gehorsam eine Dienst- u. Zeugnisfunktion in der Welt u. für sie.

Klugheit

ist nach der scholastischen Tugendlehre jene ↑Tugend, die das Wissen um die sittliche Pflicht u. konkrete Wege zu ihrer Erfüllung vermittelt, u. darum die erste der sogenannten ↑Kardinaltugenden. Nach der Schrift ist klug, wer seine aktuelle Situation deuten, die Geister unterscheiden kann u. wer wachend bleibt, den eigenen Tod und die Wiederkunft Jesu vor Augen hat (PS 90,12; Mt 25,1-13; IJo 4, l ff).

Kollegialität

Die klassische theol. Frage nach dem Verhältnis von ↑Papst u. Konzil bzw. präziser von Papst als oberstem Hirten der Kirche u. Gesamtepiskopat als kollegialem Träger derselben höchsten Gewalt verliert ihren aporetischen Charakter (man vergleiche das Problem der Vermeidung zweier adäquat-distinkter Subjekte der vollen u. höchsten Gewalt in der Kirche), wen/n man das Prinzip der K. als Erklärungsgrundlage benutzt. Danach ist der Gesamtepiskopat mit u. unter dem Papst als seinem Haupt der Träger der höchsten Gewalt in der Kirche. Dieser eine Träger kann seine Vollmacht entweder in einem besonderen kollegialen Akt oder durch einen Akt des Papstes vollziehen, der immer, auch ohne besondere rechtliche Beauftragung seitens des Bischofskollegiums, als Haupt des Kollegiums handelt. Der Akt des Papstes ist daher immer auch ein Akt des Kollegiums, dessen erstes u. konstitutives Glied er ist. Es gibt also nur ein Subjekt der obersten Gewalt (das unter dem Papst als seinem Haupt geeinte Bischofskollegium), aber es gibt zwei Weisen des Vollzugs dieser höchsten Gewalt. Diese Erklärung mindert in keiner Weise die Bedeutung des päpstlichen Primats. Die besondere Stellung des Papstes ist ihm zwar nicht von der Summe aller übrigen Bischöfe, sondern von Jesus Christus übertragen, doch dies insofern er in all seinen Rechten u. Handlungen das sichtbare Haupt des Gesamtepiskopates u. der Kirche sein soll. Der kirchenkonstituierende Wille Jesu Christi zielt auf einen Gesamtepiskopat, der als Kollegium dieselbe Gewalt wie der Papst hat, obwohl er sie nur mit u. unter ihm hat. Diese Interpretation ist sowohl in sich widerspruchsfrei als auch im Einklang mit der Lehre der Kirche (↑Bischof, ↑Kirchengewalt). K.F.

Kommunikation

(lat. = Mit-teilung, Gemeinsamkeit) bezeichnet auf der Grundlage personalen Hörenkönnens u. freier Offenheit jene Mitteilung, aus der Gemeinsamkeit zwischen dem Mitteilenden u. dem Empfangenden (Hörenden) resultiert, welche Gemeinsamkeit ebenfalls K., besser Kommunion (communio) heißt. In ihrer schlechthin höchsten Form wird der Mitteilende als er selbst dem Empfangenden mitgeteilt: ↑Selbstmitteilung. K. gehört zum Wesen des ↑Menschen, da er nicht individuelle Substanz oder immanentes Subjekt allein sein kann, vielmehr immer schon mit anderem „ist» u. so in Sprache, Gebärde, Zeichen usw. „kommuniziert». In der Ich-Du-Begegnung (die nicht notwendig auf zwei beschränkt ist, sondern auch Gruppe, Klasse usw. umfassen kann) wird das vom Du angesprochene Ich in vollem Sinn konstituiert, da nur in der Stellungnahme zu dieser Anrede die Freiheit u. Einmaligkeit der Person realisiert wird. In der wesenhaften Anlage zur K. liegt immer schon die menschliche Möglichkeit, von einem absoluten universalen Du angesprochen u. in endgültige, kosmische Gemeinschaft berufen zu werden. Nach der Offenbarung ist der Mensch befähigt, diese Anrede Gottes, die seine Selbstmitteilungist, konnatural aufzunehmen u. so bleibender Partner des Absoluten zu sein; dieses aber offenbart sich als der menschgewordene Bruder, so daß die K. mit Gott in Jesus Christus wahre gegenseitige Selbstübereignungist, die in der K. des ↑„Himmels“ (↑Anschauung Gottes) gipfeln wird. Eine besondere Form der K. ist die sogenannte „geistliche Kommunion», das glaubende u. liebende Verlangen nach der Aktualisation u. dem Wachstum der bleibenden Einheit mit Jesus Christus in seinem ↑Pneuma ohne das sakramentale Essen des eucharistischen Brotes (aber mit ausdrücklichem oder implizitem Verlangen danach). Nach kirchlicher Lehre ist diese „geistliche Kommunion» eine wirkliche personale K. mit Jesus Christus, denn sie bewirkt die sakramentale Gnade der Eucharistie auf nichtsakramentale Weise (DS 1648, NR 576).

Kommunismus (LThK)

l. Begriff. — II. Geschichte. — III. Lehre. — IV. Kommunist. Religionstheorie. — V. Kommunist. Religionspolitik. — VI. Kirchenverfolgung. — VII. Stellungnahme der Kirche

I. Begriff. Das Wort K. hat heute wenigstens zwei verschiedene Bedeutungen: l. Im weiten Sinn meint es jedes System bzw. jede Tendenz, Organisation usw., welche die Vergesellschaftung (Kollektivierung) der Produktionsgüter, des Eigentums im allg. od. auch der Menschen selbst anstrebt, abgesehen v. Ziel, das dadurch erreicht werden soll, und abgesehen v. der philos. Grundlage.

2. Im engen u. eigentl. Sinn bezeichnet K. heute ausschließl. das System u. die Organisation, welche im wesentlichen durch W. I. ↑Lenin begründet wurde u. vor allem durch die Kommunist. Partei der Sowjet-Union vertreten ist. Diese Bedeutung umschließt die l„ darüber hinaus jedoch vieles mehr, u. a. philos, Lehren, die dem K. teilweise wesentlicher sind als die bloße Vergesellschaftung. Nur der K. im 2. Sinn ist heute ein wichtiges reales Phänomen; deshalb sollte das Wort immer in diesem Sinn gebraucht werden.

II. Geschichte. Vor K. ↑Marx haben wir es nur mit kommunist. Gedanken im l. Sinn zu tun. Sie erscheinen u. a. bei ↑Platon („Politeia»: für die „Wächter»), bei Jambulos im „Sonnenstaat», in der „Utopia» des hl. Th. ↑More, der „Civitas Solis» v. T. ↑Campanella, der „Basiliade» des Morelly u. in den Schr. v. G. B. de Mably, H. Linguet, J. Necker, J.-P. Brissot de Warwille. Die ersten konkreteren kommunist. Pläne stammen v. J. Messlier (🕆 1733; veröff. 1884) u. F. Boissel (1789). Weitere bedeutende lcommunist. Denker (im l. Sinn) sind u. a. F.-N. Babeuf (1760-97), Ch.-H. de ↑Saint-Simon, F.-Ch. ↑Fourier, die v. den Kommunisten „utopische Sozialisten» gen. werden. — ↑Sozialismus. K. Marx, der Begründer des „wiss.» Sozialismus, legte die Grundlagen des eigentl. K. durch sein (zus. mit F. ↑Engels verf.) „Kommunist. Manifest» (1848) u. in seinem „Kapital» (l [H 1867]). Doch wurde die Lehre v. Marx Gegenstand verschiedener untereinander abweichender Deutungen u. Umdeutungen (↑Sozialismus). Unter ihnen bildet jene v. Lenin (Leninismus) die wichtigste. Lenin gehörte der „Sozial-demokrat. Arbeiterpartei Rußlands» an, in der er 1903 die Fraktion der „Mehrheitler» (russ. „bolschewiki», daher: Bolschewiken; ↑Bolschewismus) gründete. Diese zeichnete sich im Ggs. zu den „Minderheitlern» (Menschewiken) durch ihren Radikalismus aus; sie führte am 7. II. 1917 die „Oktoberrevolution» in Rußland durch. 1919 wurde die (3.) kommunist. Internationale (Komintern), der die kommunist. Parteien aller Länder angehörten, gegr. (aufgelöst 1943), später (seit 1947) durch das Kominform ersetzt (1956 aufgelöst). Nach Lenin wurde die kommunist. Partei durch Josif Wissarionowitsch Dshugaschwili, Deckname Stalin (1879-1953) (Stalinismus), später durch Nikita Sergejewitsch Chruschtschow (* 1894) geführt. Nach der Eroberung der Macht in Rußland, gleichzeitig mit der gewaltsamen Unterdrückung der meisten Nationalitäten (1917-20), wurde eine grausame Terroraktion durchgeführt (Hinrichtung v. ca 1,2 Mill, Menschen). Die Versuche, andere Länder entweder v. innen her (Ungarn, Bayern) od. durch Invasion (baltische Staaten, Finnland, Polen) zu erobern, scheiterten zunächst, u. es kam z. „Sozialismus in einem Staat», d. h. der „Sowjetunion», wie jetzt Rußland hieß. Dort wurde zuerst eine Periode der relativen Liberalisierung (NEP [Neue ökonomische Politik]: 1921 bis 1928), dann (seit 1928) eine zwangsmäßige u. blutige Kollektivierung der Bauern (ca 6 Mill. Betroffene) durchgeführt, worauf unmittelbar die großen „Säuberungen» (1936—38) folgten, während welcher außer Hunderttausenden v. Hingerichteten wenigstens ca 12 Mill. Menschen in grausamen Konzentrationslagern eingesperrt wurden. Die weitere Expansion des K. erfolgte vor allem 1927—37 (in Teilen Chinas; in ganz China Dez. 1949) u. 1944—45 (Besetzung der baltischen Staaten, Polens, Mittel- u. Ost.-Dtl.s, der Tschechoslowakei, Ungarns, Rumäniens, Bulgariens, Jugoslawiens u. Albaniens). Diese Länder wurden zu sog. „Volksdemokratien» erklärt (mit Ausnahme der baltischen Staaten, etwa der Hälfte Polens u. Teilen Rumäniens, die annektiert wurden). 1948 kam es z. Bruch mit Jugoslawien (Tito; Titoismus), doch konnte der K. weiterhin Nord-Korea (1945; endgültig 1953), Tibet (1951) u. Nord-Vietnam (1954) unter seine Herrschaft bringen. Nach dem Tod Stalins (1953) kam es zu dessen feierlicher Verurteilung durch Chruschtschow (XX. Parteitag; 1956), zu Aufständen in zahlr, Konzentrationslagem (Workuta), in Berlin (Juni 1953), Polen (1956), vor allem in Ungarn (Herbst 1956) wie auch in Tibet (1956 u. 1959). Alle wurden mit Gewalt unterdrückt. Seit dem 2. Weltkrieg ist die Aufmerksamkeit der Kommunisten vor allem auf Südamerika, Afrika u. Asien gerichtet. Es bestehen z. Z. (1961) ca 100 kommunist. Parteien mit ca 35 Mill. Mitgl. in praktisch allen Ländern. Diese Parteien werden zentral v. Moskau u. teilweise v. Peking (Mao Tse-tung) geführt. Sie befolgen eine im wesentlichen einheitliche Weltpolitik,

III. Lehre. Der K. besitzt eine streng kodifizierte Lehre, die „Marxismus-Leninismus» heißt u„ im wesentlichen, in den Schr. der „Klassiker» (Marx, Engels, Lenin u. [bis 1956] Stalin) enthalten ist. Dabei wird Marx immer im Licht v. Engels u. beide nur in der Deutung v. Lenin verstanden. Diese Lehre wird als höchst bedeutend angesehen, was sich prakt. schon aus der intensiven Verbreitung der Schr. ersehen läßt (z. B. wurden Lenins WW bis 1959 in 88 Sprachen in einer GesamtAufl. v. 301015000 Exemplaren veröff.). In der Lehre des K. kann (l) der Kernglaube, (2) der spekulative Überbau (↑Dialektischer u. hist. Materialismus) neben (3) Grenzgebieten unterschieden werden. Während (2) u. (3) gewissen Änderungen unterliegen, gilt der Kemglaube als „ewig» u. absolut verbindlich. Er besteht aus folgenden Behauptungen: Es gibt absolute Wahrheit, u. diese wurde durch die „Klassiker» erkannt. Alles strebt notwendig zu immer höheren Formen (Optimist. Evolutionismus); die materielle Welt, die als ein Ganzes zu denken ist, ist die einzige ewige u. unendliche Wirklichkeit, Im Seienden bestehen überall Widersprüche, die z, „Kampf» der Gegensätze führen u. die Quelle der „Selbstbewegung» bilden. Die Entwicklung kommt durch Sprünge zustande, in welchen neue Qualitäten entstehen. Unter anderen entsteht aus der Materie das Bewußtsein, das im Hinblick auf jene sekundär ist u. vollständig v. ihr abhängt; alles entwickelt sich nach strengen Gesetzen der Materie (↑Determinismus).

Diese Lehren (des dialekt. Materialismus) werden nun auf die Gesellschaft angewandt (bist. Materialismus): die Gesellschaft entwickelt sich ständig u. notwendig zu immer besseren Formen. Der Mensch, als einziger Träger des Bewußtseins, ist allein für diesen Fortschritt verantwortlich (atheistischer Humanismus). Das Individuum ist im Hinblick auf die Gesellschaft sekundär; es hat keine Eigenrechte (↑Kollektivismus). Den Widersprüchen im Seienden entsprechen in der Gesellschaft die ↑Klassen, die notwendig im Kampf miteinander stehen. Der Klassenkampf bildet somit die Quelle des Fortschritts, der nur durch gewaltsame Revolutionen verwirklicht wird. Wie im Einzelmenschen das Bewußtsein nur „ein Produkt, eine Funktion» des Leibes ist, so ist das soziale Bewußtsein (Ideologie: Philosophie, Sozialwiss., Moral, Recht, Kunst, Religion) eine Spiegelung des materiellen Lebens der Gesellschaft, d, h. letzten Endes seiner Produktivkräfte (Werkzeuge u. Methoden der materiellen Erzeugung). Gleichzeitig hat jede Klasse auch ihr eigenes „soziales Bewußtsein» (so gibt es notwendig eine bürgerliche u. eine proletarische Kunst). Das Proletariat ist die höchste Klasse, weil es die höchste Stufe der Wirtschaft vertritt, kein Privateigentum hat u. deshalb auch—im Ggs. zu den anderen Klassen—niemanden ausbeutet; seine Revolution führt z. „Sprung in das Reich der Freiheit»; die Klassen, der Staat, jedes Übel sind in einer voll vergesellschafteten Menschheit aufgehoben. Der Sieg des Proletariats ist aber auch das einzige absolut Gute, dazu beizutragen die einzige unbedingte Pflicht — alles andere ist relativ: „gut u. moralisch ist, was z. Vernichtung der alten Welt führt» (Lenin). Das Bewußtsein des Proletariats ist in der Kommunist. Partei verkörpert; deshalb hat diese allen Menschen gegenüber alle Rechte u. jeder soll ihr unbedingt gehorchen. Die Partei siegt, indem sie die Revolutionen überall vorbereitet u. nach der Machtergreifung die „Diktatur des Proletariats», eine „durch keine Gesetze od. moralische Rücksichten beschränkte Gewalt», einführt. Der Sieg des K. ist notwendig. Nach der klass. Lehre des K, kann er nur durch gewaltsame Mittel erreicht werden; die neuere Lehre v. der „friedlichen Koexistenz» (die übrigens v. den chinesischen Kommunisten verworfen wird) muß als taktisches Manöver gedeutet werden.

IV. Kommunist. Religionstheorie. Der K, besitzt eine ausgearbeitete Religionstheorie. Ihre wichtigsten Thesen lauten: l. Es gibt u. kann auch keinen Gott geben. 2. Es gibt keine Seele, geschweige denn eine unsterbliche Seele. 3. Es gibt keine existentiellen Probleme; der Fortschritt der Gesellschaft gibt dem Leben seinen ganzen Sinn; der Gedanke an persönl. Heil ist „Egoismus».

4, Es gibt keinen freien Willen. 5. Der Mensch kann durch rein äußerliche Maßnahmen („Ingenieure der Seelen») verbessert werden. 6. Es gibt keine unbedingten moralischen Pflichten, außer der, den Sieg des K. zu fördern. 7, Die Religion ist ein aus Furcht vor den Natur- u. Sozialkräften entstandener Aberglaube; sie wurde durch die Wiss. widerlegt. 8. Die Religion ist für den Ausgebeuteten (Proletarier) „Opium» (Marx), ein „geistiger Fusel» (Lenin), der ihn v. revolutionären Kampf abhält; dem Ausbeuter (Kapitalisten) liefert sie eine billige Eintrittskarte in den Himmel u. beruhigt sein Ausbeutergewissen. Deshalb muß jede Ausbeuterklasse zwei Beamte haben: den Henker u. den Priester (Lenin). 9. Im Sozialist. Zeitalter muß die Religion ganz verschwinden, 10. Abgesehen v, dem Gesagten ist jede Religion „eine unsagbare (moralische) Abscheulichkeit» (Lenin), Doch soll die Religion nicht direkt bekämpft werden, solange ihre „materielle Basis», nämlich die Ausbeutung (Kapitalismus), besteht. Sie soll vielmehr möglichst z. Zerstörung dieser Basis gebraucht werden. Freilich sind die „rel. Überbleibsel des Kapitalismus» hartnäckig u. müssen nach der Sozialisierung scharf angegriffen werden.

V. Kommunist. Religionspolitik.

Ihr Ziel ist immer die Vernichtung jeder Religion; die Methoden sind jedoch verschiedenartig u. komplex. Vor der Besetzung eines Landes versucht man, mit den Gläubigen zusammenzuarbeiten („die ausgestreckte Hand»), obwohl schon dann antireligiöse Propaganda getrieben werden soll. Nach der Machtübernahme werden folgende taktische Prinzipien angewandt: Ganz allg. gilt, daß die Religion eine Privatsache dem Staat, nicht aber der Partei gegenüber ist; wegen der Gleichsetzung v. Staat u. Partei in einem kommunist. Staat wird jedoch der Kampf gg. die Religion vor allem durch den Staat geführt. Die folgenden Maßnahmen werden immer, soweit möglich, angewandt: l. Aufhebung der rel. Presse, außer einigen rein theol. Zschr. für die Geistlichkeit;

2. Auflösung aller rel. Laienvereinigungen; 3. volle Enteignung der Kirche (vor allem der Schulen, Krankenhäuser usw., aber auch sonstiger Güter); 4. hohe Besteuerung (Beispiel: in Polen [1960] werden Priesterseminare als Luxushotels besteuert); 5, Verbot jeder organisierten caritativen Tätigkeit; 6. Verbot des Religionsunterrichts in den Schulen, manchmal auch jedes Religionsunterrichtes; 7.Druck auf alle Staatsangestellten (fast jeder ist in einem kommunist. Staat ein solcher), damit sie die Kirche nicht besuchen; 8. strenge Kontrolle der gesamten Tätigkeit der rel. Gemeinschaft durch besondere Beamte; 9. Einführung staatl. Zeremonien, die die kirchl. ersetzen sollen (staatl. Taufe, Jugendweihe, Eheschließung, Begräbnisfeier; ↑Feiergestaltung); 10. ständige anti-rel. Propaganda mit allen Mitteln.

Es wird ein Unterschied zw. den als unwichtig u. den als bedeutend angesehenen Religionsgemeinschaften gemacht. Die ersteren suchte man öfters gewaltsam zu vernichten; so den Buddhismus in der UdSSR (1940), die kath.-unierte Kilche in Ostpolen, Rumänien u. der subkarpat. Ukraine (1945 bis 1946), die Zeugen Jehovas in der DDR u. in Polen (1945), wobei manchmal sogar alle Gläubigen (Zeugen Jehovas), regelmäßig aber alle Geistlichen inhaftiert wurden (so kamen 1940 alle buddhistischen Mönche in Konzentrationslager, nachdem die Klöster aufgelöst worden waren). Handelt es sich um größere Religionsgemeinschaften, so wird nicht direkt die Vernichtung, sondern die volle Unterwerfung angestrebt. Fügt sich die Leitung der betreffenden Gemeinschaft nicht, so werden folgende, seit 1922 ständig im Gebrauch stehende Maßnahmen angewandt: Zuerst werden innerhalb der Kirche Spaltungsgruppen gebildet. Diese bestehen aus abtrünnigen Geistlichen, aus Unzufriedenen, verführten Idealisten usw.; Beispiele: „Lebendige Kirche in Rußland» (seit 1922); „Patriotische Bewegung» (kath. u. ev.) in China (seit 1950); ,,Kath. Aktion» in der Tschechoslowakei (seit 1949); „Friedenspriesterbewegung» in Ungarn (seit 1951); „Patrioten-Priester» (ZBOWID) u. die Gruppe „Pax» in Polen (seit 1949). Diese Spaltungsgruppen werden durch die betr. kommunist. Regierung gg. die Vertreter der Kirchen unterstützt. In vielen Fällen wird Gewalt angewandt, um die Zahl der Mitgl. der Spaltungsgruppen zu vergrößern. Dann wird die Leitung der Kirche unter Druck gesetzt (Verhaftungen, Schauprozesse, Hinrichtungen, großangelegte Propaganda usw.); die dann unbesetzten Posten werden mit Vertretern od. Anhängern der Spaltungsgruppen besetzt. Damit wird die betreffende Kirche in ein Werkzeug der kommunist. Partei verwandelt. Streng auf das liturg, Leben beschränkt, bekommt sie nach der vollständigen Unterwerfung die Möglichkeit, das für den Gottesdienst Nötige zu erhalten (lnstandhalten der Kirchengebäude, Ausbildung der Geistlichen, Druck v. Gebetbüchem), unter Ausschluß jeder seelsorgl. Tätigkeit, vor allem jedes Einflusses auf die Jugend, während die Schule u. alle öffentlichen Einflußmittel (Presse, Radio usw.) im Dienst des Kampfes gg. die Religion stehen. In der UdSSR ist insofern eine neue Entwicklung eingetreten, als seit dem 10. II. 1954 der Kampf gg. die Religion nicht mehr mit „mechanischen» Mitteln geführt werden soll; gleichzeitig wurde aber die antirel. Propaganda bedeutend verstärkt.

VI. Kirchenverfolgung. Der K. ist der größte u. grausamste Verfolger der christl. Kirchen seit dem röm, Kaisertum (↑Christenverfolgungen II III). Genaue statist. Angaben fehlen; es ist jedoch sicher, daß Millionen Christen unter dieser Verfolgung hart gelitten haben, während die Zahl der Märt. wenigstens viele Tausende beträgt. Am meisten hat wahrsch. die russ.-orth. Kirche gelitten. Von den 400 Kirchen Moskaus (1914) waren 1942 nur mehr 17 offen; 1928 allein wurden 1400 Kirchen geschlossen. Von 593 Klöstern (1914) bestanden 1948 nur noch 89. Bis 1923 sind nicht weniger als 60 Bischöfe deportiert worden; die Zahl der im Konzentrationslager Solowki eingesperrten Bischöfe wurde auf 150 geschätzt. Die Zahl der Ermordeten u. Hingerichteten läßt sich auch nicht annähernd feststellen; doch werden wenigstens 28 orth. Bischöfe u. mehr als 100 Priester als Märt. verehrt. Auffallend ist auch, daß die Zahl der Geistlichen, die 1929 noch 248000 betrug, bis 1931 auf 161000 sank. Nicht viel besser war das Schicksal der lwth. Kirche in den Ländern unter kommunist. Herrschaft. Nach einer Zusammenstellung v. 26. 12. 1956 (KIPA) waren bis zu diesem Tag nicht weniger als 198 Bischöfe verhaftet worden. Auch Hinrichtungen kamen oft vor. Gegen Angehörige der kath. Kirche wurde eine lange Reihe v. Schauprozessen durchgeführt, wobei zahlr. Gläubige gefoltert n, getötet wurden. Besonders grausam war die Verfolgung in China; aber auch die jugoslawischen Bischöfe legten eine Liste v. „243 Toten, 169 Häftlingen in Konzentrationslagern» vor. In der Tschechoslowakei wurden alle Mitgl. der rel. Orden in Konzentrationslager gebracht. Auch die verschiedenen prot. Kirchen sind verfolgt worden; am bekanntesten sind die Verfolgungen in China u. Ungarn (Reformierte Kirche). Weniger weiß man v. Schicksal der Mohammedaner u. Buddhisten. Für die ersteren ist jedoch (charakterist., daß v. den 26000 Moscheen, die 1914 in der UdSSR bestanden, bis 1942 nur 1313 übriggeblieben waren (1948 schätzungsweise 1800). Auch die Mohammedaner hatten zahlr. Hinrichtungen, Deportationen usw. zu beklagen. Die burjätischen Buddhisten, die bis etwa 1932 aus taktischen Gründen toleriert worden waren, wurden schließl. so verfolgt, daß 1936 kein einziges Kloster mehr bestand.

VII. Stellungnahme der Kirche. Die kath. Kirche hat v, Anfang an den K. durch zahlr. päpstl. Erklärungen, vor allem Pius› XI (Aufzählung: AAS 39 [1937] 67), verurteilt. Die wichtigste darunter ist die Enz. Divini Redemptorvis v. 19.3.1937 (AAS 29 [1937] 65-106). Das Dekret der SC Off. v. l. 7. 1949 exkommunizierte jene, die der Kommunist. Partei beitreten od. sie fördern, sowie jene, die kommunist. Bücher, Zschr. usw. herausgeben, lesen od. in ihnen schreiben, u. verbot, sie zu den hll. Sakramenten zuzulassen (AAS 41 [1949] 334). Eine Reihe v. Erlassen wurde gg. die kommunist. Spaltungsgruppen u. ihre Veröff. hrsg.: gg. die tschechische „Kath. Aktion» am 20.6.1949 (AAS 41 [1949] 333), gg. die polnische „Pax»-Gruppe am 28. 6. 1955 (AAS 47 [1955] 455), gg. die Veröff. der entspr. ungarischen Spaltungsgruppe am selben Tag (aaO. 455 ff). Der chinesische K. wurde in der Enz. Ad apostolorum principis am 29. 6. 1958 (AAS 50 [1958] 601-614) verurteilt.

Bibliogr.: G. Lehmbruch, Kleiner Wegweiser z. Studium der Sowjetideologie (Bö 1958); R. N. C. Hunt, Books on Commnnism (Lo 1959, NY 1960).

L i t.: GesamtdarsteUung: Hdb. des Welthommunismus, hrsg. v. f. M. Bochenski-G. Niemeyer (Fr 1958). — Zur Lehre: G. A. Wetter, Der dialekt. Materialismus in der Sowjetunion (W 1956); E. Guerry, Êglise catholique et communisme athee (P 1960); J. M. Bocheriski, Der sowjetruss. dialekt. Materialismus (Bern e1961). — Zur Religionslehre u. -politik: Church and State behind the Iron Curtain, ed. V. Gsovki (NY 1955); A. Galter, Libro ROSSO della chiesa perseguitata (Mi 1956), dt.: Rofcbuch der verfolgten Kirclie (Recklinghausen 1957); Hdb. des Weltkommunismus aaO.; G. Stöckl, „Wissenschaftl.-atheist. Propaganda» in der Sowjetunion: Das Parlament 9 (Bo 1959) n. 24 Beilaga (neueste Entwicklung in der UdSSR); B. Szczesniak, The Russian revolution and religion (Notre Dame [Ind.] 1959); W. Kolarz, Religion in the Soviel Union (Lo 1961). — Berichte: Unter den zahlr. Berichten u. Mart.-Akten sind zu nennen; A.Michel, Rel. Probleme in einem Lande unter konimunist. Herrschaft (Königstein o. J.); F.Dufay, Gesetz u.Taktik des K. (F 1956). — Kirchl. Stellungnahme: Außer den gen. vgl. die weiteren Erklärungen Plus› XII; Utz-Groner III 2369 (Reg.), vor allem n. 679 (= AAS SS [1943] 171—179). J. M. BOCHESSKI

Konflikt

wird zwar oft in eingeschränkter Weise für die Bezeichnung kampfartiger Entgegensetzung gebraucht, umfaßt als soziologischer Terminus aber Auseinandersetzungen beliebigen Ursprungs, unterschiedlicher Intensität u. Verlaufsform (Theorie-K.e, Normen-K.e, Generations-K.e, Rollen-K.e, Lohn-K.e, Rassen-K.e, bewaffnete K.e). Die unterschiedlichen Erscheinungsformen u. das breit gestreute Auftreten von K.en lassen darauf schließen, daß K.e zu den zwar kanalisierbaren, aber unvermeidbaren Grundelementen gesellschaftlichen Lebens gehören. Für alle K.formen lassen sich daher bestimmte Grundfragen stellen: Unter welchen Bedingungen entstehen K.e? Inwieweit lassen sich K.e analysieren? Wie können K.e reguliert oder bewältigt werden? Für die theol. Grundeinstellung zum K. ist entscheidend, daß sowohl mit der Lehre von der ↑Erbsünde u. Konkupiszenz eine rationale Erklärung für die Unvermeidbarkeit von K.en vorliegt, als auch durch die Lehre von ↑Erlösung u. Versöhnung sowie das Gebot der Nächstenliebe Modelle zu seiner Zähmung u. Überwindung angeboten werden, ohne daß allerdings dabei die produktive Funktion sozialer Konflikte für die Weiterentwicklung von gesellschaftlichen Formationen übersehen werden dürfte, wie es in der Kirche oft geschieht. K. F.

Konklusionstheologie

heißt jene systematische Theologie, die ein Verständnis der Offenbarungswahrheiten u. des gegenwärtigen Glaubens dadurch erreichen möchte, daß sie mit Hilfe der logischen Regeln (der drei Begriffe in zwei Sätzen u. der Schlußfolgerung in einem Satz, dem Schlußsatz aus Ober- u. Untersatz) Schlußsätze (lat. Konklusionen) aufstellt. Dabei können Ober- u. Untersatz Offenbarungswahrheiten sein, oder aber der Obersatz enthält eine Offenbarungswahrheit, der Untersatz eine natürliche Wahrheit. Eine Konklusion kann wohl nur dann mit göttlichem ↑Glauben (vgl. auch theol. ↑Qualifikationen) angenommen werden, wenn auch der Untersatz wenigstens implizit in der göttlichen Offenbarung enthalten ist (↑Dogma). Ist der Untersatz nur natürliche Wahrheit, so ist die Konklusion wohl allenfalls Gegenstand des kirchlichen Glaubens (vgl. theol. ↑Qualifikationen). Die K. bleibt insofern wirkliche Theologie u. legitim, als sie nicht vorgibt, die zugrunde gelegten Offenbarungssätze im Durchschauen des ↑Geheimnisses absolut zu verstehen u. begreiflich zu machen, u. letztlich dem besseren Glaubensverständnis selber dienen will, indem sie die innere Einheit der Offenbarung deutlicher macht. Vgl. ↑Dogmenentwicklung.

Konstantinopel

(Neu-Rom, Hauptstadt des byzantinischen Reiches, heute Istanbul). In K. wurden 4 ökumenische Konzilien abgehalten. Das l. (2. ökumenische, vom Mai bis Juli 381 zur Zeit Papst Damasus› l.) wandte sich gegen alle Irrlehren, die die Gottheit des Heiligen Geistes leugneten (vgl. ↑Makedonianismus), u. stellte das in der römischen u. byzantinischen Eucharistiefeier gebetete Glaubensbekenntnis auf (DS 150, NR 250). Das II. (5. ökumenische, vom 5. 5. bis 2. 6. 553 zur Zeit des Papstes Vigilius) verurteilte noch einmal den ↑Nestorianismuss (DS 421-438, NR 180-192) u. lehnte den ↑Origenismus ab (DS 403-411, NR 325 287 891). Das III. (6. ökumenische, vom 7. II. 680 bis 16. 9. 681 zur Zeit der Päpste Agatho u. Leo II., auch Trullanum genannt) verurteilte den ↑Monotheletismus (DS 548 553-559, NR 220f) u. den Papst Honorius l., weil dieser in nichtdefinitorischen Erklärungen den Monotheletenstreit als (bloßes) Wortgezänk bezeichnet hatte. Das IV. (8. ökumenische, vom 5. 10. 869 bis 28. 2. 870 zur Zeit der Päpste Nikolaus l. u. Hadrian II.) verurteilte den griech. Patriarchen Photios wegen des Schismas (vgl. DS 650-664, NR 328) u. wird von den getrennten Ostkirchen nicht mehr als ökumenisch anerkannt.

Konstanz.

Das 16. ökumenische Konzil, das vom 5. II. 1414 bis 22. 4. 1418 in K. tagte u. vor allem das abendländische Schisma beseitigen sollte (Verzicht Gregors XII., Absetzung Johannes› XXIII. u. Benedikts XIII., Wahl Martins V.), ist theol. bedeutsam durch die Verurteilung der Irrlehren des John Wielif (DS 1151-1195, NR 499 626 431f)u.desJanHus(DS 1201-1230, vgl. 1247-1279, NR 377-380, vgl. 562f 627ff 500 681 471) u. durch die Definition, daß unter einer eucharistischen Gestalt (unter der ↑Species des Brotes sowohl als unter der species des Weines) der ganze Christus mit Leib u. Blut enthalten ist (DS 1198ff, NR 561). Die Deutung der Lehre des Konzils (4. u. 5. Sitzung vor der Wahl Martins V.) über den Primat des Konzils auch über den Papst ist auch in der kath. Theologie noch umstritten.

Konsubstantiation

als kath. abgelehnter theol. Begriff bedeutet, daß bei der ↑Eucharistie zwar Leib u. Blut Jesu Christi wirklich gegenwärtigwerden, aber mit den ↑Substanzen des Brotes u. Weines koexistieren, so daß die Erfahrungswirklichkeiten von Brot u. Wein (die sicher gegeben bleiben nach der Konsekration) auch in einem absoluten Sinn noch Brot u. Wein u. nicht bloß deren ↑Species sind. Patristische u. mittelalterliche noch ungeklärte K.svorstellungen führten zur Ausbildung der kirchlichen Lehre von der /Transsubstantiation. Die K. wurde erneut die Auffassung Luthers (u. wurde im Tridentinum abgelehnt: DS 1652, NR 578) u. weitgehend auch des modernen Luthertums.

Kontingenz

bezeichnet (als philosophischer Begriff) die „Zufälligkeit» = Nichtnotwendigkeit eines wirklichen (existierenden) Seienden (die Unterscheidbarkeit u. Nichtnotwendigkeit der Einheit von ↑Wesen [Sosein] u. ↑Dasein). Diese K. erscheint in der in der Erfahrung der Freiheit u. der Veränderung gründenden Einsicht der transzendentalen Notwendigkeit, bestimmte Urteile („Dieses habe ich getan») als bloß assertorisch anzuerkennen. Was so von seinem Wesen her die Existenz nicht einschließt, verweist den Grund der gestehenden Einheit (in deren nicht selbstverständlichem Bestand, immer neuen Aufgegebenheit, Geheimnishaftigkeit usw.) von Dasein u. Wesen von sich weg (da jede Faktizität in einer Notwendigkeit gründet u. mit ihr nicht identisch sein kann, wie jedes assertorische Urteil ein apodiktisches impliziert u. dieses doch nicht ist) u. erscheint so schlechthin gesetzt u. getragen vom absoluten /Sem Gottes, ohne das es nicht ist u. ohne dessen (implizite) Bejahung es nicht bejaht werden kann. Dabei kann dieses Verhältnis (entsprechend der K. u. K.erfahrung) nur als frei von Gott gesetztes gedacht werden. Von daher ist K. das philosophische (in etwa depotenzierte) Gegenstück zu dem theol. Begriff der Geschaffenheit, insofern dieser die freie Gesetztheit des Kontingenten ausdrücklicher ergreift u. die „erste» schöpferische Wirkursache als identischweiß mit dem lebendigen Gott, dem der Mensch in der Heilsgeschichte konkret begegnet.

Kontritionismus

bedeutet entweder a) die theol. Auffassung der Frühscholastik, jede wirksame u. echte Reue (lat. damals contritio genannt) sei notwendig auch schon rechtfertigende / Liebe; der mit contritio zum ↑Bußsakrament tretende Sünder sei schon gerechtfertigt, die Lossprechung bewirke nur Nachlaß zeitlicher Sündenstrafen u. Versöhnung mit der Kirche. Diese Theorie wird in der Hochscholastik umgewandelt in eine Art von ↑Attritionismus: die ehrliche, aber noch nicht rechtfertigende attritio könne durch die Kraft des Bußsakramentes in der Absolution zur vollen contritio werden; die frühscholastische Theorie, die Lossprechung bewirke nicht Tilgung der Schuld, sondern zeige nur die schon geschehene Versöhnung an, die auch Luther vertrat, wurde auf diese Weise überwunden (auch vom Tridentinum: DS 1677 f, NR 651); – oder b) eine von Bajanismus, Jansenismus u.a. vertretene Auffassung, jede echte Reue müsse als ↑Motiv die schon vollkommene Liebe zu Gott haben (schon vor diesen Bewegungen in Trient verurteilt); – oder c) eine noch später vertretene Auffassung, zu jeder Reue aus ↑Gottesfurcht müsse beim Sakrament notwendig wenigstens eine anfängliche, schwache, aber nicht begehrliche Liebe zu Gott treten, auch wenn diese allein ohne Sakrament noch nicht rechtfertige. In dem dadurch entstandenen Streit zwischen Kontritionisten u. Attritionisten (die das Genügen der begehrlichen Liebe in der attritio zum Sakramentenempfang vertraten) verbot Alexander VII. 1667, sich gegenseitig mit theol. Zensuren zu belegen (DS 2070). Vgl. ↑Gottesfurcht.

Kontroverstheologie

ist die methodisch-systematische Reflexion der Theologie über die Lehren der nichtkatholischen christlichen Gemeinschaften, die es in diesem Sinne erst seit der Reformation gibt (wenn Anfänge zu einer K. auch schon in der ↑Patristik gegeben waren). Ihre Hilfswissenschaften sind Konfessionskunde u. Kirchengeschichte, die zusammen ein möglichst genaues Bild des Bestandes, Werdens u. Wesens der getrennten Gemeinschaften u. ihrer Lehre ergeben sollen. In der Entwicklung der K. traten drei Methoden zutage, die freilich geschichtlich nicht klar voneinander abgegrenzt sind: die Polemik (gekennzeichnet durch eine Aggressivität, die Schwächen eines Gegners aufzeigen will), die Irenik (das bewußte Aufgeben der Feindseligkeit, das bewußte Verstehenwollen des getrennten Bruders; mit der Gefahr eines relativistischen Irenismus: DS 3879f) u. die Symbolik (in der das Verstehenwollen u. Vergleichen mit dem Ziel der Einigung auf das bei allen Partnern dogmatisch Festgelegte, die Bekenntnisschriften = Symbola, beschränkt ist). Jene K., die sich bewußt auf die Gewinnung der Kircheneinheit einstellt, indem sie die schon bestehende Einheit in wesentlichen Glaubensfragen betont, das nichtdog matische Eigengut als die zu wahrende Eigenart jeder „Kirche» herausstellt u. positiv in die erstrebte Einheit einzubringen sucht, kann „Ökumenik» (Ökumenische Theologie) genannt werden.

Konvenienzargument

war in der mittelalterlichen Theologie u. ist bis heute eine Betrachtungsweise einer theol. Wirklichkeit, die deren „Angemessenheit» (gemessen an anderen geoffenbarten Tatsachen, an den Eigenschaften Gottes usw.) aufzeigt, ohne den Anspruch zu machen, auf diese Weise die notwendige Existenz dieser Wirklichkeit nachzuweisen. Wo die Existenz einer solchen Wirklichkeit schon feststeht, ist ein K. nichts anderes als die sinnvolle Vertiefung in das Wesen dieser Wirklichkeit u. in ihre Zusammenhänge mit anderen Wirklichkeiten u. ist so in der Theologie unerläßlich. Wo die Existenz noch nicht feststeht, kann ein K. als solches sie auch nicht erweisen. Doch ist zu beachten, daß auch (mit wenigstens moralischer Sicherheit) objektivzwingende Überlegungen auf andere den Eindruck eines bloßen K.es machen können. Dieser Umstand muß bei einer richtigen Beurteilung der ↑Dogmengeschichte beachtet werden.

Konvergenzargument

ist die Begründung eines Satzes durch den Nachweis, daß für ihn mehrere voneinander unabhängige Beobachtungen u. Überlegungen sprechen. Je nachdem die Konvergenz (= das Zusammenstreben) pluraler Anzeichen als solche (als logischer Sachverhalt) selbst schlechterdings nur dadurch erklärt werden kann, daß die Richtigkeit des behaupteten Satzes vorausgesetzt werden muß oder so nur am besten verständlich gemacht wird (wenn auch nicht jede Möglichkeit einer anderen Erklärung der Konvergenz positiv ausgeschlossen werden kann), erzeugt das K. Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit. Wenn von den möglichen Ansprüchen, die man an die Sicherheit einer Erkenntnis für das praktische Handeln sinnvoll stellen kann, deutlich wird, daß man entsprechend der (rein theoretisch gewertet) bloßen „Wahrscheinlichkeit» des durch ein K. erfaßten Satzes zu handeln absolut verpflichtetist, ist die theoretische Wahrscheinlichkeit identisch mit einer (indirekten) praktischen Sicherheit. Die Argumente der Apologetik u. ↑Fundamentaltheologie werden, bezogen auf die konkreten Erkenntnismöglichkeiten eines einzelnen Menschen (mit sehr endlicher Begabung, Vorbildung, Zeit usw.), den Charakter von K.en annehmen.

Konversionstheorie

heißt a) eine spekulative Erklärung des Opfercharakters der Messe: wenn das Wesen des /Opfers im allgemeinen darin gesehen wird, daß die Opfergabe in einen besseren Zustand versetzt (nicht zerstört) u. dadurch Gott übereignet wird, dann besteht das ↑Meßopfer formell in der ↑Transsubstantiation als solcher, insofern in dieser die irdische Opfergabe in den Leib u. das Blut Jesu Christi verwandelt u. so Gott übereignet wird; b) eine spekulative Erklärung der ↑Transsubstantiation selbst: der Leib Jesu Christi wird gegenwärtig durch die „Verwandlung» des Brotes als solche.

Konzil

1. Begriff. Konzilien (Synoden) sind Zusammenkünfte vor allem (aber theol. nicht notwendig nur) von Bischöfen, auf denen über kirchliche Angelegenheiten beraten, Beschlüsse gefaßt u. Vorschriften erlassen werden. In Partikular-(früher auch National-)Konzilien repräsentieren die Bischöfe jeweils ihre Ortskirche; kommt eine Repräsentation der Gesamtkirche rechtmäßig zustande (Einberufung durch den Papst, Leitung u. Bestätigung durch den Papst), so heißt diese Zusammenkunft ökumenisches K.

2. Theol. Problematik. Die ↑Bischöfe, die unter Leitung des Papstes u. zusammen mit ihm auf einem ökumenischen K. beraten u. Beschlüsse fassen, haben nach der kath. Lehre u. dem Kirchenrecht die höchste Gewalt in der Kirche (CIC can. 228, II. Vat., Kirche 22, Bisch. 4) u. sind in Dingen des Glaubens unfehlbar, wenn das K. feierlich definiert (II. Vat., Kirche 25; ↑Definition). Das gilt aber auch dort, wo sie zusammen das ordentliche ↑Lehramt in Aktion u. Erscheinung treten lassen. Sie bringen in beiden Fällen als Kollegium ihre Nachfolgerschaft des Apostelkollegiums zur Erscheinung. Sind die beiden letzteren Momente (das ordentliche Lehramt der Bischöfe u. ü’ee Kollegialität) auch ohne K. gegeben u. greifbar, so bietet ein ökumenisches K. doch die Möglichkeit, die Einheit der Kirche noch deutlicher darzustellen u. gleichzeitig den Pluralismus der Bischöfe u. ihrer Ortskirchen bewußter werden zu lassen. – Eine eigene theol. u. dogmengeschichtliche Problematik ergibt sich aus der Tatsache, daß heute 21 ökumenische Konzilien gezählt werden, von denen einige früher nicht als ökumenisch galten, u. daß anderseits in der Dogmatik Konzilien als verbindlich anerkannt werden, die bis heute nicht zu den ökumenischen gezählt werden. Ferner sind bei früheren Konzilien nicht alle (obengenannten) Bedingungen ihrer Rechtmäßigkeit erfüllt (fehlende Einberufung oder Bestätigung durch den Papst). Zu diesen Fragen ist zu sagen, daß sich auf einem K. das Selbstverständnis der Kirche einer bestimmten. Zeit repräsentiert, das im Maß der ↑Dogmenentwicklung u. der Rechtsgeschichte sich entfalten bzw. sich verändern kann. Für die Konzilien der heutigen Kirche ist aber nicht jenes mit historischen Methoden vielleicht feststellbare frühere Selbstverständnis verbindlich, sondern allein ihr heutiges entfalteteres Verständnis. Findet die Kirche ihr späteres Glaubensverständnis in einem früheren K., das z.B. nur vom Kaiser einberufen oder überhaupt nur eine Partikularsynode war, ausgesprochen vor, so hindert sie nichts daran, ein solches K. als ökumenisch, d.h. einem ökumenischen K. im heutigen Sinn gleichwertig, zu bezeichnen u. seine Verbindlichkeit auch für heute anzunehmen. Natürlich ist ein altes K., wenn es sicher die Gesamtkirche in einer dem damaligen Stand des Kirchenrechts entsprechenden Form vertrat u. sicher eine die Gesamtkirclae in absoluter Form verpflichten wollende Lehre erließ, von Anfang an unfehlbar. Ob allerdings ein früheres K. unfehlbare Entscheidungen treffen wollte, das ist oft nur aus den Quellen (Konzilsakten) u. den allgemeinen Absichten jenes K.s u. der Auffassung der damaligen Zeit zu erschließen. So wird z.B. die von einem K. vorgetragene Schriftexegese nur dann verbindliche Auslegung sein, wenn das K. die Absicht hatte, ausdrücklich über diese Auslegung zu entscheiden. – Die bisherigen 21 ökumenischen Konzilienwaren: ↑Nikaia (2), ↑Konstantinopel (4), ↑Ephesos, ↑Chalkedon, ↑Lateran (5), ↑Lyon (2), ↑Vienne, ↑Konstanz, ↑Basel-Ferrara↑Florenz, ↑Tridentinum, ↑Vaticanum I, ↑Vaticanum II.

Konziliarismus

heißt eine in vielfachen Ausprägungen von Kanonisten des 12. u. 13. Jh. ausgehende Theorie, nach der ein ökumenisches Konzil die Oberhoheit über den Papst habe. Entstanden die früheren Formen des K., die im allgemeinen Konzil weniger die Versammlung autonomer Bischöfe als die Repräsentation der Gesamtkirche sahen, mehr aus theol. Gründen (Entscheidung in Glaubensfragen, Beseitigung von Schismen u. Gegenpäpsten, übrige Reform der Kirche) (bekanntester Vertreter: Marsilius von Padua t ca. 1343), so sind die späteren Formen durch das Bestrebengekennzeichnet, die Stellung der einzelnen Bischöfe oder ihrer Kirchen hervorzukehren, oft von den einzelnen Nationen u. ihren Herrschern aus politischen Gründen gefördert (Gallikanismus). Der K. wurde kirchlich endgültig auf dem l. Vaticanum verurteilt (↑Papst). Er übersieht, daß ein Konzil die immergegebene Struktur der Kirche widerspiegeln muß. In dieser aber ist das Apostel-(Bischofs-)Kollegium nur gegeben mit u. unter seinem Haupt (Petrus-Papst) u. bildet mit diesem zusammen (nicht neben ihm u. gegen ihn) das Führungskollegium der Kirche.

Krankensalbung

ist der sakramentale Akt der Kirche im Kranken u. am Kranken, in dem die Kirche als die den Tod, sein Andringen u. seine Finsternis in eschatologischer Hoffnung überwindende erscheint. Die K. soll nach dem II. Vat. besser nicht „Letzte Ölung» genannt werden, da sie nicht nur das Sakrament derer ist, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden (Lit. 73, vgl. Kirche 11). Es ist nach der röm. Konstitution über die K. von 1972 für jene bestimmt, deren Gesundheitszustand bedrohlich angegriffen ist, u. für die, die. sich in Lebensgefahr befinden.

I. Gemäß der Tradition wird die biblische Begründung der K. in Jak 5, 14 ff gesehen, wonach die Vorsteher der Gemeinde über den Kranken beten, ihn mit Öl salben (gemäß der alten Verknüpfung von Heilungshoffnung mit Salbung), den Namen des Herrn anrufen sollen; die Wirkung der K. ist Sündenvergebung; damit man Heilung finde, soll man einander die Sünden bekennen u. füreinander beten. Die hier ausgesprochene, dem Amt gegebene Vollmacht zur Sündenvergebung kann nur von Gott verliehen sein, u. so trägt die ganze Handlung die Wesenseigentümlichkeiten eines ↑Sakramentes an sich. Wenn die Kirche als ,,Ursakrament» betrachtet wird, deren grundlegende Wesensvollzüge auf das Heil des einzelnen Menschen hin in dessen entscheidenden Situationen notwendig ↑opus operatum, Sakrament, sind, dann ist die Stiftung dieses Sakramentes durch Jesus gegeben, auch ohne daß ein ausdrückliches Wort Jesu dafür notwendig postuliert werden müßte.

II. Die Glaubenslehre wurde auf dem ↑Tridentinum gegen die Reformatoren definiert (DS 1694-1697 1716-1719, NR 696-699 700-703). Danach ist die K. einwahres Sakrament, von Jesus Christus eingesetzt, von Jakobus verkündet. Empfangen sollen es Schwerkranke, die den Vernunftgebrauch haben oder hatten .eine Wiederholung während derselben Krankheit ist (wenigstens ohne neue Todesnot) nicht gestattet. Spender ist der Priester (in der Ostkirche mehrere). Materie ist vom Bischof geweihtes Olivenöl u. die Salbung der Sinne (im Notfall eine), Form im lat. Ritus sind die (wesentlichen) sakramentalen Worte.

III. Theologie. Als Sakrament der Sterbenden im strengen Sinn des Wortes wurde die K. erst vom 9. Jh. ab (die älteste Tradition: Weihe des Krankenöles 215 n.Chr. bei Hippolyt) gewertet, doch ist die ↑Krankheit in der Theologie immer schon auch als leibliche Erscheinung der Todesverfallenheit gesehen worden. In-dieser Situation ist das eräte u. notwendige Sakrament die ↑Eucharistie, aber es ist sinnvoll, daß ein Stück der Wirklichkeit, die in diesem Sakrament gegeben ist, in einem anderen noch deutlicher zur Erscheinung kommt, in der K., die, weil sie deutlicher bezeichnet, auch vertiefter u. vermehrter mitbringt, was gerade sie besonders bezeichnet. Die Kirche nennt die K. auch die Vollendung des ↑Bußsakramentes (DS 1694, NR 696). Aus beidem darf man schließen, daß die Wirkung der K. die Einformung der Krankheit des Empfängers in den Sieg Jesu Christi ist, der Krankheit u. Tod, insofern sie Folgen u. Ausdruck der Sünde sind, überwunden hat. Damit ist bei richtiger ↑Disposition des Kranken seine Krankheit zu einer Heilssituation geworden, die den Kranken (gleichgültig wie sie endet) zum Heil führen wird. Da wie bei jedem Sakrament die Wirkung von der Disposition abhängt, ist die Bedeutung des rechtzeitigen Empfangs der K. u. des mutigen u. ermutigenden Zuspruchs des Priesters ohne weiteres deutlich. Aber die K. hat auch u. wesentlich wie jedes Sakrament einen ekklesiologischen Aspekt. Im Kranken selbst, der als wollendes Subjekt in einem glaubenden Ja diese Salbung an sich geschehen läßt (kleine Kinder sind nicht Empfänger dieses Sakramentes), insofern er getauftes Glied der Kirche ist, u. in der Handlung der Kirche, die sich zur andrängenden Todesnot ihres Gliedes ohne Verzweiflung bekennt u. sich mit ihr solidarisch erklärt, geschieht der Selbstvollzug der Kirche als derjenigen, die da, wo es in der Welt Nacht wird, die Lampe des Glaubens erhebt u. dem Bräutigam entgegengeht.

Krankheit.

Die Glaubenslehre definiert die K. nicht, sondern verweist auf deren Erfahrung, indem sie sie theologisch interpretiert, d.h. mit Gott u. dem Heil des Menschen in Beziehung setzt. So ist die K. als einer der Vorgänge, die den Menschen seiner eigenen Verfügung entziehen : konkrete, aber zweideutige Erscheinung seiner Kreatürlichkeit (als Daseinsbedrohtheit u. Verwiesenheit auf ↑Gott), seiner Sündigkeit (wie die ↑Begierde: Erbsünde), des Andringens des ↑Todes (als ↑Leiden u. als Tat), des unaufhebbaren u. nie endgültig verrechenbaren Dualismus in der Selbstgegebenheit des Menschen als Leidender u. Täter. Der kranke Mensch ist in seiner Bedrohtheit gefragt, ob er in einer Selbstaufgabe nach unten sich als bloßes Moment eines unschuldig harmlosen Rhythmus der Natur (die Tod gibt, um mehr Leben zu haben) verstehen will (was er nicht ist u. nicht sein kann) oder ungläubig gegen sein Dasein als sinnlos protestiert oder es klagend, glaubend u. hoffend als die Frage (explizit oder implizit) annimmt, die nicht er autonom zu beantworten hat, sondern die Gott im Tod Jesu Christi schon beantwortet hat. Der Christ, der die K. bei anderen erfährt u. sich am Beispiel Jesu orientiert, wird die K. nie als Strafe für die Sünde interpretieren u. dem Kranken, mit dem sich Jesus identifiziert hat (Mt 25,36.43), in seiner Not u. Isoliertheit nicht mit frommem Zuspruch allein helfen.

Kreatianismus

ist im Unterschied zum ↑Generatianismus (/Traduzianismus) die kirchenamtliche Lehre, daß Gott jede einzelne ↑Seele aus dem Nichts erschafft (↑Schöpfung) u. in eins damit mit den in der Zeugung vereinigten elterlichen Zellen zur Einheit des Menschen verbindet (DS 1440f 2015 2017 3896, NR 331f). Die Seele existiert nicht vor ihrer substantiellen Einheit mit dem Leib (DS 403 456, NR 325 f, gegen den ↑Präexistentianismus u. gegen die Theorie einer Seelenwanderung). Überwiegend wird in der kath. Theologie angenommen, daß die Beseelung im Augenblick der Vereinigung der elterlichen Zellen eintrete (nicht erst mit der Geburt: DS 2131; u. nicht beim ersten intellektuellen Akt: DS 3220). Der K. leugnet nicht, daß die Eltern in wahrem u. eigentlichem Sinn die Ursache des neuen Menschen sind, aber er besagt auch, daß alles wirkliche Neuwerden einer geistigen, freien Person die kreatürliche Ursache überbieten muß, durch die hindurch Gott wirkt. Die Vereinbarkeit von wirklicher Zeugung des Leibes und der Seele eines Menschen durch seine Eltern mit der im K. gelehrten Erschaffung der Seele durch Gott läßt sich durch den Begriff der Selbsttranszendenz verdeuiiiehen (↑Erschaffung des Menschen). Mit dem K. ist auch nicht geleugnet, daß die Dynamik des absoluten Seins Gottes ..in» dieser Ursache bleibt u. so das Entstehen des neuen Menschen trotz des Schöpfungsaktes ein wahrhaft natürliches Geschehen bleibt ohne Rücksicht darauf, welche sittliche Qualität der elterliche Zeugungsakt hat.

Kreatur

ist alles, was durch ↑Schöpfung existiert, also alles, was seinen Sinn über sich hat, endlich ist, bedroht, offen auf Gott u. in seiner Verfügung (↑Potentia oboedientialis), die das Kreatürliche zur Selbstüberschreitung in der gnadengewirkten Annahme der göttlichen Selbstmitteilung ermächtigt (↑Natur und Gnade).

Kreuz

bedeutet zunächst das in der römischen Antike gebräuchliche Hinrichtungsinstrument (oder -art) für gemeine Schwerverbrecher (der damalige „Galgen»). Da Jesus durch den Kreuzes-↑Tod die Erlösung der Menschheit bewirkte, steht das K. auch für die glaubende Übernahme des Todes Jesu, die in der /Taufe sakramental grundgelegt wird (Röm 6,3), in der ↑Nachfolge Jesu des Gekreuzigten im Leben sich auswirkt u. im eigenen Tod als Mitsterben mit Jesus Christus (Röm 6,8) vollendet wird (↑Erlösung). Die Theologie des K.es ist bleibendes Merkmal der Theologie Luthers, die Gott nirgendwo anders als im gekreuzigten Christus suchen will. Auch nach kath. Auffassung ist aller christliche Daseinsvollzug vom K. Jesu bestimmt, somit auch die Theologie, die ihre positiven Aussagen „sterbend» übereignen muß in das je größere, unumfaßbare ↑Geheimnis Gottes. – Das K. darf nicht eingesetzt werden, um ein aktives Verständnis der Nachfolge Jesu im Engagement für Leidende u. Unterdrückte zu lahmen u. zu beschwiehtigen.

Kult

kann definiert werden als der Gott in heiligen Zeichen u. in innerer Haltung ausdrücklich geleistete Dienst der ↑Anbetung, des Lobes, der Danksagung u. der Gottes höchste Macht anerkennenden Bitte (um Vergebung, Heil u. irdisches Wohlergehen). Er ist, weil Antwort auf Gottes Heilstat an uns, im AT ebenso wie in der ↑Kirche – u. im strikten Unterschied zu allgemein religiösen Parallelen – wesentlich ↑Anamnese in deren bleibenden Grundgestalten (↑Pascha, ↑Eucharistie, ↑Gebet, ↑Opfer) u. Bekenntnis der eschatologischen Hoffnung, während seine peripheren Formen wechseln können. Der Selbstvollzug der Kirche besteht nicht nur im K., sondern in der aus Erinnerung u. produktiver Hoffnung erwachsenden menschlichchristlichen Praxis. Die K.kritik der Propheten des AT ist auch im NT für den K. der Kirche relevant. K. im strengen Sinn des Wortes kann nur Gott erwiesen werden u. begreift immer ↑Anbetung in sich. In einem ganz erweiterten Sinn wird von einem kath. Heiligenkult gesprochen; abgesehen davon, daß dieser besser ↑Heiligenverehrung im Sinn einer begrifflichen Klärung genannt würde, ist auch bei ihm wie beim K. im strengen Sinn das letzte Ziel des K.es die ↑Ehre Gottes. – ↑Liturgie.

Kultur

Mit K. bezeichnet man sowohl die Gestaltung des Menschen selbst wie die seiner (Um-)Welt durch den Menschen selbst in seiner geistigen Erkenntnis u. Freiheit. Weil u. insofern der Mensch notwendig immer als verleiblichtes (sich in seiner Leiblichkeit u. deren Umwelt objektivierendes) u. sich frei vollzogen habendes personales Seiendes existiert, kann er nie ohne K. sein, u. diese ist daher grundsätzlich auch seine Aufgabe (Gn 1,28), in deren Erfüllung er auch sein Verhältnis zu Gott realisiert. Christliches Dasein kann daher nie grundsätzlich kulturfeindlich oder schlechthin kulturlos sein wollen. Die wirkliche „Natürlichkeit» des Menschen ist seine richtige, d.h. die seinem u. der Welt Wesen gemäße, auf das Geheimnis u. die Verfügung Gottes hin offengehaltene K. Diese K. aber ist in ihrer Kreatürlichkeit bleibend bestimmt durch alle Existentialien des Menschen: Endlichkeit, Bedrohtheit, Sündigkeit, Zweideutigkeit, Offenheit in das Unberechenbare, Erlösungsbedürftigkeit u. Erlöstheit. Sie ist nicht das ↑Reich Gottes, nicht (als Tat von unten) schon die Gnade selbst, aber das objektivierende u. vermittelnde Material, an dem der Mensch (implizit oder explizit) die Glaubenstat der Annahme der gnadenhaften Selbstmitteilung Gottes von oben her vollzieht. Insofern ↑Religion Tun des Menschen ist, ist sie auch ein Stück seiner K. u. von dieser mitbedingt u. differenziert. Insofern Religion die Tat Gottes am Menschen ist, überbietet sie wesentlich alle K.leistung des Menschen. Nach dem II. Vat. ist die Kirche an keine besondere Form menschlicher K. gebunden (Kirche/Welt 42); sie anerkennt den Pluralismus heutiger neuer K.formen (ebd. 53 f) u. fühlt sich imstande, mit verschiedenen K.formen eine Einheit einzugehen (ebd. 58). Die Kirche plädiert entschieden für einen genügenden Freiheitsraum u. für eine legitime Autonomie der K. (ebd. 59) sowie für die Realisierung des Rechtes aller Menschen auf menschliche u. mitmenschliche K. (ebd. 60). Von den Christen wird erwartet, daß sie die Geistes-K. ihrer Mitmenschen „vollkommen verstehen» u. daß ihre Frömmigkeit u. Rechtschaffenheit mit ihrer Bildung u. ihrem Wissen Schritt halten (ebd. 62). Damit hat das II. Vat. Anstöße für Katholiken gegeben, sich kritisch-solidarisch partizipierend zu wirklich humanistischer Profan-K. zu verhalten u. einer K.kampfmentalität abzusagen.

Kyrios

(griech. = Herr, Gebieter) ist zunächst in der griech. Übersetzung des AT der Begriff für ↑Jahwe (da dieser Name nicht ausgesprochen werden durfte). Im NT ist er im Mund der Urkirche der rühmende u. anbetende Name schlechthin für ↑Jesus Christus (schon aramäisch bezeugt l Kor 16,22). Mit K. sprach die Kirche Jesus den Gottesnamen selbst zu, ein Bekenntnis, das nur „im Heiligen Geist» möglich ist (l Kor 12,3). An diesem Bekenntnis zur Gottheit Jesu entzündete sich der Widerspruch, den die Kirche sowohl von Seiten der Synagoge als von Seiten der heidnischen Kaiser erfahren mußte.

L

Laie

(griech. laikos == zum Volk gehörig) als theol. Begriff besagt zunächst (aber nur vorläufig) einen, der nicht zu den Trägern der hoheitlichen Gewalt oder der vollen sakramentalen Gewalten in der Kirche (also nicht zum „Klerus») gehört (auch das II. Vat. definierte die L.n „negativ» als jene Christgläubigen, die nicht Glieder des Weihe- oder Ordensstandes sind: Kirche 31). Biblisch ist diese Unterscheidung getroffen in der Scheidung zwischen Herde u. Hirt (Apg 20,28.31; l Petr 5,3), zwischen Bau u. Erbauer (l Kor 3, 5-9; 2 Kor 3,4ff), in der frühen Kirche deutlich bei Klemens v. Alexandrien, Tertullian, Origenes, Cyprian. Damit ist aber nicht gesagt, daß ein ..Laie» in der Kirche bloßes Objekt der Kirche u. ihrer Lehr-, Leitungs u. Heiligungsvollmacht sei oder der Träger der unheiligen Umwelt, in der sich der Klerus als Kirche vollzieht, wie dies bis heute in klerikalistischen Auffassungen mitschwingt. Dies schon darum nicht, weil ja jedes Glied der Kirche, also auch jeder „Kleriker» (bis zum Papst hinauf), immer auch Empfänger der Sakramente, Mitglied der hörenden Kirche bleibt. Ebenso biblisch ist: alle Brüder in Jesus Christus sind zum Erbe der Sohnschaft berufen, bilden das heilige Haus Gottes u. sein heiliges Eigentumsvolk (l Petr 2, 5.9f; l Kor 3,16f; Eph 2, 19-22; Hebr 10,21f u.ö.). L. besagt darum positiv: der Getaufte (u. somit grundsätzlich Geheiligte u. mit dem Leben Gottes selbst Begnadigte), der Glied (nicht bloß Objekt) der Kirche ist, darum eine aktive Funktion u. Verantwortung hat, zum heiligen ↑Volk Gottes gehört (l Petr 2, 10), die Gnade Gottes in Jesus Christus als siegreiche Erlösung der Welt u. aller Menschen durch sein Leben (u. darin auch durch sein Wort) bezeugen muß, teilhat an der Aufgabe der Kirche, die innerweltliche Bestimmung der Menschen in allen Bereichen des menschlichen Daseins (Kultur u. Geschichte) in die Erwartung u. Annahme des Reiches Gottes bewahrend u. überhöhend ..aufzuheben», das Opfer der Kirche als Glied am Gesamtsubjekt der ↑Eucharistie mitzufeiern, den ihm aus den konkreten Umständen heraus zufallenden Teil der Gesamtaufgabe selbst u. in der missionarischen Sendung der Kirche nach außen zu übernehmen. Auch der L. ist in unmittelbarer Sendung von Gott her möglicher Träger von ↑Charismen, durch die Gott seine Kirche begnadigt u. lenkt, so sehr auch der L. dienstbereit sein Charisma dem Gesamtleben der Kirche einfügt u. der ..Unterscheidung der Geister» durch das höhere u. umfassendere (Amts- u. freie) Charisma der Gesamtkirche unterstellt. In der kirchlichen Praxis sind die Konsequenzen aus dem theol. Sachverhalt, der strukturelle Integration der L.n in die wesentlichen Vollzüge des kirchlichen Lebens verlangt, noch nicht genügend gezogen. Das primäre Aufgabengebiet des eigentlichen L.n ist das weltliche Engagement, innerhalb dessen der L. Rechenschaft über seinen Glauben u. seine Hoffnung in der Praxis gibt u. so deutlich macht, daß der sachgerechte u. christliche Vollzug der irdischen Geschichte u. ihrer Strukturen (Ehe, Arbeit, Beruf) für das Heil der Welt bedeutsam ist, weil hier jene Gestalt des Einzelnen u. des Kosmos gewirkt wird, die endgültig bei Gott sein soll (↑Basileia). -Das II. Vat. versuchte (in Kirche 30-38 u.ö.), im voraus zur Unterscheidung zwischen Klerus u. L.n die Einheit aller Glieder der Kirche auf Grund der gemeinsamen Berufung, der Teilhabe am dreifachen Amt Christi deutlich auszusagen. Durch Taufe u. Firmung (u. nicht durch hierarchischen Auftrag) werden alle berufen, an der Heilssendung der Kirche teilzunehmen; dabei sind alle aufeinander angewiesen. Den L.n ist, wie das II. Vat.- unterscheidend sagt, der „Weltcharakter» in besonderer Weise eigen; wie das konkret realisiert wird, überläßt das Konzil den L.n (die Seelsorger sind in den ..weltlichen» Aufgaben u. Tätigkeiten nicht kompetent u. haben dazu keine Sendung: Kirche/Welt 43). Das theol. Problem des Verhältnisses von ↑Kirche u. ↑Welt soll nach dem II. Vat. jedoch nicht im Sinne eines ↑Dualismus gelöst werden, der auch zur Folge hätte, daß die Kirche in Seelenhirten u. Weltfunktionäre zerfiele, denn grundlegend für die Ekklesiologie des II. Vat. ist die Aussage, daß die Kirche – als ganze – „Sakrament, d.h. Zeichen u. Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott u. für die Einheit der ganzen Menschheit» ist (Kirche l).

Laientheologie

bezeichnet die Theologie, insofern sie in der Kirche schon immer, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, von ↑Laien studiert u. für Laien dargelegt wurde. Die Notwendigkeit einer solchen L. ist nicht durch aktuellen Notstand (d. h. Priestermangel) allein gegeben; sie ergibt sich vielmehr aus der grundsätzlichen, faktisch aber nicht genügend realisierten Gleichheit aller Christen gegenüber der ↑Theologie, die als solche im Christentum nicht die Sache einiger Privilegierter sein darf. Die theol. Reflexion durch Laien garantiert der theol. Forschung eine größere „Verbindung mit der eigenen Zeit»; aus diesem Grund wünschte das II. Vat. eine erhebliche Vermehrung der Zahl von Laientheologen mit dem Hauptstudium der Theologie (Kirche/Welt 62). Der Laientheologe ist nicht unabhängig vom kirchlichen ↑Lehramt, auch dann, wenn er nicht im zahlenmäßig beschränkten akademischen Bereich, sondern als Religionslehrer, Pastoralassistent. usw. arbeitet: wenn amtlicher Teilhaber an der einen Sendung der Kirche, unterstellt er sich theol. u. beruflich dem ihn konkret sendenden Amtsträger.

Laster

bezeichnet in fachtheol. Sprache jene Art des ↑Habitus (operativus), aus dem dauernd u. gleichmäßig sittlich schlechte Akte entspringen. Entsprechend der scholastischen Philosophie des Habitus wird das L. durch beständige Wiederholung erworben; L. ist also der Gegenbegriff zu ↑Tugend. Da auch dem L. eine ↑Disposition zugrunde liegt, die nicht unbedingt durch schuldhafte Akte gebildet sein muß, ist zur Beurteilung der Minderung der Verantwortlichkeit wegen der Schwächung des Willens durch eine üble Gewohnheit sehr häufig die Tiefenpsychologie zuständig. Analog zu aristotelischen ↑Kardinaltugenden wurden auch Kataloge von Haupt-L.n aufgestellt, deren Einfluß (auf dem Weg über die stoische Popularphilosophie) auf ntl. Lasterkataloge unbezweifelbar ist, wenn auch die L.namen genuin jüdischer Tradition entnommen sind (z. B. Unzucht oder Götzendienst als bildhafter Ausdruck für ..heidnisches Verhalten»). Bei manchen solcher Lasterkataloge schließt Paulus mit der Wendung, die (selbstverständlich bewußten u. verantwortlichen) Täter solcher Dinge würden die ↑Basileia nicht erben. Hier liegt der bibeltheol. Grund für die Unterscheidung zwischen schweren u. läßlichen Sünden. Diese Verurteilung ist mit der christlichen Lehre von der ↑Reue zusammenzusehen u. mit der Überzeugung schon der frühesten Kirche, daß grundsätzlich für alle bereuten Sünden die Möglichkeit der Vergebung bestehe.

Laterankonsilien

Von den im römischen Lateran abgehaltenen Konzilien (l.: 1123; II.: 1139; III.: 1179; IV.: 1215; V.: 1512-17) sind theol.bedeutsamdasIV.(12.ökumenische,vomll.bis30. II. 1215 unter Innozenz III.), das gegen die Albigenser, Abt Joachim v. Fiore u.a. die rechtgläubige Lehre von der ↑Dreifaltigkeit, ↑Jesus Christus u. den Sakramenten der Eucharistie (↑Transsubstantiation), Taufe u. Buße definierte (DS 800-808, NR 918ff 280) u. das Kirchengebot der österlichen Beicht u. Kommunion aufstellte (DS 812f), u. das V. (18. ökumenische, vom 10. 5. 1512 bis 16. 3. 1517 unter Julius II. u. Leo X.), das gegen neuaristotelische Ansichten die Unsterblichkeit u. Individualität der einzelnen ↑Seele definierte (DS 1440f, NR 331). Von den nichtallgemeinen im Lateran abgehaltenen Synoden sind wichtig die von 313 (gegen den ↑Donatismus) u. die von 649 (gegen den ↑Monotheletismus; DS 501-522, NR 193-208 84).

Leben

bezeichnet philosophisch eine analoge, sich auf den einzelnen Stufen der Gesamtwirklichkeit in ]e höherem Maß verwirklichende Seinsweise (naturwissenschaftlich ist L. an das Protoplasma als höchster bekannter Organisationsform von ↑Materie gebunden). Es besagt zunächst aus der Erfahrung des leibhaft Lebendigen die geordnete Einheit einer pluralen Wirklichkeit, die sich als eine in der realen Vielzahl ihrer Teile u. Momente räumlich u. zeitlich gegenüber einer Umwelt in Selbstbewegung u. Selbstgestaltung zusammenhält u. durchhält, so daß sie den Ursprung ihrer Bewegung und Bewegungsrichtung in sich selbst hat, darum nicht nur abhängige Funktion der Umwelt ist, das Ganze immer mehr ist als die Summe der Teile u. ihrer gegenseitigen Einwirkungen. Wenn so das Lebendige sich selbst als Aufgabe in der Entfaltung u. Bewahrung seiner Raum-Zeit-Gestalt aus seinem eigenen Grund heraus hat, so ist es (wo es sich richtig versteht u. verstanden wird) gerade so weiter offen als das Tote (ein Grenzbegriff!) für seine Umwelt in „Erwartung», im Empfang u. in wesenseigener Verarbeitung der Eindrücke von außen, in Indienststellung des eigenen, so erst möglichen Wesensvollzugs für andere, in wachsender Einbeziehung der Umwelt in den Bereich des eigenen Seinsu.inwachsender Auskehrindiese Umwelt. Theologisch wird zunächst dieses bedrohte „Wunder» des L.s als Gabe von Gott her gesehen, weil im L. die Kontingenz u. Kreatürlichkeit deutlicher als im Toten erlebt wird. Das Leben erscheint als im wesentlich höheren Grade verwirklicht im Wesensvollzug des personalen Geistes: der wissende, freie Selbstbesitz bedeutet als Geschichte, Selbstverantwortung u. endgültige Selbstverwirklichung u. als Transzendenz auf das abso lute Geheimnis Gottes, durch die die Umwelt Welt u. personale Mitwelt wird (u. so Reich Gottes werden kann), in eminentem Sinn Leben. Von da aus wird endlich analog bzw. metaphorisch Gott selbst als das L. schlechthin u. als der stets neu schöpferische Urgrund allen L.s, als der ..lebendige Gott» einfachhin erfaßt: er ist nicht un-wirklich wie die toten Götzen, er kann in absoluter Souveränität u. freier Unabhängigkeit handeln, als Schöpfer ist seine Welt in absoluter Unterschiedenheit u. Nähe zugleich vor ihm u. in ihm (Gn 2, 7; PS 36,10; Apg 17, 24-28), er ist das restlose Beisichselbersein in erschöpfender Erkenntnis u. Liebe seines eigenen unerschöpflichen, weil unendlichen Seins (↑Dreifaltigkeit), das nur von ihm selbst herkommt u. so gerade in selbstloser Mitteilung alles andpre erkennt u. liebt. Die radikale Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus bedeutet darum das L. im eminenten Sinn, das „jetzt» freilich noch in Gestalt des Mitsterbens mit Christus gelebt werdenmuß (Röm 6,3f; Gal 2,20; 2 Kor 6,9; Kol 2, 12) u. so „verborgen mit Christus in Gott» (Kol 3,4) ist. Da aber „nicht mehr ich lebe, sondern Christus in mir lebt» (Gal 2,20), hat der Christ teil am L. des Auferstandenen im ↑Pneuma (Röm 5-6; 2-Kor 5;Jo 3, 15f; 5,24; 6,40 u.ö.), das sich immer lebendigerentfalten wird zur Herrlichkeit des ewigen L.s (Röm 5,17; 6,5.22; 2 Kor 2, 16; Jo 14,2f; 17, 24.26). Da das „ewige L.» im irdischen L. beginnt, antizipiert wird u. erfahrbar werden soll, haben auch, theol. gesehen, alle Menschen ein Recht auf authentisches Leben.

Lehramt

bezeichnet die der ↑Kirche (als hierarchisch verfaßter u. mit einer Sendung zur Bezeugung Jesu Christi begabter, eschatologisch endgültiger Gemeinde der an Jesus Christus Glaubenden) notwendig innewohnende, aktive u. Gehorsam fordernde, rechtlich gefaßte Befähigung der Weiterbezeugung der Gott selbst mitteilenden Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus. Weil die Kirche die Greifbarkeit der endgültigen, weil im Gott-Menschen sich ereignenden Selbstoffenbarung Gottes ist, kann sie als ganze nicht aus der eschatologischen Gnade, also auch der Wahrheit als Gnade, herausfallen. Das Christusereignis bezeugt sich glaubensfordernd selbst u. begründet damit auch die „Autorität“ der Zeugen, aber es bezeugt sich im Munde der rechtmäßig gesandten Zeugen selber in der damit gegebenen Autorität (Lk 10, 16; Mt 28, 19 f), die von einem Zeugen zum anderen in geschichtlicher Kontinuität rechtlicher Art weitergegeben wird (↑Tradition, ↑Suecessio apostolica). Erster u. totaler Träger dieses Wortes des Zeugnisses, das das Christusereignis zum geschichtlich gegenwärtigen für alle Zeiten macht, ist die Gemeinde der an Jesus Christus Glaubenden, die Kirche als solche u. ganze. Das aber bedeutet: dort, wo u. wenn die Kirche als ganze ihren Glauben mit einer absoluten Glaubensforderung bezeugt, kann sie nicht die Wahrheit Christi nicht bezeugen. Die Kirche als ganze kann aber entsprechend ihrer heutigen konkreten Verfassung mit einer absoluten Glaubensforderung die Wahrheit Christi in einer doppelt-einen Weise bezeugen: in der Einheit ihrer lehrenden Zeugenschaft, im Gesamtepiskopat, der als ganzer in seiner Einheit die legitime Nachfolgeschaft des Apostelkollegiums innehat (↑Bischof), u. dementsprechend auch in der personalen u. handlungsfähigen Spitze dieses Kollegiums, im römischen Bischof, dem ↑Papst. Die letzte Eigenart der Lehrautorität von Papst u. Bischöfen ist nur vom eschatologischen Wesen der Kirche her verständlich zu machen. Die Träger der Lehre empfangen zwar ihre Vollmacht nicht durch eine Bestellung von seiten der Glieder der Kirche, aber ihre Autorität u. deren „Unfehlbarkeit“ ist nur denkbar innerhalb dieser eschatologischen Glaubensgemeinschaft u. ist ein Moment an der Realisation desjenigen Willens Gottes in Jesus Christus, durch den die heilschaffende Wahrheit des Christusereignisses in der Welt geschichtlich präsent bleibt. Das so verstandene L. ersetzt nicht das Walten des Geistes, sondern bleibt ihm u. seiner Führung Untertan. Nach dem Selbstverständnis des kath. L. eignet die lehramtliche Vollmacht dem Gesamtepiskopat (DS 3020 3050ff 3061; vgl. 125f 686 1247-1271 1477-1480 1520 3000 3011 u.ö., NR 44 436f 446; vgl. 155f 562f 627f 500 629 680f 471 97 u.ö.; II. Vat., Kirche 21-25 u.ö.), insofern er unter sich u. mit dem römischen Bischof als seinem Haupt eins ist, u. dem römischen Bischof (DS 3073 f, NR 454), insofern er autoritatives Haupt (nicht bloß vom Kollegium selbst sekundär abgeleitetes Repräsentationsorgan eines auch ohne ihn fertig konstituierten Kollegiums) dieses Kollegiums ist. Die autoritativ leitende Repräsentanz der Gesamtkirche (Papst u. Episkopat) kann als „ordentliches Lehramt“ wirken (in verschiedenen Graden der Verbindlichkeit der Lehre), in dem ordentlichen Vollzug des ↑Kerygma u. der Lenkung u. Überwachung der Theologie. Wenn dieses Kerygma etwas als von Gott geoffenbart mit einer absoluten Glaubensforderung in der ganzen Kirche vorträgt, dann muß dieses Kerygma absolut durch den Geist Gottes vor dem Irrtum bewahrt sein; in diesem Fall ist das Lehramt also unfehlbar (DS 2879 3011, NR 435 97, II. Vat., Kirche 25). Dasselbe gilt, wenn in einem Akt des außerordentlichen Lehramtes (besser: in einem außergewöhnlichen Akt des einen, normalen [u. so ordentlichen] Lehramtes) der Papst (DGL: DS 3073 f, NR 454, II. Vat., Kirche 25) oder ein allgemeines ↑Konzil (DS 1478 f 2923, II. Vat., Kirche 25) eine feierliche ↑Definition erlassen, d.h. in Berufung auf ihre höchste Lehrautorität u. die durch den ↑Heiligen Geist der Kirche erwirkte Bewahrung der göttlichen Offenbarung in der Kirche zu einem bestimmten Satz als einem von Gott geoffenbarten eine absolute Glaubenszustimmung von der ganzen Kirche fordern (↑Unfehlbarkeit). Die definitiven Entscheidungen des L. sind einerseits irreformabel, andererseits der Geschichtlichkeit menschlicher Wahrheitserkenntnis, mitlaufenden Mißverständnissen, einer Veränderung der Sprache usw. unterworfen. Nach „rückwärts» kann ein ↑Dogma in seinem eigentlich gemeinten Sinn u. Inhalt nie als Irrtum verworfen werden; nach „vorn» ist es immer „reformabel“, d.h. neu u. besser aussagbar. Bei nicht definierten, aber authentischen (verbindlieh vorgetragenen) Lehräußerungen können der kirchlichen Lehrautorität Irrtümer unterlaufen u. sind ihr faktisch Irrtiimer unterlaufen. Die kirchliche Lehrautorität hat faktisch auch nicht selten zur vermeintlichen Wahrung der eigentlichen u. letzten Glaubenssubstanz unangemessen hart u. ungerecht, d. h, unmoralisch, gehandelt. Im voraus zu Lehrentscheidungen u. Weisungen sind alle Träger des L.es sittlich verpflichtet, ihre Informationspflicht bestmöglich zu erfüllen. Da sich das L. nicht bloß um sachliche Richtigkeit, sondern um möglichst große Effizienz seiner Entscheidungen in der Kirche bemühen muß, hat es nicht das Recht, bloß seine formale Autorität geltend zu machen. Das L. hat die Pflicht, sich als Organ u. Funktion der Kirche als ganzer zu empfinden u. dem Hörenden deutlich zu machen, daß es nicht bloß eine wahre Doktrin vorlegen, sondern den Menschen mit der Wirklichkeit seines Heiles in Beziehung bringen will. Da das L. bei seinen Entscheidungen keine neue Offenbarung erhält, hat es die Pflicht, dem Hörenden verständlich zu machen, wie es seine Entscheidungen aus der Ganzheit der lebendig in der Kirche geglaubten einen Offenbarung Gottes gewonnen hat. Unbestreitbar ist in den letzten Jhh. seit dem Tridentinum eine Funktionserweiterung des L.es eingetreten, insofern das L. nicht mehr nur Wächter- u. Schiedsinstanz, sondern auch Auslegungs- u. Lehrinstanz zu sein beansprucht. Das bedeutet angesichts eines theol. ↑Pluralismus, daß das L. sich auswählend instrumentell einer bestimmten Theologie bedient. Auch hier ist vom L. Aufschluß über die Gründe einer solchen Auswahl zu fordern.

Lehrfreiheit

«Freiheit» der Lehre ist wesensgemäß an der jeweiligen Wahrheit u. deren Kriterien orientiert, um die es sich bei der betreffenden Lehre handelt. Insofern kath. Theologie von vornherein wesensgemäß die wissenschaftliche Reflexion auf den Glauben der Kirche gründet, der in dem bevollmächtigten Kerygma der Offenbarung Gottes in Jesus Christus durch das Lehramt der Kirche ausgesagt wird, ist der Raum der L. der kath. Theologie eröffnet u. bestimmt durch den Glauben der Kirche. Die kath. Theologie ist „gebunden» (u. dadurch von der eigenen subjektiven Willkür befreit) durch die verbindliche Lehre des kirchlichen ↑Lehramtes (DS 3883, NR 75f). Innerhalb dieses Raumes (den der Glaube als absolute u. darum nicht beschränkenden, sondern befreienden weiß) bestehen ein legitimer theol. ↑Pluralismus u. die Freiheit der kath. ↑Schulen der Theologie. Da die kath. Lehre selbst (gegen den /Traditionalismus) daran festhält, daß es religiös bedeutsame Erkenntnisquellen außerhalb der geschichtlichen Offenbarung gibt (vgl. DS 3015, NR 38, II. Vat., Kirche/Welt 59), steht die Theologie notwendig in einem offenen, echten Dialog gegenseitiger Beeinflussung mit dem natürlichen Selbst- u. Weltverständnis des Menschen (DS 3019, NR 42f, II. Vat., Kirche/ Welt 62). Weiß der Glaube auch, daß dieser Dialog (wegen der einen höchsten Quelle aller Wirklichkeit u. Erkenntnis) nie in einem absoluten u. endgültigen Widerspruch (DGL: DS 3042, NR 56) oder in einer wesensändernden Umdeutung (DGL: DS 3043, NR 60) des bisherigen Glaubensverständnisses enden kann, so ist auch dieser Dialog des gegenseitigen Befragens, die damit gegebene Aufgabe u. Spannung nie endgültig beendet, sondern gehört als Moment an der bleibenden Geschichtlichkeit des Verständnisses der / Offenbarung zu deren Wesen, bedingt aber so ein (gegenseitiges) Freigeben der Forschungsmöglichkeit nach der je eigenen Methode von Theologie u. profaner Wissenschaft aus dem Wesen der Theologie selbst heraus u. so unter dem Bestehen des Glaubens als höchster Norm allen Wissens, die aber das profane Wissen in seine eigene Freiheit einsetzt. Nach den Absichtserklärungen des II. Vat. über die Förderung der Forschungsu. Lehrfreiheit für die Theologie wie für die Profanwissenschaften (Kirche/Welt 62) sind rechtliche Formen nötig (u. theol. möglich), die eine Kirchenleitung daran hindern, einen Konflikt, der im Ernst den Glauben der Kirche nicht gefährdet, durch Entzug der Lehrbefugnis, Amtsenthebung des Lehrenden usw. (vermeintlich) zu beenden. Vgl. ↑Naturwissenschaft und Theologie.

Leib

In der Geistesgeschichte des Abendlandes finden sich zwei Auffassungen des L.es, die das in Denken u. Handeln greifbare Selbstverständnis des Menschen bis heute u. bis in Einzelheiten prägen u. spalten. Die griechische Auffassung spiegelt einen mehr (Platon) oder weniger (Aristoteles) extremen ↑Dualismus wider: der L. ist das „Gefängnis» oder „Grab» der Seele, oder aber: der Mensch besteht aus „Teilen», so daß man nur sagen kann, er „habe» einen L.; die ↑Seele ist die substantielle ↑Form des L.es (vgl. auch ↑Trichotomismus). Die andere Auffassung ist die biblische, die schon im AT deutlich entwickelt ist: Das AT kennt den Begriff L. nicht, sondern bezeichnet mit den beiden Worten „Fleisch» u. „Seele = Lebensatem» den ursprünglich einen, immer den ganzen Menschen; der erst im Spätjudentum richtig greifbare, aber auf dem Boden des AT erwachsene Fortschritt im Denken über den L. ist der Glaube an die ↑Auferstehung des Fleisches. Diese biblische Auffassung läßt (auch dort, wo vor der wirklichen Kenntnis der Auferstehung des Fleisches an ein abgeschattetes Fortleben der Gestorbenen in der ↑Scheol gedacht wird) eine Rede vom bloßen „Haben» eines dem „Ich» bloß äußeren L.es als „Instrument» nicht zu: der Mensch „ist» auch L. Im NT wird die Theologie des L.es von Paulus weitergeführt, dessen eigentlicher L.begriff nicht ↑Sarx, sondern Soma ist. Soma bedeutet für ihn sowohl den irdischen als auch den himmlischen L., die Einheit des ganzen Menschen, hier freilich der Begierde, der Sünde u. dem Tod unterworfen, aber zur Erhöhung u. Verwandlung durch das ↑Pneuma bestimmt; Sarx allein kann das Sterbliche am L. bezeichnen, es ist der „Ort» der Sünde im Menschen, der irdisch gesonnene Mensch. Die (im Grunde genommen bis heute nicht restlos bewältigte) Aufgabe der christlichen Philosophie u. Theologie war es, die Einheit der platonischen (in deren Zeichen geschichtlich die erste Theologie der Kirche entstanden war: ↑Neuplatonismus) mit der biblischen Anthropologie zustande zu bringen. Fortschritte in dieser Richtung waren die lehramtlichen Aussagen über die Einheit des Menschen u. wesentliche Zugehörigkeit des L.es zum Menschen (DS 902, NR 329, vgl. auch ↑Erschaffung des Menschen), u. die Anthropologie bei Thomas v. Aquin, der mit den aristotelischen Kategorien ↑Form↑Materie das christliche L.Verständnis auszusprechen suchte: L. ist der substantielle ..Ausdruck» der Seele, in dem diese erst zu ihrer konkreten Wirklichkeit kommt; einen Selbstvollzug der Seele ohne das Medium der Materie gibt es nicht; je größer ihr Selbstvollzug, also je mehr der Mensch ↑Geist wird, um so mehr wird sie (ist er) L. Damit ist auch gegeben, daß der L. das Medium aller ↑Kommunikation ist u. daß rückbezogen der Selbstvollzug der Seele im Maß des Mitseins des Menschen mit leibhaftigen Menschen in leibhaftiger Welt wächst (vgl. ↑Sinnlichkeit). Diesem Ansatz des Denkens entspricht die heutige Theologie des L.es. Die Menschwerdung des Logos heißt auf dem Boden der biblischen Anthropologie „Fleischwerdung» (Jo l, 14), „incarnatio»; Jesus Christus ist ein (unzerstückelter) Mensch (gegen ↑Arianismus u. ↑Apollinarismus); die Erlösung erwirkt er in seinem L., der hingegeben u. dessen Blut vergossen wird. Primär an der Heilsbotschaft von der Gleichgestaltung unseres L.es mit seinem L. ist ablesbar, daß die Aussage, der ↑Tod sei die „Trennung von L. u. Seele», als der biblischen Anthropologie (u. einem vertieften metaphysischen Verständnis des Menschen) inadäquat mindestens der genaueren Interpretation bedarf. In der Konstituierung des Volkes Gottes, der Kirche mit ihren wesentlichen Selbstvollzügen in den ↑Sakramenten u. der Botschaft von der ↑Basileia ist das Sinnlich-Kommunikative als Wesensmerkmal des Leiblichen auch als Konstitutiv für das ↑Heil des Menschen erhellt. Nach der biblischen Theologie der Sünde (namentlich aus den Worten Jesu selbst) ist abzulesen, daß der L. nicht der bevorzugte Ort der Sünde ist, sondern daß die Sünde des einen ganzen Menschen (wie alles angeblich rein Geistige u. Gesinnungsmäßige) eben notwendig am L. in Erscheinung treten muß. Am L. aber wird auch das von Jesus Christus erwirkte Heil notwendig (u. nicht etwa nur als akzidentelle zur längst schon vollendeten Seligkeit der „Seele» äußerlich noch hinzutretende Seligkeit d?s Körpers) ‹in Erscheinung treten, nicht nur so, daß wir schon jetzt in unserem L. „Tempel des Heiligen Geistes» (l Kor 6,19) sind, sondern in dem Auferstehungs-L., an dem sich zeigen wird, daß die Verbannung der Gnade in das „rein Seelische» im Grunde genommen unchristliches Mißverständnis war, denn besessen von der Gnade u. zum Ausdruck der Gnade geworden ist der eine ganze Mensch u. die leibhaftig in der Gegenwart der Leibhaftigkeit Jesu Christi selige Gesamtmenschheit.

Leib Christi

wird in einer bildhaft-analogen (nicht willkürlich zu pressenden) Verwendung des Begriffes „Leib» schon von Paulus an (wichtigste Stellen: l Kor 6, 12-20; 10, 14-22; 12, 4-27; Röm 12, 4-8; Eph 2, 11-18: l,22f; 4,4.12.15f; 5,30: Kol 1,18.24; 2,19; 3,15) in der ganzen Tradition der Ekklesiologie die ↑Kirche genannt, insofern sie die geschichtliche Greifbarkeit u. Einheit einer Gesellschaft hat («leibhaftig» ist), in dieser Einheit (wie ein «Organismus») eine Vielheit von „Gliedern» aufweist, die verschiedene Funktionen haben (Papst, ↑Bischof, ↑Ordo, ↑Laie) von teils institutioneller, teils charismatischer Art, Jesus Christus als ihrem Herrn („Haupt»: Eph 5,23; DS 870 ff) angehört u. durch seinen in eschatologischer Endgültigkeit zugesagten Geist (als dem inneren Lebensprinzip des Organismus) so belebt u. in der Gnade der Wahrheit u. Liebe Gottes gehalten wird (vgl. DS 600f 3807 f, NR 407), daß sie bis zum Ende der Zeit die geschichtliche, wirksame Gegenwart Jesu Christi (sein f„Ursakrament») in der Geschichte der Menschheit bleibt (II. Vat., Kirche 7 f). Die Einheit u. Vielgliedrigkeit dieses Leibes hat ihre Voraussetzung in der biologischen, geschichtlichen u. finalen ↑Einheit der Menschheit, in dem alle in Jesus Christus zum selben übernatürlichen Ziel der unmittelbaren Selbstmitteilung Gottes bestimmenden einen ↑Heilswillen Gottes, der die eine Menschheit zum „Volk» Gottes konsekriert. in der Zugehörigkeit des Wortes Gottes durch seine ↑Inkarnation zu dieser einen Menschheit (also in seiner eigenen „physischen» Leibhaftigkeit) u. in der gesellschaftlichen Verfaßtheit des ↑Volkes Gottes» durch geistgewirkte Differenzierung. Dementsprechend ist die Feier der Eucharistie (als Anamnese des Bundesschlusses im Opfer des Leibes u. Blutes Jesu Christi durch die versammelte, in ihrer hierarchischen Struktur in Erscheinung tretende Gemeinde) das höchste In-Erscheinung-Treten der Kirche als des Leibes Christi.

Leiden

bezeichnet zunächst die Weise, wie die Welt in den menschlichen ↑Geist, der spontan sich der Welt immer u. notwendig aussetzt, sich ein-bildet (passio bei Thomas v. Aquin) u. die Erfahrung der Ausgesetztheit menschlichen Geistes in die Welt. Der negative Charakter des L.s liegt darin, daß der Mensch bei dieser Bezogenheit auf Welt von dieser her einen entmächtigenden, inneren u. äußeren Widerspruch erfährt; dies ist der Fall, wenn diese Bezogenheit gottu. heilswidrig präformiert ist (↑Erbsünde). Dem Menschen ist dann aufgetragen, die auf ihn eindrängende Situation so gut als möglich integrierend verwandelnd aufzufangen u. zu einem Moment seines eigenen Selbstvollzugs (leidend tätig u. tätig leidend) zu transformieren (was das Gegenteil ist von passivem Widerfahrenla.ssen), so daß ersieh m ihr für Gott entscheidet u. die verfallene Situation zum positiven Moment an der personalen Entscheidungwird, das ihre Tiefe erst ermöglicht. In diesem Sinn erweist sich dann das L. als „gottgewollt». Dies war in unüberbietbarer, einmaliger Weise der Fall bei Jesus Christus, der sein L. positiv übernahm u. zum Ausdruck der totalen Übereignung des Menschen an Gott machte. Diese Tat Jesu läßt sich von uns insofern nicht wiederholen u. kopieren, als unsere Fähigkeit, radi kal auszuleiden u. personal zu verwandeln, der konkreten Situation nie ganz gewachsen ist (↑Begierde). Da es sich beim Transformieren des L.s um einen aktiven Vorgang handelt, ist damit auch gegeben, daß der Christ sich nicht einfach mit (fremdem u. eigenem) L. abfindet, sondern in Solidarität mit den Leidenden das L. bekämpft. Wo das L. als sinnlos erfahren wird (die darin steckende Absurditätserfahrung wird sich oft hilflos gegen die christliche Rede vom Heil sperren), bleibt auch dem Christen nach biblischen Vorbildern das Recht der an Gott gerichteten Klage. Die L.sgeschichte der Menschheit ist im christlichen Verständnis Bestandteil der zukünftigen Freiheit.

Leidenschaft

heißt in der scholastischen Philosophie u. Psychologie das sinnliche Strebevermögen (↑Sinnlichkeit) u. dessen Aktuierung, von Thomas v. Aquin in Lust- u. Leistungsstreben gegliedert. Die Aktuierung des Luststrebens geschieht in Stufen: Wohlgefallen-Begehren-Genießen (oder in Abkehr von dem, was Unlust bereitet: Mißfallen-Flucht-Trauer); ebenso die des Leistungsstrebens: Hoffnung u. Kühnheit (bzw. Niedergeschlagenheit-Furcht-Zorn). Diese den „Trieben» der heutigen Psychologie vergleichbaren L.en sind nach der kath. Theologie von Natur aus gut, aber der Ordnung u. Lenkung durch die Vernunft bei ihrer Aktuierung bedürftig; sie bergen in sich die Gefahr, sich vom einen Ganzen des Menschen zu trennen u. sich krankhaft zu verselbständigen, so daß der wesensmäßige ↑Pluralismus des Menschen in Gespaltenheit zerfällt würde. Im erbsündigen Menschen können sie der „Ort» sein, an dem das negative Element der ↑Begierde in Erscheinung tritt, anderseits sind sie es, die den Menschen in der Gnade vorantreiben, in der (auch) heilsamen Unruhe angesichts der unvollkommenen Humanität. Darum ist es (wiederum nach Thomas) unsittlich, die L.en bewußt ausmerzen zu wollen (wie mit verschiedenen Motiven u. Graden Platon, Suärez, Kant u.a. forderten).

Letzte Dinge

werden jene Wirklichkeiten genannt, die die Grenze bilden oder „jenseits» der Grenze liegen, die Zeit, Geschichte, Freiheit u. deren Endgültigkeit voneinander unterscheidet, also die verschiedenen Teilmomente u. -aspekte der einen totalen Entgültigkeit (im Modus der Vollendung oder in dem des radikalen, bleibenden Scheiterns) des einen Menschen (als je einmalig Einzelner vor Gott u. als Glied der Menschheit): also ↑Tod, (individuelles) ↑Gericht, (↑Fegfeuer), ↑Anschauung Gottes (↑Himmel), ↑Hölle (als Aspekte des personalen Einzelschicksals) (DS 372 1304ff lOOOf 1820, NR 351 901-904 907f) u. ↑Auferstehung des Fleisches, allgemeines ↑Gericht, ↑Reich Gottes (als Aspekte der kosmischen Endvollendung der Menschheit als ganzer) (DS 76 150 540f 801, NR 916 892ff 219 919). Wenn mit dem christlichen Grundverständnis der Welt mit ihrer echten Zeitlichkeit (↑Schöpfung) u. dem Wesen der echten Freiheit (als Selbstbestimmung zu Endgültigkeit) wirklich gerechnet wird, wenn nicht vom endgültigen Heil des einen Menschen (als konkret leibhaftiger Geistperson) von vornherein bestimmte Daseinsdimensionen als heillos oder gleichgültig ausgeschlossen werden, dann ergeben sichdieseverschiedenenL.nD. alsMomentedereinen Vollendung von selbst. Diese dürfen weder als Gegenstand bloß „mythologisierend» variierender Aussagen von schlechthin ununterscheidbar derselben Sache aufgefaßt werden (denn der Mensch ist eine plurale Wirklichkeit) noch von Aussagen über schlechthin adäquat unterscheidbare Ereignisse (denn der Mensch ist – vor allem als Vollendeter – einer, dessen einzelne Momente sich nur im Griff auf alle adäquat begreifen lassen). Die L.n D. sind nicht nur ausständige Ereignisse, auf die der Mensch sich zubewegt, sie sind in Glaube u. Hoffnung real schon antizipiert. Die eschatologische Hoffnung relativiert einerseits jeden konkret gegebenen Zustand der heutigen Wirklichkeit, in der der Christ lebt; anderseits soll diese die Gegenwart relativierende Hoffnung auch in den sozialen Strukturen zur Erscheinung gebracht werden (II. Vat., Kirche 35). Die Lehre von den L.n D.n heißt ↑Eschatologie: sie ist daher die dogmatische Lehre der ↑Anthropologie (die selber wieder nur in der Christologie ganz zu sich selbst kommt), umgeschrieben auf den Modus der Vollendung ihres Gegenstandes, des Menschen, der Menschheit u. der Welt.

Lex orandi – lex credendi

ist die Abkürzung eines Satzes aus dem „IndieulusdegratiaDei» (DS 246, NR 774), wörtlich übersetzt: „Das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens.» Daraus entnahm man in späterer Zeit den theol. Grundsatz, die ↑Liturgie sei eine Glaubensnorm, Zeugnis des unfehlbaren Glaubens der Kirche (als betender). Dieser theol. Satz ist richtig zu interpretieren: Wo die Liturgie nicht ausdrücklich eine Glaubensaussage machen will oder eindeutig voraussetzt oder vollzieht, darf keine aus ihr herausgelesen werden; ebenso will sie nicht Dinge zum Glauben vorlegen, die nicht von Gott geoffenbart sind (so ist z.B. durch das Fest des hl. Joachim am 16. August nicht entschieden, daß der Vater Marias dieser in den ↑Apokryphen vorkommende Joachim ist). Darüber hinaus ist anzumerken, daß der ganze betreffende Satz des „Indieulus» mit dem später daraus gelesenen theol. Grundsatz über die Liturgie als Glaubensnorm nichts zu tun hat. Er besagt vielmehr: Aus der Notwendigkeit des Bittgebetes ergibt sich die Pflicht, an die Notwendigkeit der Gnade zu glauben.

Liberale Theologie

eine Richtung der ev. Theologie im 19. u. 20. Jh., die die Tendenz verfolgt, das Christentum als vernünftig u. nützlich aufzuzeigen u. seine Vereinbarkeit mit dem menschlichen Freiheitsanspruch aufzuweisen. Während bei frühen Vertretern, wie D. F. Strauß u. F. Ch. Baur, das Christentum noch als höchste Form aller Religionen angesehen wird, wird es später unter dem Einfluß der religionsgeschichtlichen Schule (E. Troeltsch) relativiert. Eine andere Form der L.n Th. versteht analog dem kath. ↑Modernismus die Glaubenslehre nur als Objektivation des subjektiven Glaubens (beeinflußt von F. Schleiermacher u. A. Ritschi). Als folgenreichste Frucht der L.n Th. ist die zum Teil extreme u. von philosophischen Aprioris bestimmte ↑Bibelkritik anzusehen. Die von A. Ritschi herkommende u. in der Gegenwart einflußreiche L. Th. sieht die Gottesliebe nur in Nächstenliebe realisiert u. strebt die Wirklichkeit des Reiches Gottes in einer veränderten Gesellschaft an (ethische Basis der Dogmatik).

Liberalismus (LThK)

l. Kirchenpeschichtl. L. — II. Theolog. L. — III. Polit. L. — IV. Wirtschaftl. L.

Der L. ist eine nach Art, Zeit u. Gegenstand unterschiedliche geistige Strömung, die auf Verlauf u. Ausprägung der geschichtl. Entwicklung seit dem Ende des MA, vor allem seit Beginn des 19. Jh. bestimmenden Einfluß nimmt. Ausgangspunkt ist die „libertas», die ↑Freiheit des Einzelnen (↑Individualismus), über deren Wahrung u. Erweiterung gegenüber den polit., staatl., wirtschaftl. u. sozialen Gesellungen die Vorstellungen des L, jedoch auseinandergehen. Vorbereitet wurden diese durch die Beschäftigung mit den Normalien des ↑Naturrechts u. mit den Prinzipien der „angeborenen Menschenrechte» (↑Aufklärung, ↑Grundrechte); sie drangen in alle Bereiche polit. u, geistiger Wirksamkeit ein u. wurden Bewertungsmaßstäbe geschichtl. Vorgänge. Der L. wird seiner Entfaltung entsprechend nach Ort, Zeit u. Gegenstand unterschieden; im kirchlich-rel. Bereich wird vom kirchengeschichtl. u. theol.L. im polit.-staatl. Bereich vom polit. L. u. im wirtschaftlich-sozialpolit. Bereich vom wirtsahaftl. L. gesprochen.

I. Das Verständnis des kirchengeschicht. L. wird durch die Unterscheidungen erleichtert, die ↑Leo XIII in bezug auf den L. in seiner grundlegenden Enz. Z libertas praestantissimum traf;

l) der absolute L„ in seinen Forderungen radikal, in seinen Anschauungen mit ↑Atheismus, ↑Materialismus, ↑Pantheismus, ↑Monismus übereinstimmend, bestreitet jedes göttl. Gesetz u. jede Abhängigkeit des Menschen davon; der Mensch ist sich selbst Gesetz; 2) der naturgesetzliche L., der zwar ein göttl. Naturgesetz anerkennt) jedoch ein positives, übernatürl. Gesetz Gottes verwirft (↑Rationalismus); 3) der privatreligiöse L., der das göttliche Gesetz für das Privatleben, nicht aber für das polit.-staatl. Leben respektiert; weder die Gesetzgebung noch die polit. Entscheidungen sind an die Gebote Gottes gebunden. Diese Ansichten werden in gemäßigter n. in radikaler Form vertreten. Vertreter der ersten Richtung verzichten zwar auf die Forderung nach Trennung von ↑Kirche u. Staat, verlangen jedoch, die Kirche solle sich den jeweiligen Grundsätzen des öffentl. Lebens anpassen. Die radikale Richtung des privatreligiösen L. wurde vor allem von einem Teil der kirchl. Erneuerungsbewegung Frkr.s in der l, Hälfte des 19. Jh. unterstützt. Die Mitarbeiter der Zschr. „L’Avenir», H.-F.-R. de ↑La Mennais, Ch.-R.-F. de ↑Montalembert u. J.-B.-H. ↑Lacordaire, die mit Erneuerungskreisen vornehmlich in Dtl„ so mit dem v. F. v. ↑Baader, J. J. I. v. ↑Döllinger u. J. v. ↑Görres getragenen Münchner „Eos-Kreis», in Verbindung standen, riefen die Katholiken zu einem Bündnis mit der Demokratie auf, forderten grundsätzlich die Trennung von Kirche u. Staat u. traten für die schrankenlose Freiheit des Kultus und des ↑Vereinswesens, für ↑Pressefreiheit u. ↑Unterrichtsfreiheit ein; sie betrachteten ihre Forderungen nicht als zeit- od. gesellschaftsstrukturellbedingte Postulate, sondern als „natürliche Rechte», als „christl. Prinzipien». La Mennais, der sich am weitesten vorwagte, bezeichnete die polit. u. soziale Revolution als unvermeidliches u. gottgewolltes Mittel, um eine neue christl. Ära des öffentl. Lebens herbeizuführen. ↑Gregor XVI verwarf durch die Enz. Mirari vos v. 15.8.1832 die von „L’Avenir» vertretenen Ansichten, von denen einzelne bereits vorher in kirchl. Auseinandersetzungen in Verbindung mit anderen Forderungen vorgebracht worden waren; die Überspannung der persönl. Denkfreiheit u. die Leugnung u. willkürliche Beschränkung der gottgesetzten rel. Autorität sind allen kirchlich-religiösen Irrtümern seit dem Ende des MA gemeinsam. Der bereits im Ansatz zum Scheitern bestimmte frz. Versuch hat den Gegensatz zw. Kirche und L. vergrößert. Die Kirche sah sich veranlaßt, allen Bewegungen u. Bestrebungen, die im kirchl. Bereich die verworfenen Auffassungen ganz oder teilweise propagierten, scharf entgegenzutreten (↑Amerikanismus, ↑Deutschkatholizismus, Altkatholizismus [↑Altkatholiken]). ↑Pius IX verwies vor allem im ↑Syllabus alle liberalen Tendenzen aus der Kirche; das I. Vaticanum zog erneut die Grenzen zw. göttl. Offenbarung u. Vernunft. ↑Pius X wandte sich mit ↑Lamentabili gg. liberale Ansichten, die im ↑Laizismus u. im ↑Modernismus vertreten wurden. — Die Zielrichtungen des kirchengeschichtl. L, wechseln; in erster Linie wendet er sich gegen Glaubensgut u. kirchl, Autorität; in den meisten Fällen geht er von einem falschen Begriff der Freiheit innerhalb der Kirche aus unter Einwirkung zeitbedingter Auffassungen u. Vorgänge. — ↑Kulturkampf.

Lit.: J, Schröder, Der L. in der Geschichte (Trier 1883); E. Barbier, Histoire du catholicisrne liberal et du catholicisrne social en France. 5 Bde (Bordeaux 1923): DThC IX 506—629; W. Nigg, Geschichte des rel. L. (Z. 1937); A. Hartmann, Toleranz u. christl. Glaube (F 1955); H. Maier, Revolution u. Kirche. Studien zur Frühgeschichte der christl. Demokratie (Fr 1959); G. Martina, II liberalisroo cattolico ed il Sillabo (H 1959); StL6 V 370-380; RGG3 IV 344-351. — Siehe auch Lit. zu III u. IV.

II. Theol. L↑Liberale Theologie,

III. Im polit. L. sind ein weiterer u. ein engerer Bereich zu unterscheiden; ersterer meint die weitgespannten polit. Vorstellungen, Auffassungen u. Forderungen des L., die, in der Neuzeit entwickelt u. ausgeprägt, auf deren Ablauf u. deren polit. u. soziale Gruppierungen richtunggebenden Einfluß nahmen u. auch weiterhin nehmen, letzterer umfaßt die Parteien u. polit. Zusammenschlüsse, die sich als „liberal» bezeichnen. Der polit. L. als Prinzip u. Gesinnungs- u. Gestaltungselement ist seiner parteiorganisatorischen Verwirklichung an Bedeutung weit überlegen. Die Anfänge des ersteren reichen bis zu den frühen Sicherungen der Freiheiten u. Rechte des Einzelnen zurück. Das polit. u. soziale Bewußtwerden des Individuums im 15. u. 16. Jh. vermehrte das allg. Interesse daran u. regte die zahlr. polit., staatsrechtl. u. staatsphilos. Schr, des 17, u. 18. Jh. an, die die Gedanken des polit. L. präzisierten, verbreiteten u. durchsetzten. Was Th. ↑Hobbes (De cive [A 1642]), J. ↑Locke (Two Treatises of Civil Government [Lo 1689]), G. de ↑Molltesquieu (Esprit des lois, 2 Bde [G 1748]) u. J.-J. ↑Rousseau (Du Contrat social [A 1762]) entwarfen u. forderten, wurde in der engl. Revolution (Bill of Rights 1688), in der Erhebung Nordamerikas gg. Großbritannien (Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten v. Amerika 1762) u. in der Frz. Revolution (Erklärung der Menschen- u. Bürgerrechte 1789) teilweise realisiert. Dabei entwickelte sich das Bündnis zw. dem polit. L. u. dem ↑Bürgertum, das über die soziale Orientierung des letzteren entschied u. die Ausgangsposition für das Entstehen liberaler Richtungen u. für die Gründung liberaler Parteien wurde. Deren Zielsetzung zeigt eine beträchtliche Variationsbreite, die v. schrankenlosen ↑Individualismus bis zur Verschmelzung mit pseudofeudalist. Auffassungen reicht. Die allg. erhobene, jedoch unterschiedlich verstandene Forderung nach Freiheit des Einzelmenschen führte z. Durchsetzung der Gleichheit aller vor dem Gesetz u. z. allmählichen Ausbildung v. Bestimmungen (↑Grundrechten), die die Rechte des Einzelnen garantieren u. schützen; der konstitutionelle Rechtsstaat war ein Hauptziel des polit. L. u. der liberalen Parteien, seine Verwirklichung ist jedoch nicht deren alleiniges Verdienst. In der Wirtschafts- u. Sozialpolitik (s. u. III) vertrat (u. vertritt teilweise noch heute) der polit. L, das unbegrenzte Recht des Individuums. Nachdem die Vorteile dieses Postulats überwiegend Unternehmern u. selbständigen Berufen zugute kommen, werden diese dem polit. L, zugeordnet, wobei in der Regel dessen nationale Ausprägungen unberücksichtigt bleiben. Diese kommen bes. in den kultur- u. kirchenpolit. Auffassungen des polit. L. z. Ausdruck, der, fasziniert v. den Ergebnissen der naturwiss. Forsch, u. der technischen Entwicklung des 19, Jh., vor allem in Europa einem offenbarungsfeindlichen Fortschrittsoptimismus huldigte u. Religion u. Kirche als geschichtl. überholt erklärte u. auch behandelte; er verschärfte daher in vielen Staaten die Spannungen zw. ↑Kirche u. Staat, Die Übernahme u. Fortbildung ursprünglicher Forderungen des polit. L. durch andere polit,, wirtschaftl. u. soziale Richtungen bewirkte dessen Veränderung u. Rückgang, wofür die zahlenmäßige Verringerung der liberalen Parteien nur ein Symptom ist. Bestrebungen, durch den wirtschaftl. Neo-L. den polit. L. zu fördern, sind bisher ohne nennenswerte polit. Erfolge geblieben.

Lit.: F. Federici, Der dt. L. Die Entwidtlang einer polit, Idee v. l. Kant bis Th. Mann (Z 1951); F. C. Seil, Dia Tragödie des dt. L. (St 1958); Th. P. Neill, The Rise and Decline of Liberallsm (Milwaukee 1953); G. Strubl, Die Staatsauffassung des Neo-L. (Diss. masch. T 1954); Franz L; W. Thieme, L. u. CG: Zschr. für die gesamte Staatswisi. 113 (T 1957) 285—SW; V.Leontovitsch, Gesch. des L. in Russland (F 1957); J. J. J. Schapiro, Libeialism. lts Meaning and History (Princeton 1958); StL6 V 873—376; F. A. v. Hayek: HSW VI 591—596. E. DEUERLEIN

IV. Der wirtschaftl. (ökonomische) L. entstand auf dem Boden des Naturrechts der ↑Aufklärung mit seinem Glauben an die begriffl. Erfaßbarkeit u. prakt. Rationalisierbarkeit des naturgesetzl. bestimmten Wirtschaftsprozesses. Bereits die Physiokraten (F. ↑Quesnay) betrachteten das wirtschaftl. Geschehen als Teil eines umfassenden „ordre naturel» u. einer alle Bereiche menschl. Seins umgreifenden „harmonia praestabilita». Die im Anschluß daran erhobene Forderung des „laissez-faire» implizierte schon den Grundsatz des „freien Wettbewerbs», der dann v. den Vertretern der sog. klass, Nationalökonomie (u. a. A. ↑Smith, D. ↑Ricardo, James u. J. St. ↑Mille, J. B. Say) in den Mittelpunkt gestellt wurde. Für Smith, der die „polit, Ökonomie» noch als Teil seines moralphilos. Systems behandelte u. in Anlehnung an J. ↑Locke die sozialphilos. Begründung der wirtschafti, Freiheit gab, wie für Ricardo waren Einzel- u. Gememinteresse identisch. Während aber Smith noch den Grad des sozialen Nutzens in den Vordergrund stellte, betonte Ricardo bereits unter dem Einfluß J. ↑Benthams, daß sich das wirtschaftl. Handeln allein am individuellen Nutzen orientiere. Damit setzte sich der individualist. Gesellsdiaftsbegriff in der Wirtschaftslehre durch. Freilich dürfen auch die konkreten Ansätze im Wirtschaftsleben der damaligen Zeit nicht übersehen werden. Nicht zufällig stammten die wichtigsten Vertreter der klass. Wirtschaftslehre aus Engl., das in jener Zeit Schrittmacher der Industrialisierung war u, wo die liberale Wirtschaftslehre bald im sog. Manchester-L. z. entscheidenden Durchbruch kam. Der sich mit fortschreitender Industrialisierung entfaltende Liberal/ Kapitalismus führte zu schwersten Störungen des gesellschafti. Lebens durch die Proletarisierung breitester Massen u. der damit verbundenen Entstehung der kapitalist. Klassengesellschaft (↑Klasse). Trotz ungeahnter wirtschaftl. Erfolge zeigten sich hier die Grundfehler der liberalen Lehre. Auf die entscheidende Frage, wie denn bei freiem Wettbewerb der Kräfte der Ausgleich zw. Individual- u. Sozialinteresse zustande komme, hatte sie erklärt; die egoistische Beredmung des Einzelnen bleibe bestrebt, die Sanktion der Mitmenschen zu finden, um so den individuellen Erfolg sicherzustellen. Der behauptete Automatismus des Ausgleichs blieb aber in Frage gestellt, weil die Befriedigung des Gemeininteresses letztlich doch v. Verhalten des Einzelnen abhängig gemacht wurde. Vor allem wurde verkannt, daß der freie Wettbewerb als rein formales Gestaltungsprinzip allein noch nichts bedeutet für die „Erreichung des der Wirtschaft vorgegebenen Sachziels» (O. v. Nell-Breuning), nämlich der Bedarfsdeckung, u, daß der individuelle Erfolg kein notwendiger Maßstab auch für die Erfüllung des sozialen Nutzens ist, — Lange Zeit hat sich der L. nicht um die Klärung der Bedingungen bemüht, unter denen der freie Wettbewerb erst sinnvoll zu einer Koordination der Wirtschaftssubjekte führen kann, u. dabei übersehen, daß z. Wettbewerb erfolgreich nur antreten kann, wem entsprechende u. gleiche Startbedingungen eingeräumt werden, wovon die Wirklichkeit jedoch weit entfernt war. Auch hier lagen die schwerwiegenden Irrtümer bereits in den method. Prämissen der Doktrin: das abstrakte Denkmodell der Wettbewerbswirtschaft wurde im wesentl. als der wirtschaftl. Wirklichkeit adäquat u. die darin v. Denkmodell abweichenden Erscheinungen letztlich nur als vorübergehende Störungen betrachtet. Vor allem verfälschten die Abstraktion des „homo oeconomicus» (Ricardo: „nothing but economical man»), d. h. des ausschließl. nach wirtschaftl. Gesichtspunkten urteilenden u. nur dem optimalen wirtschaftl. Nutzen folgenden Menschen, sowie die Unterstellung der Machtfreiheit des Marktes, die Doktrin, mit weitreichenden negativen Folgen im Wirtschaftsprozeß selbst. — Diese offenbaren Mängel führten zu einer weitgehenden Abwendung v, der liberalist, Wirtschaftsweise hin zu einer interventionist. Wirtschaftspolitik wie zu einer die schlimmsten sozialen Mißstände bekämpfenden Sozialpolitik. Nach dem l. Weltkrieg setzten auch neue theoret. Bemühungen z. Erforschung der Bedingungen der Wettbewerbswirtschaft ein. Der sich daraus entwickelnde Neo-L. brachte entscheidende Fortschritte gegenüber dem alten L.; einmal erkannte er, daß die wirtschaftl. Freiheit einer institutionellen Sicherung bedarf, zum anderen bezog er auch die soziale Frage in seine Überlegungen ein u. entdeckte damit gleichsam den Menschen in der Wirtschaft wieder (O. v. Nell-Breuning), ohne mit alledem die individualist. Grundlagen des L. zu überwinden.

Lit.: W. Hasbach, Die allg. philos. Grundlagen der v. F. Quesnay u. A. Smith begründeten polit. Ökonomie (L 1890); G. Briefs, Unters, z. klass. Nationalökonomie (Je 1915); L. Miksch, Wettbewerb als Aufgabe (St 1937); F. A. v. Hayek, Individualism and Economic Order (Lo-Chicago 1943, dt. Erienbach b. Z. 1952); V. Mulhesius. Die Wirtsdiaft des Wettbewerbs (Wie 1948); A. Rüstow, Das Versagen des Wirtsdiafts-L. (D 1950)1 WB der Politik H. 5, hrsg. v. H. Sacher-O. v. Nell-Breuning (Fr 1951, 1958) 212—220; J. Cro», Le neoliberalisme (P 1951); W. Eucken, Grundsätze der WirtsdiaftspoUtik (T 1952); E. Heimann, Wirtschaftssysteme u. Gesellschaftssysteme (T 1954); O. v. Nell-Breuning, Zur Kritik des wirtsdiafti. L.: Wirtschaft u. Gesellschaft heute l (Fr 1958) 103—122; W. Rüpke, Jenseits v. Angebot n. Nadifrage (Z 1958); C. Bauer: StL» V S76f; L. v. Mises: HSW VI 59»—603; N. Monzel, Die freie Konkurrenz: Solidarität u. Selbstverantwortung (Mn 1959) 140—155; G. Briefs, Der Einfluß der Philosophie auf die Entstehung des klass. L.; PhJ 68 (1960) 96—100. G. BÖING

Liebe

ist das Wort, unter dem das Christentum jenen radikalen, den ganzen Menschen, so wie er von Gott tatsächlich gemeint u. angerufen ist, auf Gott hin integrierenden u. so ihn in die Gnade Gottes (Rechtfertigung) u. das Heil stellenden freien Wesensvollzug des Menschen begreift, wie dieser als Entgegennahme der freien u. restlosen ↑Selbstmitteilung Gottes in der Kraft dieser Selbstmitteilung geschieht. Da dieser Wesensvollzug auf diesen sich selbst schenkenden Gott hin geschieht u. dialogischen u. antwortenden Charakter hat, wird auch Gott selbst als die Liebe (1 Jo 4,8) begriffen. Insofern das Wesen des Menschen (personale) Selbsttranszendenz auf das Höhere (als Person) ist, ist dieser Wesensvollzug selbstlose L. des Wohlwollens (amor benevolentiae im Unterschied zur L. zu einem Gut, das der [berechtigten] Selbstbehauptung als Moment oder Mittel dient: begehrende Liebe [amor concupiscentiae]). Insofern diese sich selbst in Gott hineinvergebende L. frei von Gott mit dem Menschen mitgeschaffen ist, in ihrem Ankommenkönnen in der Innersten Intimität Gottes (als Kindes- u. Freundesliebe im Unterschied zur L. des Knechtes zu seinem Herrn) nur ermöglicht wird durch die zuvorkommende Selbstgabe Gottes an den Menschen u., um dieser „kongenial» wirklich entsprechen zu können („würdig» zu sein), von dieser selbst getragen werden muß u. dabei immer auch eine Überwindung der schuldhaften Selbstigkeit des Menschen durch Gott bedeutet, ist solche L. ↑Gnade, „eingegossene ↑Tugend«, die mit der ↑Rechtfertigung untrennbar verbunden ist (DS 1530f 1561, NR 801f 829). Insofern die L. des Menschen zu Gott an der selbstlos sich schenkenden (also sich nicht am vorgegebenen „Ideal» entzündenden: Eros), zum Niedrigen sich selbstverschwenderisch herablassenden L. Gottes (Agape == caritas) hängt u. in sich den von Gott geliebten Mitmenschen in die Teilnahme an der L. Gottes zu ihm hineinnimmt, muß auch sie als ↑Agape verstanden werden. Weil sie der totale, alles integrierende Grundakt des Menschen ist, ist sie einerseits das Ganze dessen, was als Heilstat vom Menschen verlangt wird, muß aber anderseits selbst sich in die plurale Fülle der echt untereinander u. von der L. verschiedenen geistigen Vollzüge (↑Glaube, ↑Hoffnung, ↑Reue. ↑Gerechtigkeit usw.) auslegen, die von der L. durchformt, „informiert», ihre Greifbarkeit, ein Kriterium ihrer Echtheit u. Weisen ihres Wachstums sein können, ohne darum einfach schlechthin mit ihr identisch zu sein (DS 1532 1559 1579 2625, NR 803 827 847) u. so ohne ihr Dasein absolut eindeutig manifest zu machen, u. die (als noch nicht von der L. informierte, [„informe»] Tugenden) im personal-geschichtlichen Werden des Menschen als noch nicht totales Engagement der L. auch vorausgehen u. ihren Vollzug vorbereiten können. Die L. zum Mitmenschen, soweit man sie von der ↑Nächstenliebe unterscheiden kann u. muß, ist der Wille zu einem personalen Gewollten als einem ↑Guten (Wert) mit dem Ziel, dieses zu eigen zu bekommen u. Freude daran zu haben. Diese L. ist untrennbar von dem Wunsch, den Geliebten in sich selbst zur Vollendung seines Wesens zu bringen; indem der Liebende dies versucht, übernimmt er die unendliche Aufgabe, sich selbst zu verwirklichen (↑Geist). In beidem erweist sich die L. als die Weise, wie die Unendlichkeit in endlicher Gestalt aufscheint. Damit ist auch gegeben, daß menschliche L. sich nüchtern u. real mit den Grenzen des Geliebten bescheiden muß u. in ihrer notwendigen, nicht auszumerzenden Hoffnung auf unendliche Erfüllung die Enttäuschung nicht den Geliebten entgelten läßt. Gerade vom Christentum her ist außerdem der Öffentlichkeitscharakter der L. u. ihre weltverändernde Kraft nicht zu übersehen. Das Christentum behauptet nicht, außerhalb seiner, etwa im ↑Atheismus, werde keine L. realisiert. Dies anzunehmen, verbietet ein inneres Verständnis der wahren Einheit (was nicht heißt: Einerleiheit) von Gottesliebe u. Nächstenliebe, das die L. außerhalb des Christentums auch von dem Wissen «aus sieht, daß eine wirklich absolute Nächstenliebe schon einen (unthematischen) Theismus u. implizite L. zu Gott einschließt. Gerade darum tendiert das Christentum dahin, daß Gottesliebe als das verborgene u. höhere Geheimnis der menschlichen Existenz auch thematisch wird. Der heilsgeschichtliche Höhepunkt u. die letzte Garantie der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe wird erreicht in der L. zu ↑Jesus Christus in seiner Einheit von Gott u. Mensch. Er wird in jeder tathaften L. zu einem Menschen mitgeliebt (Mt 25, 34-40), so daß sich in Einheit der L. zu ihm u. dem Mitmenschen das Geschick jedes Menschen entscheidet, auch wo diese Einheit nicht gewußt wurde (Mt 25,37 ff). Das wird besser verständlich, wenn man bedenkt, daß a) echte L. zu einem bestimmten Menschen den Menschen aufschließt zur L. aller, u. b) die dialogisch responsorische L. zu einem endlichen, unverläßlichen, eventuell feindlichen Menschen einen Menschen, der zugleich Gott ist, als Gegenwart oder erhoffte Zukunft als Grund u. Garanten mitbejaht, soll sie die Unbedingtheit haben, mit der sie sich durch die Gnade vollziehen soll.

Limbus

(lat. = Saum, Rand), deutsch oft Vorhölle, theol. Fachbegriff für einen Ort oder Zustand, in dem die Verstorbenen zu denken seien, denen weder Seligkeit noch Verdammung zuteil wurde. Man unterschied den L. patrum, wo die atl. Gerechten u. die frommen Heiden auf die Eröffnung des ↑Himmels durch Jesus Christus warten mußten (mit den Anhaltspunkten Lk 16,22; l Petr 3, 18ff: ↑Höllenabstieg Jesu), u. den L. puerorum, wo jene Kinder in einer Art natürlicher Seligkeit zu denken seien, die ohne Taufe starben u. wegen des damit gegebenen Bleibens der ↑Erbsünde nicht zur ↑Anschauung Gottes kämen. Die Lehre vom L., zweifellos zunächst den spätjüdischen ↑Scheol-Vorstellungen entspringend, war vor allem in der Scholastik verbreitet. Heute wird in der Theologie die Existenz des L. puerorum bezweifelt, zumal keine kirchlichen Lehräußerungen darüber vorliegen, da jene Stellen, an denen die Frage anklingt, nichts Direktes zur Sache sagen wollen. Die wissenschaftliche Untersuchung, die nicht abgeschlossen ist, ergab auch, daß man nicht von einem ↑Consensus der Theologen in dieser Frage in früheren Zeiten sprechen kann. Das zugrunde liegende Problem wird aufgrund der Aussagen über den allgemeinen ↑Heilswillen Gottes, die ↑Begierdetaufe u. von einer adäquaten Theologie des ↑Todes aus anzugehen sein.

Literarische Gattungen

als Begriff der ↑Exegese u. ↑Hermeneutik bezeichnet die literarischen Formen oder stilistischen Eigenheiten der biblischen Bücher. Sie lassen sich wie jede Literatur grob in Prosa u. Poesie einteilen; näherhin stellt die atl. Forschung die Hauptgattungen Prosa (mit Predigten, Gebeten u. Erzählungen), Sprüche u. Lieder auf. Im NT spielen die l.n G. besonders in den Briefen eine Rolle (insofern z.B. Hymnen oder Predigten darin eingebaut sind). Die nähere Untersuchung der Evangelien nach Traditionsstücken, Redaktionsgeschichte usw. leistet die formgeschichtliche Methode. Der Sinn dieser wissenschaftlichen Zerkleinerung der biblischen Bücher liegt darin, den konkreten Hintergrund festzustellen, auf dem sowohl das Einzelstück als auch das Endkompositum entstanden sind, den sogenannten „Sitz im Leben». Es läßt sich dann genauer als bisher erheben, ob die biblischen Bücher (u. welche) sich als Geschichtsschreibung verstehen, in welchem Sinn man im alten Orient in seinen einzelnen Epochen von Geschichtsschreibung reden kann, was literarische Einkleidung, evtl. bereits theol. Interpretation u. was festzuhaltende eigentlich historische Aussage ist. Seit Pius XII. wird die kath. Bibelwissenschaft ermutigt, solche l. G. (deren Existenz das Lehramt nunmehr voraussetzt) mit Sorgfalt zu untersuchen, wobei sogar von der Möglichkeit gesprochen wird, die biblischen Schriftsteller hätten solche l. G. unreflex verwendet (DS 3829f 3862ff, NR 134, II. Vat., Offb. 12). Mit Hilfe der genauen Bestimmung dieser l.n G. soll nicht der Sinn der Aussage abgeschwächt, sondern genauer bestimmt werden, weil dieser in Büchern aus so alten Kulturkreisen u. uns ferne liegenden Mentalitäten oft nicht einfach durch das bloße Lesen genau erfaßt werden kann. Damit wird neben der göttlichen ↑Inspiration der ↑Heiligen Schrift auch die echte menschliche Verfasserschaft greifbar.

Liturgie

(griech. leiturgia = Tun des Volkes; in der griech. Bibelübersetzung des AT der atl. ↑Kult) bezeichnet den ganzen amtlichen Gottesdienst des mystischen Leibes Jesu Christi, nämlich des Hauptes u. der Glieder (so die Liturgieenzyklika «Mediator Dei» Pius› XII. 1947) (vgl. auch ↑Lex orandi – lex credendi). Nach Hebr ist Jesus Christus als der Hohepriester Liturge, allerdings gerade nicht in liturgisch-sakralem Sinn; nach Apk wird die Gott u. seinem Lamm erwiesene Anbetung im Bild eines feierlichen Zeremoniells geschildert. Die apostolischen Teile des NT enthalten zwar Hymnen, die beim Gottesdienst vielleicht gesungen wurden, nicht aber Gottesdienstordnungen. Der Gottesdienst der ersten Jhh. samt den Gebeten wurde als Mahlgedächtnis des Todes Jesu, als Lese- u. Gebetsgottesdienst mit Predigt u. Bekenntnis u. als zentraler Ort der Organisation christlicher Liebe sicher improvisiert; die ersten überlieferten Formeln wollen nur Beispiele sein; verpflichtend vorgeschrieben wurden solche Formeln erst um 600 n.Chr. in Rom. Erst mit dem Fortschritt der theol. Reflexion erstarrte der amtliche Text, damit keines der zahlreichen zu berücksichtigenden Momente vergessen werde: Mittlerfunktion Jesu Christi, dramatische Symbolik (entweder des Lebens Jesu oder der himmlischen Liturgie), Verbindung der Anamnese des Herrentodes mit dem Gedächtnis der Heiligen usw. Der letzte Schritt hierbei war das Festhalten an bloßen Kirchensprachen (d.h. «toten» Sprachen). Eine wirkliche liturgische Erneuerung ist mit dem II. Vat. (Lit.) in Gang gekommen. Der Prozeß wird darauf abzielen müssen, daß die L. zum Ort der wirklichen Äußerung u. Praxis des Volkes wird u. daß in ihr die eschatologischen Inhalte der christlichen Botschaft nicht nur symbolisch-entschärft tradiert werden.

Loci theologici

in der ev. Theologie, wo der Begriff im 16. Jh. geprägt wurde, die unter inhaltlichem Gesichtspunkt gegliederten Hauptstücke des Glaubens; in der kath. Theologie die Erkenntnisquellen der Theologie: das kirchliche ↑Lehramt, das die ↑Offenbarung in ↑Heiliger Schrift u. ↑Tradition hütet u. auslegt, die ↑Kirchenväter u. ↑Theologen, auch die ↑Liturgie u. das ↑Kirchenrecht. Zum Grundsätzlichen u. zur Methode vgl. die angegebenen Einzelartikel, ferner ↑Dogmatik,, ↑Theologie, ↑Erkenntnislehre.

Logos

(griech. = Wort) heißt Jo l, 1.14 u. l Jo l, l der /Sohn Gottes ↑Jesus Christus. Nach den genannten Stellen kommt dem L. ↑Präexistenz zu, er ist bei Gott, auf Gott hin u. ist Gott, durch ihn ist alles geschaffen, er ist Licht u. Leben der Menschen u. ist Fleisch geworden. Der so nicht nur das Offenbarungswort Gottes bezeichnende, sondern von einer Person gebrauchte, sein Sohn-(Zeugungs-)Verhältnis zum Vater andeutende Begriff kommt analog bereits in der spätjüdischen Weisheitsliteratur vor; es wird jedoch angenommen, daß er von dort zunächst in die Spekulationen des jüdischen Religionsphilosophen Philon v. Alexandrien aufgenommen, dann in die frühchristlichen Christushymnen übernommen wurde u. in das Johannesevangelium Eingangfand, vielleicht als Hymnus, der geschlossen in den Johannesprolog hineinkomponiert wurde. Die Betonung der Fleischwerdung u. wahren Gottheit weist auf eine antignostische Tendenz hin, die sachlichen Aussagen harmonieren mitderübrigen ntl.Christologie. Bei den Kirchenvätern der ersten drei Jhh. entfaltete sich eine reiche L.Theologie, die allerdings unter platonisierenden Einflüssen in die Gefahr des ↑Subordinatianismus, durchjüdische Einflüsse in die eines ↑Modalismus geriet, doch wurde der L. trotz der ungeklärten Terminologie (↑Hypostase, ↑Person) bei den Vätern selbst immer als ungeschaffen auf seiten des Vaters gegenüber den Geschöpfen gesehen. ↑Wort Gottes.

Logosmystik

ist die mystische Auffassung von der Gemeinschaft des Getauften mit dem ↑Logos Jesus Christus, die näher beschrieben wird als bräutliches Verhältnis der Einzelseele zu Jesus oder als Geburt Jesu in der Seele (bzw. im ↑Herzen). Am schönsten u. deutlichsten findet sie sich bei Origenes, von ihm her bei großen griech. Theologen, im Westen namentlich bei Meister Eckhart. Vgl. dazu auch ↑Christusmystik.

Lohnmoral

Im Evangelium wird an einigen Stellen dem christlichen Handeln „Lohn“ verheißen (wenn der Lohn auch nicht in irdischer Form erfolgt, sondern „groß ist im Himmel“: Mt 5,12). Wegen der Beibehaltung des Lohnmotivs u. etlicher Vergröberungen wurde der kath. Moral der Vorwurf gemacht, sie bejahe sittliche Werte um vorsittlicher Werte willen. Der Vorwurf trifft im Grundsätzlichen nicht zu. Was den „Lohn im Himmel“ angeht, so wirkt er nicht kaufmännisch-mechanisch; jeder Christ kann nur um seinetwillen handeln, da er ja gerade in der gnadenhaften, ungeschuldeten u. unverdienten Aufnahme in die ↑Basileia besteht u. das ↑Heil das von jedem Menschen Erhoffte u. Ersehnte ist u. darin letztlich immer Gott ’selbst gemeint u. bejaht ist (vgl. die Motivation der ↑Bergpredigt). Der irdische Lohn ist meist sachlich identisch mit der lebensfördernden, dem sittlich richtigen Handeln immanenten Sachgerechtigkeit, die also nicht ein vorsittlicher Wert ist.

Lyon

Von den beiden in der französischen Stadt L. abgehaltenen ökumenischen Konzilien (13. ökumenisches, vom 2’f. 6. bis 17. 7. 1245 unter Innozenz IV.; 14. ökumenisches, vom 7. 5. bis 17. 7. 1274 unter Gregor X.) ist das II. theol. bedeutsam durch die im Interesse der Wiedervereinigung mit den getrennten Griechen präzisierte u. definierte kath. Lehre von der hl. ↑Dreifaltigkeit) besonders dem Hervorgang des Heiligen Geistes (↑Filioque) u. der Existenz der sieben ↑Sakramente (DS 850-861, NR 921-929).

M

Macht

(Herrschaft). Das Streben nach Verwirklichung des eigenen Willens, der eigenen Interessen u. Überzeugungen sowie nach Erweiterung des eigenen Freiheitsraumes (↑Gewalt) – auch gegen das (berechtigte) Widerstreben anderer – gehört sowohl zur anthropologischen Grundausstattung des Menschen (Hobbes u. Nietzsche) wie auch zu den entscheidenden Merkmalen staatlicher Gebilde. In beiden Fällen sind zur deskriptiven Erfassung der realen M. die psychischen u. sozialen Faktoren durch das materielle u. ideelle M.potential zu ergänzen: natürliche Ressourcen, Kapital, industrielle u. militärische Kapazität, politischer u. moralischer Einfluß, Information, Bürokratie, Propaganda (Werbung), Autorität. Wird die Verteilung der Chancen zur Durchsetzbarkeit dieses Willens zur Macht durch ein System von M.beziehungen -sei es auf der Basis von Delegation u. Anerkennung, freiwilligem oder erzwungenem Gehorsam, Manipulation oder offener Unterdrückung-geregelt u. institutionalisiert, so entsteht Herrschaft. Die Herrschenden sind in allen bisher geschichtlich existierenden sozialen Systemen insofern auch immer privilegiert, als sie das zur Verfügungstehende M.potential immer auch prinzipiell zur Aufrechterhaltung der bestehenden Herrschaftsstruktur einsetzen u. eine Neu- oder Umverteilung der M. verhindern können. Die Herrschaftsstrukturen definieren daher weitgehend die möglichen Formen der M.ausübung (hierarchische M.konzentration; demokratische M.Verteilung; Mitbestimmung aller Beteiligten). Eine im Interesse der Beherrschten denkende politische Theorie hat daher seit Beginn der Neuzeit versucht, Vorschläge zur Kontrolle, Begrenzung u. zum Abbau von M. zu entwickeln u. in gesellschaftsverändernder Praxis in politischen Strukturen zu verwirklichen (Gewaltenteilung, Menschenrechte, Parlamentarisierung, ↑Demokratisierung). Über die anerkannten politischen Motive hinaus ist eine radikale theol. Kritik jeder Substantialisierung von M. u. Herrschaft u. unzumutbarer Machtkonzentrationen in besonderer Weise durch die befreiende Botschaft u. Praxis Jesu legitimiert. Die in der Botschaft Jesu verkündete M. u. Herrschaft Gottes entfaltet sich dadurch, daß sein erlösendes Wort u. seine helfende Tat mit göttlicher Voll-Macht den Bedrängten u. Verlorenen ein neues Leben schenkt. Darum steht diese M. Gottes in unversöhnlichem Gegensatz zu jedem unsolidarischen Selbstbehauptungswillen u. M.Streben wie auch zur religiös-metaphysischen Verdrängung oder Überhöhung politischer Mächte u. Herrschaftsideologien. Als letzte Konsequenz seiner Botschaft von der versöhnenden Herrschaft Gottes nimmt Jesus den Kreuzestod auf sich. Sein Leiden wird zum befreiend-mahnenden Zeichen der Solidarität Gottes mit der Ohnmacht des verlassenen Gerechten u. damit zur geschichtlichen Grundlage der selber heilschaffenden M. des Evangeliums. Durch die Teilhabe an staatlicher M. ist die Kirche daher immer in Gefahr, der ursprünglichen Intention untreu zu werden. K. F.

Makedonianismus

(fälschlicherweise nach einem Bischof Makedonios v. Konstantinopel Mitte des 4. Jh.), eine theol. Lehre, die behauptete, der bis dahin ohne besondere theol. Reflexion über sein Wesen in einer Linie mit Vater u. Sohn genannte Heilige Geist sei wohl nur ein Geschöpf, mindestens sei in der Schrift sein Wirken nie als göttliches (einer Person) geschildert (daher griech. Pneumatomachen = Geistbekämpfer). Andere nahmen an, er sei ein Mittelwesen zwischen Gott u. Schöpfung. Diese in Konsequenz des ↑Arianismus entstandene Richtung wurde auf dem l. Konzil von ↑Konstantmopel, wo sie von 36 Bischöfen vertreten wurde, verurteilt.

Manichäismus

die von dem Babylonier Mani Mitte des 3. Jh. gegründete Heilslehre. Mani hielt sich für den letzten großen Propheten (u. a. nach Zarathustra, Buddha u. Jesus), deren unvollkommene (weil nicht von ihnen selbst schriftlich fixierte) Religionen er zu krönen habe. Mani starb nach Anklage durch die Priester der Staatsreligion (= Magier) den Tod für seinen Glauben (um 277 n.Chr.). Seine in einer riesigen Literatur (verloren, Fragmente im 19./20. Jh. gefunden) niedergelegte Religion ist eine Form der ↑Gnosis, die auf radikalem ↑Dualismus gründet, der seinerseits „heilsgeschichtlich» entwickelt wird (ursprüngliche Scheidung – Vermischung – Wiederherstellung der Scheidung). In der mittleren Periode wurde der Sohn Gottes, der „Urmensch», besiegt; seine Seele mit der Materie vermischt. In einem langen Erlösungsprozeß werden die Gesandten Gottes (darunter auch Jesus) wiederholt besiegt; sie vermögen die in die Körper gebannten Seelen nicht zu befreien, deren Rückkehr ins Lichtreich nur durch die Annahme der Heilsbotschaft Manis, des ↑Parakleten, möglich ist: die an ihn Glaubenden bilden die Kirche der Vernunft. Heil liegt im Bewußtwerden seiner selbst (geknüpft an radikale Enthaltsamkeit). Unvollkommene verfallen der Wiedergeburt. Der auch im Westen bekannte M. (dem Augustinus 9 Jahre lang anhing) breitete sich in Zentral- u. Ostasien aus, wo er im 14. Jh. unterging.

Maria

ist die jungfräuliche Mutter ↑Jesu Christi. Im freien, ihr von Gottes Gnade geschenktem Jawort ihres Glaubens hat sie den Sohn Gottesempfangen u. ihm aus ihrem Schoß jenes Dasein geschenkt, durch das er Glied der einen Menschheit u. so deren Erlöser werden konnte (Mt 1,18-23; Lk 1,26-38). Infolge der ↑hypostatischen Union des Sohnes Gottes mit der menschlichen, aus M. empfangenen NaturistM. „dieMutterdes Herrn» (Lk 1,43), die „Gottesgebärerin» (DS 250ff, NR 172; II. Vat., Kirche 53; ↑Gottesmutterschaft). So ist die Tat M.s ein zentrales Ereignis der Heilsgeschichte.

1. Diese Tat wird vom Menschen M. als Empfang der ankommenden Gnade Gottes getan in echter Partnerschaft mit dem am Menschen handelnden Gott u. im Namen der ganzen Menschheit. Obgleich M. von der neueren Theologie ↑Corredemptrix (vgl. DS3370 Anmerkung) genannt wird, ist gleichzeitig deutlich, daß diese ihre Funktion von qualitativ anderer Art ist als die des gottmenschlichen ↑Mittlers u. Erlösers. Indem die Schrift (Jo 19,25-27) M. zeigt als die Frau schlechthin (die zweite Eva u. die Mutter der Erlösten) unter dem Kreuz, dem Baum der Erlösung, ist erkennbar, daß die Funktion der Heilsempfängnis, die ihr als Mutter Jesu eignet, von ihr durchgetragen wurde durch ihr ganzes Dasein, bis zur ,,Stunde» der Erlösung (Jo 2,4) .Heilsgeschichtlicher Auftrag (Gottesmutterschaft) u. persönliche Heiligkeit (Seligkeit des Glaubens) bedingen u. entsprechen sich gegenseitig. Wegen dieser ihrer zentralen Stellung in der Heilsgeschichte (als sie selbst heiligende ..Empfängnis» des Heiles schlechthin für alle) ist M. für das Glaubensbewußtsein der kath. Kirche der absolute, radikale Fall der Erlösung des Menschen, die in vollkommener Weise Erlöste (II. Vat., Kirche 53) u. darum der Urtyp des Erlösten u. der Kirche überhaupt (ebd. 53 63 65), eingeschlossen in dem Willen Gottes zu der erlösenden u. als solcher siegreichen Menschwerdung des Wortes Gottes.

2. Darum ist M. von der Erbschuld (↑Erbsünde) bewahrt (DGL: DS 2803 f, NR 479), indem sie, obzwar Glied der Geschlechts- u. Schuldgemeinschaft der Menschheit, wegen ihres Einbegriffenseins in den Willen Gottes zur Erlösung durch die „vorausgesehenen Verdienste Christi» vom Anfang ihres Daseins an (↑Unbefleckte Empfängnis) die heiligende Gnade besaß (DS 20152017). Aus demselben Grund ist sie stets sündentos (DS 1573, NR 472) u. der Begierlichkeit (↑Begierde) nicht unterworfen (DS 1515f, NR 357f). Daß sie den Sohn Gottes ohne Zutun des Mannes empfing, ist ausdrücklich in der Schrift bezeugt (Jungfräulichkeit vor der Geburt; Mt l, 18 ff: Lk 1,34-35; DS 5331880, NR 209 473; ↑Jungfrauengeburt). Durch dieses vaterlose u. doch einer Mutter entstammende Werden ihres Sohnes tritt greifbar in Erscheinung, daß mit ihm der radikale Neuanfang des Heiles gesetzt u. nicht die schuldverstrickte Geschichte der Menschheit fortgesetzt wird, aber doch diese selbst in das Neue hinein erlöst wird. In dem Sinn u. Umfang, daß das Verletzende u. Leidvolle der Geburt nach Gn 3,16 Erscheinung der Herrschaft der Sünde ist, ist M.s Gebären davon ausgenommen (Jungfräulichkeit in der Geburt; DS 1880, NR 473). Wegen der restlosen Ubereignetheit ihres ganzen Seins u. Lebens an den einzigen Dienst Gottes u. Jesu Christi (vgl. l Kor 7,34), u. zwar in der Öffentlichkeit der Heilsgeschichte u. der Kirche, die von M. repräsentiert wird, weiß die kath. Kirche M. als immer (nach der Geburt; DS 1400 1880, NR 473) jungfräulich (II. Vat., Kirche 46 63; ↑Brüder Jesu).

3. Weil die Heilsgeschichte so schon fortgeschritten ist in ihre endgültige Phase des Beginnes der Verklärung auch der materiellen Welt (durchdie ↑Auferstehung Jesu; vgl. auch Mt 27,52f), darum bekennt die kath. Kirche, daß M. als die vollkommene Erlöste schon jetzt mit Leib und Seele ihre Vollendung gefunden hat (↑Aufnahme Marias, DS 3903 f, NR 487, II. Vat., Kirche 59). Insofern diejenigen, die das Heil erlangt haben durch die Endgültigkeit ihres vollendeten Lebens, bei Gott für die Gemeinschaft der Heiligen auf Erden eintreten, wird M. wegen ihrer einmaligen Stellung in der Geschichte des Heils als Mediatrix, die „Mittlerin aller Gnaden» (DS 3274 3370, vgl. II. Vat., Kirche 62), verehrt, freilich nicht wie Jesus Christus von erwirkender, sondern von dienstbar erbittender u. empfangender Art u., wie das II. Vat. sagte, völlig von der Mittlerschaft Jesu Christi abhängig (Kirche 60). Die Kirche hat dazu dogm, noch nicht Stellung genommen.

4. Aus dem Leben M.s ist wenig bekannt. Was darüber außerhalb der spärlichen Notizen der Schrift (vgl. Lk 1-2; Mt 1-2; Jo 2,1-11; Mk 3,31-35; Jo 19,25-27: Apg 2,14) berichtet wird, ist legendär. Die meisten Angaben über M. verdanken wir Lk 1,26-38. Ihre Abstammung aus dem Haus Davids steht nur fest, wenn die Worte „verlobt mit einem Mann namens Josef» in Lk 1,27 nicht zur ursprünglichen Quelle gehören (P. Gaechter). Die Würde M.s blieb ihrem Volk verborgen, zumal sich ihr Leben dank ihrer legitimen Ehe mit Josef nach den jüdischen Gesetzen u. Sitten abspielte. M. teilt das religiöse Leben der Frommen ihres Volkes (Darstellung u. Beschneidung des Kindes, Tempeiwallfahrt), lebt ein Leben der Arbeit, Armut u. der willigen Entgegennahme der undurchschaubaren Verfügungen Gottes. Während des öffentlichen Lebens Jesu bewahrt sie nach Jesu Willen eine Haltung, die zeigt, daß nicht die rein leibliche Mutterschaft als solche, sondern die glaubende Erfüllung des Willens Gottes (auch in dieser Mutterschaft) das Entscheidende ist; sie tritt zurück, um in der entscheidenden Stunde Jesu unter seinem Kreuz zu stehen. Sie ist betend in der Gemeinde der Jünger nach Jesu Weggang. Über die Umstände ihres Todes ist historisch nichts bekannt. Doch kann (entgegen neuerer Bestreitung durch einzelne kath. Theologen) nicht daran gezweifelt werden, daß sie gestorben ist in der echten Vollendung ihrer irdischen, das Los aller Menschen mittragenden Existenz in der Nachfolge des Sterbens ihres Sohnes, da sie nicht die paradiesische Herrlichkeit, sondern den vollendeten Sieg der Gnade Jesu Christi in der Schwachheit des Fleisches darstellen sollte.

5. Verehrung. Entsprechend der christlichen Möglichkeit der ↑Heiligenverehrung überhaupt u. M.s einzigartiger Stellung in der Heilsgeschichte u. in der Gemeinschaft der Heiligen ist sie .„seligzupreisen von allen Geschlechtern» (Lk 1,48), weil im Preis der Tat Gottes an ihr in einzigartiger Weise der Preis des einen u. umfassenden Großen geschieht, das Gott an der Menschheit überhaupt getan hat. Als Mutter Gottes kommt ihr besondere religiöse Verehrung zu, die mit ↑Anbetung nichts zu tun hat (↑Hyperdulie).

Mariologie

die theol. Lehre über Maria. Daß Aussagen über Maria als Glaubensaussagen möglich u. notwendig sind u. es sich dabei nicht bloß um historische Notizen handelt, die zur Aussage von geschichtlich sich ereignenden Glaubenswirklichkeiten unvermeidlich, aber auch belanglos sind, das bezeugen schon das NT u. das Apostolische Glaubensbekenntnis. Berichte über Maria bei Mt, Lk u. vor allem Jo stehen schon unter einem ganz bestimmten theol. Interesse (↑Jungfrauengeburt, Kindheitsgeschichten, Davidssohn, Tendenzen gegen den ↑Doketismus usw.). Die Aussagen über Maria kann also der kath. Christ nicht als zwar richtig, aber „für ihn» als „uninteressant» auf sich beruhen lassen; sie gehören zu seinem Glauben, wobei freilich die dogmengeschichtliche, persönliche u. religionspädagogische Frage des Maßes der faktischen u. wünschenswerten Explizitheit oder Jmplizitheit so wenig wie bei vielen anderen Glaubenswahrheiten schon genau beantwortet ist. Der sachliche Grund für eine M. liegt darin, daß das im Glaubensgehorsam anzunehmende Heil so der fleischgewordene Logos Gottes u. die Annahme des Kreatürlichen in Gott hineinist, daß der Glaube (religiöser ↑Akt) notwendig eine „inkamatorische» Struktur hat, d.h. nicht nur der rettende Gott, sondern die Kreatur als gerettete geglaubt wird, der Mensch im Glauben als solchem nicht nur Gott, sondern sich selbst annehmen kann u. muß. Daraus ergeben sich auch für die M. alle Rechte u. Pflichten eines theol. Einzeltraktats: er muß nicht nur wirklich nach den Prinzipien der kath. Dogmatik vorangehen; die M. als Einzeltraktat muß sich als Teil eines höheren Ganzen verstehen u. zu ihm hinführen. Da über Maria nur von Jesus Christus her etwas gewußt werden kann, muß die M. im Ganzen der Dogmatik auf die ↑Christologie u. ↑Soteriologie folgen. Bedenkt man aber, daß auf diese beiden Traktate ebenso wesentlich u. unmittelbar eine dogmatische ↑Ekklesiologie als Traktat über die geschichtliche, soziologische u. gnadenhafte Bleibendheit Jesu Christi u. seiner Erlösung in der Welt u. deren Annahme zu folgen hat, dann erscheint die M. auch wie ein inneres Moment u. erster Abschnitt einer dogmatischen Ekklesiologie, was ja durch die in der Sache selbst begründete Parallele zwischen der Kirche u. Maria in der ganzen Tradition gerechtfertigt ist u. sachlich darin seinen Grund hat, daß Maria als Erlöste u. Glaubende u. als heilsgeschichtlich in entscheidender Weise Handelnde zur Kirche gehört u. den rein vollendeten Fall derer darstellt, die die Kirche bilden. Wenn der Tatsache Rechnung getragen wird, daß im NT Maria als diejenige bezeugt ist, die nicht nur biologisch, sondern im freien Glaubensgehorsam Mutter des Herrn wurde, ihre Mutterschaft also in einer total personalen Weise zu denken ist u. in die öffentliche u. amtliche Heilsgeschichte an deren eschatologisch entscheidender Stelle hineingehört, dann läßt sich von daher ein mariologisches Grundprinzip als schriftgemäß erweisen, nämlich ein solches Prinzip, von dem aus in Verbindung mit dem Ganzen der Heilsökonomie die übrigen dogmatischen Aussagen über Maria (↑Unbefleckte Empfängnis, bleibende Jungfräulichkeit, Sündenlosigkeit u. Gnadenfülle, ↑Aufnahme Marias in den Himmel) als auf der Schrift beruhend, wenn auch nicht in ihr formell ausgesprochen, dartun lassen. Die letzte Sicherheit für diese Entfaltung des in der Schrift Grundgelegten im Glaubensbewußtsein der Gesamtkirche beruht natürlich nicht auf privater Exegese u. Spekulation allein, sondern auf dem Beistand des Geistes, der dem apostol. ↑Lehramt verheißen ist.

Martyrium

ist der ↑Tod um des christlichen Glaubens oder der christlichen Sitte willen: schon im 2. Jh. wird als martys (griech. = Zeuge) angesehen u. verehrt, wer diesen Tod auf sich genommen hat. Dieser Sprachgebrauch ruht insofern auf der Schrift, als Jesus Christus der ..getreue Zeuge» (Apg 1,5; 3,14) schlechthin ist, der Jünger aber nicht über dem Meister ist. Nach der allgemeinen christlichen Tradition heißt nicht jede ↑Verfolgung der Kirche (Erschwerung ihrer gesellschaftlichen Position) oder Schikane gegen einzelne Christen auch schon M. (vgl. II. Vat., Kirche 42). Das M. gehört zum Wesen der Kirche, da an ihm der christliche Tod schlechthin zur Erscheinung kommt, als der Tod des freien Glaubens, der sonst in der Zweideutigkeit alles menschlichen Geschehens verborgen ist. Im M. erhält die ↑Heiligkeit der Kirche als nicht nur subjektive, sondern durch Gottes Gnade gewirkte ihre notwendige Greifbarkeit, die aus ihr im ausgezeichnetsten Sinn ein Glaubwürdigkeitsmotiv macht. Von daher wird auch verständlich, warum die theol. Tradition von den ältesten Zeiten her dem M. dieselbe rechtfertigende Kraft wie der ↑Taufe zuschreibt (M. = „Bluttaufe»). Diese Kraft hat das M. nicht bloß darum, weil es als Akt glaubender Liebe rechtfertigt auch vor dem Sakrament, wie jeder Akt glaubender Liebe es auch sonst tut. Die rechtfertigende Kraft des M. ist gewissermaßen sakramentaler Art: es ist ja das Erscheinen einer gnadenhaften Wirklichkeit, die Greifbarkeit einer Gnadentat Gottes am Menschen.

Marxismus (LThK)

l. Begriff u. polit. Erscheinung. Unter M. versteht man zunächst die Lehren von Karl ↑Marx, sodann eine daraus ideell gespeiste polit. Bewegung der Arbeiterklasse. Diese Bewegung u. ihr ideeller Grund sind freilich vielfältig. Zusammengehalten durch das Endziel der Sozialist,, d. h. klassenlosen Gesellschaftsordnung, streiten sich um den wahren Marx, d. h. um die dieses Endziel voraussagenden Theorien u. die zu ihm hinführenden sozialkämpferischen Methoden, als zwei wesensverschiedene „Marxismen», vor allem ↑Kommunismus u. ↑Sozialismus.

Über Sozialäsmus u. Kommunismus hinaus ist jedoch deren gemeinsamer ideeller Grund als vorbegrifflicher sozialist. u. geradezu ersatzreligiöser Mythos in der heutigen Geistigkeit weit verbreitet. Sosehr die Wiss. viele wirtschafts- u. gesellschaftswiss. Prognosen v. Marx im einzelnen widerlegt hat, so fest beharrt die ihnen zugrunde liegende Philosophie u. Weltanschauung im Bewußtsein der heutigen Massen.

II. Der marxistische Mythos. In ihm bildet das eigentl. Wesen des Menschen die vollendete Wesenseinheit v. Natur u. Gesch.; in dieser entspricht dem Humanismus der Natur, mit dem der Mensch in der Natur nur noch sich selbst festhält, zugleich der Naturalismus des Menschen, mit dem der Mensch sich selbst nur noch gemäß dem gelten läßt, womit das Naturgeschehen ihm ihn selbst verkörpert, für ihn das „materielle Leben» bedeutet. Für den damit verkündigten mystischen ↑Materialismus beruft sich Marx ausdrücklich im Geist der Aufklärung auf den neuzeitl, Humanismus, d. h. den Glauben des Menschen an sich selbst. Für diesen „mit dem Humanismus zusammenfallenden Materialismus» Marxens gestattet es die Welt dem Menschen, ja sie fordert ihn geradezu auf, sich in dem v. ihm gehandhabten Geschehen auf sich selbst zu stellen u. dadurch das Ganze des Daseins aus seiner angeblich „jetzt» deformierten Gestalt n. den Menschen aus seiner heutigen Selbstentfremdung wieder in die urspr, Wahrheit u. Eigentlichkeit zurückzuholen.

In Anknüpfung an diesen uralten gnostischen Traum der Menschheit verkündigt Marx die «Rückkehr des Menschen» aus aller Entfremdung seines Wesens zurück in seine Wahrheit, d. h. in jenen seinen angeblich ursprünglichen u. eigentl. Stand, der bisher in der Gesch., ausgenommen die Urgeschichte, verunglückt sei, der aber jetzt im technisch-industriellen Zeitalter endlich wiederhergestellt werden könne. Diese Selbstentfremdung des menschl. Wesens liegt für Marx in dem aus der Arbeitsteilung entstandenen Privateigentum, also in der rechtl.-polit, Sicherung der personalen Eigenständigkeit des Menschen, beschlossen. Darum proklamiert Marx die Rückkehr des Menschen „in sein menschl., d. h. gesellschaftl. Dasein», genauer: in das absolut vergesellschaftete Dasein. Dieses ist für ihn die rettende Wahrheit des Menschen, die sich ihm im technisch-industriellen Zeitalter aus seiner währenden u. jetzt noch wachsenden Unordnung u. Unwahrheit heraus öffne.

In einer neuen, nicht mehr mechanist., sondern dialekt. Art des ↑Determinismus verzweifelt also Marx an der Kraft des personalen Gewissens, die Welt in Ordnung zu halten, u. vertraut nur noch der sachlichen Entwicklung der Welt u. der daraus angeblich in hist. Gesetzmäßigkeit hervorgehenden völligen Vergesellschaftung der mensdll. Verhältnisse. Während bei dieser Entwicklung zum Sozialismus der Kommunismus revolutionär Gewalt angewandt sehen will, erwartet der marxist. Sozialismus die völlige Vergesellschaftung des menschl. Daseins evolutionär aus der Zwangsläufigkeit des gesellschaftl. Geschehens selbst. Die Idee der währenden Selbstentfremdung des Menschen u- der jetzt im technisch-industriellen Zeitalter gegebenen Möglichkeit seiner Selbstversöhnung betrifft das Verhältnis des Menschen einerseits zu dem v. ihm gehandhabten Naturgeschehen, anderseits zu den Mitmenschen, die mit ihm zus. das Naturgeschehen handhaben. Dieses Doppelverhältnis muß nach Marx seine in der Gesch. verlorengegangene urspr. Gestalt wiederbekommen, d. h„ für den Menschen muß, damit ihm sein Wesen aus der es bannenden Entfremdung herauskomme, die Natur z. Menschen werden. Die Identischwerdung des Menschen mit der Natur, die er handhabt, ist nach Marx für den Menschen das Mittel, um aus seiner Selbstentfremdung heraus wieder in sein wahres Wesen zurückzukehren. Die Natur werde aber für den Menschen z. Menschen nur in der zu ihrer absoluten Gestalt zurückgedrehten Gesellschaft: „Erst hier (d. h. in der völligen Vergesellschaftung aller menschl. Verhältnisse) ist ihm (dem Menschen) sein natürliches Dasein sein menschl. Dasein u. die Natur für ihn z. Menschen geworden; also die Gesellschaft ist die vollendete Wesenseinheit des Menschen mit der Natur, die wahre Resurrektion der Natur, der durchgeführte Naturalismus des Menschen u. der durchgeführte Humanismus der Natur» (Ökonom.philos. Manuskripte aus dem Jahre 1844: Kleine ökonom. Schr. [B 1955] 128 f). Resurrektion der Natur besagt: die Welt hat im Menschen u. als der Mensch selbst aufzuerstehen, d, h„ wieder ihr eigentl. Wesen zu erlangen. Die Natur ist v. urspr. „menschlichem» Wesen: Humanismus der Natur; der Mensch seinerseits ist Natur: Naturalismus des Menschen. Beides zusammengenommen ergibt die Wahrheit des Menschen. „In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit u. Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen» (Thesen über Feuerbach 2).

Grundlegend ist also für Marx das technizistische Prinzip von der Identität des Menschen mit der Natur od. die Dialektik als das Gespräch, das der Mensch durch die Natur hindurch mit sich selbst führt (L, Feuerbach). Dieses Prinzip bedeutet eine in der Wurzel voluntaristische, in der Durchführung aber höchst folgerichtige Umpolung der Welt u. des menschl. Daseins, eine Umsinnung des Naturgeschehens wie seiner Handhabung durch den Menschen durch die Ableitung beider aus dem einheitlichen „Subjekt-Objekt» heraus.

III. M. u. Religion, l. Religiöse Aspirationen des M. Durch sein Grundwesen, die nicht mehr idealist., sondern materialist. Gestalt der Philosophie der Identität des Menschen mit der Natur, formuliert der M. einerseits das Kernwesen der Weltanschauung der Gegenwart: das bloße Streben, die Welt wiss. u. technisch immer mehr in die Hand zu bekommen. Es ist diese technizistische Eindimensionalität des Daseins, die an der Wurzel des M. liegt, nicht das sozialpolit. Ziel der Emanzipation des Proletariats. Dieser „wiss. Sozialismus» dürfte eigentl. nicht mehr wie der „utopische Sozialismus» im Sinn des sozialist. Ideals an die Einsicht u. das Gewissen appellieren, weil sich für ihn der Znsammenbruch der kapitalist, u. die Heraufkunft der sozialist. Gesellschaft in geschichtl. Gesetzmäßigkeit vollzieht; das Proletariat ist für Marx nur der Fahnenträger für die „Verwirklichung» dieser Philosophie, die nichts anderes ist als die theoret. Form des Technizismus, d. h. der Entfesselung der Technik, also der um ihrer selbst willen betriebenen od. mit dem Anspruch auf die Selbstgesetzlichkeit ihrer Entwicklung auftretenden Technik. Nur innerhalb dieser universalen Gebanntheit aller Menschen durch den als mystischer Körper aller Dinge u. Menschen auftretenden Zshg, des Geschehens vertritt der marxist. Sozialismus die menschl. Gegenseitigkeit teilweise mit einer gewissen rel. Ergriffenheit (s. u.).

Anderseits steht der M. durch diese seine Philosophie der Identität des Menschen mit der Natur in jener uralten geistes- u. religionsgeschichtl, Tradition der ↑Gnosis, die den Menschen anleitet, das ihm in der Welt gegebene Wesen als ein irgendwann in einem Urfall od. dgl. sich selbst entfremdetes zu empfinden u. aus dieser Selbstentfremdung heraus die Wiederversöhnung seiner selbst auf die Weise zu betreiben, daß er in der Wirklichkeit sich „selbst», die gegebene Wirklichkeit als solche mithin als nur das Medium, den Leib oder die andere Gestalt seiner selbst „erkenne». Als dieses sein eigentl. u. wahres Selbst stellt der M. dem Menschen jenes corpus mysticum aller Dinge u. Menschen vor Augen, das sich dem Menschen aus seiner Beziehung zur Natur u. zu den Mitmenschen dadurch erhebt, daß er im Naturgeschehen nur noch eine gegenständliche Gestalt seiner selbst gelten läßt.

Diesen neuen Lebensgrund, den hier der Mensch erhält, die sozialist. Gesellschaft, muß gerade der Theologe genau ins Auge fassen, um ihn nicht mit dem übernatürlichen corpus mystieum Christi zu verwechseln. Der M. übersteigert den v. Menschen in Wiss. u. Technik entfalteten „menschlichen» Faktor der Welt zu deren rein menschlichem Gehalt („Humanismus der Natur»), eben damit die in Wissenschaft u, Technik geschehende Perfektionierung des Daseins zu dessen einzigem Sinn („Naturalismus des Menschen») — mit der Folge, daß die totale Gesellschaftlichkeit des menschl. Daseins als der eigentl. Mensch u. als eine Art Sakrament erscheint, durch das die der menschl, Natur entsprechende Form des menschl. Daseins od. das menschl, Dasein in seiner Urordnung (Naturrecht, natürliche Sittlichkeit) erst erlöst u. zu einer gültigen Darbringung gemacht werden müsse.

Demgegenüber stellt sich die „jetzige» Ordnung der Welt als das Verkehrte schlechthin dar, als Auswirkung jenes verderblichen Hanges des Menschen, dem seine wahre u. eigentl. Gestalt erst abgerungen werden müsse. In diesem Sinn fordert Marx eschatologisch, man müsse die — kommunistische — Urgemeinschaft, diesen in der Gesch. verlorengegangenen reinen Urstand der Menschheit, wiederherstellen.

Je näher damit der marxist. Mythos, äußerlich gesehen, dem rel. Glauben kommt, desto gefährlicher wird er. Dies zeigt sich etwa in der revolutionären Gewalt des radikalen M. In dieser folgerichtigen Gestalt des M. erfüllt den Menschen die Begeisterung für sein angeblich wahres Wesen — die Welt die sich in der einseitig als Selbstbegründung seines Daseins betriebenen Arbeit als sein Machtleib hervorbringt — auf der anderen Seite mit Erbitterung gg. die Eigenständigkeit des einzelnen u deren gesellschaftl. Sicherung, das Privateigentum u. gg. die ganze naturrechtl. Autorität der urspr. Lebenskreise im vorstaatl. Bereich.

Hier kommen M. u. christl.-naturrechtl. Denken zu einer unversöhnlichen Gegnerschaft. Für den folgerichtigen mystischen Materialismus wird die der menschl. Natur gemäße Schöpfungsordnunj eine Art Sündenfall od. ursprünglich geschehene Verrottung der menschl. Natur. Folgerichtig glaubt dann der Mensch jenes corpus mysticum aller Dinge u. Menschen, das er als das einzige u. ganze Wesen der Welt u. des Menschen beansprucht, im menschl. Dasein feindlich entgegensetzen zu müssen jenem v. oben her gestifteten finalen od. Ordnungsganzen, das als Schöpfungsordnung die Einzelwesen auf die Weise miteinander verbindet, daß den menschlichen Einzelwesen ein personaler Insichstand u. die ganze naturrechtl. Mitgift für ihr Dasein in der Gesellschaft garantiert wird.

Der M. macht also die bloße technisch-gegenständliche Selbstverwirklichung des Menschen, vor allem auch die dann unvermeidliche Einswerdung aller Menschen untereinander, zu einer Art Religion, u. dieser rel. Sozialismus widerspricht, wo er folgerichtig auftritt, nicht nur der christl. Offenbarungsreligion, sondern auch jener natürlicher Gestalt der rel. Bindung u. Weihe des menschl. Daseins, die der kreatürlich-humanist. Glaube des Menschen an sich selbst als seinen Innersten Kern festhält. „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert» (u. dabei doch stets in ihrer gegebenen Gestalt hingenommen); „es kommt aber darauf an, sie zu verändern» (d, h., sie bei ihrer menschl, Handhabung in ihr eigentl. u. Urwesen, das in der Gesch. verlorengegangen ist, zurückzuwälzen, zu revolvieren, revolutionär zu rückzudrehen (Thesen über Feuerbach II).

2. M. u. Kirche. Mit diesem seinem gnost. Charakter stellt der M. der christl, Kirche die uralte ihr innerstesWesen herausfordernde Aufgabe: sich auch im technisch-industriellen Zeitalter als die wahre Gnosis zu erweisen, d. h. als jenes Wissen des Menschen um die Welt als einen möglichei Heimweg für ihn selbst u. seinesgleichen, das sich ihm in seiner natürlichen Erfahrung nur ansatz- u bruchstückweise, in seiner vollen Wahrheit aber nur v, oben her u. im Glauben öffnet. Der M. lehrt den Menschen nur noch die irdisch materielle Heimat suchen. Dabei hat er zwar das Anliegen, dass dem Menschen das, was ihn trägt, auch der Mensd selbst, d. h. die Menschen einander zu geben haben. Durch die Ausschließlichkeit aber, mit der er dabei diese fundamentale Mitmenschlichkeit als den einzigen personalen Grund des menschl. Daseins anspricht, gefährdet er diese menschl. Gegenseitigkeit aufs schwerste. Nicht nur kommt er in seiner folgerichtigen Gestalt z. Verzweiflung an dem personalen Gewissen u. damit z. Zynismus u. z. Gewalttätigkeit, sondern auch dort, wo er in Abwendung von diesem Extrem die Freiheit u. die Grundrechte des Menschen verteidigt, entzieht er dieser demokrat. Mitmenschlichkeit ihr eigentl. bewahrendes Leben: die Gemeinschaft des Menschen mit der alle Menschen tragenden Vorsehung Gottes, unter der allein der Mensch in vollem Sinn um seiner selbst willen sein darf—um seiner selbst u. nicht bloß um seines Beitrages z. gemeinsamen Machtkörper der Menschheit willen. Auch gg. den freiheitlichen M. u. seine als Kollektivegoismus auftretende menschliche Gegenseitigkeit ist dies das eigentl. Argument der Kirche: daß einzig der v. ihr verkündigte jenseitige Gott jedem einzelnen Menschen als der „Gott seines Herzens», d. h. als Inbegriff u, Urgarant jenes Ja gegenübertritt, das zu ihm um seiner selbst willen zu sagen ist; daß nur im Blick auf den jenseitigen Gott der Mensch die naturrechtl. Ordnung auf die Dauer zu bewahren vermag; daß aber ohne dieses von Gott zu jedem einzelnen Menschen ursprünglich gesagte Ja alle menschl. Gegenseitigkeit u. alle Heimat des Menschen zerstieben müßte.

Lit.: Bibliogr.: J. Grynpas, Marx et Mandsrne: Revue Internat, de Philosophie 12 (Bru 1958) 366—387; G. Lehmbruch: Neue polit. Lit. 3 (Villingen 1958) 873—892. — Th. Brauer, Der moderne dt. Sozialismus (Fr 1929); A. Cornu, K. M. et la pensee moderne (P 1948, dt. B 1950); F. Oelßner, Der M. der Gegenwart u. seine Kritiker (B t1949);; H. de Lubac, Le Drame de l’humanisme athee (P 1950, dt. Sa 1950); F. J. Sheen, Communism and the Conscience of the West (Indianapolis 1948, dt. B 1950); J. Hommes, Der technische Eros. Das Wesen der materialist. Geschichtsauffassung (Fr 1955); ders., Krise der Freiheit. Hegel—Marx—Heidegger (Rb 1958); R. Lombardi, La dottrina marxista (R ‹1956, dt. Rb 1961); G. Köhler, Gründe des dialekt. Materialismus im europ. Denken (Ma 1961). J. HOMMES

IV. Wirtschaftslehre

1.Darstellung. Die Grundlagen der Wirtschaftslehre des M. entwickelte K. ↑Marx in seinem HW „Das Kapital», das eine umfassende Analyse des kapitalist. Produktionsprozesses enthält. Als Wirtschaftstheoretiker steht Marx in der Tradition der klass. Nationalökonomie (↑Wirtschaftswissenschaften), wie sie im wesentl. von A. ↑Smith n. D. ↑Ricardo entwickelt worden war. Neu ist der dynam. Charakter, den Marx seiner Theorie aufprägte, weshalb er heute als einer der frühesten Wachstums- u. Konjunkturtheoretiker gilt. — Ausgangspunkt seiner Argumentation ist die Preis- u. Kostentheorie, damals noch allg, Wertlehre genannt. Von Ricardo übernahm er die schon früher bekannte These, wonach der Tauschwert einer Ware sich nach der auf ihre Herstellung verwandten Arbeitszeit bemesse (Arbeitswertlehre); er erweiterte die These um den Begriff der „durchschnittl. gesellschaftl. notwendigen Arbeitszeit». Aus diesem Ansatz entfaltete Marx die sog. Mehrwerttheorie, indem er die Wertgesetze auf die menschl, Arbeitskraft anwandte. Während bei anderen Waren deren Gebrauchs- u. Tauschwert (letzterer ausgedrückt im Preis) sich langfristig u. im Durchschnitt deckten, fielen bei der „Ware» Arbeit beide auseinander. Die Arbeiter erhielten im Lohn nur ihren eigenen Tauschwert vergütet, der sich mit den Reproduktionskosten ihrer Arbeitskraft (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Kinderaufzucht) decke, während dem Kapitalisten das Gesamtprodukt ihrer Arbeit zufalle, d, h. deren voller Gebrauchswert. Je größer die Differenz zw. Tausch- u. Gebrauchswert der Arbeit sei, desto höher sei auch der dem Kapitalisten zufallende Mehrwert. Könne der Arbeiter seinen eigenen Tauschwert in 5 Stunden erwirtschaften, während der Kapitalist ihn 8 Stunden arbeiten lasse ( = Gebrauchswert eines Arbeitstages), so entstehe in Höhe der Differenz (8-5 = 3 Stunden) ein in der Hand des Kapitalisten verbleibender Mehrwert (m). Die für Löhne verausgabte Summe nennt Marx das variable Kapital (v). Die Relation Mehrwert : variables Kapital (m : v) ergibt die Mehrwertrate (bzw. den Ausbeutungsgrad), im gewählten Beispiel 60% (3:5). Den Kapitalisten interessiert aber in erster Linie die Profitrate, d. h, die Relation des Mehrwerts z. Gesamtkapital, dem variablen u. dem konstanten (m: v+c).

Das Verhältais zw. variablem u. konstantem Kapital nennt Marx die „organ. Zusammensetzung des Kapitals». Diese verändert sich im Laufe der Entwicklung immer stärker zugunsten des konstanten Kapitals. Unter der Annahme von c = l würde in dem angeführten Beispiel die Profitrate 50% betragen (3:5+1). Da das konstante Kapital nach Marx keinen Mehrwert „heckt», folgt aus dem Entwicklungsgesetz zu immer höherer organ. Zusammensetzung des Kapitals mit Notwendigkeit ein tendenzielles Fallen der Profitrate, Dieser Tendenz wirke die Möglichkeit einer Steigerung des relativen Mehrwerts (durch Technisierung, Einstellung billigerer Arbeitskräfte od. Verlängerung der Arbeitszeit) entgegen, ohne sie jedoch auf Dauer auszuschalten. — Mit dieser rigorosen Mehrwertarithmetik wußte Marx das Phänomen nahezu gleicher Profitraten bei unterschiedl. organ. Zusammensetzung des Kapitals theoret. nicht zu meistern. Die Konkurrenz bewirke den „Ausgleich der Profitraten». Sie zwinge aber auch den Unternehmer immer wieder, seinen Mehrwert in konstantes Kapital zu investieren, um so — vorübergehend — seine individuelle über die allg. Profitrate zu heben. Zwei wichtige Erkenntnisse späterer Zeit nahm Marx damit vorweg: einmal den Typ des Pionierunternehmers nach J. A. Schumpeter, zum anderen die Cambridger Preistheorie, wonach die Preise (u. damit die Profitraten) v. der Konkurrenz bestimmt werden. Er verließ damit zugleich die Voraussetzungen seiner eigenen Wertlehre, — Zum Erweis der notwendigen Heraufkunft der Sozialist, Gesellschaft entwickelte Marx die vier Bewegungsgesetze der Konzentrations-,

Akkumulations-, «Verelendungs»- u. Krisentheorie, wonach die einzelnen Unternehmungen stets größer würden, die größeren die kleineren im Konkurrenzkampf aufsaugten, die Zahl der Proletarier immer mehr zunehme („industrielle Reservearmee») u. Absatzschwierigkeiten zu immer häufiger auftretenden Krisen führen müßten, bis der Kapitalismus reif sei für eine Ablösung durch die „klassenlose Gesellschaft» ohne privates Eigentum. — Später erfolgte die Spaltung des M. in eine revisionist. (E, Bernstein, R. Hilferding) u. eine orthodoxe Richtung (↑Kommunismus); die erstere ließ die These v. notwendigen Zusammenbruch des Kapitalismus fallen u. bekannte sich z. polit. Aktion mit parlamentar. Mitteln, während die Orthodoxie theoret. keine wesentl. neuen Gesichtspunkte beizusteuern wußte außer einer Anwendung der Marxschen Theoreme auf weltweiter Ebene (Imperialismustheorie R. Luxemburgs), dafür aber die revolutionäre Aktion propagierte u. praktizierte (W. I. ↑Lenin).

2. Kritik. Marx ist der im 19. Jh. mit besonderer Vorliebe gepflegten Übung erlegen, soziale u. wirtschaftl. Entwicklungs-„Gesetze» zu formulieren (vgl. Th. R. ↑Malthus, K. Rodbertus, F. Lassalle, A, ↑Wagner). Obwohl Historiker v. Format, hat er die reale Entwicklung zu sehr in das Prokrustesbett seines theoret. Modells gezwängt, nicht achtend der Ceteris-paribus-Klausel, unter der im Grunde alle seine Annahmen u. Prognosen stehen. Das hindert nicht, daß uns manche der v. ihm pointiert herausgestellten Probleme nach wie vor beschäftigen, z. B. die Vermögens- u. Untemehmenskonzentration. Der Einfluß der wirtschaftl. Komponente auf das hist. Geschehen ist heute unbestritten. Das Problem der Vermachtung in der Wirtschaft ist von einer befriedigenden Lösung noch weit entfernt. Am meisten dürfte sich Marx in seiner Verelendungstheorie des industriellen Proletariats getäuscht haben.

Lit.: J. Rosenberg, Ricardo u. Marx als Werttheoretiker (W 1904); R. Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals (B 1923): F. Lafargue, Le déterminisrne economique de K. Marx (P 1928), J. Robinson, An Essay on Marxian Economics (Lo t1947); ). A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus u. Demokratie (Bern 21950): E. Rikli, Der Revisionismus (Z 19S6); StL6 V 586—600 (Lit.). W. WEBER

Ricardo, David, engl. Nationalökonom, *19. 4. 1772 London, gest. 11. 9. 1823 Gatcomb Park (Gloucester). Auf dem Boden des wirtschaftl. ↑Liberalismus untersuchte R. erstmals systemat. die Gesetze der Verteilung des Volkseinkommens auf die Einkommensarten (Grundrente, Arbeitslohn u. Unternehmergewinn). Theoretische Grundlage ist seine Arbeitswertlehre, die den Tauschwert beliebig vermehrbarer Wirtschaftsgüter aus dem Verhältnis der notwendig zu ihrer Produktion aufzuwendenden Arbeitsmengen erklären soll. Diese, v. K. Marx (↑Marxismus IV) erweitert u. modifiziert, scheiterte vor allem daran, daß ihr die Auflösung des Kapitals in Arbeit nicht restlos gelang (wodurch der Kapitalzins unerklärt blieb). Der (natürl.) Lohn wird bestimmt durch die notwendigen Subsistenzmittel für die Arbeiter, liegt somit langfristig an der Grenze des (kulturellen) Existenzminimums. Regulator zw. natürl. u. Marktlohn ist die Bevölkerungsbewegung (Einfluß v. Th. R. ↑Malthus). Steigender Marktlohn zieht durch vermehrte Heiraten u. Geburten verstärktes Arbeitsangebot nach sich. dieses wieder sinkenden Marktlohn. F. Lassalle sprach v, „ehernen u. grausamen Lohngesetz». Doch war die Lohntheorie wegen der v. R, selbst aufgezeigten vielen entgegenwirkenden Tendenzen nicht so pessimist., dafür auch der schwächste Teil seiner Lehre.

HW: On the Principles of Political Economy and Taxation (Lo 1817, 1821). — GA; Woiks and Correspondence of D. K., ed. P. Sraffa, 10 Bde (C 1951—55).

Lit.: A. Amonn, R, als Begründer der theoret. Nationalökonomie (Je 1924); H. Borchers, Das Abstraktionsproblem bei D. R. (Je 1929); L. J. Zimmerman, Gesch. der theoret. Volkswirtschaftslehre (Kö 1954) 66—73; HSW IX 13—21 (Lit.); E. Lipschitz, Die theoret. Grundlagen D. R.s im Lichte des Briefwechsels (B 1957); StL6 VI 914—917 (Lit.).

Ketteler, Wilhelm Emmanuel Freiherr v., * 25. 12. 1811 Münster, gest. 13. 7. 1877 Burghausen (Oberbayem).

l. Leben. Nach jurist. Stud. (1835 Referendar) verließ K. 1838, aus Protest gg. das Vorgehen der preuß. Regierung im ↑Kölner Ereignis, den Staatsdienst. Im Münchener Görres-Kreis entschied er sich für das Priestertum; 1841—43 theol. Stud. in München; 1844 Priester. 1848 wurde er Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, wo er als Mitgl. des kath. Klubs z. Vorkämpfer kath. Interessen, der kirchl. Freiheit u. der christI. Schule wurde. Seine Rede für die Opfer des Frankfurter Septemberaufstandes, sein Auftreten beim l. Mainzer Katholikentag u. die 6 Mainzer Adventspredigten über die soziale Frage (1848) erregten größte Aufmerksamkeit. K. wurde 1849 Propst an St. Hedwig in Berlin u. bereits am 20. 5. 1850 z. Bisch. v. Mainz ernannt. Schon 1851 für den Freiburger EB H. v. Vicari als Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge vorgeschlagen, wurde er v. der bad. Regierung abgelehnt, ebenso nach dem Tod des Kölner Kard. J. v. Geissel 1864 sein Name durch die preuß. Regierung v. der Liste gestrichen. Von der Regierung 1865 als Koadjutor v. Posen vorgeschlagen, lehnte er selbst ab. Kirchenpolitische Aktivität u. seine Rolle in der Diskussion um die Unfehlbarkeit machten ihn auf dem l. Vatikan. Konzil zu einer profilierten Gestalt. 1871 in den Reichstag gewählt, trat er dem Zentrum bei. Entschieden dem anhebenden ↑Kulturkampf begegnend, legte er März 1872 sein Mandat nieder.

2. Wirksamkeit, K. wollte einerseits dem wachsenden Naturalismus abwehrend begegnen, anderseits christl. Grundsätze in der gefährdeten Gesellschaft z. Geltung bringen. Alle Kraft setzte er für die Erziehung des Klerus, für die Verlebendigung des Glaubens u. der Liebe ein. Aus seinem Glaubens- u. Kirchenbewußtsein fanden auch seine Erörterungen der päpstl. Unfehlbarkeit das rechte Maß, zumal sich bei seinem ausgeprägten bisch. Bewußtsem seine Bedenken nicht auf die päpstl. Unfehlbarkeit selbst, sondern auf Fragen ihres Umfanges, ihrer Bedingungen u. Voraussetzungen bezogen. Vom Glauben her fand K. auch den Imperativ z. Sozialreform. Meinte er zuerst, der Sozialkrise mit Intensivierung der Caritas u. durch eine Gesinnungsreform wirksam begegnen zu können, so erhob er in seinem Fuldaer Referat (1869) die bislang kaum geltend gemachte Forderung nach gesetzgeberisch geordneter Zuständereform. Das Wort von der der „occasio proxima peccandi analogen Lage» als Folge der neuzeitl. Wirtschaftssituation, die „die Erfüllung der Christenpflichten moralisch unmöglich macht», weckte das Sozialgewissen. In gesellschaftskrit. Auseinandersetzung mit Liberalismus u. Sozialismus wurde seine Forderung nach gleichzeitiger Gesinnungs- u. Zuständereform bes. wichtig.

3. Nachwirkung. Der durch K. geprägte 2. Mainzer Kreis des 19. Jh. (A. F. Lennig, J. B. Heinrich, Ch. Moufang, P. L. Haffner) vermittelte seine theol., kirchl, u. soziale Geisteshaltung der kath. Aktion u. Konzentration dem gesamten kath. Deutschland. Auf K.s Initiative wurde seit 1867 die Fuldaer ↑Bischofskonferenz z. ständigen Einrichtung. Leos XIII bahnbrechende Sozialenzyklika „Rerum novarum» (1891) erhob viele der Sozialideen K.s derart in die kirchl. Verkündigung, daß Leo XIII selbst K. seinen „grand predecesseur» nannte. Das am 6. 5. 1891 im Reichstag angenommene Arbeiterschutzgesetz ist auch aus dem Geist K.s erwachsen. Das v, K. zuerst verwirklichte Siedlungswerk hat sich bis heute mehr u. mehr entfaltet. So ist F. Vigeners Urteil gerechtfertigt: K. sei der einzige dt. Bisch. des 19. Jh., der priesterliche Volkstümlichkeit, auch im Sinn geschichtl. Dauer, gewonnen habe.

WW; Predigten, hrsg. v. J. M. Baich, 2 Bde (Mz 1878); Briefe, hrsg. v.J. M. Baich (Mz 1879); Hirtenbriefe, hrsg. v. J. M. Raich (Mz 1904); Ausgewählte Schr., hrsg. v. J. Mumbauer, 3 Bde (Mn 1911, 1924).

Lit.: O. Pfülf, 3 Bde (Mz 1899); F. Vigener (Mn 1924); Th. Brauer, K., der dt. Bisch, u. Sozialreformer (H 1927); W. Franzmathes (Mz 1927); U. Ried, K.s Stellung z. lnfallibilitätsdogma: HJ 47 (1927) 657—726; A. Stohr, Bisch. K. als Prediger; Kirche u. Kanzel II (Pa 1928) 211—238; A. Mirgeler, K.s Begriff des dt. Katholiken (Diss. L 1929); L. Lenhart, Seelennot aus Lebensenge. Das Problem „Lebensraum u. Sittlichkeit» nach Bisch. K. (Mz 1933); A. Bunte, Das soziale Schrifttum K.s (Mr 1935); P. Rausch, K. als Politiker (Diss. Hei 1936); L. Lenhart (Kevelael 1936); P. Tischleder, Der Tolalismus in der prophetischen Vorausächau W. E. v. K.s (Mz 1947); B. Aubert, (K. u. der soziale Katholizismus): Colleetanea Mechliniensia 82 (Lv 1947) 534—539; H. Weyrich (Diss. W 1949); H. Licht, K. u. die Arbeiterfrage (Diss. Graz 1950); ECatI VII 681 ff; L. Lenhart (Lit.-Ber.): AMrhKG 2 (1950) 381 bis 393; den. (Briefe v. Vaticanum): ebd. 4 (1952) 307 bis 329; ders. (Dekretentwurf: De ecciesia catholica): ebd. 5 (1953) 325—359; ders.. Des K.-Sekretärs J. M. Raich Vaticanumbriefe: ebd. 6 (1954) 208—229; ders„ Das Franz Brentano-Gutachten fül K. über die päpsU. Infallibilität: ) ebd. 7 (1955) 295—S37; StL› IV 953—957. L. LENHABT

Mäßigkeit

(temperantia), auch Mäßigung, jene ↑Tugend, in der der Mensch seine ↑Leidenschaften u. Affekte kraft der Vernunft in Zucht u. besonnen in Maß, in der „Mitte» hält. Nach der thomistischen Tugendlehre nimmt sie unter den vier Kardinaltugenden die letzte Stelle ein u. wird in einer Reihe ihr untergeordneter Tugenden verwirklicht, z.B. in eigentlicher M. (im Essen u. Trinken), Keuschheit u. Bescheidenheit.

Materialismus

als theoretisch-praktischer Versuch der systematischen Welterfassung ist von Anfang an (vgl. Demokrit: die Welt besteht nur aus Atomen u. leerem Raum) eher durch das Streben, die gegenständlich erfahrbare Welt als großes einheitliches Ganzes aus sich selbst heraus zu erklären u. damit als die umfassende Wirklichkeit zu akzeptieren, zu kennzeichnen als durch den philosophischen Gegensatz zum Idealismus oder eine böswillige Negation des Geistes als dem entscheidenden menschlichen Merkmal. Gerade darum aber hat der M. bis hin zum sog. mechanistischen M. des 17. u. 18. Jh. (Lamettrie, Helvetius, Holbach) als philosophisch-politische Emanzipationsbewegung der bürgerlichen Klasse mit dem Grundwiderspruch zu kämpfen, die ↑Materie, die ja nicht als einheitliche Substanz (Natur oder Stoff), sondern in einer unendlichen Mannigfaltigkeit von Quantitäten, Qualitäten u. strukturellen Konstellationen auftritt, immer auch relativ zum jeweiligen Stand der Naturerkenntnis in den Rang eines Grundprinzips u. damit zur umfassenden Erklärungsgrundlage von Natur u. Gesellschaft erheben zu müssen. Dieser Widerspruch wird noch verstärkt durch die ambivalente Erfahrung von Natur als Chaos oder schrecklicher Grenze des Menschen einerseits, als selbst zu befreiende u. seufzende Kreatur andererseits. Unbeschadet der trotz vieler theoretischer Ungereimtheiten unbestreitbar hohen emanzipatorischen Wirkung dieses M., weswegen er auch als Moment der neuzeitlichen Freiheitsgeschichte anders als unter dem Blickwinkel der reinen Erkenntnistheorie beurteilt werden muß, bildet jedoch demgegenüber der dialektische u. historische M. von K. Marx (auf die Unterschiede zu Engels u. Lenin kann hier nicht näher eingegangen werden) nicht nur deshalb eine fortgeschrittenere Stufe, weil die qualitative Differenz zwischen begrifflichem Denken u. sinnlicher Wahrnehmung nicht länger unterschlagen wird, sondern weil in den Begriff der Materialität die gesamte gegenständliche Tätigkeit des Menschen u. der Reichtum von Werden, Leben und Geschichte mit eingehen. Der Begriff der gesellschaftlichen ↑Arbeit u. der Gattungsgeschichte vermitteln zwischen Natur u. Geschichte, Individuum u. Gesellschaft, so daß auch die starre ontologische Entgegensetzung von Sein u. Bewußtsein „durch Naturalisierung des Menschen u. Humanisierung der Natur» (als dialektischer Stoffwechsel zwischen Mensch u. Natur) überwunden wird. Dadurch, daß die Natur in den geschichtlichen Zusammenhang humaner Praxis eintritt, kann auch Materie erst als eigentliches Substrat des handelnden Subjekts u. nicht bloß als das Arsenal seiner Materialien u. Mittel sichtbar werden. Vom optimistischen Vertrauen in den automatischen Fortschritt in der Entwicklung von Natur u. Geschichte ist allerdings in dieser Form des M. nicht mehr die Rede. Die angemessene materialistische Praxis heißt Arbeit u. Kampf. Für einen theologischen Zugang zum M. u. der in ihm geleisteten Vermittlung von menschlicher u. kosmischer Realität empfiehlt es sich daher, anstelle einer auf die ontologisch-erkenntnistheoretischen Prämissen fixierten spekulativen Kritik einerseits mehr auf seine Verknüpfung mit der menschlichen Freiheitsgeschichte, andererseits auf das gegenüber den idealistischen Theorien demütigere Ernstnehmen des Menschen als hinfälliges, bedingtes, weil sinnliches, daher auch leidendes Wesen zu achten. Das ungeschminkte Aussprechen des Unglücks u. des Übels in der Welt könnte dann auch der erste gemeinsame Schritt zum Aufbau einer mit der Natur versöhnten u. solidarisch handelnden Menschheit sein. K. F.

Materie

besagt l) in einem philosophisch-technischen Sinn den durch eine „↑Form» (bestimmende Wirklichkeit eines ..Subjekts») bestimmbaren, tragenden Grund eines Seienden, der von sich aus unbestimmt u. der Bestimmung bedürftig ist: vor allem im aristotelischen ↑Hylemorphismus beim Untergeistigen als reine ,,Potenz» (erste Materie) vom formgebenden „Akt» (Form, Entelechie usw.) unterschieden. Im übertragenen Sinn wird bei den Sakramenten das ding liehe Element (Wasser, Brot, Öl), der rituelle Gestus (Salbung usw.) in seinem Sinn als durch das sakramentale Wort genauer zu bestimmende , .Materie» vom sakramentalen Wort als der sinnbestimmenden sakramentalen „Form» unterschieden. 2) In einem allgemeinen Sprachgebrauch meint M. das konkrete, physikalische Nichtgeistige als Gegenstand der äußeren Erfahrung des Alltags, der Physik, Chemie u. Biologie u. der anthropologischen Wissenschaften, soweit sie auf der Erfahrung der Leibhaftigkeit des Menschen beruhen. Von dieser „Materie» (u. dem in ihr gegebenen bestimmbaren Grund = M. im Sinn von oben l) sagt der christliche Glaube: sie ist ganz von Gott geschaffen u. steht dem weltgestaltenden Walten Gottes nicht als ein gleich-ewiges, d.h. gleich zeitmächtiges, selbständiges Prinzip gegenüber. Sie ist daher gut, nicht das Prinzip des Bösen, hat eine echte Unmittelbarkeit zu Gott. Sie ist (garantiert durch die Fleischwerdung des Logos u. die ↑Auferstehung des „Fleisches«) ein endgültiges Moment an der Welt, auch in deren verklärter Endgültigkeit, auch wenn wir von dem Zustand der bleibenden M. in der Weltvollendung keine positive Vorstellung haben u. mit diesem Satz nur aussagen, daß die Wirklichkeit als vorgeistiger Grund des endlichen Geistes in der Vollendung nicht einfach das Eliminierbare sein kann. Darum bilden endlicher Geist u. M. (als inneres Moment am konkreten geistigen Seienden u. als dessen notwendige Umwelt u. Stoff seiner eigenen Selbstrealisation) eine bleibende, dauernde, gute Einheit. Dies um so mehr, als einmal auch die ↑Engel nicht so als „reine Geister» aufgefaßt werden müssen, daß sie nicht wesensgemäß als höhere (personale) Ordnungsmächte in der materiellen Welt gedacht werden dürften, sie also die Einheit der Welt aus Geist u. M. u. deren gegenseitige (verschiedenartige) Wesensbezogenheit nicht sprengen u. als zweitens eine (dialektische) Offenheit des Materiellen in seiner ↑Entwicklung (u. Natur-Geschichte) unter dem dauernden schöpferischen Impuls des welttranszendenten u. doch weltimmanenten Gottes (u. nur so!) in das Geistige hinein, richtig verstanden, der christlichen Lehre vom Wesensunterschied zwischen Geist u. M. nicht widerspricht, man also eine Selbsttranszendenz der M. auf den Geist hin annehmen kann, als drittens die Lehre von der Fleischwerdung des göttlichen Logos besagt, daß die höchste Gei·:igkeit die unterste Tiefe der Wirklichkeit noch durchdringt, diese als bleibende frei zum ewigen Moment an der konkreten Wirklichkeit Gottes gemacht hat u. so (da die Christozentrik der faktischen Welt ihre Geschichte von vornherein u. immer bestimmt) der faktischen Welt auch in ihrer Materialität eine reale Dynamik in dieses absolute Leben des Geistes eingestiftet ist u. dieses ewig jene als ihr bleibendes Moment in sich behält. Die Geschichte der M. erscheint so christlich wesentlich als Vorgeschichte des bleibend leibhaftigen ↑Geistes. Vgl. dazu ↑Erschaffung der Welt, ↑Entwicklung.

Mediatrix

(lat. = Mittlerin), eine theol. kath. Begriffsprägung, mit der gesagt werden soll, daß die hl. Jungfrau ↑Maria wegen ihrer einmaligen Stellung in der Heilsgeschichte die ..Mittlerin aller Gnaden» sei. Die Kirche hat zu diesem Begriff u. dem damit ausgedrückten Sachverhalt nicht dogmatisch verbindlich Stellung genommen, doch sagte das II. Vat., die ..mütterliche Aufgabe» u. der ..heilsame Einfluß» Marias hänge vollständig von der Mittlerschaft Jesu Christi ab (Kirche 60); im ..heilbringenden Auftrag» erwirke sie uns ständig die Gaben des ewigen Heils u. werde deshalb u. a. als Mittlerin angerufen (Kirche 62). – ↑Mittler.

Meletianer

die Mitglieder zweier verschiedener schismatischer Gruppen. Die erste, nach einem Bischof Meletios von Lykopolis (Ägypten) (t um 325), verurteilte mit ihm die in der Christenverfolgung des Diokletian schwach Gewordenen; außer diesem Rigorismus wahrscheinlich keine Irrlehre. Die zweite, nach dem Bischof Meletios von Antiochien (t 381) genannt, wurde nicht von diesem gegründet u. bildete weder ein eigentliches Schisma noch stellte sie eine echte Irrlehre auf; sie war vielmehr eine Partei im Streit um den ↑Arianismus. Meletios selbst war Vorsitzender des l. Konzils von Konstantinopel (während dessen er starb); die meletianische Partei versöhnte sich anfangs des 5. Jh. mit den übrigen Katholiken des Ostens.

Mensch

Viele Wissenschaften sprechen vom Menschen u. WissenBestimmtes u. (einigermaßen) Exaktes u. so Begrenztes von ihm zu sagen. Glaube u. Theologie sagen eigentlich nur eines von ihm, das Umfassende, Unbegrenzte, das Unermeßliche u. darum das Geheimnis: daß er der offene, bedürftige Partner absoluter Nähe zu Gott, dem unbegreiflichen Geheimnis, ist u. darum selbst nicht endgültig aus-gesagt u. von den anderen Wissenschaften umgriffen werden kann. Die theologische ↑Anthropologie ist so die kritische Aufsprengung aller anderen Anthropologien in die Theologie (Lehre von Gott) u. die Christologie (als Lehre vom Gott-Menschen) hinein. Insofern der Mensch radikal von Gott abhängig, von ihm herkünftig ist, ist er Kreatur durch Schöpfung in allem, was er ist (gleichgültig, welche innerweltlichen Abhängigkeiten u. Verflechtungen noch von dieser Wirklichkeit auszusagen sind [vgl. ↑Erschaffung des Menschen]: alle diese sind umfaßt u. getragen durch die Geschaffenheit als bleibende u. stets neue [nicht „früher» geschehene] Abhängigkeit u. Verwiesenheit auf Gott). Insofern diese Kreatürlichkeit im Menschen zu sich selbst kommt (also der Mensch die Umwelt u. Mitwelt erkennt in dem bleibenden Vorgriff auf das absolute Geheimnis, der [als Erfahrung der ↑Kontingenz, der ↑Transzendenz, der ↑Angst, der Unbedingtheit des ↑Guten, der ↑Liebe, der Freude usw.] erst die Begegnung mit den Dingen der Umwelt u. den Personen der Mitwelt tragend ermöglicht), ist er ↑Geist (↑Seele). Indem er nur Geist ist im hinzunehmenden, zustoßenden, geschichtlichen Er-fahren einer Umwelt u. Mitwelt, in der unauflöslichen Faktizität der denkerisch nie restlos eingeholten Tatsachen, erfährt er seine Leiblichkeit, u. zwar als bleibendes, inneres Moment an seiner konkreten Geistperson (↑Leib). Insofern er dialogisch ansprechbar ist für einen Anruf zu verantwortlicher Antwort auf diesen Anruf von Gott her, erfährt er sich als freie Geist-Person u. diese Personalität (weil auch noch im Modus des Neins zu Gott ihm bleibend) als zu seinem Wesen gehörig, also als seine ,,Natur» u. beides (weil als Bedingung der Möglichkeit der Partnerschaft mit Gott erscheinend) als theologische Aussage. Da die äußere (geschichtlich-soziale) Erfahrung (der Wortoffenbarung) u. (diese durch) die innere Erfahrung der Gnade das absolute Geheimnis in freier, ungeschuldeter, vergebender u. bergender Nähe absoluter Selbstmitteilung Gottes dem Menschen nahe weiß, erfährt sich der Mensch als durch die (ihm bleibend angebotene) ↑Gnade ,,übernatürlich erhoben», mit anderen Worten: er erkennt die Berufung zur zulassenden u. ihn verpflichtenden Nähe zur gnadenvoll sich erschließenden Intimität Gottes als das übernatürliche ↑Existential des menschlichen Wesens.

Menschensohn

ist die Bezeichnung einer geheimnisvollen, Dn 7,13 erstmals auftauchenden überirdischen Gestalt, mit der sich die spätjüdische ↑Apokalyptik eingehend beschäftigte. Herkunft u. genaue Bedeutung dieser Gestalt sind noch nicht geklärt. In der exegetischen Forschung ist umstritten, ob M. eine Selbstbezeichnung Jesii war. Es ist nicht widerlegt, daß Jesus Mk 14,60 ff vor seinen Richtern mit dem M. sich selbst meinte u. mit dessen „Kommen» drohend seine eigene Macht bekannte, die er in jener Situation nicht verleugnen konnte, ohne seine schlechthin heilsentscheidende Bedeutung abzuschwächen u. den Blick auf einen weiteren Erlöser nach ihm freizugeben. In der urkirchlichen Christus-Theologie spielte diese Bezeichnung keine Rolle mehr.

Messalianisnms

die Lehre einer christlichen, um 350 in Syrien entstandenen Sekte (auch Massalianer, Euchiten, Enthusiasten u. ä.), wonach der Christ Arbeit u. Sakramente, weil unwirksam für die erstrebte Gnadenerfahrung, verschmähen solle u. durch Askese schon jetzt zur ↑Anschauung Gottes gelangen könne. In KleinasLn verbreitet, von mehreren Synoden u. dem Konzil von ↑Ephesos verurteilt.

Messias

(griech. Fremdwort aus dem hebr. maschiach, griech. christos = Gesalbter) ist im AT zunächst Bezeichnung der (gesalbten) Könige, auch des Hohenpriesters, der Patriarchen usw. Vor allem aber bezeichnet M. im Spätjudentum in der Auslegung der „messianischen» Stellen des AT den dort verheißenen „König» (etwa Gn 49, 10; Nm 24,17; 2Sam 7; Pss 2; 72; 110), dessen „messianisches» Reich zur Zeit der römischen Besetzung lebhaft erwartet u. in den verschiedensten Gestalten ausgemalt wurde, die in einem nationalen, souveränen, ja die ganze Welt beherrschenden Königtum Israels gipfelten (vgl. Lk 24,21; Apg 1,6). Der Titel M. = Christus wurde in seiner theol. gereinigten Form der bevorzugte Titel der Urkirche für ↑Jesus Christus (Apg 2,33-36; im Zusammenhang damit müssen auch die Stammbäume Jesu; Mt l, l ;Lk 1,32.69 u. alle übrigen Stellen gesehen werden, an denen Jesus der „Sohn Davids» genannt wird; ferner war wohl der ↑Ebed Jahwe mit dem M. gleichgesetzt worden; schließlich istdieBezeichnungJesualseines,,Propheten»zu beachten, Apg 3,22; 7,37; Jo 6, 14; 7,40, da dem M. Prophetentum zugeschrieben wurde). Jesus selbst zeigt sich gewiß wegen der zeitgenössischen M.-Vorstellungen dem M,-Titel gegenüber zurückhaltend, weiß sich aber als der Heilbringer schlechthin, der mehr ist als ein Prophet, der den Geist Gottes hat, der über das Heil der Menschen entscheidet, der der endzeitliche Hirt Israels ist, in dem Gott sich der Sünder erbarmt, kurz: der in seiner Person mehr ist, als sich das zeitgenössische Judentum unter dem Namen M. vorstellen u. erhoffen konnte. Mk 14,60 ff bekennt er sich eindeutig als M., weil eine andere Antwort bedeutet hätte, daß auch er noch einen weiteren, größeren Heilbringer erwarte.

Meßopfer

Messe, ist die in der Kirche Jesu Christi nach seinem Auftrag (Lk 22, 19f; l Kor ll,24f) geschehende dankbar feiernde Erinnerung seines Lebens- u. Todesopfers als des Grundes der Kirche u. des verhüllten, Vergebung u. ↑Gnade schenkenden Ankommens der ↑Basileia. Diese Feier ist ↑„Anamnese», d.h. die Feier, die eine echte Gegenwärtigung eines echten, ein für allemal geschehenen geschichtlichen Ereignisses bedeutet, wobei hier die Frage der ontologisch u. logisch begrifflichen Verdeutlichung dieser Gegenwärtigung auf sich beruhen kann; auf jeden Fall ist sie a) nicht bloß „gedanklichidealistische» Rückerinnerung durch uns selbst u. b) nicht multiplizierende Wiederholung des Todes Jesu oder Leugnung der echten einmaligen Zeitlichkeit dieses geschichtlichen Vorganges, da ja gerade dieser (antignostisch) heilsbedeutend für uns ist. Diese anamnetische „Feier» geschieht dadurch, daß die Kirche in kultischer Geste das tut, was Jesus selbst bei der Feier seines Abendmahles tat: die freie, gehorsame Annahme seines realen Todes als seiner opfernden Selbstübergabe an den Vater in der Proklamation ihrer heilschaffenden Kraft u. Zuwendung an die Jünger unter der Darreichung der Symbole seines Leibes u. Blutes. Insofern diese Anamnese des Todes Jesu das einmalige Opfer Jesu an den Vater (unblutig: DS 1793 ff 1743, NR 597 599) gegenwärtigsetzt, u. zwar unter einem Ritus, der selbst in der Dimension des Kultischen ein ↑Opfer ist (wandelnde Gabendarbringung an Gott), ist diese Anamnese selbst Opfer (ohne – außer in der Dimension des Rituellen – ein neues Opfer zu sein). Insofern nach dem ausdrücklichen Wort Jesu dasjenige, was er unter der Erscheinung von Brot u. Wein den Aposteln reicht, sein Fleisch u. Blut (d.h. nach semitischem Sprachgebrauch er selbst in Person u. in der konkreten Realität seiner todgeweihten [u. durch die bleibende Gültigkeit seines Todes endgültigen, „verklärten»] Existenz) ist (Mt 26,26.28; Mk 14,22.24; Lk 22,191′; l Kor II,24f); insofern die Realität der vollen Gegenwärtigkeit seiner Heilstat die wahre Gegenwärtigkeit der Person einschließt, in deren substantieller Wirklichkeit u. Ewigkeit die Bleibendheit ihrer Geschichte gründet, bedeutet das M. die wahre u. substantielle Gegenwart Jesu unter der Empirie des Brotes u. Weines. Weil die Kirche nach den Worten Jesu weiß, daß das, was sie im Nachvollzug des Tuns Jesu beim Abendmahl darreicht, der Leib u. das Blut Jesu (DGL: DS 1651, NR 577) u. also nicht Brot u. Wein ist, so sehr die Kirche unbefangen daran festhält, daß im reinen Bereich der menschlich-sinnlichen Empirie (der ..Gestalten» = ↑,,Species«) (u. so auch aller Naturwissenschaften) sich nichts geändert hat (DS 1652, NR 578), daß also das hinter der Empirie liegende Eigentliche (↑„Substanz» genannt) nicht mehr die Wirklichkeit der irdischen Speise, sondern die Jesu Christi selbst ist, so kann der dies bewirkende Vorgang auch ↑Transsubstantiation genannt u. das Opfergeschehen in solcher „Transsubstantiation» gesehen werden (DS 1652, NR 578): . ein Stück Weltwirklichkeit wird durch den kultischen Ritus in Kraft des Auftrages Jesu Christi so in seinem „Eigentlichen» („Substanz») verändert, daß die durch diese Veränderung bewirkte (her-gestellte) Wirklichkeit (hier der Leib u. das Blut Jesu Christi unter der Empirie von Brot u. Wein) gänzlich Gott übereignet ist u. kultisch die Selbstübereignung des Opfernden an Gott darstellt. Da dies aber die Wesensbeschreibung des kultischen Opfers überhaupt ist, wird die Messe mit Recht in dem eben abgegrenzten Sinn Opfer genannt (DS 802 1739ff 1751 1866, NR 920 597 606 934), bei dem Jesus Christus selbst Opferpriester (DS 802 1743 3677 3849ff, NR 920 599 721) u. Opfergabe ist (DS 802 1739ff 1743 3677 NR 920 597 599 721). Zur M.lehre des II. Vat.: Lit. 2 7 47, Kirche 3 IOf 28. Mit der wahren Gegenwart der Gültigkeit des Lebens u. Todes Jesu im M. ist eine immanente Kultkritik, d.h. eine Überwindung des bloß liturgischsymbolischen Erinnerungsgeschehens u. ein Aufbruch in die christliche Praxis als Antizipation des ↑Reiches Gottes gegeben. Vgl. weiter ↑Destruktions-, ↑Konversions– u. ↑Oblationstheorie; ↑Eucharistie.

Metanoia

(griech. = Umsinnen), ein religiöser Begriff ursprünglich des AT, der Umkehr, Hinkehr zu Gott bedeutet u. schon im AT vom Menschen in allen seinen Dimensionen verwendet wird, d.h., die M. ist ebenso nach außen zu dokumentieren (Bekenntnis der Schuld, Fasten usw.), wie sie in der Wandlung der Gesinnung grundgelegt ist (Jr8,4ff: 31, 18fu.ö.;Ez 18) u. sich in einer neuen Praxisrealisiert. In diesem selben Sinn predigt Johannes der Täufer vor allem die M. als absolute, durch die Drohung mit dem Gericht Gottes motivierte Forderung, der alle Menschen ohne Ausnahme nachzukommen haben (Mt 3,7ff; Lk 3,7f). Anstelle der früher bekannten Äußerungen der M. predigt u. erteilt er die,,Bußtaufe» (Mk l,4f). Grundsätzlich über nimmt Jesus diesen M.begriff (relativ selten) in seiner Verkündigung unter Zurücktreten der Gerichtsdrohung u. unter besonderer Betonung der Funktion des ↑Glaubens bei echter M. (Mk l,15).Derschon im Spätjudentum anklingende Gedanke einer öfteren M. wird in den Spätschriften des NT (Hebr) angesichts des nachlassenden ersten Eifers in den Gemeinden zu einem schweren Problem, so daß sogar gesagt wird, es gebe bei einem Rückfall der Christen (psychologisch, nicht theologisch) keine Wiederholung der M. (Hebr 6,6). Der M.begriff findet heute sein Äquivalent im genuinen theol. Begriff des ↑Glaubens (vgl. auch ↑Reue).

Mission

Wegen der universalen Geltung der Erlösung in Jesus Christus u. der gleichweiten Bestimmung der ↑Kirche von Jesus Christus her hat die Kirche Pflicht u. Recht zur „Mission», d.h. zur freien, den freien Glaubensgehorsam der Menschen anrufenden Predigt des Evangeliums als verständlicher Wahrheit u. als konkreter Liebe unter allen Völkern u. in allen geschichtlichen Situationen (Mt 28,19; II. Vat., Kirche 16f 23ff 27, Miss. 6 29 35f u.ö.). Die M. ist als öffentliche notwendig auch eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, hat aber keine unmittelbar sozialen u. politischen Ziele, wird immer dem Widerspruch des sündigen Menschen begegnen, nie einfach vollendet sein. Sie bedeutet durch die Erfahrung der Fülle der Welt u. des Menschen, die die Kirche dabei macht, auch einen positiven Beitrag für die Kirche selbst; indem sie in ihrer M. der Pflicht der Akkommodation nachkommt, entfaltet sich ihre eigene Wirklichkeit reicher, sie wird, was sie ist, die universale Kirche (↑Katholizität der Kirche). Akkommodation ist die Berücksichtigung der geistigen Welt des Hörers in der Verkündigung der christlichen Botschaft u. somit in der lehrhaften Aussage des Offenbarungsgehaltes, u. zwar bleibend u. gültig, nicht bloß als vorläufiges Entgegenkommen gegenüber nichtchristlichen Kulturen, – Früher wurde die Notwendigkeit der M. vom individuellen Heil des Einzelnen her gesehen u. begründet. Heute kann man bei der Kenntnis der Länge u. Breite einer nichtchristlichen Menschheitsgeschichte u. bei der theol. richtigen Einschätzung der Macht des ↑Heilswillens Gottes u. der ↑Erlösung nicht mehr die Voraussetzung machen, daß ein Großteil der Menschen vor Gott verlorengeht; umgekehrt läßt sich heute theol. deutlicher u. einsichtiger denken, wie ein Mensch, der nicht mit der expliziten Predigt des Evangeliums konfrontiert ist, auch sehr unthematisch vor eine eigentliche Glaubensentscheidung oder vor eine absolute sittliche Verpflichtung gestellt werden kann u. in der Gnade Gottes darauf positiv zu seinem Heilreagieren kann (II. Vat., Kirche 16, Kirche/Welt 22, Miss. 7). Trotz dieses Heilsoptimismus ist eine positive Sinngebung der M. möglich: die Gnade Gottes, die alle wirklich retten will, hat einen inkarnatorischen Charakter, sie will sich selbst in allen Dimensionen der menschlichen Existenz, also auch in der Geschichtlichkeit u. Gesellschaftlichkeit des Menschen auswirken u. darstellen, sie will von ihrem eigentlichen Wesen her humanisierend, friedenstiftend u. kirchenbildend sein.

Mittler

(griech. mesites, lat. mediator) im allgemeinen ist der- oder dasjenige, der oder das auf irgendeine Weise eine Beziehung zwischen zwei anderen herstellt oder trägt, die ohne ihn oder es nicht wäre oder sein könnte. M. im einmaligen u. endgültigen Sinn zwischen Gott u. Mensch ist ATesus Christus (l Tim 2,5; DS 1347 1513, NR 355, II. Vat., Kirche 8 14 28 49 60 62, Oek. 20 u.ö.), insofern in ihm (d.h. in seiner personalen Wirklichkeit [↑hypostatischer Union] u. seinem Tun [↑Kreuz, ↑Erlösung, ↑Auferstehung]) die absolute, endgültige Selbsterschließung Gottes (↑Offenbarung, ↑Gnade, ↑Anschauung Gottes) in der Geschichte an die Menschheit endgültig u. siegreich geschieht u. in ihm (als Mensch mit Gnade, Verdienst, Anschauung Gottes) von seiten der Menschen angenommen ist: Insofern die Menschheit als ganze von Gott in u. mit Jesus Christus zusammen gemeint, erschaffen, trotz ihrer Schuld bejaht, erlöst u. geheiligt ist, u. zwar endgültig u. unüberholbar, ist er der M. schlechthin, der einzige M. Die Bedingung der Möglichkeit einer Heilsmittlerschaft Jesu Christin, ihrer glaubend personalen Realisation ist die Interkommunikation aller Menschen bis in die letzte Tiefe ihrer Existenz, bis in ihr Heil hinein u. die konkret existentielle «Realisation» u. Erfahrung dieser radikalen Interkommunikation. Insofern innerhalb der durch Jesus Christus allein getragenen Einheit aller Erlösten jeder für jeden von Bedeutung ist (weil jeder im Ganzen des Seins u. Tuns dieser Einheit gewollt ist) u. jeder nach seiner je einmaligen Eigenart u. seinem Platz diese Bedeutung für jeden anderen hat, kann in vorsichtiger u. abgeleiteter Weise von jedem in der Gnade Lebenden in seiner Weise gesagt werden, daß er am Werk des Heiles der anderen „mitarbeitet». – Die Kirche wendet das Wort der „Mittlerschaft» (ja der „Miterlösung») in ihrem Sprachgebrauch besonders auf ↑Maria an entsprechend der einmaligen Stellung, die sie in der Heilsgeschichte als Erlöste (nicht u. niemals aber als der die Erlösung selbst tragende einzige M. schlechthin) hat.

Mitwirkung Gottes

bedeutet, daß Gott eine Welt geschaffen hat, die sich selbst entfalten kann (↑Entwicklung) u. in der Entfaltung ihrer Möglichkeiten in jedem Augenblick (in ihren „actus seeundi») die von Gott (in seiner Ewigkeit) geschaffene u. erhaltene bleibt. Das Wirken Gottes in die Welt hinein u. mit seinen Geschöpfen (lat. concursus) ist nicht so zu denken, daß Gott eine kategoriale Ursache zwischen u. unter anderen Ursachen wäre u. neben deren Ursächlichkeit wirken würde; vielmehr trägt er als transzendentale Ursache das Wirkende (die „Zweitursachen»). Die M. G. ist also, abgesehen von der ↑Erhaltung der Welt u. ihrer Ursächlichkeit, im Grunde jene in dem wirklich Neues erwirkenden Tun der Geschöpfe notwendige göttliche Dynamik, in der Gott dem Geschöpf eine schöpferische Selbsttran szendenz ermöglicht, so daß dort, wo wirklich der Sprung zum qualitativ Neuen geschieht, weder die Geschichte der Welt abreißt (weil Neues kommt) noch Gottes Wirken überflüssig wird (weil die alte Geschichte weitergeht). Die unmittelbare physische M. G. mit seiner Kreatur (Apg 17,25.28) wird von der Theologie als allgemeine Lehre gegen jede Form des ↑Deismus festgehalten. Die übernatürliche Erhebung eines menschlichen Aktes zu einem ↑Heilsakt durch Gott wird im Interesse der theol. Klarheit besser nicht „Mitwirkung» genannt, weil diese Erhebung als solche die Konstitution der Fähigkeit des Heilshandelns des Menschen selbst, nicht die M. mit diesem ist. Vgl. zu diesem Problem ↑Gnade, ↑Synergismus.

Modalismus

(lat. modus = Weise) heißt jede Theorie über die ↑Dreifaltigkeit, nach der der eine Gott nur u. ausschließlich hinsichtlich seiner Wirkweisen nach außen (vorzüglich Schöpfung, Menschwerdung u. Heiligung) zum dreifaltigen werde; am deutlichsten greifbar im ↑Sabellianismus (vgl. auch ↑Monarchianismus).

Modernismus

ist eine Sammelbezeichnung für theol. falsche oder schiefe Ansichten, die um 1900 dem an sich berechtigten Wunsch (ja der dauernden Pflicht) entsprangen, den Glaubensinhalt des Christentums den Menschen jener Zeit in adäquater Weise zu verkündigen. Dabei tauchten in Frankreich, England u. Italien u.a. folgende Irrtümer auf: ↑Theologie sei Sache des Fühlens, ↑Religion entspringe dem religiösen Unterbewußten, beide seien vom Verstand als einer religiös höchst sekundären Funktion nicht zu bewältigen; die ↑Offenbarung sei das Bewußtwerden eines immanenten religiösen Bedürfnisses u. sei bei den Offenbarungsträgern nur am deutlichsten objektiviert; erstarrten diese Objektivationen, so ergäbe sich ↑Tradition. Das ↑Dogma sei nur ein symbolischer Ausdruck dieser Objektivationen, die sich (samt dem Dogma) mit fortschreitender Kultur wandeln müßten. Es bestehe ein natürliches Bedürfnis, die eigenen Objektivationen des Religiösen andern mitzuteilen; realisiere man dies, so entstehe ↑Kirche. Diese Ansichten waren mit einer extremen ↑Bibelkritik verknüpft. Diese u.a. Irrlehren wurden von PiusX. in dem Dekret „Lamentabili» (DS 3401-3466, NR 111-127 395-401 224-235 520ff 546f 558 675 f) u. der Enzyklika „Pascendi» (DS 3475-3498, NR 523) verurteilt. Hinzugefügt werden muß, daß bei der Polemik gegen den M., der verkehrte Lösungen auf manche richtig gesehenen Probleme bot, viele Anhänger des M. durch klerikale Intrigen verbittert u. aus der kirchlichen Gemeinschaft getrieben wurden. „M.» blieb bedauerlicherweise bis heute ein liebloses, gehässiges Schimpfwort der innerkirchlichen, von der Schwierigkeit des Glaubens in der heutigen Welt nicht angefochtenen Arroganz.

Molinismus

das von L. de Molina SJ (1535-1600) errichtete ↑Gnadensystem (bewußter Gegensatz zum ↑Bañezianismus). Kurz zusammengefaßt, besagt der M., daß durch die Erbsünde die ↑Freiheit als Entscheidungsfähigkeit ungeschwächt blieb. Die Mitwirkung Gottes beim Handeln des Menschen ist keine physische ↑Prädetermination, sondern sei Gottbewirktheit des freien menschlichen Handelns selbst. Wie dies geschehen könne, ohne daß die souveräne Verfügung Gottes u. die Freiheit des Menschen beeinträchtigt würden, das erklärt der M. mit dem Begriff der ↑Scientia media. Weil Gott in diesem ..mittleren Wissen» weiß, wie der Mensch unter den verschiedensten konkreten Umständen frei handeln würde, wenn Gott diese oder jene Umstände herbeiführt, kann er diese Umstände u. Ordnungen souverän herbeiführen (↑Prädestination) u. dadurch auch dieses freie menschliche Handeln, ohne dadurch die Entscheidung des Menschen zu beeinträchtigen. Im Augenblick der von Gott vorausgesehenen Entscheidung wird diese von Gott frei gegebene zuvorkommende (praeveniens) Gnade (die von Gott verfügte Situation) je nach Gottes scientia media zur helfenden (adiuvans), die hinreichende (sufficiens) Gnade zur wirksamen (efficax) oder nicht. Der gewichtigste gegen den M. erhobene Einwand war, ob er die Aussagen der Offenbarung über die ↑Gnade sachgerecht berücksichtigte. Darüber hinaus wurde Molina in dem 1588 entstandenen Gnadenstreit beschuldigt, eine mit Augustinus u. dem Tridentinum unvereinbare Lehre aufgestellt zu haben u. dem ↑Semipelagianismus verfallen zu sein. Papst Paul V. schlichtete 1607 den Streit zwischen Dominikanern u. Jesuiten, indem er beiden Parteien verbot, die Rechtgläubigkeit der gegenseitigen Ansicht zu bestreiten (DS 1997).

Monarchianismus

leugnet die ↑Dreifaltigkeit in Gott (so am Ende des l. Jh. judaistische Irrlehrer, Kerinth, die Ebioniten). Dementsprechend müßte Jesus als bloßer Prophet erklärt werden, der von Gott nur als Sohn adoptiert wurde (adoptianischer M.) (Theodor der Gerber [Ende des 2. Jh.], Paul von Samosata [3. Jh.]), oder ein ↑Modalismus (↑Sabellianismus, ↑Patripassianismus) zur Deutung der Gottheit Jesu Christi verwandt werden.

Mönchsbeicht

u. Laienbeicht sind alte, an sich durchaus legitime u. sinnvolle Formen religiös-sittlicher gegenseitiger Hilfe unter Christen durch das Bekenntnis der eigenen Schuld vor dem Mitchristen, auch wenn er nicht Priester ist, zur Entlastung des Gewissens, zur Belehrung u. zum Trost durch den reiferen Christen (geistlicher Vater), zur Stärkung des Glaubens an die vergebende Gnade Gottes. Solche M. war im Mönchtum des Ostens sehr gebräuchlich, doch nur selten mit der sakramentalen Beicht verwechselt; im Mittelalter des Westens wurde die nichtsakramentale Laienbeicht empfohlen u. geübt (teilweise sogar als verpflichtend erklärt), wo das sakramentale Bekenntnis vor dem Priester nicht möglich war.

Monismus

ist jene Art des ↑Pantheismus, die praktisch einfach Atheismus ist, der zufolge überhaupt kein Unterschied zwischen Gott u. Welt obwaltet, sondern schlechthin Identität zwischen Weltgrund u. Welt. Die Welt selbst ist das Absolute u. Selbstverständliche, das sich aus sich selbst erklärt. Meist identisch mit dem ↑Materialismus u. absoluten Evolutionismus, da auch ↑Geist u. ↑Materie u. ↑Leben als eine Wirklichkeit verstanden werden. Auch Name einer europäischen weltanschaulichen Organisation seit E. Haeckel.

Monogenismus

ist die Lehre, nach der die ganze (wenigstens nach der ↑Ursünde) lebende Menschheit biologisch von einem zahlenmäßig einzigen Menschenpaar abstammt. Der M. steht im Gegensatz zum Polygenismus, dem zufolge sich der evolutive Übergang vom Tierreich zum Menschen bei ein u. derselben Tierspezies in einer Mehrzahl von Fällen ereignet hat, u. zum Polyphylismus, für den die Menschheit sich von verschiedenen Tierspezies herleitet. Zweifellos spricht die Schrift von einem zahlenmäßig einzigen ↑Adam, aber es fragt sich, was daran Vorstellungsmodell u. was daran das eigentlich Gemeinte ist. Adam meint in Gn 2: der Mensch (auch in Repräsentation einer ..korporativen Person»), die Menschheit in ihrer Einheit. Die kirchenlehrarntlichen Aussagen vor 1950 Sprechen wie die Schrift einfach von dem Menschen Adam, ohne zur Frage des M. ausdrücklich Stellung zu nehmen. 1950 wird der Polygenismus von Pius XII. abgelehnt, weil u. insofern keineswegs deutlich sei, wie er mit dem kirchlichen Erbsündedogma vereinbart werden könnte (DS 3897, NR 363). Man kann der Auffassung sein, daß die Entwicklung der kath. Theologie unterdessen so weitergegangen ist, daß eine Vereinbarkeit zwischen Polygenismus u. Erbsündedogma deutlich wird. Die Theologie hat nicht naturwissenschaftliche Gründe vorzulegen. Wenn die Naturwissenschaft die Hypothese eines Polygenismus vorträgt, kann die Theologie dazu sagen: a) Die Menschheit ist auch ohne die Voraussetzung eines biologischen M. eine wahre Einheit: durch ihre Herkunft von dem einen Gott mit seinem einen Plan für die Geschichte der Menschheit u. seinem universalen Heilswillen; durch das gemeinsame Wesen; durch die faktische Interdependenz aller in der einen raum-zeitlichen Geschichte; durch die reale Bezogenheit aller auf den einen Jesus Christus; durch dasselbe Ziel im Reich Gottes. – b) In dieser Einheit u. durch sie ist die konkrete Heilssituation jedes Menschen mitbestimmt durch die personalen Entscheidungen aller, die nicht in der bloßen Innerlichkeit jedes Einzelnen verbleiben, sondern eingestiftet werden in den Daseinsraum der einen Menschheit, u. ihrer gegenseitigen Interkommunikation. – c) In der Geschichte dieser einen „Situation» muß es notwendig eine Phase des Übergangs gegeben haben von einer noch ganz unschuldigen Menschheit zu einer Menschheit, die in einer auch durch Schuld mitbestimmten Situation lebt. Bei der Erlösungsbedürftigkeit aller Menschen muß dieser Übergang schon im Anfang der Menschheitsgeschichte eingetreten sein (wenn wir auch von den konkreten Umständen nichts wissen, sondern diese Schuld des Anfangs aus unserer Situation in ↑Ätiologie erschließen). – d) In der Lehre von der ↑Erbsünde ist mitgesagt: Gott gibt dem einzelnen Menschen die heiligmachende Gnade nicht wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser einen Menschheit, sondern allein wegen seiner Verwiesenheit auf Jesus Christus. Die Menschheit hätte diese Gnade vom ursprünglichen Schöpferwillen Gottes her haben u. sie dem Einzelnen durch seine Zugehörigkeit zur Menschheit vermitteln sollen. Diese Zugehörigkeit, die gnadenvermittelnd sein sollte, hat insofern ihre Funktion verloren, als diese Menschheit universell (weil von Anfang an) in einer durch Schuld mitbestimmten Freiheitssituation existiert. e) Für die Konstitution dieser von Anfang an ‹durch Schuld mitbestimmten Freiheitssituation ist es gleichgültig, ob sie durch den Willen eines Einzelnen oder durch die Sünde mehrerer bewirkt worden ist, zumal ja nicht die Tatsünde des Anfangs vererbt oder den Nachkommen angerechnet wird.

Monophysitismus

(griech. = Lehre von einer einzigen Natur) im eigentlichen Sinn ist die von Eutyches (Archimandrit eines Klosters in Konstantinopel in der Mitte des 5. Jh.) in häretischer Verabsolutierung früherer möglicher Formeln verfestigte Lehre, wonach durch die substantielle Einigung des Logos mit der menschlichen Wirklichkeit eine einzige „Physis» (↑Natur) entstanden sei u. darin die Menschheit von der Gottheit absorbiert u. wie ein Honigtropfen im Meer aufgelöst sei. Eutyches wollte also nicht nur den terminologischen Fortschritt zwischen ↑Ephesos u. ↑Chalkedon nicht mitmachen, demzufolge ↑»Person» (↑»Hypostase») u. Physis nicht mehr zur Bezeichnung derselben Sache verwendet wurden (in Abweichung von der Terminologie Kyrills v. Alexandrien: DS 254 429f 505 272f, NR 187 197), sondern er leugnete aus Angst vor dem ↑Nestorianismus, daß die menschliche Wirklichkeit in Jesus Christus „unvermischt» neben dem göttlichen Wesen in der einen Person des Logos fortbesteht (Verurteilung des M. in Chalkedon 451: DS293 301 ff, NR 174f 178). Spätere Formen des M. sind manchmal eher reaktionärer Eigensinn gegenüber der kirchenamtlichen Sprachregelung als sachliche Abweichung vom kirchlichen Dogma. – Der M. lebt als vorchalkedonische, nichthäretische Lehre (VerbaI-M.) in den „monophysitischen» Ostkirchen fort (in Syrien, Armenien u. vor allem in der koptischen Kirche Äthiopiens). Man spricht dort von monophysitischen Tendenzen, wo im Verhältnis von Gott u. Mensch die menschliche Wirklichkeit abgewertet oder unterdrückt wird.

Monotheismus

ist, philosophisch verstanden, die Lehre, daß es nur ein einziges höchstes, absolutes, unendliches u. geistig-personales Wesen als den von der Welt verschiedenen, sie aber in allem schöpferisch-tragenden u. durchdringenden Grund aller erfahrenen Weltwirklichkeit gibt. Dabei müssen alle Aussagen über den persönlichen unendlichen Gott als analoge Aussagen (↑Analogie) über das unbegreifliche ↑Geheimnis verstanden werden (↑Pantheismus, ↑Polytheismus). Theologisch gesehen, bedeutet der M. des AT u. NT die Aussage, daß jenes Wesen u. jene Macht, die in der Heilsgeschichte „hier u. jetzt» handelnd erfahren wird („unser Gott», der „Gott der Väter»), nicht irgendeine numinose Macht („ein» Gott) sei, sondern genau jener eine, einzige, absolute Gott (Gott schlechthin, neben dem es keine anderen Götter gibt), der einziger Grund u. allmächtiger Herr aller Welt u. aller Geschichte ist. So ist also M. das Bekenntnis der Möglichkeit u. Realität der unmittelbaren Begegnung zwischen der Kreatur u. der Person Gottes, wie er an sich selbst ist: die formale Antizipation der Lehre des Christentums von ↑Gnade, ↑Offenbarung u. ↑Selbstmitteilung Gottes. So ist der M. nicht nur eine philosophische Wahrheit, sondern bleibend grundlegend auch für das Christentum in seiner Eigenart (vgl. DS lf II 790 3021, NR 294 318; Mk 12,29; Jo 17,3; l Kor 8,5f).

Monotheletismus

(griech. = Lehre Con einem einzigen Willen) ist eine Lehre, die im 7. Jh. im Oströmischen Reich aufgestellt wurde, um die Anhänger des ↑Monophysitismus mit den Anhänger des Konzils von ↑Chalkedon zu versöhnen. Um ersteren entgegenzukommen, sprach man Jesus Christus nur eine Wirkungsweise (griech. energeia) zu, hielt aber mit Chalkedon an den zwei Naturen fest. Diese um den Patriarchen Sergios l. von Konstantinopel entstandene Lehre hieß Monenergismus; sie hatte bei den Wiedervereinigungsverhandlungen einigen Erfolg. 633 wurde vereinbart, weder von einer noch von zwei Energien zu reden; Sergios behauptete aber, die Rede von zwei Energien lasse an zwei gegeneinander streitende Willen in Jesus Christus denken. Implizit behauptete er damit einen einzigen Willen. Diese Ansicht wurde in Ostrom immer ausdrücklicher. 649 hielt Papst Martin l. auf einer Lateransynode die Lehre von zwei natürlichen Energien oder Willen in Christus ausdrücklich fest; schließlich lehrte das 6. ökumenische Konzil, das III. von ↑Konstantinopel. als DGL, daß es in Christus zwei natürliche Tätigkeiten (ungeteilt, ungetrennt, unverwandelt, unvermischt) u. zwei natürliche Willen ohne Gegensatz gebe (da der menschliche Wille dem göttlichen untergeordnet ist; DS 553-559, NR 220f). Vgl. ↑Hypostatische Union.

Montanismus

ist eine schwärmerische Sekte des 2. Jh. n.Chr. um den Phrygier Montanus, der als Ekstatiker zusammen mit ekstatischen Frauen die neuen Prophezeiungen des Heiligen Geistes gewissermaßen als dessen Sprachrohr u. Inkarnation verkündigte: baldiges Weltende, strengere Sittlichkeit (z.B. Verbot einer zweiten Ehe, strengeres Fasten) zur Vorbereitung darauf, Verschärfung der Bußdisziplin, Zurückdrängung der kirchlichen Hierarchie zugunsten des charismatischen Prophetentums. Ihr bedeutendster Anhänger im Westen war der wichtige afrikanische Kirchenschriftsteller Tertullian. Die Sekte hielt sich in kleinen Gruppen durch viele Jahrhunderte.

Moralstatistik

ist die Beschreibung des faktischen sittlichen Verhaltens des Menschen (bestimmter Völker, Gruppen usw.) (besonders hinsichtlich bestimmter Verhaltungsweisen: Sexualmoral, Prostitution, Selbstmord usw.) mit Hilfe der demographischen u. statistischen Methoden. Diese M. kann nie feststellen, ob die moralischen Verstöße auch subjektive oder bloß objektive (materiale) Sünde sind; von ihr lassen sich grundsätzlich die Sollensnormen nicht begründen noch entkräften, da das sittliche Gesetz in seiner Geltung grundsätzlich nicht davon abhängig ist, ob es faktisch respektiert wird oder nicht. Sie beweist zwar in etwa die teilweise Gleichheit der Motivierung u. der Voraussetzungen des menschlichen Handelns, nichts aber gegen die grundsätzliche Freiheit, da diese nicht das Fehlen von Motiven bedeutet u. von niemandem als absolut unbeschränkt behauptet wird. Mißbrauch der M. in dieser Richtung ist abzulehnen (Kinsey-Reports). M. kann aber bedeutsam sein für die Schaffung volkspädagogisch wirksamer Gesetze, sie kann den Moralphilosophen u. -theologen auf Probleme aufmerksam machen, die er sonst übersieht, sie vor zu undifferenziert formulierten Prinzipien warnen, sie kann die Frage nach den Gründen des Unterschieds zwischen Sollen u. faktischem Tun u. nach ihrer Beseitigung stellen, sie kann (in Konfrontation mit dem ernsten Heilswillen Gottes) die Einsicht vertiefen, daß noch lange nicht jeder objektive Verstoß gegen die objektiven sittlichen Normen auch schon wirklich subjektive Schuld vor Gott zu sein braucht.

Moralsysteme

heißen in der kath. Moraltheologie nicht die verschiedenen philosophischen oder theol. Systeme des Sittlichen, des Gesetzes usw. überhaupt u. im ganzen, sondern die verschiedenen Theorien, die auf die eine bestimmte Frage antworten: Was ist sittlich zu tun, wenn hinsichtlich des Bestehens eines Gesetzes oder seiner Bezogenheit auf den vorliegenden Fall ein ernsthafter Zweifel besteht, ohne daß dieser durch genauere Untersuchung usw. direkt behoben werden kann? Bei dieser Frage ist vorausgesetzt, daß im betreffenden Fall keine Verpflichtung zur Erreichung eines bestimmten Zweckes auf jeden Fall (z.B. der. Gültigkeit eines Sakramentes: DS 2101) besteht u. darum die je besseren Mittel für diesen Zweck anzuwenden sind. Auf diese so gestellte Frage antwortet l) der absolute Tatiorismus: Es ist immer zugunsten des Gesetzes zu entscheiden, auch wenn seine Existenz zweifelhaft ist, solange nicht jeder Zweifel an der Berechtigung einer Entscheidung zugunsten der Freiheit vom Gesetz beseitigt ist; eine rigoristische Haltung, die in der Praxis unmöglich ist, das sittliche Wesen der Freiheit als solcher verkennt u. von der Kirche abgelehntwird (DS 2303); 2) der Probabiliorismus: Der Mensch darf nur dann zugunsten seiner Freiheit entscheiden, wenn die Gründe gegen die Existenz des Gesetzes wesentlich besser begründet, wahrscheinlicher sind. Doch kann dagegen eingewendet werden, daß ein Gesetz erst verpflichtet, wenn es sicher ist u. die ↑Präsumption für die Freiheit steht, die durchaus an sich als sittlicher, von Gott gewellter Wert zu betrachten ist. Doch ist diese Theorie kirchlich erlaubt (DS 2175ff); 3) der Äquiprobabilismus: Von der Freiheit kann Gebrauch gemacht werden, wenn für sie gleich gute Gründe wie für die Existenzdes Gesetzes sprechen; 4)dereinfache Probabilismus: Der Freiheit bleibt die ↑Präsumption, wenn für sie ernsthafte Gründe sprechen, solange für den Anspruch des Gesetzes keine sicheren Beweise vorliegen. Da die Abwägung der Gründe für und wider selbst wieder eine undurchsichtige Sache u. bis zu einem gewissen Grad dem redlichen Ermessen anheimgegeben ist, so kommen Probabilismus u. Äquiprobabilismus in der Praxis wohl im allgemeinen zum selben Resultat. Sie bilden zusammen das meist vertretene M. u. sind die Voraussetzung dafür, daß in solchen Zweifelsfällen Raum bleibt für andere Erwägungen (Kompensation der Gefahr der Gesetzesverletzung durch Erreichung anderer Werte; Erwägungen der ↑Existentialethik): 5) der Laxismus: Auch die leiseste Spur eines Rechtes der Freiheit genügt noch, um gegen das Gesetz zu entscheiden. Da es sich von vornherein meist nur um moralische Sicherheit, nicht um mathematische u. metaphysische, handelt, also immer eine Spur von Grund gegen das Gesetz zu entdecken ist, wäre der Laxismus die Untergrabung jeden Gehorsams gegen das Gesetz u. allgemeine Normen. Er ist von der Kirche verworfen (DS 2101-2165 2167, bes. 2103).

Moraltheologie

ist die auf der Offenbarung Gottes beruhende Lehre vom richtigen, gottgemäßen Handeln des Menschen. Insofern ihre Quelle u. Norm die Offenbarung Gottes in Jesus Christus ist, in dem der Mensch, so wie er sein soll, erscheint u. Gott dem Menschen sein eigenes Bild enthüllt, u. insofern sie den Menschen auf sein wirkliches Ziel, die Annahme der absoluten Selbstmitteilung Gottes in freier, vom Menschen her nicht errechenbarer noch erzwingbarer Gnade ausrichtet, ist die M. von einer transzendentalphilosophischen ↑Ethik unterschieden, so sehr sie deren Begrifflichkeit u. Erkenntnisse sich dienstbar macht. Diese Ethik entwirft eine formale Struktur des Menschen, wie sie ist u. vom freien Handeln des Menschen respektiert werden soll, die aber die Frage nach der freien Verfügung Gottes über dieses auf ihn hin offene Wesen, nach der ihn versagenden Ferne oder Nähe Gottes in freier Selbstmitteilung offenläßt u. so sich zur M. wie die Frage (die gestellt werden muß) zur Antwort verhält. Durch Inhalt, Quellen u. Methode ist die M. ein Teil der christlichen ↑Dogmatik, sie hat also deren Normen u. Quellen (↑Heilige Schrift, ↑Tradition, ↑Lehramt der Kirche), sie setzt voraus u. entfaltet die dogmatische ↑Anthropologie u. leitet von daher systematisch (aber im ständigen Blick auf diese Ableitung, wie sie schon in Schrift u. Tradition gegeben ist) die Normen des Handelns des Menschen als Christen ab. Insofern sie auf dem bleibenden konkreten Wesen des Menschen (in der konkreten christlichen Heilsordnung) beruht, ist sie eine essentiale Normwissenschaft; insofern sie die durch die Vollendung der Heilsgeschichte in Jesus Christus u. der Kirche gegebene geschichtliche (aber vor dem Ende der Geschichte nichteigentlich überholbare, sondern nur radikaler einholbare) Situation berücksichtigt u. ihre Normen immer auch möglichst auf die durch den Wandel der profan-geschichtlichen Situationen in allen Dimensionen des Menschen je neu gegebene Gegenwart hin konkretisieren muß – unter Berücksichtigung der erfahrungsbezogenen Humanwissenschaften -, ist sie (ohne bloße ↑Situationsethik zu werden) existentiale Normwissenschaft u. zeigt in ihrer eigenen Geschichte den dauernden Wandel der profanen u. religiösen Situationen des Menschen sehr deutlich an. Sosehr sie möglichst konkrete, verbindliche Antworten erarbeitet, die nicht nur gesinnungsrichtig, sondern auch sachgemäß sein müssen (weil die Sache selbst unter der Herrschaft Gottes u. Jesu Christi steht), so darf sie doch nicht meinen, sie könne dem Einzelnen die Findung des konkreten Willens Gottes für je ihn einfach abnehmen, weil die Analyse der konkreten Situation diese nie ganz reflex auflösen kann, weil Gott auch innerhalb der allgemeinen, mehrere Möglichkeiten an sich legitimen Handelns erlaubenden Normen eine bestimmte Handlungsweise wollen u. dem Menschen kundtun kann u. weil der Mensch das vorbehaltlose Sichanvertrauen an Gottes Barmherzigkeit nicht vermeiden kann durch eine adäquate reflexe Klarheit über die konkrete Richtigkeit seines Handelns. Die M. wird also dem Menschen zugleich verpflichtende Normen geben und ihn für die Demut seiner einsamen Verantwortung vor Gott allein erziehen. Ihr Aufbau würde sachgemäß einen ersten Teil formaler Art (entsprechend der allgemeinen Anthropologie über das Wesen des übernatürlich Sittlichen, über ↑Gesetz u. ↑Gewissen) u. dann einen zweiten materialen Teil beinhalten, der die einzelnen Dimensionen als ebenso viele ,,Pflichtenkreise» oder besser Bereiche der Möglichkeit von sittlichem Wachstum u. von Vollendung darstellt, u. zwar in individueller wie sozialer Hinsicht.

Motiv

ist jener Wert, der einen frei Handelnden zur Setzung seiner Tat bewegt, ohne ihn darum zu nötigen. Formalobjekt (der bestimmte Aspekt, unter dem ein Gegenstand von einem Akt intentional erfaßt wird) u. Motiv können zusammenfallen, brauchen es nicht, weil der Grund zur Setzung eines Aktes u. der gewählte Anblick seines Gegenstandes verschieden sein können. So verwirft z.B. die Furchtreue (↑Gottesfurcht, ↑Attritionismus) wegen der Strafe (= Motiv) die Sünde als Verletzung des göttlichen Anspruchs auf den Menschen (= Formalobjekt). Motiv u. Formalobjekt können daher verschieden hohe Werte sein, ohne daß dieser Unterschied einen Akt grundsätzlich sittlich verderben müßte.

Mysterien des Lebens Jesu

Nicht nur ↑Inkarnation, ↑Kreuz u. ↑Auferstehung sind Ereignisse, die universale Bedeutung in u. trotz ihrer historischen Einmaligkeit u. Kontingenz für das Heil aller haben, sind darum Gegenstand der Glaubensaussage, der bekennenden Anam nese u. des Lobpreises und in diesem Sinn „Mysterien», sondern dasselbe gilt grundsätzlich von allen Ereignissen im Leben Jesu. Durch diese Betrachtung als M. werden diese Ereignisse nicht falsch sublimiert oder mythologisiert, sondern es wird bekannt, daß das eine ganze Leben Jesu mit all seinen Inhalten (jeder nach seiner Weise u. an seinem Platz) sinnhaft ausgerichtet u. geeint im Tod u. der Auferstehung das eine Ereignis ist, um dessentwillen Gott uns gnädig ist. Darin ist gerade eingeschlossen u. muß bei der Meditation dieser M. bedacht werden, daß wir gerade dadurch erlöst sind, daß das Wort des Vaters die Niedrigkeit, Profanität u. Todgeweihtheit unseres Lebens annahm u. eben darin die Gestalt der Gewöhnlichkeit unseres eigenen Lebens zum Ereignis der Gnade, die Gott letztlich selbst ist, machte. Der Mysteriencharakter der Einzelgeschehnisse im Leben Jesu ist also gerade immer ein u. derselbe, der in seinem Tod u. seiner Auferstehung zur deutlichsten Erscheinung kommt: indem das Endliche zu seiner bittersten Endlichkeit kommt, geschieht in ihm (nicht durch diese Selbstentlarvung als solche) die Ankunft der verklärenden Gottheit. Dafür ist (von der Auferstehung her) das ganze Leben Jesu Vorbild u. endgültiges Unterpfand.

Mysterientheologie

von 0. Casel (t 1948) u. l. Herwegen (t 1946) ausgegangene Erneuerung frühchristlich-theol. Denkens. Ihre zentrale Frage ist die nach dem Verhältnis von allgemeiner Heilsgeschichte u. einzelner Heilsverwirklichung, genauer nach der wirklichen u. wirksamen Gegenwart der Heilstat Jesu Christi im sakramentalen Geschehen. Von diesem Mysterium her wird die gesamte Theologie als M. entfaltet (↑Anamnese, ↑Gegenwart, ↑Wiederholung). Dabei bedeutet Mysterium im NT u. bei den Vätern vornehmlich das Handeln Gottes mit den geschichtlichen Menschen zum Heil oder Gericht, nämlich den ewigen Ratschluß Gottes (= Urmysterium), das Schöpfungswerk, die Erlösung (= Christusmysterium im engeren Sinn), Kirche, Glaube u. Sakramente (= Kultmysterium), Heilswirklichkeit u. Heilsvollendung im Gegensatz zum ..Mysterium der Bosheit». Die M. ist daher nicht nur eine neue Theorie des ↑Meßopfers, sondern betrifft auch Dogmatik, Moral- u. Pastoraltheologie. In manchem angefochten u. weiterer Klärung bedürftig, hat sie doch neben der Theologie vor allem die liturgische Erneuerung u. kirchliche Frömmigkeit (auch das II. Vat., vgl. Lit. 35 102 u.ö.) befruchtet. Sie ist bedeutsam für das Gespräch zwischen den Konfessionen, da sie zur Klärung mancher Kontroversfragen (z.B. Wesen der Sakramente, Meßopfer, Gnadenlehre) beiträgt.

Mysterien, heidnische, und Christentum

Die Mysterien, die in der Umgebung des werdenden Christentums geübt wurden, waren rituelle Begehungen (in Wort u. Handlung, durch Weihen, Bad, Mahl) von wenigstens theoretisch geheimen Kulten (M. von Eleusis, des Attis u. der Kybele, des Dionysos, der Isis, des Mitbras), in denen das mythi sehe Schicksal eines Gottes in einer ↑Anamnese dargestellt u. mitvollzogen wurde u. der dadurch Eingeweihte (Myste) am Heil dieses Gottes (Erleuchtung, Leben usw.) individuellen Anteil erhalten sollte. Manches an den M. u. im Christentum hat eine formale Ähnlichkeit, die bei vollentwickelten Religionen, die alle Dimensionen des Menschen in Anspruch nehmen, u. beim gleichen Wesen des Menschen eigentlich selbstverständlich ist: Riten, Initiation, Anamnese, Mahl, Hoffnung auf individuelles Heil. Doch haben Taufe u. Eucharistie ihren Boden im AT u. Judentum zur Zeit Jesu, das keine Mysterien kannte. Der Gottesbegriff u. der sachliche Inhalt der Endzeiterwartung trennen M. u. Christentum radikal. Und vor allem: die M. begehen in ihrer Anamnese letztlich doch das mythologisch dramatisierte Vergehen u. Werden der Natur u. kommen so über die vorpersonale Dimension der Mächte der Natur nicht hinaus. Das im Kult gefeierte Heil des Christentums ist ein genau bestimmtes einmaliges Ereignis in der Geschichte der Menschheit selbst, ein geschichtliches Ereignis, das zugleich unser u. des absoluten, einen Gottes ist.

Mystik

besagt sowohl als Erfahrung die innerliche, einende Begegnung eines Menschen mit der ihn u. alles Seiende begründenden göttlichen Unendlichkeit, in der christlichen M., im Judentum u. Islam mit dem persönlichen Gott, als auch den Versuch der wissenschaftlichen Auslegung, die Reflexion über diese Erfahrung (u. daher eine wissenschaftliche Disziplin).

1. Mystische Phänomene sind durch Zeugnisse in allen höheren Religionen erwiesen. Die mystische Schau als Versenkung der Seele in ihren Grund ist stets Akt der Einzelperson, nicht der Kultgemeinde; doch kann dem Einzelnen im Kult mystische Erfahrung zuteil werden. Eventuelle Aufträge, mystische Botschaften anderen zu verkünden, sind Ausnahmen. Verkündigung u. begriffliche Auslegung bleiben immer unzureichendes ,,Stammeln», denn die übersinnliche mystische Erfahrung als solche gibt keine Gewähr für die Wahrheit u. Angemessenheit der nachfolgenden begrifflichen Mitteilung. Während die Magie sich die Begegnung mit der göttlichen Mächtigkeit durchbesondere Mittel verfügbar machen will, wird die mystische Schau stets als Geschenk erfahren. Die ↑Askese kann dabei (so besoi.ders in der außerchristlichen M. betont) eine Vorbereitung der mystischen Einigung sein. Weil dabei die vom Absoluten stammende Geistigkeit als Eigen tlichstes der Seele u. zugleich die Aufhebung des Bewußtseins der Zeit u. Gegenständlichkeit erfahren werden, steht die mystische Theorie oft in der Gefahr, diese Erfahrung im Sinn des ↑Monismus, ↑Pantheismus, Theopanismus auszulegen, diese selbst hat aber mit diesen Irrtümern nichts zu tun.

2. Die Erfahrung der göttlichen Unendlichkeit durch die natürliche M. kann auch Christen zuteil werden, ja solche ist grundlegend in der Erfahrung der ↑Transzendenz schon impliziert. Sie kann so zur Versuchung werden, in geistiger Hybris die Vermittlung des mensch gewordenen Wortes Gottes zur Einswerdung mit Gott von vornherein. abzulehnen. Christliche M. ist wohl auch M. der Unendlichkeit; sie ist aber solche als Erhöhung u. Befreiung der Transzendenzerfahrung durch die ↑Gnade als (erfahrene) ↑Selbstmitteilung Gottes; so aber ist die mystische Einigung als unvollkommene Andeutung der seligen Gottesschau der Ewigkeit wie diese selbst stets vermittelt durch das Faktum des geschichtlichen Abstieges Gottes zu den Menschen in seinem Sohn, der auch im ewigen Leben der Fleischgewordene, Gekreuzigte und Auferstandene bleibt: ↑Christusmystik.

3. Weil Jesus Christus mit der Menschheit zugleich die ganze Schöpfung in seiner Liebe erlöste, ist eigentlich christlich-mystische Erfahrung weder Weltverneinung noch Begegnung mit dem unendlichen All, sondern Mitnahme der Welt in die liebende Begegnung mit dem persönlichen Gott. Wo freilich in der außer-christlichen M. der persönliche Gott erfahren wird, ist insofern nicht nur von „natürlicher M.», sondern von übernatürlicher M. zu sprechen, als dabei unreflex Jesus Christus als Antlitz des Vaters erfahren wird. Denn jede Begnadigung ist nur erwirkt dank der Erlösungstat Jesu Christi. Sofern durch Jesus Christus im Heiligen Geist das trinitarische Leben Gottes vermittelt wird, ist christliche M. ↑Dreifaltigkeits- bzw. Dreieinigkeits-M. u. sind die Gnadengaben des Heiligen Geistes von größter Bedeutung. Aus ihnen kann die Stufenfolge des mystischen Aufstieges erklärt werden. Die Askese bildet dabei die Vorstufe. In der Reinigung u. Enthaltung wird aber nicht die Persönlichkeit vernichtet, sondern die endliche Seele wird frei für die deutlichere Erfahrung der Gnade. Auf einem aufsteigenden Erleuchtungs- u. Einigungsweg, der in der Geschichte der mystischen Auslegung verschieden gestuft wird, verhält sich die Seele „leidend», nicht „tätig» gegenüber den Gnadengaben des Heiligen Geistes. Doch kann namentlich die Gabe des Rates u. der Stärke den Mystiker zu sozialer Betätigung u. sogar zu entscheidendem geschichtlichem Handeln führen. Mystische Erfahrung kann von psychologisch seltsamen Phänomenen (Ekstase, ↑Stigmatisation, Elevation usw.) begleitet sein, doch sind solche keine wesentlichen Momente der eigentlichen Mystik.

Mythos

ist als Begriff der religiösen Aussage u. der Daseinsinterpretation einer der dunkelsten Begriffe der Religionsgeschichte. Wenn man davon ausgeht, daß jeder Begriff einer metaphysischen u. religiösen Wirklichkeit als jenseits der unmittelbaren Erfahrung mit einer Vorstellung arbeiten muß (in ursprünglicher, nicht nachträglich künstlicher u. bloß didaktischer Synthese), die nicht die ursprüngliche Erscheinung dieser Wirklichkeit, sondern anderswoher gewonnen ist, wenn man dann noch voraussetzt, diese „Vorstellung“ (ohne die jeder Begriff leer, d.h. unmöglich ist; thomistisch das phantasma, dem sich jede transzendentale Erkenntnis zuwenden muß) sei nicht ein statisches „Bild“, sondern sei gegeben als dramatische, ereignishafte Vorstellung oder könne in eine solche hinein entfaltet werden u. so etwas dürfe dann mythische Vorstellung genannt werden, dann ließe sich sagen: Jede metaphysische u. religiöse Aussage ist eine mythische oder lasse sich als solche verdeutlichen. Und dies wäre nicht eine Leugnung der Möglichkeit echter u. bleibend gültiger Wahrheitserkenntnis, sondern sie wäre mit einer solchen durchaus u. wesentlich immer vereinigt, nur ein anderer Ausdruck für die ↑Analogie in solcher Erkenntnis. Wo das kritische Bewußtsein für die notwendige, variierbare, aber unüberwindliche Bildhaftigkeit als solche in einer solchen Aussage entweder fehlt oder sogar ausgeschlossen wird (in wirklicher absoluter Identifikation von Vorstellung u. Begriff), wäre das M. im eigentlichen oder pejorativen (formalen) Sinn des Wortes. Jeder M. kann natürlich, so aufgefaßt, nochmals die Wahrheit treffen oder dadurch verfehlen, daß er schlechterdings etwas Falsches sagt oder eine richtige Teilinterpretation des menschlichen Daseins als die ganze verabsolutiert. Wo durch das heilsgeschichtliche Handeln Gottes (vor allem in der Menschwerdung) das in der religiösen Aussage Gemeinte selbst die geschichtliche Phänomenalität der menschlichen Erfahrung zu ihrer eigenen Wirklichkeit u. so Erscheinung macht, ist das letzte Problem des M. von der gemeinten Sache her überwunden. Die Epiphanie Gottes selbst (2 Tim l, 10; Tit 3,5) ist im Fleisch, u. so kann auch von Gott selbst sehr irdisch gesprochen werden. Vgl. dazu auch ↑Entmythologisierung.

N

Nachfolge Jesu

als Forderung im Munde Jesu an den Glaubenden (Mt 8,22; 9,9; 10,38; 16,24; 19,21; Mk 8, 34; Lk 14, 25-35) bedeutet weder eine bloße Befolgung des Beispieles Jesu (als eines „Falles» der idealen Beobachtung eines allgemeinen Gesetzes) noch die „Kopierung» des Lebens Jesu, noch in allen Texten des NT das leibhaftige Schüler- u. Helferverhältnis zu Jesus als „Meister» u. Lehrer im Stil des damaligen „Meister-Schüler»-Verhältnisses, sondern die glaubende Bereitschaft, dem Reich Gottes (↑Basileia), das in Jesus da ist, so nur in ihm endgültig da ist u. jeden in Ansp.uch nimmt, in radikalster Weise bis zur ↑Selbstverleugnung u. der Annahme des ↑Kreuzes über sich alle Gewalt einzuräumen.

Nächstenliebe

meint dogmatisch die christliche, heilshafte, durch die Gnade Gottes ermöglichte u. getragene Liebe des echten personalen Wohlwollens, die den andern um seiner selbst willen u. nicht als Nutz- oder Lustwert für sich sucht u. darum ihn auch in seiner absoluten Einmaligkeit bejaht, ohne ihn dem eigenen ,,Ideal» zu unterwerfen, sich auf ihn, nicht ihn auf sich bezieht (vgl. jedoch ↑Liebe). Weil Liebe der echte u. totale Vollzug der geistigen Person ist, darum bedeutet „Selbstlosigkeit» nicht Kühle u. Distanz, sondern bedeutet die Hergabe des ganzen eigenen Wesens, soweit es möglich ist u. der andere der Adressat solcher Liebe sein kann. N. ,,um Gottes Willen» bedeutet gerade nicht, den Nächsten zum bloßen Übungsmaterial der Gottesliebe zu machen, sondern bezeichnet den Raum u. den Grund, der eine radikale N. erst möglich macht, weil in der übernatürlichen Ordnung des Daseins Gott selbst das Innerste Geheimnis des Menschen ist. Dementsprechend ist nach der allgemeinen Lehre der Theologie der Akt der N. der Akt der theologischen ↑Tugend der Gottesliebe, also gnadenhafter, vom Heiligen Geist gewirkter Mitvollzug des innertrinitarischen Lebens, in dem das ↑Pneuma Gottes die personhafte Liebe Gottes ist. Dazu ist zu bedenken, daß Gott objektiv für die subjektive Intentionalität des Menschen kein «Gegenstand» neben anderen ist; Gott ist im ursprünglichen, einer reflexen Thematik vorausgehenden Akt immer als der weltjenseitige, subjektiv u. objektiv den ↑Akt u. seinen Gegenstand tragende Grund der Erfahrung gegeben, als Wovonher u. Woraufhin eines Aktes, der gegenständlich auf Welt zielt. Wo Gott religiös-christlich thematisiert wird, er selbst sich übernatürlich zuschickt als Woraufhin der menschlichen Transzendentalität, geschieht dies gegenüber einem Menschen, der sich selbst in Freiheit gegeben ist durch den liebenden Eingang in die Mitwelt, durch personale Begegnung u. Kommunikation mit dem Du der innerweltlichen Erfahrung. Daraus ergibt sich: Die ursprüngliche u. die ausdrückliche Erfahrung Gottes ist immer in einer weltlichen Erfahrung gegeben. Der Akt der N. ist der einzige kategoriale u. ursprüngliche Akt, in dem der Mensch die kategorial gegebene ganze Wirklichkeit erreicht, u. er ist der primäre Akt, in dem der Mensch die Erfahrung Gottes macht. Auch die explizite Gottesliebe ist noch getragen von jener vertrauend-liebenden Öffnung zur Ganzheit der Wirklichkeit hin, die in der N. geschieht. – Eine Öffnung des einzelnen Menschen in N., die das Ganze der Wirklichkeit intendiert, kann sich nicht auf ein einziges Du oder auf die buchstäblich Nächsten beschränken. Von der Zuwendung zur ganzen Wirklichkeit her hat christliche N. notwendig immer (mehr oder weniger ausdrücklich) eine gesellschaftlich-politische Dimension (das II. Vat. spricht sogar von einer ,,caritas politica»: Kirche/Welt 75), die ihrerseits wieder darauf hinweist, daß christliche N. sich nicht in Sentimentalitäten u. künstlicher Harmonisierung realisiert, sondern, wo nötig, im Kampf für andere u. im Aushalten unvermeidlicher Konflikte. Biblische Texte über die Einheit der Gottes- u. Nächstenliebe: Mt 22, 37 ff; Röm 13, 9f; vgl. Mt 5,43ff; 7, 12; 10,40ff; 25,40; das Hohelied der N.: l Kor 13; die N. als Fülle des Gesetzes: Röm 13,10; Mt 22,40.

Naherwartung

Die richtige u. für das Selbstverständnis des Christentums fundamentale Überzeugung der Urgemeinde, daß mit dem Tod u. der Auferstehung Jesu Gott selbst sich absolut u. unwiderruflich der Welt zugesagt habe u. somit keine wesentlich neue Heilsperiode mehr erwartet werden könne u. in diesem Sinn das Ende der /Äonen schon da sei, mußte den Eindruck erwecken, das totale Offenbarwerden dieser eschatologischen Situation, die ↑Parusie Christi, müsse in irdisch absehbarer u. sehr kurzer Zeit erfolgen (vgl. z.B. l Thess4, 17; Phil 4,5;Hebr 10,.37; Jak 5,8; IPetr 4,7; IJo 2,18; Mk 9,.l; Mt 10,23; Lk 9,27; dazu DS 3433 3628ff, NR 230), zumal der Christ eine solche Erscheinung der im Grunde schon eingetretenen endgültigen Heilsstiftung erhoffen muß, erbittet u. in seiner Aktivität für die menschliche Zukunft mitherbeiführen hilft. In dieser Perspektive fällt der irdisch-zeitliche Abstand zwischen der endgültigen Heilsstiftung u. ihrem vollendeten Erscheinen aus. Im NT ist die christliche Erwartung oft unter dieser Perspektive formuliert. Jesus selbst legt seine Überzeugung, daß Gott jetzt handelt, in Aussagen über eine zeitliche N. vor. Damit leugnet er jedoch so wenig wie die Schriftsteller des NTden erwähnten Abstand; sie machen keine verpflichtenden Aussagen über seine Länge, sondern wissen, daß dies das Geheimnis Gottes allein ist (Mk 13,32; Apg 1,7; 2Petr3, 8-10; IThess 5,lf), das sich erst der Erfahrung der ganzen Menschheit langsam entschleiert. Durch die sich erst langsam kundtuende Weite u. Unabsehbarkeit der innerzeitlichen Weltgeschichte bleibt das Eigentliche der N. gültig, ja noch bedeutsamer: die wachsende Große der Welt u. Geschichte (aber auch das Anstößige der im Gefolge der Parusieverzögerung immer stärker institutionalisierten Kirche) ist umfaßt von der absoluten Nähe der Selbstmitteilung Gottes, die sich schon unwiderruflich u. unaufhaltsam in Jesus ereignet hat. Die individuelle u. notwendige N. ist immer die des eigenen ↑Todes.

Name

Der Mensch erfaßt, unterscheidet u. ordnet etwas erst dann in die Gesamtheit seines bewußten Daseins ein, wenn er ihm einen N.n gibt, oder besser (über alle rein phonetische Zufälligkeit des Wortes hinaus) sich von der sich (von ihr her) zeigenden Wirklichkeit selbst ihren N.n geben läßt u. gleichzeitig sie seinem eigenen Gesetz mit dem verliehenen N.n Untertan macht (vgl. Gn 2, 19f). Kein Wunder, daß der primitive Mensch unter dem Eindruck stand, durch die Enthüllung des richtigen N.ns gewinne man Macht über das Genannte, u. so zu einem magischen Wortzauber neigte, feierliche u. programmatische N.nsgebungen u. N.nsänderungen vornahm. Dementsprechend ist auch der N. im AT in einer eigentümlichen Einheit u. Verschiedenheit identisch u. stellvertretend für das (den) Genannte(n). Daher die Ehrfurcht vor dem eigen-N.n Gottes (↑Jahwe) im AT, der nach dem ↑Dekalog (Ex 20,7) nicht ..eitel» in Leichtsinn, Meineid usw. genannt werden durfte (Dt 5,11; Lv 19, 12; Sir 23, 10f usw.). „Im N.n Jesu» kann daher bedeuten: in der Sendung, im Auftrag, in der Autorität, Kraft u. unter Anrufung Jesu durch Aussprechen seines Namens durch die, die seinen Namen (sein Wesen) dadurch als ihnen wirklich ..bekannt» bezeugen (Mt 7,22; 18,20; Apg 2,38; 4,30; Mk 9,37ff; Jo 14,13f; 16,2f).

Natur

wird das Wesen, also die bleibende (nicht eigentlich zusammensetzbare, sondern als ursprünglich eine Setzung zu begreifende) Struktur eines Seienden genannt, insofern sie der Grund u. die vorgegebene Norm seines Handelns (so auch die Voraussetzung menschlicher ↑Kultur) ist. „Natur» sagt für ein christliches Verständnis keinen Gegensatz zu ↑Schöpfung, sondern ist der Ausdruck der inhaltlichen Sinnhaftigkeit u. der kreatürlichen Eigenständigkeit, die gerade von Gott durch seine Schöpfung begründet u. getragen werden. Die Naturhaftigkeit eines Seienden wächst also im gleichen, nicht umgekehrten Maß mit der „Nähe» zur schöpferischen Ursächlichkeit Gottes. Diese N. ist in allen untermenschlichen Seienden geschlossen, insofern Wesen u. somit Handeln auf eine bestimmte, begrenzte Umwelt bezogen ist, entweder überhaupt nicht „bei sich ist» u. so nicht sich selbst zum Gegenstand des eigenen Handelns machen kann oder nur auf einen endlichen Kreis der biologischen Selbstentfaltung dienender Wirklichkeiten erkennend u. strebend ausgerichtet ist. Ist diese N. „offen», d.h. durch die absolute ↑Transzendenz des Erkennens u. Wollens über jedes einzelne hinaus auf die Wirklichkeit schlechthin u. somit auf Gott ausgerichtet, so kann sie sich selber vergegenständlichen u. sich selbst in ihrem Grund zum Gegenstand ihres Tuns machen, d.h., sie ist „personal» u. sie ist in einem dialogischen Verhältnis zum absoluten, geheimnishaften Grund der Ganzheit aller Wirklichkeit, zu Gott. Die Einsicht in diese Offenheit gerade der menschlichen N. müßte verhindern, daß ein nur biologischer N.begriff auf sie angewandt u. eine angeblich bekannte starre N. des Menschen gegen verschiedenartige Emanzipationsbewegungen reklamiert wird. In dieser Offenheit ist auf Seiten der Kreatur die von Gott gegebene Möglichkeit einer ↑Selbstmitteilung Gottes in freier Gnade gegeben (↑Natur und ↑Gnade, ↑Potentia oboedientialis). Transzendiert sich eine geistige Natur in ihrer Offenheit durch die Tat Gottes an ihr von ihrem letzten substantiellen Grund so in Gott hinein, daß sie absolut Gott übereignet ist u. so schlechthin (im Sein u. im Vollzug) Gottes ist, also nicht mehr ihre Transzendenz im gewissermaßen stets unvollendeten u. von sich aus unvollendbaren Anlauf hat, dann wird eine solche Natur als solche (gerade wegen ihres vollendeten Selbstvollzugs u. ihrer Eigenwirklichkeit) im kirchlichen Sprachgebrauch nicht „Person» genannt, insofern endliche „Person» in diesem Sprachgebrauch auch eine Negativität, d.h. das von Gott wegverwiesene Beisichbleibenmüssen, einschließt. Dieser Fall ist einmalig gegeben in der menschlichen „Natur» Jesu von Nazareth, die durch die ↑Hypostatische Union der Person des Logos Gottes angehört u. so nicht für sich auch schon Person ist.

Natur und Gnade

Die offene ↑Natur des Menschen ist wegen ihrer Transzendenz (↑Potentia oboedientialis) möglicher Adressat der freien Selbstmitteilung Gottes selbst in ↑Gnade u. ↑Anschauung Gottes. Insofern diese Transzendenz des Menschen (als Ermöglichung objek tiver Erkenntnis u. personaler Freiheit) auch sinnvoll wäre, wenn diese Selbstmitteilung Gottes (als Angebot) nicht erfolgt wäre, ist sie, auch an den existierenden Menschen gerichtet, nicht einfach die unweigerliche Konsequenz des Handelns Gottes, wenn er sinnvoll den Menschen schafft, sondern frei, dem Menschen „ungeschuldet», Gnade, auch schon im voraus zur Schuld des Menschen, durch die er sich dieser Selbstgabe Gottes positiv unwürdig macht. Die Natur des Menschen, insofern sie in einer hypothetischen Ordnung gedacht wird, in der die Selbstgabe Gottes nicht der eigentliche Sinn der Schöpfung wäre, wird „reine», bloße Natur genannt (natura pura). Dieser Begriff beinhaltet zwar die Lehre von der absoluten Ungeschuldetheit der Gnade auch im voraus zur Schuld, besagt aber nicht, daß die Natur jemals als solche existiert hätte oder daß das, was wir in unserer existentiellen.Erfahrung von uns selbst wissen, mit der „reinen Natur» identisch sei. In der konkreten Schöpfung ist vielmehr die Natur des Menschen zur Gnade immer berufen (↑Existential) u. zum Ja zu diesem Selbstangebot Gottes verpflichtet, findet nur darin ihr wirkliches reales Ziel, ist ohne es objektiv selber im Status der Unseligkeit, ja geschaffen, indem u. dazuhin daß Gott dadurch die Möglichkeit einer absoluten Selbstmitteilung an das Nichtgöttliche in seiner ekstatischen ↑Liebe (↑Agape) hat. Konkret ist daher überall, auch bei Nichtchristen, mit der wirksamen Gegenwart der Gnade Gottes zu rechnen; konkret sind auch die Entwürfe u. Aktivitäten der Nichtchristen nie als bloße Produkte einer „reinen Natur» anzunehmen. Für die Kirche bedeutet das die Aufgabe, sich integrierend (d.h. nicht: vereinnahmend) gegenüber solchen Werten zu verhalten. Wo der Mensch sich schuldhaft dem Angebot Gottes versagt, bewahrt er nicht seine Natur, sondern verdirbt sie. Sie bleibt dann nicht als reine, sondern als möglicher Adressat der vergebenden Gnade Gottes u. als solche, die gegen sich selbst gehandelt hat, weil die Natur des Menschen gerade die absolute Verfügbarkeit des Menschen von dialogischer Art Gott gegenüber ist.

Naturalismus

ist ein vager Sammelname für praktische oder auch noch theoretisch formulierte Haltungen u. Daseinsdeutungen, nach denen das Wirkliche mit dem „Natürlichen» (d.h. mit der vordergründigen Alltagserfahrung) zusammenfällt, so daß also eine Metaphysik, eine Offenbarungsreligion u. eine Ethik, die mehr als billige Lebensklugheit ist, für einen solchen ↑Positivismus nicht ernsthaft in Frage kommen.

Natürliches Sittengesetz

Die objektiven, der ↑Freiheit des Menschen vorgegebenen u. diese ermöglichenden Strukturen der ↑Natur des Menschen, insofern sie in transzendentaler Notwendigkeit auch im Akt der Verneinung (im Erkennen u. Handeln) nochmals implizit bejaht werden, bedeuten ebenso viele notwendige objektivierte Normen für das Handeln des Menschen; insofern diese Strukturen vergegenständlichter Wille Gottes, des Schöpfers dieser Natur, sind, wird das aus ihnen resultierende Gesetz des Sollens auch N. S. oder (in einem ganz ändern Sinn als in der Naturwissenschaft) Naturgesetz genannt. Die sich aus der Natur des Menschen als eines mit Verstand u. freiem Willen begabten Wesens unmittelbar von selber ergebende Summe von Rechten u. Pflichten heißt im kath. ethischen Sinn auch Naturrecht; dessen Veränderlichkeit oder Unveränderlichkeit u. Erkennbarkeit ist ein wesentliches Thema der griech. u. christlichen Philosophie. Nicht alles, was faktisch am Menschen ist, ist darum auch schon seinsollend; dem Menschen ist von seinem Wesen her ein Bereich von sittlich Indifferentem eingeräumt, weil u. insofern er von Natur her angelegt ist auf eine Tat, durch die er sich auch selbst verändert. Aber jene Strukturen der Wirklichkeiten, die er dort noch einmal implizit bejaht (weil vollzieht), wo er sie verneint: seine Geistigkeit in Wahrheit, seine Freiheit, Bezogenheit auf das Geheimnis, das Gott heißt, seine Geschichtlichkeit, Zweigeschlechtlichkeit, soziale Bezogenheit auf andere usw., machen sein notwendiges Wesen, seine Würde u. seine Verpflichtung im N. S. aus. Insofern diese Natur auf die absolute Verfügung Gottes offen ist (↑Natur und Gnade, ↑Potentia oboedientialis), sind natürlich jene Sollensnormen, die aus der übernatürlichen Selbstmitteilung Gottes an den Menschen in der Gnade Jesu Christi erfließen, von noch höherer Würde u. von gleich absolut verpflichtender Hoheit wie das N. S. In theol. Sicht gibt es in der konkreten, von Jesus Christus bestimmten Ordnung keine „reine Natur». Eine grundlegende Problematik des Naturrechts besteht daher darin, ob ,,Natur» überhaupt als Schlüsselbegriff für sittliche Weisungen, die für alle Menschen gelten, geeignet ist. Nach kath. kirchenamtlicher Lehre ist an der Existenz zweier Erkenntnisordnungen, der des Glaubens u. der der Vernunft, festzuhalten (DS 3015 3019, NR 38 42f, II. Vat., Kirche/Welt 59). Wenn u. insofern der Mensch die Möglichkeithat, mittels seiner Vernunft (die auch beim Nichtchristen nie „rein natürliche» Vernunft ist) sittliche Verhaltensnormen logisch unabhängig von der expliziten Wort-Offenbarung zu erkennen, könnte auf dieser Basis eine operative ethische Einigung zwischen Glaubenden u. Nichtglaubenden versucht werden. Es ist jedoch damit zu rechnen, daß bei einem solchen Prozeß keine Einigung über das erreicht werden kann, was „naturgemäß», „zeitlos gültig», ..widernatürlich» oder „geschichtlich relativ» ist. Das kirchliche Lehramt erhob wiederholt, zuletzt in der Frage der Geburtenplanung, den Anspruch, verbindliche Aussagen über Sachverhalte des natürlichen Sittengesetzes aufstellen zu können. In solchen Fällen handelt es sich (als Interpretationen des Liebesgebotes) um authentische Äußerungen des kirchlichen ↑Lehramts, die nicht an der ↑Unfehlbarkeit partizipieren u. die in ihrer Argumentation auf Begründungen aus dem Bereich der Profanwissenschaften u. der allg. menschlichen Vernunft angewiesen sind. – Vgl. weiter ↑Moraltheologie, ↑Bergpredigt, ↑Existentialethik.

Natürliche Theologie

nennt man die metaphysische ↑Ontologie, insofern sie in der allgemeinen Seinslehre notwendig auch eine Aussage (in ↑Analogie) über das absolute ↑Sein Gottes beinhaltet (↑Gotteslehre, ↑Gottesbeweis, ↑Theodizee, ↑Fundamentaltheologie).

Natursakrament

Seit Augustinus nimmt die kath. Theologie (wegen des allgemeinen ↑Heilswillens Gottes) an, daß es in der Heidenwelt (analog zur ↑Beschneidung im AT) irgendwie geartete Vollzüge des Glaubens (der Eltern usw.) in einer gewissen (kultischen) Greifbarkeit gab, durch die die ↑Erbsünde der unmündigen Kinder getilgt werden konnte. Wie es auch mit diesem ↑Theologoumenon bestellt sein mag, es zeigt die Überzeugung der alten u. mittelalterlichen Theologie von der Allgemeinheit des Heilswillens Gottes u. stellt die Frage, ob der ↑Limbus der Kinder ein Theologournenon sei, das diese Überzeugung zu ihrem vollen Recht kommen lasse. Von der Idee des N.s her ließe sich auch manches in den ↑Nichtchristlichen Religionen positiver würdigen.

Naturwissenschaft und Theologie.

Das Christentum als solches fragt nach dem absoluten u. alle Einzelwirklichkeit umfassenden ↑Geheimnis, das wir Gott nennen, u. nach seinem Verhältnis zu uns, insofern dieses durch die /Offenbarung Gottes bekannt ist. Die Naturwissenschaften betrachten das Einzelne u. die gesetzmäßigen (möglichst mathematisch formulierten) Zusammenhänge der einzelnen Erscheinungen. Theologie u. Naturwissenschaften sind daher nach Gegenstand, Methode u. Erkenntnisquelle verschieden. Zwar macht das Christentum auch über die Welt Aussagen, aber insofern sie als Geschöpf u. Adressat göttlicher Selbstmitteilung bestimmt ist u. sich von daher (als Voraussetzungen u. Folgen) weitere Aussagen über die Erfahrungswirklichkeit ergeben (↑Seele, ↑Unsterblichkeit, ↑Erschaffung des Menschen usw.). Überdies ist die Welt der Erfahrung insofern Gegenstand der Theologie, als sie auch Raum des ↑Wunders u. seiner Erkenntnis ist. Durch beides aber kommen die Theologie u. die Naturwissenschaften weder in einen grundsätzlichen Konflikt noch in einen letzten Streit über eine letzte Kompetenz, da das Bezogensein der Welt auf Gott u. die durch die Metaphysik als apriorische Wissenschaft u. durch die Theologie getätigten Erkenntnisse der rein naturwissenschaftlichen Erfahrung der unmittelbar beobachteten Phänomene u. deren gesetzmäßiger Verknüpfung transzendent sind u. das existentiell bedeutsame, je einmalige, erfahrene ..Zeichen» (Wunder) dem Experiment der modernen Naturwissenschaft von deren Methode her nicht zugänglich ist. Bei Einhaltung der durch die jeweilige Fragestellung u. Methode a priori auf beiden Seiten gesetzten Grenzen sind somit Konflikte durchaus vermeidbar. Soweit die Theologie u. die Naturwissenschaften im einzelnen Aussagen über denselben Gegenstand – wenn auch in verschiedener Methode u. unterverschiedenen Aspekten – machen, kann es freilich immer wieder faktisch zum Anschein eines Konfliktes kommen. Solche scheinbaren Konflikte müssen u. können bei gegenseitiger Geduld u. Selbstkritik auf beiden Seiten ausgeräumt werden (vgl. II. Vat., Kirche/Welt 36). Schwieriger ist es, eine Begegnung u. Synthese herzustellen zwischen den beiden „Weltgefühlen» (d. h. der Summe der unrofte/barbereitstehenden, affektgebundenen, selbstverständlich u. als tragend real empfundenen Wissensinhalte), die entstehen, wenn jemand sich lebenslang nur mit einer der beiden Wissenschaften „beruflich» u. fachmännisch beschäftigt (was heute nicht mehr ganz vermeidbarist). Die Diskrepanz (nicht sachliche u. logische Widersprüchlichkeit) u. gegenseitige Fremdheit der beiden Weltgefühlen(zumal wenn der Naturwissenschaftler religiös „unbegabt» u. uninteressiert u. der Theologe noch weithin dem alten Weltbild gefühlsmäßig verhaftet ist) sind teilweise eine Folge des heutigen unvermeidlichen Pluralismus, die einfach in Geduld zu tragen ist (was dem Naturwissenschaftler natürlich kein Recht gibt, grundsätzlich religiös uninteressiert zu sein, da er nie der Mensch sein kann, der er sein muß, allein indem er Naturwissenschaftler ist), die teilweise durch Förderung der Begegnung der Menschen, die diese Wissenschaften treiben, teilweise durch Entfaltung jener Themen u. Fragen der je eigenen Wissenschaft überwunden werden kann, die diese Wissenschaft über sich selbst hinausweisen. Der Theologe muß überdies noch besser so von Gott reden lernen, daß der Naturwissenschaftler merkt, es sei das unerforschliche ↑Geheimnis gemeint, das seine Welt u. deren Erkenntnis umfaßt u. trägt, ohne beide einzuengen oder das Erforschbare als unerforschlich zu erklären.

Nestorianismus

ist die nach dem Patriarchen von Konstantinopel Nestorios (t ca. 451) benannte Lehre. Aus der ↑Antiochenischen Theologenschule stammend, leugnete er, daß der ewige Logos selbst das reale, eine Subjekt auch der menschlichen Wirklichkeiten in Jesus ist (↑Idiomenkommunikation). Das Subjekt, vom dem Göttliches u. Menschliches ausgesagt werden könne, sei der „Christus». Obwohl Nestorios sich um eine enge Einheit der göttlichen u. menschlichen Wirklichkeit in Jesus Christus mühte u. rechtgläubig sein wollte, konnte er daher sachlich nur eine „moralische» Einheit des Logos mit dem Menschen zugeben, keine wirkliche ↑Hypostatische Union. Das zeigt auch seine „Bewährungslehre»: Der Mensch Jesus konnte sündigen u. ist erst zum Lohn für seine Bewährung in den realen Besitz der göttlichen Attribute eingesetzt worden. Die Verurteilung des N. erfolgte auf dem 3. ökumenischen Konzil in ↑Ephesos (431) (DS 250f 268, NR 172) unter der Führung Kyrills von Alexandrien (†444). Seine Gegner hatten es Nestorios insofern schwer gemacht, seinen Irrtum einzusehen, als sie selbst eine klare Lehre von den zwei unvermischten fNaturen in Christus nicht bieten konnten, wie sie Papst Leo l. u. das Konzil von Chalkedon (451) boten (DS 293 f 301 ff, NR 174-178), durch das sich Nestorios – wenn auch nicht mit vollem Recht – gerechtfertigt erachtete.

Neues Testament

als heilsgeschichtliche Größe. Alle endliche, geschaffene (leibhaftig-personale) Wirklichkeit hat ein bleibendes „Grundgesetz», die Möglichkeit, Würde u. Pflicht, Gottes Selbstgabe zu empfangen, der göttlichen Natur teilhaftig zu werden. Aber dieses bleibende, in der Wirklichkeit selbst eingeschriebene, ja mit ihr identische Grundgesetz hat doch mit u. in dieser Wirklichkeit eine Geschichte: a) objektiv, insofern sich diese Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur in der personalen Geschichte der einzelnen Menschen als in Freiheit vom Menschen angenommene immer wieder in je bestimmter Situation (der dauernden Neuheit der geistigen Geschichte der Menschen) ereignen muß u. in der Inkarnation des Logos Gottes zu einem Höhepunkt kommt, der diese dialogische, an sich offene Geschichte des Selbstangebotes Gottes u. der Annahme des Angebotes Gottes von seilen des Menschen irreversibel (auf das Ganze dieser Geschichte gesehen) zu einer Geschichte des endgültigen Sieges dieser Selbstmitteilung macht; b) subjektiv, insofern die Erkenntnis dieser Geschichte in der satzhaft reflexen u. kommunitären Erkenntnis des Menschen zusammen mit der objektiven Geschichte der personalen Selbstgabe Gottes eine Geschichte hat. Die ↑Heilsgeschichte hat darum eine einzige absolute Zäsur: ↑Jesus Christus in seiner Selbstoffenbarung als Inkarnation des Wortes Gottes, in seinem ↑Tod u. seiner ↑Auferstehung (welche drei Momente sich gegenseitig bedingen u. eine unauflösliche Einheit bilden). In ihm ist die Geschichte der Selbstmitteilung irreversibel in das im Grunde immer schon am Werk Seiende u. Gemeinte gekommen: Gott hat sich der Welt gegeben u. diese (als ganze) ihn in der Tat der Gnade Jesu Christi an ihr endgültig angenommen, so daß Gottes Wort u. der Welt letztes Wort im fleischgewordenen Wort, in seinem sich übereignenden Gehorsam u. in seiner totalen Annahme in der Auferstehung für ihn u. für die Welt schon gesagt ist. Die als Gnade geschenkte Erwartung der absoluten Zukunft, als die Göttin Selbstmitteilung sich der Geschichte als deren Entelechie u. Ziel mitteilt, ist nicht die Aufhebung der Bedeutsamkeit des Ernstes der profanen Geschichte. Denn mit dieser Hoffnung auf das ↑Reich Gottes ist gerade gesagt, daß es in der Geschichte überall nicht nur in der explizit religiösen Geschichte – u. konkret lim das Heil selbst geht. Jede positiv sittliche Praxis ist Vermittlung dvr Annahme der absoluten Zukunft. Dieser Geschichte als ganzer ist durch ihr Umfaßtsein von der Zeit des NT die Verheißung gegeben, daß sie nicht ins Leere des Todes läuft. In der Gemeinde der Glaubenden, der ↑Kirche, wird ausdrücklich bekannt in der Wahrheit, deren Wesen dieser eschatologischen Endgültigkeit entspricht, was so in Jesus Christus sich ereignet u. begonnen hat. Von da aus eignet der Kirche ihr Charakter als Grundsakrament dieses prädefinierten Heiles der Welt, eignet dem neutestamentlichen Glauben in dem durch eine neue innerweltliche Heilsphase nicht mehr überholbaren neuen u. ewigen ↑Bund seine Absolutheit, in die alle andere Wahrheit (auch anderer Religionen) nur als deren größere Ausdrücklichkeit einwandert, ohne sie eigentlich zu überholen oder sie additiv zu ergänzen, u. eignet den letzten neutestamentlichen Heilszusagen an den Einzelnen m den Sakramenten der Charakter des ↑Opus operatum. Der ntl. Äon wird nicht abgelöst werden durch einen anderen innerweltlichen Heils-Äon, weil er die Proklamation des Endgültigen, d.h. des Gekommenseins Gottes selbst, ist, wohl aber muß sein Wesen insofern noch offenbar werden, als er sich erst eigentlich in der ↑Anschauung Gottes u. der ↑Auferstehung des Fleisches von sich selbst her u. nicht mehr mit den Mitteln der vorausgehenden Heilsperiode u. der unverklärten Welt aussagt.

Neuplatonismus

die letzte Phase der antiken Philosophie (vorwiegend, aber nicht ausschließlich platonischen Gepräges), ist als Ausdruck u. philosophische Objektivation des Zeitgeistes zur Zeit der Patristik von größter Bedeutung für die erste wissenschaftliche (philosophisch-systematische) Ausbildung der Selbstreflexion des Christentums in der ↑Patristik. Origenes u. Augustinus waren, jeder in seiner Art, Neuplatoniker, u. damit ist auch die ganze Theologie der ,,Väter» ( so vielfältig diese ist) neuplatonisch. Und da Geschichtlichkeit auch der Metaphysik gerade nicht bedeutet, daß das Geschick des Geistes wieder spurlos einem schlechthin Fremden Platz mache, sondern daß das Künftige des Geistes das Frühere verwandelnd bewahrt, u. da das Christentum als das Ganze (Katholische) in seiner Geschichte doch überall das Eigene findet, wird das Erbe des N. als Mittel genuinen christlichen Selbstverständnisses im Christentum immer, wenn auch nuanciert u. kritisch in ein ganz neues Beziehungsgefüge transponiert, aufbewahrt bleiben: Gott als absolutes, transzendent bleibendes Sein, als Logos; das endliche Seiende als „Teilnahme» am göttlichen Sein; die Idee einer hierarchischen Ordnung der Welt; die Bewegung des Endlichen auf seinen Ausgangzurück; die geistige auf Gott verwiesene Seele; die Ethik u. Mystik als „Vergeistigung» u. Aufstieg zu Gott. Aber der N. war auch eine Gefahr für das Christentum, deren es sich nur schwer erwehrte u. die ihm die theol. Reflexion des Eigenen erschwerte, so daß diese auch darum eine unvollendete Aufgabe ist, die ihm die Begegnung mit der Gegenwart erschwert. Denn Schöpfung, Geschichte mit ihrer Einmaligkeit u. Unumkehrbarkeit u. einem Werden, das Gott als sein eigenes annehmen kann in der Mensch-werdung, die Positivität der Nichtidentität, Person, Freiheit, Liebe, die mehr ist als die Dynamik des Logos, gute Endlichkeit, die ewig angenommen bleibt, ewige Gültigkeit des personal Einzelnen usw. – das sind genuin christliche Themen, die dem N. fremd sind u. die darum (wenn auch nicht als materialer Gegenstand, so doch) als Grundstrukturen (Denkformen) christlichen Daseinsverständnisses immer noch weniger erfüllte Aufgaben der christlichen Theologie der Kirche sind als jene, für deren Erfüllung der N. Hilfe sein konnte.

Nichtchristliche Religionen

Da der Mensch einer Gotteserkenntnis durch seine Vernunft fähig ist, wegen des allgemeinen ↑Heilswillens Gottes stets unter der Dynamik der übernatürlichen ↑Gnade u. dadurch auch immer innerhalb der Geschichte der ↑Offenbarung (↑Uroffenbarung) steht, ist immer ↑Religion in der Menschheit, u. die genannten Momente müssen sich zwangsläufig auch in u. an den sozialen religiösen Objektivationen (wenn auch nicht deutlich voneinander abhebbar) auswirken. Das II. Vat. hat ausdrücklich die Möglichkeit einer authentischen Gotteserfahrung u. der Existenz von ..Wahrem» u. „Heiligem» in den verschiedenen Religionen anerkannt (Nichtchr. 2). Da die ↑Unfehlbarkeit der Kirche in ihrem ↑Lehramt u. in ihrer /Ueiligkeit erst mit der eschatologischen Situation der in Jesus Christus abgeschlossenen Offenbarung gegeben ist u. auch das gottgewirkte Alte Testament als heilsgeschichtliche Größe (↑Bund) keine unfehlbare Autorität als institutionelle Große besaß, die immer aufs neue u. für jeden deutlich erkennbar zwischen Göttlichem u. Menschlichem scheiden u. Depravationserscheinungen der individuellen u. sozialen Religion von dieser selbst absetzen konnte, darf eine völlige sittliche u. lehrmäßige Reinheit in einer Religion außerhalb u. vor dem Christentum nicht von vornherein als notwendiges Kriterium einer gewissen Legitimität u. Gewolltheit durch die göttliche Vorsehung als (auch) positivem Heilsweg gefordert werden. Da ferner der leiblich-soziale Mensch konkret Religion immer nur haben kann in konkret, institutionell u. sozial verfaßter Religion, braucht aus allen diesen Gründen den nichtchristlichen institutionellen Religionen nicht von vornherein u. allgemein der Charakter eines in mancher Hinsicht positiven Heilsweges aberkannt zu werden. Andernfalls könnte von einem ernsthaften u. allgemeinen Heilswillen Gottes der außerchristlichen Menschheit gegenüber nicht gesprochen werden. Damit ist nur gesagt, daß diese nichtchristlichen Religionen faktisch ein im einzelnen kaum oder gar nicht trennbares Gemisch von natürlicher, rationaler Gotteserkenntnis, ↑Offenbarung (durch Gnade u. ↑Uroffenbarung), richtiger Objektivation religiöser Erkenntnisse u. Antriebe, theoretischer u. praktischer Mißdeutung u. Depravation sind. Die Mischungsverhältnisse sind natürlich in den verschiedenen Religionen verschieden u. haben selbst eine Geschichte. Es ist auch nicht so, daß durch diese Überlegung jedwede nichtchristliche Religion bedingungslos als legitim erklärt würde: wo einer bestimmten Religionsfoi-.n von außen oder durch reformatorische Impulse von innen in ihrer konkreten geschichtlichen Situation für die Menschen dieser Situation eine andere Religionsform entgegentrat, die für das Gewissen dieser Menschen als zweifellos „reiner» (sachlich richtiger u. gnadenhafter) erschien, hörte die bisherige Religion für diese Menschen auf, legitim zu sein. Zudem hatte immer jeder Mensch in einem gewissen Umfang die Möglichkeit, nach seinem eigenen Gewissen in der ihm sozial gegenübertretenden Religion zwischen guten u. schlechten Elementen zu unterscheiden u. so existentiell eine Offenheit auf die ausstehende Erfüllung u. Überbietung seiner ihm konkret begegnenden Religion zu vollziehen. Durch die Ankunft des Christentums als der Botschaft von der Menschwerdung des Logos selbst u. der Erlösung u. durch die damit gegebene institutionelle u. lehramtliche, objektiv adäquate Thematisierung der durch die Gnade jedem Menschen angebotenen offenbarenden Selbstmitteilung Gottes sind grundsätzlich alle diese Religionen durch das Christentum überholt (↑Neues Testament). Und durch die dem Christentum mitgegebene Sendung an alle Zeiten, Völker u. Kulturen wird das Christentum in einem langsamen geschichtlichen Begegnungsprozeß auch wirklich innerhalb der konkreten, geschichtlichen Situation der anderen Religionen u. ihrer Menschen konkret u. existentiell fordernd zu der Religion, die grundsätzlich die anderen Religionen erfüllt, indem es selbst den assimilierbaren „Stoff» der begegnenden Kulturen u. Religionen (das in diesen vorhandene ↑„anonyme» Christentum) seiner eigenen Gestalt verbindet. In diesem Sinne fordert das II. Vat. die Glieder der Kirche auf, die geistlichen u. sittlichen Güter u. die sozial-kulturellen Werte in den nichtchristlichen Religionen anzuerkennen, zu wahren u. zu fördern (Nichtchr. 2). Wann für die einzelnen Kulturräume u. Religionen der genaue konkrete Zeitmoment dieser grundsätzlichen „Aufhebung» ihrer bisherigen möglicherweise vorhandenen Legitimität durch das Christentum gekommen war (oder vielleicht eben erst am Kommen ist oder kommen wird), ist im einzelnen schwer festzulegen. Angesichts der immer zu erwartenden Schuld der Menschen (u. der Kirche) ist nicht nur zu erwarten, daß dieser Anspruch der Aufhebung teilweise einem Nein begegnet bis zum Ende der Zeiten, nicht nur durch ein starres Nein von seiten der anderen noch lebendigen Religionen, nicht nur durch einen globalen u. institutionalisierten Atheismus, sondern auch dadurch, daß sich diese Religionen, ohne sich in das kirchliche Christentum aufzuheben, Wahrheits- und Wirklichkeitsmomente des Christentums zu assimilieren suchen (wie ja auch das Christentum selbst durch Akkommodation u. ↑Mission in seiner konkreten Gestalt sich diesen Religionen in ihren Positionen nähern kann u. wird). Was sich innergeschichtlich aus dieser gegenseitigen Näherung, ohne dabei zur Einheit kommen zu wollen, an Folgen ergibt, ist noch nicht abzusehen.

Nichts

ist die Vergegenständlichung von – nichts, die möglich ist, weil in der ↑Transzendenz auf das unendliche ↑Sein das endliche gegenständliche Seiende als endlich erfaßt wird u. der positive Übergriff über es hinaus die Endlichkeit erfaßt u., wo er sie als solche denkt, in schwebender Einheit die reine, aber wirkliche Möglichkeit des wirklichen Seienden u. (diese nochmals als endlich setzend) als seine Grenze – das leere Nichts denkt, das aber für sich allein weder als „etwas» noch als Gegenstand eines Begriffes eigener Macht gedacht werden darf. Es darf daher auch nicht als Potentialität u. gleichsam erregendes Moment der „Negativität» in das absolute Sein Gottes eingeführt werden. Es mag als Signatur des Kreatürlichen verstanden werden, die aber selbst nochmals in deren gottgetragener Positivität gründet, da das Endliche – ist. Die ernstgemeinte Hypostasierung des N. wäre letztlich die Perversion des Geistes u. der Liebe, weil diese nur richtig mit dem „Nichts» zu tun bekommen, wenn u. insofern sie der unbegreiflichen Fülle Gottes begegnen (↑Geheimnis). – Zur Erschaffung der Welt aus dem N .↑Schöpfung.

Nikaia

ist der kleinasiatische Ort des Konzils, das als das l. ökumenische gezählt wird (325). Hauptthema dieser zur Zeit des Papstes Silvester l. von Konstantin inaugurierten Synode von ca. 300 fast nur östlichen Bischöfen war der ↑Arianismus. Das Konzil formulierte das Nicaenische Glaubensbekenntnis, in dem die Gottheit u. Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater (↑Homoousios) feierlich erklärt wird (DS 125f, NR 155f). – Das II. Konzil von N. vom 24. 9. bis 23. 10. 787 zur Zeit des Papstes Hadrian l. (das 7. ökumenische Konzil) entschied die Berechtigung der ↑Bilderverehrung im ostkirchlichen ↑Bilderstreit (DS 600-609, NR 85).

Nominalismus

ist eine erkenntnistheoretische, metaphysische u. theol. Richtung der Spätscholastik im Ausgang des Mittelalters (vgl. ↑Ockhamismus), für die zunächst die allgemeinen Begriffe keine eigentlichen Wesensbegriffe sind, sondern nur für vieles, das an sich absolut individuell ist, verwendete Worte (nomina). Die damit gegebene skeptische Haltung gegenüber der Metaphysik bedingt’eine positivistische Theologie reiner aposteriorisch festzustellender Faktizitäten, eine Art ↑Traditionalismus, einen Moralpositivismus, der für die behaupteten Wesensgesetze eines materialen Naturrechtes (↑natürliches Sittengesetz) wenigverständnis hat, ein Denken, das das ↑Sparsamkeitsprinzip antimetaphysisch verzerrt. Anderseits markiert der N. eine notwendige Wachstumskrise des christlichen Weltverständnisses über das Mittelalter hinaus: Die Frage nach dem geschichtlich Einmaligen, nach dem Subjekt im Unterschied von den Sachen, die induktive Methodik der modernen Naturwissenschaften, die ↑Existentialethik melden sich zum erstenmal deutlich an u. führen berechtigt u. befreiend über das Mittelalter hinaus u. grundsätzlich näher zum genuinen Selbstverständnis der christlichen Existenz.

Notwendigkeit

nach Wesen u. Existenz ist zunächst ein Prädikat, das Gott wegen seiner /nAseität zukommt im Unterschied von allem ändern, dessen Existenz durch seine ↑Kontingenz bestimmt wird. Dies schließt nicht aus, daß sich, wenn Kontingentes besteht, aus dem Wesen der Wirklichkeiten heraus reale logische u. sachliche Notwendigkeiten ergeben.

Nouvelle Théologie

(„neue Theologie») war kurze Zeit eine auch von Pius XII. verwendete Sammelbezeichnung für sehr verschiedene Bestrebungen in der französischen Theologie (vor allem nach dem 2. Weltkrieg), die überlieferte Theologie in stärkerem Kontakt mit der Bibel- u. Vätertheologie, moderner Philosophie u. Religionsge schichte neu zu durchdenken, um die Botschaft der Kirche dem Menschen von heute verständlicher u. glaubwürdiger zu machen. Einige mißglückte Ergebnisse dieser notwendigen Bemühungen wurden von Pius XII. in der Enzyklika „Humani generis» 1950 zensuriert (DS 3875-3899, NR 71-77 136f 332 363 4601 617 890).

Novatianismus

(begründet durch den römischen Theologen Novatian) ist eine bußtheoretische rigoristische Häresie aus der Mitte des 3. Jh., die bis ins 6. Jh. Gemeinden besaß. Ihr zufolge solle die Kirche den Apostaten vom Glauben u. überhaupt allen eigentlichen Todsündern, die die Taufgnade verloren haben, auch bei reuiger Umkehr die Wiederversöhnung mit der Kirche, die kirchliche Gemeinschaft u. die kirchliche Absolution von der Sünde dauernd versagen (u. könne wohl auch nicht anders) u. müsse solche Sünder der Gnade Gottes allein überlassen. Von Cyprian u. Röm bekämpft, wurde der N. schon in ↑Nikaia als Häresie betrachtet, aber mild behandelt (DS 127).

O

Oblationstheorie

hinsichtlich des ↑Meßopfers ist die Theorie dieses ↑Opfers, der zufolge der wesentliche Akt des Meßopfers (↑Transsubstantiation) sein eigentliches Wesen nicht in einer symbolischen „Schlachtung» (Darstellung des Todes Jesu Christi durch die Doppeltheit der ↑Species), sondern in der verwandelnden u. sublimierenden Übereignung der Gaben an Gott habe, da die irdischen Gaben (Brot u. Wein) in den Leib u. das Blut Jesu Christi verwandelt werden, die durch Tod u. Auferstehung von Gott endgültig angenommen sind.

Ockhamismus

spätmittelalterliche, ,,nominalistische» Schulrichtung der scholastischen Philosophie u. Theologie, deren bedeutendster Vertreter der Franziskaner Wilhelm von Ockham (t 1350) ist. Sie vertritt einen voluntaristischen Gottesbegriff (↑Skotismus), so daß Gottes freie Willensentschlüsse nicht so sehr eine objektiv strukturierte u. in Allgemeinbegriffen erfaßbare Welt schaffen, die ihren Grund im Wesen Gottes hat, sondern selber gewissermaßen in ihrer reinen Faktizitätdas Wesen der Dinge ausmachen. Der 0. übte großen Einfluß auf die moderne Logik, auf das Entstehen der modernen Naturwissenschaft (Galilei) u. auf Luther aus, von dessen Rechtfertigungslehre eine gewisse Seite im 0. vorgebildet ist: ↑Rechtfertigung ohne innere Vergöttlichung als reine Annahme von Seiten Gottes.

Offenbarung

Die Frage nach dem Wesen der O. ist die Frage nach dem höchsten u. radikalsten Fall der Einsicht, wie wirkliches, von „unten» erwirktes Werden des Höheren aus dem sich selbst überbietenden Niederen und dauernde Schöpfung von „oben» nur zwei gleich wahre u. wirkliche Seiten des einen Wunders des Werdens u. der Geschichte sind. Zwei Positionen stehen dieser Auffassung entgegen: Der Immanentismus eines ↑Modernismus, für den O. nichts anderes ist als die der menschlichen Geschichte immanente u. notwendige Entwicklung des religiösen Bedürfnisses, in der dieses sich in den mannigfaltigsten Formen der Religionsgeschichte objektiviert u. allmählich zu seinen reineren Objektivationen in Judentum u. Christentum aufwächst, u. der Extrinsezismus in der O.auffassung, dem zufolge O. das Ereignis eines rein von außen kommenden Eingriffes Gottes ist, der die Menschen anspricht u. ihnen durch Propheten Wahrheiten in Sätzen mitteilt, die für sie sonst nicht zugänglich sind, u. Weisungen sittlicher u. anderer Art erteilt, die der Mensch zu befolgen hat. Wenn Gott das andere schafft u. dieses somit als das Endliche den ↑Geist, der es als endlich durch seine Transzendenz erkennt, auf seinen Grund hinweist u. diesen gleichzeitig als qualitativ gänzlich anders vom Endlichen absetzt, dann ist damit eine gewisse Kundmachung Gottes als des unendlichen Geheimnisses gegeben, die man .“natürliche“ O. zu nennen pflegt. Diese läßt Gott aber insofern unbekannt bleiben, als er a) nur der durch ↑Analogie als ↑Geheimnis Gewußte, als der nur durch die negierende Übersteigung des Endlichen u. durch mittelbaren Verweis, nicht durch direkten Griff auf ihn in sich Gewußte wird, u. b) sein letztes Verhältnis eindeutiger Art zur geistigen Kreatur nicht gewußt werden kann, da auf diese Weise unerfahren bleibt, ob Gott die für uns schweigend in sich verschlossene, uns in unsere Endlichkeit hinein distanzierende Unendlichkeit oder die absolute Nähe radikaler Selbstmitteilung sein will (u. kann); ob er unserem schuldhaften Nein zu ihm als Gericht oder Vergebung begegnen will.

Über diese „natürliche» O. hinaus (die eigentlich die Gegebenheit Gottes als Frage, nicht als Antwort ist) gibt es die eigentliche O. Gottes. Sie ist nicht einfach schon gegeben mit dem geistigen Sein des Menschen, sondern hat Ereignischarakter, sie ist dialogisch, in ihr redet Gott den Menschen an (Hebr 1, 1-2), tut ihm das kund, was nicht einfach durch den notwendigen Verweis aller Weltdinge auf Gott immer u. überall an der Welt ablesbar ist (eben die Frage nach Gott u. die Gefragtheit des Menschen durch dieses Geheimnis), was vielmehr, auch die Welt schon vorausgesetzt, noch an ihr u. für sie unbekannt ist: die innere Wirklichkeit Gottes u. sein personal freies Verhalten zur geistigen Kreatur. Ob wir von uns aus erkennen können oder nicht, daß Gott in dieser Weise sich aussagen kann oder nicht (weil vielleicht das Eindringen dieser Aussage in den endlichen Bereich der Erkenntnis diese verendlicht u. so als solche gerade auslöscht), braucht nicht diskutiert zu werden. Gott hat sich tatsächlich so geoffenbart (DS 3004, NR 27f), u. daraus wenigstens wissen wir, daß solche O. möglich ist.

Diese O. hat zwei Seiten, die unterschieden sind, zusammengehören, beide notwendig sind u. eine gewisse Variabilität in ihrem gegenseitigen Verhältnis aufweisen. Diese O. (geschichtlich-personale Wortoffenbarung genannt) trifft zunächst einmal (als ein Moment des Ganzen, nicht als zeitlich frühere Phase oder für sich allein stehendes Ereignis gemeint) die innere geistige Einmaligkeit des Menschen: sie gibt dieser die Möglichkeit, diese personale Selbsterschließung Gottes überhaupt so zu hören u. entgegenzunehmen, daß sie nicht auf das „Niveau“ der endlichen Kreatur als solcher herabgezogen als Selbsterschließung Gottes gar nicht mehr „ankommen“ kann, indem Gott, durch sich selbst den Menschen vergöttlichend, den Akt des „Hörens“ (Glaubens), d.h. der Annahme der Selbsterschließung u. -mitteilung Gottes, mitträgt; diese O. ist die personale Selbstgabe Gottes an den Menschen in absoluter, u. zwar vergebender Nähe, so daß Gott weder die absolute, abweisende Ferne noch das Gericht ist, obwohl er beides sein könnte, u. sich in dieser vergebenden Nähe dem Menschen zur Erfahrung gibt. Was wir eben in dieser Doppeltheit beschrieben haben, heißt christlich die heiligende u. rechtfertigende ↑Gnade, als den Menschen vergöttlichende („geschaffene“ Gnade) Erhöhung, in der Gott nicht nur ein von sich Verschiedenes, sondern sich selbst („ungeschaffene“ Gnade) gibt („zuständliche“, habituelle Gnade) u. den Akt ihrer Annahme mitträgt (aktuelle Gnade). Insofern diese Gnade von Gott im Hinblick auf Jesus Christus zu allen Zeiten allen Menschen angeboten wurde (u. schon als angebotene wirksam ist) u. (so können wir hoffen, wenn auch nicht sicher wissen) wenigstens von der Großzahl der Menschen angenommen wird (auch wo sie auf dieses Innerste Kerngeschehen ihrer geistigen Person nicht reflektieren können), insofern diese Gnade das Bewußtsein des Menschen verändert, ihm (wie die Scholastik sagt) ein neues, höheres, gnadenhaftes, aber Unreflexes „Formalobjekt“ gibt (die Transzendenz auf das absolute Sein Gottes als glückende), insofern mindestens der Horizont der menschlichen Geistigkeit als unendliche Frage durch diese unsagbare Selbstmitteilung Gottes erfüllt ist von dem glaubenden Vertrauen, daß diese unendliche Frage von Gott mit der unendlichen Antwort, die ER selbst ist, beantwortet wird, ist durch diese Gnade immer schon ereignishafte, freie, gnadenhafte Selbstoffenbarung Gottes zu allen Zeiten gegeben. Die Geschichte ist also immer u. überall Heils- u. Offenbarungsgeschichte. Aber diese innere, gnadenhafte Selbstoffenbarung Gottes im Kern der geistigen Person ist ja für den ganzen Menschen bestimmt in allen seinen Dimensionen, weil alle zum Heil bestimmt sind.

Und von da aus kommen wir zur anderen Seite der O. Die Selbstoffenbarung Gottes in der Tiefe der geistigen Person ist von der Gnade herkommende, zunächst Unreflexe, apriorische „Gestimmtheit“ (in einem geistigen, nicht sentimentalen Sinn gemeint), nicht gegenständliche, satzhafte Aussage, Bewußtheit, nicht Gewußtheit. Soll aber diese gnadenhafte Geoffenbartheit Gottes Prinzip des konkreten Handelns des Menschen in seinem gegenständlichen, reflexen Bewußtsein u. in der Dimension des Gesellschaftlichen werden, dann muß diese gnadenhafte, ungegenständliche u. unreflexe Selbstoffenbarung Gottes übersetzt werden in satzhaft gegenständliche Gewußtheit. Diese „Übersetzung“ hat nun ihre Geschichte, steht in dieser Geschichte unter der Leitung Gottes, bedeutet so selbst nochmals eine O. Gottes, u. diese Geschichte der Reflexion ist ein inneres Moment an der Geschichtlichkeit der Selbsterschließung Gottes in der Gnade, weil diese von sich her die Dynamik auf ihre eigene Vergegenständlichung hat. In jeder Religion wird an sich der Versuch gemacht (wenigstens von Seiten des Menschen), die ursprüngliche, unreflexe u. ungegenständliche O. zu reflektieren u. satzhaft auszulegen, u. in allen Religionen finden sich einzelne Momente solcher geglückter, von Gottes Gnade ermöglichter Selbstreflexion, durch die Gott dem Menschen auch in der Dimension seiner Gegenständlichkeit, seiner konkreten Geschichtlichkeit eine Heilsmöglichkeit schafft. Aber so wie Gott die Schuld des Menschen überhaupt zugelassen hat u. diese sich in allen, den individuellen u. gesellschaftlichen Dimensionen des Menschen verdunkelnd u. depravierend auswirkt, so ist dies auch in der Geschichte der vergegenständlichenden Selbstauslegung der gnadenhaften O. durch den Menschen der Fall: sie glückt nur teilweise, sie ist untermischt mit Irrtum u. schuldhafter Verblendung. Wenn nun diese Vergegenständlichung der O. durch Gott auf die Gemeinschaft der Menschen hin u. nicht nur für die individuelle Existenz geleitet wird, wenn die „Übersetzung“ in den Menschen, die wir dann religiöse ↑Propheten, Offenbarungsträger auf andere hin im vollen Sinn nennen, von Gott so geleitet wird, daß sie (wenn eventuell auch nur Teilaspekte der inneren O. vermittelnd u. auf bestimmte historische Situationen hin zu deren Bewältigung hin ausgelegt) rein bleibt, wenn diese Reinheit der O. in der Vergegenständlichung durch die Propheten u. unsere eigene Angerufenheit durch die vergegenständlichte O. für uns durch das, was wir ↑“Wunder“ nennen, legitimiert wird (DS 3009. NR 32), dann haben wir das, was öffentliche u. amtliche, bund- u. kirchenhaft verfaßte O. u. deren Geschichte, O. schlechthin heißt. Diese Art der O. ist nicht nur ereignishaft u. geschichtlich, insofern sie freie Entscheidung Gottes (die Schöpfung schon vorausgesetzt) ist u. die freie (geschichtliche) Antwort des (aber jedes) Menschen anruft, sondern auch in dem Sinn, daß sie in dieser amtlichen, reflex garantierten Reinheit nicht überall geschieht, sondern eine besondere Geschichte innerhalb der allgemeinen Geschichte u. der allgemeinen Religionsgeschichte hat.

Insofern durch die Geschichtlichkeit der Phasen habenden Reflexion der gnadenhaften Selbstgabe Gottes an den Menschen (welche Reflexion, weil von Gott geleitet, ein Moment an der O. selbst ist) diese O. eine Geschichte hat, u. zwar abgegrenzt innerhalb der allgemeinen Geschichte, hat die Geschichte der O. dann ihren absoluten Höhepunkt, wenn die Selbstmitteilung Gottes durch die ↑Hypostatische Union in der Menschwerdung Gottes (deren substantielle Seinshaftigkeit ja die geistig-penonale Mitteilung Gottes als Einigung mit einer kreatürlichen Geistigkeit wesenhaft als ihr inneres Moment einschließt) an die kreatürlich-geistige Wirklichkeit Jesu für ihn u. somit für uns ihren unüberbietbaren Gipfel erreicht, weil hier das Ausgesagte (Gott), der Aussagemodus (die menschliche Wirklichkeit Jesu Christi in Sein, Leben u. Endgültigkeit) u. der Empfänger (Jesus als der Begnadigte u. Gott Schauende) absolut einer (nicht: dasselbe) geworden sind. In Jesus ist zugleich die gnadenhafte Mitteilung Gottes an den Menschen u. deren Selbstauslegung in der Dimension des leibhaftig Greifbaren u. Gesellschaftlichen zu ihrem Höhepunkt gekommen, zur O. schlechthin geworden. Was vorher war an O. (als reflex-satzhafte u. öffentlich-amtliche), ist zunächst nur richtig zu würdigen, wenn sie gesehen wird als (zeitlich) unmittelbarste Vorbereitung auf Jesus Christus, da wir eine amtliche, kontinuierliche u. gesellschaftlich verfaßte satzhafte O. (alle Merkmale zusammengenommen) nur wissen im Bund Gottes mit Israel seit Mose, also vielleicht ungefähr in einem Prozent der Geschichte der Menschheit (zeitlich u. räumlich). Diese O. hat ihren für uns entscheidenden Charakter nicht im konkret Inhaltlichen dieser Geschichte des atl. Bundes, da dieser entweder vom Menschen her erreichbar ist (↑Monotheismus, ↑natürliches Sittengesetz) oder die irdisch-politische Existenz des Bundesvolkes samt den geschichtlichen Bedingtheiten der konkreten Gestaltung der gesellschaftlichen u. religiösen Verhältnisse (die als Gottes Wille erscheinen gerade auch in dem, was ..natürlicher» Lauf der Geschichte ist) betrifft. Was an ihr vielmehr auch für uns immer gültig bleibt, ist ein doppeltes: daß diese Geschichte u. keine andere die unmittelbar konkrete Vorgeschichte der Inkarnation als der Offenbarungsgeschichte ist u. daß in ihr schon immer das Formale auch der ntl. Offenbarungsgeschichte reflektiert u. eingeübt wurde: Gott spricht u. handelt persönlich, er nähert sich dem Menschen, die Geschichte wird als Geschichte seines persönlichen Handelns erfahren, er darin als der Freie, Heilige u. Vergebende. Daß dabei die Auslegung der gnadenhaften O. so weit gehen darf, daß sie eine absolute Selbstmitteilung der Innersten Liebesherrlichkeit Gottes selbst aussagt u. daß diese u. nicht das distanzierende Gericht Gottes das letzte u. siegreiche Wort Gottes in der Geschichte ist, dafür war diese Gnadengeschichte u. ihre gottgeleitete Selbstreflexion vor Jesus Christus (u. seiner Auferstehung) offen, es war aber dies noch nicht in amtlicher, öffentlicher u. als legitim wunderhaft bewährter Interpretation der Gnadenoffenbarung erfaßt. Die Geschichte der Selbstmitteilung Gottes geschah schon immer (wegen Jesus Christus u. auf ihn hin), aber das gegenständliche Wissen um sie war vor Jesus Christus noch kein Moment an ihr selbst. Vgl. ↑Altes Testament als heilsgeschichtliche Größe; ↑Neues Testament als heilsgeschichtliche Größe; ↑Heilige Schrift. Wo das eschatologische reflexe Zu-sich-selber-Kommen der offenbarenden Selbstmitteilung Gottes durch Jesus Christus (als Höhepunkt u. Endgültigkeit dieser Mitteilung) in Ausdrücklichkeit, sozialer Verfaßtheit u. eschatologischer Endgültigkeit da ist, ist das gegeben, was wir ↑Kirche nennen. Sie ist Adressatin u. Kündigerin dieser absoluten Offenbarung. Insofern diese Wahrheit der absoluten Selbsterschließung Gottes die endgültige ist, u. zwar als siegreiche u. nicht nur ideologische, sondern in Jesus Christus als bleibend real gegebene, ist die Kirche in ihrem Wahrheitsbekenntnis die unfehlbare, d.h., ihr Bekenntnis, in dem die gegenständliche u. reale Wahrheit der Selbstgabe Gottes in Jesus Christus da ist, kann nicht untergehen, nicht irren, wo es im absoluten Engagement der Kirche vollzogen wird, weil sonst Jesu Christi Wahrheit selbst nicht mehr da wäre (↑Unfehlbarkeit). Insofern diese Sieghaftigkeit der Wahrheit Jesu Christi in der Kirche die sie konstituierende Wahrheit der hierarchisch verfaßten Kirche ist, muß die ..Unfehlbarkeit» dem Akt der hierarchischen Führung der Kirche, ihrem Lehramt (Papst u. Bischöfen) zukommen, dieses muß die bleibende Wahrheitsgegenwart Christi bewahren, je in der geschichtlichen Situation aktualisieren u. entfalten können.

Okkasionalismus

(Geulincx [t 1669], Malebranche [t 1715]) leugnet die gegenseitige Ursächlichkeit der geschaffenen Dinge; diese u. ihre Zustände sind nur die „Gelegenheiten“ (lat. occasiones), anläßlich deren Gott als alleinige Ursache die entsprechenden Wirkungen in anderen Dingen hervorbringt (Prästabilierte Harmonie), eine Theorie, die die Allwirksamkeit Gottes u. seine ↑Mitwirkung zu einer Unwirklichkeit des Endlichen verzerrt.

Ökumenische Bewegung

(weniger gut die abstrakte Bildung „Ökumenismus») ist ein Sammelname für alle Bestrebungen, die Christen der verschiedenen Bekenntnisse wieder zu einigen, zunächst durch vorläufige organisatorische Schritte (z.B. durch Zugehörigkeit zum „Ökumenischen Rat der Kirchen“, der sich nicht als Superkirche versteht), und schließlich durch Erreichung der gemäß dem Willen Jesu einen Kirche aller an ihn Glaubenden. Hier ist nicht von der Geschichte der O. B., die es eigentlich erst im 20. Jh. gibt, zu sprechen; hier sollen nur einige Gesichtspunkte aus kath.-theol. Sicht vorgelegt werden. Die kath. Kirche weiß sich jetzt wie früher als die ↑Kirche, in der die eine Kirche Jesu Christi „subsistiert», wie das II. Vat. sagte (Kirche 8). Aber sie betrachtet die anderen Kirchen u. Kirchlichen Gemeinschaften jetzt nicht mehr zuerst als das , .Nichtseinsollende› ‹, das durch Bekehrungen (Konversionen) der Einzelnen möglichst rasch Aufzulösende. als zu anathematisierende ..Häresie» u. ..Schisma», sondern zuerst als Partner eines Dialogs u. einer Zusammenarbeit unter Christen, die mehr Gemeinsames als Trennendes u. eine gemeinsame Aufgabe gegenüber der ↑Welt haben. Unter dem Gemeinsamen ist zu nennen: der gemeinsame Glaube an Gott u. an Jesus Christus als den einzigen Herrn u. Erlöser; die gegenseitige christlich u. menschlichpflichtgemäße Zubilligung des guten Glaubens; die bedingungslose gegenseitige Achtung der religiösen Freiheit; die gemeinsame gültige Taufe u. gemeinsame Eingliederung in Jesus Christus. Die kath. Kirche hat die theol. Möglichkeit u. die Pflicht, in die O. B. heute einzubringen: die Würdigung des Bestehens anderer Sakramente in den nichtkath. Kirchen; die Überzeugung, daß Gnade u. Rechtfertigung auch bei den nichtkath. Christen gegeben sind; die Anerkennung, daß die nichtkath. Kirchen als solche faktisch eine positive Heilsfunktion für die nichtkath. Christen haben u. daß diese Kirchen ein positives christliches Erbe verwalten u. leben, das nicht notwendig in jeder Hinsicht in gleicher Deutlichkeit im Erscheinungsbild der kath. Kirche gegeben sein muß; die Überzeugung also, daß die Kirchen nicht in jeder Hinsicht voneinander getrennt, ihre Glieder nicht nur „getrennte Brüder» sind; das Wissen um die gemeinsame Schuld an der Kirchenspaltung, die nicht einfach den heutigen Christen angelastet werden kann, so daß die nichtkath. Christen nicht als „formelle Häretiker» betrachtet werden dürfen; die Anerkennung, daß die eigene Kirche dauernder Buße u. Reform bedarf; die Anerkennung des christlichen Lebens in den anderen Kirchen (bis zum Martyrium), das auch zur Auferbauung der kath. Kirche beiträgt. Die O. B. hat zunächst den Charakter eines echten ↑Dialogs. Dieser ist Gespräch auf eine offene Zukunft hin: Es handelt sich um eine Annäherung der Kirchlichen Gemeinschaften als solcher u. auch von einem kath. Kirchenverständnis her nicht einfach um eine „Rückkehr» der nichtkath. Kirchen, weil die erstrebte Kirche der Zukunft, auch als römisch-katholische, die positiv-christliche Vergangenheit u. die Reichtümer auch der anderen Kirchen bergen muß, also in bestimmtem Sinn eine andere Kirche sein wird als die jetzige kath. Kirche in ihrer derzeitigen geschichtlich bedingten Gestalt. Der ökumenische Dialog hat als Gegenstand alles, was der Einheit der Christen in Glaube, Kirche, christlichem Leben u. verantwortlicher Tat auf die Welt hin dienen kann: also gegenseitige Information über Leben u. Lehre: gegenseitiges besseres Verständnis der jeweiligen Theologie; Versuch der Übersetzung der eigenen Theologie in die Sprache des anderen u. umgekehrt; Versuch der Überwindung wirklicher Lehrverschiedenheiten; Absprachen über gemeinsames Handeln. Haupthindernis der O. B. ist zunächst die Trägheit der Herzen, die nicht an der Trennung leiden; an zweiter Stelle ist sogleich die Immobilität der Institutionen (auf allen Seiten!) zu nennen, die in der O. B. einen erheblichen Gestaltwandel hinnehmen müßten, sollte das Fernziel, die Einheit der Kirche aller Christen, wirklich im Ernst angestrebt werden. Viele Möglichkeiten, die schon heute gegeben sind, werden nicht ausgenützt: Es gibt noch immer gegenseitige Intoleranz u. unchristliche Formen gegenseitiger Konkurrenz in der Gesellschaft, die man frei u. großzügig beseitigen kann. Die Fragen hinsichtlich der Mischehe gehören dazu. Eine konkrete, organisierte Zusammenarbeit der Theologien wäre möglich. Das konkret Gemeinsame in Liturgie, Kirchenmusik u. religiösem Brauchtum könnte gefördert werden. Neue Hindernisse der Einheit in Lehre u. Praxis könnten im voraus durch gegenseitige Konsultationen vermieden werden. Alles, was theol. an voller Gottesdienstgemeinschaft möglich ist, sollte nicht nur geduldet, sondern taktvoll gefördert werden. Die Frage der ↑Ämteranerkennung müßte mutiger angegangen werden. Ein weites Feld der Zusammenarbeit der Kirchen ist in dem Auftrag aller Christen gegeben, die profane Welt humaner u. somit auch christlicher zu gestalten. In sehr vielen Hinsichten könnten die Kirchen gemeinsam (auch im tapferen Widerspruch gegen Widerstände in den eigenen Reihen) eintreten für Frieden, Abschaffung von Diskriminierungen u. Vorurteilen, für soziale Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen u. Armen. Für all dies könnten gemeinsame institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden.

Ontologie

ist die philosophische Frage nach jenem Verständnis des ↑Seins u. jedes Seienden, das als Bedingung der Möglichkeit jedem denkenden u. freien Umgang mit den konkreten Wirklichkeiten zugrunde liegt, diese interpretierend auf die Ganzheit des Seins hin u. von diesen her selbst interpretiert. Insofern die philosophisch-reflexe Auslegung dieses ursprünglichen Seinsverständnisses zwar dieses nicht einholt u. erschöpfend in gegenständliche Aussage umsetzt, aber doch dieses Seinsverständnis, ohne das auch kein Verständnis einer theol. Aussage möglich wäre u. das in einer jeden solchen anwesend ist, sowohl deuten wie verdunkeln kann, ist O. in jeder ↑Theologie mit vollzogen u. unerläßliche Hilfe u. Gefahr für sie. Der Verzicht auf die O., die von sich selbst, u. zwar auch in ihrer Anwendung in der Theologie, Rechenschaft gibt, würde die Theologie nicht „reiner» u. „selbständiger» machen, sondern diese nur einem unkritischen u. nur halb reflexen Vorverständnis der O. ausliefern. Weil Theologie ein Zusichkommen des Menschen von der Erfahrung der gnadenhaften u. äußeren ↑Offenbarung Gottes her ist, weil sie darum eine totalere Erfahrung der Gesamtwirklichkeit bedeutet als die bloß transzendentale Reflexion, die die O. begründet, kann die Theologie der faktisch vom Menschen erarbeiteten Gestalt der O. immer wieder kritisch begegnen, ist ihr nicht ausgeliefert. Und da die O. ihrerseits den Menschen begreifen kann als „Hörer des Wortes», als den für die Verfügung des absoluten Geheimnisses Offenen, auf das hin er transzendiert, u. als den in seiner Geschichtlichkeit u. nicht bloß in seiner abstrakten Transzendenz sich notwendig Verstehenden, so ist auch die O. für Offenbarung u. Theologie offen u. beansprucht, wo sie sich nicht gegen ihr wahres Wesen verfehlt, gar nicht, die absolute u. einzige Erhellung des menschlichen Daseins zu sein.

Ontologisnms

ist die von der Kirche abgelehnte Lehre, daß alle menschlich-geistige Erkenntnis in einer (wenn auch unthematischen) unmittelbaren Anschauung des absoluten göttlichen Seins in sich selbst ihren notwendigen Möglichkeitsgrund habe. So der Vorläufer des O. Malebranche (t 1715), der eigentliche Vertreter des O. Gioberti (t 1852) u. höchstens in etwa Rosmini (t 1855) (vgl. DS 895 2841 ff 3201 ff, NR 900 14ff 58f).

Opfer

ist einer der ältesten u. weitverbreitetsten religiösen Riten, der darum auch so vieldeutig u. vielfältig ist, wie alles in der räumlich u. zeitlich so unübersehbaren Religionsgeschichte. Der Begriff des O.s, wie er im Blick auf die Opferpraxis im AT u. für die christliche Soteriologie u. Sakramentenlehre empfehlenswert ist, kann ungefähr so in seinervollsten Gestalt, die nicht bei jedem O. gegeben ist, beschrieben werden: O. ist der Akt, in dem vom dazu legitimierten Menschen als Vertreter einer Kultgemeinde eine sinnfällige Gabe in kultischem Ritus so verändert wird, daß sie dadurch dem profanen Gebrauch entzogen, in den Bezirk des ..Heiligen» gerückt u. so Gott übereignet wird zum Ausdruck der anbetenden Selbstübergabe an den heiligen Gott, u. als von Gott angenommene u. geheiligte im Opfermahl der Kultgemeinde das Zeichen des gnädigen Gemeinschaftswillens Gottes mit dem Menschen wird. Gerade für das NT kann der ganze kultische Vorgang, wo immer er geschieht, nur ↑Symbol der anbetenden Selbsthingabe des Menschen in Gottes- und Nächstenliebe u. deren gnädiger Annahme durch Gottsein (vgl. schon ISam 15,22; Pss 40,7; 51,18f; ls 1,11; Jr 7,22; Os 6,6; dann Mt 9,13; 23,19; Röm 12,1; Hebr 10). Als Ausdruck des religiösen /Aktes in seinem Vollsinn ist darum ein O. nur Gott gegenüber denkbar u. erlaubt. In der kath. Theologie ist umstritten, ob die Gott übereignende Veränderung der Gabe notwendig den Charakter einer „Destruktion», einer „Tötung» hat, die die Todwürdigkeit des Menschen als Sünders zum Ausdruck bringt, oder ob dies nur ein sekundärer Aspekt mancher Opfer ist. Die im O. zum Ausdruck kommende ↑Anbetung Gottes kann jeweils mehr den Charakter der reinen Lobpreisung, des Dankes, der Bitte, der Sühne haben, u. dies kann sich auch im O. selbst widerspiegeln. Zur dogmatischen Anwendung dieses Begriffes: ↑Erlösung, ↑Kreuz,, ↑Satisfaktionstheorien, ↑Meßopfer.

Optimismus

kann, wo er nicht einfach eine sittlich indifferente, wenn auch erfreuliche Gemütsstimmung von Zuversicht u. Heiterkeit besagt, ein doppeltes besagen: l) die Überzeugung, daß alle Übel in der Welt (Schmerz, Tod, Schuld) nur Schein seien oder durch eine innerweltliche Entwicklung technischer u. gesellschaftlicher Art endgültig überwunden werden könnten. Ein solcher O. ist utopistisch, feig u. unchristlich u. das wirkliche „Opium des Volkes», wenn u. insofern man ihm die mögliche Linderung der Übel der Gegenwart durch die Zwangsanstrengung für ihre Ausmerzung in der Zukunft nimmt u. die fanatische Gewaltsamkeit der Erzwingung des utopischen als Zwangsbeglückung neue u. schlimmere Übel schafft. Das Christentum beinhaltet keine Prognose über die konkreten gesellschaftlichen Formen des Übels (man kann z.B. den Krieg im alten Sinn vielleicht wirklich abschaffen), aber die Überzeugung, daß das Übel als schmerzliche Erfahrung innerer u. äußerer Endlichkeit, als Tod u. Schuld innerweltlich u. innergeschichtlich nie adäquat überwunden werden kann, sosehr der Kampf gegen das Übel zu den sittlichen Aufgaben des Christen gehört, für den er eine ewige Verantwortungträgt, u. daß das sittliche Standhalten in diesem /, .Pessimismus» zur Würde des Menschen gehört u. auch innerweltlich förderlicher ist als ein utopischer Zukunftsoptimismus. Ja dem Christen ist sogar die sichere Voraussage einer überweltlichen, eschatologischen, absoluten Harmonie als Grund seiner verpflichtenden ↑Hoffnung für alle verwehrt (↑Apokatastasis, ↑Hölle). -2) O. kann bedeuten: Wo nicht die eigene freie Schuld den Sinn u. die Vollendung des Daseins aus der geistigen Person aussperren, wird dieses in jedem Menschen durch Gottes die innerweltliche Geschichte aufhebende Gnade (↑Heilswillen Gottes) zu seliger Vollendung u. übergeschichtlicher Endgültigkeit kommen, u. die Annahme u. das glaubende u. hoffende Ausleiden der,,pessimistischen» (d. h. unverdrängten) Erfahrung der Endlichkeit u. des Todes ist gerade die Weise dieses O., der vollendet. Solcher O. gehört zum Wesen des Christentums, das dadurch eigentlich O. u. Pessimismus aufhebt, weil das Gute u. das Böse zum Heil gereicht.

Opus operatum

wird ein ↑Sakrament genannt (DS 1608, NR 513), insofern es von Gott her u. nicht von der religiösen Subjektivität des Menschen (auch nicht von der von Gottes Gnade getragenen) als solchen (opus operantis) gültig u. wirksam ist. Dies bedeutet nicht, daß das Sakrament auch dann heilsam u. faktisch gnadenwirksam sein könne, wenn der Mensch sich in Unglauben oder frei festgehaltener Sündigkeit der Wirksamkeit des Sakramentes verschließt (vgl. DS 781 1451 1606, NR 526 784 511). Aber diese subjektive notwendige ↑,,Disposition» des Sakramentenempfängers, die echte Bereitschaft, Gottes Vergebung u. Heiligung anzunehmen, ist nicht Ursache der Wirkmacht des Sakramentes selbst, sondern Bedingung für das Wirksamwerden der vom Sakrament angebotenen Gnade Gottes. Ähnliches gilt von der persönlichen Einstellung des Sakramentenspenders, von seiner Heiligkeit oder Sündigkeit: solange er das Sakrament vollziehen will (DS 1611, NR 516) u. liturgisch richtig vollzieht, bedeutet es, auch von einem Sünder gespendet, die objektiv gültige Gnadenzusage von Gott her, geschichtliche Greifbarkeit des Heilswillens Gottes in Jesus Christus für die Existenz des Einzelnen u. im Leben der Kirche (DS 1612, NR 517). Dazu kommt, daß (anders als in den Riten des Alten Bundes oder gar einer anderen Religion) bei der eschatologischen Endgültigkeit des ↑Neuen Testamentes der sakramentale (richtig vollzogene) Ritus nie seiner echten Zeichenhaftigkeit als eines unbedingten Heilsangebotes Gottes in Jesus Christus verlustig gehen kann (vgl. z. B. ↑Ketzertaufe; ↑lntention). Er ist immer bis zum Ende der Heilsgeschichte das von Gott her absolut ernst geineinte Zeichen, das darum von sich aus bewirkt, was es bezeichnet. Das so verstandene Sakrament ist nicht ein isoliertes, magisch wirkendes Zeichen, sondern Aktualisation u. Selbstvollzug des Grundsakramentes Kirche (Proklamation des ihr anvertrauten wirksamen ↑Wortes, ↑Gebet, dem unfehlbar Erhörung verheißen ist). Von hier aus wäre verständlich zu machen, was das ..Wiederaufleben der Sakramente» bedeutet: Sakramente, die nichtwiederholt werden können (DS 1609, NR 514), wir ken sich auch dann, wenn ihre Wirkung während des rituellen Vorgangs durch den Widerstand des Empfängers faktisch vereitelt worden war, später noch aus, sobald der Empfänger seinen schuldhaften Widerstand aufgibt.

Orange

ist ein Ort in Südgallien, nach dem eine Provinzialsynode (Arausicanum II) benannt ist, die wahrscheinlich 528 in Valence tagte. Eine Rolle in der Theologie spielen Beschlüsse, die im Anschluß an diese Synode 529 veröffentlicht wurden, die den ↑Semipelagianismus verurteilten u. von Papst Bonifaz II. 531 (DS 398 ff) bestätigt wurden. Im Mittelalter waren diese Canones der Theologie unbekannt, sie gelten aber seit dem 16. Jh. als Ausdruck der kirchlichen Gnadenlehre von definitivem Charakter (DS 366 370-397; vgl. 1510; NR 350f 777-783; vgl. 352).

Ordo

(im röm. Recht: Körperschaft oder leitender Stand gegenüber dem Volk, seit dem 2. Jh. für den ↑Klerus gebräuchlich, seit dem 12. Jh. «ordinatio» für das Weihesakrament). Im Verlauf der Differenzierung des kirchlichen /Amtes in der apostolischen u. nachapostolischen Kirche entstand eine institutionalisierte Hierarchie, in der bestimmte Funktionen konzentriert wurden. Im folgenden werden die Grundzüge des Selbstverständnisses der kath. Hierarchie als des kirchlichen Weihestandes wiedergegeben. Als geordnete Gemeinschaft ist die ↑Kirche in ihrer Verfassung hierarchisch strukturiert (DGL: DS 1776, NR 718, vgl. II. Vat., Kirche 28); sie hat eine Leitungsgewalt – die seit dem II. Vat. als „Dienstamt» interpretiert wird – für u. in ihren verschiedenen Funktionen (Bezeugung der Wahrheit, Leben als konkrete Durchführung des Evangeliums, Anbetung u. opferkultliche Verehrung Gottes, Zusage des gnadenwirkenden Wortes an den Einzelnen in wesentlichen Situationen des Einzelnen u. der Kirche [↑Sakramente]) u. hat somit Träger dieser Funktionen. Der erste, von Jesus selbst bestellte Träger dieser Leitungsgewait in der Kirche war das Apostelkollegium mit Petrus an der Spitze (Mt 10, l ff; 16,16-19; Lk 22,32;.1021,2.15ff; ↑Schlüsselgewalt) als personal handeln könnender Repräsentant des ganzen Kollegiums. Diese Leitungsgewalt mußte auf andere übertragen werden: auf die Nachfolger des Petrus, die Päpste (DS 3056ff, NR 441 ff), u. den Nachfolger des Apostelkollegiums, das Bischofskollegium (II. Vat., Kirche 21f). Die Fülle der der Kirche notwendigen Leitungsgewalt (in ihrer kultisch-sakramentalen u. ihrer hoheitlichen Seite) braucht aber nicht jedesmal als ganze übertragen zu werden. Wie in jeder Gemeinschaft kann entsprechend den Umständen u. Bedürfnissen der sachgerechten Ausübung dieser Leitungsgewalt nur ein bestimmter, abgegrenzter Teil auf einen bestimmten Menschen übertragen werden. Von der apostolischen Zeit an u. in der ganzen Kirche gibt es drei Abstufungen dieser Übertragung (DGL: DS 1776, NR 718; vgl. II. Vat., Kirche 20): der Anteil des ↑Diakons, des Priesters (↑Priestertum) u. des ↑Bischofs, wobei diese Stufung am deutlichsten abzulesen ist an dem jeweiligen Verhältnis zur Eucharistiefeier (Diener dabei; ihr führendes Vollzugsorgan; eigentlicher Leiter der Eucharistiefeier u. berechtigt zur Übertragung der Vollmacht zum Vollzug der Eucharistie), wobei die höchste Stufe dieses Verhältnisses zum zentralen Mysterium der Kirche normalerweise (↑Bischof, ↑Papst) hoheitliche Gewalt in der Kirche innehat. Der Inhalt dieser Übertragung wird vom II. Vat. als gestufte Teilhabe an der Sendung u. an den drei Ämtern Jesu Christi interpretiert. Der Akt der Übertragung solcher dreigestuften Teilhabe u. Gewalt in der Kirche geschieht seit der apostolischen Zeit mittels der ↑Handauflegung (l Tim 4,14; 2 Tim 1,6) (als Amtsübertragungsgestus) unter den entsprechenden Amtszusageworten (DS 3857-3861). Dieser Akt verleiht das Amt u. sagt dem neuen Amtsträger die nötige Gnade von Gott her zu, das Amt zum Segen der Kirche u. zum eigenen Heil zu verwalten. Insofern einerseits eine solche rituelle Amtsübertragung von ihrem Wesen her zu den grundlegenden Selbstvollzügen der Kirche gehört, in denen sie nur unwirksam sein könnte unter Aufhebung ihres eigenen Wesens, insofern anderseits die Kirche das bleibende Zeichen der eschatologisch siegreichen, der Welt absolut zugesagten Gnade in Sein u. Vollzug ist, kann eine solche Amtsübertragung nichts anderes sein als ↑opus operatum u. ↑Sakrament: sie verleiht die Amtsvollmacht absolut u. unwiderruflich (DS 1774, NR 716) u. sagt von Gott her die Gnade dazu in schlechthinniger Ernsthaftigkeit zu, der nur der Geweihte entbehrt, der sich ihr schuldhaft verschließt. Spender des Weihesakramentes ist der Bischof als Inhaber der Fülle des Weihesakramentes u. als Träger der Fülle der Leitungsgewalt in der Kirche nach ihrer sakramentalen Seite (DS 1777, NR 719, II. Vat., Kirche 21).

Origenismus

ist eine kein geschlossenes Lehrsystem bildende Strömung in der christlichen (vor allem auch mönchischen) Theologie des Ostens, die gewisse Motive u. Ansätze bei dem neben Augustinus größten Theologen der Antike, Origenes (t ca. 254), häretisch verabsolutierte u. erbitterte Kämpfe bis in die Mitte des 6. Jh. verursachte. Charakteristisch für den O. ist die Neigung, die Notwendigkeit u. Ewigkeit der Welt u. der Seelen (↑Präexistentianismus), Engelwerdung des Logos, die Materie als Folge der Sünde, die ↑Apokatastasis, Vollkommenheit als „Gnosis» usw. zu denken (vgl. DS 403-411 433 518f, NR 325 287 891).

Ostkirchen

Es handelt sich hier nicht um die Geschichte der Entstehung der von Rom getrennten O. (seit der Trennung im 9. bzw. II. Jh. bis heute) noch um die Darstellung der wiederholten Einigungsversuche (besonders auf dem II. Konzil von ↑Lyon u. auf dem von ↑Florenz), noch um die Geschichte der mit Rom unierten O., die eine relativ eigenständige Leitung u. ihre eigene Liturgie behalten haben (vgl. II. Vat., Ostk.), sondern um eine kurze Zusammenfassung der sich von der römisch-kath. Theologie unterscheidenden theo). Auffassungen der von Rom getrennten O. Diese Zusammenfassung kann auch nur von den (griechischen u. slawischen) Großkirchen gelten. Diese O. haben schon jene Entwicklung der abendländischen Theologie nicht mitgemacht, deren Anfänge sich (in einer juridisch-dekretistischen Erlösungstheologie u. Ekklesiologie) bisTertullian u. Cyprian im 2. Jh. zurückverfolgen lassen, deren Eigenart dann durch Augustinus (besonders seine Trinitätstheologie) bestimmt u. durch die Scholastik verfestigt wurde. Diese meist übersehene Unterscheidung der Theologien bedeutet, daß der Osten in einem heilsgeschichtlich-dynamischen Aufstiegsschema dachte, beginnend mit der trinitarischen Ökonomie in engem Zusammenhang mit der Erlösungslehre: im Osten wurde die Erlösung auch dort, wo man für das ↑Kreuz durchaus Verständnis hatte, als ein realontologischer Prozeß empfunden, der, in der Inkarnation beginnend u. die innertrinitarische Ökonomie enthüllend, in der Vergöttlichung der Welt – an der die christliche Praxis keinen Anteil hat – endet u. in der Auferstehung Jesu Christi sich erstmals als siegreich erweist (u. nach bedeutenden frühen Theologen des Ostens zu einer ↑Apokatastasis führt). Demgegenüber sieht die abendländische Theologie in der Menschwerdung des Logos fast ausschließlich die Konstituierung des würdigen Subjekts für eine Genugtuung (Satisfaktion) zur Tilgung der Sünde; sie kennt zwar auch die Vergöttlichung der Welt, betont aber mehr die Sühne der Schuld am Kreuz u. die Vergebung. Diese Grundunterscheidungen, die bei einer echten Begegnung beider Theologien zu einer glücklichen Ergänzung hätten führen können, waren offensichtlich der Grund, daß die Schismen der O. sich immer wieder auf das ↑Filioque der lat. Kirche als Ursache der Trennung berufen konnten: eine historisch u. theol. völlig unzulängliche Manifestation der tiefer liegenden Verschiedenheit der geistigen Horizonte. Die in der Meditation der einmal in den großen trinitarischen u. christologischen Kämpfen der ersten fünf Jhh. erreichten Erkenntnisse verfangene Theologie der O. verschloß sich (widersprüchlich zur Geschichte eben dieser Jhh.) dem Gedanken einer legitimen ↑Dogmenentwicklung u. läßt bis heute nur die ersten 7 ökumenischen ↑Konzilien gelten; sie verwirft die kath. Lehre über das ↑Fegfeuer u. die Dogmen der 7″Unbefleckten Empfängnis u. der ↑Aufnahme Marias (obwohl sie an beide glaubt u. eher eine größere Marienverehrung als die röm. Kirche pflegt). Quellen des Glaubens sind nach ihr die Schrift u. die Tradition, letztere zusammengefaßt im nicaeno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis (↑Konstantinopel), doch wurde u. wird faktisch die eucharistische Liturgie insofern als Glaubensnorm angesehen, als das Verhältnis der O. zum Protestantismus letztlich von dessen Eucharistieauffassung abhängig war u. ist. Über die innere Einheit der Kirche, die in der Unterordnung aller Kirchen unter das unsichtbare Haupt Jesus Christus u. im Vollzug der 7 Sakramente gegeben ist, hinaus hält die Theologie der O. eine äußere Einheit nicht für notwendig (sosehr sie eine äußerlich-organi satorische Einigung für nützlich hält, etwa im Rahmen des Weltkirchenrates, wo die O. als Zeugen der Wahrheit, nicht als Wahrheitssucher auftreten). Die nähere Differenzierung der Kirchenverfassung soll jedem Volk überlassen bleiben; während alle O. Patriarchen bzw. Bischöfe mit der ↑Successio apostolica haben, liegt die Kirchengewalt häufig bei einer Laiensynode. Entsprechend diesem Desinteresse der O. an der Kirchenverfassung erkennen sie dem römischen Papst nur den Rang eines Patriarchen.des Abendlandes zu, evtl. einen Ehrenvorrang, niemals aber einen Jurisdiktionsprimat über die Gesamtkirche u. die Unfehlbarkeit. – Die theol. Einigung mit den O. setzt auf seiten dieser sicher voraus, daß sie sich in brüderlicher Liebe kümmern um das, was im Westen seit 1100 u. mehr Jahren theol. erarbeitet wurde; hierzu gehören in erster Linie die Ergebnisse einer sachgerechten biblischen Theologie (über das Petrusamt u. die biblische Ekkiesiologie überhaupt) sowie eine größere Wertschätzung der Theologie selbst, eine neue Bewertung der christlichen Praxis in aktiver, konkreter Liebe usw. Umgekehrt muß sich die kath. Theologie von den O. fragen lassen, ob sie die ↑Patristik u. die Lehre vom Amt des ↑Bischofs in der Kirche bisher im vollen Umfang gewürdigt hat u. ob sie einem aus theol. Gründen nicht gerechtfertigten bürokratischen Zentralismus in der Kirche offen genug entgegengetreten ist. Ansätze dazu machte das II. Vat. (Oek. 14-18, Ostk. 24-29 u.ö.).

P

Panentheismus

Diese Form des ↑Pantheismus will nicht einfach Welt u. Gott monistisch identifizieren (Gott = das „All»), will aber doch das „All» der Welt „in» Gott als dessen innere Modifikation u. Erscheinung begreifen, wenn Gott auch nicht darin aufgeht. Die Lehre eines solchen „Inseins» der Welt in Gott ist dann (u. nur dann) falsch u. häretisch, wenn sie die ↑Schöpfung u. das Unterschiedensein der Welt von Gott (nicht nur Gottes von der Welt) leugnet (DS 3001, NR 315), sonst ist sie eine Aufforderung an die ↑Ontologie, das Verhältnis zwischen absolutem u. endlichem ↑Sein tiefer (d.h. die gegenseitige Bedingung von in gleichem Maß wachsender Einheit u. Unterschiedenheit begreifend) u. genauer zu denken.

Pantheismus

ist die (in verschiedenster Form auftretende) Lehre, daß das absolute Sein ↑Gottes mit der Welt identisch sei, die von uns erfahrene, endliche, werdende Wirklichkeit (↑Kontingenz) also nicht durch ↑Schöpfung durch die freie Allmacht Gottes als von ihm verschiedene entstanden sei, sondern die Entfaltung seines eigenen Wesens, seine (ontische oder logische) Selbstauslegung u. Erscheinung, „Gott» die Summenformel für die Welt sei, wobei das genauere Verhältnis von Gott u. Welt (als ↑Emanation, als Leib, als ↑Entwicklung, als Schein, als Modifikationen u. Erscheinungsweisen, als schlechthinnige undialektische Identität [↑Monismus]) u. des Seins u. Werdens zueinander überhaupt sehr verschieden gedacht wird. Wirklicher P. (der nicht nur ungenaue Formulierung der absoluten Verwiesenheit aller endlichen Wirklichkeit auf Gott u. des Inseins Gottes in aller Schöpfung ist) ist religiös unvollziehbar, weil er den Charakter der ↑Religion als Anbetung, Gebet, Annahme der eigenen Endlichkeit, Verantwortung, Bekenntnis der Schuld usw. aufheben würde u. ein bloßes vages Gefühl des „Numinosen» des eigenen Daseins übrigbliebe oder die eigene Endlichkeit, die die bleibende u. selig gültige sein soll, zur bloßen Negativität Gott gegenüber machen würde. Der P. ist metaphysisch falsch, weil er die in der ursprünglichsten u. unaufhebbaren Transzendenzerfahrung gegebene radikale Unterschiedlichkeit zwischen endlichem Gegenstand u. dem unumgreifbaren Grund (Horizont. Geheimnis) u. Woraufhin dieser Transzendenz aufhebt, wenn Gott selbst auch im Endlichen gründet u. nicht nur umgekehrt. Überdies müßte das endliche Werden u. sogar das Böse ein inneres Moment an Gott sein, was mit der absoluten Seinsfülle u. darum schlechthinnigen Gutheit Gottes unvereinbar ist. Das AT u. das NT kennen keinen P. Die kirchliche Lehre hat ihn ausdrücklich u. feierlich verworfen (DS 201 804ff 3001 3023f, NR 280 315 320f).

Papst

ist die heutige Amtsbezeichnung für den Bischof von Rom als Oberhaupt der Gesamtkirche. Nach kath. Lehre ist schon von Jesus selbst der engere Jüngerkreis als Kollegium der ↑Apostel mit einer hervorgehobenen Persönlichkeit konstituiert, Simon, dem Jesus den Namen Kephas (griech. petros, petra = Fels) gab (Mt 16,18; vgl. 10,2). Nach dem NT umschrieb Jesus dessen Stellung als die eines Felsenfundamentes seiner Kirche, des Hausverwalters in dieser Kirche, der die ,,Schlüssel» führt (↑Schlüsselgewalt), als volle ↑Binde-u. Lösegewalt, die vor Gott Gültigkeit hat, als Hirtengewalt über die ganze Herde Jesu Christi, als Auftrag, die Brüder im Glauben zu stärken (Mt 16,16 ff; Jo 21, 15 f; Lk 22,32). Da die Kirche bis zum Ende der Zeiten dauern soll, der Tod Petri aber vorausgesehen war (Jo 21,18 f), u. da auch im religiösen Bereich die Sukzessionsidee in der damaligen Zeit eine Selbstverständlifchkeit war, ist es nicht befremdlich, daß man Jesus die Intention zuschreibt, er habe diese personale Spitze zur autoritativen Leitung des Kollegiums der Apostel u. ihrer Nachfolger als Dauereinrichtung gewollt (vgl. DS 3056ff, NR 441 ff, II. Vat., Kirche 19 22). Da Petrus als Bischof in Rom starb u. da auch faktisch nie ein anderer in der Kirche Anspruch erhoben hat, Inhaber dieser für die Dauer gegebenen Vollmacht Petri in der Kirche zu sein, so ist nach kath. Glaubenslehre der Bischof von Rom Nachfolger des Petrus in jenen Vollmachten u. Funktionen, die dem Petrus als erstem Haupt der Amtsträger in der Kirche zukamen (wenn auch nicht in der Stellung, die Petrus hatte, insofern er mit den übrigen Aposteln zusammen die erste u. immer grundlegend bleibende Generation der Kirche bildete). Es ist für ein echtes geschichtliches (d.h. Unterschiede wie Kontinuität ebenso anerkennendes) Denken selbstverständlich, daß im Lauf der Geschichte die konkrete Durchführung dieses Anspruches des römischen Bischofs wie auch die reflexe Erkenntnis u. Formulierung dieser päpstlichen Vollmachten u. Rechte eine Entwicklung durchmachten, die nicht ohne Schwankungen verlief. Die kath. Glaubenslehre über den P. erfuhr ihre genaueste u. umfassende Darlegung im l. Vatikanischen Konzil 1870. Danach ist die Vollmacht des P.es als oberster Jurisdiktionsprimat (DS 3053-3058, NR 438-443) u. oberstes Lehramt (DS 3065, NR 449) in der Kirche aufzufassen. Der Jurisdiktionsprimat bedeutet kraft göttlicher Anordnung eine wahrhafte, unmittelbare, bischöfliche Gewalt über die Gesamtkirche (einschließlich der übrigen Bischöfe) (DGL: DS 3060 3064, NR 445 448), also oberste Gesetzgebungsgewalt, oberstes Aufsichtsrecht u. höchste Gerichtsbarkeit in der Kirche. Als oberster Lehrer besitzt der P. das gnadenhafte Bewahrtwerden vor dem Irrtum in Sachen des Glaubens, das Jesus Christus seiner Kirche verheißen hat (DGL: DS 3073 f, NR 454), ↑Unfehlbarkeit. Mit dieser glaubensmäßig verbindlichen Lehre des l. Vat. ist weder gesagt, daß theoretisch alle Fragen schon völlig geklärt seien über das Verhältnis des Papstes zur Gesamtkirche u. vor allem zum Gesamtepiskopat (vgl. hierzu vor allem ↑Bischof. ↑Konzil), noch daß praktisch die konkrete geschichtliche Gestalt des heutigen päpstlichen Primates keine weitere geschichtliche Entwicklung mehr haben könne. Es könnte z. B. sein, daß die Funktionen des P.es als Patriarch der westlichen, lateinischen, spezifisch „abendländischen» Kirche u. als Primas der Gesamtkirche praktisch wieder deutlicher unterschieden werden, als es zur Zeit der Fall ist, daß die eigenständige Bedeutung des Bischofsamtes göttlichen Rechtes (vgl. DS 3061, NR 446), das der P. nicht aufheben kann, praktisch deutlicher ins Bewußtsein der Kirche tritt, daß der Umstand, daß der P., auch wenn er persönlich seine Primatialgewalt u. unfehlbare Lehrautorität ausübt, immer als sichtbares Haupt der Kirche handelt, in seinen praktischen Konsequenzen reflexer wird. Einen Ansatz zur praktischen Klärung des Verhältnisses des P.es zum Episkopat machte das II. Vat. mit der These von der i*Kollegiaiität der Bischöfe (Kirche 22); in der Folge wurde dieser Kollegialität in verschiedenartigen Gremien, insbesondere in der permanenten Bischofssynode, Ausdruck gegeben. Die rechtliche Stellung des P.es wurde dabei nicht verändert. Auf der anderen Seite bleibt aber deutlich: eine Religion, die von Gott her kommt, also autoritativ sein muß, die eschatologisch ist, also eine unaufhebbare Verbindlichkeit haben muß, die katholisch, d. h. die einer Weltkirche sein muß, die trotz u. in allergesellschaftlichen Verfaßtheit personal sein soll, in der also Gott sein Heil durch die Bewahrung des immer bedrohten Menschen u. nicht durch ein Buch usw. als „objektive» Größen allein durchführt, muß in ihrer gesellschaftlichen Verfaßtheit das Amt haben, das wir das päpstliche nennen. Der Glaube, das Vertrauen u. die Geduld, die aus Gottes Gnade stammen, tragen die Last, die dieses Amt als das eines Menschen bedeutet, durch bis zur ↑Basileia Gottes.

Paradies

(altorientalisch,,Garten») bezeichnet die Lebensverhältnisse u. Daseinsverfassung (innerer u. äußerer Art) der ersten Menschen (↑Adam, ↑Eva, ↑Monogenismus) vor ihrer Sünde (↑Ursünde), wie sie in Gn 2 u. 3 in volkstümlicher Anschaulichkeit (DS 3862ff 3898, NR 137) bezeugt werden. Der reine, schuldlose ↑,, Anfang» der ganzen Menschheitsgeschichte muß als echter Anfang (d.h. als wahrer Quellgrund des Kommenden) das Kommende in reiner Ursprünglichkeit u. Fülle enthalten, und er muß bloßer Anfang einer erst werdenden Entwicklung u. Geschichte sein: Keim u. Verheißung. Diese notwendige u. unüberholbare Dialektik einer retrospektiven, ätiologischen Aussage (↑Ätiologie) über den Anfang muß beachtet werden, wenn die biblischen Aussagen über das P. verstanden werden sollen: Die hohen Vorstellungen von der ↑Urstandsgnade des ersten Menschen (↑Integrität, ↑Unsterblichkeit) schließen einen wirtschaftlich u. „kulturell» primitiven Anfang nicht aus (welche Primitivität nicht erst als Ergebnis der Sünde gedacht werden muß). Das reine Einverständnis mit Gott in der Gnade als der vollen Kraft der Selbstverfügüng braucht nicht als durch eine lange Periode dauernd gedacht zu werden, ist als Befindlichkeit im Grund des Wesens auch bei primitiver Kultur denkbar u. erfüllt durchaus, was Schrift u. Kirchenlehre (DS 222 1511 3514, NR 338 353) mit dem geschichtlichen Charakter der Genesisberichte meinen.

Paraklet

(griech. = Anwalt, Verteidiger, Helfer, Tröster) wird bei Jo der ↑Heilige Geist genannt (einmal direkt auch Christus: l Jo 2, l): Jo 14,16.26; 16,7, insofern er bei den Aposteln (u. abgeleitet in jedem Christen) in Vertretung Jesu („anderer“ P.) als Geist der Wahrheit, der ihn „vom Vater ausgehend“ gibt, diese richtende u. rettende Wahrheit Jesu Christi lehrt, entfaltet, bezeugt u. diese selber ist u. die Apostel zu solchem Zeugnis fähig macht. Da dieser P. ,,alles“ weitere lehren wird (Jo 14,26), weiß ihn auch die heutige Kirche als ihren Beistand. Vgl. noch ↑Pneuma.

Paränese

(griech. = Zuspruch) ist ein biblisches Wort, das ein wesentliches Moment an der christlichen ↑Predigt (u. Verkündigung überhaupt) hervorhebt: sie ist nicht bloß Belehrung, sondern offenbarendes Ankommenlassen der verkündigten begnadigenden Wirklichkeit als Befreiung, Trost, Ermächtigung u. Ermöglichung ihrer Annahme u. darin auch als Forderung u. Aufgabe, als Gesetz, das fordert, indem es seine Erfüllung schenkt.

Parusie

ist das griechische Wort für das, was wir im deutschen, christlichen Sprachgebrauch gewöhnlich die Wiederkunft Jesu Christi nennen (vgl.MtlO,23;16,27f:19,28u.ö.;Apgl,ll;2Petrl,16;Apkl,4.7). u. bedeutet ungefähr „heilhafte Gegenwart» Jesu Christi, nämlich in der enthüllten Endgültigkeit des offenkundig gewordenen Ertrags der Heils- u. Weltgeschichte. Das „Wieder» im deutschen Wort ist nicht sonderlich glücklich, weil es fälschlich nahelegen könnte, daß aufs neue sich ereignen würde, was schon einmal gegeben war. Aber die Gegenwart des ewigen Logos im Fleisch, in der Todgeweihtheit unserer geschichtlichen Existenz war nicht dasselbe, was in der Parusie offen gegeben sein wird: die Vollendung der Geschichte (Jesu Christi u. der Welt) in Gott, dem in seiner Herrlichkeit unmittelbar offenbar Gewordenen (vgl. Mt 24,36; 25,31 ff; IThess 5,2;2Thess 2,2 ff: Apk 20, II ff; 22,17.20). Und die Erfahrung der ↑Auferstehung Jesu war gerade der Anfang (nicht das wieder Rückgängiggemachte) jenes einen Prozesses, der damals begann, schon irreversibel wurde u. jetzt in der Heilsgeschichte des Einzelnen u. der Völker weitergeht (gerade durch die ↑„Letzten Dinge» des Einzelnen hindurch): die Einbeziehung der Welt in die verklärende Selbstmitteilung Gottes, der Sieg der rettenden Gnade (oder der Vollzug des den Menschen selbst richtenden endgültigen Neins zu dieser göttlichen Selbstgabe). Die Vollendung dieses Prozesses (dessen innerweltlich gemessene Zeitdauer niemand weiß) nennen wir Parusie Jesu Christi, insofern dann für alle offenbar ist (weil alle vollendet sind in der Endgültigkeit ihrer Rettung oder Verlorenheit), daß Anfang der Irreversibilität u. tragender Grund dieses Prozesses, seine Sinnmitte u. sein Höhepunkt die Wirklichkeit des Auferstandenen ist, der „wiederkehrt», insofern alle bei ihm ankommen. Diese P. Christi zum Gericht ist aber das Offenbarwerden der Liebe Gottes, weil Gott die Welt richtet durch die Tat der Liebe, die alle heimholt, die sich heimholen lassen wollen, u. die diesen Willen selbst schenkt nach einer Verfügung, die uns jetzt unbekannt ist. In der Zeit, da sich die P. verzögert (↑Naherwartung), antizipiert die Kirche in der Eucharistie u. in der Praxis christlicher Liebe die Verheißungen des ↑Reiches Gottes, ohne daß sie vergessen darf, daß ihre Sakramente u. Institutionen bei der P. Jesu Christi vergehen werden.

Pascha

(gesprochen pas-cha, griech. Fremdwort von hebr. pesach = Vorübergang) ist die jährliche Wiederholung (↑Anamnese) des ersten P. Israels in Ägypten zur Erinnerung an die Schonung der israelitischen Erstgeburt u. an den Auszug aus Ägypten (Ex 12,12-14.24-27 usw.), es wurde gefeiert am 14. des l. Monats (Nisan: März/April) durch Schlachtung eines Opfertieres (Lamm) als Opferhandlung an der Kultstätte (Tempel) u. Opfermahl einer Hausgemeinde unter bestimmtem Ritual (in einer Situation der Abreise, mit ungesäuertem Brot, Bitterkräutern, vierfachem Umtrunk, Hinweis auf den Auszug, Lobgesängen). Das P. ist die Anamnese der Stiftung des Bundesvolkes durch Gott in der Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten (Exodus). Das Osterlamm ist /Typos Jesu Christi (l Kor 5,7; vgl. auch l Kor 5,6-8; Mk 8. 15; Gal 5,9 für den typischen Sinn des ungesäuerten Brotes). Jesus hat sein Abendmahl als Stiftungsmahl des Neuen Bundes in der kultischen Antizipation seines Todes gefeiert im Rahmen der atl. Paschafeier mit Verwendung seiner Brotgabe u. Becherdarreichung an die Mahlteilnehmer durch ihn als Hausvater. Die P.feier der christlichen Gemeinde gedenkt in einem der Stiftung des Alten u. des neuen Bundes (Osternacht: ,,mySterium paschale» ist ein Schlüsselwort der Liturgieauffassung des II. Vat.). Im Alten wie im Neuen Bund ist die P.feier auch Ausdruck der Erwartung eines neuen Exodus zu endgültiger Befreiung.

Pastoraltheologie

(besser „praktische Theologie» = Theologie der Praxis der Kirche) in einem umfassenden Sinn ist die theol. Reflexion über den Selbstvollzug der Kirche als Heilshandeln Gottes an der Welt, wie er geschieht u. geschehen muß aus dem bleibenden Wesen der Kirche und der in der P. theologisch zu klärenden jeweiligen Situation der Welt u. Kirche heraus. Sie bezieht sich also nicht nur auf das seelsorgerliche Tun des Priesters, sondern auf das heilschaffende Tun der Kirche überhaupt, nicht als bloße (theoretische) Wesenswissenschaft, die sagt, was sich aus Ekklesiologie u. Moral immer u. überall für dieses Handeln ergibt, sondern als praktische (existentiale) Wissenschaft, die das zu reflektieren sucht, was gerade jetzt zu tun ist u. als Aufgabe nur erkannt wird, wenn die Gegenwartssituation zu einem Gegenstand theologischer (nicht bloß, aber auch soziologischer) Analyse gemacht wird. Innerhalb dieses Gesamtthemas hat natürlich die Lehre von der priesterlichen (individuellen u. kollektiven) Seelsorge im engeren notwendig ihren Platz. Die P., die so nicht nur die ..Taktik» der praktischen Seelsorge, sondern auch die „Strategie» der Gesamtkirche theologisch, theologisch-soziologisch, feststellend u. kritisch normativ behandeln müßte, ist noch weithin ein unerfüllter Wunsch.

Patriarchen

(griech. == Erzväter, Väter des Anfangs) nennt man die großen Gestalten der Heilsgeschichte des AT: Abraham, Mose usw. Da das↑Alte Testament die in der Schrift des AT interpretierte nächste Vorgeschichte der Menschwerdung ist (sie ist ja ein. winziger Bruchteil der Geschichte der Menschheit), da in ihr schon verborgen die Gnade Jesu Christi waltet (wegen des allgemeinen ↑Heilswillens Gottes), sind diese P. auch schon in der Schrift „christlich» interpretiert u. als Väter u. Vorbilder unseres Glaubens dargestellt (vgl. Mt 17,3; Röm 4; l Kor 10,1-12; Hebr II usw.), auf deren heilsgeschichtlichen Entscheidungen unser Dasein als geschichtliches immer noch aufruht.

Patripassianismus

ist ein abendländischer Name für die dem ↑Modalismus huldigenden Anhänger des ↑Monarchianismus: wer die wirkliche ↑Dreifaltigkeit Gottes in sich leugnet, kann, wenn er die Gottheit Jesu nicht leugnet, nur sagen, daß die einzige Person Gottes, also der Vater selbst, in Jesus gelitten hat (so 2./3. Jh.: Noetos, Praxeas, der ↑Sabellianismus).

Patristik

bezeichnet in der Kirchen-, Dogmen- u. Theologiegeschichte die Periode der ↑Kirchenväter, also die Zeit, mit der sich die ↑Patrologie befaßt. Für die Dogmatik ist die Dogmengeschichte u. die Theologie dieser Periode wichtig. Dogmengeschichtlich ist sie (vor allem im Osten) die Periode der Ausbildung des trinitarischen u. christologischen Dogmas im Kampf mit dem ↑Monarchianismus, ↑Subordinatianismus, ↑Arianismus, ↑Nestorianismus, .-«Monophysitismus (samt ↑Monotheletismus) u. der ersten Entfaltung der Gnadenlehre durch Augustinus gegen den ↑Pelagianismus. Theologiegeschichtlich unterscheiden sich schon in dieser Periode verschiedene Schulen (vor allem die ↑Alexandrinische u. die ↑Antiochenische Theologenschule), ist das ↑Heidentum auch wissenschaftlich zu bekämpfen u. wird in dauernder Auseinandersetzung u. Begegnung u. mit wechselndem Erfolg eine Synthese zwischen dem Christentum u. dem antiken Weltverständnis in Kultur u. Philosophie versucht. Denkt die P. im Osten vor allem,,kosmisch» (die Heilsgeschichte als Vergöttlichung der Welt durch die Menschwerdung des Logos als Weltprinzip von Anfang an u. durch die Auferstehung), so im Westen mehr ,,personalistisch» (das Heil als Dialog zwischen dem sündigen Menschen u. Gott, der die Liebe zu ihm schenkt). Überall haben die verschiedenen Ausprägungen der antiken Philosophie (vor allem der ↑Neuplatonismus) einen großen Einfluß auf die Gestalt des christlichen Selbstverständnisses. Ohne dessen ursprüngliche Substanz zu verfälschen, bietet diese Philosophie ihr großartige Ausdrucksmöglichkeiten u. birgt auch Gefahren: das platonisch-gnostische mönchische Aufstiegsschema (Heilsweg als entweltlichende Vergeistigung in Überwindung der Welt nach oben) herrscht noch zu sehr vor zuungunsten des bleibenden Abstiegs des Logos als endgültige Bestätigung der Welt; die Ungenauigkeit des Unterschieds von ↑Natur und Gnade bürdet der Kirche u. der Welt zugleich zuviel u. zuwenig auf (Philosophie wird Theologie u. diese zu philosophisch; Kirche wird Staatskirche u. der Staat Kirchenstaat usw.). Erst in der Hochscholastik als dem Beginn der Neuzeit werden Natur u. Gnade genauer unterschieden, so die Welt für ihre eigene Aufgabe freier u. das Christentum seiner Eigenart noch tiefer bewußt.

Patrologie

(christliche Literaturgeschichte des Altertums) ist die Lehre vom Leben u. von den Schriften der ↑Kirchenväter u. der übrigen christlichen Schriftsteller des Altertums (die eingehendere Darstellung ihrer Lehre zählt mehr zur ↑Dogmengeschichte). Wegen der Bedeutung der ↑Tradition zählt sie zu den wichtigsten Hilfswissenschaften der historischen u. systematischen Theologie. Man läßt diese Periode für den Westen gewöhnlich ungefähr mit lsidor v. Sevilla (t 636) u. für den Osten mit Johannes v. Damaskus (t 749) zu Ende gehen.

Paulinische Theologie

ist die geoffenbarte u. inspirierte Lehre, die der hl. Paulus in seinen Briefen vorträgt u. die einen wesentlichen u. bleibenden Bestandteil des NT u. so des Christentums ausmacht. So bedeutsam sie ist als Glaubensquelle u. -norm, so ist sie dennoch nur die konsequente (persönliche u. situationsbedingte) Entfaltung dessen, was der historische Jesus über sich u. sein Werk gesagt hat. Denn so schwer oder unmöglicheine historische Scheidung im einzelnen sein mag zwischen der ursprünglichen Aussage Jesu über seine Person u. seine Sendung u. der (richtigen) theol. Interpretation, die dieses Selbstzeugnis schon in der Urgemeinde in der apostolischen Predigt u. so bei den Synoptikern gefunden hat u. eine Einheit mit dem Wort Jesu geworden ist, so kann doch nicht bestritten werden, daß Jesus sich nicht nur als religiösen, prophetischen Reformator u. so als Jnitiator nur einer ins Unabsehbare offenen Phase der Religionsgeschichte gewußt hat, sondern als absoluten Heilbringer, der in Person u. Werk das Heil u. die Erlösung aller ist u. als der Auferstandene sich als der Anfang des unüberbietbaren Heils der Welt erwiesen hat. Diese Botschaft entfaltet die P. Th. Paulus ist nicht der Stifter des Christentums, sondern ist u. weiß sich bloß als der reflektierende Theolog einer überlieferten Tatsache: Jesu, seines Kreuzes u. seiner Auferstehung. So aber ist diese Theologie von grundlegender Bedeutung. Sie ist eine Theologie der ↑Präexistenz Jesu Christi als des Sohnes schlechthin, einer ↑Christozentrik, die auch den Kosmos einbegreift, der allgemeinen Eriösungsbedürftigkeit, der Überwindung der versklavenden Mächte des (bloßen) ↑Gesetzes, der ↑Sünde, des ↑Todes (u. der hinter ihnen stehenden Engelmächte) durch das allein rettende ↑Pneuma Jesu Christi des Gekreuzigten u. Auferstandenen, das im Menschen keine heilshaften Vorbedingungen kennt, sie ist eine Theologie der Geschichte, der Gesamtkirche als des ↑Leibes Christi, der Sakramente der Taufe u. des Abendmahls u. des wirksamen ↑Wortes Gottes (u. darin seines eigenen Apostolates).

Peccatum philosophicum

wird ein schuldhafter Verstoß gegen das ↑natürliche Sittengesetz genannt, bei dem der Widerspruch gegen den gesetzgeberischen Willen Gottes in keiner Weise gesehen u. gewollt sei u. bloß der Widerspruch gegen die menschliche Natur gesehen werde. Da dort, wo wirklich der sittliche Unwert gegenüber der Person des Menschen gesehen wird (u. ohne dies kann von ↑Sünde überhaupt nicht die Rede sein), wenigstens implizit auch Gottes Sein u. Willen erfaßt werden (wenn auch nur in einer unthematischen Weise), ist der Fall eines P. ph. tatsächlich nicht möglich (vgl. DS 2291).

Pelagianismus

ist eine Häresie in der Gnadentheologie, die innerhalb des christlichen Altertums von dem Mönch Pelagius (Anfang des 5. Jh.), seinem Schüler Caelestius u. etwas später von Julian v. Eclanum (gestorben nach 454) formuliert u. verbreitet u. von Augustinus u. seinen Schülern bekämpft wurde (↑Semipelagianismus). Der P. verwirft die Lehre von der ↑Erbsünde, übersieht die Last der ↑Begierde u. den Charakter des Leides u. Todes als Folge der Sünde; er versteht die Freiheit des Menschen als (zwar geschaffene, aber dann) völlig autonome Selbstmacht, die das Gesetz Gottes allein beobachten muß u. kann, u. leugnet so die Notwendigkeit der ↑Gnade zu einer natürlichen u. heilshaften Beobachtung des Sittengesetzes. Der P. ist gewissermaßen die stoisch-antike Spielart des ↑Pharisäismus. Seine kirchliche Verurteilung erfolgte schon im 5. Jh. (DS 222-231 267 238-249, NR 338 761-768 349 769-776) u. wiederum in Trient (DS 1510-1514 1521 1551 ff). Augustinus machte seinen Gegnern das Verständnis der kirchlichen Lehre insofern schwer, als er die Allgemeinheit des ↑Heilswillens Gottes u. die Existenz der hinreichenden Gnade für alle nicht deutlich zur Geltung brachte.

Perichorese

(griech. = Durchdringung) nennt man in der Trinitätstheologie das notwendige „Ineinandersein» (DS1331, NR 285f; Jo 10,38; 14,10f; 17,21; l Kor 2,10f) der drei göttlichen Personen in der ↑Dreifaltigkeit aufgrund der Wesenseinheit in Gott, des ewigen Ausgangs des Sohnes vom Vater u. des Geistes vom Vater u. (durch den) Sohn u. der Konstitution der drei Personen als unterschiedener durch eine rein relative gegenseitige Bezogenheit (↑Relation). – In analoger Weise wird die Einheit der göttlichen u. menschlichen Natur in Jesus Christus durch die ↑Hypostatische Union auch als eine Art P. aufgefaßt. Natürlich sind bei der P. alle räumlichen Vorstellungen fernzuhalten.

Person

(lat. persona, ursprünglich die Maske im Schauspiel; griech. prosopon == Antlitz). Der Begriff der P. (zunächst im heutigen Sinn) ist in der Theologie von großer Bedeutung, insofern er auf jene Eigentümlichkeiten des Menschen hinweist, die die Voraussetzung seines Verhältnisses zu Gott u. seines Heilstuns sind: seine Geistigkeit, insofern sie gründet in seiner ↑Transzendenz, u. Beisichselbstsein, bleibende u. unausweichliche Verwiesenheit auf das ↑Sein im ganzen u. somit auf Gott (als der apriorischen Bedingung seines urteilenden [objektivierenden] u. handelnden Verhältnisses zu den einzelnen Seienden), u. Freiheit, über sich selbst im kritisch distanzierenden Umgang mit dem als endlich erkannten einzelnen Seienden zu verfügen, besagt. Personsein ist also Selbstbesitz des Subjekts als solchen in wissender u. freier Bezogenheit auf die Wirklichkeit als ganze u. deren unendlichen Grund, Gott. Die Personhaftigkeit des Menschen als solchen ist natürlich dabei zu sehen als eine solche, die sich nur in konkreter Leibhaftigkeit, im Hier u. Jetzt der Geschichte, im Dialog mit dem anderen Du u. so in der Gemeinschaft in einer bleibenden Ausgesetztheit der ursprünglichen Tat an die leidende Erfahrung der Welt vollziehen kann. Daß diese onto-logische Verfassung des Menschen der Grund ist für seine ewige Gültigkeit, seine Verantwortung, sein dialogisches Verhältnis zu Gott, seine Berufbarkeit zum übernatürlichen Ziel (↑Natur und Gnade, PPotentia oboedientialis), seine Würde u. ↑Unsterblichkeit, den absoluten Charakter sittlicher Werte (↑natürliches Sittengesetz), braucht nicht lang erklärt zu werden. Die christliche Theologie kennt aber (neben u. in diesem modernen Personbegriff) in der ↑Christologie u. Trinitätslehre (in beiden nochmals in nicht einfach absolut selbem Sinn u. mit nicht unerheblichen Verschiedenheiten ihrer Interpretation in den einzelnen theol. Richtungen) einen anderen P.begriff, der zwar mit dem erstgenannten zusammenhängt, mit ihm aber nicht einfach identisch ist, sondern ein Merkmal an einer subjekthaften (beisichseienden u. freien) geistigen, konkreten Natur (= P. im obigen Sinn) heraushebt u. unterscheidet u. zum formalsten Merkmal der P. (↑Hypostase) erklärt: ihre „Subsistenz», d. h. die Eigentümlichkeit einer konkreten geistigen Natur (mit den obigen Merkmalen), durch die sie (u. insofern sie) in letzter Unmittelbarkeit sich selbst gehört; das letzte ganzheitliche Insichselberstehen; der unvertauschbare Träger dieser geistigen Natur bzw. das, was eine Wirklichkeit zu einem solchen Träger macht. Der Grund für diese Unterscheidung in der Theologie liegt einmal darin, daß in der einen ganzen Wirklichkeit Jesu Christi alles jenes gegeben ist, was einen Menschen zum Menschen macht (was oben zum modernen, materialen Begriff des Personalen gezählt wurde), dieses an sich absolut kreatürlich, endlich u. geschaffen ist u. nicht mit der Gottheit Gottes identifiziert werden darf u. doch eben dieses alles in aller Wirklichkeit als dem Logos Gottes in absoluter, bleibender Einheit zugehörig begriffen werden muß, das offenbarende Dasein Gottes bei uns ist. Das nun, was den Logos unbeschadet seiner Gottheit in Wahrheit einen Menschen sein läßt, nennt die traditionelle christliche Terminologie (ungefähr seit dem Konzil von ↑Chalkedon, vgl. DS 301 ff, NR 178) seine menschliche „Natur“ (ohne diese dadurch zu versachlichen, ihre Transzendenz u. Freiheit u. ihr kreatürlich dialogisches Verhältnis zu Gott zu leugnen). Und insofern eben diese Wirklichkeit ganz die des Logos ist, sagt diese Terminologie, daß dieser die „Person», d. h. letzten Stand gebender, besitzender Träger dieser „Natur» sei u. insofern diese menschliche „Natur» Jesu Christi nicht an sich schon „Person» (in diesem scholastischen Sinn) sei. Dieses Menschsein Jesu Christi ist damit nicht als weniger „personal» (im modernen Sinn) erklärt. Im Gegenteil: insofern Personalität (im heutigen Sinn) jenes Zusichselbergekommensein (oder dessen ontologischen Grund) einer Wirklichkeit meint, durch das diese erst, u. zwar notwendig (seinshaft u. existentiell), auf ein Du u. Gott verwiesen ist, ist die „Subsistenz» der menschlichen Wirklichkeit Jesu im Logos gerade die höchste überbietende Erfüllung dessen, was Personalität besagt. P. hat also als nicht-absolut (seinshaft u. bewußt) Gott übereignete Geistigkeit im bloß Kreatürlichen eine Negativität an sich. Und so schließen sich der moderne und der traditionelle Begriff von P. zusammen: die geistige, beisichseiende Transzendenz, die in ihrer Ekstase immer wieder endlich auf sich selbst zurückfällt u. in sich hypostasiert (= endliche P. im modernen Sinn unter expliziter Erkenntnis der Endlichkeit des Personalen als solchen), wird in Jesus Christus durch das absolute, von Gott bewirkte Gelungensein dieser Ekstase (seinshaft u. bewußt) in sich „ahypostatisch“ (bloße „Natur“, aber gerade so in dem Anspruch des Personalen vollendet) u. enhypostatisch im Logos Gottes. Der Grund für die scholastisch-theol. Unterscheidung zwischen P. u. geistig-individueller Natur liegt zweitens in der christlichen Trinitätslehre. Die Selbstmitteilung Gottes an den Menschen in Inkarnation u. Gnade ist so radikal, d.h. gibt Gott so absolut, wie er an sich ist, daß der dreifache Aspekt dieser Selbstmitteilung (der heilsökonomischen Dreifaltigkeit Gottes) Gott an sich selber u. für sich selber zukommen, auch innergöttlich sein muß: radikal ursprunglose Ursprünglichkeit geistiger Wirklichkeits- u. Lebensfülle als mitteilbarer u. doch behaltener; selbstobjektivierte Ausgesagtheit dieser Wirklichkeitsfülle; Weggegebenheit dieser Wirklichkeitsfülle in ekstatisch heiliger Liebe kommen Gott an sich zu u. dürfen nicht wegen der wahren, absoluten Einheit Gottes in eine dumpfe, unvermittelte Einerleiheit, in eine tote Identität zusammenfallend gedacht werden, wodurch die ökonomische Trinität, als nicht der eigentliche Gott an sich seiend, zu einem endlichen ungöttlichen Zwischenbereich zwischen Gott u. dem Begnadeten würde, der die eigentliche Selbstmitteüung Gottes aufheben würde. Diese drei Aspekte der göttlichen Seins- u. Lebensfülle, die durch ihre gegensätzliche Bezogenheit aufeinander je eine letzte Unvertauschbarkeit besitzen u. so dieselbe eine Lebensfülle (als absolute Wirklichkeit) erst in je einmaliger u. gegensätzlicher Weise in dreifach einmaliger Weise dasein lassen, werden nun auch „Personen» genannt u. von der einen unendlichen Seinsfülle als der göttlichen „Natur“ unterschieden. Dementsprechend wird formuliert: in dem einen Jesus Christus als dem menschgewordenen Logos ist eine P. (das Wort des Vaters) u. sind zwei Naturen (die göttliche u. die menschliche) (DS 301ff801 1339-1346. NR 178 919); in dem einen ewigen Gott sind eine Natur (oder Wesen) u. drei P.en (DS 75 150 800 1330, NR 915 250 918 281-284). Dabei ist zu beachten, daß die „Dreiheit“ von „Personen“ nicht dreimal das Gleiche setzt, sondern das, was Vater, Sohn u. Geist jeweils absolut verschieden, d.h. relativ entgegengesetzt voneinander macht, zusammenzählt. Man kann die Gründe der bloßen innergöttlichen Unterschiedenheit als solcher in der Einheit, deren echtes Wesen dadurch zur Vollendung kommt, nur in einem sehr ungenauen Sinn nochmals unter einen Begriff bringen, da jene „Drei“ durch das, was sie in diesem hier gemeinten Sinn zu „Personen“ macht, nur unterschieden, nicht aber gleichgemacht werden, da das „Gemeinsame“ hier schon die absolute eine Selbigkeit der ,,Natur“ ist, durch die, was eingangs im modernen Begriff der „Person“ an Merkmalen herausgestellt wurde („Beisichsein“ als innere Wesenserhelltheit, Freiheit), in den drei göttlichen „Personen“ nur strengstens einmal gegeben ist. – Dies alles ist hier nur gesagt, um deutlich zu machen, daß bei der Verwendung solcher Begriffe wie „Natur“, „Person“ in der Theologie der Sachgrund, der zu solcher zögernd analoger Verwendung führt, nicht am Ende einer solchen abwandelnden Gedanken- u. Begriffsgeschichte wieder vergessen werden darf, so daß der Begriff dann wieder wie zu Beginn verstanden wird u. so den christologischen u. trinitarischen Glaubensformeln unwillkürlich ein Sinn unterlegt wird, der an sich völlig falsch ist. Die menschliche „Natur“ Jesu Christi ist also als solche absolut nicht sachhaft-statisch oder dessen entbehrend, was eine menschliche „Person“ auszeichnet: Beisichsein, Freiheit u. dialogisch-kreatürliches Gegenüber zu Gott in Anbetung u. Gehorsam als Vollzüge kreatürlicher Transzendenz. Und die drei „Personen“ in Gott bedeuten nicht drei handelnde „Subjekte“, die mit dreimal je eigener wissender u. freier Lebensfülle sich gegenüberstünden u. so die Einzigkeit der göttlichen Natur nicht als Mysterium stehenließen, sondern aufheben würden.

Persönlichkeit

ist in einem ethischen Sinn dann gegeben, wenn die freie Entscheidung eines Menschen das Person-Sein wirklich, ohne auszuweichen, annimmt: den dialogischen Charakter des Daseins auf das Geheimnis hin, die Freiheit, die Pflicht, die Verantwortung, die unverdrängte Schuld, den Nächsten in seinem unveräußerlichen Personsein, den Schmerz u. den Tod. Volle P. wurzelt in der Genialität des Herzens, nicht des Intellekts.

Pessimismus

ist eine (auch ihre physiologischen Bedingungen habende) Grundgestimmtheit eines intensiven Erlebens der Unvollendetheit des erfahrenen Daseins u. der Welt u. einer Erfahrung der Tiefe der Schuld. Wo diese Grundgestimmtheit sich nicht absolut setzt, sondern sich noch einmal in einem letzten schweigenden Gehorsam abgibt an das größere Geheimnis, das unbegriffen allein alles „erklärt», ist solcher P. berechtigt, auch eine der Weisen der Nähe Gottes. Wo der P. die Innerste Essenz der Wirklichkeit des Daseins u. der Welt als sinnleer, schlecht, absurd erklärt (als dumpfer, zielloser Trieb, als leere Nichtigkeit, als das lichtlos Unbewußte usw.), ist er selber absurd, weil er nicht verständlich machen kann, wie eine Sinnfrage u. ein Sinnanspruch auf dem Grund des völlig Sinnlosen überhaupt erwachsen kann, ist er die unberechtigte Verabsolutierung einer partikulären Erfahrung (wir erfahren auch Geist u. Liebe als das wirklich Selbst-verständliche u. selig Bejahte), verkennt er den Werdecharakter unseres Daseins, in dem wesentlich die sich selbst u. damit ein ausständiges, aber mögliches Ziel absolut bejahende Hoffnung steckt, sieht er in der Endlichkeit falsch primär die Verneinung statt der Offenheit für das Unendliche, übersieht er, daß die Transzendenz gerade als Möglichkeitsgrund pessimistischer Kritik schon die notwendige Bejahung des Seins als gut ist. P. ist im Grunde nicht eine bloße Frage des Intellekts, sondern der Freiheit, die den Schmerz willig als Geburtsschmerz der Liebe annimmt u. die Vergebung sich von Gott schenken zu lassen bereit ist. Dies aber ist die Gnade.

Pflicht

(als Urerfahrung der Freiheit vor dem Guten in der Transzendenz auf Gott) ist der bindende u. unbedingte Anspruch, den das (letztlich personale) Gute auf die andere Person in ihrer Freiheit als solcher erhebt (Verpflichtung) u. dieser auferlegt (Pflicht). Letztlich ist sie eine Modalität des Verhältnisses von ↑Person zu Person u. darum im tiefsten eine Eigentümlichkeit, die die Liebe an sich trägt; sie qualifiziert aber dann das Verhältnis aller Werte, die zum Wesen u. zur Vollendung einer Person konkret gehören, so daß dadurch auch Sachgüter eine Verpflichtung auferlegen können. Mit anderen Worten: sittliche Werte, d.h. solche, die dem Personbereich als solchem konstitutiv angehören u. soweit sie es tun, haben einen Sollenscharakter u. sind in diesem Charakter mitkonstituiert durch den Willen Gottes (↑natürliches Sittengesetz), da sie als solche sittlichen Werte nur in der Transzendenz auf das absolute Sein Gottes u. darum als von Gott gewollte erfaßt werden. P. verliert ihren fremdgesetzlichen Charakter, wo sie als „Pflicht» der Liebe begriffen u. diese Liebe als geschenkte Gnade (im weitesten Sinn) erfahren wird.

Pharisäismus

(Pharisäer = hebr. die Abgesonderten) bedeutet theologisch nicht Heuchelei oder eine Moral mit doppeltem Boden, sondern zunächst eine Partei national eingestellter, fremdenfeindlicher, ethisch strenger, gesetzestreuer, auch die nachbiblische Überlieferung strengrespektierender Juden zur Zeit Jesu (Gegenpartei des ↑Sadduzäismus). Wo sich das Negative dieser Partei zu einem festen System verabsolutiert, entsteht das, was Ph. im eigentlichen Sinn heißt, was Jesus bekämpft u. was als Depravation jeder sich (mit Recht) institutionell konkretisierenden Religion in allen Zeiten auftritt: Veräußerlichung der Religion, Kult des Buchstabens des Gesetzes unter Unverständnis für seinen Geist, Überhandnehmen moraltheol. Kasuistik u. vor allem jene „Werkgerechtigkeit», in der der Mensch meint, ein verrechenbares gutes Verhältnis zu Gott (eigentlich eine „Selbsterlösung») von sich aus herstellen zu können, durch die autonom getanen eigenen Werke Gott zum Schuldner zu machen, der belohnen muß, was nicht seine eigene Gnade war. Solche Haltung kann dann noch zu eigentlichem Hochmut u. Heuchelei entarten. Jesus lehnt diesen Ph. radikal ab, Paulus, der ehemalige Pharisäer, arbeitet die absolute Unvereinbarkeit einer legalistischen Werkgerechtigkeit mit dem Christentum theologisch heraus (Röm, Gal). (Vgl. Mt 5,20; 6, 1-6.16; 12, 1-14; 15, 1-20; 23, 13-36; Lk 18, 9-14).

Philosophie und Theologie

Das Grundproblem zwischen Philosophie u. Theologie liegt darin, ob u. wie beide zugleich Grundwissenschaften so sein können (d. h. „wissenschaftlich «-systematisch reflex vollzogene Erhellung des Daseins überhaupt u. im Ganzen), daß der Mensch we der auf die eine noch auf die andere verzichten muß (also nicht vor die Alternativegestellt ist, entweder Philosoph oder Theolog zu sein), ohne das Wesen der einen oder anderen Wissenschaft verkennen zu müssen. Zur Erhellung der Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die kath. Theologie einen wesentlichen Unterschied zwischen ↑Natur und Gnade u. also zwischen natürlicher Gotteserkenntnis (↑Erkennbarkeit Gottes) u. ↑Offenbarung macht u. also von sich aus Philosophie nicht nur duldet, sondern fordert, Offenbarung u. Glauben also nicht auf dem absoluten Scheitern des denkerischen Menschen (als Sünders) errichtet. Diese Feststellung wird dadurch verstärkt, daß es sich bei dieser Unterscheidung nicht um eine Isolierung (im Sinne der Behauptung der Existenz einer bloßen Natur) handelt; auf dem Hintergrund des Verhältnisses von allgemeiner u. amtlicher ↑Heilsgeschichte wird deutlich, daß Philosophiegeschichte mit zur Offenbarungsgeschichte gehört u. damit unerläßlicher Kommunikationspartner des Christentums u. seiner Theologie ist. Die Geschichte zeigt ferner, daß die ↑Theologie immer auch mit philosophischen Mitteln gedacht hat, u. gegen den ↑Modernismus u. alle ↑Gefühlsreligion hält die kath. Theologie daran fest, daß diese geschichtliche Tatsache berechtigt ist: Offenbarung u. Gnade haben von vornherein den ganzen Menschen zum Adressaten, also auch als denkerischen, u. diese Beanspruchung ist im Wesen der Religion nicht sekundär. Der glaubende Christ als solcher lebt ja von vornherein der Überzeugung, daß Geist, Natur u. Geschichte die Schöpfung, Offenbarung u. Eigentum des Gottes sind, der als die eine Wahrheit Quelle aller Wirklichkeit u. Wahrheit ist u. auch – seine Schöpfung vollendend u. überhöhend – die geschichtliche Wortoffenbarung gewirkt hat. Was also ..außerhalb» eines bestimmten begrenzten Bezirkes der Weltwirklichkeit (d.h. hier der geschichtlichen Offenbarung, der Kirche u. der Theologie) liegt, liegt darum für den Christen noch längst nicht außerhalb des Bereiches seines Gottes. Er darf u. braucht also seine Theologie nicht zu verabsolutieren zuungunsten der Philosophie. Täte er es, so würde er seine Theologie mit deren Gott verwechseln. Gerade der Christ weiß, daß es einen ↑Pluralismus in der Welt gibt, dessen Einheit positiv u. adäquat von niemand (außer von Gott ganz allein) verwaltet wird, auch nicht von der Kirche u. ihrer Theologie, sowenig es natürlich eine doppelte Wahrheit geben kann. Umgekehrt: wenn Philosophie die denkerische Bewältigung des menschlichen Daseins sein soll, wie es tatsächlich ist u. in seiner ganzen Breite u. Tiefe (auch noch die transzendentalst ansetzende Philosophie muß noch in die Geschichte des Geistes blicken), dann kann die Philosophie nicht am Phänomen der Religion vorbeiblicken, weil diese (selbst noch dort, wo der ↑Atheismus als die wahre Daseinsdeutung u. somit «Religion» gepredigt wird) überall, zu allen Zeiten u. Orten zu den Grundstrukturen des menschlichen Daseins gehört. Eine Philosophie, die nicht auch „Religionsphilosophie» u. „natürliche Theologie» (in welcher Gestalt immer dies geschehen mag) wäre, müßte eine schlechte Philosophie sein, weil sie ihren Gegenstand nicht sähe. (Ein beruhigter Atheismus, der so tut, als ob die religiöse Frage gar nicht mehr da sei, weiß entweder nicht, was wir mit Gott meinen, oder er ist eine leicht durchschaubare Technik der Flucht vor Gott u. Pose). Entscheidend aber ist folgende Einsicht: a) Wenn u. soweit die Philosophie systematische, transzendentale Reflexion seinwill, will u. kann sie von sich aus gar nicht den Anspruch machen, die konkrete, heilschaffende u. adäquate Daseinsdeutung zu sein u. so die Religion als konkrete u. geschichtliche zu ersetzen (u. damit auch deren Theologie). Wo die Philosophie mehr als eine solche transzendentale Reflexion (..Vermittlung») sein wollte, wo sie mit anderen Worten die konkrete Maieutik in das konkrete, reflex gar nicht adäquat aufholbare u. doch als solches unausweichliche u. verpflichtende Dasein (u. somit in die konkrete Religion) selbst sein wollte, da wäre sie eben die plurale Einheit von Theologie u. Philosophie, apriorischem Selbstverständnis u. Offenbarung, unter dem Namen von Philosophie (oder sie wäre falsch, d. h. meist säkularisierte Theologie), was dann eine Frage der Terminologie u. eine solche der richtigen Analyse dieser einen u. totalen Daseinsbewältigung wäre, bei der sich wieder zeigen würde, daß es die von der Reflexion nicht adäquat material verwaltbare Einheit von Vernunft u. Offenbarung, Theologie u. Philosophie wäre. Versteht sich aber die Philosophie ihrer ganzen Tradition entsprechend als transzendentale Reflexion, dann ist zu sagen: eine solche holt die Konkretheit des Daseins material nie adäquat ein, obwohl dieses Konkrete selbst als existenzbegründend u. nicht als gleichgültiger Rest erfahren wird: Geschichtlichkeit ist weniger als wirkliche Geschichte, konkrete Liebe mehr (nichtweniger!) als analysierte formaie Subjektivität (Liebenkönnen u. -sollen), erfahrene Angst ist mehr (nicht weniger!) als der Begriff dieser Grundbefindlichkeit des Menschen. Gehört aber diese Aussage als Selbstbescheidung der Philosophie zu ihren grundlegenden Aussagen, gerade insofern sie „erste» (Grund-)Wissenschaft ist, die keine ihr als solcher vorgeordnete Wissenschaft (wohl aber die größere, vollzogene Wirklichkeit) mehr als ihren Grund unter sich hat, dann verweist die Philosophie als Lehre von der Transzendenz des Geistes auf Gott als das absolute Geheimnis,,in Person», konstituiert den Menschen als möglicherweise möglichen „Hörer des Wortes» dieses lebendigen Gottes (vielleicht schon unter dem Einfluß des übernatürlichen ↑Existentials) in ihrer ↑Anthropologie u. Religionsphilosophie u. verweist als bloße Reflexivität u. unvollendbare Vermittlung den als geschichtlich sich vermittelten Menschen für seinen Daseinsvollzug in die Geschichte selbst. Die Philosophie ist also von sich aus nicht Grundwissenschaft derart, daß sie den Anspruch machen würde, allein das konkrete Dasein des Menschen zu erhellen u. zu verwalten. Sie ist, wenn sie sich recht versteht u. ihre Freiheit (durch die geheime Gnade Gottes befreit) von ihr recht verstanden wird, jene erste reflexe Daseinserhellung, die dem Menschen den Mut macht, das Konkrete u. die Geschichte ernst zu nehmen. Dann aber gibt sie ihn in die Möglichkeit frei, in der konkreten Geschichte den lebendigen Gott zu finden, der sich selbst durch die Menschwerdung dem Menschen vermittelt hat. b) Die konkrete Offenbarung u. insofern die Kirche u. ihr Lehramt machen zwar (von ihrem Wesen her notwendigerweise) den Anspruch, in gewissem Sinn das Ganze der Wirklichkeit (als höchstes Prinzip u. Heil des Ganzen) zu vertreten. Von der Einheit seines Daseins aus kann daher der Christ, insofern er ein Glaubender schon ist u. diese Glaubenseinheit u. -hierarchisierung seines Daseins schon vollzogen hat, für sich als Philosoph u. für seine Philosophie die Lehre der Kirche nicht als schlechthin gleichgültig u. inkompetent erachten. Sie ist darum für seine Philosophie als solche zwar keine materiale Sachquelle, aber wenigstens „norma negativa». Bei der bleibenden, von der Theologie selbst geforderten Pluralität von Philosophie u. Theologie bedeutet dies aber durchaus nicht, daß eine (für die Geschichtlichkeit des Menschen erfahrene) positive Synthese dem philosophischen oder theologischen Menschen immer greifbar sein müsse. Die letzte Einheit seines philosophischen u. theologischen Geschicks muß ii. darf er dem einen Gott der Philosophie u. Theologie anvertrauen, der immer größer ist als Philosophie und Theologie. Theologie ist (in ihrem Unterschied zu Offenbarung u. Verkündigung) die Reflexion auf Offenbarung u. kirchliche Verkündigung, in der der Mensch (fragend u. kritisch nach beiden Seiten) die Offenbarung mit dem Ganzen seines (auch teilweise philosophisch reflektierten) Daseinsverständnisses konfrontiert, so wie es in seiner konkreten Situation gegeben ist, um die Offenbarung sich selber wirklich anzueignen, sie auf sich selbst hin auszulegen, kritisch von Mißverständnissen zu reinigen u. umgekehrt seine eigenen mitgebrachten Verstehenshorizonte von der Offenbarung selbst in Frage stellen zu lassen usw. Damit aber „philosophiert» der Mensch in der Theologie notwendig. Sein „philosophisches» (reflektiertes oder nicht reflektiertes) Vorverständnis von sich selbst ist (mindestens) eine der Kräfte, die die Theologie von der Offenbarung als solcher unterscheiden u. die Theologie in Gang bringen. Diese philosophische Ingangsetzung der Theologie ist möglich, weil die Offenbarung als Anruf u. Anspruch der ganzen Existenz des Menschen immer schon offen ist für dieses Selbstverständnis des Menschen u. in ihr selbst schon ein philosophisches oder vorphilosophisches oder ein ursprünglich philosophisches, aber wieder in die scheinbare Selbstverständlichkeit des Alltags u. des „common sense» abgesunkenes Selbstverständnis mitgegeben ist. Wo man im Geschäft der Theologie meint, nicht „philosophieren» zu müssen, verfällt man nur einer unreflektiert gegebenen, herrschenden Philosophie oder gerät in ein bloß erbauliches Gerede, das die Aufgabe der Theologie nicht erfüllt. Philosophieren in der Theologie impliziert nicht, daß ein geschlossenes philosophisches System in der Theologie als unabänderlich gültig u. als bloß anzuwendendes vorausgesetzt werde. Die Philosophie darf „eklektisch» den unsystematisierten Pluralismus der menschlichen Erfahrung u. Geistesgeschichte widerspiegeln u. muß bereit sein, sich in ihrem theol. Gebrauch wandeln u. vertiefen zu lassen. Christliche Philosophie kann es (wenn überhaupt) nur geben, wenn sie in Prinzip u. Methode Philosophie u. sonst nichts sein will, weil sie sonst aufhören würde, Philosophie als Grundwissenschaft zu sein. Die Philosophie kann ,ancilla» der Theologie (d.h. bloßes Moment in einem höheren Ganzen, auf das sie sich von sich aus öffnet) nur sein, wenn sie frei ist. Auch die Theologie muß den offenen, vom Menschen selbst u. der Kirche nicht apriorisch schon manipulierten Dialog mit der Philosophie wagen u. sich etwas sagen lassen, was sie nicht schon im voraus weiß. „Christlich» kann ein Philosoph zunächst sein, insofern er seinen christlichen Glauben als „norma negativa»walten läßt. Das ist nicht ,,unphilosophisch». ..Christlich» kann eine Philosophie genannt werden, insofern geschichtlich die Philosophie zu ihrem eigenen Geschäft Anstöße aus dem Christentum erhalten hat, ohne die sie faktisch nicht so wäre, wie sie ist. ,,Christlich» wird dann eine Philosophie, wenn der Philosoph, der Christ ist, möglichst eine Konvergenz zwischen seiner Philosophie u. seinem Glauben (u. somit seiner Theologie) anstrebt, ohne dabei die wesentliche Unterschiedenheit u. Inkommensurabilität der beiden Bereiche u. damit das Asymptotische dieses Bemühens zu ignorieren. Dieses Bemühen bedeutet weder eine von vornherein gegebene, unbedrohte Spannungslosigkeit zwischen Philosophie u. Glaube, noch erlaubt es die Flucht in eine ..doppelte Wahrheit». Das faktische Verhältnis zwischen Philosophie u. Theologie hat sich nicht nur gewandelt durch den größeren Pluralismus der Philosophien von heute; dieses Verhältnis hat sich auch dadurch gewandelt, daß die Philosophie nicht mehr die einzige, ja faktisch nicht einmal primäre Vermittlung der „Welt» für die Theologie ist, die in der Begegnung mit dieser Welt ihr Geschäft betreiben muß. Heute sind auch in dieser Hinsicht zur Philosophie die modernen Wissenschaften (der Geschichte, der Natur, der Gesellschaft) getreten. Und sie verstehen sich nicht als Ausgliederungen der einen Philosophie, wissen wohl von ihrer geschichtlichen Herkunft aus ihr, lassen sich aber ihr Selbstverständnis, ihre Methode u. ihr Wesen nicht von der Philosophie vorgeben. Eher betrachten sie diese als Vermittlung zum Dasein für überflüssig oder für eine nachträgliche Formalisierung der Methoden der vielen autonomen Wissenschaften. Die Theologie hat damit zu rechnen: Die Wissenschaften sind ebenso ihr Gesprächspartner in einem Dialog, der für beide Seiten Wirkungen hat. Dabei kommen für die Theologie die grundlegende Mentalität des modernen Wissenschaftsbetriebs u. der nicht adäquat synthetisierbare Pluralismus der Wissenschaften ebensosehr in Betracht wie Einzelmethoden u. -ergebnisse dieser Wissenschaften. Umgekehrt müßte die Theologie dem Wissenschaftler helfen, diese Situation (die bis zu einer geistigen Schizophrenie zu gehen in Gefahr ist) menschlich auszuhalten. Trotz des heutigen u. faktisch nicht mehr adäquat überwindbaren Pluralismus von Philosophien, der auch einen analogen Pluralismus von Theologie bedingt, muß doch auch folgendes bedacht werden. Die eine Kirche desselben Bekenntnisses u. eines Lehramtes für alle ihre Glieder kann auf eine einigermaßen selbige Theologie nicht verzichten, deren sie zur Auslegung u. Bewahrung des einen Bekenntnisses bedarf, bis zu einer gewissen Sprachregelung über das von der Sache selbst schon Geforderte hinaus. Eine solche einigermaßen einheitliche Schultheologie (in Terminologie usw.) für das Amt der Kirche (bei allem Bleiben im Fluß der geschichtlichen Entwicklung) impliziert aber in Methoden, in als verständlich n. gängig vorausgesetzten Begriffen usw. eine gewisse kirchliche Schulphilosophie. Man kann sich natürlich fragen, ob diese ..Philosophie» noch im strengen Sinn Philosophie sei oder im Grunde doch nur jene Sprache u. jene Verständnishorizonte bedeute, die, zwar von den Philosophien herkommend, das allgemeine Bewußtsein einer Epoche in seinem nicht auf ein System hin reflektierten Bestand bilden. Aber einen solchen Bestand an durchschnittlicher Schulphilosophie gibt es, er ist notwendig in derjenigen Theologie, die für das eine Bekenntnis erforderlich ist.

Pietismus

ist eine Gegenbewegung im deutschen Luthertum (Spener, Francke, Bengel, Zinzendorf, Herrnhuter Brüdergemeine) des 17. u. 18. Jh. gegen eine erstarrte Schultheologie u. religiös-kirchliche Schablone. Er betont praktisches Christentum tätiger Liebe, Innerlichkeit, Erfahrung subjektiver Umkehru. umwandelnder Gnade, Jesusmystik; mit der Gefahr einer Aufweichung des Dogmas u. individualistischen Konventikelwesens. Er wirkt trotz seiner Ablösung durch die Aufklärung u. ihre Theologie immer noch unter den Frommen nach.

Pistoja

ist eine italienische Bischofsstadt in Toscana u. der Ort einer kleinen Partikularsynode (1786) unter dem Bischof des Ortes Scipione de› Ricci. Die Beschlüsse dieser Synode sind getragen von einem jansenistischen, antischolastischen u. episkopalistisch-papstfeindlichen Geist, vertreten eigenmächtige liturgische Reformen, wenden sich gegen die Herz-Jesu-Verehrung, die häufige Andachtsbeicht, die Orden. 1794 hat PiusVI. diese Beschlüsse verworfen (DS 2601-2700).

Pleroma

(griech. = die ..Fülle»), ein seltener u. dunkler, wohl aus der Terminologie des Gnostizismus kritisch übernommener Begriff im NT (Kol l, 19; 2,9; Eph l, 23; Jo l, 16). Paulus will wohl sagen, daß Jesus Christus nicht eine der pluralen Welt- u. Geistmächte sei (wie sie der Gnostizismus „polytheistisch» annahm), sondern daß sich in ihm in aller Realität u. Eindeutigkeit („leibhaftig») die Fülle (das absolute Ganze in Einheit) der göttlichen, heilshaften Wirklichkeit versöhnend uns mitteilt, so daß wir so sehr aus dieser „Fülle» empfangen, daß wir die Erfüllten schlechthin sind u. so zusammen als Kirche selber die (empfangene) Fülle, da Gott so ..alles in allem ist» (l Kor 15,28).

Pluralismus

im unvermeidlichen Sinn einer kreatürlichen Existenz bedeutet die Tatsache, daß der Mensch u. sein Daseinsraum (seine Umwelt u. seine Mitwelt) trotz der Einheit in Gott u. in der Bestimmung u. trotz letzter gemeinsamer metaphysischer Strukturen aus so verschiedenen u. vielfältigen Wirklichkeiten gebildet werden, daß die Erfahrung des Menschen selber von ursprünglich mehreren Quellen herkommt (deren Zusammenspiel nicht von vornherein einheitlich strukturiert ist) u. er weder theoretisch noch praktisch diese Vielfalt auf einen einzigen Nenner bringen kann („System»), von dem allein aus diese Vielfalt ableitbar, begreifbar oder beherrschbar wäre. Die absolut durchschaute u. konkrete Einheit der Wirklichkeit ist für den Menschen als metaphysisches Postulat u. eschatologische Hoffnung da, nicht aber als verfügbare Große. Dieser P. ist der Index seiner Kreatürlichkeit: nur in Gott ist alles eins; im Endlichen ist der Antagonismus der Wirklichkeiten unaufhebbar. Was man recht verstanden ↑»Toleranz» nennt, hat hier eine ihrer tiefsten Wurzeln. Diesen P. gibt es in allen Dimensionen des menschlichen Daseins u. daher auch im Gesellschaftlichen: es kann u. darf hier keine einzige greifbare Instanz (die nur der unverfügbare Gott ist) geben, die sämtliche gesellschaftlichen oder gar menschlichen Vorgänge autonom u. adäquat zugleich steuert u. als Vollzug ihres einzigen eigenen Wesens begreift. Da sogar die Kirche durch die Lehre von der Selbständigkeit der Kirche und des Staates (DS 3168; II. Vat., Kirche/Welt 76) prinzipiell sich nichtak solche eine, oberste, über alles verfügende u. alles andere als ihre eigene Extrapolation begreifende Instanz versteht, ist deutlich, daß Gott in seiner absoluten, universalen Macht u. allseitigen Verfügung in der Welt keinen Stellvertreter hat, weder den Staat noch die Kirche. Mit dem Gesagten ist natürlich nicht geleugnet, daß es im gesellschaftlichen, ökonomischen usw. Bereich das Postulat eines P. gibt, das keineswegs dem notwendigen Schutz der Person dient, sondern bestimmte Interessengruppen vor Veränderungen zugunsten der Allgemeinheit schützen soll. Ein solcher gruppenegoistischer P. wurde vom II. Vat. mit seiner Bejahung einer legitimen Sozialisation abgelehnt (Kirche/Welt 6 25 42 75 u.ö.).- Die Situation der heutigen Theologie ist durch einen P. der Theologien gekennzeichnet, der nicht einfach mit der Koexistenz verschiedener theol. ↑Schulen identisch ist. Dieser neue theol. P. besteht darin, daß die pluralen Theologien u. ihre Thesen, Denkmodelle, Methoden usw. disparat u. inkommensurabel nebeneinanderliegen u. ein gemeinsamer Verständnishorizont, innerhalb dessen (als wenigstens stillschweigend anerkannten) man sinnvoll diskutieren könnte, faktisch häufig nicht erreicht werden kann. Das legitime u. notwendige Postulat der Einheit des Bekenntnis ses wird in dieser Situation des P. dadurch erschwert, daß das ein Bekenntnis formulierende Lehramt selbst unvermeidlich eine bestimmte theol. Sprache aufgrund der Vorentscheidung für eine partielle Theologie verwendet. In dieser Situation muß von der Kirche u. ihrem Lehramt in erheblich größerem Umfang als früher den einzelnen Theologen die Verantwortung dafür überlassen werden, daß sie sich selbst ehrlich in Übereinstimmung mit dem kirchlichen Bekenntnis befinden.

Pneuma

(griech. = Geist, Hauch) bedeutet vom AT her in der Sprache des NT die von Gott geschenkte, von seiner Verfügung abhängig bleibende innere Lebendigkeit des Menschen, die sich fortschreitend in ihrer Tiefe enthüllt u. so viele ineinander übergehende Begriffe differenziert u. zusammenhält: das Lebensprinzip des lebenden Menschen im Gegensatz zum Toten; seine Geistigkeit (ohne ↑Trichotomismus) samt seiner Gesinnung; seine „pneumatische» Begabung durch Gott, die ihn gerecht vor Gott, erst eigentlich lebendig u. gottverwandt macht; Gottes eigene personale Lebendigkeit als heilige Liebe (↑Dreifaltigkeit), die als Gegenwart des erhöhten Jesus Christus im Gerechtfertigten u. als freie, gnadenhafte Selbstmitteilung Gottes das Innerste Prinzip des gerechtfertigten, geheiligten u. zur Teilnahme an der umwandelnden Herrlichkeit Gottes berufenen Menschen u. als messianisch-eschatologisches siegreiches Gegenprinzip gegen das bloße Fleisch (↑Sarx) u. die ↑Welt u. als Einheits- u. Lebensprinzip der ↑Kirche u. ihres sakramentalen Tuns u. ihres Wortes gegeben ist. (Nur einige Verweise: Lk 23,46; Apg7,59 – Lk l,47; Jo 11,33; Gal 6,18 – Röm 8,10.13f; l Thess 5, 23 – Röm 8,26; l Kor 2, 10-16; 2 Kor 13,13; l Kor 3,16f; 2 Kor 3,17 – l Kor 12, 13). – Vgl. dazu ↑Heiliger Geist.

Polarität

Die Vielheit des vom einen Gott als eine Welt geschaffenen Seienden bedeutet notwendig eine Bezogenheit des Verschiedenen u. Gegensätzlichen aufeinander, weil sonst Einerleiheit oder absolutes Chaos wäre u. die Welt nicht einen Ursprung u. ein Ziel haben könnte. Diese unterscheidende, einende u. gegenseitig tragende Beziehung verschiedener Seiender (oder verschiedener Momente in einem einzelnen Seienden, das eine innere, reale ↑Unterscheidung seiner Prinzipien aufweist) wird vor allem (aber nicht nur) als Beziehung zweier Wirklichkeiten zu denken sein (noch in der ↑Dreifaltigkeit gibt es zwei unterschiedene „Hervorgänge»), u. diese kann unter dem Bild einer „Polarität» (der zwei Pole des elektrischen Stromes usw.) verdeutlicht werden. Eine Philosophie u. Theologie der P. kann helfen, die Gefahr einer monistischen Vereinerleiung in der Deutung der Wirklichkeit wie einer Atomisierung u. eines falschen ↑Dualismus abzuwehren, denn eine polare Beziehung eint u. unterscheidet zugleich. – Vgl. ↑Pluralismus, ↑Monismus, ↑Konflikt.

Politische Theologie

Die kritische Pointe der p. Th. (zumindest bei J. B. Metz) liegt in einer zweifachen hermeneutischen Absicht: einmal versteht sie sich als Korrektiv gegen eine privatistische u. individualistische Auslegung des Evangeliums, zum ändern betont sie den öffentlich-kritischen Charakter u. die eschatologische Dimension der Botschaft vom ↑Reich Gottes unter Berücksichtigung gesellschaftsverändernder Praxis als Kriterium der Wahrheit des Glaubens. P. Th. ist daher alles andere als Legitimation des Politischen oder Anwendung der Theologie auf die Politik. P. Th. greift nicht nur das christliche Grundaxiom der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe (l Jo 4,20f) in kritischer Konfrontation mit der in den heute vorherrschenden Formen existentialontologischer u. personalistischer Theologie vorliegenden Verdrängung der gesellschaftskritischen Potenz dieses Axioms auf u. akzeptiert dabei die politische Öffentlichkeit als Auslegungs- u. Handlungshorizont biblischer Texte sowie als Medium theologischer Wahrheitsfindung, sondern versucht, die seit der ↑Aufklärung aufgegebene Neubestimmung des Verhältnisses von Religion u. Gesellschaft, eschatologischem Glauben u. gesellschaftspolitischer Praxis durch bewußtes Eingehen auf das darin enthaltene Thema der Vermittlung von ↑Theorie u. Praxis durchzuführen. Die Lage des um seine gesellschaftlich-politische Selbstbestimmung u. den öffentlichen Gebrauch seiner Vernunft ringenden Subjekts, das seinen kritischen Anspruch nicht nur theoretisch begründen, sondern auch durch Schaffung der entsprechenden gesellschaftlichen Voraussetzungen praktisch durchsetzen können muß, wird damit auch zur paradigmatischen Ausgangssituation theologischer Reflexion u. kirchlicher Verkündigung. Die praktisch-politische Vernunft u. ihre Entscheidungskriterien müssen daher ebenso Bestandteil der kritischen Reflexion des Theologen sein, wie Theologie verhindern muß, daß sich Religion in Politik auflöst u. damit deren Totalitätsanspruch begünstigt sowie der Absolutsetzung von Macht einen freiheitsvernichtenden Vorschub leistet. Die politisch-praktische Realisation der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe ist dabei sowohl Aufgabe des Einzelnen wie der Kirche als institutioneller Größe. Der konstitutive Öffentlichkeitsanspruch der zentralen Inhalte der ntl. Reich-Gottes-Botschaft läßt sich jedoch nicht einlösen, wenn sich die Christen nicht im politischen Kampf auf der Seite der Unterdrückten u. Benachteiligten engagieren u. strategische Allianzen eingehen, ohne daß damit behauptet wird, daß allein aus dem Glauben ein konkretes politisches Programm abzuleiten sei oder daß es ein innerweltlich angebbares Subjekt der Gesamtgeschichte gebe. Die gesellschaftspolitische Funktion des Evangeliums erschöpft sich jedoch weder in bloßer Motivation noch in totaler Legitimation, sondern ist eine beständige Quelle kritischer Innovation. Christliche Zukunftserwartung u. christliche Liebesethik führen zur Kritik an allen menschenfeindlichen Strukturen u. den sie tragenden Mentalitäten, gemahnen aber auch prinzipiell an die Uberholbarkeit u. Verbesserungsfähigkeit der gesellschaftlichen Einrichtungen. Indem der Christ sich nicht mit dem momentan Erreichbaren zufriedengibt, sondern den Vorgriff auf die göttliche Utopie des radikal Menschlichen wagt, übt der Christ auf jede irdische Ordnung einen kritischen Druck aus, der sich über hoffnungsvolle Verheißung, negative Kontrasterfahrung, momentanen Protest zu verändernder Praxis fortzupflanzen vermag. Protest wie konkreter Veränderungswille nähren sich aus der zuversichtlichen Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eine neue Ethik politischen Handelns läßt sich jedoch nur aus der Praxis selber heraus entwickeln. Auch die radikalen Imperative der Bergpredigt vermögen ihre Unbedingtheit erst im politischen Konflikt eindeutig zu machen, da es dort darum geht, sowohl im eigenen Handeln die Veränderung beginnen zu lassen, ehe sie für alle als Möglichkeit greifbar werden kann, als auch für die voraussehbaren Folgen des eigenen Handelns die Verantwortung zu übernehmen. P. Th. will daher eine praktische Hermeneutik des Glaubens u. eine Ethik verändernden Handelns sein. Als solche ist sie nicht auf eine einzelne Disziplin einzuschränken, sondern muß sich aufgrund ihres fundamentalen Ansatzes sowohl in allen theologischen Teildisziplinen als auch in der institutionalisierten Kircheauswirken. K.F.

Polytheismus

ist die Lehre, daß es viele göttliche Wesen gebe. Wegen seines Verweischarakters auf Gott, seiner letzten Unverfügbarkeit durch den Menschen, seiner unumfaßbaren Geheimnishaftigkeit, seines antagonistischen Pluralismus eignet in einem gewissen Sinn jedem Seienden u. somit vor allem den großen Mächten des menschlichen Daseins ein „numinoser“ u. gleichzeitig antagonistisch pluraler Charakter. Wo diese „Mächte» in diesem ihrem Charakteranerkanntwerden, im menschlichen Dasein „anwesen», geschieht eine tiefere u. richtigere Daseinsinterpretation als dort, wo die physischen Einzelwirklichkeiten nur eudämonistisch u. technisch in primitivem Empirismus (↑Positivismus) benutzt u. vernutzt werden. Diese plurale u. antagonistische Erfahrung der „Mächte» ist auch dann noch kein P. (wohl aber der Grund der Möglichkeit für solche depravierende Mißdeutung der echten Erfahrung), wo wegen Fehlens oder Entzogenseins einer geschichtlich einmaligen ↑Offenbarung u. Selbstmitteilung des einen lebendigen Gottes in seiner Transzendenz als Gnade die Begegnung mit Gott als Gott immer schlechthin als nur durch die Vermittlung dieser numinosen Mächte u. in einem Verhältnis zu ihnen als möglich erfahren wird. P. ist aber dann gegeben (als echtes religiöses, aber widergöttliches, schuldhaftes Phänomen u. nicht nur als schlichte metaphysische Dummheit), wenn Gott als der wahre u. weltüberlegene Grund aller Wirklichkeit u. so auch aller „Mächte», die geschaffen sind, mit diesen Mächten identifiziert wird u. diese (soweit überhaupt möglich) pluralistisch den eigentlichen religiösen ↑Akt der absoluten Selbsttranszendierung u. Anbetung definitiv an sich ziehen, wobei es dann gleichgültig ist, ob der Mensch (ein Volk) viele solche Gott sein wollende Götter zu verehren sucht oder nur einen aus ihnen als „seinen» Gott (Henotheismus). Solcher P. stand nicht am Anfang der Religionsgeschichte. Der P. der faktischen Religionsgeschichte ist ein letztlich unauflösliches Gemisch der analysierten Haltungen. Er ist daher auch eine bleibende Gefahr jedes religiösen Lebens, auch wenn er heute in unthematischerer Form auftritt. Er als Gefahr kann letztlich nur dort überwunden werden, wo der geschichtliche konkrete Gott als der absolute erscheint, in der Menschwerdung des Logos, nicht durch rein metaphysische Spekulation, die die Einzigkeit eines letzten Weltgrundes in formaler Abstraktheit erweist (vgl. l Kor 8,4-6).

Positive Theologie

nennt man die Theologie, insofern sie in geschichtlicher Methode aposteriorisch die Aussagen der positiven Offenbarungsquellen: Schrift, Tradition, Äußerungen des kirchlichen Lehramtes früherer Zeiten, möglichst genau u. methodisch richtig interpretiert aufzusammeln u. darzustellen sucht im Unterschied zur spekulativen oder systematischen Theologie, die das so gesammelte u. gesichtete ..Material» nach Kräften systematisch (d. h. in einer assimilierbaren Einheit, in Beziehungsetzung der einzelnen Daten untereinander u. zum Ganzen der geistigen Welt des Menschen) zu durchdenken, zu einen u. sich wirklich verstehend anzueignen sucht. Beide Aufgaben lassen sich letztlich nur gemeinsam verwirklichen, weil jede Theologie als Offenbarungstheologie aposteriorisch u. geschichtlich ist u. jedes Verstehen des so Gehörten (das als solches immer schon ein in etwa Verstandenes ist) von der Einheit eines Verstehensgrundes apriorisch getragen ist u. auf eine gesuchte Einheit sich hinbewegt.

Positivismus

ist die skeptische Beschränkung der menschlichen (vorab sicheren u. ..wissenschaftlichen») Erkenntnis auf den Bereich der unmittelbaren Erfahrung u. deren Typisierung, deren Recht aber allein in ihrer Brauchbarkeit (Voraussehbarkeit) für die unmittelbare (sinnliche) Erfahrung liegt. Er ist eine heute weitverbreitete Haltung, die lebt vom Eindruck der unüberwindbaren Vielfalt der Religionen, der metaphysischen u. ethischen Systeme u. der ..Sicherheit» der „exakten» Wissenschaft, wo sie sich auf das experimental Vorzeigbare beschränkt. Der P. aber übersieht, daß er als Theorie u. System selbst sich aufhebt (wie jeder Skeptizismus), daß er im konkreten menschlichen Leben nicht durchführbar ist, weil er eine ethische Forderung nicht wirklich begründen kann, daß dem tiefer Blickenden hinter der Vielfalt der Meinungen unter verschiedener Terminologie u. wechselndem geschichtlichem Gewand eine tiefe Einheit menschlicher Grundüberzeugungen durchaus metaphysischer u. religiöser Art sich enthüllt, daß es eine transzendentale Erfahrung gibt, die sogar der tragende Grund der Naturwissenschaft ist (auch wo sie es nicht weiß) u. sich in Logik, Ontotogie, Ethik so auslegt, daß ihre Sicherheit andersartig als die der positiven Wissenschaften ist, aber als ursprünglich vollzogene nicht geringer (↑Transzendenz). Es ist selbstverständlich, daß ein P. als sich absolutsetzendes System (im Unterschied zu ihm als einer Methode der Naturwissenschaften als solchen) mit dem Christentum unvereinbar ist.

Possibilien.

Die Möglichkeit eines Seienden wird zunächst daran erkannt. daß es tatsächlich u. doch nicht ewig u. notwendig ist (↑Kontingenz). So wird es als etwas erkannt, was sein kann, möglich ist, eine innere Denkbarkeit (Vereinbarkeit seiner Merkmale) u. einen äußeren Existenzgrund (letztlich Gott) hat. In der Erfahrung unserer aus mehreren] auswählenden Freiheit u. im Wissen um die Gottes erkennen wir, daß es auch nicht verwirklichtes Mögliches geben muß, auch wenn wir sehr oft nicht sagen können, ob ein innerlich Denkbares in der faktischen, von uns nicht überblickbaren Ganzheit der Wirklichkeit einen wirklichen Platzfinden könnte, ohne „diese» Welt aufzuheben. Die Lehre von den P. ist theologisch bedeutsam als Hintergrund der Freiheit Gottes u. der Kreatur, des Bittgebetes u. der tätigen Verantwortung des Menschen. Das Wirkliche steht im größeren Raum des Möglichen, was zugleich seine Grenze u. seine Freiheit zu Großerein bedeutet.

Postulatstheologie

kann man ein theol. Erkenntnisverfahren nennen, in dem eine Wirklichkeit, die nicht unmittelbar gegeben oder in sich geoffenbart ist, mit größerer oder geringerer Sicherheit erschlossen wird mit Berufung darauf, daß eine andere bekannte Tatsache (z.B. die Weisheit, die Gerechtigkeit Gottes, der Zusammenhang der Wirklichkeit, die Würde einer Person usw.) die Existenz dieser Wirklichkeit erfordere. Wegen der F’reiheit Gottes ist bei solcher Methode größte Vorsicht geboten; eine P. ist aber nicht von vornherein abzulehnen (↑Analogia fidei), weil die plurale Welt des einen Gottes echte u. erkennbare Zusammenhänge aufweist u. weil diese Methode oft nur die konkrete Weise der legitimen Entfaltung einer schon gegebenen Erkenntnis in ihre immer schon global erfaßten Momente ist.

Potentia oboedientialis

(lat. etwa = „gehorsamheitliche Potenz») für die übernatürliche Gnade nennt man das Wesen des Menschen, insofern es kraft der geistigen ↑Transzendenz auf alles Sein offen ist für die Selbstmitteilung Gottes, die ohne Aufhebung dieses Wesens nur einem Seienden zuteil werden kann, das nicht schon durch sein Wesen auf einen begrenzten Daseinsraum eingegrenzt ist. Diese ↑„Potenz» (Empfangsfähigkeit) wird „gehorsamheitliche» genannt, weil das, was sie real ist, auch noch sinnvoll wäre (als Ermöglichung eines geistigpersonalen Daseins), wenn Gott sich selbst nicht mitteilen würde; so daß diese Mitteilung auch bei Bestehen dieser Potenz ungeschuldet frei – eben Gnade bleibt, diese Potenz also vor Gott keine Ansprüche stellen kann, sondern gehorsam zu seiner beliebigen Verfügung steht. Die menschliche Natur ist eine P. o. für die radikale Selbstaussage Gottes, die in Jesus Christus aktualisiert ist.

Potenz

(lat. potentia = Möglichkeit, Fähigkeit) meint den Gegenbegriff zu ↑Akt. Die im Begriff gemeinte Wirklichkeit begegnet ursprünglich im freien Selbstvollzug des Menschen u. in der Erfahrung des Anderswerdens von etwas in der menschlichen Umwelt: ein Etwas („Subjekt») bleibt es selber, u. eben dieses wird doch etwas, was es bisher nicht war. Die Selbst- oder Fremdbestimmbarkeit durch das Haben einer neu zukommenden Wirklichkeit (Bestimmung, Akt) macht die Potentialität eines Subjektes als (aktive oder passive) P. aus. P. besagt also zunächst nicht eine abstrakte Möglichkeit (ein bloß gedachtes Wesen), sondern die Veranlagtheit eines realen Seienden für eine weitere, es vervollkommnende Seinsbestimmung, die von ihm als von ihm verschiedene u. doch als seine eigene besessen wird, so daß zwei (das Subjekt als P. – die Bestimmung des Subjektes als Akt) wirklich eines (das bestimmte Subjekt als aktuierte P.) sind, ohne einfach identisch zu sein. Das Verständnis für diese metaphysische, dialektische Struktur des endlichen Seienden ist grundlegend für das inhaltliche Verständnis der Kreatürlichkeit u. Endlichkeit u. für die Möglichkeit (die grundlegend ist für das Verhältnis zu Gott), daß etwas wahrhaft etwas werden kann, ohne es von vornherein u. notwendig zu sein (↑Potentia oboedientialis), also der Mensch wirklich von Gott so begabt u. begnadet sein kann, daß diese Gabe von ihm selbst wahrhaft ausgesagt werden muß u. doch ihm – gegeben ist u. so den Geber preist u. von ihm abhängig bleibt.

Prädefinition

nennt man die ↑Prädestination, insofern sie auf einen einzelnen freien Akt des Geschöpfes bezogen gedacht wird. Die positiven guten freien Akte des Geschöpfes (u. das, was an den schlechten Akten noch seiend u. gut ist) kann u. muß Gott als der notwendige Grund aller Wirklichkeit wollen, damit sie sind, u. dieses Wollen ist ihr Grund, nicht ihre Folge; insofern sind sie prädestiniert oder prädefiniert. Als freie natürlich. Das Mittel der Realisation der P. sind die wirksamen Gnaden. Wie diese Gnaden die Freiheit des durch sie ermöglichten Heilsaktes nicht aufheben, sondern gerade bewirken, wird von den einzelnen ↑Gnadensystemen verschieden erklärt. Der Begriff der P. spielt auch an anderen theol. Orten eine Rolle, wo Gottes Wirksamkeit in der Durchsetzung seiner eigenen Pläne mit der Freiheit der Kreatur koexistent gesehen werden muß: bei der ↑Vorsehung, ↑Inspiration, Bewahrung der Kirche u. des ↑Lehramtes vor Irrtum, bei der eschatologisch unüberwindlichen ↑Heiligkeit der Kirche, beim heilsgeschichtlich bedeutsamen Handeln der einzelnen Menschen (Maria usw.).

Prädestination

(lat. wörtlich: Vorherbestimmung) ist der ewige göttliche Willensratschluß, der sich auf das übernatürliche Endziel der geistigen Kreatur bezieht (u. wird verstanden entweder so, daß begrifflich die ↑Reprobation eine Art der P. neben der P. zur Herrlichkeit ist, oder als P. zur Herrlichkeit der Gegensatz zur Reprobation). Gott als der absolute, allem durch seine freie Tat Wirklichkeit verleihende Grund sieht der Welt in ihrem Gang nicht nur zu, sondern muß ihn wollen, damit er wird; in diesem Wollen ist er durch nichts bestimmt als durch seine eigene weise, gütige Freiheit (die notwendig unbegreiflich u. inappellabel ist). Darum gibt es eine P. zur Herrlichkeit für die Menschen, die seligwerden (DS 1540 1565 1567; NR 809 833 835; Röm 8,29f). Insofern sie sich auf das Ganze des menschlichen Heils bezieht (aus sittlicher guter Entscheidung, die Gott durch seine wirksame Gnade ermöglicht, u. der daraus erfolgenden Herrlichkeit), hat sie die freie Liebe Gottes als alleinigen Grund. Als solche aber will sie die Herrlichkeit des Menschen als abhängige von seiner sittlichen Entscheidung. Dem pilgernden Menschen ist die P., auf den Einzelnen bezogen, unbekannt (↑Heilsgewißheit), aber Gegenstand der festen Hoffnung u. des Gebetes. Diese P. hebt die Freiheit der Kreatur, ihre Verantwortung u. dialogische Partnerschaft zu Gott nicht auf, sondern ist gerade deren Grund, weil Gott gerade das Freie u. seinen Akt will. Wo P. als Aufhebung der menschlichen Freiheit im H.eilswirken verstanden wird, ist der häretische Prädestinatianismus gegeben (DS 596 621ff 625 1556 1567; NR 824 835). Es gibt keine positive u. aktive P. zur Sünde. Eine solche ist mit der Heiligkeit Gottes u. seinem allgemeinen ↑Heilswillen unvereinbar u. nicht nötig, da die Sündigkeit der sündigen Tat als solche, weil Seinsmangel, keine positive göttliche Ursächlichkeit erfordert. Gott will nicht die Sünde, auch wenn er sie vorausweiß, zuläßt u. ihre Strafe positiv will als die Folge der Sünde, nicht als Grund seines Entschlusses, die Sünde zuzulassen (DS 596 621 628f). Das Geheimnis des Verhältnisses zwischen Allwirksamkeit Gotte? (das die P. impliziert) u. der eigenständigen Freiheit der Kreatur ist nur die Fortsetzung (auf der Ebene des Handelns) des Geheimnisses der Koexistenz des unendlichen Seins Gottes mit dem endlichen Seienden, das wahrhaft ist, also verschieden von Gott, u. so u. darum gerade restlos getragen von Gott.

Prädetermination

physische, ist (im thomistischen ↑Gnadensystem, dem ↑Bañezianismus ) der freie Entschluß Gottes zu jener notwendigen Mitwirkung mit jedem Akt der Kreatur (auch dem freien guten u. bösen), zu einer „physischen Vorausbewegung», in deren Eigentümlichkeit im voraus zum Akt der Kreatur u. dessen Voraussicht dieser in seiner bestimmten Qualität schon unfehlbar bestimmt ist, so daß Gott im Entschluß zu dieser Vorausbewegung aus deren innerer Natur heraus weiß, was der Mensch frei tun wird (Gegensatz: ↑Scientia media). Die P. zum freien Akt hebt nach dem thomistischen Gnadensystem die Freiheit des Geschöpfes nicht auf, sondern gibt jedem Akt gerade auch das Freisein wie alles andere. Die „physische Vorausbewegung» zum übernatürlichen Heilsakt macht thomistisch das Wesen der wirksamen Gnade im Unterschied zur bloß hinreichenden aus. Eine P., die die Freiheit des Geschöpfes beim Heilsakt oder bei der Sünde aufheben würde, wäre als häretisch zu verwerfen (DS 1525 1554ff 2002 3010; NR 795 822ff 872 33).

Praeambula fidei

(lat. = das Vorauslaufende, die Voraussetzungen des Glaubens). Die geschichtliche Wortoffenbarung Gottes an bestimmter Raum-Zeit-Stelle (↑Propheten, ↑Jesus Christus) trifft bei dem Menschen, an den sie sich wendet, schon auf eine geistige Person mit bestimmten Erfahrungen, Urteilen, mit einer Art geistigen Systems, sie wendet sich an seine Verantwortung u. sein freies Urteil. Sie muß also so sein, daß sie sich bei einem solchen Menschen Gehör verschaffen, sich als Wort Gottes an ihn ausweisen kann. Jedes Wort des einen an einen anderen trägt zwar, wenn es wirklich in Anspruch nehmen könnende Wahrheit ist, von sich selbst aus eine Kraft bei sich, die in die Richtung ihres Verständnisses u. ihrer Annahme wirkt. Und das gilt vor allem vom ↑Wort Gottes, das in der Art seines Ergehens, seines Inhaltes u. vor allem durch die es notwendig u. immer begleitende innere Gnade, die selbst ein Moment an der ↑Offenbarung als solcher ist, seine eigene Aufnahme miterwirkt. Dies zumal, weil die Selbstmitteilung Gottes als das von Gott Erstgewollte in der ..natürlichen» Schöpfung u. Leitung der Welt sich selbst ihre Voraussetzung schafft. Bewirkt so die Gnade selbst, in der u. aus der die Wortoffenbarung heraus erfolgt, erst eigentlich (aber immer) das Subjekt des sie ..kongenial», „konnatural» verstehenden u. annehmenden Hörens (so daß durch Gott Gott gehört wird in seinem, jeder natürlichen Dimension überlegenen Wort als solchem), so soll dieses Wort doch alle (geistigen) Dimensionen des Menschen treffen, es soll als richtendes auch dann noch gegeben sein, wenn es abgelehnt wird, es soll seine ganze geistige Verantwortung ansprechen, es soll nicht einfach schlechthin jenseits des konkreten, irdischen Erfahrungsbereiches des Menschen verbleiben (wo allein es nur zu sehr u. zu berechtigt als illusionäre bloße Ideologie verdächtigt werden könnte). Das Wort Gottes muß auch den Menschen dort stellen, .wo er von sich aus ist u. von wo er sich nicht wegbegeben kann: in der Dimension seiner metaphysischen u. geschichtlichen Erfahrung. Die reflexe, „natürliche» (d. h, hier nur den Glauben an das Ergangensein einer bestimmten göttlichen Offenbarung noch nicht voraussetzende) Erkenntnis der Erfahrungen (beider Art), die das Ergangensein der christlichen Offenbarung vor der freien Verantwortung des geistigen Menschen logisch u. sittlich (u. zwar ..sicher») glaubwürdig macht (ohne die Zustimmung dazu zu erzwingen oder dies auch nur tun zu wollen), macht die Erkenntnis der „praeambula fidei» aus, diejenige Erkenntnis, die der Glaubenszustimmung (logisch, nicht notwendig zeitlich) „vorausläuft» (DS 2755 2813 3009 3013f 3537-3542; NR 5 13 32 385 36f). Zu ihnen gehören (konkret für die Christen, für solche, die in ihrem konkreten Dasein unmittelbar von der Botschaft Jesu fordernd angerufen werden): die natürliche Erkenntnis Gottes aus der geschaffenen (u. geistig-personalen) Welt als des personalen Geheimnisses, dessen freier Verfügung der Mensch (u. zwar als metaphysisches und geschichtliches Wesen) offen sein muß; die geschichtlich-rationale Erkenntnis der Existenz Jesu Christi, des wesentlichen Inhaltes seiner Botschaft u. seines Selbstzeugnisses; die Erkenntnis der Realisierbarkeit des ↑Reiches Gottes durch antizipierende Erfüllung seiner Verheißungen (↑Politische Theologie); die geschichtlich glaubwürdige Bezeugung der ↑Auferstehung Jesu als des Ausweises der EinsetzungJesu in seine definitive Gültigkeit; alles dieses ist genügend mit jener rational-historischen (analytischen) Sicherheit aufweisbar, mit der jeder Mensch in tausend wichtigen Entscheidungen seines Lebens sich begnügen muß u. begnügen darf, zumal wenn deutlich ist, daß eine gegenteilige Entscheidung in ihrem Inhalt (der skeptischen Trostlosigkeit) u. ihren ..Gründen» (die letztlich nur in der Nichterzwingbarkeit der ersten Entscheidung bestehen) keine wirklich bessere logische u. sittliche Rechtfertigung hat. Dazu kommt als inneres Moment der P. f. die innere Harmonie des Menschen selbst mit der gehörten Botschaft (↑Potentia oboedientialis, ↑Offenbarung): er weiß sich im „Sinn» des Daseins (auch wenn dieser gegen müde Skepsis nur durch eine geistige Tapferkeit festgehalten werden kann), sein Leben hat einen Ausgang in das Sinnvolle (auch wenn dieses als das unendliche ↑Geheimnis – aber eben dieses als das der unendlich nahen ↑Liebe -erscheint). Diese die analytische Pluralität der äußeren Einzelmomente (ähnlich wie in einer Infinitesimalrechnung) integrierende innere Erfahrung läßt sich dann reflex nicht mehr genau abgrenzen gegenüber dem inneren Licht der Glaubensgnade, die zwar als solche sich nicht gegenständlich in Reflexion objektivieren läßt, aber gegeben ist, integrierend, die existentielle Entscheidung u. den Mut dazu gegenüber einer rationalistisch auflösenden Skepsis mittragend, u. eine innere Konnaturalität zur geglaubten Wirklichkeit verleihend ist.

Präexistentianismus

ist die Lehre, der zufolge die menschlichen Seelen schon vor ihrem leibhaftigen Dasein existiert haben entweder als einfach zusammen von Anfang geschaffene für ein leibhaftiges Dasein oder schon zu einem rein geistigen Freiheitsdasein gelangte, so daß die leibhaftige Existenz die Folge einer Schuld im vorleiblichen Dasein, der Leib die das Geistige vergröbernde Erscheinung der Schuld sei (↑Origenismus, ↑Priscillianismus). Diese Lehre, die die Einheit des Menschen, die Güte der von Gott positiv geschaffenen materiellen Welt u. die entscheidende Bedeutung des einmaligen, durch Freiheit sich definitiv vollendenden Lebens leugnet, wurde von der Kirche stets als häretisch verworfen (DS 403 456 1440f; NR 325f 331). Damit ist sachlich auch die Vielfalt des leiblichen Daseins eines u. desselben geistigen Subjekts, die indische, orphische u. theosophische ,,Seelenwanderung», abgelehnt. – Zur kirchlichen Lehre ↑Kreatianismus.

Präexistenz Jesu Christi

bezeichnet die Tatsache, daß, weil der ewige göttliche Logos, der von Ewigkeit her vom Vater gezeugt wird, Mensch geworden ist, die im altkirchlichen Sinn verstandene Person, die als Jesus Christus Mensch wird, nicht erst entsteht mit dem zeitlichen Beginn der menschlichen Natur Jesu (Leib u. Seele), sondern diesem Ereignis schon immer vorausexistiert. Sosehr die Christologie des NT bei der Erfahrung des konkreten Menschen Jesus zu beginnen pflegt, so weiß sie doch deutlich um die P. (Phil 2,6; Jo l, 1-18; 17, 5 usw.). Wenn Jesus Christus die absolute eschatologische Selbsta.wsage u. .Se/tozusage Gottes ist u. in Einheit damit deren freie, von der Zusage formaler /Trädefinition selbst erwirkte kreatürliche Annahme u. nur so absolutes Heilsereignis sein kann, dann ist der Zusagende u. sich selbst Aussagende, eben Gott, „präexistent», u. zwar radikal anders, als es der Fall ist, wenn Gott einer sonstigen (zeitlichen) Kreatur präexistiert, die nicht seine Sc/toaussage ist. Exegetisch kann unbefangen (in Abwehr des naheliegenden Mythologieverdachts) untersucht werden, ob genau das, was Jesus selbst mit Sohn des Vaters schlechthin meint, einfach identisch ist mit dem sich in der Zeit selbst u. so auch als präexistent aussagenden Gott oder auch ein kreatürliches Moment enthält, das mit diesem Gott nicht identisch u. so noch nicht „präexistent» ist. Auch die zweite Möglichkeit schließt nicht aus, daß das sich selbst aussagende göttliche Subjekt, das die klassische Terminologie (neben Logos) „Sohn» nennt, präexistent ist. – ↑Hypostatische Union, ↑Jesus Christus, ↑Präexistentianismus.

Präskriptionsargument

(Beweis aus der „Verjährung») ist eine schon von Tertullian (Anfang des 3. Jh.) benutzte u. theoretisch begründete theol. Beweisführung. Für uns könnte man sie so darstellen: Wenn sich die Kirche in irgendeinem Zeitpunkt als ganze (in moralischer Einheitlichkeit) im ruhigen Besitz eines Satzes (einer Überzeugung) als einer göttlichen, im Glauben unbedingt festzuhaltenden Offenbarung weiß, dann kann diese Überzeugung wegen der Bewahrung der ↑Kirche vor Abfall von der wirklichen Offenbarung durch den Heiligen Geist nicht falsch sein, sie muß unbedingt auf die apostolische Überlieferung u. so auf die Offenbarung Jesu Christi zurückgehen, selbst wenn die genaue Weise des historischen Überlieferungsvorgangs oder der Explikation aus anderen Wahrheiten der theologischen Reflexion nur dunkel zugänglich ist (↑Dogmenentwicklung). Die eigentliche Schwierigkeit dieses formal richtigen Beweisschemas liegt bei der praktischen Anwendung in der Frage, wie der Übergang von einer Überzeugung, die früher nicht deutlich als geoffenbart erfaßt war, zu einer Überzeugung geschieht, die als geoffenbart u. definierbar sicher erkannt wird.

Präsumption

(in Analogie zur Rechtsvermutung u. dem Indizienbeweis im Bereich des Rechtes) hat auch in der theol. Erkenntnis eine gewisse Bedeutung, weil sie als eine Art Induktionsbeweis für das menschliche Erkennen überhaupt unentbehrlich ist. Man könnte viele theol. Präsumptionsregeln aufstellen: die Richtigkeit einer nichtdefinitorischen Lehrentscheidung des Lehramts ist bis zum Beweis des Gegenteils zu präsumieren (DS 2879f 3045 3884f; NR 435 460): die Definiert heit einer Lehre ist nicht zu präsumieren, sondern zu beweisen (CIC can. 1323 § 3); die Freiheit hat die P. gegenüber einer Verpflichtung aus einem nicht sicheren Gesetz (↑Moralsysteme); der Sinn gegenüber dem Un-sinn usw.

Predigt

(im weiten Sinn) ist die Verkündigung des Wortes Gottes (↑Kerygma) durch den von der Kirche im Namen Jesu Christi dazu Beauftragten. Diese Verkündigung ist nicht bloß Belehrung über grundsätzlich auch unabhängig davon zugängliche Tatsachen u. nicht nur theoretischer Moralunterricht, sondern die Proklamation des an sich verborgenen Heilsratschlusses Gottes (des ↑Evangeliums), dessen Ausführung sich in der Verkündigung ereignet, indem Gott sein verkündigtes Wort mit seiner wirksamen (eschatologisch siegreichen) Gnade verbindet u. diese Gnade (als Selbstmitteilung Gottes) das Verkündigte selbst ist, das sich seine Annahme in der Freiheit des Menschen schafft; beides, Proklamation u. Gabe des Hörens in Gnade, wird von Gott in der ↑Kirche auch noch dort angeboten, wo menschliche Eitelkeit sich selber predigt. Insofern hat die P. einen inneren Zusammenhang mit dem wirksamen ↑Wort Gottes (ohne daß sie mit diesem einfach gleichgesetzt werden dürfte), das dem Einzelnen in seiner individuellen Heilssituation von der Kirche im ↑Sakrament zugesprochen wird, u. mit der Proklamation der Heilstat Gottes schlechthin (des Kreuzes Jesu), die in der Eucharistie wirksam gegenwärtiggesetzt wird. Darum gehören der Wortgottesdienst u. die Opferfeier innerlich zusammen u. ist die P. (ausdrücklich oder implizit, unmittelbar oder als entferntere Vorbereitung) die Einweisung in die gläubig verstehende Annahme des wirksamen Wortes im Meßopfer u. Sakrament, „mystagogische» Predigt. Dann freilich hat das Lehrhafte seinen wesentlichen Platz. Diese Ziele der P. werden dort verfehlt, wo die P. von einer monologischen Kommunikationsstruktur beherrscht ist. Erinnerung des Wortes Gottes u. Lernprozeß sind grundsätzlich gemeinsame Vollzüge aller Beteiligten.

Priestertum

Insofern Priester (griech, presbyteros = der Älteste, eine uralte Amtsbezeichnung) der ist, der vor Gottes Angesicht treten, unmittelbar zu ihm sprechen, sich u. sein Dasein opfernd an die unbegreifliche Verfügung Gottes anheimgeben u. Berufung auf das einmalige Opfer Jesu in seinem Leben u. am Kreuz als auch ihm selbst zu eigen gegebenes Opfer einlegen darf, ist jeder durch Gottes Gnade Gerechtfertigte u. Geheiligte ein Priester (DS 3849ff; NR 721f), nimmt er teil am königlichen P. aller Glaubenden in Jesus Christus (IPetr 2,9), außerhalb dessen kein P. ist u. in dem jeder Priester ist. Aber die Gemeinde der Glaubenden, die dieses gemeinsame P. aller tragen (II. Vat., Lit. 14 48; Kirche 9f 26 34; Priest. 2 u.ö.), hat nach Gottes Willen (wegen der Geschichtlichkeit der Inkarnation, des Kreuzes u. der Auferstehung Jesu als des Grundes dieser priesterlichen Gnade) eine geschichtliche u. gesellschaftliche Greifbarkeit im verkündigten ↑Wort u. im ↑Sakrament u. darum eine gesellschaftliche Verfaßtheit, eine rechtliche Struktur, damit in dieser ↑Kirche auch die sichtbare Einheit u. Ordnung in Wahrheit, Kult, Liebe u. Lebenstat gewahrt bleibe. Insofern es innerhalb der priesterlichen Gemeinde der Glaubenden eine vom Geist Gottes getragene Leitung der kultisch-sakramentalen Funktion der Kirche in der Feier des Abendmahles u. der Spendung der Sakramente u. der Weitergabe dieser Leitungsgewalt geben soll, spricht man von einem Amts-P. u. von seiner Vollmacht als von der „Weihegewalt» (im Unterschied von der „hoheitlichen» Gewalt, durch die die äußere rechtliche Leitung der Kirche geschieht). Das II. Vat. versuchte zwar, das Wesen des Amts-P., das dem Wesen u. nicht nur dem Grad nach vom gemeinsamen P. aller verschieden sei (Kirche 10), nicht im ersten Ansatz von der Weihegewalt u. den sakramentalen Vollmachten her zu bestimmen. Es versuchte, den Ansatz dieser Amtsbestimmung beim Dienst am ↑Wort Gottes zu nehmen (Priest. 4 u.ö.; vgl. auch Kirche 25 von den Bischöfen), so daß man sagen könnte: Der Priester ist der auf eine Gemeinde bezogene, im Auftrag der Kirche als ganzer u. so amtlich redende Verkünder des Wortes Gottes derart, daß ihm die sakramental höchsten Intensitätsgrade dieses Wortes anvertraut sind. Außerdem versuchte das Konzil, die theol. Begründung des Amts-P. durch den Gedanken der besonderen Teilhabe an den drei AmternJesuChristizuvertiefen (Kirche 28; Priest, l u.ö.). Da jedoch allen Gliedern der Kirche Jesu diese Teilhabe u. mindestens grundsätzlich die Befähigung zum Dienst am Wort u. zur Leitung einer Ortsgemeinde zukommen, tritt weiterhin die Weihegewalt als das Specificum des Amts-P. hervor. An dieser amtspriesterlichen Weihegewalt (potestas ordinis) der Kirche u. in der Kirche kann in (hauptsächlich) dreifach gestufterweise (DGL: DS 1776; NR 718; vgl. II. Vat., Kirche 28 u.ö.) Anteil gegeben werden (↑Ordo; zur Milderung des „Stufendenkens» hob das II. Vat. die Einheit des Presbyteriums aus Bischof u. Priestern hervor: Kirche 28). Sie bildet (trotz einer Variabilität des gegenseitigen Verhältnisses) mit der hoheitlichen Gewalt eine Einheit; sie ist ein Auftrag zum Dienst an der Kirche u. am gemeinsamen P. aller Christen; die mit ihr gegebenen Vollmachten (besonders hinsichtlich Meßopfer, Sündenvergebung u. der anderen Sakramente) kommen den Trägern des Amtspriestertums zwar durch Weihe (als sakramental apostolische ↑Successio) von Jesus Christus u. nicht von den Gläubigen als solchen zu (vgl. DS 1773; NR 715), aber sie sind von Jesus Christus gegeben, insofern er will, daß die Kirche (also die innere Heiligkeit u. äußere gesellschaftliche Einheit aller Gerechtfertigten) sei, u. sie sind somit zur,.Erbauung» (l Kor 14,3) u. zum Dienst der Gesamtkirche. Sie sind (man verzeihe den Vergleich) in ähnlicher Position wie die Funktionäre eines Klubs berufener Schachspieler: ihre Funktionen können von den einzelnen Schachspielern nicht wahrgenommen werden. Aber ihre Funktionen dienen letztlich nur einem: daß hervorragend Schach gespielt wird. Und darin findet der Klub seinen Sinn u. seinen Vollzug. Worauf das Amts-P. zielt, ist somit das gemeinsame P. der Glaubenden u. Liebenden, der durch Gottes Geist Geprägten, der Erlösten, die in Jesus Christus sich selbst Gott bedingungslos in einer Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe anheimgeben. Dieses aber ist, an einem letzten Maßstab gemessen, das Höhere. Das Amts-P. aber als solches verweist auch in seinem Träger wieder auf Glaube, Gnade, Liebe zurück. Denn es fordert nochmals, soll es recht verwaltet werden, diesen Geist, der über alle Glieder der Kirche ausgegossen ist. Insofern der Amtspriester nicht einfach nur wie normalerweise der /Laie an dem ,,Ort», an dem er durch seine natürliche Existenz (Geburt, Familie, Vaterland, Zeit, weltlicher Beruf) steht, Jesus Christus bezeugen muß, sondern an der spezifisch amtsmissionarischen Aufgabe der Kirche (Mt 28,19f) teilhat, solidarisch neue existentiale Situationen der Menschen zu erfassen, in denen das Christentum nicht gegenwärtig ist, bedarf das Amts-P. eines spezifisch eigenen Geistes der Verantwortung, des Mutes, der Selbstlosigkeit, der dienenden Selbstaufgabe für andere, der inneren Einfühlung in Mentalität u. Milieu anderer.

Priscillianismus,

spanische Sekte (nach Priscillian, hingerichtet 385). Sie ist eine Spielart des Gnostizismus u. eine Mischung aus ↑Dualismus, ↑Modalismus u. Fatalismus (vgl. DS 188-208 451-464; NR 288-292 326f 193). Gegen Ende des 6. Jh. verschwand diese Sekte wieder.

Privatoffenbarung

wird jene echte ↑Offenbarung (im Wort) an einen Menschen genannt, die dem Einzelnen gegeben ist, ohne daß eine direkte Glaubenspflicht aller daraus erwächst u. ohne daß sie dem Lehramt der Kirche zur Hut u. Verkündigung von Gott übergeben wäre. Solche mystische P. ist zur Führung u. zum Heil des Einzelnen durchaus möglich (↑Existentialethik) ihre Respektierung kann für diesen Einzelnen durchaus Glaubenspflicht sein. Sie muß, um als echt gelten zu können, mit der kirchlichen Offenbarung (der allgemeinen Offenbarung in Jesus Christus) in Einklang stehen. Auch eine echte, in der Tiefe des Gewissens geschehende P. kann vom Menschen verzerrt oder falsch interpretiert werden; Schwärmertum u. Sektierertum geben oft Einbildungen, subjektive, plötzliche Manifestationen des Unterbewußtseins fälschlich als P. aus. Echte P.en können auch die Grundlage einer ..prophetischen» Sendung Einzelner an die Kirche sein, ohne daß sie darum den Anspruch machen dürfen, die endgültige Offenbarung in Jesus Christus zu verbessern oder auch nur zu ergänzen, was absolut ausgeschlossen ist; sie geben nur Impulse für das je neue situationsgerechte Handeln der Kirche nach dem einen u. bleibenden Evangelium.

Prophet

(griech. = religiöser Künder) in einem allgemeinen fundamentaltheologischen Sinn kann jener Mensch genannt werden, der in beglaubigter Weise Träger der ↑Offenbarung Gottes so ist, daß er nicht nur die gnadenhafte Selbstmitteilung Gottes an den Menschen erfährt, sondern sie auch unter Führung u. Beglaubigung Gottes (↑Wunder) richtig, d.h. ohne Irrtum (wenn auch unvollkommen) u. der konkreten, ihm u. seiner Umwelt vorgegebenen Situation entsprechend, objektiviert (auslegt) u., dem Impuls Gottes gehorchend, seiner Umwelt verkündigt. Zum P.en gehört eine je einmalige Berufungserfahrung; er ist der von Gott Gesandte; in etwa immer der religiöse Revolutionär, der (bei der Einheit von Religiösem u. Gesellschaftlichem) oft auch im Namen Gottes gesellschaftskritisch auftritt, eine fordernde Botschaft, nicht nur eine in sich selbst einleuchtende Lehre verkündigt. Insofern die Erfassung der Heilssituation unvermeidlich einen Vor-blick auf die Zukunft (nicht deren Reportage von der Zukunft selbst her) impliziert, eignet dem P.en auch (in größerer oder geringerer Ausdrücklichkeit) die Fähigkeit der Interpretation der Gegenwart in der Auslegung ihrer Zukunftsdynamik, „Prophetie» im heute oft allein üblichen Sinn. Echte Prophetie kann unter Umständen auch gemischt mit Irrtum, Versagen u. Überlagerung durch die vorgegebene religiöse Situation u. mit der Unmöglichkeit auftreten, sie völlig rein von der sie umgebenden religiösen Depravation zu scheiden. Sie kann in dieser Form auch außerhalb des AT u. des NT auftreten. Vom NT .her sind wir imstande, die uns durch die Schrift des AT bekannten P.en mit ihren Werken als echte u. reine P.en zu erkennen. Weil die Selbstmitteilung Gottes an die Welt und deren Reflektiertheit u. Selbstbezeugung durch die hypostatische Union in Jesus Christus ihren einmaligen, eschatologischen Höhepunkt erreicht hat, ist Jesus Christus der Prophet schlechthin, die göttliche Selbstmitteilung u. deren Aussage in Person. Sein von Gott mit Auferweckung beantwortetes P.enschicksal, der Tod, macht offenbar, wer u. was er ist. Ist in ihm die Offenbarung Gottes auch zu ihrem Abschluß gekommen, so gehört der P. (wenn auch nicht als eigentlich institutionalisierbare Größe) doch immer zur Kirche, da es in ihr immer wieder Menschen gibt, die die Wirklichkeit Gottes u. Jesu Christi in der Kraft seines Pneuma u. in gottgewirkter Sendung für die Kirche ursprünglich kündigen (↑Charisma). Das Prophetentum in der Kirche muß sich (oft in sehr konfliktgeladener Weise) in der „Ordnung» der Kirche halten, aber diese ..Ordnung» ist selbst nichts anderes als die Partizipation am absoluten Prophetentum Jesu.

Proprietäten

trinitarische, sind jene Eigentümlichkeiten, die die drei göttlichen ↑Personen in der ↑Dreifaltigkeit voneinander unterscheiden u. als solche für uns unterscheidende Merkmale auch „Notionen» genannt werden. Solche P. sind nicht nur die drei entgegengesetzten, personbildenden ↑Relationen in Gott (Vaterschaft, Sohnschaft, passive Hauchung), sondern auch die „Ursprungslosigkeit» des Vaters u. in etwa die aktive Hauchung,.insofern sie Vater u. Sohn gemeinsam vom Heiligen Geist unterscheiden (vgl. DS 800; NR 918).

Protestantismus

der (lat.) Begriff (von der sog. „Protestation» lutherischer Reichsstände auf dem zweiten Reichstag zu Speyer 1529) für die Gesamtheit der aus der Reformation des 16. Jh. entstandenen Glaubensgemeinschaften u. deren theol. Lehre, denen als Grundzug der Protest gegen die kath. Kirche gemeinsam ist. Im Alt-P. blieb dieser Protest, der aus dem Zeugnis Luthers für das Evangelium von der freien Gnade in ↑Jesus Christus gegen die behauptete „Verdinglichung“ u. Vergesetzlichung der Gnade durch das hierarchische System der kath. Kirche hervorging, im wesentlichen gebunden an das altchristliche ↑Dogma. Im liberalen Neu-P. wurde daraus ein Protest gegen das Dogma, gegen Kirche als Institution überhaupt u. gegen das Staatskirchentum. Die theol. Lehren des P. sind besonders: Der allein rechtfertigende ↑Glaube (↑sola fide) ist personale Begegnung mit dem geschichtlichen Jesus Christus im lebendigen „Wort Gottes“, dessen Verkündigung selber schon heilbewirkend ist. Dieser Glaube ist, weil die totale Sündigkeit des Menschen vor Gott ihn in keiner Weise zur Mitwirkung am Heilsvorgang befähigt, geschenkt durch Gnade allein (↑sola gratia) u. ein Wagnis gläubiger Existenz aus dem Evangelium, unternommen trotz der nach der Taufe im Menschen verbleibenden Sündhaftigkeit (Luther: ↑simul iustus et peccator = zugleich gerechtfertigt u. Sünder). Der Glaube gründet sich allein auf die Heilige Schrift (↑sola scriptura) u. die allein von Jesus Christus eingesetzten zwei ↑Sakramente der ↑Taufe u. des Abendmahls (↑Eucharistie), nicht auch auf die Autorität der Kirche u. ihre ↑Tradition. Die Bibel soll, wenigstens bei Luther, nicht gesetzlich verstanden werden (Biblizismus), sondern als Gnadenbotschaft: das sola scriptura gilt nur, „soweit es Christum treibet“. Jesus Christus aber ist Herr u. Erlöser. Er ist nicht Gesetzgeber, d. h. Stifter, einer ↑Kirche als vollkommener Gesellschaft mit gesetzgeberischer Vollmacht, wie sie besonders im Primat des Papstes gegeben ist. Jesus Christus ist gegenwärtig nur durch den Heiligen Geist in Wort u. Sakrament (mit dem Hauptakzent auf Wort): die Predigt steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Diese Gegenwart Jesu Christi in seiner Kirche steht nicht im Zeichen der zwar künftigen, aber schon anbrechenden Glorie, sondern des Kreuzes u. Leidens, der Sünde (theologia crucis), als deren Folge dann auch die Spaltung der Christenheit verstanden wird. Gnade ist Gottes Gnädigsein in Jesus Christus. Sie ist zwar die wirkliche Neuschöpfung des Menschen zur neuen Kreatur, treibt zwar gute Werke hervor, ist aber nie so dem Menschen gegeben, daß er nicht Sünder bliebe. Es gibt kein unfehlbares Lehramt; das Wort der Heiligen Schrift legt sich selbst aus. Hinsichtlich des Kirchenrechtes besteht große Meinungsverschiedenheit. Wird auch gewöhnlich das ↑Amt im allgemeinen als von Jesus Christus herkommend u. nicht bloß als Ermächtigung von Seiten der Gemeinde aufgefaßt, so ist auf jeden Fall der Spielraum des bloß menschlichen Rechtes in der Kirche viel größer gedacht als in der kath. Kirche. Teilweise gibt es zwar das Bischofsamt, aber grundlegend ist doch die Ablehnung eines geweihten ↑Priestertums u. des ↑Meßopfers; daher der Aufbau der Kirchen aufgrund des allgemeinen Priestertums der Gläubigen von der Gemeinde her. Der kath. Kirche wird eine sog. „doppelte Ethik“ der evangelischen Räte u. des Mönchtums vorgeworfen, zum Schaden eines strengen Berufsethos als Gottesdienst am Nächsten. Die gebräuchliche Zusammenfassung des P. auf die Formel von der „Freiheit eines Christenmenschen“ ist heute insofern mißverständlich, als sie ursprünglich nicht die Freiheit von der Gewissensbindung an Dogma u. Bekenntnis (vor allem zur Gottheit Jesu Christi) meint, sondern im negativen Sinne die Freiheit von kirchlicher Gesetzlichkeit u. in positivem Sinne die vom Heiligen Geist gewirkte Spontaneität der Gottesliebe zum Tun des Gotteswillens.

1. Der Katholik wird dazu sagen: a) Das reine Nein gegen eine Einheit mit der kath. Kirche vereinigt, christlich gesehen, selbstverständlich weder zu einer christlichen Glaubensgemeinschaft noch überhaupt zu einer Einheit. Dasselbe gilt von der Taufe als solcher allein, da sie glaubensmäßig in der verschiedensten Weise interpretiert wird u. in einer solchen widersprechenden Auffassung für sich allein nicht kirchenbildend sein kann. b) Der Katholik erkennt seiner nachreformatorischen Kirche mindestens einmal die Präsumption (bis zum Beweis des Gegenteils) zu, die wahre Kirche Jesu Christi zu sein, weil sie die historische Kontinuität mit der Kirche der Vergangenheit zweifellos besser als die prot. Kirchengemeinschaften, nämlich in der Einheit des Episkopats u. des römischen Stuhles (welche die vorreformatorische kennzeichnete), bewahrt hat, auch die ev. Christenheit aber nur legitime Kirche sein kann, wenn u. insoweit die alte Kirche auch ihre Kirche ist. Der Katholik könnte also ein objektives Recht, aus dieser traditionellen Kirche auszuziehen, nur dann zugestehen, wenn entweder alle Differenzpunkte von vornherein von gar keiner Bedeutung für das Heil vor Gott wären u. wir also gar nicht getrennt wären in dem, worin wir wirklich eins sein müßten (was kein Christ ernsthaft behaupten kann, weil ja sonst allgemeine Abendmahlsgemeinschaft sein müßte), oder es sicher feststünde, daß ein ev. Christ das sicher in ihr geleugnet fände, woran festzuhalten sein christliches Gewissen ihm damals, als der Bruch entstand, geboten hätte.

2. Diese zweite Voraussetzung kann aber vom kath. Christen nicht als bestehend anerkannt werden; denn: a) die Lehre von der Allgenügsamkeit der Schrift (sola scriptura) kann zweifellos nicht in dem Sinne verstanden werden, daß dem geschriebenen Wort Gottes nicht die lebendige Verkündigung des Wortes Gottes in der Kirche vorausgegangen wäre, das glaubensfordernd u. wirksam auch ist, bevor es Schrift gibt, dessen Objektivation die Schrift ist, so daß sie immer getragen bleibt von der von Jesus Christus verliehenen Vollmacht, das Wort Gottes gewissenbindend zu verkündigen. Nur so ist auch die verpflichtende Abgrenzung des Schriftkanons durch die Kirche wirklich verständlich zu machen. Damit ist nicht geleugnet, daß die spätere Kirche, weil auf die apostolische Verkündigung als einzigen Inhalt u. einzige Norm ihrer Botschaft verpflichtet, in der Schrift die maßgebliche Quelle des Inhalts ihrer Botschaft u. das bleibende Kriterium der (notwendigen) Entfaltung u. stets neuen Aktualisierung dieser Botschaft hat. Dieses Kriterium ist aber vom Wesen der Schrift her Maßstab in der Hand der Kirche als ganzer, nicht definitiv kritische Waffe des Einzelnen zum Widerspruch gegenüber der Schriftauslegung der Kirche. b) Die kath. Kirche bekennt mit dem P. das sola gratia, wenn es recht verstanden wird. Denn es gibt vom Anfang bis zum Ende keinen Heilsakt des Menschen, der nicht von der ungeschuldeten ↑Gnade getragen wäre, weil sowohl das Können wie das tatsächlich freie Tun des Menschen u. also die Befreiung der Freiheit zum gottgemäßen Glauben, Hoffen u. Lieben von jener Gnade kommt, die zwar allen verheißen, aber für jeden uneinklagbare Gnade ist. Diese Gnade wird aber wirklich Ereignis, so daß Gott den Menschen aus einem Gottlosen, der er sonst wäre, zu seinem lieben Kind wahrhaft u. innerlich umschafft, er also nicht mehr ist, was er früher (oder sonst) war (wäre). Dennoch kann der Mensch sich dieser Gnade nicht als seines Eigentums rühmen. Denn er hofft im Glauben, daß er sie besitzt, kann sich dessen aber nie stolz versichern. Als der Versuchte u. täglich Sündigende flieht er täglich neu von sich weg zu Gottes Barmherzigkeit, weil er nie sicher weiß, ob seine Versuchtheit u. Sündigkeit, die er als bloß „läßliche» hofft, nicht doch Vorboten, Erscheinungsform u. Deckmantel eines verhohlenen wirklichen Neins zu Gott sind. Darum bekennt sich auch der kath. Christ als Sünder, indem er an der Gnade Gottes als Gnade festhält, die allein ihn rettet. Insofern sie aber im Gerechtfertigten wirklich umwandelnd wirkt, ist das, was er tut im Geiste Gottes, würdig des ewigen Lebens u. in diesem Sinn jenes ↑Verdienst, von dem die Schrift selbst unbefangen redet. Diese Lehre ist eine objektive Aussage) deren Inhalt Gottes Gnade preist, nicht die Angabe des letzten Motivs, weil, um Gott zu finden, man ihn um seiner selbst willen lieben muß, also nicht einfach nur auf seine eigene Seligkeit bedacht sein darf. c) Wenn es Sakramente in der Kirche, d. h. das in der konkreten Heilssituation des Menschen in heiligem Ritus wirksame Wort im Munde der Kirche, gibt, in dem durch Gottes Tat Ereignis am Einzelnen wird, was proklamiert wird, wie auch die Mehrzahl der ev. Christen bekennt (Taufe, Abendmahl), wenn anderseits nach kath. Lehre die einzelnen Sakramente nicht gleichen Ranges, gleicher Würde u. Notwendigkeit sind u. selbstverständlich kein Sakrament im mündigen Menschen die Kraft seines gültigen Zuspruchs auswirken kann, es sei denn, es finde oder bewirke den Glaubenden u. Reuigen, u. wenn gerade nach ev. Überzeugung Gottes Wort im Munde der Kirche nicht bloß theoretische Aussage über etwas, sondern Ereignis des Ausgesagten selber ist, dann ist nicht einzusehen, warum nicht mit der kath. Kirche gesagt werden dürfte, daß alle jene Worte, in denen von der Kirche mit dem ganzen Engagement ihres Wesens als des Zeichens der wirksam verheißenen Gnade den Einzelnen in entscheidenden Situationen Gottes Gnade zugesagt wird, Sakramente genannt werden dürften. Dies zumal, als das vergebende Wort an den Sünder (↑Bußsakrament) (Mt 16;18; Jo 20), die geistspendende Handauflegung der ↑Firmung (Apg 8), die ↑Krankensalbung (Jak 5), die amtsverleihende ↑Handauflegung (Apg 6) biblisch sehr wohl bezeugt sind u. für die von Paulus herkommende Theologie die ↑Ehe durchaus Zeugnis u. Zeichen der erlösenden Liebe Jesu Christi zu seiner Kirche ist (Eph 5). d) Wenn l) die ev. Theologie aus Kirche als real greifbarer Größe in der Welt, die vor der Welt Jesus Christus als ihren Herrn bekennt, nicht eine bloß unsichtbare Gnadengemeinschaft machen will (was sie wenigstens heute im allgemeinen nicht will), wenn 2) dieser Kirche trotz aller Schwäche u. Versagen das bleibende Bestehen gegenüber allen Todesmächten durch die machtvolle Gnade verheißen ist, wenn 3) diese Kirche, um als solche zu sein, eine Ordnung, ein Gefüge, also ein Amt mit Vollmacht haben muß (wie immer man dieses Amt in Vollmacht des Herrn genauer denken mag), dann muß sie bekennen, daß sie dort, wo sie in absolutem Engagement ein Nein spricht gegen den ihr Wesen, das auf realisiertem Glauben an das apostolische Christuskerygma gründet, aufhebenden Un- u. Irrglauben, sie ein absolut verpflichtendes, definitives, bleibend bindendes (wenn auch die Fülle des gelebten Christuszeugnisses nie adäquat einholendes) Nein sprechen können muß u. tatsächlich auch sprechen will u. spricht (u. dieses Anathema u. Damnamus auch bei den Vätern der Reformation u. im sog. Kirchenkampf gesprochen wurde) u. ein solches Nein, soll es die Kirche als wahres Christuszeugnis nicht aufheben, durch die bewahrende Macht des Geistes nicht fehlgehen kann, also „unfehlbar» (nicht = adäquat) sein kann; sie muß dazu ferner bekennen, daß dieses richtende Nein vom Amt der Kirche gesprochen werden muß, soll das Amt wirklich in der Vollmacht Jesu Christi reden u. diese Vollmacht von Jesu Christi Sendung her haben. Ist dieses Amt der Kirche bleibend verfaßt als ein Kollegium, das als Nachfolge des Apostelkollegiums gelten kann, unter einer personalen Spitze, die das Petrusamt im Apostelkollegium weiterträgt, dann muß dieser obersten Autorität (dem Gesamtepiskopat in der Kirche u. ihrer personalen Spitze, dem Nachfolger des Petrus) diese „unfehlbare» Vollmacht der Glaubensentscheidung zukommen, insofern sie als von Jesus Christus bevollmächtigter Entscheidungsträger der ganzen Kirche handelt. Mit anderen Worten: Ist die Kirche in ihrem immer bedrohten Glauben immer auch die durch Gnade bewahrte u. ihr Glaubensverständnis je neu geschichtlich artikulieren müssende Kirche des Glaubens u. gibt es in ihr personale Träger von Vollmachten, dann muß es einen obersten Lehrer in der Kirche geben, der dort, wo er seine ganze Vollmacht als oberster Lehrer der Kirche total einsetzt, durch Gottes Erbarmen vom Irrtum bewahrt bleibt. Hier wäre nun nochmals zu sagen, was unter l b) gesagt wurde, u. es wäre hinzuzufügen, daß die Kirche, deren Herkunft von Jesus Christus zumindest zu präsumieren ist, dieses Verständnis der bleibenden Funktion des Petrusamtes, die sicher sowenig unbiblisch ist wie eine Lehre vom unfehlbaren Schriftwort, als endgültiges Selbstverständnis ihres Petrusamtes sich zu eigen gemacht hat.

3. a) Glaubt sich auch der Katholik in der einfachen Lage, die Herkunft seiner Kirche von Jesus Christus als präsumierbar zu ergreifen u. als Glaubender, der den Glauben seiner Kirche „von innen» erlebt hat, zu sehen, daß nichts Unchristliches am Selbstverständnis seiner Kirche ihn zwingt, diese Präsumption als überholt zu erkennen, so hat doch er u. die Kirche selbst die Pflicht, ihr Glaubensverständnis immer neu zu durchdenken, zu durchbeten u. zu entfalten unter der Frage, was an ihm es den anderen Christen guten Willens so schwer oder unmöglich mache, daran die reine u. volle Entfaltung des christlichen Glaubens zu erkennen, den auch sie bekennen u. leben. b) Umgekehrt haben die nichtkatholischen Christen u. Christenheiten offenbar die Pflicht, nicht darüber nachzudenken, wie die alte Trennung in der Aussage des Glaubens durch immer neue u. kompliziertere theol. Formulierungen immer neu gerechtfertigt werden könne, sondern darüber, wie die eigene Glaubensüberzeugung so gefaßt werden könnte, daß sie der alten Kirche, die nun einmal die Mutterkirche ist, als die vertiefte Einsicht ihres eigenen Glaubens erscheint. c) Die kath: Kirche aber sollte möglichst deutlich erfassen, daß Einheit des Glaubens u. Einheit der Kirche im u. unter dem Petrusamt nicht Uniformität der so geeinten Kirchen in Disziplin u. Theologie (vgl. ↑Pluralismus, theol. ↑Schulen) bedeutet. – ↑Ökumenische Bewegung.

Protoevangelium

(erstes Evangelium) wird der Satz Gn 3,15 genannt, weil er in der kirchlichen traditionellen Deutung (in seinem Vollsinn: ↑Schriftsinn) am Anfang der nachparadiesischen Menschheitsgeschichte den steten Kampf zwischen der Menschheit u. den bösen Mächten u. den heilshaft siegreichen Ausgang des Kampfes verheißt u. darin der Erlöser u. seine Mutter einschlußweise verheißen sind (vgl. DS 3514 3900ff; NR 483ff).

Protologie

(gebildet in Analogie zu ↑Eschatologie) ist die offenbarungsmäßige Lehre von den Anfängen der Welt u. der Menschheit (↑Schöpfung, ↑Stände des Menschen, ↑Paradies, ↑Monogenismus, ↑Urstandsgnade, ↑Integrität, ↑Adam, ↑Eva, ↑Erschaffung des Menschen, ↑Erbsünde). Die Protologie (Gn 1-3) braucht nicht aufgefaßt zu werden als eine durch die vielen Jahrzehntausende der Menschheit weiterberichtete Reportage der am ..Anfang» Beteiligten (Gott, Adam). Sie ist vielmehr die unter dem Licht der Offenbarung u. der gegenwärtigen heilsgeschichtlichen Erfahrung des Verfassers der Genesis geschehende Reflexion rückwärtsschließender Art (geschichtliche ↑Ätiologie) aus der gegenwärtigen Heils- u. Unheilssituation auf das, was am Anfang gewesen sein muß, soll die Gegenwart aus ihrer sie gründenden Vergangenheit verständlich werden. In solcher gegenseitigen Erhellung des entzogenen u. doch bleibenden Ursprungs (PAnfang, ↑Anamnese) u. der abkünftigen Gegenwart liegt die Bedeutung der P. für das Selbstverständnis des menschlichen u. christlichen Daseins (↑Schöpfungsberichte). Auch die (erst) mit Jesus Christus möglichen unüberholbaren Aussagen der P. können nur von einem uns entzogenen Anfang sprechen. Dieser kann darum von den profanen Wissenschaften vom Werden der Welt u. des Menschen grundsätzlich nicht erreicht werden, widerspricht diesen aber auch nicht.

Q

Qualifikationen

theologische (Zensuren), sind von Theologen oder unter Umständen vom kirchlichen Lehramt aufgestellte Einschätzungen von (wahren oder falschen) Lehrsätzen hinsichtlich der Frage, mit welchem Sicherheitsgrad ihre Übereinstimmung oder ihr Widerspruch mit der Lehre der göttlichen Offenbarung erkannt werden kann. Solche Q. werden in kurzen geprägten Formeln ausgedrückt. Es gibt aber kein verbindliches System solcher Q.; sie werden nicht immer u. überall gleich verstanden. Je nachdem der zu qualifizierende Satz als wahr oder falsch bezeichnet werden soll, gibt es positive u. negative Q., welch letztere dann Zensuren heißen. Hier werden nur die wichtigsten genannt. Ein Satz ist „göttlichen Glaubens» (de fide divina), wenn er eindeutig u. ausdrücklich in den absolut verbindlichen Glaubensquellen enthalten ist (das Gegenteil: Irrtum im göttlichen Glauben). Ist er als solcher auch vom kirchlichen ↑Lehramt festgestellt, dann ist er „göttlichen u. katholischen Glaubens» (de fide divina et catholica) (sein Gegenteil: formell häretisch). Ist ein solcher Satz auch noch eigentlich durch das außerordentliche Lehramt definiert (Papst, Konzil), ist er „definievten Glaubens» (de fide definita). ,, (Bloß) kirchlichen Glaubens» (de fide ecciesiastica) ist ein Satz, der als solcher nicht als direkt von Gott geoffenbart gilt, aber durch das unfehlbare Lehramt garantiert ist (↑katholische Wahrheiten) (das Gegenteil: Irrtum im kirchlichen Glauben). Eine Lehre, die „an den Glauben grenzt» (fidei proximum), ist ein Satz, der nach allgemeiner Lehre als eigentliche Offenbarungswahrheit gilt, aber von der Kirche noch nicht deutlich u. endgültig als solcher verkündigt wird (das Gegenteil: häresieverdächtig). „Theologisch sicher» (theologice certum) ist ein Satz, über dessen Wahrheit oder Enthaltenheit in der Offenbarung oder im notwendigen Zusammenhang mit ihr sich das Lehramt noch nicht sehr ausdrücklich oder endgültig geäußert hat, dessen Leugnung aber sehr greifbar u. nach dem mehr oder weniger einstimmigen Urteil der Theologen die Leugnung oder indirekte Bedrohung einer Glaubenswahrheit wäre (theol. Konklusionen verschiedener Art) (das Gegenteil: falscher u. verwegener [temerärer] Satz; theol. Irrtum). Andere, geringere Q. verstehen sich von selbst: durchgängige Lehre unter den Theologen, wahrscheinliche Ansicht, „fromme» Ansicht, geduldete Meinung, das religiöse Empfinden verletzende Meinung, verfängliche, Ärgernis erregende Ansicht usw. Die letzte Absicht solcher Q. ist sowohl der Schutz des Glaubens wie die Vermeidung einer Verwechslung von wirklicher göttlicher Offenbarung u. theologischen Meinungen.

Quietismus

heißt eine heterodoxe oder doch erzieherisch bedenkliche Richtung in der Theologie der Mystik in den romanischen Ländern des 17. Jh. (besonders M. de Molinos, Madame de Guyon, Fenelon; ihr Gegner: Bossuet; ähnliche Tendenzen in der Ostkirche im Hesychasmus des 12. Jh. u. im Westen in der Beginenmystik des 13. Jh.: DS891 ff). Sie erblickt die Vollkommenheit in der rein passiven Innerlichkeit selbstloser, völlig resignierter Liebe zu Gott, aus der jede Aktivität u. jedes eigene Heilsinteresse auszumerzen ist (↑Liebe). Von daher werden aktive ↑Askese, mündliches ↑Gebet, ↑Bittgebet u. nichtmystische ↑Betrachtung mehr oder weniger abgelehnt. Ein protestantisches Analogen ist der ↑Pietismus; beide eine Reaktion gegen eine dürre Schultheologie u. rational-stoische Willensaskese, die tiefere Kräfte des Menschen verschüttet, anstatt sie zu befreien u. zu formen. Der Q. wurde 1687 von Innozenz XI. u. 1699 von InnozenzXII. verworfen (DS 2201-2268 2351-2373).

Qumran

Ruinenfeld am Toten Meer, in dessen Umgebung seit 1947 in 11 Höhlen über 600 Handschriften u. Fragmente gefunden wurden, darunter die ältesten bekannten Handschriften des AT aus der Zeit vom 3. Jh. v.Chr. bis l. Jh. n.Chr. Mit Ausnahme von Esther sind alle Bücher des hebr. Kanons vertreten. Q. umfaßte „Kloster» u. Friedhof der Essener (= die Frommen), einer jüd. asketischen Priester- u. Laiengemeinschaft, die sich als heiliger Rest Israels mit eigenen Regeln u. Kalender (erhalten) verstand. Als sie 68 n.Chr. durch die Römer vernichtet wurde, blieb ihre Bibliothek in den Höhlen erhalten. Q. ist für die Rekonstruktion des ältesten Bibeltextes u. wegen zahlreicher Berührungspunkte (nicht mehr!) zum NT sehr wichtig.

R

Rationalismus

in der Theologie wäre es, wenn der Theologe sich in seiner Aussage nicht bewußt bliebe der Analogheit seiner Begriffe, des letztlich anbetenden u. preisenden Charakters des christlichen Bekenntnisses, der Verwiesenheit der satzhaften Aussage von sich weg auf die wirkliche Person, auf die hin u. von sich weg jeder theol. Satz hinweisen will (auf Gott u. seine Verfügung selbst), der offenen Verwiesenheit alles Ergreifens u. Begreifens in die Ergriffenheit durch das unbegreifliche Mysterium selbst. Die Theologie soll klar u. genau sein, sie (als wissenschaftliche Reflexion) kann nicht unmittelbar Gott preisendes u. den Menschen überführendes ↑Kerygma sein. Aber sie ist Glaubenswissenschaft, u. wo sie darum die echte Rückbindung in den personalen Glauben als Selbstüberantwortung an die freie Verfügung des absoluten Geheimnisses, das wir Gott nennen, absterben läßt, wird sie gescheites Geschwätz, das in seinem rationalistischen Scharfsinn nur Unglauben wirkt. Der in vielfältigen Formen auftretende R. in der Philosophie (↑Aufklärung) zwingt die Theologie zu intellektuel redlichen Aussagen u. zum Dialog mit der Welt in Gestalt heutiger ↑Wissenschaftstheorie.

Rechtfertigung

heißt nach kath. Lehre jenes Geschehen, in dem Gott durch seine freie Tat der Liebe den Menschen (nicht individualistisch verengt verstanden) in jenes Verhältnis zu sich bringt, das er als heiliger Gott vom Menschen fordert u. als Gott der schenkenden Gnade ihm zu geben bereit ist. Er tut dies, indem er den Menschen der göttlichen Natur teilhaftig macht (2Petr 1,4). Dies wiederum geschieht, indem Gott in der Tiefe des Wesens des Menschen seinen eigenen ↑Heiligen Geist als Geist der Kindschaft zu Gott (Röm 8,15; ↑Gotteskindschaft), der ↑Freiheit (2 Kor 3,17) u. der ↑Heiligkeit (Röm 1,4) wirksam u. den Menschen vergöttlichend wohnen läßt (↑Gnade,, ↑Selbstmitteilung Gottes) u. ihm von dieser – geglaubten, aber noch nicht reflex feststellbaren – Neuschöpfung durch das Wort des Glaubens u. durch die Zeichen der Sakramente (/Taufe) Zeugnis gibt. Diese rechtmachende (Röm 1,17; 6,20; 8,10; l Kor 15,17ff; Gal 5,5; Eph 4,24 u.ö.; DS 1528f; NR 798ff), nicht bloß juridisch imputierte Gerechtigkeit (DS 1520 1561 3235; NR 790 829) ist zugleich die Vergebung der Sünden (↑Erbsünde). Der Wille Gottes zur R. ist grundsätzlich in der Welt anwesend u. eschatologisch unwiderruflich u. gewiß durch die Menschwerdung des Sohnes Gottes (↑Jesus Christus), seinen Tod u. seine Auferstehung. Daß dieser Heilswille Gottes in Jesus Christus den Menschen gegeben ist, ist Gegenstand des ↑Glaubens; daß er gerade jeden Einzelnen trotz seiner Sündigkeit, in der er sich schüldhaft, wenn auch uneingestanden der Liebe Gottes versagen kann, wirksam trifft, ist Gegenstand vertrauensvoller ↑Hoffnung, aber nicht einer ihrer selbst sicheren, reflexen ↑Heilsgewißheit. Die Tat Gottes in der R. überspringt nicht den freien Selbstvollzug des Menschen (DS 1525 1554f 1559; NR 795 822f 827), sondern kommt gerade in der diese Selbstmitteilung Gottes annehmenden Freiheitstat des Glaubens, Hoffens u. der Liebe zu ihrer Wirksamkeit. Darum geht diese gottgeschenkte u. angenommene ↑Gerechtigkeit auch durch das schwer schuldhafte Sichversagen des Menschen der göttlichen Liebe gegenüber verloren (DS 1544 1577; NR 814 845). Insofern die R. am Menschen, dem geschichtlichen Wesen, ereignishaft geschieht, ist sie wahrhaft radikaler Übergang vom Zustand der Sünde in den der R. (nicht aber dialektische Koexistenz von Sünde und R.), sosehr der Mensch von der Sünde angefochten (↑Begierde) bleibt (DS 1515f; NR 357 f), einer sicheren subjektiven Reflexion auf seinen Zustand vor Gott nicht fähigist (DS 1533 f; NR 804), immer auch sündigt (DS 1573; NR 841) u. unter diesem dreifachen Aspekt der bleibt, der von seiner eigenen Verlorenheit zur Gnade Gottes flieht. Wegen der Geschichtlichkeit des Heilsfindens können der R. durch Gottes Gnade ermöglichte Akte der Vorbereitung auf sie vorausgehen (Glaube, unvollkommene ↑Reue [DS 1526f; NR 796f]) u. kann die Bewahrung bzw. Mehrung der R. (DS 1574; NR 842) den Menschen immer umfassender in Anspruch nehmen (↑Verdienst, gute ↑Werke).

Regula fidei

(Glaubensregel) bedeutet entweder ganz allgemein dasjenige, was als Norm oder Regel dem Glauben des einzelnen Christen vorgegeben ist: die ↑Offenbarung Gottes als Wort der ↑Heiligen Schrift u. der ↑Tradition, authentisch ausgelegt durch das ↑Lehramt der ↑Kirche, oder in einem engeren Sinn bestimmte, schon von den apostolischen Zeiten her in der alten Kirche vorhandene kurze Zusammenfassungen des christlichen Glaubens, die sich allmählich in die heute noch üblichen ↑Glaubensbekenntnisse verdichteten u. fixierten, besonders unter dem Aspekt, daß durch sie häretische Auffassungen abgewehrt werden sollten.

Reich Gottes

bedeutet a) die Geltung des heiligen u. heilschaffenden Willens Gottes (als Schöpfer, Erhalter, Gesetzgeber, übernatürlich Begnadigender) in seiner ganzen Schöpfung u. vor allem in Menschen u. Engeln u. b) die tatsächliche Durchsetzung dieses Willens (↑Basileia als zentraler Inhalt der Verkündigung Jesu). Insofern die Geschichte noch andauert, ist die Durchsetzung dieses Willens noch› im Werden, das R. G. also noch „am Kommen» (Mt 6,10). Insofern der freie Vollzug des Willens Gottes durch die Kreatur Gnade Gottes u. Tat der Kreatur ist, ist das R. G. reine Gabe Gottes, die er schenkt u. durch seine Macht verwirklicht u. die somit von ihm erbetet werden muß, und Aufgabe, die dem Menschen als „Bewahrheitung» der Verheißungen des Reiches der Gerechtigkeit, der Liebe u. des Friedens aufgetragen u. abverlangt wird (ohne daß dadurch ein ↑Synergismus entsteht). Insofern in Jesus Christus u. seinem Tod der Welt als ganzer diese siegreiche Gnade Gottes in eschatologischer Unwiderruflichkeit zugesagt u. in ihm offenbar geworden ist, ist das R. G. schon da u. der Ausgang der Weltgeschichte (als R. G., in dem diese Herrschaft die Herrlichkeit der Kreatur u. nicht ihre Verdammnis ist) nicht mehr offen (l Kor 10,11), wenn auch dieser Ausgang, auf den Einzelnen bezogen, noch offen u. Gegenstand der ↑Hoffnung ist (↑Heilsgewißheit) u. wenn auch im biblischen Sinn dieses R. G. eher „Reich Christi» genannt werden müßte. Dieses R. G. ist weder identisch mit einem immer nur vorläufigen Staatswesen noch einfach mit der Kirche dieser Zeit. die die. Gemeinde der an das kommende, die Weltgeschichte aufhebende R. G. Glaubenden, das ↑Ursakrament dieses Reiches u. als heilige Kirche sein verborgener Anfang ist, gerade wenn sie in ihrer eigenen Ohnmacht die Weise des Kommens der erlösenden Macht Gottes erkennt. Gerade darum hat die Rede vom R. G. eine kritische Funktion in Kirche u. Gesellschaft. – ↑Politische Theologie.

Reinheit

kultische: „Reinheit“ und „Unreinheit“ im kultischen Sinn meinen einen Unterschied in Dingen, Speisen, Handlungen der verschiedensten Art, die zwar als sittlich gleich indifferent, aber als (dauernd oder für bestimmte Zeit) mit dem Kult oder dem Kultausübenden entweder vereinbar oder unvereinbar betrachtet wurden; sei es weil das „Unreine» als besonders heilig (d.h. Gott vorbehalten) oder irgendwie dem Kult nicht geziemend galt. Solche Tabu-Vorschriften gab es (mit sehr verschiedener Sinndeutung) nicht nur in den meisten Religionen, sondern auch im AT: bestimmte sexuelle Vorkommnisse u. Handlungen, Berührung von Toten u. Aussätzigen machten eine Zeitlang unrein, viele Tiere u. Fleischarten durften nicht gegessen werden usw. (vgl. z.B. Lv 11-17). Auch hier ist die Deutung schwierig, zumal da alte, als selbstverständlich empfundene u. vielfach gar nicht mehr verstandene Gewohnheiten in die atl. Gesetzgebung übernommen wurden. Manches Hygienische wird mitspielen. Der Alltag wurde auf diese Weise mit einem religiösen Bewußtsein durchdrungen u. vom Lebensstil anderer Völker u. ihrer Religion abgesetzt (↑Beschneidung). Der Mensch wurde durch diese realen Gleichnisse auf eine höhere Wirklichkeit verwiesen (Hebr 9,13; 10,22 usw.; vgl. ↑Sakrament). Jesus Christus hat die Vorschriften der kultischen R. abgeschafft (Mt 15,1-20; Mk 7, 1-23) zugunsten des reinen Herzens. Die Durchführung dieser Emanzipation stieß in der ersten Christengemeinde auf Schwierigkeiten (Apg 10; 15 usw.).

Relation

(die Beziehung, das beziehendliche Sein) ist eine Seinsweise, die nicht notwendig immer bloß gedachter Art sein muß, sondern einem Seienden an sich selbst zukommen kann (reale Beziehung): das Alif-etwas (das Beziehungsziel)-hin-sein (die Beziehung)-von-etwas (dem Beziehungsträger) aufgrund einer bestimmten Eigentümlichkeit (Beziehungsgrund). Solche R.en sind vielfältig (die Beziehung der Ähnlichkeit, des Ursprungs usw.) u. können notwendig (transzendental, weil mit einer bestimmten absoluten Wirklichkeit als solcher schon notwendig gegeben u. mit ihr adäquat identisch) oder beiläufig (kategorial) sein. Zwischen zwei Seienden kann eine gegenseitige, im selben Beziehungsgrund gründende R. bestehen, so daß jedes Beziehungsträger u. Beziehungsziel ist. Dogmatisch ist die Lehre von den R.en wichtig, weil in der kirchlichen Lehre die Seinsart der drei göttlichen Personen in der ↑Dreifaltigkeit im Unterschied von dem einen göttlichen Wesen, das als solches ein absolutes, nicht relatives Sein ist, als R. bestimmtwird (DS 528 530 f 1330; NR 270 272 ff 281-284). Die vier göttlichen R.en (Vaterschaft, Sohnschaft, aktive „Hauchung» des Geistes, Gehauchtsein) begründen durch ihre Gegensätzlichkeit (wo diese gegeben) den Unterschied der drei Personen, machen, soweit dies bei einem absoluten ↑Geheimnis möglich ist, wenigstens negativ (abwehrend) verständlich, wie Gott dreifaltig in den (relativen) Personen u. doch einer in der Einheit des einen (absoluten) Wesens sein kann, u. machen den Begriff der ↑Perichorese verständlicher. Es kann das Axiom, daß, wo zwei Größen mit einer dritten identisch sind (hier die Personen mit dem göttlichen Wesen), sie miteinander identisch sein müssen, auf absolutes Sein beschränkt u. vom bloß relativen Sein verneint werden u. so die Grundschwierigkeit gegen die Dreifaltigkeit zwar nicht positiv ausgeräumt (was gar nicht erwartet werden darf), aber als nicht sicher zwingend dargetan werden.

Relativismus

nennt man die Meinung, der Mensch habe nur Wahrheiten, die in bezug auf ein bestimmtes endliches System (nämlich die Ganzheit seines je einmaligen Empfindens), neben dem es andere gleichberechtigte Systeme gebe, richtig seien. Dieser R. (als Satz von seiner allgemeinen Richtigkeit) ist schon darum sinnlos, weil ein solcher Satz sich selbst aufhebt, da er, bezogen auf ein bestimmtes System, von diesem als falsch abgelehnt werden kann. In der Theologie ist der R. insofern eine sich verführerisch anbietende Theorie, als es so mühelos (zu mühelos, um wahr zu sein!) gelingt, die sich widersprechenden Religionen u. theol. Systeme untereinander zu „versöhnen»: jeder hat recht u. keiner allein. Der R. in der Theologie scheitert aber schon an der Sachbezogenheit der Aussagen u. der Glaubensüberzeugung, daß die objektiven Wirklichkeiten u. das Verhältnis zu ihnen, die nicht Sätze sind, heilsentscheidend sind. Der Satz z.B., daß Jesus Christus wahrhaft auferstanden ist, kann nicht relativistisch versöhnt werden mit dem Satz, er sei nicht auferstanden. Er kann nur schlicht wahr oder falsch sein. Das Richtige, das der R. falsch ausspricht, ist die Analogheit (↑Analogie) unserer religiösen Erkenntnis, ihre notwendige Rückführung in das ↑Geheimnis, die Gefährlichkeit des ↑Rationalismus in der Theologie u. die Möglichkeit, daß unter bloß scheinbar sich widersprechenden Formeln, die die Sache von verschiedenen, objektiv möglichen Perspektiven sehen, dasselbe ausgesagt wird u. in solchen verschiedenen Formeln in seiner Fülle besser zur Aussage kommt, die Gefahr, an einer endlichen Formel erstarrt so festzuhalten, als ob sie die Sache selbst wäre.

Religion

Die sprachliche Bedeutung des Wortes R. ist nicht entschieden (Herkunft möglich von lat. relegere = sich oft hinwenden, gewissenhaft beobachten; religari = sich zurückbinden; reeligere = wiedererwählen). Phänomenologischwird R. häufig als „Umgang mit dem ↑Heiligen“ definiert, wobei „Umgang» eine große Bedeutungsbreite haben u. theoretische, ästhetische u. ethische religiöse ↑Akte umfassen kann. Nach Thomas v. Aquin hat die R. die Aufgabe, die Hinord nung des Menschen auf Gott zu tragen; für ihn sind alle, die nach dem Gott genannten Grund u. Ziel der Welt fragen, religiös. R. im engeren Sinn heißt die sich aus dieser Frage u. Reflexion (↑Gottesbeweis) ergebende, auch soziale Greifbarkeit annehmende ↑Gottesverehrung. In dieser allgemeinen Bestimmung von R. wird davon abgesehen, ob Gott sich zur Menschheit in ↑Selbstmitteilung verhält, die Bedingung des Hörenkönnens auf sein Wort selbst schafft u. seine Selbstmitteilung geschichtlich irreversibel in Jesus zur Erscheinung gebracht hat. In diesen Grundaussagen des ↑Christentums sind zweifellos Inhalte gegeben, die das Christentum wesentlich von anderen R.en unterscheiden u. damit die Frage aufkommen lassen, inwiefern das Christentum überhaupt legitim als R. verstanden u. bezeichnet werden kann (vgl. K. Barths Verständnis des Christentums als Gericht über alle R.en als Gemächte des sich gegenüber Gott selbst rechtfertigen u. behaupten wollenden Menschen). In neueren positiven Bewertungen der R. wird diese als Konkretion der unendlichen Transzendenz des Menschen, als Ausdruck der Unabgegoltenheit seiner Hoffnungen, wahren Bedürfnisse u. unendlichen Wünsche aufgefaßt. Die neuzeitliche Kritik der R. „von außen» entsteht im Zusammenhang mit dem jeweiligen Verhältnis der R. zur ↑Welt. Der R. im allgemeinen werden Wissenschaftsfeindlichkeit (↑Naturwissenschaft und Theologie), Behinderung der ↑Emanzipation u. ↑Demokratisierung, falsches Bewußtsein (↑Ideologie) u. Subjektivismus zur Last gelegt. Eine R.skritik „von innen» (im jüdisch-christlichen Traditionsstrang seit den ↑Propheten immer vorhanden) hat in allen R.sgemeinschaften, auch in der Kirche, in erster Linie die Gestalt des Konflikts zwischen ↑Amt (Institution) u. ↑Charisma. Im ev. Christentum ist (von D. Bonhoeffer her) eine Tendenz vorhanden, den ↑Theismus als Inanspruchnahme Gottes zur Erklärung der Welt, als Behauptung eines aktiven Weltregiments Gottes in Vorsehung u. als ideologische Stütze bestehender Verhältnisse u. damit auch als theoretischen Inbegriff für R. abzulehnen u. statt dessen einen „reinen» (häufig liturgieu. gebetslosen) Glauben u. vor allem den Weltdienst eines „religionslosen Christentums» in Solidarität mit allen Leidenden u. Benachteiligten zu fordern. Dieser Auffassung ist nicht die Rückkehr zur „Bewahrheitung» des Glaubens in der Praxis vorzuwerfen, aber es ist ihr deutlich zu machen, daß sie selbst sich nur der Tradition einer institutionellen R. verdankt u. dem immanenten Zwang zu konkreter gesellschaftlicher Artikulation unterworfen bleibt, also unvermeidlich die Tendenz hat, wieder R.sgemeinschaft zu werden. – Zum theol. Problem der wahren u. legitimen R. ↑Nichtchristliche Religionen.

Religionsfreiheit

ist die Freiheit eines Menschen, nach seinem eigenen Gewissen sich zu einer oder zu keiner ↑Religion zu bekennen u. dieses Bekenntnis auch insoweit zu äußern, als dadurch anderen kein Schaden entsteht. Das Menschenrecht der R. erstreckt sich außer auf Einzelne auch auf Religionsgemeinschaften. Das Recht der R. leitet sich aus dem Recht auf Freiheitsräume im allgemeinen ab (↑Toleranz); es steht in keinem Zusammenhang mit der „Wahrheit» oder „Falschheit» einer Religion; es betrifft nur das Verhältnis physischer u. moralischer Personen zur Gesellschaft, insbesondere zur öffentlichen Gewalt, in Sachen der Religion. Die kath. Kirche vertrat bis Pius XII. einschließlich die Auffassung, das Thema der R. sei notwendigerweise mit der Wahrheitsfrage verbunden u. die Wahrheit habe den Primat vor der Freiheit. Erst seit Johannes XXIII. („Pacem in terris» 1963) u. dem II. Vat. akzeptiert die kath. Kirche amtlich die R. In derKonzilserklärung über die R. wird die R. als Freiheit von jedem Zwang in religiösen Dingen definiert (RelFr. 2; die Grenzen der R. ergeben sich durch die öffentliche Ordnung: ebd 7); alle religiösen Gemeinschaften haben nach dem II. Vat. gleiche Rechte, keine Religionsgemeinschaft darf unlautere Werbung betreiben (ebd. 4). Das Konzil sucht die theol. Begründung der R. im Appell Jesu u. seiner Jünger an die Freiheit des Menschen (ebd. 9 II).

Reliquien

sind sterbliche Überreste von Heiligen, die von der Kirche ehrerbietig verwahrt u. mit einer gewissen (sich aber eigentlich auf die Heiligen selbst beziehenden: CICcan. 1255 § 2) Verehrung umgeben werden (↑Heiligenverehrung). Solche Verehrung darf nicht grundsätzlich abgelehnt werden (DS 1822 1867; NR 475 935 ff). Das schließt nicht aus, daß die konkreten Formen solcher Verehrung sehr dem Zeitgeschmack unterworfen sind u. nicht alle jedem Menschen zusagen. Diese Verehrung ist letztlich nicht von der Frage abhängig, ob der Auferstehungsleib des Menschen solche Überreste in sich einbeziehen wird oder nicht.

Repräsentation

Die objektive Einheit der Welt als vom einen Gott zu einem Sinn u. Ziel geschaffene, die sich in der alles umgreifenden Einheit des Horizontes des Geistes erstmals ankündigt, muß auch im personalen Bereich, wenn auch in seiner Weise, gegeben sein. Darum gibt es im übernatürlichen Heil (obwohl es die Frucht der unvertretbaren, je einmaligen Freiheitsentscheidung ist) keinen absoluten Individualismus. Auch hierin sind wir mitgetragen von der Entscheidung der anderen u. deren Folgen u. (positiv) auf andere angewiesen. Wo so die Entscheidung eines Einzelnen von dem Wesen des Handelnden u. der Natur seiner Entscheidung her eine besondere Heilsbedeutung für viele (oder alle) hat, kann man in der Theologie von R. sprechen: dieser eine steht dann wirklich für viele oder alle, er „repräsentiert» sie, ohne freilich ihnen ihre eigene Entscheidung abzunehmen, da diese mindestens gerade gefragt wird, ob sie Sinn u. Wirkung der repräsentativen Entscheidung des anderen für sich gelten lassen will oder nicht. So ist vor allem Jesus Christus als ↑Mittler der absolute Repräsentant der Menschheit in seiner stellvertretenden Erlösung. – Zu einem weiteren theol. Begriff der R. vgl. ↑Meßopfer.

Reprobation

nennt man den Willen Gottes, der (u. wo er) sich wegen der Voraussicht des endgültigen Neins der geschöpflichen Freiheit (u. nur so: DS 623 f 1567 2005: NR 835 875) auf die Verdammnis eines Menschen bezieht u. diese bewirkt (vgl. Mt 25,41; Röm 9, 15 ff) (positive, aber [dem geschöpflichen Nein] ..nachfolgende» u. unbedingte R.). Eine Lehre einer positiven u. unbedingten R., die der Schuld des Menschen logisch vorausginge u. so diese bewirken würde, wäre häretischer Prädestinatianismus. – ↑Prädestination, ↑Heilswille Gottes.

Reue

nennt man im theol. Sprachgebrauch die Umkehr (vgl. Mt 3,2; 4,17; ↑Metanoia) des Sünders in Glaube, Hoffnung u. Liebe zu Gott als von Gottes Gnade getragene Antwort des Menschen auf Gottes erbarmende Vergebungsbereitschaft in Jesus Christus. Sie ist also nicht Selbsterlösung, sondern zwischenpersonales Handeln Gottes u. des Menschen, in welchem die Gnade Gottes die freie, verantwortliche Antwort des Menschen auf sie selbst mit sich selbst schenkt. Gottes Liebe überwindet die Schuld des Menschen, indem sie den Menschen zur freien Gegenliebe bringt. Diese R. kann Phasen haben: wo sie zunächst den Abstand von der Sünde bringt (DS 1677 f 1705; NR 651 664), insofern sie Widerspruch zum heiligen Wesen u. Willen Gottes ist, weil die ↑Gerechtigkeit Gottes, die sich als Verwerfung des Sünders auswirkt, zu diesem Abstand (in Gesinnung u. Tat) bewegt, nennt man diese R. „unvollkommene R.» (attritio; vgl. ↑Attritionismus). Wo sie, wie sie es muß, zu ihrem eigensten vollkommenen Wesen aufwächst u. durch das ↑Bußsakrament selbst oder außerhalb seiner (wenn auch mit dem ausdrücklichen oder einschlußweisen Willen zu ihm: DS 1677f; NR 651) zur eigentlichen Liebe Gottes um seiner selbst willen aufwächst, so daß diese Liebe (ebd.) diesen Abstand zur Sünde schafft, trägt u. erhält, nennt man diese R. „vollkommene (Liebes-)R.» (contritio; vgl. ↑Kontritionismus). Wenn u. wo der Mensch überhaupt diesen Abstand zur Sünde als Schuld gegen Gott schafft, ist die Liebe zu Gott leicht, weil der Mensch die Freiheit seines Herzens notwendig absolut verschenken muß, an Gott oder das verabsolutierte Endliche. Darumist bei aller R. das praktisch Entscheidende: die desillusionierende Befreiung durch das Licht der erbeteten Gnade Gottes von der Tyrannis eines einzelnen, endlichen Lebenswertes, als sei ohne ihn das eigene Dasein unvollziehbar u. als könne man auf ihn auch gegen den Willen Gottes nicht verzichten. Das in der R. vollzogene Nein des Menschen zur freien Tat seiner Vergangenheit gilt dem sittlichen Unwert der vergangenen Tat u. der Haltung, aus der jene Tat als Konkretion hervorging. Dieses Nein bedeutet nicht ,,Katzenjammer», Flucht oder Verdrängung der Vergangenheit, sondern ist die richtige Weise, in der ein Mensch sich seiner Vergangenheit stellt, sich zu ihr bekennt u. seine Verantwortung für sie auf sich nimmt. Dieses Nein beinhaltet keine bloße Fiktion u. irreale Hypothese; es bestreitet nicht die unleugbare Tatsache, daß auch die böse Tat der Vergangenheit etwas „Gutes» wollte u. oft sehr viel Gutes hervorgebracht hat (auch an menschlicher Reife usw.). Psychologisch entsteht so für die R. oft ein fast unlösbar scheinendes Problem, wenn ein Nein gesprochen werden soll zu einem Ereignis, das wegen seiner guten Folgen vom Menschen kaum weggedacht werden kann. Hier wird statt einer analysierenden Reflexion auf die Vergangenheit die bedingungslose Hinwendung zum vergebenden Gott in Liebe der bessere Weg der R. sein.

Revolution, Theologie der Revolution

Soweit die aus der gesellschaftlichen Arbeitsteilung erwachsende Aufteilung der Gesellschaft in Gruppen, die über die Produktionsmittel, Institutionen u. Kommunikationsmöglichkeiten direkt verfügen können, u. solche, denen diese kategorialen Möglichkeiten personaler u. sozialer Selbstverwirklichung unverfügbar vorgegeben sind, nicht nur eine frei bejahte u. funktionale Unumgänglichkeit darstellt, sondern zur einseitigen Herrschaft der einen Klasse über die andere wird, ist eine Selbstnegation der Gesellschaft ihrem Wesen nach gegeben u. ein Konflikt dauernd latent vorhanden. Die Brisanz dieses Widerspruchs wird in dem Maße zur Krise einer Gesellschaftsordnung, wie den Beherrschten dieser Konflikt bewußt wird u. das soziale System die ausdrücklich gewordene Forderung der beherrschten Klasse nach mehr Freiheit u. sozialen Entwicklungsmöglichkeiten nicht mehr real zu erfüllen u. daher nur durch eine Versöhnungsideologie zu beschwichtigen vermag. R. im engeren Sinne ist die Zuspitzung dieses Konflikts zu einem grundlegenden u. gewaltsamen Umsturz der bestehenden Verhältnisse in zeitlich begrenzter Frist. Die R. als radikale Neuorganisation einer Gesellschaft u. ihrer Produktionsverhältnisse unterscheidet sich daher von systemimmanenten Reformen dadurch, daß sie die Prinzipien eines sozialen Systems selber angreift u. die im System selber vorgesehenen Vermittlungen u. Problemlösungsmöglichkeiten übersteigt. Staatsrechtlich gesehen, muß daher eine R. im Sinne der bestehenden Herrschaftsordnung immer illegal sein, da sie sich ja gerade nicht auf die im System angebotenen Möglichkeiten stützen kann. Eine erfolgreiche R. setzt jedoch ihrerseits wieder neues Recht. Ziel jeder R. ist das Gute in Form der Freiheit, als Freiheit von Not, Ausbeutung, Unrecht u. Erniedrigung. Das der R. oktroyierte Mittel ist die gewaltsame Auseinandersetzung, ohne die das bestehende Regime mit seiner direkten u. strukturellen Gewalt nicht beseitigt werden kann. In der Regel vollzieht sich die R. dadurch, daß eine revolutionäre Gruppe oder Partei versucht, im Namen des Volkes die politische Macht im Staate zu erobern. Die dabei prinzipiell sich aufdrängende Frage nach der Priorität, ob zuerst das Bewußtsein revolutioniert sein muß, bevor der Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse betrieben werden kann, oder ob die politische R. erst ein neues Bewußtsein schafft, kann als abstrakt gestellte nicht im Sinn eines zeitlichen Nacheinanders beantwortet werden. Vielmehr ist vor dem Hintergrund einer Neubestim mung des Verhältnisses von Theorie u. Praxis zuerst die Frage nach der objektiv revolutionären Situation u. dem revolutionären Subjekt zu stellen. Nur wenn beides vorhanden ist, können revolutionäres Bewußtsein u. revolutionäre Praxis als sich wechselseitig bedingende Faktoren entstehen u. sich auswirken. Die beherrschte Klasse kommt den Verhältnissen in dem Maß auf den Grund, wie sie die praktische Beseitigung der bestehenden Widersprüche betreibt. Die revolutionär umgewandelten Institutionen erfordern zu ihrer Handhabung den revolutionär verwandelten Menschen. Tritt eines von beiden alleine auf, entsteht meist Chaos oder Restauration. Geschichtstheoretisch bleibt dabei die Frage offen, ob die gleichzeitige Herstellung von Freiheit u. Gleichheit auf der Basis gesellschaftlichen Überflusses überhaupt u. endgültig gelingen kann. Die zeitgenössische Theologie der R. (meist prot. Ursprungs, durch die Sozialenzykliken der Päpste Johannes XXIII. u. Paul VI. jedoch ebenfalls ermutigt; vgl. auch DS 3775 f) versteht sich nicht so sehr als adäquate Antwort auf diese Problemstellung u. ihre geschichtstheoretischen Implikationen, sondern eher als Versuch, unter Rückbesinnung auf den eschatologischen Charakter der christlichen Heilsbotschaft angesichts aktueller sozialer Krisensituationen (besonders in der Dritten Welt) zum Abbau ungerechter Herrschaft u. zur Ermöglichung einer menschenwürdigen Gesellschaftsordnung beizutragen. In diesem Sinne versteht sich die Theologie der R. nicht nur als sozialkritische Hermeneutik des Glaubens, sondern auch als konkrete politische Option u. fordert als solche auch das strategische Bündnis mit den politischen Organisationen der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen. K. F.

S

Sabellianismus

ist eine die ↑Dreifaltigkeit leugnende Häresie des 3. u. 4. Jh. (Begründer Sabellius, in Rom um 220 exkommuniziert), eine Spielart des ↑Monarchianismus (↑Modalismus): Die Dreiheit in Gott ist eine solche der bloßen Beziehungen (Offenbarungsweisen) des in sich schlechthin einen u. selbigen Gottes zur Welt, so daß Gott mit der Menschwerdung aufhört, Vater zu sein, mit der Himmelfahrt aufhört, Sohn zu sein (DS 112-115; NR248f).

Sadduzäismus

(vielleicht von Sadok [Hoherpriester] abzuleiten: Ez 40,46 usw.) war die Auffassung einer politisch-religiösen Partei skeptisch-liberaler Prägung im Judentum zur Zeit Jesu (Gegenspieler der Pharisäer), vertreten von den herrschenden Kasten (Priester u. Patrizier); er wollte nur die Theologie gelten lassen, die sich in den älteren Schriften des AT findet, u. verwarf die Auferstehung des Fleisches (Mt 22,23), die Existenz der Engel (Apg 23, 8) u. überbetonte Freiheit u. Selbstverantwortung des Menschen.

Sakral und profan

Sakral (ein neulat. Kunstwort = auf das Sacrum, Heilige bezogen) bezeichnet das dem ↑Heiligen Zugehörige: den ↑Kult, die durch ↑Weihe ausgezeichneten Personen u. Sachen usw. Profan (das, was „pro» -= vor dem „fanum» = heiligen Bereich liegt) bedeutet die Weltlichkeit der ↑Welt, in der diese gegenüber Religion u. Kirchen einen Anspruch auf Autonomie erhebt. Dem Schema liegt die Vorstellung zugrunde, ein Bereich der Welt lasse sich ausdrücklich für das Heilige reservieren, Menschen u. Dinge ließen sich dorthinein absondern u. primär dem (überwiegend rückwärts gewandten: ↑Anamnese) Kult zuordnen u. nur in diesem Bereich sei unmittelbarer Bezug zu Gott möglich. Das Christentum versteht die Welt als profan, d. h. von Gott in einen Prozeß wachsender Selbständigkeit (u. zugleich wachsender Nähe zu Gott in dem in Jesus definitiv u. unüberbietbar gewordenen Prozeß der ↑Selbstmitteilung Gottes) eingesetzt. Sich selbst versteht das Christentum aber nicht als sakral, da es als ganzes nicht aus der Welt ausgegrenzt, sondern zum Selbstvollzug in die Welt eingestiftet ist. Die christliche Distanz u. Kritik gegenüber der konkupiszenten Situation der Welt besteht nicht in der Schaffung eines Sakralbereichs. Auch der zentrale Vollzug des Christentums in der Eucharistie, in der das „profane» Leben u. Sterben Jesu vergegenwärtigt u. Impulse für die Verwirklichung der Verheißungen des Reiches Gottes in der Welt gewonnen werden, ist nicht eine Sakralhandlung, in der etwas oder jemand weltlos würde. Um so weniger sind kirchliche Personen u. Institutionen, die immer auch vom Geist der Welt geprägt sind, sakral. Das Begriffspaar ist also ungeeignet, das Welt- u. Selbstverständnis des Christentums zum Ausdruck zu bringen.

Sakrament

(lat. zuerst Fahneneid, auch ↑Initiation; wörtlich = Heiliges). Das Grundwesen des S.es ist das Wort; die „Materie“ hat im Grund dem Wort gegenüber nur eine sekundäre, das Wort verdeutlichende Funktion. Das in der Kirche im Namen u. Auftrag Gottes u. Jesu Christi gesagte Wort hat grundsätzlich „exhibitiven“ Charakter, d.h., es bewirkt, was es anzeigt, nämlich Gottes Gnade. ↑Wort Gottes im strengsten u. eigentlichen Sinn kann es ja nur als Ereignis seiner ↑Gnade geben. Das Wort des Evangeliums ist immer getragen von einer von Gott her u. nicht bloß vom guten Willen des Menschen her tatsächlich wirksamen Gnade. Dieses Wort des Heils im Mund der glaubend verkündigenden Kirche als eschatologisch siegreiches Wort ist letztlich an die Welt gerichtet: die Kirche ist Trägerin jenes eschatologisch siegreich heilschaffenden Wortes der Selbstzusage Gottes an die Welt. Daher ist die Kirche das Grund- oder ↑Ursakrament (vgl. II. Vat., Kirche 19 48 59; Kirche/Welt 42 45; Miss. 15 u.ö.). Die Kirche ist durch ihren glaubend gehörten u. verkündeten Glauben an die in Jesus Christus eschatologisch siegreiche Gnade Gottes das S. des Heils der Welt, weil sie jene Gnade in der Welt als eschatologisch siegreiche anzeigt u. präsent macht, die aus dieser Welt nie mehr weichen wird u. diese Welt unüberwindlich auf das vollendete ↑Reich Gottes hinbewegt. Dieses sakramentale Zeichen der Gnade ist einwirksames Zeichen, nicht weil es den ohne es nicht bestehenden Gnadenwillen Gottes hervorrufen würde, sondern weil durch es eben dieser Gnadenwille Gottes sich selbst zur geschichtlichen Erscheinung bringt u. so sich selber auch geschichtlich unwiderruflich macht: das S. wirkt als ↑Opus operatum. Das Wesen des S.es ist also nur richtig zu begreifen,wenn das Opus operatum von der eschatologischen Situation des Heils in Jesus Christus her verstanden wird: weil diese Ordnung die letzte u. endgültige u. siegreiche ist, ist gerade die in ihr gegebene Heilszusage absolut u. in ihrer von Gott her absolut ernst gemeinten Gültigkeit nicht an die sittliche Verfassung dessen gebunden, der diese Zusage dem anderen Menschen ausrichtet (DGL: DS 1612; NR 517), nochwirksam wegen der ↑Disposition u. ↑Intention des Adressaten dieser Zusage, wenn diese auch die (evtl. durch die Zusage selbst bewirkte) Voraussetzung des „Ankommens» der Gnade beim einzelnen Menschen als solchem ist (DS 1606 f; NR 511f),wobei der Sieg dieser Zusage im allgemeinen u. ganzen nochmals von der Gnade selbst bewirkt u. als tatsächlich eintretend proklamiert ist in der eschatologischen Eigenart dieser Zusage. Wo die Kirche im absoluten Engagement ihrer selbst diese Zusage im Namen Gottes u. JesuChristi absolut macht auf den Einzelnen hin in entscheidenden Situationen der Heilsgeschichte dieses Einzelnen, ist dieses Opus operatum in Gestalt der Einzel-S.e gegeben. Entsprechend dem sozialen Charakter der Kirche u. der inkarnatorischen Struktur der Gnade u. des Heiles geschieht diese Zusage notwendig, um wirklich absolutes Engagement der Kirche als der eschatologisch siegreichen Präsenz u. Repräsentanz der Gnade Gottes in Jesus Christus zu sein, in einem bestimmten „Zeremoniell» (vgl. DS 1613; NR 518) (wie jeder feierliche, amtliche Akt einer Gemeinschaft). Dieses Zeremoniell kann in bloßen Worten (bestimmter Gestalt: ,,↑Form«) bestehen (Vergebungswort, Eheabschluß), oder das immer notwendige Wort kann verbunden sein mit einer liturgischen Geste (der ,,↑Materie«, z. B. Handauflegung), oder es kann bestehen in einem liturgischen Tun, das Wort u. Geste durch Verwendung einer stofflichen Wirklichkeit (Abwaschung mit Wasser, Salbung mit Öl oder Chrisam, Darreichung einer Speise) noch mehr verdeutlicht (Taufe, Firmung, Eucharistie, Krankensalbung). Insofern Jesus Christus durch sein gemeindebildendes Leben, durch ↑Kreuz u. ↑Auferstehung die Kirche als die repräsentative Präsenz seines eschatologisch siegreichen Heiles gewollt hat, sind grundsätzlich die S.e als absolute Vollzüge dieser siegreichen Gnadenpräsenz auf den Einzelnen in seinen entscheidenden Situationen hin schon von Jesus Christus „gestiftet». Darüber hinaus haben wir (ohne daß dies für alle S.e als grundsätzlich nötig erklärt werden muß) auch historisch überlieferte Auftragsworte Jesu für /Taufe (Mt 28,19), ↑Eucharistie (Mt 26, 26-28; Mk 14, 22-24; Lk22, 19-20; l Kor ll,24f) u. ↑Bußsakrament (Mt 16,18f; Jo 20,22f) (vgl. auch, was das ↑Amt betrifft, ↑Schlüsselgewalt, ↑Binde- u. Lösegewalt). Die genauere Bestimmung des gültigen Ritus in seinen konkreten Einzelheiten oder die entfaltende Teilung eines sakramentalen Handelns in mehrere Phasen (↑Ordo) ist aus der Natur eines solchen sozialen Geschehens heraus Sache der Kirche. Die Kirche hat erst im II. Jh. diese ihre eigenen vielfältigen u. innerlich untereinander verschiedenen Grundvollzüge unter einen gemeinsamen formalen Begriff, eben des S.es, gebracht (ex opere operato wirksames Zeichen der Gnade, von Jesus Christus als bleibendes Zeichen gestiftet). Seit dieser Zeit zählt sie (auch in Übereinstimmung mit den Ostkirchen) sieben S.e (DGL: DS 1601; NR 506): die Initiation des Menschen in die Kirche (Taufe) u. seine von daher ausdrücklich gemachte (extrapolierte) Weitsendung im Heiligen Geist (Firmung); die Wiederversöhnung des getauften, reuigen Sünders (in der Wiederbelebung der Taufgnade) mit der Kirche u. Gott im kirchlichen Vergebungswort (Buße); die zentrale Feier des Abendmahls Jesu als die anamnetische Gegenwart seines Erlösungsopfers in der kultischen Opferfeier, die Feier der liebenden Einheit der Kirche, die prognostische Vorwegnahme des Gastmahles im Reich Gottes (in der Eucharistie); die fürbittende u. weihende Hilfe der Kirche in dem Dringend- u. Drängendwerden der Todesverfallenheit des Menschen in schwerer Krankheit (in der Krankensalbung); die Weitergabe des Amtes u. des Amtscharismas (im Ordo) u. die Heiligung der ehelichen Liebe in deren Einbeziehung in das Mysterium der einenden u. vergebenden Liebe Jesu Christi zur Kirche (Ehe). Diese Siebenzahl solcher radikalen exhibitiven Gnadenworte in der Kirche wird von der Kirche nicht bloß einfach als gegeben festgestellt, sondern impliziert eine geschichtliche Entscheidung der Kirche selbst, in der die Kirche eben diesen u. nicht anderen Worten jenes absolute Engagement der Kirche zuerkennt, das für ein solches radikal exhibitives Gnadenwort, S. genannt, vom Wesen der Sache her notwendig ist. Die S.e enthalten, bezeichnen u. verleihen in einer Instrumentalursächlichkeit die Gnade, indem sie diese anzeigen. Der bevollmächtigte Spender der S.e ist je nach dem S. verschieden (bei der Ehe ist es der Laie, bei der Taufe gegebenenfalls auch). Zur Heilsnotwendigkeit der S.e vgl. DS 1604; NR 509; ↑Heilsnotwendigkeit.

Sakramentalien

sind (in der Definition des kirchlichen Rechtsbuches can. 1144) Sachen oder Handlungen, deren sich die Kirche in einer gewissen Nachahmung der ↑Sakramente zu bedienen pflegt, um aufgrund ihres Gebetes Wirkungen vor allem geistlicher Art zu erlangen. Zu den S. gehören liturgische Gebete u. Handlungen (..Zeremonien») bei der Sakramentenspendung, Beschwörungen (Exorzismen), Segnungen, Weihungen von Gegenständen (Kelchen, Rosenkränzen usw.) u. deren darauffolgender Gebrauch. Der Sache nach kommen alle S. darin überein, daß sie fürbittende Gebete der Kirche sind (oder darauf beruhen u. sich darauf beziehen), durch die die heilige Kirche fürbittend für jemanden eintritt: für den, dem sie ein Amt gibt (z.B. Abtsweihe), der einen „geweihten» (d. h. amtlich u. exklusiv in liturgischen Dienst gestellten) Kultgegenstand (Weihwasser, Kelch usw.) oder profanen Gegenstand (Hausweihe, Autosegnung) benützt u. sich bei dieser Benützung auf diese Fürbitte der Kirche bezieht, für Menschen in bestimmten Lebensumständen (Muttersegnung, Exorzismen usw.). Diese „Fürbitte» besteht nicht nur in dem Gebet, das beim Vollzug der S. vom Priester (eventuell hastig u. gedankenlos) gesprochen wird; dieses ist vielmehr vor allem Ausdruck des wahren Gebetes, das explizit oder implizit die gerechtfertigten Glieder des einen Leibes Jesu Christi immer füreinander verrichten. Die S. sind sinnvolle u. an sich segensreiche religiöse Vollzüge des leibhaftigen Menschen in der greifbaren Gemeinschaft der Kirche (analog dem Sinn der Sakramente).Siedürfennichtverworfenwerden(DS 1255161317461775; NR 518 602 717), in der Weise des privaten Gebrauchs der S. ist der einzelne Christ frei. Die Gefahr des Aberglaubens u. der Magie ist zu sehen u. zu überwinden.

Sakramententheologie

behandelt Wesen u. Eigenart der sieben Sakramente. Sie sucht zunächst das Gemeinsame aller Sakramente herauszuarbeiten (Herkunft von Jesus, Struktur der sakramentalen Zeichen, ↑Opus operatum, Unterscheidung zwischen gültigem u. gnadenhaft wirksamem Empfang, der sakramentale ↑Charakter bei drei Sakramenten usw.) u. behandelt dann der Reihe nach die einzelnen Sakramente. Dabei ist die Gefahr zu vermeiden, die einzelnen Sakramente nur als schlechthin gleichartige „Fälle» des allgemeinen Begriffes des Sakramentes zu sehen (DS 1603). Die einzelnen Sakramente sind vielmehr zu sehen auch als spezifisch verschiedene Realisationen des christlichen Daseins im Sakramentenempfänger u. des Wesens der ↑Kirche. Ihre Darstellung wäre daher zu verbinden mit der Beschreibung der jedem einzelnen Sakrament zugeordneten gnadenhaft existentiellen Haltung des Christen (sterbende Distanzierung zur Welt; Sendung in die Welt im Geist; dauernd erneute Bereitschaft zur Aneignung des Kreuzes Jesu, der Kirche, des neuen Lebens; priesterliche Existenz; eheliche Existenz; Annahme der Ohnmacht des Menschen als Kraft Jesu Christi).

Säkularisierung

ist als theologischer Begriff vom historisch-rechtlichen Phänomen der Säkularisation als staatliche Einziehung kirchlichen Eigentums streng zu unterscheiden. S. meint auch nicht die Verweltlichung religiöser Gehalte oder ihre Verdrängung aus der Öffentlichkeit, sondern die aus dem Glauben kommende Anerkennung der Eigenständigkeit u. Sinnhaftigkeit einer weltlichen Welt (J. B. Metz). Die theologisch fundierte S. wendet sich ebenso gegen eine religiöse Vereinnahmung der Profangeschichte, wie sie den Dienst des Christen an der Gesellschaft u. seinen Beitrag zum Aufbau einer menschlicheren Welt unter seine ureigensten Pflichten rechnet. Die gesellschaftlich-politische Diakonie des Christen entfremdet ihn daher nicht seiner ureigensten Bestimmung, sondern bringt diese durch ihre historischen Vermittlungen hindurch zu konkreter Anschaulichkeit. K. F.

Sarx

(griech. = Fleisch) ist in der Schrift nicht das, was wir heute «↑Leib» nennen, sondern bezeichnet den ganzen Menschen zunächst als leibhaftiges Wesen mit seiner Schwäche, Hinfälligkeit, zwangshaften Gesetzlichkeit u. Todverfallenheit, die auch seine geistig personale Wirklichkeit mitcharakterisieren (ähnlich. «Fleisch u. Blut»: Mt 16, 17; 19,5; 24,22; Röm 1,3 usw.). In diese S. sandte Gott seinen Sohn, um den Menschen zu retten (Röm 8,3). Der Mensch in der S., als „natürlicher», ist unterschieden vom Geist (↑Pneuma) als der heiligenden u. belebenden Gottesmacht, die allein die Rettung u. Verklärung des ,,Fleisches» bewirken kann (Mt 26,41; Jo 6,63; Röm 7,5f; 8, 3-14; Gal 3,3 usw.; vgl. auch ↑Trichotomismus). Dieses so vom Pneuma Gottes (u. der pneumatischen Durchdringung des Menschen durch den Gottesgeist) unterschiedene Fleisch wird schließlich so das sich gegen diese Gabe des Heiligen Geistes versperrende, immer neu Sünde u. Tod bewirkende, mit der ↑Welt verbündete, dumpf-irdische Wesen des Menschen (l Kor 5,5; Gal 5,16ff; 6,8 usw.), ohne daß dieser ↑Dualismus in der geschichtlichen, sich entscheiden müssenden Freiheitsexistenz sich zu einem absoluten Wesensdualismus übersteigert u. die natürliche Wirklichkeit des Menschen schon in sich selbst als böse gewertet werden darf. – In kollektiver Verwendung kann S. die Gemeinschaft (Gn 2,23), die Menschheit (Gn 6,12) oder alle „körperhaften Wesen» (Gn 6,17) bezeichnen.

Satisfaktionstheorien

Die Theologie der ↑Erlösung muß so vieldimensional sein, wie diese als höchster Akt des Gottmenschen notwendig ist. Sie muß daher schon (in einem „physischen» Aspekt der ↑Soteriologie) die Menschwerdung selbst als höchste, geschichtliche u. unwiderrufliche Selbstmitteilung Gottes an die Welt sehen, in der der allgemeine ↑Heilswille Gottes zur Welt schon mitgegeben, die ↑Christozentrik u. die übernatürliche Zielsetzung für die ganze Schöpfung schon unaufhaltbar gesetzt ist. Diese Theologie kann dann den Akt Jesu Christi (im Leben u. im Kreuzestod als strengste Einheit einerpersonalen Geschichte), der von vornherein als Vollzug der angenommenen menschlichen Wirklichkeit vom Logos als seine eigene Geschichte gewollt u. angenommen u. gewirkt war, in biblischem Sinn sehen als „Gehorsam» (Phil 2,6-11 usw.), der in die ↑Kenosis hineingeht, u. als „Opfer» (l Kor 5,7; Eph 5,2; Hebr passirn; DS 261 539; NR 218), die aus ihrem Wesen heraus Jesus zu dem erhöhten Herrn machen, dessen Wirklichkeit (als Auferstehungsherrlichkeit) auch schon den nicht mehr aufhaltbaren Anfang der Welterlösung bedeutet, weil sie ja als die des Menschensohnes u. Bruders› (Röm 8,29) ein Stück der einen Welt Gottes ist u. bleibt u. darum das übrige dieser Welt nicht einem absolut anderen Schicksal überlassen kann. Man kann die Tat Jesu Christi als Ausleiden der Tyrannei der versklavenden Weltmächte (Sünde, Gesetz, Tod, Zeit usw.) sehen, die, weil vom Sohn erfahren, darin überwunden sind (Gal 4,3-7; Röm 6,6ff; 8, 19-23.38f usw.). Die Tat Jesu Christi kann aber auch unter einem formalen Gesichtspunkt genauer analysiert werden: sie ist die freie sittliche Tat (des Gehorsams u. der Liebe), die darum einen ..unendlichen» sittlichen Wert bedeutet, weil sich der sittliche Wert einer Handlung vor Gott nicht nur nach der Inhaltlichkeit der Handlung, sondern nach der Würde der sie setzenden Person bemißt, diese aber im Falle des Gottmenschen, der Person des ewigen Logos, von göttlich unendlicher Würde ist. Wird diese Handlung dann gesehen als Kompensation u. Ersatz der ↑Ehre, die die Sünde in der Welt Gott vorenthält, wird vorausgesetzt, daß dieser ..unendliche» Wert der Tat Jesu von Gott frei als solche ↑Genugtuung für die Beleidigung der Sünde angenommen ist (u. diese Voraussetzung ist doch wohl mit der in der Schrift bezeugten Tatsache der Erlösung gegeben), dann kann man sagen: Jesus Christus erlöst, indem er stellvertretend für die Menschen eine unendliche Genugtuung für die Sünde der Welt leistet. Das ist der Kern der seit Anseim v. Canterbury (t 1109) in der kath. Theologie allgemein rezipierten, vom kirchlichen Lehramt übernommenen, aber nicht eigentlich definierten „Satisfaktionstheorie» (DS 1025 1027 1528f 3891; NR 677 679 798ff. Von den kirchlichen Dokumenten wird meist nur die Glaubenstatsache der Erlösung selbst ohne weitere Erklärung ausgesprochen). Diese Satisfaktionstheorie findet in der Schultheologie nochmals (ähnlich wie die Theorie des ↑Opfers) ihre verschiedenen Nuancierungen, je nachdem wie der Begriff der Stellvertretung (der Identifikation Jesu Christi mit der schuldigen Menschheit), der Sünde als personaler Beleidigung Gottes (DS 3891), die Bedeutung der Würde der Person für den Wert ihres Aktes genauer artikuliert werden u. vor allem je nachdem wie die Vorstellung einer ..Bestrafung Christi» anstelle der Sünder herangezogen oder (richtig) abgewehrt wird, der faktische Charakter des Leidens bei der Genugtuung Jesu Christi als für diese innerlich wesentlich oder nur zufällig betrachtet wird u. so das Kreuz auch Ausdruck der Heiligkeit u. Strafgerechtigkeit Gottes oder nur seiner erbarmenden Liebe ist, was wiederum auf eine vertiefte Theologie des ↑Todes überhaupt verweist. Es darf nicht übersehen werden, daß die Vorstellungen von Genugtuung, Sühneopfer usw. zeitbedingt, d.h. nur unter bestimmten geistesgeschichtlichen u. kulturellen Verhältnissen wirklich hilfreich sind u. auch schwere Mißverständnisse (z. B. von einem erst noch umzustimmenden Gott, der nicht selber Ursache seiner Versöhnung ist) hervorrufen können.

Scheol

war für das AT u. vor allem das Spätjudentum der ..Aufenthaltsort» der Toten, der Hades des AT: finsteres, freudloses Schattendasein, fern von Gott u. wahrem Leben. Erst in späterer Zeit differenzierte sich dieser Ort in einen besseren für die Guten u. einen Strafort für die Bösen (Lk 16, 22-24). Die Sch.vorstellung ist die Objektiva tion a) der Überzeugung von der bleibenden Existenz der Toten; b) des ↑Todes u. seiner Erfahrung selbst (nicht so sehr eines eigentlich danach kommenden Daseins, weshalb man auch nicht sagen kann, das AT sage über das Leben „nach dem Tode» etwas Falsches): was als Theologie der Seh. gesagt wird im AT (besonders auch in den Psalmen), kann u. muß von uns als atl. Theologie der menschlichen Todeserfahrung als der absoluten Grenze vom Menschen allein aus gesehen werden, über die er gerade nicht dadurch verfügen kann, daß er erklärt, mit dem Tod „sei alles aus»; c) der Unerlöstheit dieser Todessituation, deren christliche Erlösung (Phil 1,20-26; Röm 8,38f: l Kor 15; Lk 23,42f.46; l Thess 4, 13-18) dadurch gerade antizipiert wird, daß das Rätsel des Todes, das in der Sch.vorstellung des AT dargestellt wird, gehorsam Gott überlassen wird.

Schicksal

Für den Christen gibt es insofern Seh., als das freie bewußte Tun seines Lebens immer geschieht in einem Sich-selbst-schon-irnmer-Ausgesetzthaben an das andere der Welt, an das Unberechenbare u. Unverfügbare (zumal ja auch Gott selbst wesentlich das Geheimnis bleibt) u. so das Geplante des Lebens tatsächlich das fremde Zugeschickte wird. Überdies entmachtet der ↑Tod den Menschen, u. die größte, umfassendste u. letzte Tat ist die glaubend gehorsame Annahme dieser absoluten Ohnmacht. Aber für den Glaubenden ist dieses Seh. keine unpersönliche Macht, vor der er nur verstummen könnte, oder als solche ist sie in Jesus Christus entthront (vgl. Röm 8, 31-39). Denn das unverfügbar Zugeschickte u. Auferlegte ist von Gott, den der Christ anredet als seinen Vater, entmächtigt durch den Geist Gottes selbst. Gott ist zwar das Geheimnis, aber darin der um sich selbst Wissende, der sich u. so den Sinn seiner Schickung Mitteilende, die freie Liebe, die weise ist, Ehrfurcht vor der Kreatur hat u. in der Menschwerdung das Seh. sich selber zugeschickt hat. Die gehorsame Annahme des Sch.s, die es verwandelt, ist, weil u. insofern sie in der Gnade als ↑Offenbarung geschieht, schon ↑Glaube u. (wo zu ihrer Vollendung kommend) ↑Liebe, schon anonymes Christentum, Annahme, die Überwindung ist, Erlösung des Schicksals.

Schisma

ein griech. Begriff, der die Spaltung der kirchlichen Einheit bezeichnet. Diese liegt nach dem kirchlichen Rechtsbuch (can. 1325 § 2) dann vor, wenn ein Getaufter sich weigert, sich dem Papst unterzuordnen oder mit den Kirchengliedern, die dem Papst untergeordnet sind, in Gemeinschaft zu leben. Sie wird im NT noch nicht von ↑Häresie unterschieden. Theol. problematisch ist, wie es nach der Definition des Jurisdiktionsprimates des ↑Papstes noch ein Sch. geben könne, das nicht gleichzeitig Häresie ist.

Schlüsselgewalt

Nach Mt 16, 19 sind dem Petrus die „Schlüssel der fBasileia“ gegeben. Nach spätjüdischer Anschauung sind die Schlüssel (ein Bildwort im Zusammenhang mit dem ..Eingehen» in die Basi ‹ leia) in der Hand Gottes, der sie zuweilen menschlichen Beauftragten übergibt (vgl. auch Lk 4,25; Apk 3,7 mit ls 22,22; Lk 11,52; Mt 23, 13; Apk 9, l; 20, 1.3); sie bedeuten den Heilsweg, nicht aber das Heil selber. Wenn sie dem Petrus (dem Felsen) anvertraut werden, so bedeutet das, daß er zum Verwalter des von Jesus eröffneten Heilsweges bestellt wird, d. h. zum bevollmächtigten Verwalter jenes Heilsmediums, das die Kirche ist. Zu beachten ist, daß die Seh. nicht mit der ↑Binde- u. Lösegewalt vermengt werden darf, da sie ausschließlich dem Petrus übertragen wurde. In heutiger Terminologie bedeutet dieser Unterschied: die oberste Hirtengewalt in der Kirche ist nur bei Petrus, die Oberhirtengewalt ist auch bei den Aposteln.

Schönheit

(sprachlich von „schauen») ist nach Thomas v. Aquin das Leuchten der ↑Form, eine unmittelbare u. notwendige (u. alle ändern Wesensbestimmungen vollendende) Wesensbestimmung des ↑Seins. Sie ist faktisch untrennbar von der Kontemplation (↑Beschauung), in der der Mensch über sein Begehren hinaus im Gefallen ruht, aber auch untrennbar von der ↑Hoffnung, da das Schöne (vielleicht oft unbewußt) notwendig in seiner Beziehung zum Unendlichen geliebt wird, das als Exemplarursache u. Verheißung in allem Schönen anwest. Schön im ursprünglichen Sinn ist jedes Seiende; die Seh. wächst im Maß der Lebenssteigerung (im Materiellen etwa als Symmetrie, Proportion, Harmonie oder aber als Funktionelles; im Organischen als Vitalität u. Rhythmus) u. kommt so im höchsten Maß dem absolut Schönen, Gott, zu. Wenn die heutige Theologie im Gegensatz zu ihrer Tradition (von Plotin aus Augustinus, Pseudo-Dionysios, Bonaventura) der Seh. mit wenigen Ausnahmen (H. U. v. Balthasar) keine Aufmerksamkeit mehr schenkt, so ist das Schöne doch noch in der Liturgie u. in der kirchlichen Kunst in etwa da. Anknüpfungspunkte zu einer Theologie der Seh. finden sich vor allem in der ↑Brautmystik (dem Hohenlied des AT) u. von da aus in der Ekklesiologie; die ↑Praeambula fidei könnten auch auf die Seh. der ↑Offenbarung als ganzer aufmerksam machen. Es kann zwar keine christliche rein ästhetische Lebenshaltung geben (Kierkegaard), da das reine Schöne erst im künftigen fHeil liegt, doch ist für den Glaubenden die Seh. wenigstens die geheime Essenz der Welt, in deren Herz (Mt 12,40) nicht der leidende Gottesknecht ohne Gestalt u. Schönheit (ls 53,2), sondern die ↑Doxa Gottes durch das Leiden des Gottesknechtes ist.

Schöpfung

Der Geist des Menschen bejaht implizit in jeder seiner Aussagen als realen Grund der in jeder Aussage als absolut gesetzten metaphysischen Seins- u. Erkenntnisprinzipien das absolute ↑Sein u. dieses als ↑Geheimnis u. – im eminenten Sinn – als Person. Wir nennen dieses Namenlose – Gott. Diese absolute, unumgreifliche Wirklichkeit, die immer onto-logisch der schweigende Horizont aller geistigen Begegnung mit Wirklichkeiten ist, ist damit immer auch als unendlich verschieden vom begreifenden Subjekt, das der Mensch ist, u. vom einzelnen endlichen Begriffenen in jeder Aussage implizit mitgesetzt. Dementsprechend kann der Mensch, von diesem Grundansatz ausgehend, das Verhältnis zwischen dem Begreifenden u. Begriffenen als endlichen Seienden u. dem absoluten Unendlichen nur von zwei Seiten her bestimmen: Gott muß als der absolute u. unendliche vom Endlichen schlechthin unterschieden sein (DS 3001; NR 315) (sonst wäre er Gegenstand der begreifenden Erkenntnis, nicht der immer „darüber hinausliegende» ↑Grund solchen Begreifens, was er auch dort noch ist u. bleibt, wo in metaphysisch begrifflicher Reflexion er genannt u. „objektiviert» wird), er kann also der endlichen Wirklichkeit (↑Welt genannt) nicht „bedürfen» (vgl. DS 3002; NR 316), weil er sonst nicht wirklich radikal von ihr verschieden, sondern ein Stück eines höheren Ganzen wäre, in dem die Welt etwas von Gott selbst, gewissermaßen der Leib Gottes, seine Erscheinungsweise, die Weise u. das Mittel seines Selbstseins wäre (↑Pantheismus, ↑Emanation) . Und die Welt muß radikal von Gott abhängen (vgl. DS 800 3021 3025; NR 918 318 322) (ohne ihn von ihr abhängig zu machen, wie der Herr vom Diener abhängig ist), sie kann schlechterdings nichts seinsmäßig von ihm Unabhängiges an sich tragen, sowenig wie die Vielfalt der Weltdinge in ihrer Vielfalt u. Einheit ohne den „Vorgriff», die ↑Transzendenz des Geistes auf ihn erkannt werden kann. Diese Abhängigkeit muß von Gott frei (DGL: DS 3025; NR 322) gesetzt sein, weil sie als endliche u. werdende nicht notwendig sein kann u. die Notwendigkeit des Gesetzten somit nur von der Notwendigkeit der Setzung in Gott herrühren könnte, die die Welt zu einer Notwendigkeit Gottes machen, ihn also nicht unabhängig von ihr sein ließe. Diese radikale Abhängigkeit muß eine dauernde (vgl. DS 790 3003; NR 294317) sein, also nicht nur den Moment eines „Anfangs» betreffen, weil das Endliche je jetzt u. immer auf das Absolute als seinen Grund verweist. Dieses eigentümliche, einmalige (nicht eigentlich unter einen allgemeinen [univoken] ↑Kausalitäts-Begriff subsumierbare) Verhältnis zwischen Gott u. Welt nennt die Glaubenslehre die Geschaff enheit der Welt: ihr dauerndes Gegründetsein in der freien Setzung des personalen Gottes, so daß sie restlos u. in jedem ihrer Momente von ihm abhängig ist (↑Erhaltung der Welt, ↑Mitwirkung Gottes). Diese Setzung setzt also nicht einen schon vorhandenen „Stoff» voraus (ist aus „nichts» [DGL: DS 3025; NR 322]; also ist Gott nicht nur ↑Demiurg) das Gesetzte ist durch die Setzung aber wirklich u. von Gott verschiedene, echte Wirklichkeit u. kein bloßer Schein, hinter dem sich Gott verbirgt, so daß radikale Abhängigkeit u. echte Wirklichkeit im gleichen Maße, nicht im umgekehrten, wachsen. Die Glaubensielire sagt diese „Schöpfung» aus unter der anbetenden Erfahrung der eigenständigen, verantwortlichen, eigenen Wirklichkeit als der restlos in die unverfügbare Verfügung des Geheimnisses schlechthin überantworteten. Und sie versteht die hier erfahrene Geschöpflichkeit als Grundstruktur aller endlichen Wirklichkeit, mit der der Mensch zu tun hat. Diese christliche Lehre von der Geschöpflichkeit bedeutet gleichzeitig eine „Entmythologisierung» der außermenschlichen Welt: sie ist nicht Gott, nicht wirklich „numinos», u. darum wird sie mit Recht als „Stoff» für die schöpferische Kraft des Menschen betrachtet, der an ihr als solcher ihrer gleichsam dumpfen Endlichkeit, u. an sich selbst (u. an der Welt nur als erkannter u. frei verwalteter) in seiner eigenen, unbegrenzten, aber nie fertigen u. so endlichen geistigen Offenheit seiner eigentlichen Geschöpflichkeit u. darin Gott begegnet. In dieser restlosen Abhängigkeit „offenbart» (↑Offenbarung) die endliche Wirklichkeit aller Seinsstufen etwas vom Wesen Gottes, weil eine ↑Analogie zwischen Schöpfer u. Geschöpf bestehen muß,’u. ist so zur ↑Ehre Gottes. Vgl. ferner ↑Erschaffung des Menschen, ↑Anfang, ↑Entwicklung, ↑Sparsamkeitsprinzip.

Schöpfungsbericht

Die beiden Sch.e (der viel jüngere Seh. Gn l, l-2,4 a aus der Priesterschrift mehr auf die Welt, der ältere Seh. Gn 2, 4b—25 aus der jahwistischen Tradition mehr auf den Menschen abgestellt) sagen in dramatisch-bildlicher Weise aus, was metaphysische u. religiöse Urerfahrung ist: die Geschöpflichkeit der Welt u. des Menschen, ihr Ursprung von einem geistigen, weisen, freien, das Gute des Geschöpfes wollenden Gott, unter (optimistischer) Verwerfung jedes absoluten Dualismus, unter Betonung der Tatsache, daß die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen u. somit die Gleichberechtigung der beiden wesentlich verschiedenartigen Geschlechter samt ihrer Einheit in ↑Ehe zur ursprünglichen Schöpfungsordnung gehört, die immer gesuchtes Leitbild der geschichtlichen Entwicklung des Menschen in Individuum u. Gesellschaft bleibt. Insofern alle Wirklichkeit von Gott geschaffen ist, der Mensch aus geistiger ↑Seele u. ↑Leib einer (vgl. DS 800 3002; NR 918 316) ist u. als solcher in seinen Wesensteilen, die sich konkret gegenseitig bedingen, nicht „von unten» in seinem einen geistpersonalen Wesen ableitbar ist, ist der Mensch von Gott nach Leib u. Seele geschaffen (↑Monogenismus, ↑Erschaffung des Menschen). Das schließt nicht aus, sondern eher ein, daß sein Ursprung unter dem schöpferischen, alle Weltwirklichkeittragenden Walten Gottes, das jede Stufe der Welt zu ihrer, von ihr allein aus unmöglichen Selbstüberbietung bringt, eine Vorgeschichte in der Welt hatte, die die Entwicklungsgeschichte des Materiellen u. des biologisch Lebendigen überhaupt ist. Insofern die Sch.e nicht,,Reportage» der Weise der Geschehnisse der Schöpfung am Anfang sind, sondern Aussage über deren Tatsache, die die unter dem Licht göttlicher Erleuchtung u. mit Hilfe der schon vorhandenen volkstümlichen theol. Reflexion u. darum mit deren bildlichen Vorstellungen arbeitenden Verfasser (DS 3862ff 3898; NR 137) der Sch.e aus ihrer geistigen, sozialen u. religiösen Situation heraus erkennen, kann grundsätzlich gesagt werden: alles, was aus ihrer Situation (zu der auch religiöse Erfahrung der Gnade, der universalen Schuldverstrickung usw. gehört) vom Anfang erkannt werden kann, gehört zum Inhalt der Aussage der Sch.e u. steht darum unter der Garantie der Wahrheit durch die Inspiration der Schrift, alles andere ist Aussage/owi, die in großartiger, anschaulicher u. kindlicher Weise den gemeinten Inhalt, eben die Geschaff enheit der Welt u. das Verhältnis des Menschen zu Gott, zur Darstellung bringt.

Schöpfungslehre

ist die theol. Lehre von der Kreatürlichkeit des Menschen, die auf der ↑Schöpfung beruht. Sie bedenkt nicht nur die Geschaffenheit alles Nichtgöttlichen im allgemeinen (Gn l, l; DS 800 3002; NR 918 316), sondern vor allem diejenige Kreatürlichkeit, die im Menschen zu sich selbst kommt u. so zu den Grundstrukturen der Haltung des Menschen Gott gegenüber wird: ↑Demut, ↑Anbetung, Vertrauen in das Tragende des nicht mehr kontrollierbaren Daseins, Glaubensbereitschaft, Geborgenheit in Gott, Verfügbarkeit Gott gegenüber (↑Potentia oboedientialis), die innere Dialektik der Haltung, die einerseits die restlose Abhängigkeit von Gott und die wirkliche, zu Gott dialogische, verantwortliche Selbständigkeit u. Eigenmacht gleicherweise annimmt. Die Seh. versteht sich nicht nur als Aussage über das am Menschen, was ↑Natur ist, sondern umfaßt in der Herausarbeitung des Wesens des Kreatürlichen überhaupt alle Bereiche des menschlichen Daseins (also auch seine übernatürliche Erhebung in Gnade). Insofern Kreatürlichkeit erst im Menschen zu sich selbst kommt, gehört die Seh. eng mit der theol. ↑Anthropologie zusammen.

Schriftbeweis

Da die ↑Heilige Schrift die unerschöpfliche Quelle aller christlichen Theologie bleibt, ohne die die Theologie steril werden müßte (DS 3886), hat die ↑Biblische Theologie als selbständige Wissenschaft u. als inneres Moment der ↑Dogmatik selbst den „Schriftbeweis» zu liefern. Das bedeutet ein Doppeltes: Es ist a) zu zeigen, daß u. wie die Lehre des ordentlichen u. außerordentlichen Lehramtes explizit oder implizit (DS 3886) in der Schrift enthalten ist oder dort wenigstens „ihr letztes Fundament» (DS 3900ff) findet, denn das Lehramt steht unter der Schrift (vgl. II. Vat., Offb. 10). Hierbei ist mit allen Mitteln u. Regeln der biblischen ↑Hermeneutik auf den wahren ↑Schriftsinn zu achten u. ein biblischer Text weder zu überfordern noch in seiner vollen Tragweite positivistisch zu verkürzen, b) Der unerschöpfliche theologische Reichtum der Schrift ist aber auch dort u. dann in immer neuer Anstrengung zu ergründen, wo er in der aktuellen Glaubensverkündigung noch nicht genügend aktualisiert ist, damit die Schrift nicht nur die nachträgliche Rechtfertigung dieser Verkündigung wird, sondern deren lebendiger Grund bleibt. – Die Heilige Schrift, „gleichsam die Seele der ganzen Theologie» (II. Vat., PrAusb. 16), ist als die unmittelbarste u. letzte Quelle der christlichen ↑Offenbarung dasjenige, womit sich der Theologe jeder theol. Disziplin unmittelbar zu beschäftigen hat.

Schriftsinn

Der von Gott gemeinte, durch die ↑Inspiration garantierte u. so wahre Sinn der Worte in der ↑Heiligen Schrift ist der vom menschlichen Verfasser der Schrift beabsichtigte u. ihnen mitgegebene Sinn seiner Worte. Um diesen (mit dem vom Verfasser beabsichtigten Sicherheitsgrad) festzustellen, sind alle Regeln der Interpretation des gesprochenen u. geschriebenen Wortes zu beachten (Bedeutung eines Wortes in einer bestimmten Zeit, in einem bestimmten Zusammenhang) u. vor allem die ↑1iterarische Gattung des betreffenden Textes genau festzustellen, damit unter Umständen genau genug zwischen Aussageinhalt (Sinn) u. Aussageform unterschieden werden kann, wobei freilich auch zu beachten ist, daß eine adäquate Reflexion auf die genaue Grenzlinie zwischen beidem bei keiner menschlichen Aussage möglich ist, also auch von dem menschlichen Verfasser der Schrift nicht verlangt werden darf. Insofern der menschliche Autor die volle Tragweite dessen, was er wirklich gesagt hat, nicht notwendig übersehen muß, diese aber doch (wenigstens soweit sie aus dem Ganzen der Schrift erkannt werden kann) als von Gott mitausgesagt betrachtet werden kann, kann von einem ,,Vollsinn» eines Textes gesprochen werden, der im menschlichen Text, wenn auch unartikuliert, enthalten ist. Wo eine ausgesagte Wirklichkeit ein /Typos einer anderen Wirklichkeit ist u. dies durch die Offenbarung Gottes garantiert ist, kann der typologische Sinn (als Moment am Vollsinn) zum Wortsinn gerechnet werden. Fromme Verwendungen von Schrifttexten, die mit der vom Verfasser beabsichtigten Aussage nichts zu tun haben, dürfen nicht als Seh. ausgegeben werden u. werden besser vermieden. Bei der Schwierigkeit der genauen Feststellung des Seh.es (wie übrigens bei aller menschlichen Rede über Nichtalltägliches) sind die ↑Analogia fidei, die Interpretation der ↑Tradition (DS 1507 f 3007 3281 ff; NR 93 96 lOOf) u. die Lehre des kirchlichen ↑Lehramtes (DS 3886 f; NR 461 usw.) zu beachten (biblische ↑Hermeneutik).

Schuld

ist, als theol. Begriff verstanden, ein anderes Wort für ↑Sünde, stellt aber eher die profanen Aspekte des gemeinten Sachverhaltes (Schulderlebnis in der Psychologie, Schuldfrage im Strafrecht usw.) in den Vordergrund. Wo der Verstoß gegen das als Ausdruck des heiligenden u. begnadigenden Willens Gottes verstandene ↑Gesetz (vgl. ↑Gebote Gottes) mit Wissen u. in Freiheit geschieht (welche wissende Freiheit freilich nicht notwendig immer in der Gestalt der Reflexion gegeben sein muß), spricht man von subjektiver Schuld. Wo nur die sachliche Diskrepanz zwischen Getanem u. Gesolltem gegeben ist, die als solche nicht von der Freiheit intendiert ist, spricht man von (bloß) objektiver Schuld. Personal gesetzte, eigene Seh. muß von dem genau unterschieden werden, was ↑Erbsünde heißt; darum läßt sich aus dieser die Möglichkeit einer Kollektivschuld, die mehr ist als die Summe der Seh. der Einzelnen, nicht ableiten, wohl aber hat die „Erbschuld» ihr Analogen in einer Kollektivhaftung. Schuld kann ferner genannt werden die Tat (aktuelle Seh.) u. der dadurch begründete bleibende Zustand (habituelle Seh.) der falschen Gesinnung, der Folgen der Tat im Menschen selbst (Verlust der rcnade, ↑Begierlichkeit,Triebverkehrungen, ↑Sündenstrafen) u. des Rechtes Gottes, seine freie Gnade als personale Selbstmitteilung wegen der Schuld zu verweigern, selbst wenn der Mensch „von sich aus» die falsche Gesinnung aufgeben würde, so daß die habituelle Seh. letztlich nur von Gott her aufgehoben werden kann.

Schulen

theologische. Hier sind nicht die faktisch in der Geschichte der Theologie auftretenden Schulen zu nennen u. zu charakterisieren (in der Väterzeit z.B. ↑Alexandrinische, ↑Antiochenische Theologenschule; später: ↑Augustinismus, ↑Thomismus, ↑Skotismus usw.), sondern Sinn u. Grenzen der Schulbildung in der Theologie zu sehen. Von vornherein ist zu beachten, daß sich die Kirche u. ihr Lehramt trotz Empfehlung z. B. vor allem der Lehre des hl. Thomas (z.B. DS 3665 f 3894; NR 77) nie mit einer bestimmten Schule identifizieren. Der Mensch ist auch in seiner Wahrheitserkenntnis ein geschichtliches Wesen: er bleibt auf das Ganze der an sich erkenntnismäßig zugänglichen Wirklichkeit aus einer bestimmten endlichen, geschichtlich bedingten, ihm vorgegebenen Perspektive (an Begriffen, Fragestellungen, als selbstverständlich oder problematisch Empfundenem, an Erfahrungen gesellschaftlicher oder individueller Art) verwiesen (DS 3893); selbst wenn er sich denkerisch, ja protestierend von seinem Ausgangspunkt weg entfernt, ist dieser nochmals das apriorische Gesetz dieser Denkbewegung, was mit theologischem ↑Relativismus nicht verwechselt werden darf. In einer solchen geschichtlichen Bedingtheit der Erkenntnis hört nun der Mensch die Offenbarung Gottes, erhört u. versteht sie also in einer bestimmten, geschichtlichen Form, zumal die ↑Offenbarung selbst als geschichtliche in geschichtlich ganz bestimmter, bedingter Form ergangen ist. Jedes verstehende Hören muß, gerade damit es möglichst „objektiv» geschieht, die ganze „Subjektivität» des Hörenden sowohl einsetzen wie von der Botschaft verändern lassen. Von hier aus sind die Seh. zu verstehen: sie sind Ausdruck für die Vielfalt der in der Kirche berechtigten, geschichtlich bedingten Weisen der endlichen Aneignung der Offenbarung. So wie es ↑Dogmenentwicklung gibt, so gibt es Seh. in der Theologie. Das erste bedeutet die echte Geschichtlichkeit der Offenbarung u. ihre Aneignung durch die Kirche selbst, das zweite die Tatsache, daß es auch innerhalb der einen Kirche geschichtlich, soziologisch u. individuell bedingte Weisen des Hörens der Offenbarung gibt. Die Legitimität dieser Tatsache wurde vom II. Vat. ausdrücklich anerkannt (Kirche 23; Oek. 14 16 u.ö.). Weil es eine göttliche Wahrheit, eine Kirche u. ein öffentliches Bekennen des Glaubens der einen Kirche gibt, steht es dem Lehramt der Kirche zu, zu scheiden zwischen legitimen Weisen des verstehenden Hörens der Offenbarung, eben Seh., u. solchen, in denen die eine Wahrheit Gottes verfehlt oder das allgemein verständliche Bekenntnis des einen Glaubens der einen Kir ehe nicht mehr gewahrt würde (↑Häresie). So ergibt sich auch, daß eine Schule nur dann katholisch bleibt, wenn sie gegen sich selbst kritisch, ihre Systemansätze immer wieder neu durchdenkend u. an der Fülle der Offenbarungsinhalte messend, immer offenbleibt auf das immer umfassendere Verständnis der Kirche aller Zeiten u. Seh. (ohne deswegen in einem adäquaten „System» das selbst sein zu wollen, was nur die Kirche als ganze in allen Zeiten zusammen sein kann). Diese grundsätzlichen Überlegungen gelten auch für einen theol. fPluralismus, der das alte Bild theologischer Seh. sprengt. Keiner Schule angehören zu wollen wäre der dumme Hochmut dessen, der glaubt, die ewige Wahrheit jetzt schon außerhalb der zeitlichen Geschichte besitzen zu können; absolut einem System als adäquatem Ausdruck des Glaubens der Kirche anhängen bedeutet ebenso Leugnung der Geschichtlichkeit der Wahrheit. In der Zeit kommuniziert man mit der Wahrheit Gottes nur in einer systematisch nicht mehr verrechenbaren Einheit von Demut u. Gehorsam gegenüber dem greifbar verfaßten (u. nur so eine objektive Große gegen die eigene Subjektivität bildenden) Glauben der Gesamtkirche u. dem demütigen Mut zur „eigenen» Wahrheit.

Scientia media

(lat. = mittleres Wissen) nennt das fGnadensystem des ↑Molinismus das der Allwissenheit Gottes zuzuschreibende Wissen von den bedingt zukünftigen freien Handlungen der Geschöpfe (was würde oder wird X. frei tun, wenn er in diese Situation [letztlich von Gott] versetzt würde oder wird) im logischen Voraus zum Entschluß Gottes, die betreffende Situation zu realisieren. Dabei setzt der Molinismus voraus, daß Gott dieses bedingt Zukünftige in ihm selbst u. nicht in seinem eigenen Entschluß, es herbeizuführen (/Trädetermination) u. nur so ohne Aufhebung der geschöpflichen Freiheit erkennen könne. ..Mittlere» wird diese Erkenntnis genannt, weil das bedingt freie Zukünftige zwischen den bloß möglichen u. den einmal tatsächlich existierenden Freiheitshandlungen liegt.

Seele

(griech, psyche, lat. anima, das dt. Wort vielleicht vom germanischen „saiwolo» = vom ewigen See herkommende). Zum rechten Verständnis der christlichen (nicht platonischen!) Lehre von der S. ist von vornherein der Unterschied zwischen Seiendem u. realem Seinsprinzip zu beachten. Ein Seiendes ist ein reales, ein Wesen u. eine Existenz auch in der Pluralität seiner Merkmale, Teile, Dimensionen usw. besitzendes Ganzes. Ein Seinsprinzip ist ein innerer Grund eines Seienden, dessentwegen es unbeschadet seiner Einheit eine Pluralität von Eigentümlichkeiten aufweist, von denen die eine nicht auf die andere adäquat zurückgeführt werden kann, obwohl jede, weil Moment des Ganzen, auch vom Ganzen mitbestimmt ist. In christlicher Lehre ist die S. Seinsprinzip, nicht ein für sich seiendes Selbständiges, das nur eine nachträgliche u. für sie zufällige Einheit mit dem Materiellen eingegangen wäre. Denn die S. bildet mit dem anderen Prinzip des einen Menschen, dem der physikalischen Raumzeitlichkeit, zusammen ein Seiendes, den Menschen, in substantieller Einheit, so daß jede empirische Eigentümlichkeit, die wir am Menschen erfahren, die Eigentümlichkeit des ganzen Menschen (jede natürlich in verschiedener Weise) an sich trägt: der ↑Leib ist spezifisch menschlicher Leib, Ausdruck des Geistpersonalen; das Geistige im Menschen vollzieht sich in geschichtlicher Raumzeitlichkeit (Vorstellung, Bild, Wort, Geste, Gesellschaft) und strebt nach der Vollendung des ganzen Menschen (↑Auferstehung). Empirisch antreffbar, erfahrbar ist immer nur der ganze, eine Mensch, der freilich nicht richtig und nicht umfassend genug erkannt wäre, würde er nicht als geistige Person mit echter, unvertauschbarer Individualität, die mehr als ein Fall eines allgemeinen Gesetzes ist, mit geistiger Erkenntnis, die mehr ist als Erfassung des biologisch Nützlichen u. in der ↑Transzendenz auf das Sein überhaupt u. somit auf das ↑GeheimnisGottes absoluter Wahrheit fähig ist, mit Freiheit u. Selbstverantwortung, die ihn zu mehr macht als zum Moment einer biologischen u. technisierten Gesellschaft, gesehen. Das Prinzip solchen Menschseins, das das materielle, raumzeitliche Wesen zu sich selber kommen läßt, sich selbst bestimmen u. so das bloße Bestimmtsein des Materiellen transzendieren läßt, nennt man S. im Unterschied vom inneren Prinzip des Raumzeitlichen, Biologischen, Fallhaften u. Gesellschaftlichen, ↑Materie genannt (nicht zu verwechseln mit „Leib», der schon das besagt, was aus S. und Materie als Seinsprinzipien konstituiert ist). Da diese personale Geistigkeit nicht aus der Materie ableitbar ist, so ist dieses Seinsprinzip „Seele» als substantielles (vgl. DS 567) (d.h. nicht bloße Seinsweise einer anderen Wirklichkeit seiend), eigenständiges, einfaches (d.h. nicht quantitatives, weil dem Quantitativen, es umfassend, erkennend gegenüberstehend) aufzufassen (vgl. DS 900ff 1440f 2828; NR 329 331). Weil es als eine echte Wirklichkeit aber nie einfach untergeht, sondern höchstens neue Wirk- u. Erscheinungsweisen annimmt, weil es dem bloß Materiellen eigenständig gegenüberstehend ist, weil es echte, werthafte Eigenbedeutung hat, darum kann es nicht als bloßes Moment des Materiellen mit einer bestimmten Erscheinungsphase dieses Materiellen zusammenfallen u. mit dieser aufhören zu sein. Darum sagen Vernunft u. christlicher Glaube, daß die S, mit dem ↑Tod nicht aufhöre zu sein, sosehr auch das physisch-biologische Bewußtsein des Menschen durch den Tod betroffen ist. Der „Seele» eignet ↑Unsterblichkeit (DS 1440f; NR 331), wenn auch diese Unsterblichkeit nicht als einfaches „Weiterdauern» in gleicher Art wie vorher, sondern als überzeitliche Vollendung der geistigen Person zu denken ist, die sich in der Zeit in Freiheit „aus-zeitigt», u. wenn auch diese Vollendung letztlich offenbarungsmäßig Vollendung des ganzen Menschen sein wird. – Zur Erschaffung der einzelnen S. vgl. ↑Kreatianismus; zu weiteren Fragen ↑Trichotomismus u. vor allem ↑Leib; ↑Anschauung Gottes.

Seelenwanderung (LThK)

(andere Bezeichnungen auch Metempsychosis, Palingenese, Wiedergeburt, Reïnkarnation, Wiederverkörperung). — l. Zur Geschichte. Der Glaube an eine S. findet sich verschiedentlich bei primitiven Völkern, zum Teil ohne jede Heilsbedeutung. Meist jedoch wird sie als Läuterungsweg betrachtet, bei dem die einzelne Wiedergeburt eine Folge der Taten eines anderen Lebens ist. In Indien ist die S. den ältesten Schriften des Veda kaum bekannt; der Gedanke des ↑Samsara tritt erst in den ↑Upanischaden auf, wird aber von da an zur beherrschenden, allgemein angenommenen Grundlehre aller indischen Religionsformen. Die Ägypter nahmen die S. anders Herodotos — nicht für alle Seelen an. Unter den Griechen findet sie sich bei den Pythagoreern, den Orphikern, bei Empedokles, Platon u. im Neuplatonismus. Die S. wird weiter von einigen Gnostikern, von manchen nichtarabischen Sekten des Islams u. in neuerer Zeit besonders von der von Indien her inspirierten Theosophie u. Anthroposophie gelehrt.

2. Lehre u. Begründung, Die Lehre von der S. tritt in verschiedenen systemat. Zusammenhängen auf. Sie kann sich mit dem Pantheismus u. dem Theismus verbinden u. wird dementsprechend modifiziert. Im ↑Buddhismus, der keine substantielle Einzelseele kennt, sondern nur eine gesetzmäßige Verknüpfung des jetzigen mit einem vorigen oder kommenden Bewußtseinskomplex, bedeutet die S. etwas anderes als z. B. in der ↑Vedānta Philosophie mit ihrer Identität von ↑Ātman u. Brahman oder im Theismus, der geschaffene Einzelseelen anerkennt. Wenn man dies berücksichtigt u. Geistseele in einem jeweils analogen Sinn versteht, bleibt als annähernd Gemeinsames die Auffassung, daß das konkrete Wesen des Menschen nicht in der Verbindung dieser Seele mit diesem Leib besteht, sondern in der Geistseele, die sich nacheinander mit verschiedenen Körpern verbindet u. so mehrere irdische Existenzen hat. Die Geistseele geht dabei teils unmittelbar vom Tode weg in einen anderen, meist menschl. Körper über, teils erst nach einem mehr oder weniger langen Läuterungsweg. Die Art dieses Weges u. die Art der Wiederverkörperung wird durch das im vergangenen Leben angehäufte Endergebnis der guten u. bösen Taten (↑Karman) bestimmt. Die neue Existenz ist nicht nur Lohn u. Strafe, sondern gibt dem Menschen eine neue Chance, sein letztes Ziel, wie immer man dieses auffaßt, zu erreichen.

Die S.lehre stützt sich auf folgende Gründe: l) auf die Erinnerung an frühere Existenzen, die manche Personen haben wollen; 2) auf die Tatsache, daß man die Personen bei der ersten Begegnung mit einer Sache oder Person ein lebhaftes Bekanntheitsgefühl haben, das sog. Déja-vu-Erlebnis; 3) auf die verschiedenen Anlagen u. Neigungen der Menschen, die ihnen angeboren sind u. oft bei den Eltern u. Vorfahren fehlen; 4) wird die S. aus Finalitätsgründen gefordert, da sonst viele Talente u. Anlagen nie verwirklicht werden könnten; 5) wird die S. aus der Gerechtigkeit Gottes oder überhaupt aus der Idee der Gerechtigkeit postuliert, da ohne S. die Ungleichheit der Menschen u. ihrer Schicksale von Geburt an u. ohne ihr Zutun mit dieser Idee nicht vereinbar sei. Überhaupt soll die Bindung einer Geistseele an einen der Krankheit u. dem Tod verfallenen Leib ohne eine persönliche Schuld der Güte Gottes widersprechen. Endlich berufen sich manche Vertreter der S. auf den Grundsatz: „Was unzerstörbar ist, ist auch ungeworden.»

3. Beurteilung. Die S., nicht im Sinn eines Hindurchgehens der Seele durch verschiedene Zustände u. Umwelten nach dem Tod oder als Wiederannahme ihres Leibes in der Auferstehung, sondern als echte Einkörperung in einen anderen Leib, widerspricht der Wesenseinheit des Menschen, Nach thom. Auffassung ist die mit der Empfängnis gegebene Individuation der ↑Seele undenkbar ohne ihre einmalige Leibbezogenheit. Der S.glaube ist unvereinbar mit der von der ganzen Offenbarung bezeugten Geschichtlichkeit des Einzelmenschen u. des ganzen Menschengeschlechts. Daß sich Heil oder Unheil des Menschen in diesem einen Leben entscheiden, gehört zu den Grundlehren des Christentums. Der entscheidende Schrifttext gegen die S.lehre ist Hebr 9,27: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal (απαξ) zu sterben, u. danach ist das Gericht», wobei dieses „einmal» in betonte Parallele gesetzt wird zur Einmaligkeit des Opfers Christi (9, 26 ff). Die manchmal im Sinn der S. zitierten Sdiriftstellen (Mt 16, 13 f; Jo 9, l ff) zeigen zwar, daß der Gedanke der S. dem Volk nicht unbekannt war, enthalten jedoch, wie dem Kontext klar zu entnehmen ist, keine Lehre der Seelenwanderung. Die von den Vertretern der S. angeführten Tatsachen lassen sich auch ohne die Annahme einer S. hinreichend erklären. Die Fülle der Anlagen, die nicht alle zur Entfaltung kommen, hat ihren Zielsinn in der Sicherung des jeweils Notwendigen u. dem dazugehörigen freien Spiel der Kräfte. Gegen die Souveränität des Schöpfers, der die Geschöpfe in verschiedene, auch schwierige Situationen versetzt, kann das Geschöpf, das nur durch ihn Bestand hat, keine Rechte anmelden (vgl. Mt 20, 1-16; Röm 9, 20f). Was aber den Grundsatz angeht: „Was unzerstörbar ist, ist auch ungeworden», so gilt er streng nur für das absolut notwendige Sein Gottes. Die Unzerstörbarkeit der Geistseele schließt nur ein Werden aus vorhandenen Bestandteilen aus.

Lit.: G. F. Moore, Metempsychosis (C [Mass.] 1914, NY 21921); E. Rohde, Psyche (T 101925); C. de Henseler, L’âme et le dogme de la transmigration dans les livres sacrés de l’Inde (P 1928); W. Stettner, Die S. bei Griechen u. Römern (B 1934); H. v. Glasenapp, Unsterblichkeit u. Erlösung in den ind. Religionen (Hl 1938); W. Brugger, Wiederverkörperung: StdZ 142 (1948) 252—264; R. Steiner, Reinkarnation u. Karma (B 1903, NA Dornach 1960); RGG3 V 1637—1640. W. BRUGGER

Segen

Insofern alle gute Wirklichkeit durch das schöpferische Wort Gottes da ist (↑Schöpfung, ↑Erhaltung), erkennt der Christ alles ihm begegnende Gute als „Segen», nämlich des segnenden Gottes (Gn l ,22.28). Der fürbittende Gebetswunsch des Menschen oder der Kirche (oft in bestimmter liturgischer Form: ↑Sakramentalien) um solchen S. Gottes wird auch S. genannt. Solchen S. kennt schon das AT (als Segenswunsch der Patriarchen, Eltern, Könige, Priester im Gottesdienst) u. das NT (Segnung Christi, des Apostels usw.). Er kann auch gesprochen werden anläßlich der Indienstnahme einer Sache für deren Benutzer (↑Weihe von Dingen) oder anläßlich der Amtsübertragung.

Sein

ist jene Wirklichkeit u. jener Begriff, mit dem sich die Metaphysik (vgl. ↑Ontologie, ↑Philosophie und Theologie) vor allem beschäftigt u. der zum Verständnis dessen, was mit ↑Gott gemeint ist, von ausschlaggebender Bedeutung ist. „Seiendes» wird zunächst jeder denkbare Gegenstand einer Erkenntnis genannt, etwas, das nicht nichts ist. Insofern wird dieser Begriff des Seienden gebildet, indem durch die radikalste Abstraktion von jeder unterscheidenden Eigentümlichkeit alle möglichen Gegenstände unter den weitesten Begriff, der selbst nochmals jene Eigentümlichkeiten als Seiendes miteinschließt, gebracht werden. Insofern kann mit „Sein» das verstanden werden, was dieses „etwas», das nicht nichts ist, eben zu „Seiendem» macht. Es wäre aber falsch und oberflächlich, wollte man „Sein» nur als nachträglichsten Begriff allgemeinster Abstraktion, also als bloßes Ergebnis aus der Einzelerfahrung verstehen. Die einzelne Erfassung eines einzelnen steht vielmehr selber unter einem vorgängigen Gesetz des urteilenden Verständnisses überhaupt, der Begriff geschieht in einem (unausdrücklichen) Vorgriff auf die ursprüngliche Ganzheit möglicher Wirklichkeit überhaupt, das einzelne wird innerhalb eines „Horizontes» angetroffen, der ungegenständlich u. unausdrücklich mitgegeben ist, wenn das einzelne erfaßt wird. Dieses unthematische, ungegenständliche Wissen (das eine Art eigener metaphysischer Erfahrung darstellt, an der der metaphysisch ahnungslos Dumme immer vorbeigreift, die aber im Phänomen der unendlichen Liebe, der Sehnsucht, der Angst, der reinen offenen Frage überhaupt thematisch zu werden beginnt) ist die apriorische Bedingung der Einzelerkenntnis: ohne sie könnte nicht verglichen, nicht bezogen, nicht absolut geurteilt werden. Denn jede unterscheidende u, verbindende Beziehungssetzung zwischen zwei aposteriorisch gegebenen Gegenständen (die Grundfunktion des urteilenden Denkens) setzt einen gemeinsamen Maßstab schon voraus (wenn er auch selbst erst am aposteriorischen Material bewußt wird), schafft ihn aber nicht. Das Woraufhin dieses apriorisch die Einzelgegenstände gleichzeitig unterscheidenden u. vereinigenden Vorgriffs (↑Transzendenz) der Erkenntnis u. der Liebe auf die ursprüngliche Ganzheit möglicher Erkenntnis u. Liebe nennen wir Sein. Es ist damit das unumgreifbar Unendliche schon mitgesetzt, weil, würde das Sein als von sich aus endlich verstanden, es schon umgriffen wäre u. es also innerhalb eines weiteren Horizontes verstanden würde, der erst wirklich der des Seins schlechthin wäre. Nicht das abstrakte, als nachträglicher Begriff gebildete Sein, das von jedem einzelnen, endlichen Seienden verwirklicht wird, wohl aber die ursprüngliche Unendlichkeit des Seins schlechthin, auf das als das unumfaßbare ↑Geheimnis die Transzendenz des Menschen in jedem Erkennen, ohne es als solches selbst vorzustellen, hinweist, u. das der Grund nicht nur der Erkenntnis, sondern der Wirklichkeit jedes Seienden ist, heißt actus purus, absolutes Sein schlechthin, absolutes Geheimnis, ↑Gott.

Sekte

ist der Name für religiöse Gruppen unterschiedlichster geschichtlicher Herkunft, Intention, Struktur u. Erscheinungsform. Religionssoziologisch kann die S. als adäquate Sozialstruktur kognitiver Minderheiten (P. L. Berger) aufgefaßt werden, da solche gezwungen sind, sich gegenüber der Umwelt als kleine geschlossene Gruppen abzugrenzen, um ihre abweichende Wirklichkeitsdefinition zu stabilisieren. Die eine S. von den Großkirchen unterscheidende geringe Mitgliederzahl ist also eine sozialpsychologische Folge ihrer von der kirchlichen Dogmatik abweichenden Lehre. Theologisch sind die S.n besonders durch ihren Biblizismus u. eine rigorose Ethik, durch Freiwilligkeit u. ein besonderes Erwählungsbewußtsein, durch antiinstitutionelle Tendenzen sowie eine starke Hervorhebung des Laienelementes näherhin charakterisiert. K. F.

Selbstgerechtigkeit

meint letztlich nicht eine eitle u. nach irdischen Maßstäben falsche Einschätzung seiner selbst nach irgendwelchen Maßstäben, sondern jenes Selbstverständnis des Menschen, in dem er sich seinen sittlichen Wert vor Gott in autonomer Erfüllung des Gesetzes aus eigener Kraft geben will (vgl. Phil 3, 9), anstatt die wahre ↑Gerechtigkeit vor Gott als ungeschuldete Gabe Gottes (↑Gnade) von Gott zu empfangen. Die Aufgabe solcher Selbstgerechtigkeit ist kein mystischer ↑Quietismus, weil gerade die gute Entscheidung der eigenen Freiheit u. das eigene Tun als Gnade Gottes bekannt werden müssen (Phil 2, 13), sondern ist die Ekstase der Liebe von sich weg zu Gott, die sich selbst als das reine Geschenk der Liebe Gottes zu uns erfährt u. nicht mehr „pharisäisch» sich mit einer autonomen Leistung Gott gegenüber absichern will.

Selbstmitteilung Gottes

Das Innerste Wesen von ↑Gnade, ↑Rechtfertigung, übernatürlicher Ordnung kann dahin bestimmt werden, daß in ihnen Gott nicht sich mitteilt, offenbart, heiligend u. beseligend wirkt, indem er durch Schöpfung aus dem Nichts ein von ihm verschiedenes Seiendes als Gabe dem Menschen (oder den Engeln) mitteilt, das durch seine analoge Ähnlichkeit mit ihm ihn offenbaren, ihn gewissermaßen vertreten würde, sondern er sich selbst gibt, Geber u. Gabe dasselbe sind, die Kreatur also streng durch Gottes eigenste Wirklichkeit geheiligt, gerecht u. beseligt wird. Insofern diese Selbstmitteilung die absolut freie Tat ist, die Gott keinem endlichen Seienden, auch dem sündelosen nicht, schuldet, zeigt sich in ihr auch, was es bedeutet, wenn gesagt wird, Gott ist die Liebe (l Jo 4,8): er ist der, der sich selbst in seiner absoluten Intimität u. unendlichen Herrlichkeit an das Endliche verschenken kann. Insofern der Empfänger der unendlichen Gabe die endliche Kreatur ist, bleibt die Erfahrung der Gabe kreatürlich. Aber das unauflösliche Geheimnis des Verhältnisses zwischen Gott u. Mensch besteht gerade darin, daß der Mensch sich als endlichen und als mit der unendlichen Selbstmitteilung Gottes selbst Begnadigten bekennen muß. Da die S. G. an die Kreatur als dynamisches Prinzip der eigentliche Grund der Hoffnung wie die Realisierung der Liebe Gottes zur Welt u. das Prinzip der Liebe der Welt zu Gott ist, ist die S. G. der Ursprung der Welt, der tragende Grund ihrer Geschichte u. das Ziel dieser Geschichte u. der Inhalt ihrer Endgültigkeit.

Selbstverleugnung

ein biblischer Begriff (Mt 16,24ff; vgl. Tit 2,12), der ein Erfordernis der ↑Nachfolge Jesu ausspricht: der Mensch kann in die Situation geraten, ja er kommt unweigerlich in sie, in der er wählen muß zwischen dem, was er unabhängig von dem Ruf Gottes in Jesus Christus (zum Glauben, zum Gebot Gottes, zum Kreuz Jesu usw.) für sein Bestes halten würde u. auch noch unter diesem Ruf zu halten versucht ist, u. dem Gehorsam diesem Ruf gegenüber. Wenn er dann dem Ruf Gottes gehorsam ist, erfährt er dies wie ein Sterben u. Aufgeben seiner selbst, als Selbst-verleugnung, als den tötenden u. lebendig machenden Widerspruch des ↑Pneumas gegen das sündige oder bloß irdische Selbstverständnis, gegen das „Fleisch» im biblischen Sinn (↑Sarx). In der ↑Askese der ↑evangelischen Räte sucht der Mensch dieser Situation aktiv entgegenzugehen, damit er sie als von Gott ungefragt verfügte nicht verfehle.

Seligkeit

meint das Ganze der endgültigen Vollendung des ganzen, begnadeten Menschen in der übernatürlichen Ordnung: also ↑Anschauung Gottes, ↑Auferstehung des Fleisches, endgültige ↑Basileia Gottes (↑Himmel) in der vollendeten ↑Gemeinschaft der Heiligen (↑Eschatologie). – Diese ist im letzten auch gemeint bei den Seligpreisungen der ↑Bergpredigt,, wenn hier auch die genaue Inhaltlichkeit des „Seligseins», des rettenden Angenommenseins durch Gott noch nicht deutlich ist.

Semiarianismus

ist eine in der Mitte des 4. Jh. zwischen dem eigentlichen ↑Arianismus (den Anhomöern) u. dem kirchlichen Glauben an die Wesensgleichheit des Logos mit dem Vater unklar vermitteln wollende Theorie der Homöer u. „Homöusianer› ‹, die zwar die eigentliche „Konsubstantialität» des Sohnes mit dem Vater (↑Homoousios) we nigstens nicht ausdrücklich bekannten, aberzugaben, daß er ihm ähnlich (homoios), ja in allem wesensähnlich (homoiusios) sei. So z.B. der Homöer Akatios von Kaisareia u. der Homöusianer Basileios von Ankyra u. viele Partikularsynoden dieses dogmatisch so bewegten Jahrhunderts.

Semipelagianismus

wird seit Ende des 16. Jh. ein ungeschickter u. häretischer Vermittlungsversuch einiger gallischer Theologen nach Augustinus (Vinzenz von Lerins, Faustus von Reji usw.) zwischen der rechtgläubigen (augustinischen) Gnadenlehre u. dem ↑Pelagianismus genannt, der von den Dekreten von ↑Orange (Cäsarius v. Arles) in Südfrankreich 529 verworfen wurde (DS 352 370-397; NR 350ff 777-783). In ihm wird in einem primitiven ↑Synergismus das Heil zwischen Gott u. Mensch aufgeteilt: der Mensch macht aus eigenen Kräften allein den Heilsanfang; entsprechend diesem autonomen „guten Willen» gibt dann Gott die notwendige Gnade zur Vollendung des Heilswerkes. Mit Recht freilich betonten die Vertreter des S. gegen Augustinus die wirkliche Allgemeinheit des ↑Heilswillens Gottes.

Sendung

trinitarische, (vom Gesendeten aus gesehen) wird in Anlehnung an Schriftworte (Jo 20,21; Gal 4,4-6 usw.) das schöpferische oder heilsgeschichtliche Wirken der zweiten u. dritten göttlichen Person in der ↑Dreifaltigkeit genannt, insofern dieses göttliche (im Wirkenden mit seinem Personsein identische) Wirken gesehen wird als in dem göttlichen Hervorgang des Logos aus dem Vater u. des Geistes aus dem Vater u. (durch) dem Sohn begründet. Dementsprechend kann der Vater zwar „kommen» (Jo 14,23), aber nicht „gesendet» werden, u. die Sendung des Geistes durch den Sohn (Jo 16,7) ist ein Zeichen seines Ausgangs (Jo 15,26) auch vom Sohn (DS 850 1300 ff usw.).

Simul iustus et peccator

(lat. = zugleich Gerechter und Sünder) ist eine in der protestantischen Theologie gern gebrauchte Formel, die das „Paradox» des menschlichen Daseins zum Ausdruck bringen will: er weiß im Glauben, daß er durch Gottes Gnade gerechtfertigt ist, u. er erlebt sich selbst als Sünder. Wenn mit dieser Formel eine absolute ↑Heilsgewißheit selbstverständlicher Art (außer der auf Gott allein bauenden festen ↑Hoffnung) ausgeschlossen wird, wenn damit gesagt wird, daß der Mensch täglich um die Vergebung seiner Schuld beten muß (DS 229 f; NR 765 f), weil er wirklich Sünder ist (DS 228; NR 764) u. immer wieder sündigt (DS 1573; NR 841), oder wenn damit gemeint ist, daß die Vermeidbarkeit der schweren, die Rechtfertigung aufhebenden Schuld (DS 1572; NR 840) angesichts der tatsächlich begangenen Sünden noch keine sichere Garantie für das faktische Fehlen schwerer Schuld für den Einzelnen ist, dann hat die Formel einen gut kath., die existentielle Situation vom Menschen her gut beschreibenden Sinn. Sie wird häretisch (DS 1528ff 1560 1562; NR 798 ff 828 830), wenn damit gesagt sein sollte, daß der Mensch immer u. immer in gleicher Weise Gerechter u. Sünder sei, daß er in der ↑Rechtfertigung nicht aus einem Sünder, der kein Gerechter war, ein Gerechtfertigter werde, der er nicht war, u. der jetzt nicht mehr der Sünder ist, der er war, daß der Gerechtfertigte nicht in einem objektiven, obzwar nur von Gott letztlich beurteilbaren, ihn innerlich bestimmenden Zustand durch die wahre Mitteilung des Heiligen Geistes gerecht sei, wenn er es ist. Der katholische Protest gegen die Formel verwirft also die Meinung, die gottgeschenkte Gerechtigkeit sei auch, wo u. wenn sie gegeben ist, nur ein forensisches „als ob», eine bloße „Imputation» (↑Imputationsgerechtigkeit), eine Fiktion, die den wirklichen Menschen unverändert Sünder sein lasse, der des Guten u. H

eilshaften unfähig bleibt.

Sinnlichkeit

ist in einem schöpfungsgemäßen, sittlich noch neutralen Sinn die leibgebundene, der Bestimmung von außen unmittelbar offene, der personalen geistigen Transzendenz u. Freiheit vorausliegende, dem Geist das „Material» bietende Seite des menschlichen Bewußtseins in ..Erkenntnis» u. „Wille». Auch als „Triebgrundlage» ist die S. notwendig u. gut (↑Begierlichkeit), sie soll nicht (stoisch oder manichäisch) ausgelöscht, sondern in das Ganze der Person u. ihrer guten Entscheidung auf Gott hin mehr u. mehr integriert werden (↑Integrität). Die Unvollendbarkeit dieser Aufgabe im irdischen Leben ist selbst wieder die Situation des christlichen Glaubenskampfes (DS 1515f;NR357f). Die Konkretheit der S. im sündigen Menschen ist freilich auch immer mitgeprägt durch die ↑Welt u. ihre sündige Geschichte, Einfallstor der bösen „Mächte u. Gewalten» in der Welt, mitgestaltet durch die eigenen falschen Entscheidungen in der bisherigen Freiheitsgeschichte. Von daher ist die eigene S. nicht nur Aufgabe (ihrer wachsenden Integration), sondern auch die „Objektivation» der Sünde (der ↑Erbsünde u. der eigenen) u. so auch der in der Gnade Gottes zu überwindende Anreiz zur Sünde: der abwertende Sinn von S. in der christlichen religiösen Sprache, der sein Recht hat, aber auch die Gefahr birgt, den ersten u. ursprünglicheren Sinn des Wortes zu verkennen.

Situationsethik

ist die Lehre eines extremen u. falschen Existentialismus, wonach das sittliche Sollen des einzelnen Menschen jeweils ausschließlich aus der konkreten Situation des Handelnden sich ergebe u. die Erkenntnis des „hier u. jetzt» zu Tuenden nicht normiert sei auch an den allgemeinen Wesensnormen des ↑natürlichen Sittengesetzes (das sich aus dem in allem geschichtlichen Wandel sich durchhaltenden, metaphysischen, gleichbleibenden, erkennbaren u. in der Schrift vorausgesetzten Wesen des Menschen ergibt). Die S. basiert auf der Leugnung einer Wesensmetaphysik u. hebt konsequent die Möglichkeit der fordernden Verkündigung einer inhaltlichen (materialen) christlichen Ethik durch die Kirche auf. Sie ist extremer Individualismus u. der Kurzschluß des Geistes, der sich der Mühe der geduldigen klärenden Reflexion über die verwickelte Situation schnell entledigen will. In der protestantischen Kritik am ↑Gesetz u. seiner Funktion für den aus Gnade gerechtfertigten Sünder schwingt nicht selten das Pathos einer S. mit. Die S. ist häufig auch eine Reaktion auf die Tatsache, daß allgemeine Normen auch Bestandteile leitender Weltbilder sind u. immer auch ideologisch mißbraucht werden. Die S. ist dann ein Versuch, aus dieser konkreten Praxis auszubrechen. Ihr richtiger Kern ist die ↑Existentialethik.

Skotismus

eine Schule in der kath. Theologie, die von dem schottischen Franziskaner Johannes Duns Scotus (ca. 1265-1308, begraben in Köln) ihren Namen hat, auch heute noch lebt u. innerhalb der kath. Theologie einen gewissen Gegensatz zum ↑Thomismus bedeutet. Neben metaphysischen Differenzen zum Thomismus sind für den S. charakteristisch die Betonung, daß Gottes Wesen am besten als ↑Liebe zu erfassen ist, der daher abgeleitete Primat des Willens, der Freiheit u. des Individuellen, die Betonung der ↑Christozentrik, die Identifizierung von Rechtfertigungsgnade u. Liebe, die stärker „existentialistische» u. kritische Auffassung der Funktion der Theologie selbst.

Socinianismus

eine von Fausto Sozzini (1539-1604) begründete Spielart des ↑Unitarismus vor allem in Polen, die rationalistisch Dreifaltigkeit, Gottheit Jesu Christi u. Erlösung leugnete (DS 1880; NR 473).

Sohn Gottes

wird im NT genannt: l) die zweite göttliche Person in der ↑Dreifaltigkeit, insofern sie als ↑Logos des Vaters durch innergöttliche, mit Gottes Wesen notwendig gegebene Mitteilung des göttlichen Wesens (,,Zeugung») konstituiert wird u. eines Wesens mit dem Vater ist, so daß diese ewige göttliche Person durch die ↑Hypostatische Union Mensch wird (↑Jesus Christus), aber nicht erst dadurch Sohn Gottes (des Vaters) ist (↑Adoptianismus); dieser Würdetitel Jesu hat innerhalb des NT noch einmal eine eigene aufschlußreiche Traditionsgeschichte, aus der hervorgeht, daß Jesus sich in einem einzigartigen Sohnesverhältnis zu Gott wußte, aber nicht sich selbst als „Sohn Gottes» bezeichnete; 2) der gerechtfertigte Mensch, insofern er in einer gnadenhaften, der innergöttlichen Zeugung analogen Weise der , .göttlichen Natur teilhaftig» wird durch die ↑Gnade u. damit „Kind», ,,Sohn» Gottes ist, dessen Sohnschaft einerseits wegen ihrer freien Gnadenhaftigkeit als „Kindesannahme», „Adoption» in der Schrift (Röm 8,15; Gal 4,5 usw.) qualifiziert wird (wodurch sie sich von der innertrinitarischen Sohnschaft unterscheidet), anderseits aber wegen der realen ↑Selbstmitteilung Gottes an den Menschen auch durchaus in der Schrift als Zeugung aus Gott, Geburt aus Gott, als ↑Wiedergeburt bezeichnet wird (Jo l, 13; Tit 3,5; l Jo 2,29 usw.; ↑Gotteskindschaft). Weil unser Verhältnis in der Gnade zu den göttlichen Personen nicht bloß auf ↑Appropriationen beruht, sondern der Eigentümlichkeit der drei göttlichen Personen entspricht, ist unser Vater, zu dem wir beten (Mt 6,9), der Vater des ewigen Sohnes (Jo 20,17), nicht „Gott» im allgemeinen.

Sola fide

(lat. = allein durch den Glauben) ist in der protestantischen Theologie zunächst einmal der Ausdruck dafür, daß der Mensch das Heil allein in der Haltung entgegennehmen kann, daß es ↑Sola gratia ist, also nicht das Ergebnis seines von Gottes Gnade unabhängigen Tuns, nicht der «Werke«, die wir als ungegebene Gott geben, sondern eben -des Glaubens. Wenn also einfach ,,Glaube» der Summentitel für die von der Gnade selbst geschenkte freie Annahme der Gnade durch den Menschen ist (wie öfters bei Paulus), dann ist das S. f. ein kath. Prinzip. Die Frage ist also nur, wie dieser gnadengewirkte Vorgang der Annahme der ↑Rechtfertigung zutreffend zu beschreiben ist. Hier kennt die kath. Rechtfertigungslehre eine differenziertere u. biblischere Beschreibung, als wenn nur mit einem schulmäßig vereinfachenden Theologoumenon das S. f. als „fides fiducialis» (↑Fiduzialglaube), als bloßes, absolut gewisses Vertrauen auf die rein forensische, nur äußerliche Zurechnung der Gerechtigkeit Jesu Christi beschrieben wird oder würde. Nach der Lehre des Trienter Konzils kann diese Annahme der rechtfertigenden Gnade im geschichtlichen Menschen in zeitlicher Erstreckung aus einer Reihe von verschiedenartigen Akten bestehen (↑Glauben als Zustimmung zur Wahrheit Gottes, ↑Hoffnung, ↑Reue [↑Attritionismus] usw.) u. erreicht erst ihr volles Wesen in der ↑Liebe, die, erwachsend aus dem Grund des (dogmatischen) Glaubens, erst das Ganze dieses Rechtfertigungsvorgangs ist.

Sola gratia

(lat. = allein durch die Gnade) als Materialprinzip der protestantischen Theologie besagt zunächst, daß das Heil ganz von Gottes Gnade geschenkt werde u. der Sünder von sich aus zu jedem ↑Heilsakt völlig unfähig ist. So formuliert ist dieses Prinzip ein kath. Prinzip, weil die schlechthinnige Heilsunfähigkeit des Menschen ohne die Gnade Lehre des Trienter Konzils ist (DS 1551 ff, NR 819ff) u. die kath. Gnadenlehre nicht im Sinn des ↑Synergismus erklärt werden darf. Ernsthafte Lehrunterschiede können also hinsichtlich dieses Prinzips nur auftreten: entweder wenn man es interpretiert als Leugnung der Wahlfreiheit im Heilstun, anstatt die heilshafte ↑Freiheit nach Vermögen u. Akt selbst als Gabe der Gnade zu erkennen, oder wenn man die Weise des Heilstuns des Menschen unter u. aus der Gnade unzulänglich interpretiert (/So\a fide) oder wenn man zugunsten einer bloß forensischen Anrechnung der Gerechtigkeit Jesu Christi, die den Menschen innerlich weiterhin Sünder sein läßt. leugnet, daß die ↑Rechtfertigung den Menschen wirklich in aller Wahrheit umwandelt u. (trotz aller bleibenden Begierlichkeit [DS 1515f, NR 357f] u. Sündenbedrohtheit u. Sündigkeit [DS 1573, NR 841] u. Undurchsichtigkeit [↑Heilsgewißheit]) wirklich aus einem Sünder zu einem Gerechten macht.

Sola Scriptura

(lat. = allein durch die Schrift) als Formalprinzip des Protestantismus ist die Lehre von der Selbstgenügsamkeit der ↑Heiligen Schrift, die sich selbst deutlich (unter dem Geist Gottes) auslegt u. darum das autoritativ u. letztverbindlich sprechen könnende ↑Lehramt der Kirche u. die ↑Tradition als eigentliche normative Größen für den christlichen Glauben überflüssig macht. Diese Lehre kann letztlich die Richtigkeit des ↑Kanons nicht rechtfertigen, der aus der Schrift selbst nicht zu entnehmen ist, sie wird dem Entstehen der Schrift selbst nicht gerecht, die als Niederschlag des autoritativen Kerygmas entstanden ist, das vorder Schrift glaubensfordernd auftrat mit Berufung auf eine formale Autorität, die Jesus nach dem Selbstverständnis der Verfasser der Evangelien dem Verkünder selbst gab (Mt 28, 18-20; Mk 16,15 ff; Lk 10,16 usw.), u. hebt sich für den auf, der das gegenteilige Prinzip aus der Schrift selbst zu erheben nach diesem Prinzip das formale Recht u. die materiale Möglichkeit hat. Umgekehrt ist für die kath. Theologie (auch nach dem II. Vat.) die Frage noch offen, ob unbeschadet einer formalen Autorität der ↑Tradition in der richtigen Auslegung der Schrift (DS 1501, NR 87 f) eine inhaltliche (materiale) Suffizienz der Schrift (von der nicht ohne weiteres zu verallgemeinernden Frage des Kanons abgesehen) zugestanden werden kann. Die S.-S.-Lehre sollte heute nicht mehr als Trennungsgrund unter Christen ins Feld geführt werden.

Solidaritätsprinzip

weist in der Theologie auf jene Einheit der Vielheit geistiger Kreaturen (der Menschen vor allem untereinander) hin, der zufolge sie nicht nur im materiell-physikalischen Bereich aufeinander einwirken, u. zwar im voraus zu einer freien Zustimmu ng des Empfängers einer solchen Einwirkung, sondern auch im spezifisch menschlichen Bereich (bis in die eigentliche Region des Heils u. Unheils) die Entscheidung jedes Einzelnen für die geistig-personale (Heils-)Situation aller anderen mitbestimmend ist (was nicht bedeutet, daß die freie Entscheidung eines Einzelnen als solchen durch die eines anderen ersetzt oder erübrigt werden könnte). Die Gründe dieser Einheit sind komplex (Einheit des physischen „Feldes», biologischer Zusammenhang: ↑Monogenismus; geistig-personale, notwendige ↑Kommunikation, Einheit in der gnadenhaften Selbstmitteilung des einen, liebenden Gottes als des einen Ursprungs aller Wirklichkeit usw.). Seinen höchsten Ausdruck findet das S. in der Lehre von der Erbschuldsituation aller in den ersten Menschen (Röm 5,12: DS 372 1512, NR 351 354; ↑Erbsünde) u. in der Erlösung aller durch den einen Gottmenschen (DS 391 1524 1530f, NR 794 801 f). Das S. ist aber auch Grundlage für viele andere christliche Wahrheiten eines ,,Heilskommunismus». Vgl. ↑Kirche, Solidarität der Glaubenden mit den Armen u. Unterdrückten, mit denen sich Jesus solidarisch identifizierte, Fürbitte für andere, Stellung ↑Marias in der Heilsgeschichte. – ↑Einheit der Menschheit.

Soteriologie

ist die theol. Wissenschaft von der ↑Erlösung, dem Heil (griech. soteria) des Menschen. Insofern in der tatsächlichen Heilsordnung Gott selbst in strenger ↑Selbstmitteilung das Heil des Menschen ist, kann alle Wirklichkeit, die Gegenstand der ↑Offenbarung u. der ↑Dogmatik ist, unter einem soteriologischen Gesichtspunkt betrachtet werden, ist die S. nicht einfach ein objektiv abgesetztes Einzelsachgebiet der Dogmatik. Aber man pflegt in der S. gewöhnlich nur die erlösende Tat Jesu am Kreuz als Fortführung der ↑Christologie zu erwägen: der gehorsam in Liebe angenommene Tod des Gottmenschen, im Blick auf welchen Gott die Menschheit als ganze liebt u. in welchem (der er mit seiner Tat ist) Gott die Welt angenommen hat (↑Satisfaktionstheorie). Die subjektive Auswirkung dieser „objektiven» Erlösung in der freien Annahme der Gnade Jesu Christi als Selbstmitteilung Gottes (die „subjektive» Erlösung) wird nicht in der S. behandelt, sondern in der ↑Gnadenlehre. Doch darf darüber nicht vergessen werden, daß die „objektive Erlösung» die Heilssituation jedes Einzelnen im voraus zu seiner freien Annahme anders sein läßt, als sie wäre, wenn Jesus Christus u. sein Kreuz nicht wären, u. so die S. über die „objektive» Erlösung fast der wichtigste Teil der S. der „subjektiven» Erlösung ist (↑Existential, übernatürliches).

Sozialismus. (LThK)

Der Begriff S. umschließt in seinem heutigen Verständnis verschiedene soziale Bewegungen, die sich ideell so stark voneinander unterscheiden, daß eine positive, inhaltl. Gemeinsamkeiten zusammenfassende Begriffsbestimmung kaum noch möglich ist. Der S. kann wohl negativ, im Sinn einer Abgrenzung, als Gegenspieler des ↑Kapitalismus bestimmt werden: als Inbegriff jener sozialen Bewegungen, die im kapitalist. Zeitalter entstanden sind u. sich z. Ziel gesetzt haben, die durch die Entartungen der kapitalist. Klassengesellschaft (↑Klasse II) entstandene asoziale Frage durch Überwindung des Kapitalismus zu lösen. Zu diesem Zweck wurden v. den einzelnen Ausprägungen des S. sehr unterschiedl. Wege gewiesen.

l. Der ethische od. utopische S. will den Kapitalismus dadurch überwinden, daß er auf der Grundlage eth.-rel. Wertvorstellungen, der Ideen der Freiheit, Brüderlichkeit u. Gerechtigkeit eine Neuordnung der Gesellschaft anstrebt. Seine bedeutendsten Vertreter sind G.-H. de ↑Saint-Simon, F.Babeuf, S.de Sismondi, R.Owen, F.-Ch. ↑Fourier, L. ↑Blanc u. P.-J. I› Proudhon.

Zwei Grundgedanken beherrschen den eth. S.: die Kritik am Privateigentum u. die Idee der Produktivgenossenschaft, verstanden als Selbsthilfeorganisation, in der die Arbeiter ihre „eigenen Unternehmer» sind. Beide Fragenkreise haben weit über den eth. S. hinaus, selbst noch auf sozialreformer. Gedanken der Ggw. (Gesellschaftsvertrag, Wirtschaftsdemokratie, Mitbestimmung, Arbeitermiteigentum), einen bestimmenden Einfluß ausgeübt. Wenn auch im eth. S. gelegentl. (so bei Saint-Simon u. Fourier) Schwärmer, u. utop. Ideen sichtbar werden, so geht es im ganzen doch um sehr reale u. konkrete Fragestellungen u. Lösungsversuche. Allerdings steht auch der eth. S. unter dem starken Einfluß der Aufklärung u. ihres harmon, Weltbildes. Vom ↑Liberalismus unterscheidet er sich zwar dadurch, daß er die Entartungen der kapitalist. Klassengesellschaft klar erkennt u. verurteilt. Mit ihm verbindet ihn aber die Überzeugung, daß die Harmonie der natürl. Ordnung wiederhergestellt werden könne, wenn man die Fehler des gegenwärtigen Gesellschaftssystems sehe u. auf ihre Beseitigung hinarbeite.

2. Der Staats-S. sieht im entschlossenen Einsatz der staatl. Macht den Weg z. Beseitigung der gesellschaftl. Mißstände. Seinen Ausgang nahm er v. J. G. Fichte, der in seinem „Geschlossenen Handelsstaat» (T 1800) dem Staat die Aufgabe zusprach, „jedem das Seinige zu geben u. ihn in sein Eigentum einzusetzen», u. v. diesem Grundgedanken aus ein System der staatl. gelenkten Wirtschaft entwickelte. — K. Rodbertus erblickte in der Monopolstellung der Kapitalisten u. Bodenbesitzer u. dem darauf gründenden „Gesetz der fallenden Lohnquote» die Ursache aller wirtschaftl. Not. Ihre Überwindung erhoffte er mit Hilfe der Überführung v. Boden u. Kapital in das Eigentum des Staates. Die Verwirklichung dieses Staats-S. verstand Rodbertus aber nicht als das Ergebnis eines plötzl. u. gewaltsamen Aktes, sondern eines langsam reifenden geschichtl. Prozesses, in welchem der Kapitalismus nur ein Übergangsstadium sei, ein Gedankengang, der starken Einfluß auf K. ↑Marx ausübte. Für die Übergangszeit bis z. vollen Entfaltung des staal. Sozialist. Endzustandes appellierte Rodbertus an das „soziale Königtum der Hohenzollem» u. forderte staat l. Lohnregulierungen z. Zweck der Anpassung des Lohnanteils an Produktivitätssteigerungen. — Auch F. Lassalle behauptete den Ausschluß des Arbeiters v. der Steigerung des Sozialprodukts, begründete dies aber im Unterschied zu Rodbertus mit D. ↑Ricardos Lohntheorie, die er ohne Einschränkung übernahm, mit der agitator. sehr wirksamen Bezeichnung „Ehernes Lohngesetz» versah u. als die Ursache der Volkswirtschaftl. Absatzstockungen u. Krisen bezeichnete. Die endgültige Lösung der sozialen Frage sah er darin, daß sich die Arbeiter des Staates bemächtigen u. der v. ihnen beherrschte Staat die kapitalist. in eine staatssozialist. Wirtschaft umwandle. Ebenso wie Rodbertus suchte auch Lassalle für die Zwischenzeit nach Übergangslösungen. Hier bediente er sich — unter dem Einfluß V.L. Blanc — der Idee staatl. subventionierter Produktivgenossenschaften, mit deren Hilfe der endgültige Zustand der staatssozialist. Gesellschaftsordnung vorbereitet werden sollte dergestalt, daß die Arbeiter sukzessive die Betriebe in eigene Regie übernehmen. Er verlangte das allg. direkte Wahlrecht u. staatl. Maßnahmen z. Schutz der Arbeiterschaft gg. Ausbeutung durch den Kapitalismus, Lassalles Gedanken bestimmten späterhin entscheidend die Zielsetzungen des revisionist. u. freiheitl. S„ fanden aber auch über den Raum des S. hinaus, so bes. bei W. E. v. ↑Ketteler u. F. Naumann, nachhaltige Resonanz.

3. Der ↑Marxismus erklärte die Lösung der sozialen Frage nicht als eine Aufgabe der eth. Aktivierung od. des staatl. Einsatzes, sondern als das mit naturgesetzl. Notwendigkeit eintretende Ergebnis eines geschichtl. Entwicklungsprozesses, der auf dem Weg der „Überführung des Privateigentums an den Produktionsmitteln in Gemeineigentum» in der sozialist. klassenlosen Gesellschaft ende. Dieser durch K. Marx geprägte S. gab der sozialist. Bewegung die stärksten Impulse, obschon das System des orth. Marxismus der Kritik nicht standhielt u. von anderen sozialist. u. nichtsozialist. Bewegungen so stark abgedrängt wurde, daß der westl. S. heute mit K. Marx nur noch jene Gedanken gemeinsam hat, deren Gültigkeit auch v. der kath. Soziallehre anerkannt wird (so bes. die v. den Sozialenzykliken übernommene Analyse u. Kritik der kapitalist. Klassengesellschaft). ↑Kommunismus u. ↑Bolschewismus aber haben seit Lenin u. Stalin wesentl. Stücke aus dem marxist. Lehrgebäude herausgebrochen od. umgestülpt u. es in eine ad hoc konstruierte Ideologie z. Stützung des bolschewist. Terrors umgebogen. Aus diesem ideolog. Reservoir wird seither v. Fall zu Fall das hervorgezogen, was jeweils geeignet erscheint, die gerade herrschenden polit. Tendenzen wirksam zu unterstreichen, andere zu bekämpfen. Mit Stalins Erklärung: „Es gibt einen dogmat. Marxismus u. einen schöpferischen, ich stehe auf dem Boden des letzteren», hat sich der Bolschewismus die Möglichkeit gesichert, die marxist, Ideologie für jede beliebige Verwendung einzusetzen. Die Macht ist z. Selbstzweck geworden u. abgelöst v. urspr. marxist. Ziel der sozialist, klassenlosen Gesellschaft, das nur noch propagandist. vorgeschoben, aber nicht mehr ernstgenommen wird.

4. Der freiheitliche od. demokratische S. der Ggw. steht in der Linie des revisionist. S. der als Ergebnis der seit den neunziger Jahren einsetzenden Spaltung des Marxismus entstand u. sich als dessen gemäßigte Richtung in Ggs. zur radikalen Richtung des kommunist. S. stellte. Der revisionist. S. nahm seinen ideellen Ausgang v. E. Bernstein, der dem orth. Marxismus einen „revidierten» S. entgegenstellte. Dessen Anliegen sah Bernstein, der sich stärker an Lassalle als an Marx anlehnte, in der Zurückstellung der radikalen marxist. Zukunftsziele u. in der Mitarbeit an den sozialpolit. Gegenwartsaufgaben. In der Überzeugung Bernsteins, daß „in einem guten Fabrikgesetz mehr Sozialismus stecken kann als in der Verstaatlichung einer ganzen Gruppe v. Fabriken», kündigte sich die überaus bedeutsame Wendung des S. v. der marxist. Utopie z, prakt. Sozialpolitik an. Es waren vor allem gewerkschaftl. Kräfte, die auf diese Wendung drängten, weil man den Erwartungen der Arbeiterschaft auf Besserung ihrer Lage nicht länger mit Zukunftsverheißungen, sondern nur mit gegenwartsnaher Sozialpolitik begegnen konnte. Deshalb bekämpfte Bernstein jeden Doktrinarismus u. empfahl, den Blick offenzuhalten für neue Gegebenheiten u. Möglichkeiten, dies ganz in Übereinstimmung mit dem Fabianismus des engl. Labour-Sozialismus.

In der Auseinandersetzung des revisionist. S, mit dem reinen Marxismus wurde fast das ganze marxist. Lehrgebäude abgetragen, so bes. die materialist. Geschichtsauffassung u. die determinist. Lehre v. der Zwangsläufigkeit des Geschichtsprozesses. Die Wandlungen dieses S. ergriffen schließl. auch die Idee des Klassenkampfes, der in einen Klassengegensatz als typ. Symptom der Kapitalist. Gesellschaft umgedeutet, aber nicht mehr als ein notwendiges, die ganze Geschichte beherrschendes Element verstanden wurde. Auch eine neue Einstellung z. ↑Eigentum bahnte sich an: die grundsätzl. Anerkennung des Privateigentums u. die Abweisung einer generellen Enteignung der Produktionsmittel u. ihrer Überführung in „Gemeineigentum». ↑Sozialisierung wurde nur noch in begrenzten Fällen gefordert, in denen sie v. Interesse des Gemeinwohls her geboten ist. Dieser Wandlungsprozeß des gemäßigten S. erhielt neue Antriebe aus den Erfahrungen mit den kollektivist. Zwangssystemen des Nationalsozialismus, Faschismus u. Bolschewismus. Der freiheitl. S. der Ggw. „lebt aus dem Respekt vor der menschl. Persönlichkeit» u. meint damit nicht den „atomisierten», sondern den „gesellschaftl. Menschen», für den die Gemeinschaft „ein Wert ist» (K. Schumacher). Die „Ziegenhainer Erklärung» v. 1947 hob hervor, daß der freiheitl. S. „die geistige Freiheit des Menschen u, seine sittl. Verantwortlichkeit als gestaltende Faktoren auch des geschichtl. Prozesses anerkennt» u. daß er für seine „letzten polit. Ziele nicht allein aus Gründen der materiellen Zweckmäßigkeit kämpft, sondern um der Würde des Menschen willen». Das kirchl. Lehramt anerkennt die Wandlungen des gemäßigten S. seine, ,Rückwendung zuWahrheiten, die christl. Erbweisheit sind», u. „eine bemerkenswerte Annäherung Sozialist. Programmforderungen an die Postulate einer christl. Sozialreform» (Enz. Quadragesimo anno n. 113). PiusXI erklärte aber auch, daß „der S. mit der Lehre der kath. Kirche nicht vereinbart werden kann» u. daß „ein guter Katholik nicht zugleich wirkl, Sozialist sein kann» (ebd. nn. 117 120). Diese Feststellung ist aber mit der Klausel versehen: „solange er wirkl. S. bleibt» („si vere manet socialismus» [ebd. n. 117]). Das bedeutet, daß sich das Urteil Pius› XI nur auf eine bestimmte, in der Enz. genau abgegrenzte Modifikation des S, bezieht: Gemeint ist jene Form des S., die in der Gesellschaft nicht einen den Menschen als ens sociale beanspruchenden gottgewollten Wertbereich sieht, sondern „ledigl. eine Nutzveranstaltung» (ebd. n. 118), einen individualist.-liberalist. akzentuierten Zweckverband, welcher der maximalen Güterversorgung als Höchstwert zu dienen habe dergestalt, daß „hier bedenkenlos die höheren Güter des Menschen, nicht zuletzt das Gut seiner Freiheit, geopfert werden in restloser Unterordnung unter die Sachnotwendigkeiten der absolut rationalsten Gütererzeugung» (ebd. n. 119). Neben dieser mechanist.-materialist. Gesellschaftsauffassung gehören z. S.begriff der Enz. die Inhalte des sog. Kultur-S. (ebd. nn. 121 f). Dieser bezieht sich auf einen S. der, wenn auch „socialismus mitigatus», doch an der philos. Basis des orth. Marxismus festhält u. sich z. absoluten Determiniertheit u. Milieubedingtheit des Menschen bekennt, um v. diesen Voraussetzungen her den „Sozialist. Menschen» zu formen. Wo aber jener sozialphilos. Determinismus aufgegeben ist, wie etwa im S. des „Godesberger Programms», kann auch der Begriff des Kultur-S. nicht mehr ins Spiel gebracht werden, weil die ideellen Voraussetzungen für die Aktualisierung seiner Inhalte fehlen.

Ein S., der sich v. diesen in der Enz. bezeichneten liberalist. Irrtümern gelöst hat, wird auch nicht v. ihrer Verurteilung betroffen. Ob eine der vielen Verzweigungen des gemäßigten S. noch unter den S.begriff der Enz. subsumiert u. in ihr Verdikt miteinbezogen werden muß od. nicht, ist keine Prinzipien-, sondern eine situationsgebundene Tatfrage, die sich nicht allein v. der Enz. her entscheiden läßt, sondern nur v. Fall zu Fall unter Berücksichtigung der „Umstände der Zeit u. des Ortes» (Enz. Mater et Magistra n. 126), also auf Grund gewissenhafter Prüfung des geschichtl.-empir. Befundes der „circumstantiae». So wird z. B. der ganz auf prakt. Sozialpolitik eingestellte S. der Labour Party v. der Verurteilung durch Quadragesimo anno nicht betroffen; weil er, wie der engl. Episkopat erklärte, dem S.begriff der Enz. nicht entspreche,

Für den Sozialismus des Godesberger Programms gilt die Feststellung O. v. Nell-Breunings: „Was die Konfrontation mit der v. Q. a. (nn. 118f) beschriebenen u. als für den Sozialismus kennzeichnend, für den gläubigen Christen als unannehmbar bezeichneten Gesellschaftsauffassung angeht, wird man ohne alle Winkelzüge od. Einschränkungen anzuerkennen haben: Was die Enz. Q. a. als .Sozialist.» Auffassung v. der Gesellschaft ablehnt, wird im Godesberger Grundsatzprogramm ebenso eindeutig abgelehnt.» Das bedeutet also, daß auch jener S., der sich zu den Grundsätzen des Godesberger Programms bekennt, nicht unter das Sozialismus-Verdikt der Enz. Q. a. fällt.

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F. KLÜBER

Sparsamkeitsprinzip

metaphysisches, ist ein theol. Hilfsbegriff für eine in der metaphysischen u. theol. Gotteserkenntnis (↑Gotteslehre) erkannte u. höchst bedeutsame Sache. Es besagt, daß die transzendente göttliche Ursächlichkeit in den innerweltlichen Ablauf auf die diskreteste u. sparsamste Weise eingreift, nämlich indem Gott als transzendent bleibender Grund die Geschöpfe mit ihrer eigenen Aktivität setzt u. trägt (↑Schöpfung, ↑Erhaltung, ↑Mitwirkung Gottes), diese innerweitliche Dynamik selbst nochmals durch seine eigene Kraft zu einer Art Selbstüberbietung u. so zu einer Wirkung entbindet, die jene aus sich selbst allein nicht hätten leisten können, mit u. in dieser göttlichen Kraft aber wirklich setzen. So bleibt im natürlichen Ablauf des Geschehens Gott die transzendente Ursache u. wird nicht mit seiner Tat ein Glied innerhalb der innerweltlichen Ursachenkette. Wo Gottes Wirken innerhalb der Geschehensreihe erscheint, handelt es sich um die Heilsgeschichte, die in der Menschwerdung gipfelt. Was die Welt selbst kann, muß sie auf die höchst mögliche Weise selbst leisten. Gott selbst entfaltet die der Kreatur verliehene Potenz zu seiner Ehre u. beansprucht ihre Aktuierung fürsich. ohne daß er das schaffen würde, was durch ↑Entwicklung möglich ist.

Species

kann bedeuten l), die Art (im Unterschied zum Individuum u. zur allgemeinen Gattung, besonders im Biologischen), d.h. das ge meinsam Eine u. doch noch relativ Konkrete, das in vielen Individuen (besonders wenn sie voneinander abkünftig sind) sich vorfindet; 2) die empirische, der sinnlichen Erfahrung unmittelbar gegebene Wirklichkeit akzidenteller Art eines Seienden im Unterschied zu seinem diese Vielheit der „Erscheinung» tragenden u. zusammenhaltenden substantiellen Grund. In diesem Sinn wird der Begriff zur begrifflichen Aussage der ↑Transsubstantiation im ↑Meßopfer verwendet, in der die sinnliche Erfahrungswirklichkeit, die „Erscheinung» (das, was den positivistischen Physiker allein interessiert u. allein mit seinen iBeobachtungsmethoden festgestellt werden kann) von Brot u. Wein erhalten bleibt u. zur „Anzeige» (in beider Hinsicht: species) des unter dieser Erscheinung gegebenen Leibes u. Blutes Jesu Christi wird. Wieweit Sp. in diesem Sinn mit „↑Akzidens» in einem streng ontologischen Sinn identifiziert werden muß, hängt davon ab, was konkret die „↑Substanz» des Brotes (bzw. des Weines) bedeutet, die nach kirchlicher Lehre (DS 1642 1652, NR 572 578) durch die Transsubstantiation zu bestehen aufhört. Da dies vom Wesen des Brotes als solchem u. von der modernenphysik her schwierig zu bestimmen ist, bleiben hier viele Fragen offen. Für das glaubensmäßig eigentlich Gemeinte ist dies letztlich belanglos: Jesus Christus gibt uns unter der bleibenden Erscheinungswirklichkeit des Brotes wahrhaft seinen Leib, so daß das, was er gibt, sein Leib u. in dieser Dimension sonst nichts ist. Damit wird den Sätzen der physikalisch-sinnlichen Empirie u. des Glaubens genug getan. Die Weise der Koexistenz dieser beiden Sätze darf ruhig geheimnisvoll bleiben.

Sphragis

(griech. = „Siegel», Eigentumsmarke usw.) werden in dem von der Schrift inspirierten Sprachgebrauch der Patristik zunächst die „Besiegelung» mit dem Heiligen Geist der ↑Rechtfertigung u. somit dann ↑Taufe oder ↑Firmung (als Akt der rettenden, bundesstiftenden Aneignung der Menschen durch Gott), später dann auch der sakramentale ↑Charakter genannt.

Sprachtheorie und Theologie

Theologie als Theorie der Rede von Gott ist nicht nur unmittelbar auf Sprache als ihr eigenes Gegenstandsfeld u. Entfaltungsmedium, sondern auch auf Sprachtheorie verwiesen, da es ihr als Wissenschaft darum gehen muß, die Bedeutung u. Wahrheit ihrer Aussagen durch kritische Reflexion der Strukturen, Funktionen u. Konventionen vernünftigen Redens von Gott allgemeinverbindlich zu begründen. Da Theologie auf religiöse Erfahrung u. ihre sprachlich tradierte Auslegung im Kontext geschichtlicher Wandlungen u. gesellschaftlicher Lebensformen sowohl unaufgebbar bezogen ist wie auch durch ihr interpretatives Gegenwärtigsetzen zu entschiedenem Handeln aufrufen will, kann sie eine Bevorzugung jener sprachtheoretischen Ansätze als legitim verteidigen, die nicht auf apriorischer Konstruktion u. deduktiver Applikation (Theorie der formalen Sprachen), sondern auf Rekonstruktion des faktischen Sprachgebrauchs u. seiner Regelsysteme sowie auf Explikation lebensweltlicher Sinnvermittlung ihren Hauptakzent legen (Theorien der normalen Sprache). Insofern darüber hinaus die Lehre von der ↑Inspiration und ↑Offenbarung voraussetzt, daß die Verstehbarkeitsbedingungen des geoffenbarten Wortes Gottes apriori mit Sprache gesetzt sind u. unmittelbar eingesehen werden können, ergibt sich als weitere theol. Forderung an eine Sprachtheorie, daß die Analyse des empirischen Sprachvollzugs den transzendentalen Konstitutionsrahmen von Sprache, ihre Strukturen, Regeln u. Funktionen freilegen u. bewußtmachen können muß. Über eine für den deutschen Sprachraum schon allzu selbstverständlich gewordene methodologische Symbiose von Theologie u. geisteswissenschaftlicher ↑Hermeneutik hinaus bieten sich dabei verschiedene Ansätze aus der Tradition der analytischen Sprachphilosophie als Gesprächspartner der Theologie an. Sowohl die im Kontext der Spätphilosophie Wittgensteins entstandene Theorie der Sprachspiele (Anerkennung der Eigenständigkeit eines religiösen Sprachspieles) wie die handlungstheoretisch zur Theorie der Sprechakte bei Austin u. Searle weiterentwickelte funktionale Bedeutungsanalyse vermögen die sprachtheoretische Argumentation der Theologie mit neuen Begründungsmodellen der Rede von Gott auszurüsten. Nicht zuletzt die durch die semiotische Begründung einer Logik der Forschung u. der Wahrheit empirischer Aussagen bei Peirce u. Morris eingeleitete Wende zur Pragmatik u. die dabei sichtbar werdende Bedeutung einer universalen Kommunikationsgemeinschaft als Rahmen für eine Einlösung des Wahrheitsanspruches theoretischer Aussagen eröffnen neue Perspektiven sowohl für eine Begründung von Theologie als Wissenschaft mit eigenständigem Forschungsprogramm als auch für eine Erhellung des unaufgebbaren Gemeinschaftsbezugs theologischer Reflexion (Kirchlichkeit der Theologie) u. der Normativität von Glaubenssätzen unter Berücksichtigung der in ihnen zu leistenden praktischen Antizipation eines geglückten Lebens. K. F.

Staat

Solange eine staatliche Gemeinschaft mit ihrem Recht u. durch ihre Gewalten, wenigstens aufs Ganze gesehen, für ein menschenwürdiges Dasein ihrer Glieder eintritt u. sorgt, realisiert sie die aus dem Wesen des Menschen dem Naturrecht entsprechend erfließende Notwendigkeit des St.es u. ist insofern dem Willen Gottes gemäß u. steht unter dem Schutz des göttlichen Gebotes, den legitimen Gewalten zu gehorchen. Staatliche Gesetze können daher in sich selbst (wenn sie im wesentlichen für das Gemeinwohl sachdienlich sind) oder indirekt (wenn die Auflehnung gegen sie die Ordnung der staatlichen Gemeinschaft zerstören würde) im Gewissen verpflichtend sein. Wo sie sachwidrig das Gemeinwohl erheblich Schädigendes befehlen, braucht ihnen nicht gehorcht zu werden; wo sie Unsittliches befehlen, ist der Gehorsam gegen sie („Befehl ist Befehl») unsittlich u. Sünde vor Gott. Der ..Untertan» darf sich, soweit er dazu fähig ist, von der Nachprüfung der staatlichen Gesetze u. Gebote an der Norm des christlichen Sittengesetzes u. des eigenen Gewissens nicht dispensieren; dies wäre unsittlich. Im Rahmen der Möglichkeit ist normalerweise Teilnahme am öffentlichen Leben (soweit sie sich wirklich als sinnvoll erweist) sittliche Pflicht. Die konkrete Form der staatlichen Gemeinschaft (Verfassung) beruht natürlich nicht auf direkter Anordnung Gottes, sie unterliegt dem geschichtlichen Wandel, sie abzuändern kann sittliche Pflicht werden, so daß Notstand u. Notwehr sogar über das geschriebene Recht hinaus revolutionäre Maßnahmen sittlich legitimieren können (↑Revolution; II. Vat., Kirche/Welt 74). Der St. ist Diener, nicht Herr u. nicht alleiniger Träger des Gemeinwohls. Der Christ u. die Kirche können u. sollen eine kritische Funktion ihm gegenüber ausüben, u. zwar nicht erst, wo spezifisch kirchliche Belange von ihm bedrohtwerden (↑Politische Theologie). Kirche u. St. dürfen sich nicht gegenseitig ignorieren u. schädigen, eine deutliche Unterscheidung beider Größen ist jedoch für beide Teile nur nützlich (↑Toleranz). Das II. Vat. sprach sich insofern für eine ..Trennung» von Kirche u. Staat aus, als es beide auf je ihrem Gebiet voneinander unabhängig u. autonom bezeichnete (Kirche/Welt 76). Durch die wesentliche Unterscheidung von St. u. Kirche bewahrt das Christentum den Menschen vor der Gefahr, daß der St. selbst oder das „Vaterland», die Nation usw. als sakrale, „numinose» Größe erscheint; wie die Natur, so hat das Christentum auch den St. in ejnem jahrhundertelangen Prozeß „entmythologisiert». Die Christen haben ihr Mögliches beizutragen, daß eine neu drohende „Staatsvergottung» überall auf der Welt sich nicht durchsetzt.

Stände des Menschen

ist das übliche Wort für die verschiedenen, wirklichen oder an sich denkbaren Heilssituationen, die Voraussetzung u. Bedingung der Möglichkeit u. Pflicht für das freie Heilshandeln des einzelnen Menschen sind. Von einem bloß denkbaren Stand der „reinen», bloßen ↑Natur, der niemals existiert hat, abgesehen, unterscheidet man drei wesentliche solche heilsgeschichtliche Phasen: 1. die paradiesische Heilssituation des durch Selbstmitteilung Gottes übernatürlich begnadeten, durch Freiheit von der Konkupiszenz (↑Integrität) ausgezeichneten, der Notwendigkeit des Sterbens enthobenen Menschen vor der Erbsünde, der „supralapsarische» Stand der Urgerechtigkeit (↑Urständ, ↑Paradies). 2. die Heilssituation des Menschen, der unter der ↑Erbsünde steht vor Jesus Christus bzw. vor seiner Rechtfertigung (durch Glaube, Liebe u. Taufe), der „infralapsarische» Stand der ..gefallenen» Natur». 3. der Stand des durch die Gnade Jesu Christi geheiligten Gerechten, der ehemals durch Erbsünde u. persönliche Schuld Sünder gewesen war, der Stand der „gefallenen u. wiederhergestellten Natur». Alle diese drei Stände folgen in der Heilsgeschichte nicht adäquat (einander einfach ablösend) aufeinander, bzw. sie sind teilweise nur Aspekte der einen Heilssituation (insofern die Erbsünde immer nur koexistent gedacht werden darf mit dem Versöhnungswillen Gottes im Blick auf Jesus Christus: ↑Existential); sie sind von vornherein umfaßt vom heiligenden u. vergebungsbereiten Willen Gottes zu seiner Selbstmitteilung in Jesus Christus (↑Christozentrik) u. entfalten diese eine letzte Wesensstruktur des Heiles in Geschichte: die paradiesische Gnade ist schon Gnade Jesu Christi, die Schuld ist von Gott nur zugelassen, weil sie die Heilssituation der größeren Gnade Jesu Christi, des Erstgewollten in der Schöpfungstat, gegen ihre Absicht nicht eigentlich aufheben kann, sondern sich in deren unendlicher Weite u. Absolutheit gewissermaßen totläuft; u. in der christlichen Zeit u. im Heilstun des Einzelnen kommt diese grundlegende, umfassende Heilssituation, die Jesus Christus immer u. jederzeit ist, nur zu ihrer ausdrücklichen Gegebenheit in ausdrücklichem Glauben u. sakramental-eschatologischer Greifbarkeit u. zu ihrer subjektiven (nochmals von ihr selbst bewirkten) Annahme unter Glauben u. Sakrament.

Starkmut

(lat. fortitudo), Tapferkeit, nach thomistischer Tugendlehre die 3. ↑Kardinaltugend, kraft welcher der Mensch in der Übermächtigkeit u. Tragik dieser Welt aushält u. die Furcht, besonders die Todes-↑Angst, in ↑Hoffnung besteht; der ↑Klugheit zugeordnet, da St. nicht sinnlose Tollkühnheit sein soll. In der traditionellen Lehre oft mit stoischer Gleichgültigkeit (Apathie) verwechselt.

Stigmatisation

(griech. Stigma = Zeichen) ist als Begleitphänomen mystischer Erlebnisse seit Franz v. Assisi das relativ häufig bis in unsere Tage auftretende Erscheinen von Wundmalen bei Mystikern u. Mystikerinnen, die deren Vorstellungen der Wundmale Jesu entsprechen u. nicht absichtlich oder betrügerisch zugefügt wurden. Die St. braucht in sich kein eigentliches Wunder zu bedeuten, da ähnliche Phänomene auf parapsychologischer Grundlage außerhalb echter ↑Mystik beobachtet werden, kann aber, wo sie Ausdruck u. leibliche Folge mystischer Christus- u. Kreuzesliebe ist, mit religiösem Respekt betrachtet werden, falls sie nicht zu Sensation ausgebeutet wird.

Subordinatianismus

ist die in der noch begrifflich unvollkommenen ↑Dreifaltigkeits-Lehre des 2. u. 3. Jh. mitschwingende Auffassung, der zufolge der ↑Logos u. der Heilige Geist nicht nur vom Vater ausgehen u. ihr Wesen von dem ursprungslosen Vater durch Selbstmitteilung seines göttlichen Wesens empfangen, sondern ihm irgendwie ..untergeordnet», nicht in vollem Besitz des einen göttlichen Wesens (↑Homoousios), nicht wirklich schlechthin Gott, sondern bloße göttliche „Kräfte» wären, durch die Gott (der Vater) „ökonomisch» Welt u. Heilsgeschichte gestaltet. Eine im Kampf gegen den ↑Modalismus u. ↑Sabellianismus erklärliche, seit ↑Nikaia überwundene Unklarheit der alten Trinitätstheologie.

Subsistenz.

Die reale u. grundlegende Einheit der einen Person Jesu Christi bei unvermischter Verschiedenheit des menschlichen u. göttlichen Wesens in ihm (↑Natur) zwingt dazu, auch bei einer konkreten individuellen ↑Substanz zwischen ihrer Substantialität als solcher u. ihrer Subsistenz zu unterscheiden (obwohl anfänglich die beiden Worte dasselbe bedeuteten). Eine reale, individuelle Substanz kann (mindestens im Fall der menschlichen Natur des göttlichen Logos), ohne Akzidens oder innere Bestimmung einer anderen Natur (der göttlichen als solcher) zu werden, nochmals einer höheren realen Einheit angehören u. in diesem Sinn nicht für sich „subsistieren», nicht eine eigene ↑Hypostase sein. Das schlechthinnige Unmitgeteiltsein und die Unmittelbarkeit eines Seienden, durch die es als schlechthin in seiner Wirklichkeit in sich u. für sich ist, bezeichnet man daher als Subsistenz, die Eigentümlichkeit, die ein substantielles Seiendes zur ↑Hypostase oder, wo es sich um ein geistig Seiendes handelt, zur Person macht.

Substanz

(als Grundbegriff nur indirekt beschreibbar; Gegenbegriff zu ↑Akzidens) bezeichnet ein Seiendes, das (negativ) nicht die inhärierende Bestimmung eines ändern, noch metaphysisches Teilprinzip eines anderen ist, sondern (positiv) die Wirklichkeit, die es besagt, als seine eigene hat, „in sich steht» u. so unter Umständen (aber nicht notwendig) tragender Grund von Akzidentien sein kann. Der Substanzbegriff ist auf den einzelnen Seirisstufen in analoger (nach unten abgeschwächter) Weise verwirklicht, weshalb es schwer ist, im rein Physikalischen eindeutig zu sagen, wo u. wie eine ,,Partikel» sich vom „Feld» der Materie im Ganzen so absetzt, daß sie den Begriff der S. eindeutig verwirklicht. Gott als der absolut in sich selbst beruhende ist in eminentestem Maß S. (DS 3001, NR 315). Die individuelle u. freie geistige Person ist es auf jeden Fall auch (wenn auch, weil abhängig von Gott, nur in Analogie zur Substantialität Gottes, ↑Pantheismus). Zum Unterschied von S. u. Subsistenz, der für die Christologie grundlegend ist: ↑Subsistenz.

Successio apostolica

(lat. = apostolische Nachfolgeschaft) ist zunächst die Legitimation von ↑Amt u. Vollmacht in der Kirche durch ihre gültige Herkunft von den ↑Aposteln (den Zwölfen), deren Amt u. Vollmachten auf den Willen Jesu u. den Heiligen Geist zurückgehen. Entsprechend der Doppelheit der Amtsvollmachten (sakramentale u. hoheitliche) ist die apostolische Nachfolgeschaft u. Herkunft eine solche sakramentaler ↑Weihe durch rechtmäßig geweihte u. so auf die Apostel zurückführbare ↑Bischöfe als den Nachfolgern der Apostel oder eine solche der rechtlich legitimen, vollen u. ein- u. unterordnenden Zugehörigkeit eines Amtsträgers zum Verband der Kirche Jesu Christi u. so zu deren oberstem Amtsträger, dem ↑Papst als dem legitimen Nachfolger des Hauptes des Apostelkollegiums, durch dessen Vermittlung hoheitliche Leitungsgewalt in der Kirche empfangen wird (die erste S. a. wird auch als materiale, die zweite als formale bezeichnet). Das Prinzip der S. a. als Moment an der Kirche u. als Kriterium der wahren Kirche kann nicht aufgegeben werden, weil sonst die Kirche aus einer geschichtlich greifbaren Wirklichkeit eine abstrakte Idee wird u. weil eine Gemeinschaft von Menschen als geschichtliche Größe nicht durch ein Buch allein (Schrift) in ihrer Kontinuität begründet werden kann, sondern der Legitimität der Nachfolge bedarf. Die Legitimität der glaubensfordernden Verkündigung aber weist sich nach der Schrift gerade auch notwendig an der Legitimität der Boten aus (vgl. Mk 16,15; Mt 28,18-20; Lk 10,16). Der Gesamtepiskopat mit dem Papst als Haupt ist in S. a. der Nachfolger des Apostelkollegiums mit Petrus an der Spitze u. in diesem Kollegium ist der einzelne ↑Bischof als Glied dieses Kollegiums Nachfolger der Apostel (vgl. II. Vat., Kirche 20 22 u.ö.). – Die evangelische Frage nach dem Sinn einer solchen „Nachfolgekette» oder Tradentenreihe hat eine wichtige Funktion für die Kirche, weil diese Frage ständig in Erinnerung ruft, daß eine bloße Amtsnachfolge – nichts ist ohne Nachfolgeschaft der ganzen Kirche im Glauben der ersten Jünger und Apostel.

Sünde

(als Tat) im vollen Sinn („schwere S.») ist die freie, existentiell radikale Entscheidung gegen den in der Ordnung der Natur u. Gnade u. in der Wortoffenbarung geoffenbarten Willen Gottes (vgl. DS 1544 1577 f,NR 814 845 f; Voraussetzung: voll einsichtiges Wissen, Freiheit u. sachgemäß wichtige Materie; vgl. ↑Akt).. In ihr versagt sich das Geschöpf dem Willen des Schöpfers zu den Grundstrukturen seiner Schöpfung u. seines ↑Bundes (so im Sündenbegriff des AT) u. dem Willen Gottes zu seiner ↑Selbstmitteilung an die Kreatur in der ↑Gnade u. widerspricht so auch seinem eigenen Wesen u. dem Sinn seiner Freiheit, Liebe zum höchsten verwirklichten Wert, zum persönlichen Gott, zu sein. Sünde ist wesenswidrig, aber möglich, als Tatsache bezeugt in der Erfahrung der eigenen Freiheit u. durch das Wort der ↑Offenbarung (im AT: das Erheben der Hand gegen Gott, Nm 15,30 usw.). Sie partizipiert als mysterium iniquitatis (Geheimnis der Bosheit; ↑Böse) an dem Geheimnis, daß kreatürliche Freiheit nicht nur von Gott her, sondern auch vor u. gegen Gott möglich ist trotz (u. zugleich wegen) der schöpferischen Allmacht u. Allwirksamkeit Gottes. Angesichts der Einheit von Gottes- u. Nächsten-↑Liebe ist zu beachten, daß sich die S. gegen Gott und gegen die Mitmenschen (in Einheit) richtet. Der Sünder hält vor sich selbst seine Schuld in Finsternis nieder, er verdrängt sie. So sehr die schwere Sünde Wissen u. Freiheit voraussetzt u. sich am konkreten «Material» vollzieht, so kann diese wissende Freiheit als Schuld sich doch sehr unthematisch als totale Haltung u. Befindlichkeit des personalen Grundes des Menschen vollziehen, die nicht adäquat reflektierbar sind, so daß der Mensch ein reflexes Urteil absolut sicherer Art über sich nicht fällen kann (DS 1533f, NR 804; ↑Heilsgewißheit). Ihr Eingeständnis ist selbst schon erste Wirkung der erlösenden Offenbarung u. Gnade Gottes. Als aus der Tat entspringender Zustand (habituelle S., bei Paulus griech. hamartia, die S.: vgl. Röm 5 ff) ist die S. in der realen Ordnung (von Natur u. Gnade) der schuldhaft herbeigeführte, Gottes Willen widersprechende Nichtbesitz der ↑heiligmachenden Gnade, sei es als ↑Erbsünde, sei es als persönlich bewirkter Sündenzustand. S. kann nur in Freiheit u. nur im Maß dieser Freiheit geschehen. Die ↑Begierde (Gn6,5; 8,21; Dt 10,16; jr 17,9 u.ö.) ist Folge der Erbsünde, Anreiz zur persönlichen S., aber als solche noch nicht S. (DS 1515f, NR 357f). Wo zwar ein Verstoß gegen Gottes Willen, aber ohne genügende Freiheit (wegen unvollkommener Kenntnis oder Freiheitshemmung) oder nicht gegen ein wesentliches Moment der durch Gottes Willen sanktionierten Wertordnung geschieht, ist eine „läßliche» S. gegeben, durch welche die grundsätzliche Hinordnung auf Gott in der Gnade nicht aufgehoben wird (DS 1679ff, NR 652). Ist das Grundwesen der (schweren) S. als radikales Nein gegen Gottes Willen auch immer dasselbe, so spezifiziert sie sich doch je nach dem Material aus der pluralen Wertwelt, an dem dieses Nein realisiert wird, in verschiedenen Sündenarten (↑Laster: vgl. ↑Lasterkataloge). Wo die S. in der vollendeten Selbstverfügung des Menschen in Freiheit durch den Beschluß seines zeitlichen Lebens im Tod ihre Endgültigkeit fände, wäre sie Verdammnis (↑Hölle) Trotz ihres Ursprungs aus dem Freiheitsgebrauch gegen den Willen Gottes entkommt durch sie die endliche Kreatur nicht dem Willen Gottes, der an ihr seine heilige ↑Gerechtigkeit u. sein grundloses Erbarmen offenbaren kann. Der protestantische Begriff der Sünde ist durch den Gegensatz zum katholischen bestimmt: er betont die jeder Tatsünde zugrunde liegende, sündhafte Grundverfassung des Menschen, die zunächst kein moralisches Versagen durch Übertretung der göttlichen Gebote ist, sondern personaler Unglaube gegenüber Gott aus seinshafter = ererbter Selbstsucht u. Ichperversion; der Mensch ist Sünder, d.h., er kann nicht Gott u. den Nächsten spontan lieben, es sei denn, der Heilige Geist bekehrt ihn allein aus Gnade zum ↑Glauben; diese ↑Rechtfertigung beseitigt aber auf Erden nicht die Sündhaftigkeit (↑simul iustus et peccator). – Zur Umkehr aus der S. vgl. ↑Metanoia, ↑Reue, ↑Taufe, ↑Bußsakrament.

Sündenfreiheit

ist das Freisein einer geistigen ↑Freiheit von ↑Sünde. Sie kann (bei Gott) aus der Notwendigkeit des Wesens erfließen, sie kann als Resultat der Freiheit dessen, der faktisch (aus welchem Grund auch immer: Gnade usw.) nicht gesündigt hat, gegeben sein. Sie kann aus einer gnadenhaft verliehenen ↑Unsündlichkeit erwachsen. Sie kann das Ergebnis der erlösenden Sündentilgung durch die Gnade Gottes (↑Rechtfertigung) im gesündigt habenden Menschen sein. Gegen jede Art von ↑Sündenmystik ist zu betonen, daß in der konkreten Ordnung jede S. im bloßen Menschen ebenso Wirkung u. Offenbarung der erlösenden Gnade Gottes in Jesus Christus ist (auch u. vor allem z.B. bei Maria) wie sie die Vergebung der begangenen Schuld ist. Der Heilige ist der größte Schuldner Gottes.

Sündenmystik

ist ein heutiger Ausdruck für jene in der modernen Literatur u. im heutigen Lebensgefühl verbreitete Haltung, der zufolge die radikal böse Sünde (Schuld) notwendiges Durchgangsstadium in der Entwicklung echten u. reifen menschlichen Daseins u. die Weise sei, in der der Mensch Gott die Möglichkeit gebe, gnädig zu sein u. so sein eigentliches Wesen zu vollziehen, so daß der Mensch von vornherein die Sünde als letztlich doch positives Moment seines Lebens planen dürfe. Sosehr die begangene Sünde in dieser noch laufenden Geschichte eingefangen bleibt in Gottes größerem Erbarmen (Röm II,32), so gibt es keinen legitimen Willen zur Sünde als Reiz der Gnade Gottes (Röm 6, l f); es wäre gemeiner Übermut der endlichen Kreatur u. ohnmächtige Dummheit zugleich, wollte sie den Gott allein reservierten Standpunkt Gottes selbst einnehmen u. die Sünde von vornherein als Posten im Plan zum Guten einkalkulieren. Es gibt kein Gutes, das als solches nur durch das Böse erreicht werden kann.

Sündenstrafen

Jede ↑Sünde hat naturgemäß ihre Folgen. Diese können innerlich u. äußerlich sein, insofern sie aus dem Wesen der betreffenden Schuld selbst erfließen, sich gewissermaßen über die ganze leibseelische Wirklichkeit des Menschen ausbreiten; diese so von der Schuld mitgeprägte Wirklichkeit setzt in ihrem Widerspruch zur gottverfügten Ordnung den Menschen zwangsläufig auch der Reaktion der richtig gestalteten, in ihrer konkreten Gestalt von der freien Verfügung Gottes abhängig bleibenden Umwelt (im totalen Sinn des Wortes) aus. Da Gottes Schöpfung (Mensch u. Welt) naturnotwendig den Willen Gottes ausdrückt u. offenbart u. in ihrer Struktur auch dort, wo sie durch Schuld verletzt wird, unweigerlich aufrechterhält, braucht Gott gar nicht so gedacht zu werden, als ob er (gleicherweise wie eine schwächere, weltliche Obrigkeit) eigens mit nur dem Strafzweck als solchem dienenden Strafen die Schuld des Menschen bestrafen müsse. Die frei von Gott gestaltete, konkrete Wirklichkeit, an der (in sich selbst u. in der Totalität der Wirklichkeit) der sündige Mensch scheiternd anstößt, ist die Strafe der Schuld. Das gilt vor allem dann, wenn der Mensch im ↑Tod mit seiner sittlichen Entscheidung endgültig geworden ist u. er unverstellt eschatologisch der endgültig sich durchgesetzt habenden göttlichen Ordnung der totalen Wirklichkeit mit seinem Widerspruch kontrastiert bleibt (↑Hölle). Die Objektivationen der Schuld in der innermenschlichen u. umweltlichen Wirklichkeit bleiben oft bestehen, auch wenn die Person die letzte Einstellung schon wieder auf Gott ausgerichtet hat: die S. sind nicht schon immer getilgt durch die Reue u. die Vergebung der Schuld als solcher (DS 1542f 1580, NR 812f 848). Von daher ist der Sinn des ↑Fegfeuers u. der ↑Genugtuung zu begreifen.

Symbol

im echten u. ursprünglichen Sinn ist nicht ein vom Menschen willkürlich gewähltes Zeichen für eine bestimmte Wirklichkeit, das zum Zweck ihrer raumzeitlichen, geschichtlichen Verlautbarung von außen an sie herangetragen wird, sondern (natürlich in sehr abgestufter Weise) die „Erscheinung», in der als einem anderen u. doch verbundenen etwas sich selbst in sich setzt u. so auch „äußert». Der Vater in der ↑Dreifaltigkeit ist er selbst, indem er sich selbst im Sohn, ihn unterscheidend, aussagt. Die ↑Seele ist, d.h. vollzieht ihr eigenes Wesen, indem sie sich in dem von ihr verschiedenen Leib, ihn informierend, verleiblicht u. sich ausdrückt; eine bestimmte Haltung gelingt dem Menschen, indem er sie unter einer bestimmten Geste vollzieht: indem die Haltung sich „äußert», wird sie selbst oder wächst sie in existentieller Tiefe. Dieser Ursprung des S.s im Symbolisierten selbst schließt nicht aus, daß diesem Symbolisierten bestimmte Normen von außen für die Weise des Symbols auferlegt werden, wenn es sich echt im Symbol ausdrücken soll (z.B.: die bestimmte kirchliche „Form» des Ehewillens ist die vorgegebene Weise, unter der der Ehewille selbst sich als absolut bindend setzen muß). Von daher ist ein Zugang zum Verständnis der ↑Sakramente (als geschichtlicher Symbole göttlichen Handelns am Menschen in Raum u. Zeit) u. ihrer Ursächlichkeit (↑Opus operatum), für die Liturgie usw. zu gewinnen.

Symbolik

ist entweder die Lehre vom ↑Symbol u. dem Sinn der einzelnen Symbole oder die theol. Lehre vom Werden u. dem Sinn der einzelnen (irgendwie amtlich fixierten) „Symbole» = ↑Glaubensbekenntnisse, die es in der Geschichte der Kirche gegeben hat u. gibt, u. somit vor allem auch der Lehrdokumente (Bekenntnisschriften), die in den verschiedenen christlichen Konfessionen seit dem 16.. Jh. als Ausdruck der innerchristlichen Glaubens- und Lehrdifferenzen entstanden sind. Vgl. dazu ↑Kontroverstheologie.

Syneidesis

(in der Scholastik wegen eines Schreibfehlers oft Synderesis genannt; griech. wörtlich „Bewußtsein») bedeutet die sittlich-religiöse, unzerstörbare Urbefindlichkeit im Grunde des menschlichen Wesens, jene letzte Selbstgegebenheit der unaufhebbaren Strukturen des Wesens des Menschen, durch die er – wenn vielleicht auch ganz unthematisch – auf Gott ausgerichtet ist (↑Transzendenz, ↑Existential) u. die letzten Grundgegebenheiten sittlicher Verantwortung erfaßt (↑natürliches Sittengesetz), die er auch in der Verdrängung u. im Protest nochmals unausweichlich bejaht u. die auch den tragenden Grund seines ↑Gewissens bilden (↑Geist).

Synergismus

bedeutet jene Auffassung im Verhältnis zwischen dem begnadenden Gott u. dem freien Menschen im Heilsvollzug, nach der Gott u. der Mensch, „zusammenwirkend» nach Art von Teilursachen, je gewissermaßen die Hälfte des ganzen Werkes leisten. Obwohl das kirchliche Lehramt unbefangen von der „Mitwirkung» des Menschen mit der Gnade spricht, gibt der S. die katholische Gnadenlehre doch nicht zutreffend wieder, denn diese ist sich dessen bewußt, daß die Freiheit des Menschen im Heilswerk selbst noch einmal nach Vermögen u. nach.Tat (durch die wirksame ↑Gnade) Geschenk der Gnade Gottes ist u. somit das dialogisch partnerhafte Verhältnis zwischen Gott u. Mensch nur eine Seite der Sache zur Geltung bringt.

T

Tag des Herrn

heißt das Ende der zeitlichen Geschichte der Welt u. der Menschheit, insofern in dieser Gesamtvollendung offenbar werden wird, daß die Welt- u. Heilsgeschichte Grund, Maß u. Ziel hatte in der Selbstmitteilung Gottes an die Welt, die in der Menschwerdung des Logos u. in seinem Werk ihren Höhepunkt u. unwiderrufliche Endgültigkeit erlangte, so daß, wenn die Gesamtvollendung erreicht ist, die weit- u. heilsgeschichtliche Stellung des menschgewordenen Logos offenbar, er „wiedergekommen» sein wird als die enthüllte Begnadigung (↑Parusie) u. das ↑Gericht der Welt. Dementsprechend heißt auch das siegreich offenbare, die Geschichte abschließende Sichdurchgesetzthaben der Herrschaft Gottes (AT) u. Jesu Christi (NT) in der Schrift Tag Jahwes, T. d. H., der Tag des Menschensohnes, Jesu Christi, „jener Tag», der Tag schlechthin, der Jüngste Tag (Am 5,18-20; ls 2,2; 13,6ff; l Kor l,8; 5,5; Lk 17,24; Phil l,6; Jo 6,39f usw.).

Taufe

ist das erste u. grundlegende ↑Sakrament (DS 150 802 1614 ff u.ö., NR 250 920 532 ff u.ö.), das deswegen auch in engster Entsprechung zum kath. Kirchenbegriff selbst verstanden werden muß. Es ist das Sakrament reinigender u. heiligender Wiedergeburt (Jo 3,5; vgl.Ez36,25f;DS223231 247 1314ff .1730 u.ö., NR 528-531 591 u.ö.) im Geist u. in der Gnade Jesu Christi durch die rechtlich-sakrale Eingliederung in die ↑Kirche, in welcher das heilstiftende Leben Jesu Christi als der neue u. zugleich ursprünglichste Anfang der in Adam gefallenen Menschheit schon seine unzerstörbare, sakramental-leibhaftige Gegenwart in der Welt gefunden hat. Diese Eingliederung in die sakramentale Leibhaftigkeit des Heils in den vom Geist Jesu beseelten u. geheiligten ↑Leib Jesu Christi (DS 394 1314ff 1513 1671 f 1730 3705, NR 528-531 355 645 f), der die Kirche ist, ist unauslöschlich besiegelt (2 Kor l,21f: Eph 4, 30) durch den Taufcharakter (sakramentaler ↑Charakter; DS 781 1314ff 1609 1767-1770, NR 526 528-531 514 709-712), aufgrund dessen die T. nicht wiederholt werden kann (DS 110 123 183 214 810 1609 1624 1626 1671 fl864f, NR 514 542 544 645 f 932 f). So verstanden, ist die Eingliederung in die Kirche auch die erste grundlegende Wirkung der T. (DS 632 1050 1314ff 1621 1627 u.ö., NR 528-531 539 545 u.ö.; CIC c. 87; vgl. ↑Kirchengliedschaft), zugleich aber (unter Voraussetzung der hinreichenden ↑Disposition) das Medium zur Erlangung der Fülle der Taufgnade: der rechtfertigenden Erneuerung des alten Menschen (Eph 4,22; Kol 1,10 u.ö.; DS 1671f) in innerer Vergöttlichung u. Angleichung an Tod u. Auterstehung Jesu Christi (Röm 6), kraft seines in der u. durch die Kirche gegenwärtigen Geistes, der darin erwirkten Tilgungaller Sünden (DS 150 231 239 540f 632 793 854 903 1314ff 1515f 1671f, NR 250 349 892ff 219 498 924f 528-531 357 f 645 f) u. Nachlassung aller ewigen u. zeitlichen ↑Sündenstrafen (Eph 5,26; DS 854 1314ff 1515f 1542f 1689ff, NR 924f 528-531 357f 812f 656ff). Da nur die T. die Wiedergeburt zu dem neuen Leben in Jesus Christus schenkt, kann an sich ohne sie dieses Leben nicht empfangen werden (Jo 3,5; Mk 16, 16); da sie es aber schenkt als Sakrament der ursprünglich erschließenden Teilhabe an der Gemeinde Jesu (l Kor 12,13) u. dadurch der in deren geschichtlichen Sichtbarkeit gefaßten Gnade, ist ihre ↑Heilsnotwendigkeit eng an die allgemeine Heilsnotwendigkeit der Kirche selbst gebunden; darum gibt es auch analog zur Zugehörigkeit zur Kirche verschiedene Stufen realer Teilhabe an ihrer heilerschließenden Sakramentalität: in der sogenannten Blut- u. Begierdetaufe. Die Bluttaufe (durch das ↑Martyrium) rechtfertigt den Menschen als reale Teilhabe an der die Gegenwart des im Tode Christi gewirkten Heils bezeugenden Funktion der Kirche; die ↑Begierdetaufe als das mit Liebes-↑Reue verbundene ausdrückliche oder auch nur einschließliche Verlangen (↑Votum) nach dem Taufsakrament rechtfertigt dadurch, daß der Mensch in diesem Verlangen seine ihm vorgegebene menschliche Natur in Glaube u. Liebe frei bejaht u. übernimmt, insofern sie durch das Geheimnis der Menschwerdung eine objektive Hinordnung auf Jesus Christus selbst hat u. damit als Konfiguration mit der heiligen menschlichen Natur Jesu Christi schon eine quasi-sakramentale Bedeutung hat. Gegen den ↑Donatismus u. gegen die Verfechter der Wiederholung der ↑Ketzertaufe lehrt die Kirche, daß an sich jedermann (DS IIOf 123 127f 183 211 1314ff 1348f,NR528-531)gültigdie sakramentale T. spenden kann. Die feierliche T. können freilich nur bestimmte Amtsträger der Kirche vornehmen: Bischof, Priester u. Diakon. Der Taufritus greift das religiöse Ursymbol kultisch-heiliger Waschung (z. B. in der Johannes-T., in der jüdischen Proselyten-T., in den gnostischen Mysterienkulten, im Mandäismus) auf, ohne daß die mit ihm hier verbundene spezifische Idee übernatürlicher Wiedergeburt religionsgeschichtlich aus vorchristlichen Taufkulten abgeleitet werden könnte, wenn auch innerhalb des biblischen Bereiches die christliche T. als überhöhende Vollendung der Johannes-T. (Bezeugung des Glaubens an den kommenden Messias) aufgefaßt werden kann (vgl. Ez 36,25). Die gültige, christliche T. geschieht durch Aufgießen (bzw. Untertauchen oder Besprengen) mit natürlichem Wasser unter gleichzeitiger Bezeichnung der Taufhandlung („N..ich taufe dich-«), mit Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit („ – im Namen des Vaters u. des Sohnes u. des Heiligen Geistes»), in der Absicht (↑Intention), dasselbe zu tun, was die Kirche bei der Taufspendung tun will. Empfangen kann die T. jeder noch nicht Getaufte, auch das unmündige Kind (wobei für die T. eines Kindes akatholischer oder apostatischer Eltern bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen, da das Kind ja in die Kirche hineingetauft werden soll). Vgl. ↑Kindertaufe.

Teilhabe

(Partizipation) ist ein allgemeines Wort für die Tatsache, daß ein Seiendes in seiner Wesensart auf die verschiedensten Weisen bestimmend sein kann für Sosein u. Eigentümlichkeit eines anderen. Jede Ursache, die wirkursächlich ein anderes, von ihr Verschiedenes hervorbringt, verleiht unvermeidlich dem Bewirkten eine gewisse Ähnlichkeit mit sich selbst u. läßt es so auf diese Weise an sich ..teilhaben». Darüber hinaus kann aber das eine dem anderen durch Selbstmitteilung an sich T. geben. Auch das wiederum kann auf den verschiedensten Ebenen u. in den verschiedensten Arten geschehen. Die Seele gibt dem Leib T. an ihrem Leben durch eigentliche ontische „Information» (eine der Arten der ..inneren» ↑Kausalität). In gegenseitiger personaler ..↑Kommunikation“ können zwei geistig personale Seiende sich gegenseitig T. gewähren (anders ist T. im Naturzusammenhang oder innerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge). Diese T. von Freien erreicht in der Selbstmitteilung Gottes ihren Höhepunkt. Wenn alles aus einem stammt u. so an Gott teilhat u. die Entäußerung Gottes, der die Liebe ist, in Gnade u. Glorie als Selbstmitteilung Gottes sich vollendet, dann ist verständlich, daß der an sich sehr geheimnisvolle Begriff der T. (zwei bleiben zwei u. sind doch in T. aneinander eins) ein Schlüsselbegriff der Theologie sein muß.

Teleologie

(griech. telos = Ziel). Ein Seiendes, das ein es selbst konstituierendes Wesen (↑Natur) hat u. doch zeitlich-geschichtlich ist (↑Anfang), also werden soll, was es ist, ist dadurch auf ein ↑Ziel ausgerichtet: die Erreichung der im anfänglichen Wesen schon grundgelegten, eigenen Vollendung, die freilich in einem Wesen, das von geistiger ↑Transzendenz u. frei u. so in echtem Sinn geschichtlich ist, nicht einfach als mechanisch oder biologisch in ihrer Konkretheit determiniert gedacht werden darf, sondern das unergründliche Geheimnis göttlichen u. menschlichen Schöpfertums ist u. sich erst im ↑Ende enthüllt, nicht „vorhersagbar» ist. Wo daher auf eine Wesenserkenntnis nicht in positivistischer Blindheit verzichtet wird, kann auch auf ein Verständnis eines Seienden von seiner Vollendung her, also auf T., nicht verzichtet werden. ↑Eschatologie ist dogmatische T. des ganzen Einen der gottgeschaffenen Wirklichkeit, der Menschheit u. jeder einzelnen geistigen Person. Die Frage, ob u. in welchem Sinn in der untermenschlichen (materiellen u. biologischen) Wirklichkeit mit naturwissenschaftlichen Methoden T. zu erkennen ist, gehört in die Philosophie. Jedenfalls ist das ↑Leben in der Biologie nicht verständlich beschreibbar, ohne zu Kategorien der T. zu greifen (↑Zweck usw.).

Teufel

ist im Verständnis der christlichen Theologie nicht eine bloße mythologische Personifizierung eines Bösen in der Welt, sondern hat ein existierendes Wesen, darf aber nicht als eigenständiger Gegenspieler Gottes verstanden werden; er ist absolut endliche Kreatur, deren Bösesein von der Macht, Freiheit u. Güte Gottes umfangen bleibt. Die Lehre über den T. tritt wie die über die ↑Dämonen im allgemeinen in der Schrift als naturale Voraussetzung u. als Bestandteil menschlicher Erfahrung auf; als solches natürliches Wissen wird das T.sver- . ständnis durch die Offenbarung des Sieges der Gnade Gottes in Jesus Christus u. der erwirkten u. weiterzuführenden Befreiung des Menschen von allen Herrschaften, Mächten u. Gewalten zurechtgerückt. Wenn deutlich ist, daß die T.slehre aufgrund weit verbreiteter natürlicher Erfahrungen „von außen» in die Offenbarung einwandert, ist leicht verständlich, daß die T.sauffassung viele geschichtliche, außerchristliche Elemente mit sich führt. Auf ihren Inhalt im Christentum gebracht, besagt die Lehre vom T.: Die Unheilssituation, die die ↑Erlösung voraussetzt und überwindet, ist durch eine kreatürliche Freiheit gesetzt, die der individuellen menschlichen Freiheitsgeschichte vorausliegt. Diese endliche überindividuelle Freiheit ist zerrissen (T. von griech. diabolos = der Auseinanderbringer, Widersacher) u. konstituiert durch diese Uneinigkeit die menschliche Geschichte mit. Zur kirchlichen Lehre über den T.: ↑Dämonen.

Theismus

(v. griech. theos = Gott) heißt jene Gottesauffassung, die Gott als souverän u. personal handelndes Wesen versteht, dabei aber im Unterschied zum ↑Deismus eine ständige aktive Gegenwart Gottes in der Welt annimmt (der Begriff Th. wurde im 17. Jh. gebildet in der Absicht, damit eine den verschiedenen Religionen gemeinsame Gottesauffassung in der Abwehr des Atheismus zu formulieren). An die Gottesauffassung des Th., der im allgemeinen von der kath. Gotteslehre akzeptiert, in der ev. Theologie stärker kritisiert wird, ist die Grundfrage zu richten, ob sie sich als Produkt einer ..natürlichen Theologie» versteht, also einer philosophischen Grundlegung der Theologie unter Absehung von der Offenbarung Gottes zugehört, oder ob sie philosophische (methodische, kritische) Reflexion u. Interpretation der ↑Offenbarung sein will. Eine philosophische, von der Offenbarung abstrahierende Theologie erreicht den Grund von allem (↑Gottesbeweis), aber nur als Jenseits u. als immer in unnahbare Ferne rückenden Horizont. Für eine solche metaphysische Gotteserkenntnis bleibt Gott der wesentlich Unbekannte; der menschliche Begriff des schlechthin Absoluten bleibt „leer». Die theistische Metaphysik, die das Wesen Gottes nicht erreicht, kann auch keine positiven Aussagen über die Wesenseigenschaften Gottes machen. Von da her ist das Gottesbild eines naiven Th. zu kritisieren, der meint, Gottes Weltverhältnis aus den abstrakt gewonnenen Begriffen der Eigenschaften (Allmacht, Allwissenheit usw.) u. der Vorsehung Gottes erschließen zu können, u. der daraus ein physikalisches Eingreifen Gottes in den Ablauf der Welt- u. Menschheitsgeschichte behauptet. Diese Kritik gilt natürlich um so mehr einem ideologischen, zur Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen aufrechterhaltenen Th., dessen Existenz nichtzubestreiten ist. Eine philosophische Reflexion u. Interpretation der Offenbarung dagegen, die bereits in der Schrift vielfach greifbar ist, stellt keine Vergegenständlichung u. Verdinglichung Gottes dar, die der Mensch hybrid unternehmen würde, sondern behandelt Gott insofern als Gegenstand, als er sich selbst in seinem Offenbarungswort zum Gegenstand gemacht hat. Die ..Eigenschaften» Gottes in seinem Weltverhalten sind an seiner mitleidenden Solidarität mit der Menschheit ablesbar; die dogmatisch formulierten Eigenschaften sind Ausdrücke für die grundsätzliche Verschiedenheit von Gott u. Welt, in denen zum Ausdruck kommt, daß Gott „in sich» unabhängig von der Welt u. ihr unendlich überlegen ist, in denen aber nicht .gesagt wird, •in welchem Sinn u. Ausmaß er sich selbst von Welt u. Menschen abhängig gemacht hat. Die Überlegungen zur ↑Analogia entis u. das Verständnis des je größeren Gottes als ↑Geheimnis sind unentbehrliche Selbstkorrekturen des theol. Th.

Theodizee

(griech. theos = Gott; dike u. dikaia = Recht; etwa: Rechtfertigung Gottes) bedeutet l) ursprünglich den (wenigstens negativen) Nachweis durch die gläubige oder philosophische Vernunft, daß das Übel in der Welt (Leid, Unglück, Tod, Schuld) im biologischen u. menschlichen Bereich (↑Böses) die natürliche, philosophische oder gläubige Überzeugung von der Existenz eines heiligen, unendlich vollkommenen u. guten Gottes nicht aufhebe. Dazu dient die Geltendmachung des Unterschiedes zwischen endlicher Kreatur u. unendlichem Gott (gegen jeden ↑Pantheismus), die Betonung der Relativität einer Beurteilung des Guten oder Bösen eines Geschehnisses (in einem höheren Beziehungszusammenhang ist etwas gut, was mir in einem niedrigeren „System» als sinnwidrig erscheint), der Unvollendetheit der Welt, die noch unterwegs ist u. vom Menschen unter Veränderung der leidenmachenden Verhältnisse real verbessert werden kann, der Sinnhaftigkeit der Freiheit, auch wenn sie dann Böses tun kann, die Warnung vor falscher, anthropomorpher Deutung des Schmerzes u. des Todes im bloß biologischen Leben, die Betonung der Tatsache, daß eine vollendete Harmonie des Daseins des Menschen bei seiner ↑Unsterblichkeit nicht in der bloßen Dimension seines irdischen Lebens gefordert werden dürfe. .Die Annahme der Th. ist letztlich eine Sache kreatürlicher Urbescheidung (die endliche Kreatur ist nur in der rechten Verfassung, wenn sie den unendlichen Gott unbegreifliches ↑Geheimnis auch in dieser Hinsicht sein läßt) u. der glaubenden Hoffnung, die, sich von Gott erproben lassend, die Enthüllung des Sinns der Welt geduldig erwartet. Diese Hoffnung, die auf der Menschwerdung Gottes u. Auferstehung Jesu beruht, ist eine gegen den Erfahrungspessimismus u. gegen die Übel in der Welt tätig ankämpfende Hoffnung. Sie hilft vermeiden, daß die Frage nach dem Bösen u. sinnlosen Leiden in philosophischem Unernst verharmlost u. „gelöst» wird; sie macht’deutlich, daß das Böse nur vom Standpunkt seiner Überwindung aus richtig gesehen werden kann. Die stets wachzuhaltende Th.frage reicht zu einer Bestreitung der Existenz Gottes nicht aus: die Leugnung Gottes führt zu den tatsächlich ausweglosen Fragen einer Anthropodizee. Die Verwerfung der Th. ist keine Lösung des Daseins: solche Antwort will als Antwort Sinn geben u. proklamiert die absolute Sinnleere als den wahren Sinn. Es gibt aber im Dasein des offenen Menschen zuviel der Erfahrung des Lichtes, als daß die absolute Finsternis das Eigentliche u. ursprüngliche sein könnte. Unter Th. versteht man 2) heute auch oft die philosophisch-natürliche Erkenntnis des Daseins u. Wesens ↑Gottes überhaupt.

Theologen

Die einhellige Lehre der Th. (im Unterschied von den ↑Kirchenvätern) des Mittelalters u. der Neuzeit hat, soweitvorhanden, dann u. insoweit für den einzelnen späteren, heutigen Th. einen normativen Charakter (ähnlich wie die Kirchenväter), als in ihr das eigentliche Glaubensbewußtsein der Kirche u. dessen Entfaltung greifbarwird. Dies ist möglich, weil die rechtgläubigen, von der Kirche nicht zurückgewiesenen, sondern wenigstens stillschweigend anerkannten Th. unter der Leitung u. Aufsicht des kirchlichen ↑Lehramtes ihre Theologie trieben, also im Ganzen diesem konform lehrten u. somit nicht etwas als geoffenbarte oder schlechthin verpflichtende Lehre allgemein u. durch längere Zeit vortragen können, was dieses Charakters entbehrt, weil sonst dieser Irrtum auf das Lehramt selbst zurückfiele. In anderen Lehren kann natürlich ein zeitbedingter Irrtum bei ihnen (letztlich profaner Art) allgemein u. langdauernd sein. Die ehrliche Respektierung u. Auseinandersetzung mit der Gesamtlehre der Th. zwingt das individuelle Glaubensbewußtsein u. die denkerische Subjektivität des Einzelnen immer wieder, wenn vielleicht auch unter schmerzlicher Anstrengung, in das größere Bewußtsein der Gesamtkirche hinein u. bereichert gerade dieses so mit der schöpferischen Individualität der wechselnden Zeiten u. Denker. Vgl. dazu theol. ↑Schulen, ↑Pluralismus.

Theologie

(griech. theologeia = Rede über Gott, besonders die hymnische u. philosophische Rede) im strengen Sinn (im Unterschied zu Philosophie, Metaphysik, Mythologie u. natürlicher Gotteserkenntnis) ist ihrem Wesen nach das ausdrücklich bemühte Hören des glaubenden Menschen auf die eigentliche, geschichtlich ergangene Wortoffenbarung Gottes, das wissenschaftlich methodische Bemühen um ihre Erkenntnis u. die reflektierende Entfaltung des Erkenntnisgegenstandes. Sie setzt also die Wortoffenbarung voraus, erzeugt sie nicht, läßt sich aber doch nicht adäquat von ihr abgrenzen, weil diese ↑Offenbarung selber schon ein Wissen von begrifflicher u. satzhafter Art als Moment in sich hat, das als solches Moment des Glaubens u. einer verantwortbaren Verkündigung auf andere hin zur weiteren Entfaltung, Reflexion u. Konfrontation mit anderen Erkenntnissen treibt u. von sich her die Reflexion möglich macht. Erst recht besteht, genau wie zwischen vorwissenschaftlicher u. wissenschaftlicher methodischer Erkenntnis im allgemeinen, keine feste Grenze zwischen vorwissenschaftlicher u. wissenschaftlicher methodischer Glaubenserkenntnis. Die eigentliche Th. setzt ein richtiges Hören auf das Wort Gottes um des Heiles willen schon voraus u. will diesem letztlichdienen. Sie ist daher an das geoffenbarte ↑Wort Gottes gebunden, so wie es dauernde Gegenwart hat in der Kirche, die die ihr überkommene Offenbarung durch das lebendige ↑Lehramt der Kirche wahrt (↑Tradition) u. auslegt in stetem Blick auf die ↑Heilige Schrift. Daher ist Th. eine Wissenschaft, die ↑Glauben (Glaubensgnade) u. ↑Kirche (Lehramt, Schrift, Tradition) voraussetzt. Insofern es sich konkret um die christliche Offenbarung handelt, ist der Gegenstand der Th. ↑Gott, der sich durch sein Heilshandeln am Menschen in ↑Jesus Christus selber in seiner eigenen, sonst dem Menschen wesentlich verborgenen (↑Geheimnis) Herrlichkeit erschließt (↑Dreifaltigkeit) u. in der↑Gnade mitteilt. Akt u. ,,lnhalt» des christlichen (u. kirchlichen) Glaubens sind der Gegenstand der Th., der in methodischer Reflexion untersucht wird. Daß diese Reflexion glaubend vor sich geht, nimmt ihr den Charakter der Wissenschaftlichkeit nicht, denn ein absolutes Engagement kann durchaus koexistent sein mit einer kritischen Reflexion darauf, die nichts von vornherein aus der kritischen Frage ausschließt. Als Moment der Kirche hat die Th. eine kritische Funktion der Kirche u. ihrem Glaubensleben gegenüber. Eine tiefere u. breitere Kenntnis der Th. hat „natürliche» (im theol. Verständnis heißt das: immer auch gnadenhafte) Voraussetzungen, die nicht überall in der Kirche gegeben sind u. auch nicht notwendig in allen Amtsträgern vorhanden sein müssen. Insofern ist die Gabe (↑Charisma) der Th. durchaus nicht in allen Amtsträgern u. ist sie auch außerhalb des Amtes zu finden. Die wissenschaftliche Reflexion der Th. hat heute so viele wissenschaftstechnische Vorbedingungen, daß sie notwendigerweise von „Experten» getragen sein muß. Dieses methodisch gelenkte Bemühen um die Erkenntnis eines in sich einheitlichen Gesamtgegenstandes ist als Wissenschaft anzusprechen, wenn auch die primäre Gegebenheitsweise ihres Gegenstandes, die Ausgangsprinzipien u. teilweise auch die Methoden der Erforschung des Gegenstandes anders sind als bei den profanen Wissenschaften (es ist aber evident, daß nicht nur dort „Wissenschaft» gegeben ist, wo sich eine Forschung experimentell verifizierbaren Tatbeständen zuwendet). Insofern die Offenbarung von einem Menschen bestimmter Vorgegebenheiten gehört u. verstanden werden soll, muß vorwissenschaftlich u. wissenschaftlich gelenktes Hören u. Verstehen der Offenbarung immer u. notwendig die profaner Erkenntnisse u. Methoden bei diesem Versuch einsetzen: Logik, Philosophie, das jeweilige Weltbild. So trägt Th. unvermeidlich eine historische Zeitsignatur, ohne darum dem innerweltlichen Wissen des Menschen Untertan zu sein, „System» im geschichtlichen, relativistischen Sinn zu werden (vgl. ↑Schulen, theol., ↑Pluralismus). Insofern das Wort Gottes, auf das die Th. hört, das Wort ist, das den ganzen Menschen richtend u. erlösend engagiert, kann die Th. nie bloß ..theoretische», d. h. existentiell nicht beteiligte Wissenschaft sein. Sie muß meditative u. ↑kerygmatische Th. sein, um ihrem Gegenstand zu entsprechen u. so wissenschaftliche Th. zu werden. Insofern sie immer das Hören u. Verstehenwollen eines Menschen mit einer profanen, u. zwar geschichtlich bedingten Erfahrung ist, die als Bedingung des Hörens im Akt der Th. sich auswirken muß, ist die Konfrontierung der Botschaft des Evangeliums mit dem Weltverständnis des jeweiligen Menschen ein inneres Moment an der Th. selbst. Durch ihren Bezug auf den Glauben selbst ist die Th. eine praktische Wissenschaft, in dem Sinne, daß Th. auf den Vollzug der Hoffnung u. der Liebe ausgerichtet ist, in denen ein Moment von Erkenntnis gegeben ist, das außerhalb ihrer gar nicht möglich ist. Orthodoxie u. Orthopraxie (richtiger Glaube u. richtige Praxis) bedingen sich gegenseitig in einer ursprünglichen Einheit. Th. ist nicht bloß bezogen auf das private Heil u. die Innerlichkeit des einzelnen Menschen, sondern muß in allen ihren materialen Bezirken die gesellschaftliche Relevanz ihrer Aussagen bedenken (↑Politische Theologie). Weil in keiner Wissenschaft der Abstand zwischen der Aussage u. dem Ausgesagten, dem ausdrücklich Ausgesagten u. dem Gemeinten, dem Ergriffenen u. dem ergreifenden Geheimnis so groß sein kann wie hier, ist es nicht nur Recht, sondern Pflicht der Th., die Erfahrung dieses Abstandes immer schärfer werden zu lassen u. den Menschen aus der (scheinbaren) Klarheit der Begriffe heraus in die überhelle Dunkelheit des Geheimnisses in sich hineinzuweisen. Da die Sache der Th. reflex u. satzhaft nie anders als in dem offenbarenden Wort darüber gegeben sein kann, ist der Rückgriff auf die Geschichte der Aussage (Geschichte der Offenbarung, ↑Dogmengeschichte, ↑Dogmenentwicklung), also auf ihre eigene Geschichte, ein inneres Moment an der systematischen Th. selbst. Durch diese ständige Bezogenheit auf einmalige, geschichtliche Heilsereignisse ist Th. eine Geschichtswissenschaft mit wesentlichem Zukunftsbezug, da das Geschichtliche in der Th. Verheißungscharakter hat. Aber eben dieser Rückgriff hat dem Verständnis des Geoffenbarten selbst zu dienen u. darf nicht müßige historische Neugierde werden. In der heutigen, geschichtlich bedingten Entfaltung der einen Th. in verschiedene Disziplinen könnte man entsprechend dem Unterschied zwischen erstem Hören u. eindringlicherem Verstehen des Gehörten historische u. systematische Disziplinen der Th. unterscheiden. Jene ergreifen entweder das geschichtliche Offenbarungsereignis selbst bis zu seinem eschatologischen Höhepunkt in Jesus Christus u. der Konstitution der Kirche, also Offenbarungsgeschichte (mit ↑Exegese u. anderen Bibelwissenschaften, ↑Biblische Th.), oder die bleibende Gegenwart dieses endgültig gewordenen Heiles, also ↑Kirchengeschichte (mit .↑Patrologie, ↑Dogmengeschichte, Hagiographie). Die systematischen Disziplinen gehen auf den heilschaffenden Gott u. sein Werk: fDogmatik; auf den Menschen als Einzelnen, wie er ist unter der Begegnung mit diesem Gott: ↑Moraltheologie mit ↑Aszetik u. ↑Mystik, u. in der Gemeinschaft der Kirche: ↑Kirchenrecht, Liturgik, ↑Pastoraltheologie. Die ganze Th. setzt sich als ihre eigene Voraussetzung die Reflexion auf den Grund u. die Weise, warum u. wie es sie überhaupt gibt, voraus: ↑Fundamentaltheologie (Apologetik). Geschichte derkath. Th.: In der Zeit der ↑Kirchenväter besteht die Th. zunächst (2./3. Jh.) in einfacher Wiedergabe der Glaubenslehre, Verteidigung gegen Juden, Heiden u. Irrlehrer (durch Apologeten wie Aristides, Justinus usw.) u. gegen den Versuch der ↑Gnosis, in mystisch-rationalistischer Weise das Christentum zu systematisieren u. mit dem dualistischen u. mythologischen Zeitgefühl zu identifizieren (bedeutende Theologen: Eirenaios, TertuHian, Klemens v. Alexandrien). Dem setzt sich auch (als im wesentlichen doch orthodoxes Gegenstück) der erste Systemversuch der Th. durch Origenes entgegen. Das 4./5. Jh. bringt im Kampf gegen den ↑Arianismus, ↑Nestorianismus, ↑Monophysitismus in Verwendung u. Absetzung von der Zeitphilosophie zugleich (↑Neuplatonismus) die klassisch geblichene Formulierung des trinitarischen u. christologischen Dogmas, das in Ablehnung halbgöttlicher Weltpotenzen die Welt eindeutig von Gott abgrenzt u. doch im Mysterium der ↑hypostatischen Union (↑Hypostase) in das eigene Leben Gottes selbst hineinnimmt (Athanasios, Basileios, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Hilarius). Gleichzeitig wurde im Abendland gegen den ↑Pelagianismus durch Augustinus eine christliche ↑Anthropologie entwickelt, die den Menschen als das für die freie Gnade Gottes offene Wesen sieht. Die Jhh. des Übergangs zwischen Altertum u. Mittelalter sind die Jhh. des Sammeins, Sichtens u. Bewahrens des von den Vätern überkommenen Erbes ohne schöpferische Neuanfänge. Vom II. Jh. an setzt eine neue Periode ein, die Scholastik: systematischer Ausbau vieler Traktate, die in der Väterzeit noch wenig theol. durchreflektiert waren (Sakramentenlehre, viele Stücke der Anthropologie), systematische Verwendung der (aristotelischen) Philosophie zur begrifflichen Fassung der Glaubenswahrheiten, verhältnismäßig gleichmäßig ausgebaute Gesamtdarstellungen (Sentenzenkommentare, Summen). Eine neue Periode beginnt im 16. Jh. mit dem Konzil von Trient im Kampf gegen die Lehre der Reformatoren u. in einer zunächst noch positiven Aufarbeitung des neuen Weltgefühls (Barock) in der nachtridentinischen Scholastik. Führend ist besonders die spanische Th. der Dominikaner (Vitoria, M. Cano, Bänez usw.) u. der Jesuiten (Suärez, Väzquez, Molina): Ausbau des Traktats über das kirchliche Lehramt u. die Kirche als äußere Gemeinschaft, Entwicklung der Apologetik u. ↑Kontroverstheologie (Bellarmin), erste Entwicklung der historischen Th. u. der Dogmengeschichte (Petavius usw.), systematische Gesamtdarstellungen der Dogmatik als Kommentare der Summe des Thomas von Aquin, ausdrückliche Behandlung des Problems ↑Gnade u. ↑Freiheit (Gnadenstreit), Verselbständigung der ↑Moraltheologie. Im 18. Jh. stagniert die Th.: Weiterentwicklung fast nur in den historischen Disziplinen (Kirchengeschichte). Im 19. Jh. Versuche, unmittelbar aus der wesentlich gewandelten geistigen Situation (Kant, Deutscher Idealismus) heraus Th. zu treiben; sie scheiterten entweder (A. Günther, G. Hermes) oder waren auf das Ganze der kath. Th. vorläufig nicht sehr einflußreich (↑Tübinger Schule, J. H. Newman); im allgemeinen dominiert die Neuscholastik (Kleutgen, Scheeben usw.) mit dem sicher notwendigen Bestreben, die Ende des 18. Jh. fast abgerissene Verbindung mit der eigenen Tradition der Scholastik wieder fest zu knüpfen (systematisch u. besonders durch historische Erforschung der mittelalterlichen Scholastik). So ist der Abstand zwischen dem faktischen Stand der kath. Th. u. den religiösen Erfordernissen der Zeit trotz aller (besonders historischen) Gelehrsamkeit größer, als er sein sollte. Die Überwindung dieses Zustandes bahnt sich nur langsam u. unter Fehlgriffen (↑Modernismus usw.) an. Früher hatte die ↑Philosophie das Monopol für die wissenschaftliche Vermittlung des menschlichen Selbstverständnisses an die Th. Heute ist eine große Zahl anthropologisch bedeutsamer Wissenschaften außer der Philosophie (↑Sprachtheorie, ↑Wissenschaftstheorie) mit der Th. konfrontiert. Bei vielen Vertretern solcher Wissenschaften ist die Th. dem Verdacht, ↑Ideologie zu sein, ausgesetzt. Menschliche Th. ist immer auch ideologieverdächtig u. macht sich, indem sie sich an die Ideologien der einzelnen Zeiten u. herrschenden Schichten verdingt, schuldig. Aber das in der Th. zur Aussage kommende u. reflektierte Wort Gottes selbst ist keine Ideologie, sondern deren radikalste Kritik. Christliche Th. als Th. des immer größeren Gottes als der einzigen absoluten Zukunft, der alle innerweltlichen Ansätze u. Systeme unendlich übersteigt u. doch als solcher in Gnade u. Hoffnung für uns wirklich da ist, u. eine Th. des willig angenommenen Todes als des Aufgangs der absoluten Zukunft widerspricht allen Ideologien.

Theologoumenon

kann man eine theologische Lehre nennen, die nicht unmittelbar vom kirchlichen Lehramt bezeugt wird u. von daher also keine verpflichtende Autorität hat, aber so geartet ist u. von daher empfehlenswert wird, daß durch sie viele andere ausdrückliche Lehren der Kirche in ihrem Zusammenhang erhellt u. so verständlicher werden.

Theorie und Praxis

Insofern in der Problematik von T. u. P. auch das Verhältnis von Denken u. Handeln, Aussage u. Tatsache, Bewußtsein u. Gegenstand mit angesprochen ist, liegt hier das Grundthema von Erkenntniskritik u. Wissenschaftskritik überhaupt vor. Für christliche Theologie gewinnt diese Problematik in Gestalt der durch den Zeitenabstand erzwungenen Vermittlungsleistung zwischen ursprünglicher Botschaft u. gegenwärtigem Glaubensvollzug einerseits u. des zu überwindenden Widerspruchs zwischen theol. Reflexion u. praktischer Verkündigung anderseits eine nicht durch bloß disziplinäre Arbeitsteilung zu bewältigende Brisanz. Weder die antike Interpretation der T.-P. -Relation als die von rein kontemplativem Erkennen u. sittlichem Handeln noch die neuzeitlich technologische Deutung als Applikation eines Systems methodisch gewonnener Sätze auf vergegenständlichte Prozesse u. Handlungen (nach den Prinzipien von Zweckrationalität u. Funktionalität) reichen dabei aus, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Denken u. Leben aus dem Glauben einerseits u. theoretischer u. praktischer Vernunft anderseits zu erfassen u. den Weg zu einer heilbringenden Einheit von T. u. P. zu zeigen. Die traditionellen Unterscheidungen von beschaulicher Innerlichkeit u. äußerlicher Aktion, von Heilsgeschichte u. Weltgeschichte leisten dabei um so weniger, je mehr erkannt wird, daß unter den komplexen Reproduktionsverhältnissen neuzeitlicher Sozialsysteme theoretische Unmittelbarkeit nicht ohne praktische Vermittlung zu haben ist u. die praktischen Erfahrungen immer schon theorieimprägniert sind. Auch die zentralen Formen des Glaubensvollzugs der Kirche tragen nicht nur die Spuren der Geschichte theoretischer Auseinandersetzungen an sich, wie auch die einfachste Glaubensaussage praktisch vollzogen seinwill, um anschaulich zu sein u. sich zu bewahrheiten, sondern beide reflektieren zusätzlich die historische Entwicklung u. die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse. Das Christentum hat demgemäß auch seine eigenen institutionellen Formen u. Handlungsnormen nie ohne Zuhilfenahme profaner Modelle u. Berücksichtigung historischer Vorgegebenheiten entwickelt u. präzisiert. Eine rein geisteswissenschaftliche Hermeneutik der Glaubenstexte greift hier ebenso zu kurz wie eine deskriptiv empirische Analyse der vorliegenden Bestände, da in beiden die historische u. gesellschaftliche Vermittlung von T. u. P. nicht zureichend reflektiert wird. Eine gesellschaftskritische Hermeneutik .des Glaubens in praktischer Absicht würde daher zur angemessenen Theorieform einer kritischen Theologie gehören (↑Politische Theologie). K.F.

Theosophie (LThK)

unterscheidet sich v. der ↑Philosophie: sie geht v. Gott aus zur Welt hin, die sie meist pantheistisch als Prozeß Gottes versteht. Von der ↑Theologie unterscheidet sie sich, insofern sie vorgibt, Gott u. seine in der Hl. Schrift enthaltene Offenbarung nicht in einem rationalen Denken entgegenzunehmen, sondern durch eine natürliche — angeborene od. angeschulte — Schau zu erkennen. Von philos. Systemen, die sich ebenfalls auf eine Schau berufen (↑Ontologismus) od. pantheistisch gefärbt sind (↑Monismus B. de ↑Spinozas), unterscheidet sie sich durch ihre nicht selten mystisch gefärbte Sprache, die sich meist der allegor. Rede u. Deutung bedient. — Th. sowohl die außerchristl. wie die christl., tritt meist in Zshg. mit großen Erschütterungen auf, in Spätzeiten einer Kultur, in großen rel. Nöten der Menschen, die durch eine allzu rationalist. Theologie im Stich gelassen werden. Fast immer ist Th. manichäisch (↑Manichäismus) gefärbt. Eines ihrer Lieblingsthemen ist die Existenz des Bösen, der Materie. Th. findet sich dementsprechend bei den Neupythagoreern, in der Hermetischen Literatur (↑Hermes Trismegistos), im ↑Gnostizismus, in der ↑Kabbala, bei den ↑Bogomilen, den ↑Katharern, den ↑Albigensern, bei den ↑Rosenkreuzern. In der Neuzeit findet sich die Th. meist als Reaktion auf luth. Orthodoxie: S. ↑Franck, V. ↑Weigel, J. ↑Böhme, E, ↑Swedenborg. Auch F. v. ↑Baader ist ihnen zuzurechnen. Theosophische Einflüsse finden sich in einigen prot. Sekten, bei den Swedenborgianern u. bei der ↑Tempelgesellschaft.

Von dieser Th. zu unterscheiden ist die Theosophische Gesellschaft der H. P. ↑Blavatzky u. des H. S. Olcott sowie der A. ↑Besant. Die Theosoph. Ges. wurde 1875 in New York v. Frau Blavatzky gegründet, in Dtl. 1897 v. F. Hartmann eingeführt, wo sie ihren Sitz in Frankfurt a. M. hat. Die Lehre der Theosoph. Ges. ist weniger durch christl. Motive bestimmt als durch buddhist. u. hinduistische. Sie beruft sich auf eine Schau, die als göttl. Selbsterkenntnis den Eingeweihten zuteil wird. Der Gottesbegriff ist ↑pantheistisch. Die Entfaltung des Absoluten geschieht in drei Phasen (Trinität): Sein, Nicht-Sein, Bewußtsein des Seins. Dieser Prozeß liegt dem ganzen Universum, der Geschichte u. dem Menschen zugrunde, der in immer wieder neuen Verkörperungen geboren wird (↑Seelenwanderung). — Theosophische Einflüsse dieser Art finden sich in der Liberal Catholic Church v. Los Angeles, die ihre Sukzession (zu Unrecht) von der kath. u. der anglik. Kirche herleitet. — Von der Theosoph. Ges. hat sich die ↑Anthroposophie (R. Steiner) getrennt. — Die Lehre der Theosoph. Ges. wurde 1919 (AAS 11 [1919] 317) v. der Kirche als unvereinbar mit dem kath. Glauben verurteilt.

Lit.: Außer den WW der genannten Theosophen vor allem zur Theosoph. Ges.: O. Zimmennann, Die neue Th.; StdZ 79 (1910) 387—400 479—495; ders,. Die kirchl. Verurteilung der Th.: ebd. 98 (1920) 149 f; A. Mager, Th. u. Christentum (B-Bo 21926); DThC XV 540—552; G. Bichlmair, Christentum, Th. u. Anthroposophie (W 1950); ODCC1345f; BGG3 VI 845ff. O.SIMMEL

Thomismus

nennt man die Lehre des Kirchenlehrers Thomas von Aquin (um 1225-1274) u. seiner Schule, die in verschiedenen Spielarten seine Lehre interpretiert u. lebendig zu erhalten sucht. Thomas wird von der Kirche als der „gemeinsame Lehrer» aller kath. theol. Richtungen u. Schulen empfohlen (DS 3665 f; II. Vat., PrAusb. 16; CIC can. 1366 § 2), ohne daß diese auf seine Lehre dort festgelegt würden, wo diese nicht einfach auch ausdrückliche Lehre des kirchlichen Lehramtes ist. In eigentlichen theologischen Fragen im engeren Sinn u. von größerer Bedeutung hat sich die weite u. für Neues aufnahmefähige Lehre des Th. seit dem 13. Jh. so durchgesetzt, daß sie kaum noch als die Lehre einer einzelnen Schule gelten kann. Anders ist es in theol. Einzelfragen (vgl. etwa zur Gnadenlehre ↑Bañezianismus): anders ist es vor allem hinsichtlich der aristotelischen Philosophie, die bei Thomas als das begriffliche Instrumentar für die theol. Interpretation der Offenbarungsdaten verwendet wird. Aber auch hier wird eine geistesgeschichtlich tiefer blickende Würdigung des Thomas erkennen können, daß er nicht einfach der geschichtlichen Bedingtheit dieser vorchristlichen, vorpersonalistischen, kosmozentrischen Philosophie verhaftet bleibt, sondern durchaus als eigenschöpferischer Philosoph u. Theologe gewürdigt werden kann, der, dem Neuen zugewandt, am Übergang zwischen (vorchristlicher u. christlicher) Antike und der (im guten Sinn) anthropozentrischen, personalen Philosophie steht, die, wo sie sich nicht selbst mißversteht, vom Christentum herkommt, u. daher als Mittel der Theologie durchaus, ja besser als die bloße antike Philosophie, geeignet ist. Wenn Thomas natürlich mit wachsendem zeitlichem Abstand langsam mehr in die bleibend gültige Rolle eines Kirchenvaters einrückt, so ist er mit Recht doch auch heute noch der „gemeinsame» Lehrer: im Respekt vor der Tradition, im intellektuellen Mut zur Klarheit, Systematik u. Rückführung der Einzelprobleme auf letzte Prinzipien, in der Unterscheidung u. Einheit von Vernunft u. Offenbarung, Natur u. Gnade, Welt u. Kirche, in der Redlichkeit des Denkens u. der anbetenden Verehrung des unbegreiflichen Gottes.

Tod

ist ein Vorkommnis, das den ganzen Menschen betrifft. Der Mensch aber ist eine Einheit von ↑Natur u. Person, d.h. ein Wesen, das einerseits einen der personalen freien Entscheidung vorgegebenen Seinsbestand hat, der seine bestimmten Gesetze u. somit seine notwendige Entwicklung hat, u. das anderseits über sich selbst frei verfügt, also endgültig das ist, als was es sich in seiner Freiheit verstehen will. T. ist somit zugleich naturales u. personales Vorkommnis. Weiß die Biologie ..eigentlich» nicht, warum alles vielzellige Leben u. besonders der Mensch stirbt, dann ist die Glaubensbegründung des T.es aus der sittlichen Katastrophe der Menschheit (Röm 5) die einzige Begründung der nicht bestreitbaren Allgemeinheit des T.es, u. diese hat in ihrem theologischen Grund auch schon die Gewißheit, daß auch in alle Zukunft das Sterbenmüssen zu den notwendigen Daseinsmächten gehören wird, so daß der T. nie wird abgeschafft werden können.

l. Wesensbeschreibungen des T.es

a) Eine vorläufige Beschreibung des T.es gibt die christliche Tradition mit dem Stichwort, er sei „Trennung von Leib u. Seele». Damit ist gesagt: Das geistige Lebensprinzip im Menschen, seine ,,↑Seele«, nimmt im T. ein anderes Verhältnis an zu dem, was wir den ,,↑Leib» zu nennen pflegen, aber viel mehr ist damit nicht gesagt. Darum ist das genannte Stichwort keine metaphysischen oder theologischen Ansprüchen genügende Wesensdefinition des T.es. Denn sie schweigt sich völlig aus über die Eigenart des T.es, insofern er ein Vorkommnis gerade des Menschen, u. zwar als eines Ganzen u. als einer geistigen Person ist, u. zwar ein wesentliches Vorkommnis: die Endgültigkeit seiner freien personalen Auszeugung, welche Endgültigkeit zweifellos nicht nur als „bei» oder „nach» dem T. eintretend zu begreifen ist, sondern inneres Moment des T.es selber ist. Während Pflanze u. Tier „verenden», „stirbt» im eigentlichen Sinn nur der Mensch. Die genannte Beschreibung des T.es bleibt ferner unzureichend, weil der Begriff der „Trennung» dunkel bleibt u. Raum für sehr bedeutsame differenzierende Aussagen läßt. Wenn nämlich die Seele mit dem Leib vereinigt ist, dann hat sie offenbar eine Beziehung zu jener Ganzheit, deren Teil der Leib ist, zu jener Ganzheit, die die Einheit der materiellen Welt ist. Diese materielle Einheit der Welt ist weder eine bloß gedankliche Summe von Einzeldingen noch eine bloße Einheit einer äußerlichen gegenseitigen Einwirkung der Einzeldinge aufeinander. Da die Seele durch ihre substantielle Einheit mit dem Leib als dessen Wesensform einen Bezug auch zu dieser wurzelhaften Einheit der Welt hat, so bedeutet die Trennung von Leib u. Seele im T. nicht die schlechthinnige Aufhebung dieses Weltbezuges, so daß die Seele (wie man gern neuplatonisch denkt) schlechthin weltjenseitig, akosmisch würde. Viel eher ist die Aufhebung ihres die Leibgestalt gegen die Gesamtwelt abgegrenzt aufrecht- u. zusammenhaltenden Leibverhältnisses erst recht als tieferes u. umfassenderes Sich-öffnen u. Sich-durchsetzen dieses ihres allkosmischen Weltbezuges zu denken. Im T. gerät die menschliche Seele gerade in eine größere Nähe u. innerliche Bezogenheit zu jenem schwer faßlichen, aber doch sehr realen Grund der Einheit der Welt, in dem alle Dinge der Welt schon vor ihrer gegenseitigen Einwirkung untereinander kommunizieren, u. dies ist gerade deshalb möglich, weil die Seele ihre leibliche Einzelgestalt nicht mehr festhält. Diese Auffassung ist auch mit der scholastischen Lehre gegeben, daß der substantielle Akt der Seele von ihr real nicht verschieden ist, also nur dann aufhören könnte, wenn auch die Seele selbst aufhören würde u. nicht, wie die Philosophie zeigt u. das kirchliche Dogma verbindlich sagt, unsterblich wäre. Man muß hinzu bedenken, daß die Geistseele schon vor dem T. durch ihre Leiblichkeit sich schon immer grundsätzlich der Gesamtwelt geöffnet hat, daß sie also nie verschlossene, fensterlose Monade ist, sondern schon immer mit dem Ganzen der Welt kommuniziert. Ein solcher allkosmischer Weltbezug bedeutet, daß die so im T. durch die Aufgabe ihrer abgegrenzten Leibgestalt sich dem All öffnende Seele das Ganze der Welt, u. zwar gerade auch als des Grundes des personalen Lebens der anderen als leib-geistiger Wesen, mitbestimmt. Hierauf deuten z.B. manche parapsychologischen Phänomene, die kirchliche Lehre vom ↑Fegfeuer (vgl. vor allem auch ↑Zwischenzustand), von der Fürbitte der Heiligen usw. Fegfeuer z.B. würde bedeuten, daß die Seele auch nach der u. durch die Aufgabe ihrer Leibgestalt in ihrer sittlich frei getätigten Selbstbestimmung unverhüllter u. schärfer ihre Harmonie u. Disharmonie mit der objektiven rechten Struktur der Welt erfährt u. umgekehrt diese mitbestimmt. b) Eine weitere Wesensbestimmung des T.es besagt: Der T. ist für den Menschen weder das Ende seines Seins noch ein bloßer Übergang aus einer Daseinsform in eine andere, die mit der bisherigen das Wesentliche gemeinsam hatte, nämlich die unabgeschlossene Zeitlichkeit, sondern ist der Anfang der ↑Ewigkeit, wenn u. soweit man bei diesem Ewigen überhaupt noch von einem Anfang sprechen kann. Die geschaffene Gesamtwirklichkeit, die Welt, wächst in u. durch die leibgeistigen Personen, deren „Leib» sie gewissermaßen ist, durch deren T. langsam in ihre eigene Endgültigkeit hinein, sosehr dennoch auch diese ihre von innen her ausreifende Vollendung (wie die des einzelnen Menschen) in einer verhüllten dialektischen Einheit gleichzeitig Abbruch u. Ende von außen ist durch einen unberechenbaren Eingriff Gottes von außen, durch sein Kommen zum ↑Gericht, dessen Tag niemand weiß. Der T. des Menschen ist daher ein passiv hingenommenes Widerfahrnis, dem der Mensch als Person, machtlos u. äußerlich gegenübersteht, aber es ist auch u. wesentlich die personale Selbstvollendung, der ..eigene Tod», eine Tat des Menschen von innen, wohlverstanden der T. selbst, nicht bloß eine äußerliche Stellungnahme des Menschen zu ihm. T. ist also beides: das Ende des Menschen als Geistperson ist tätige Vollendung von innen, ein aktives Sich-zur-Vollendung-Bringen, aufwachsende, das Ergebnis des Lebens bewahrende Auszeugung u. totales Sich-in-Besitz-Nehmen der Person, ist Sich-selbst-gewirkt-Haben u. Fülle der frei getätigten personalen Wirklichkeit. Und der T. des Menschen als Ende des biologischen Lebens ist gleichzeitig in unauflösbarer u. das Ganze des Menschen betreffender Weise Abbruch von außen. Zerstörung, so daß sein ..eigener Tod» von innen durch die Tat der Person selbst gleichzeitig das Ereignis der radikalsten Entmächtigung des Menschen ist. Tat u. Leiden in einem. Und es ist bei der substantiellen Einheit des Menschen nicht möglich, diese beiden Seiten des einen T.es einfach auf Seele u. Leib des Menschen zu verteilen u. so das eigentliche Wesen des menschlichen T.es aufzulösen. c) Als so zweideutiger ist der T. grundsätzlich verhüllt, d. h., es läßt sich vom Menschen her nie existentiell eindeutig sagen, ob nicht die im T. erreichte Fülle des Lebens die bisher nur verschleierte Leere u. Nichtigkeit des Menschen ist oder ob die im T. sich zeigende Leere nur der Schein einer wahren Fülle ist, der Befreiung des reinen Wesens der Person. Wegen dieser Verhülltheit kann der T. Strafe u. Ausdruck der ↑Sünde sein, aber auch Höhepunkt der Sünde, T.sünde im eigentlichsten Sinn.

2. Der T. Jesu

Insofern Jesus Christus aus dem Geschlecht des gefallenen Adam Mensch geworden ist, das „Fleisch der Sünde» angenommen hat (Röm 8,3), ist er in das menschliche Dasein eingegangen, insofern dieses zu seiner Vollendung nur im Durchgang durch den T. in seiner zweideutigen, verhüllten Gestalt gelangt. Er hat somit den T. auf sich genommen, insofern er in der konkreten Ordnung Ausdruck u. Sichtbarwerdung der in den Engeln u. Menschen gefallenen Schöpfung ist. Er hat nicht nur irgendeine Genugtuung für die Sünde geleistet, sondern er hat eben gerade den T., der die Erscheinung, der Ausdruck u. das Sichtbarwerden der Sünde in der Welt ist, getan u. erlitten. Er hat dies getan in absoluter Freiheit u. als Tat u. In-Erscheinung-Treten der göttlichen Gnade, die als vergöttlichendes Leben seiner Menschheit ihm aufgrund seiner göttlichen Person naturnotwendig zukommt. Dadurch aber ist der T. zu etwas ganz anderem geworden, als er in einem Menschen wäre, in dem die reine, von jeder konkupiszenten Schwäche ledige Freiheit u. das Gnadenleben als eigenes Recht nicht bestehen. Gerade in seiner Verhülltheit wird der T. Jesu Ausdruck, Leiblichkeit seines liebenden Gehorsams, der Übereignung seines ganzen geschöpflichen Seins in Freiheit an Gott. Was Erscheinung der Sünde war, wird, ohne daß es in seiner Dunkelheit aufgehoben wird, Erscheinung des die Sünde negierenden Ja zum Willen des Vaters. Durch den T. Jesu Christi ist nun seine geistige Wirklichkeit, die er von Anfang an besaß u. die er in seinem durch den T. sich vollendenden Leben tätigte, offen geworden für die ganze Welt, ist eingestiftet worden dem Ganzen der Welt u. zur bleibenden Bestimmung real-ontologischer Art für diese Welt in ihrem Grund geworden (vgl. zu diesem Wesenszug des menschlichen T.es in seiner Verwirklichung bei Jesus die biblische Aussage vom ↑Höllenabstieg Jesu). Damit ist aber die Welt als Ganzes u. als Raum des personalen Handelns der Menschen eine andere geworden, als sie wäre, wenn Jesus nicht gestorben wäre. Die Heilsbedeutung des T.es Jesu hängt nicht ab von der Gültigkeit u. Nachvollziehbarkeit der nicht einfach unentbehrlichen Verständnismodelle „Sühne», „Opfer», ..Genugtuung» usw. In der Geschichte der Menschheit hat das Geschick des einen Bedeutung für den anderen. Wenn a) Gott einen Menschen will u. werden läßt, der in seiner Wirklichkeit Gottes letztes u. unwiderrufliches Zusagewort an die Menschen ist, wenn b) diese Zusage Gottes mindestens in diesem Menschen auch angenommen werden muß u. eine Annahme nur geschehen kann durch jene Lebensgeschichte dieses Menschen, die im T. u. nur in ihm endgültig wird, u. wenn c) die annehmende Antwort dieses Menschen als von Gott seinerseits angenommen u. bei ihm angekommen geschichtlich erscheint (was wir ↑Auferstehung Jesu nennen), dann kann u. muß gesagt werden: Dieses eschatologische Zusagewort Gottes, das Gottes freier Initiative entspringt, ist real in dem Leben Jesu vollzogen u. für uns geschichtlich anwesend, das sich durch den frei angenommenen T. vollendet, wobei dieser T. als in freiem Gehorsam vollzogen u. das Leben restlos Gott übergebender erst durch die Auferstehung vollendet u. für uns geschichtlich greifbar wird. Leben u. T. Jesu (in einem genommen) sind „Ursache» unseres Heils, weil in ihnen das Bezeichnete (der allgemeine Heilswille Gottes) das Zeichen (den T. Jesu mit seiner Auferweckung) setzt u. durch es hindurch (nicht ohne es) sich selbst bewirkt.

3. Das Sterben

Das (wenn auch meist unausdrückliche) Wissen um die Unausweichlichkeit (nicht zwar um das Wann u. Wo) des T.es bestimmt das ganze Leben innerlich. In diesem Wissen ist der T. im menschlichen Leben ständig schon „da», u. erst dadurch erhält das Leben das volle Gewicht der Notwendigkeit seiner Betätigungen, der Unwiderbringlichkeit seiner Gelegenheiten u. der Unwiderrufbarkeit seiner Entscheidungen. Wie das personale Versagen (↑Sünde) vor dem im Gewissen erfahrenen absoluten Anspruch der schärfste, so ist der T. der sichbarste Ausdruck der Endlichkeit des Menschen (Person). Gerade aber in der ausdrücklichen u. bewußten Vergegenwärtigung des T.es, in der natürlichen Todesangst, zeigt sich, daß das Leben selbst unendlich über den T. hinausweist. Denn in der Todesangst erscheint der T. nicht (wie in der bloßen Furcht vor dem T.) nur als (evtl. schmerzhaftes) Einzelgeschehen am „Ende» des Lebens, vielmehr als ein solches Ereignis, angesichts dessen der Mensch aus seiner Verhaftetheit an alles Einzelne gelöst u. vor die Wahrheit gebracht wird: daß nämlich im T. die gegenüber Gott, der Welt u. sich selbst vollzogene Grundentscheidung des Menschen, die sein ganzes Leben durchwaltet, eine Endgültigkeit erfährt (Jo 9,4; Lk 16,26; 2 Kor 5, 10; DS 839 854-859 923f l000f 1304ff, NR 898f 924-927 901-904), von der er hofft, daß sie zugleich die Vollendung bedeute, u. er doch in der Ungewißheit bleibt, ob diese gelinge. Weil der von innen reifende Wille des Menschen zur Ganzheit u. Endgültigkeit seiner Lebenshaltung immer schon durch die Zerstreutheit des leibhaften Daseins entäußert, seiner alles integrierenden Verfügungsmacht beraubt ist u. damit auch die von ihm erstrebte, endgültig profilierte Ganzheit des personalen Lebens nicht zur offen-eindeutigen Gewißheit bringen kann, bleibt die menschliche Lebenstat gerade angesichts des T.es wesentlich undurchsichtig, von außen bedroht, um schließlich im T. zu ihrer schärfsten Gegensätzlichkeit zu gelangen: zur Gleichzeitigkeit von höchstem Willen u. äußerster Ohnmacht, von gewirktem u. zustoßendem Schicksal, von Fülle u. Leere. Diese grundsätzlich verhüllte u. zweideutige Todessituation ist die Folge der ↑Erbsünde, die alle Menschen betrifft u. in ihnen zum wesensgemäßen Ausdruck wird für den in ↑Adam geschehenen Abfall des Menschen von seiner gnadenhaften ↑Unsterblichkeit (vgl. Röm 5, 12; DS 222 372 1521, NR 338 351 791) (als einer offenen Vollendung seines irdischen Daseins in die verklärte Gottesgemeinschaft hinein). Je nachdem, ob der Mensch dieses seiner eindeutigen Verfügungsmacht entnommene erbsündliche Sterben, das er als personale Tat sein ganzes Leben hindurch vollzieht, autonom von sich her verstehen u. bewältigen will oder sich darin in bedingungslos gläubiger Bereitschaft dem unbegreiflichen Gott offenhält, wird sein T. entweder die personale Wiederholung u. Bestätigung der sündigen Emanzipation des ersten Menschen von Gott sein u. so zum Höhepunkt der Sünde, zur endgültigen Tod-Sünde, werden, oder er wird die personale Wiederholung u. Aneignung des gehorsamen (Phil 2,8) T.es Jesu sein (darin dieser der Welt selbst sein göttliches Leben eingestiftet hat) u. damit zum Höhepunkt menschlichen Heilswirkens werden: insofern die das Leben hindurch gläubigsakramental (in ↑Taufe, ↑Eucharistie, ↑Askese) vorweggenommene Konfiguration mit dem T. Jesu nun personal vollendet wird zu einem endgültigen seligen ..Sterben im Herrn» (Apk 14,13), in dem die Erfahrung des ↑Endes der Anbruch der Vollendung wird.

Toledo

Lehrgeschichtlich sind einige Partikularsynoden (die 3. von 589; die II. von 675: die 15. von 688 u. die 16. von 693) in der spanischen Stadt T. von Bedeutung, vor allem weil ihre Glaubensbekenntnisse ausführliche Darlegungen der Lehre von der Dreifaltigkeit u. Menschwerdung enthalten (DS 525-541 566 573, NR 266-276 209-219 892ff).

Toleranz

entspringt, richtig verstanden u. geübt, nicht einer skeptischen Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit im allgemeinen oder dem Urteil einer objektiven Gleichrichtigkeit aller christlichen Bekenntnisse, sondern der christlichen Liebe, der Ehrfurcht vor dem Gewissen des ändern u. der Einsicht, daß eine Glaubenszustimmung echter Art wesensgemäß nicht erzwungen werden kann u. es unsittlich wäre, den Versuch dazu zu machen oder ein lügnerisches äußerliches Bekenntnis zu erpressen. Der Mensch hat wesensgemäß einen Anspruch auf einen Freiheitsraum, der es ihm ermöglicht, seine innere Freiheitsentscheidung konkret zu vollziehen. Da konkret die Wahrheit nie statisch besessen, sondern in geschichtlichen Prozessen gefunden wird, verstößt die Kirche nicht gegen die ihr (gleichfalls nicht statisch) anvertraute Wahrheit, wenn sie einen solchen Freiheitsraum als legitim ansieht. Dieser Freiheitsraum hat seine Grenze am selben Recht des ändern. Gleichzeitige Einräumung u. Eingrenzung des Freiheitsraumes bieten darum Probleme, deren weder ein totalitäres Zwangssystem noch ein absoluter Liberalismus Herr werden, deren Lösung auch geschichtlichem Wandel unterworfen ist (so daß frühere Arten der T. u. Intoleranz behutsam beurteilt werden müssen), die als konkrete nur praktisch durch Geduld, Mut u. Weitherzigkeit gelöst werden können. Da der ↑Staat als natürlich-irdische Gesellschaft im allgemeinen u. von seinem Wesen her nicht die Aufgabe hat, als solcher die Belange der übernatürlichen Offenbarung u. somit der Kirche als solcher positiv zu fördern (wenn er auch diese nicht hindern darf), steht einer bürgerlich-staatlichen Gleichberechtigung der christlichen Konfessionen heute grundsätzlich von kath. Prinzioien nichts im Weee. u. diese ist der heute zeitgerechte (u. wohl immer bleibende) Ausdruck für die T., die der Christ jedem anderen Menschen schuldet (vgl. II. Vat., Kirche/Welt 28 43 73 75,Miss. II, RelFr. 14). Berechtigt u. pflichtgemäß kann es aber in vielen Fällen sein, daß der Staat auch gegen die Überzeugung Einzelner Normen des natürlichen Sittengesetzes im öffentlichen Leben schützt, weil er dadurch nur den Freiheitsraum aller gegenüber Übergriffen Einzelner verteidigt. In Kirche u. Staat kann sich ein System durchsetzen, das sich einer Kontrolle durch Öffentlichkeit entzieht u. gleichzeitig (unwirksame) Kritik duldet. Eine solche bloß formale T. dient letztlich als Instrument der Unterdrückung.

Tradition

ist in einem allgemeinen, noch vortheologischen Sinn die Überlieferung, das Herkommen, d.h. die Summe aller Vorgänge, durch die in der Menschheitsgeschichte die erworbenen Einsichten, Fähigkeiten u. Einrichtungen übermittelt werden, u. dann auch die Summe des so überlieferten. Die T. sichert die Fortsetzung dessen, was einmal begonnen wurde, u. ermöglicht aus dem Wissen u. der Welterfahrung der Vorfahren einen Standpunkt, von dem aus das Neue seine Einordnung u. Wertung erfahren kann. Anderseits jedoch steht die T. immer in der Gefahr, die Offenheit für das Kommende zu verlieren u. zur Erstarrung im Gewesenen zu führen. T. bedeutet in der kath. Theologie den Vorgang u. Inhalt der letztlich von den ursprünglichen Trägern der christlichen ↑Offenbarung (besonders ↑Jesus Christus u. den ↑Aposteln) in mündlicher Verkündigung ausgehenden, unter dem Beistand des Heiligen Geistes durch die Kirche geschehenden u. sich dabei entfaltenden Weitergabe der geoffenbarten Wahrheit (↑Dogma). Auch nachdem die ursprüngliche T. noch in der ersten Generation der Kirche einen Niederschlag in der ↑Heiligen Schrift gefunden hatte, ist das in Tradition weitergegebene u. durch das Lehramt autoritativ verkündigte Glaubensbewußtsein der Kirche über den Umfang (↑Kanon) u. den Sinn der Schrift u. in diesem Sinn die T. immer noch formale Norm der Interpretation der Schrift, so daß es in diesem Sinn zwei Erkenntnis-,.Quellen» der Offenbarung: Schrift und T. gibt (DS 1501 u.ö., NR87f u.ö.), ja sogar die T. einen logischen Vorrang vor der Schrift hat. Insofern aber anderseits das Glaubensbewußtsein der späteren Kirche u. so die „T», immer inhaltlich gebunden bleibt an die Verkündigung (T.) der apostolischen Zeit, die sich mindestens im wesentlichen in der Schrift objektiviert hat u. insofern mindestens für uns nicht sicher nachweisbar ist, daß explizite Glaubensinhalte (außer dem Umfang des Kanons) in der apostolischen Zeit vorhanden waren, die sich nicht in der Schrift niedergeschlagen haben, bleibt für die spätere T. die Schrift allein mindestens praktisch die einzige materiale Quelle der Glaubensinhalte; was nicht aus-, sondern einschließt, daß die weitere Geschichte des Glaubensbewußtseins der Kirche in einer ↑Dogmengeschichte diese Inhalte der Schrift erheblich entfaltet u. immer neu aktualisiert, u. daß die letzte Garantie der Sicherheit dieser Entfaltung auf dem bleibenden Boden der Schrift allein der Beistand des Heiligen Geistes ist, der der Kirche u. in ihr ihrem Lehramt verheißen ist (↑Depositum fidei). Das II. Vat. erklärte, daß die Bildung der Heiligen Schrift selbst ein T.sgeschehen sei (Offb. 7); daß ein T.svorgang in der ↑Successio apostolica unter dem Beistand des Geistes immer weiter geht; daß die T. Kenntnis gibt vom Schriftkanon u. die Schrift aktualisiert (Offb. 8); daß Schrift u. T. eine Einheit bilden, weil sie einen Ursprung-die eine göttliche Offenbarung-haben u. sich gegenseitigbedingen (Offb. 9f). Man kann daraus schließen: die T. geschieht immer u. in allem im Hören der Schrift, unter der Schrift als der kritischen Norm, die immer u. in allem notwendig ist, um die „göttliche» T. als Überlieferung der Offenbarung in Jesus Christus von menschlichen T.en zu unterscheiden. Die Alternative, ob die Sätze der Schrift „material» die christliche Offenbarung vollständig enthalten oder ob darüber hinaus einzelne Sätze,,nur» durch die (,.mündliche») T. überliefert u. so „zwei» material verschiedene ..Quellen» für die christliche Überlieferung gegeben sind, ist falsch gestellt. Denn einerseits ist die T., die in der nachapostolischen Zeit sich seihst in der Schrift inkarniert darbietet, in ihrem usprünglichen Wesen nicht eine Summe von Sätzen, sondern das Bleiben der Offenbarung Gottes, die reflex nicht ausschöpfbare Erfahrung Jesu Christi, das nie umgreifbare Geheimnis der Selbstmitteilung Gottes. Anderseits geht diese T. weiter, indem sie, so verstanden, auch die Schrift trägt. Die Schrift ihrerseits ist eben das Ereignis, in dem die Kirche ihr ↑Kerygma, ihren Glauben konkret macht, wiedererkennt u. dieser Objektivation sich selbst unterstellt zur Kritik an dem, was sonst noch in ihr im Lauf der Geschichte an Meinungen, Tendenzen usw. gegeben ist, u. so das Eigentliche ihres Glaubens, den sie hat, indem sie ihn in der Schrift aussagt, rein erhält. Von der T. im strengen Sinn ist das zu unterscheiden, was sonst noch lehrmäßig oder disziplinär als T. im weiteren Sinn überliefert wird, ohne direkt auf die Autorität des sich offenbarenden u. durch die Kirche sich immer zu Gehör bringenden Gottes zurückzugehen (vgl. z.B. ↑Consensus).

Traditionalismus

ist die Lehre (als Flucht vor Rationalismus u. Skeptizismus) im 19. Jh. bei kath. Philosophen u. Theologen wie de Bonald, Bautain, Bonnetty, daß metaphysische u. religiös-sittliche Erkenntnisse nicht von der individuellen Vernunft erreichbar seien, sondern sicher nur durch eine Offenbarung (↑Uroffenbarung) gewußt werden könnten, die durch Sprache, Volksgeist, Tradition, Kirche, kollektive Gemeinvernunft usw. sich autoritativ bezeuge. Diese von der Kirche abgelehnte Lehre (DS2751ff2811ff 3015 3026,NRIffllff3845: ↑Gottesbeweis) vereinseitigt die unausweichliche Geschichtlichkeit der menschlichen Erkenntnis, läßt ↑Offenbarung die einzige Erkenntnisquelle sein, die dadurch gerade ihren freien geschicht liehen Charakter verliert, u. übersieht, daß geschichtliche Überlieferung u. Offenbarung einen Adressaten brauchen: die Vernunft des Menschen, die sich verantwortlich entscheidend (also von Wesensgründen her kommend) das geschichtliche Wort annehmen kann.

Transsubstantiation

(neulat. = Wesensverwandlung) ist in kath.theol. Sprache die durch die im ↑Meßopfer vollzogene Konsekration durch Gottes Macht geschehende Verwandlung der ↑Substanz des Brotes u. Weines in die Substanz des Leibes u. Blutes Jesu Christi, die dadurch gegenwärtig werden unter Bleiben der sinnenfälligen Erscheinungswirklichkeit (↑Species) des Brotes u. Weines. Die definierte Lehre der T. (DS 1652, NR 578) will nicht eine sachliche Erklärung des Wie sein, in dem die Gegenwart Jesu zustande kommt, sondern nur in einer begrifflich anderen u. Abschwächungen verhindernden Weise sagen, daß einerseits das von Jesus Christus Dargebotene nach seinem Wort eben sein Leib u. nichts anderes ist u. daß anderseits die empirisch erfahrbare Wirklichkeit immer noch unbefangen als die des Brotes anerkanntwerden darf, ja muß. Was hier in diesem Zusammenhang der eigentlichen Definition „Substanz» u. „Species» heißt, ist daher letztlich von diesem theol. Datum u. nicht von philosophischen Theoremen zu entnehmen: Substanz bedeutet dasjenige, was das Dargebotene in einem absoluten u. endgültigen Seins- u. Bedeutungszusammenhang zu Brot (u. nicht mehr) bzw. zum Leib Jesu Christi macht; Species das für den Erfahrungszusammenhang menschlich profaner Empirie Erreichbare. Insofern also mit der T. auch gelehrt ist, daß die Species des Brotes u. Weines bleiben, ist ausdrücklich gesagt, daß die profane Empirie mit Recht keine physikalische Veränderungfestzustellen vermag (vgl. dazu noch ↑Konsubstantiation, die Auffassung M. Luthers). Eine nicht das Dogma selbst berührende Schwierigkeit gegenüber der T.slehre betrifft die dem anorganischen Bereich geltende apersonale Begrifflichkeit. Wird unter Wahrung der Veränderung des Seinszusammenhangs stärker betont, daß Brot u. Wein in einen neuen Bedeutungszusammenhang gestellt werden, dann kann man von Transsignifikation sprechen (oder von Transfinalisation, um die Setzung eines neuen Zweckes dieser Speise anzugeben). Dabei ist zu beachten, daß hier Substanz, Sein, Wesen, Bedeutung, Sinngehalt u. Zweck durchaus identisch sein können.

Transzendenz

Transzendent werden logisch jene Aussagen genannt, die nicht nur auf einen bestimmten Bereich von Seienden bezogen sind u. von ihnen ausgesagt werden können, sondern notwendig von jedem wirklichen oder möglichen Seienden gelten, also z.B. ↑Sein, Einheit, Aussagbarkeit (↑Wahrheit), Anstrebbarkeit (Gutheit, ↑Gut) usw. Solche Aussagen sind darum echt transzendent, also metaphysisch, weil sie als von jedem denkbaren Seienden geltend auch dann nochmals (implizit) gesetzt werden, wenn sie hinsichtlich dieser Geltung nur gefragt oder sogar bezweifelt oder geleugnet werden. Jene Frage- u. Erkenntnisweise, in der die metaphysische (apodiktische) Notwendigkeit einer Aussagen, deren Inhalt (im Unterschied zu einer rein „assertorischen» Aussage eines bloß Faktischen, das auch nicht sein kann) so erkannt wird, daß nachgewiesen wird, die Leugnung einer solchen Aussage hebe sich implizit selbst auf, heißt transzendental. Insofern das Erkenntnis- u. Bejahungs(= Liebe)-Vermögen (Wille) des Menschen im Vorgriff auf das ↑Sein überhaupt das einzelne begreift, gründet jede Erkenntnis unausdrücklich auf dem mitbewußten, unthematischen Wissen um das Sein schlechthin, in welchem ein Wissen um Gott, um ↑Geist u. ↑Freiheit u. so um das ↑Geheimnis über uns u. in uns schon eingeschlossen ist, auch wo es gar nicht thematisch ist. Darum ist die Transzendentalität des menschlichen Geistes der Wesensgrund von Person, Verantwortung, religiöser Erfahrung (bis zur ↑Mystik) u. der Möglichkeit der Selbstmitteilung Gottes in ↑Gnade u. ↑Offenbarung. Die in der neueren (vor allem evangelischen) Theologie erhobenen Einwände gegen den T.begriff sind insofern berechtigt, als Gott sich zum Menschen u. der Welt nicht geschichtslos-jenseitig verhält. Faßt man T. jedoch als Voraussetzung für das sich geschichtlich dem Menschen selbst mitteilende Geheimnis auf, dann ist es möglich, die vermißten Dimensionen („Tiefe des Seins», Woraufhin der Mitmenschlichkeit, Antwort auf die Sinnfrage, absolute Zukunft) mit dem Begriff der T. zu versöhnen. Die Anwendung des T.begriffs auf ein unendliches Transzendieren (= SichUberschreiten) des einzelnen Menschen u. der Menschheit in ihrer Geschichte ist legitim, wenn der Grund der Ermöglichung solchen Transzendierens mitbedacht wird (vgl. den Begriff der Selbsttranszendenz bei der ↑Erschaffung des Menschen usw.).

Traum

hat in der christlichen Überlieferung zwei Aspekte, die nur zusammen ihn recht würdigen. Er ist als Moment des Schlafes ein Sichöffnen des Bewußtseins an die der rationalen Planung u. Entscheidung vorgegebenen Wesensgründe des Menschen, die aber dann in ihrer noch undurchformten Pluralität u. verschiedenen Wertigkeit erscheinen u. sich so in nichtigen Träumen melden, vor denen die Schrift warnt (Job 20,8; PS 73 [72], 20; ls 29,7f; Sir 34, 1-7). Aus ebendemselben Grund kann aber der T. auch die Meldung solcher Gründe sein, gegen die sich der Mensch im Tagesbewußtsein falsch versperrt, Gründe, durch die Gott im T. seine Weisung erteilt, so daß der T. auch eine Weise der göttlichen Offenbarung sein kann (Nm 12,6; Gn 20,3ff; 28,12-15; 37,5-10; Mt 1,202,13 usw.).

Treue Gottes

(l Kor l, 9; 10, 13; l Thess 5,24) bezeichnet die Wahrhaftigkeit Gottes in seinen Verheißungen. Sie gibt dem Menschen, der seine Geschichte weder adäquat planen noch übersehen kann, in den scheinbar diskontinuierlichen Wechselfällen seines Lebens das Bewußtsein, daß es dennoch ein Ziel, einen Sinn u. einen inneren Zusammenhang hat, auch wenn sich sogar der letzte Sinn der Zusage Gottes selbst erst im Laufe dieser Geschichte des Heils der Menschheit u. des Einzelnen enthüllt u. die erlösende Umfassung auch noch der menschlichen Schuld die reine Gnade Gottes bleibt, aber als solche auch nicht durch den Menschen rückgängig gemacht werden kann (Röm 11,29; 2 Tim 2,13).

Trichotomismus

ist die falsche, jedoch im Lauf der abendländischen Geistesgeschichte immer wieder auftretende Lehre, daß der Mensch in seinem substantiellen Wesen als solchem aus drei Wirklichkeiten: Leib, Seele, Geist bestehe, die in realer ↑Unterscheidung voneinander unterschieden seien. Diese (vom kirchlichen Lehramt abgelehnte: DS 301ff 502 657f 900ff 1440f 2826, NR 178 194 328f 331) Lehre trennt, wenn auch oft gegen ihre Absicht, den Geist des Menschen (also Person, geistige freie Geschichte) zu sehr von der leibhaftigen Wirklichkeit des Materiellen, kann deren Geschichte nicht mehr wahrhaft als Geschichte des Geistes begreifen u. so die Erlösung von oben nicht wahrhaft im Fleisch des Menschen geschehend verstehen. Der Geist wird der Widersacher der Seele u. essentieller (u. nicht nur geschichtlich existentieller), also unversöhnbarer Widerspruch zur Geschichte der Erde u. zum Leib (↑Seele, ↑Form, ↑Geist). Der „Trichotomismus» in der Schrift meint mit „Geist» einen bestimmten, nämlich den geistig personalen Aspekt der einen Seele oder die übernatürliche Gnade des Menschen, den Heiligen Geist, der kein substantieller Wesensbestandteil des Menschen, sondern sein gottgeschenktes Heil ist.

Tridentinum

ist das 19. ökumenische Konzil zu Trient vom 13. 12. 1545 bis zum 4. 12. 1563 (unter den Päpsten Paul III., Julius II. u. Pius IV.). Es behandelte in dogmatischer Hinsicht (neben der Kirchenreform) die durch die Lehre der Reformatoren des 16. Jh. aufgeworfenen Fragen: Umfang des ↑Kanons der Heiligen Schrift, normative Bedeutung der ↑Tradition, Lehre von der ↑Erbsünde u. ↑Begierlichkeit; Lehre über ↑Gnade, ↑Rechtfertigung, ↑Verdienst, ↑Heilsgewißheit,, ↑Beharrlichkeit; Lehre von den sieben Sakramenten im allgemeinen mit ↑Taufe u. ↑Firmung, von der ↑Eucharistie (↑Transsubstantiation) u. ↑Meßopfer, von ↑Bußsakrament, ↑Krankensalbung, ↑Ordo, ↑Ehe im besonderen; Lehre über ↑Fegfeuer, ↑Heiligenverehrung u. ↑Ablaß. Das T. ist das Konzil mit den umfangreichsten Lehrstücken, die vor dem II. Vat. in einem Konzil formuliert wurden (DS 1500-1816 1820-1825 1830 1835 1847-1850, NR 87-93 352-358 790-851 505-557 567-614 641-674 700-703 706-720 731-746 474ff 688). Wahren diese auch völlig das überlieferte Lehrgut in einer vor allem mittelalterlichen Begrifflichkeit, so sind sie doch bibeltheologisch fundiert, legen die Gegner nicht auf bestimmte Meinungen fest (die Reformatoren werden nie namentlich genannt) u. bieten genügend Ansätze zur vollen Integrierung dessen, was das eigentliche religiöse Anliegen der Reformation war.

Trieb

ist die (erfahrene) Angezogenheit des Menschen durch ein endliches (wahres oder scheinbares, auf eine der verschiedenen Dimensionen des Menschen bezogenes) ↑Gut (bzw. das Vermögen, so angezogen zu werden), das der freien (zustimmenden oder ablehnenden) Entscheidung der Person vorausgeht u. notwendige Voraussetzung einer solchen freien Entscheidung ist (vgl. auch ↑Leidenschaft). Insofern die freie Entscheidung meist unvermögend ist, diese Antriebe völlig aufzuarbeiten u. restlos in die frei gewählte Haltung der Person zu integrieren, sie also ganz auf das eine Gute oder Böse, das die Person wählt, hinzuordnen, ist die Summe solcher T.e identisch mit der ↑Begierde. der Konkupiszenz, Ausdruck dafür, daß die Gnade den Bestand der ↑Natur noch nicht völlig in die Liebe Gottes einbezogen hat, u. so unter Umständen auch Antrieb zur ↑Sünde.

Trinitätstheologie

ist die Theologie von der ↑Dreifaltigkeit des einen Gottes. Sie hat die Aufgabe, dieses höchste ↑Geheimnis der christlichen Offenbarung der Glaubenswilligkeit u. dem Glaubensverständnis nach Kräften nahezubringen. Sie geht der Geschichte der Offenbarung dieses Geheimnisses im AT u. NT u. der Geschichte seiner theol. Formulierung u. der Widersprüche gegen diese Lehre (↑Tritheismus, ↑Sabellianismus, ↑Unitarismus) nach, sie stellt die begrifflichen Ausdrucksmittel dieser Lehre bereit (Einheit, Person, ↑Natur, ↑Wesen, ↑Relation, ↑Perichorese), sucht diese Lehre selbst möglichst klar u. erfaßbar zu formulieren, heute vor allem kommt die weitere Aufgabe hinzu, die religiöse Bedeutung dieser Lehre von der in Gott ..immanenten» Dreifaltigkeit deutlich zu machen: die absolute Selbstmitteilung Gottes als dessen, der „ursprungslos» keine Norm mehr über sich hat (,,Vater»), vollzieht sich notwendig in zwei Mitteilungsweisen, dem geschichtlichen Da-sein der Selbstaussage Gottes in der Welt (A.Logos», ,,Sohn») u. dem seine Annahme selbst erwirkenden heiligenden Mitgeteiltsein an den innersten Grund des Menschen (..Heiliger Geist»); diese Mitteilungsweisen müssen aber so sehr als Weisen der Se/tomitteilung Gottes aufgefaßt werden, daß ihre Differenzierung nicht durch die Kreatur begründet (u. so letztlich die Selbstmitteilung aufhebend) gedacht werden darf, sondern diese Weisen Gott „an sich» selbst zukommen, die gnadenhafte, gleichartige Ausweitung einer innergöttlichen doppelten Mitteilung sind, die eine dreifache relative, die lebendige Fülle der Selbigkeit Gottes bedeutende Unterscheidung in Gott begründen. Die T. hat mit anderen Worten, ausgehend von dem oder hinzielend auf das Axiom, daß die ..immanente» u. die „heilsökonomische» Trinität dasselbe sind u. weder die eine nach Art des Sabellianismus geleugnet noch die andere auf bloße «↑Appropriationen» abgeschwächt werden darf, zu zeigen, daß wir im Bekenntnis unserer eigenen göttlichen Begnadigung in Jesus Christus u. seinem Geist schon die Dreifaltigkeit glaubend bekennen, auch wo die subtile Formulierung dieses Mysteriums durch die klassische Theologie nicht sehr leicht religiös u. existentiell assimilierbar erscheint.

Tritheismus

ist die nur unbedeutende Vertreter besitzende Irrlehre des 3. Jh., die die ↑Dreifaltigkeit Gottes so versteht, daß die absolute Einheit des Wesens Gottes zerfällt wird in drei Götter (DS 112, NR 248). Auch im Mittelalter des 12. Jh. war der T. die Konsequenz einer nicht ganz geklärten Trinitätslehre u. wurde 1215 vom IV. Laterankonzil verworfen (DS 804ff; vgl. auch 2826; NR 280).

Trost

ist die von Gott geschenkte Glaubenserfahrung (jetzt noch in ↑Hoffnung auf die künftige Vollendung) des Getragenseins auch des scheinbar ausweglosen u. zerfallenden Daseins durch die – wenn auch unbegreifliche u. souveräne – Liebe Gottes in Jesus Christus. Diese Erfahrung macht nur der, der sich glaubend ohne Vorbehalt u. ohne eine „Vorleistung» Gottes zu fordern, Gott anvertraut (2 Kor l, 7-11), die Trauer des Daseins gefaßt annimmt (Mt 5,4), das Wort Gottes in der Schrift gehorsam hört (Röm 15,4), den T. als Tat zum Heil anderer versteht (2 Kor 1,3-7) u. bereit ist, anderen diesen Trost Gottes zu vermitteln (Apg 15,31f; 16,40; l Thess 2,llf; 4,18).

Trübsal

(Bedrängnis) ist ein Begriff im NT, der in der unverschönten christlichen Deutung des menschlichen christlichen Daseins nicht fehlen darf (↑Versuchung, ↑Welt, ↑Tod): der Mensch bleibt der Bedrängte u. Angefochtene in der Erfahrung seiner Endlichkeit, der Mühsal der Arbeit u. der Todverfallenheit, u. er wird dies als Christ noch mehr (Jo 17, 14). Er darf vor dieser Situation nicht ausweichen, sondern muß in der Kraft des Geistes (l Thess 1,6), im Vertrauen auf Gottes Gnade in Jesus Christus (Jo 16,33) als Teilnahme am Schicksal Jesu in hoffendem Durchstehen die kleine Weile des Lebens aushalten (Jo 16,16ff).

Tübinger Schule

l) Die (jüngere) evangelische T. Seh. ist eine Richtung der protestantischen Theologie des 19. Jh., die ihre großen Vertreter (z.B. F. Chr. Baur, D. Fr. Strauß, E. v. Zeller) vor allem in Tübingen hatte u. in verschiedener Weise die Charakteristik des Geistes des 19. Jh. an sich trug: den Willen zum spekulativen System im Geiste des deutschen Idealismus u. den historischen Kritizismus. 2) Die kath. T. Seh. (Drey, Hirscher, Möhler, Kühn, Hefele, Staudenmaier usw.) (ganz auf kath. kirchlichem Boden) überwindet den aufklärerischen Rationalismus des 18. Jh. Im Unterschied zur Neu Scholastik bedient sie sich der Denkmittel des Deutschen Idealismus u. hat einen lebendigen Sinnfür das geschichtliche Werden von Religion u. Dogma u. für die historische Methode in der Theologie.

Tugend

(sprachverwandt mit Taugen, Tüchtigkeit) ist im weiteren Sinn jede vollkommen entwickelte geistig-seelische Fähigkeit des Menschen (also z.B. auf dem Gebiet der Erkenntnis: dianoetische T.), im engeren Sinn die Kraft (Fertigkeit), das sittlich Gute zu verwirklichen, besonders es freudig u. beharrlich zu tun, auch unter Opfern u. gegen innere u. äußere Widerstände. Gegensatz: ↑Laster. Nach Ursprung, Wesen u. Ziel unterscheidet man natürliche u. übernatürliche T. Die natürlichen T.en gründen in der leiblich-geistigen ↑Natur des Menschen u. werden durch beständige Übung entwickelt (erworbene T.); vgl. dazu ↑Habitus. Sie vollenden den natürlichen Charakter u. sind die notwendige Gegenwehr gegen die ↑Begierde u. die Herrschaft der ↑Triebe. Die wichtigsten (tragenden u. zusammenfassenden) natürlichen T.en sind die sogenannten ↑Kardinaltugenden: ↑Klugheit, ↑Gerechtigkeit, ↑Starkmut, ↑Mäßigkeit. Im theol. Sinn sind diese T.en nicht „natürlich» zu nennen. Insofern durch die übernatürliche ↑Gnade (als ↑Selbstmitteilung Gottes) das ganze personal-geistige Wesen des Menschen in Erkenntnis u. Freiheit von seinem Grunde her auf den dreifaltigen Gott des ewigen Lebens hingeordnet ist u. dadurch es dem Menschen ermöglicht ist, dieses Ziel durch seine von der Gnade erhöhten Akte zu erstreben in der Annahme dieser Selbstmitteilung Gottes, spricht man von übernatürlichen, „eingegossenen» (d.h. von Gott in der ↑Rechtfertigung als Dynamik der heiligmachenden Gnade gegebenen) Tugenden. Sie stehen nicht „neben» den „natürlichen» T.en, sondern sind deren Finalisierung, d. h., sie richten das religiös-sittliche Sein u. Tun des Menschen auf die unmittelbare Teilhabe am Leben des dreifaltigen Gottes hin. Schrift (l Kor 13,13) u. Tradition (vgl. DS 1530f, NR 801) heben als ..theologische», göttliche, drei solcher übernatürlicher T.en hervor, weil sie sich unmittelbar auf Gott beziehen, wie er in sich selbst ist: ↑Glauben, ↑Hoffnung, ↑Liebe. In ihnen u. durch sie wirkt Gott selbst in seiner Selbstmitteilung Möglichkeit u. freien Vollzug der Teilhabe am Leben Gottes selbst, indem er die ↑Transzendenz des Menschen in der gehorsamen u. liebenden Annahme der Offenbarung so befreit u. für sich allein bedeutsam werden läßt, daß sie nicht mehr nur die Bedingung der Möglichkeit der geistigen Erkenntnis endlicher Weltwirklichkeiten ist, sondern als solche selbst ihre eigene Erfüllung in dem Besitz u. der ↑Anschauung Gottes in sich selbst finden kann.

Typos

oder ,,Vorbild» heißt im NT eine Person oder ein Ereignis der von Gottgelenkten Geschichte des Alten Bundes, insofern diese „typisch» sind für die durch das ganze Heilshandeln Gottes sich durchhal tenden, freien Einstellungen, Haltungen usw. Gottes u. darum notwendig im Neuen Bund (überhöht) Entsprechungen finden, die von Gott vorausgesehen u. in dieser Grundeinstellung vorausgewollt sind. So ist z. B. Mose ein Typos Jesu Christi; die Wüstenwanderung des Volkes Israel ein Typos des Zuges der Christen in das verheißene Land des Ewigen Lebens. Erkennbar für uns sind solche Typen vor allem (nicht nur), wenn diese Parallelen schon im NT oder bei den Kirchenvätern hervorgehoben werden. Sie dienen, mit Vorsicht u. Takt verwendet, mit Recht der stets neuen Aktualisierung des AT.

U

Übernatürliches

(weil kein substantielles Seiendes, besser als: Übernatur) im engsten Sinn ist das, was als Teilnahme am Sinn u. Leben Gottes (vgl. 2 Petr l, 4) unmittelbar die Anlagen u. Forderungen einer geschaffenen Geistnatur (insofern diese mit einer solchen ↑Natur notwendig gegeben sind) übersteigt (DS 1923): die ↑Gnade u. die ↑Anschauung Gottes. Es ist freies Geschenk Gottes in Jesus Christus auch im voraus zu der Notwendigkeit einer Schuldvergebung. Im weiteren Sinn gehören zum Übernatürlichen auch andere ungeschuldete Gaben Gottes, wie die ↑Offenbarung, die Gaben des ↑Urstandes, ↑Wunder usw., insofern alle diese Wirklichkeiten letztlich nur als Voraussetzungen, Begleiterscheinungen u. Auswirkungen dessen gedacht werden können, was im eigentlichen Sinn übernatürlich ist: die ↑Selbstmitteilung Gottes, die, weil in sich nicht als endliches Seiendes von Gott durch Wirkursächlichkeit geschaffen, sondern in Formalursächlichkeit erfolgt, also Gott in seiner personalen Intimität selbst ist, jeder Kreatur ungeschuldet ist (DS 1921 3891, NR 852 890).

Ubiquitätslehre

ist ein vorübergehender Versuch Luthers, die Gegenwart des Leibes u. Blutes Jesu Christi in der Eucharistie durch die Mitteilung der göttlichen Allgegenwart an die Menschheit Jesu Christi zu erklären. Dieser Versuch verkannte, daß die hypostatische Union keine innere Vergeltung der endlichen menschlichen Natur Jesu Christi bedeutet, ihr also keine Allgegenwart verleihen kann, zumal eine solche ja gerade das Besondere der Gegenwart Jesu Christi im Sakrament aufheben würde.

Unbefleckte Empfängnis

↑Marias darf nicht mit der ↑Jungfrauengeburt Jesu aus Maria verwechselt oder als solche beim Werden Marias selbst verstanden werden, sondern meint die DGL (DS 2803 f, NR 479), daß Maria durch die zuvorkommende Erlösungsgnade Jesu Christi vom Anfang ihres Daseins an vor der ↑Erbsünde bewahrt blieb u. somit mit der ↑Gnade der ↑Rechtfertigung (als Gnade Jesu Christi) ihre Existenz begann. Wenn jedem Menschen wegen des allgemeinen ↑Heilswillens Gottes die Gnade Jesu Christi zugedacht u. angeboten ist, jeder also ein übernatürliches ↑Existential trotz der Erbsünde besitzt u. von vornherein von Gott als Bruder Jesu u. nicht nur als Sohn Adams betrachtet wird, wenn dazu Maria wegen ihrer unlöslichen Verbindung mit Jesus (der durch das freie Glaubens-Ja einer Mutter ins Dasein treten .sollte) die vollkommenst Erlöste ist (↑Mariologie), wenn sie wegen der Einheit von Amt u. Person in ihr die zum Heil Prädestinierte war, dann mußte sich dieser Heilswille Gottes ihr gegenüber von vornherein begnadigend auswirken. Ihre von Gott vorherbestimmte Mutterschaft, die sie frei übernehmen sollte, ist das von Anfang an gegebene Äquivalent für das, was die ↑Kindertaufe für die anderen bedeutet: die wirksame Zusage der Gnade Jesu Christi, die die Erbsünde ausschließt u. dem eigenen freien Heilshandeln des Menschen immer vorausgeht.

Unfehlbarkeit

(Infallibilität) bedeutet

l., daß die ↑Kirche als ganze durch die Macht der Gnade Gottes (nicht durch die menschliche Kraft ihrer Glieder) davor bewahrt wird, aus der Wahrheit (u. Liebe) Gottes herauszufallen; u.

2., daß das kirchliche ↑Lehramt bei letztverbindlich von ihm vorgetragenen Glaubenslehren durch die Macht der Gnade Gottes vor Irrtum bewahrt wird. Dogmengeschichtlich entwickelte sich die Bedeutung im 2. Sinn (nicht ohne Beteiligung außertheol., politischer u. kirchenpolitischer Faktoren) aus der U. im l. Sinn, die immer schon eine Überzeugung der ganzen Kirche war (vgl. II. Vat., Kirche 25). Die U. der Kirche ergibt sich aus der eschatologischen Endgültigkeit der Heilssituation in Jesus Christus: Da die Heilstat Gottes in Jesus Christus die endgültige u. siegreiche ist u. Wahrheit – Glaube u. gesellschaftlich-kirchliche Verfaßtheit zu ihren inneren Konstitutiven gehören, würde ein Irrtum als definitiv gemeintes Selbstverständnis dieser Heilswirklichkeit diese selbst aufheben. Der ↑Consensus universalis der Gesamtkirche „in Sachen des Glaubens u. der Sitten», der „unfehlbar» ist, d.h. im Glauben nicht irren kann (II. Vat., Kirche 12), hat gewöhnlich nur das Lehramt als Organ für die Kundgabe des ,,Glaubenssinns des ganzen Volkes». Entsprechend der hierarchischen Struktur des Lehramts sind

Träger der U.:

l) der Gesamtepiskopat der Kirche, wenn er zusammen mit u. unter seinem Haupt dem Papst, einstimmig etwas als von Gott für die Kirche geoffenbart u. alle Gläubigen verpflichtend vorträgt (DS 2879 3011, NR 435 34, II. Vat., Kirche 25; ↑Bischof),

2) ein allgemeines ↑Konzil zusammen mit dem Papst (DS 1478 ff 2923, II. Vat., ebd.),

3) der ↑Papst allein, wenn er als oberster Lehrer der Kirche (ex cathedra, d. h. unter Berufung auf seine höchste Lehrautorität) eine allgemein u. endgültig verpflichtende Lehrentscheidung trifft (DGL: 3073 f, NR 454; vgl. II, Vat., ebd.). Diese endgültige Entscheidung des Papstes ist aus sich u. nicht erst durch die Zustimmung der Kirche unabänderlich das heißt aber nicht, daß sie nicht die Glaubensüberzeugung der Gesamtkirche zum Ausdruck bringen müßte. Der Papst ist in seinen Entscheidungen (so wie die Bischöfe) an Schrift, Tradition u. die bisherigen Entscheidungen der Kirche gebunden. In seinem persönlichen Verhalten u. seinen privaten Ansichten ist der Papst nicht u. niemals ..unfehlbar».

Gegenstand der U. sind alle von Gott durch Jesus Christus für seine Kirche geoffenbarten Wahrheiten (Glaubens- u. Sittenlehren: DS 1477 1507f 3017f, NR 93 40), ferner auch alles, was notwendig ist. um diese Wahrheit der Offenbarung vor Fälschung u. Entstellung zu bewahren (DS 2879 2922, NR 435). Daher kann das kirchliche Lehramt auch über alles das urteilen, was mit den geoffenbarten Lehren derart im Zusammenhang steht, daß dessen Leugnung oder Behauptung den Glauben im Ganzen oder in einer einzelnen Wahrheit aufheben oder in Gefahr bringen würde (vgl. DS 2860f 3405 3407, NR 382 396).- ↑Dogma. Der unverlierbare Besitz der Heilswirklichkeit als geglaubte Wahrheit erfordert gerade bei der Geschichtlichkeit des Menschen u. seiner Erkenntnis eine immer neue Aneignung als Entscheidung, einerseits; die Lehre von der U. meint nicht absolut gesicherte Erkenntnis irgendeiner ganz neuen Wirklichkeit u. Wahrheit, sondern hat das Bleiben der Glaubenden in der alten Wahrheit zu garantieren u. sonst nichts, anderseits. Damit sind Recht u. Grenzen dieses Dogmas ausgesagt. Auf die schon ergangenen dogmatischen ↑Definitionen angewendet, heißt das: die Theologie hat die Aufgabe, nicht nur das Lehrsubjekt u. den beabsichtigten Aussageinhalt genau festzustellen, sondern auch die ,,Situation» zu erhellen, den Adressat der Aussage, die (immer beschränkten) Aussagemittel, den engeren historischen Kontext, das vorherrschende (nie ganz christlich „reine») Interesse, kurz, die Geschichtlichkeit der Aussage festzustellen. Von künftigen Definitionen kann man sagen: Jede wirklich neue Definition, die nicht bloß eine alte Definition wiederholt u. aktualisiert, bedarf zu ihrer Formulierung einer u. derselben Theologie (Begrifflichkeit. Argumentationsweise usw.), u. zwar als der in der ganzen Kirche selben. Diese Selbigkeit der Theologie aber, die früher trotz aller theol. ↑Schulen bestand, besteht heute nicht mehr u. kann auch nicht mehr adäquat wiederhergestellt werden (↑Pluralismus). Oder bei einer neuen Definition wäre die legitime Interpretationsbreite so groß, daß sie keinen Irrtum mehr neben sich haben kann. An diesem „Ende» eines wirklich neu definieren könnenden Lehramts kommt die Geschichtlichkeit des U.sdogmas hart zur Erscheinung. Die Geschichtlichkeit eines Dogmas bedeutet jedoch nicht, daß die U. der Kirche so interpretiert werden dürfte, als garantiere Gott zwar ein eschatologisches Bleiben der Kirche in der Wahrheit, während Dogmen des Lehramts oder Aussagen der Schrift immer auch irrig sein könnten. Das Bleiben in der Wahrheit realisiert sich auch in wahren Sätzen; jene letzte Grundentscheidung des Menschen, die ihn (durch die Gnade Gottes) in die Wahrheit setzt, drückt sich immer u. notwendig in wahren Sätzen aus. Die Kirche als greifbare Größe würde nicht in der Wahrheit bleiben, wenn die Objektivationen ihres Bleibens in der Wahrheit, also ihre eigentlichen Glaubenssätze als die konkrete Gestalt ihres Bleibens in der Wahrheit, irrig wären. Natürlich ist jeder menschliche Satz wegen der Einheit u. der noch andauernden Geschichte des menschlichen Bewußtseins Mißverständnissen ausgesetzt, interpretationsfähig, entwicklungsbedürftig usw. Aber die Satzwahrheit ist nicht eine bloß nachträgliche Abbildung der ursprünglichen Wahrheit u. Wirklichkeit, sondern der Vollzug der Satzwahrheit vollzieht jene ursprünglichere Wahrheit selbst, die letztlich die Selbstmitteilung Gottes in der Gnade an den Menschen ist.

Unitarismus

heißt die Lehre von Splittergruppen (M. Servet, Fausto Sozzini) in der Reformation des 16. Jh., die die Lehre von der ↑Dreifaltigkeit leugneten, weil sie in ihr einen Abfall vom strengen Monotheismus sahen. Im liberalen modernen Protestantismus (besonders in Amerika) erlangte der U. größere Bedeutung. ↑Socinianismus.

Unsterblichkeit

als Eigentümlichkeit des ↑Lebens, die mehr als bloße Fortexistenz besagt, bezeichnet die Todenthobenheit dieses Lebens, insofern es weder in seiner inneren Geschichte eine endliche Zeitgestalt (wie das bloß biologische Leben) aufweist, über die hinaus es nicht mehr sinnvoll existierend gedacht werden könnte, noch „von außen» in seiner Existenz aufgehoben wird. Absolute (metaphysisch notwendige) U. kommt Gott zu; sie ist als absolute Unbedrohtheit u. Fülle des Lebens sogar eine Prärogative Gottes. Dem Menschen kommt U. zu, nicht insofern sein biologisches Leben keine endliche, im ↑Tod endigende Zeitgestalt hätte, sondern insofern der Mensch gerade innerhalb dieser biologischen Zeit als geistige Person sich in Freiheit vollendet, darum diese raumzeitlich biologische Gestalt aufgibt (von sich her, auch wenn diese Aufgabe unter einem Widerstand des biologischen Lebens u. durch Ursachen von außen durchgeführt wird), somit nicht „zeitlich» ..fortdauert», sondern, seine Vollendung besitzend, überzeitlich existiert u. diese lebendige Vollendung nicht mehr verlieren kann. Diese U. kommt ihm zu, weil seine ↑Seele ein substantielles, „übermaterielles» Prinzip ist, dessen Funktion die bloße Gestaltung des Zeitlich-Materiellenwesentlich, durch ↑Transzendenz schon jetzt erfahrbar, übersteigt. Diese frei geschaffene Endgültigkeit des Menschen kann die Vollendung des gnadenhaft Guten (↑Heil) oder die Endgültigkeit seiner Gott abweisenden, schuldigen Selbstverschließung (Verstockung, ↑Hölle) sein. Insofern diese Vollendung dem Menschen ohne die Sünde (↑Erbsünde, ↑Urstandsgnade) nicht durch den eigentlichen Tod, sondern durch eine (in ihrer Eigentümlichkeit kaum näher vorstellbare) Verklärung des leibhaftigen raum zeitlichen Daseins hätte zukommen können, spricht man von einer paradiesischen, bedingten, leiblichen U. des Menschen. Die Lehre von der ↑Auferstehung zeigt, daß Gott auch jetzt die endgültige Vollendung des ganzen Menschen als das ewige Heil verheißen u. in Jesus Christus dafür den Anfang gesetzt hat.

Unsündlichkeit

ist (im Unterschied von der bloß faktischen, durch die freie Entscheidung ..nachfolgend» gegebenen Freiheit von der ↑Sünde, dem einfachen Nichtgesündigthaben) eine durch innere (z.B. ↑Anschauung Gottes) oder äußere Umstände (z.B. durch von Gott her wirksame ↑Gnade) bewirkte Zuständlichkeit einer geschaffenen Freiheit, derzufolge im geistigen Geschöpf ohne Aufhebung seiner Freiheit im voraus zu ihrer Entscheidung ein Grund vorliegt, der die Sünde ausschließt, so daß man sagen kann, es „könne» nicht sündigen, obwohl es die „Freiheit» dazu hat. Wie eine solche ..vorausgehende» U. mit der Freiheit vereinbar ist, wird von den einzelnen ↑Gnadensystemen verschieden erklärt. Daß eine solche freie U. aber denkbar ist (vor allem wegen der „vorausgehenden» Wirksamkeit der wirksamen Gnade), ist gemeinsame Lehre aller theol. Schulen u. wichtig zur Erklärung der U. Jesu als Mensch, Marias u. der Seligen, der ↑Befestigung in der Gnade, der Bewahrung der Kirche als ganzer in der Wahrheit u. Liebe (↑Heiligkeit der Kirche). Vgl. auch ↑Sündenfreiheit.

Unterscheidung

(lat. distinctio). Zu den Urdaten der menschlichen Erfahrung gehört die Vielheit in der Welt, d.h. die Überzeugung (gestützt auf die Erfahrung der eigenen Subjekthaftigkeit, Freiheit u. Verantwortung), daß dieses „Viele» nicht bloß der vielfältige Schein eines „an sich einen u. selbigen» ist. Wo zwei Wirklichkeiten unabhängig von einer gedanklichen Operation verschieden sind, spricht man von realer U., sonst von gedanklicher. Doch hat die reale U. selbst wieder sehr verschiedene Weisen: der Unterschied zwischen zwei Dingen, von denen jedes auch bei Nichtexistenz des anderen bestehen kann; der Unterschied des ↑Akzidens von seiner es tragenden ↑Substanz, ohne die es (natürlich) nicht bestehen kann; der Unterschied von mehreren ein substantiell einheitliches Seiendes aufbauenden Seinsprinzipien (-gründen: ↑Form, ↑Materie) usw. Die reale U. leugnet nicht den Zusammenhang anderer Art (Ursächlichkeit, Schöpfung usw.), der zwischen real verschiedenen Seienden obwalten kann u. oft muß. Eine reale Unterscheidung ist noch ein positives Merkmal in der höchsten Einheit Gottes (↑Dreifaltigkeit). In gleicher Weise darum Zusammengehörigkeit und Unterscheidung, die sich gegenseitig erhöhen, nicht vermindern, aufrechtzuerhalten ist die jedesmal andersartige Aufgabe der Theologie auf vielen Gebieten: ↑Natur und Gnade, Zweinaturenlehre in der ↑hypostatischen Union, sakramentales Zeichen u. sakramentale Gnade im ↑Sakrament, ↑Kirche u. ↑Staat usw., da Atomisierung u. Vereinerleiung der Wirklichkeiten gleich falsch u. gleich große Versuchung für das endliche theol. Denken sind.

Urkirche

Urgemeinde, apostolische Kirche, Urchristentum bezeichnet nicht nur den zeitlich ersten Abschnitt in der Geschichte der Kirche u. des Christentums, also von Pfingsten bis etwa zum Ende des ersten christlichen Jahrhunderts, sondern charakterisiert diesen Abschnitt gleichzeitig theologisch als einmalige u. für alle spätere Zeit der Kirche u. ihrer Lehre (↑Dogmenentwicklung) normative Größe: Weil diese ↑Kirche unmittelbare Zeugin der / Auferstehung Jesu als des eschatologisch entscheidenden Heilsereignisses ist, somit ihre autoritativen Träger, die ↑Apostel, Empfänger, nicht nur Weitergeber der endgültigen christlichen ↑Offenbarung sind u. in dieser Zeit die ↑Heilige Schrift als bleibende Norm des Lehramtes gebildet wurde, darum ist diese Kirche der bleibende ↑Anfang, innerhalb dessen alle weitere Geschichte der Kirche u. des Glaubens, die echte Geschichte, also nicht bloßes Beharren des Anfänglichen ist, sich vollzieht. Ist auch die Legitimität der Weiterentwicklung der Kirche letztlich durch den Beistand des Geistes garantiert, so entbindet dies die Kirche nicht davon, immer wieder sich, ihre Entwicklung in Glaubenserkenntnis, Recht, Liturgie usw. u. in Respekt vor dem Walten des Geistes an der Urkirche auszuweisen. Vgl. dazu auch ↑Kanon.

Uroffenbarung

Da der allgemeine ↑Heilswille Gottes zu dem übernatürlichen Ziel des Besitzes Gottes durch gnadenhafte Selbstmitteilung Gottes alle Menschen ruft. ist mindestens jenes Minimum an göttlicher ↑Offenbarung, das im Angebot der übernatürlich erhöhenden u. erleuchtenden Gnade besteht, immer, also „auch von Anfang an», als gegeben anzunehmen. Dies bedeutet natürlich nicht notwendig, daß dieser geoffenbarte, übernatürliche Horizont der geistig-sittlichen Existenz u. des Selbstvollzuges des Menschen immer reflex u. thematisch gegeben gewesen sein müsse. Die christliche Tradition nimmt für die ersten Menschen eine deutlichere, begrifflich refiexere Offenbarung Gottes an in der Art, wie dies in der amtlich-öffentlichen ↑Heilsgeschichte gegeben ist. Ob u. wieweit die Inhalte einer solchen Offenbarung an die ersten Menschen auch weitergegeben wurden, entzieht sich unserer Kenntnis, zumal wir mit ungeheuer langen Zeiträumen u. den schwierigsten u. primitivsten menschlichen Verhältnissen zu rechnen haben. Immerhin ist es möglich, daß jene Erkenntnisse, die unter dem Licht der Gnade in der menschlichen Erfahrung u. ontologischen Reflexion, wenn auch in der einfachsten Weise, immer aufs neue gewonnen werden können (Verwiesenheit des Menschen auf das Geheimnis Gottes, seine Kreatürlichkeit, die Gottgewolltheit der Zweigeschlechtlichkeit, die Einheit der Menschheit in Ursprung u. Bestimmung, die Schuld als allgemeines Existential aller Menschen vom Anfang her, Hoffnung auf Erlösung), immer in irgendeiner Form gegeben waren (in diesem Sinn Uroffenbarung sind) und immer wieder neu unter der Dynamik der Gnade in der allgemeinen Heils- u. Offenbarungsgeschichte entstehen, so daß das immer Neue auch hier das ewig Alte ist.

Ursakrament

Die Eigentümlichkeit der christlichen ↑Sakramente (im Unterschied von heilverheißenden Riten der vorchristlichen Zeiten) ist grundgelegt in der ↑hypostatischen Union des ↑Logos mit einer menschlichen ↑Natur u. (davon abgeleitet) im Wesen der ↑Kirche. In Jesus Christus u. der Kirche hat sich Gott definitiv u. siegreich der Welt als ganzer als ihr Heil (u. nicht als ihr Gericht) zugesagt; ihre von dieser eschatologisch siegreichen Heilsgnade unterschiedene u. doch nicht trennbare geschichtliche Greifbarkeit steht im selben Verhältnis zu dieser Gnade (als die der Welt im ganzen) wie das Sakrament als Zeichen zur sakramentalen Gnade, die dem Einzelnen gegeben wird u. in jenen begründet ist. Jesus Christus u. von ihm her die Kirche werden daher mit Recht U. genannt (↑Opus operatum). Das II. Vat. nahm diese theol. Lehre insofern auf, als es die Kirche das sichtbare Sakrament der heilbringenden Einheit (der Menschheit im ganzen, von Gott u. Menschheit: Kirche 9 u.ö.) nannte.

Urstand, Urstandsgnade

Diese theol. Begriffe sind Kurzformeln für die Glaubensaussagen: a) Der erste Mensch ist in der ↑heiligmachenden Gnade geschaffen, also in jener innerlichen, ↑übernatürlichen Be-gabung, durch die der Mensch von Gott gerecht u. der göttlichen Natur teilhaft gemacht u. so innerlich auf die ↑Anschauung Gottes u. die dieser entsprechende ↑Liebe hingeordnet wird (DS 389 1511-1514, NR 353-356; vgl. Röm 5; l Kor 15 u. die biblischen Begriffe der „Versöhnung», des „Loskaufs», der „Erneuerung»). Die Bedeutung dieser Aussage für uns liegt darin, daß sie zeigt, daß die ganze Geschichte der Menschheit von Anfang an unter einer einheitlichen Sinn- u. Zielsetzung stand. Der Mensch schlechthin ist auf das ewige Leben im unmittelbaren Besitz Gottes hin geschaffen. Es gab konkret nie einen „Stand der bloßen Natur». Und darum ist die ganze Geschichte der Menschheit von Anfang an die Geschichte des Kampfes zwischen dem Ja u. Nein zu diesem übernatürlichen Entwurf des Menschen durch Gott so sehr, daß dieser Frage gar nie ausgewichen werden kann: Gott fordert auch jetzt noch vom Menschen, was dieser in Adam verloren hat. Jedes Selbstverständnis des Menschen, durch das sich der Mensch in seiner bloßen Menschlichkeit einschließen will, jedes bloß philosophische Selbstverständnis des Menschen sündigt gegen die konkrete, ursprüngliche Setzung des Menschen durch Gott. Der Mensch hat also auch nur sein natürliches Wesen dann richtig verstanden, wenn er es begreift als offen für eine dieses Wesen überschreitende Verfügung Gottes, u. zwar so, daß diese Verfügung nicht nur ein Nachträgliches, eine bloß „zufällige» Modifikation innerhalb des Rahmens dieses Wesens, sondern das Entscheidende, Heilsbegründende für den Menschen ist. Wenn so die Hinordnung auf den unmittelbaren Gottesbesitz zur ursprünglichen Verfassung des Menschen gehört u. nach dem Fall des Adam bleibt, dann muß diese Hinordnung von Gott verfügt sein im Hinblick auf den Gottmenschen, muß sie Gnade ↑Jesu Christi sein. Denn sonst wäre er, der Mittler u. Grund unserer Gnade, nur der Wiederhersteller u. damit der Diener einer Ordnung, die unabhängig von ihm konzipiert wäre; er würde uns seine Gnade schenken, nicht um seine eigene Ordnung herzustellen, sondern um die ursprünglichere u. umfassendere Ordnung Adams wiederherzustellen. Die Ordnung Adams muß schon die Ordnung Jesu Christi gewesen sein, die er als der Gekreuzigte als die seine wiederherstellte, indem Gott den menschlichen Anfang der gottmenschlichen Ordnung, der durch menschliche Schuld gestört war, aus seiner Barmherzigkeit nicht herausfallen läßt, sondern die ursprüngliche Gnade des Gottmenschen, die im Menschen von Anfang an die Geschichte der Menschheit auf die Fülle der Zeiten hinordnete, in die Gnade des in den Tod der Sünde am Kreuz hingegebenen Erlösers wandelte. Von Paulus her muß man sagen: Die Sünde, also jene Ursache, die die Unvollkommenheiten unseres jetzigen Zustandes im Vergleich mit dem Anfang Adams bedingt, ist von Gott nur zugelassen, damit die Kraft u. die Herrlichkeit der göttlichen Gnade um so überschwenglicher in Erscheinung trete. b) Der erste Mensch war frei von der «rebellischen», bösen ↑Begierlichkeit, welche Freiheit ihm nicht geschuldet, also eine außernatürliche Gabe war (DS 1515f 1926 1955 2616, NR 357f 340 853: vgl. „die Sünde» bei Paulus, besonders Röm 5-8). c) Der erste Mensch war kraft einer gleichen Gabe der Notwendigkeit enthoben, den ↑Tod zu sterben (DS 222 370ff 1978 2617 3514, NR 338 350f 342; vgl. Gn 2-3; Röm 5, 12-21). Vgl. zu b) u. c) das bei ↑Integrität, ↑Begierlichkeit u. ↑Tod Gesagte. Diese kirchliche Lehre über den Urstand sagt nichts aus über die biologische Gestalt der ersten Menschen, über die Kulturstufe der Urmenschheit, über die Erdperiode zur Zeit Adams, was über die mit dieser kirchlichen Lehre von selbst gegebene Aussage hinausginge, daß er Person war. Im übrigen liegt der Ursprung als urgeschichtlicher jenseits des Zugriffes der Naturwissenschaft; er ist gewissermaßen von geschichtlicher Transzendenz, er kann nicht als ein Moment neben andern in unserer Geschichte antreffbar sein. Das Urgeschichtliche u. das Eschatologische müssen aus der Natur der Sache heraus für uns den größten Abstand zwischen Vorstellung, Bild einerseits u. gemeinter Sache anderseits haben.

Ursünde

(„Sündenfall») bezeichnet in der kath. Theologie meist die freie Entscheidung der ersten Menschen (↑Monogenismus) zur Abkehr von Gott (Röm 5; DS800, NR 918), durch die ↑Adam Heiligkeit, Gerechtigkeit u. Todesenthobenheit (↑Urstandsgnade) verlor (DS 370f 399f 1511 3514, NR 350 353); U. meint also die von Adam persönlich zu verantwortende eigentliche ↑Sünde im Unterschied zur ↑Erbsünde der Nachkommen Adams, die nur im analogen Sinn ..Sünde» genannt werden kann (vgl. DS 780 1006, 431 NR 526). Das Ergebnis dieser freien Entscheidung (die Sündenstrafe) bedeutet nicht, daß Adam nach dem Fall „reine Natur» geworden wäre, die sich nach dem Wegfall der übernatürlichen Berufung zur Teilnahme am Leben Gottes in sich allein verstehen u. runden könnte, vielmehrbleibt diese Berufung nach dem Sündenfall als Verpflichtung u. Aufgabe, als reale Bestimmung des Wesens des Menschen, als übernatürliches ↑Existential noch immer; sie wird erfüllt in der endgültigen Begnadigung der Menschheit im zweiten Adam (↑Heilsgeschichte). Der biblische Bericht über die U. (Gn 2f) beschreibt sie als die Übertretung eines Gebotes Gottes u. so grundsätzlich als Ungehorsam u. Hybris. Es kann angenommen werden, daß alles Weitere einfache, volkstümliche Einkleidung ist (DS 3862 ff) u. jedenfalls weder von einem primitiven Obstdiebstahl noch von einem unerlaubten Geschlechtsverkehr (vgl. Gn 2,24!) verstanden werden darf. Ebenso darf, so sehr der erste Mensch an Leib u. Seele durch die U. Schaden litt (DS 370f 399f 1511 3514, NR 350 353), die Folge der U. für ihn selbst (außer dem Verlust der ↑Urstandsgnade) nicht als Versetzung auf eine tiefere morphologische (u. niedrigere kulturelle) Stufe beschriebenwerden, da die Schrift von einem solchen „Strafwunder» nichts berichtet.

V

Vaterschaft Gottes

In einem weiten Sinn kann Gott Vater der Menschen genannt werden, insofern er durch ↑Schöpfung, ↑Erhaltung u. ↑Vorsehung der personale, machtvolle, weise u. gütige Grund der Welt u. vor allem der Menschen ist, die ihm Ehrfurcht (↑Anbetung) u. seinem Gesetz Gehorsam schulden. Diese analoge Aussage (↑Analogia entis) gestattet weder die Annäherung an Gott in plumper Vertraulichkeit noch die Identifizierung Gottes mit einer Ubervaterfigur. Im spezifisch christlichen Sinn aber ist Gott (eigentlich: die erste göttliche Person in der ↑Dreifaltigkeit) Vater der Menschen, insofern er sie durch die ↑Selbstmitteilung seines göttlichen Wesens (↑Gnade, ↑Rechtfertigung, ↑Heiliger Geist) übernatürlich gnadenhaft zu seinen eigenen Kindern (↑Gotteskindschaft, ↑Wiedergeburt) macht, gleichgestaltet dem Bilde seines Sohnes, beseelt von seinem ↑Pneuma (Röm 8), teilhaftig der göttlichen Natur (2 Petr l, 4), gezeugt aus Gott (Jo l,12f; 3,3-5; 1 Jo 3,1-9).

Vaticanum I

gezählt als 20. ökumenisches Konzil, tagte vom 8. 12. 1869 bis zum 18. 7. 1870 unter Pius IX. Es beschäftigte sich (außer mit kirchendisziplinären Themen) vor allem in Abwehr des /Pantheismus u. ↑Materialismus mit Gottes unendlicher Verschiedenheit von der Welt, seinem freien Schöpfertum, seiner Wortoffenbarung, dem Wesen des ↑Glaubens u. seinem Verhältnis zur natürlichen Vernunft, sodann mit dem allgemeinen Jurisdiktionsprimat des ↑Papstes u. seiner ↑Unfehlbarkeit bei feierlichen Glaubensentscheidungen (DS 3000-3075; NR 315-322 27-34 36-56 60 94-98 384 ff 425 436-454). Andere Themen der ↑Ekklesiologie kamen (wegen des vorzeitigen Abbruchs des Konzils aus politischen Gründen) nicht mehr zur endgültigen Lehrformulierung.

Vaticanum II

gezählt als 21. ökumenisches Konzil, tagte vom II. 10. 1962 bis zum 8. 12. 1965 unter Johannes XXIII. u. Paul VI. Die Aussagen dieses Konzils, die in 16 Texten (Konstitutionen, Dekreten u. Erklärungen) enthalten sind, lassen sich folgendermaßen ordnen: l) das fundamentale theol. Seibstverständnis der /nKirche (Dogmatische Konstitution über die Kirche); 2) das innere Leben der Kirche: ihre Liturgie (Konstitution über die Liturgie), ihre Leitungsfunktionen (Dekrete über die Bischöfe u. über die kath. Ostkirchen), ihr Lehramt (Dogmatische Konstitution über die Offenbarung, Erklärung über die christliche Erziehung), ihre ,,Stände» (Dekrete über Dienst u. Leben u. über Ausbildung der Priester, über die Erneuerung des Ordenslebens, über das Laienapostolat); 3) die Sendung der Kirche nach „außen»: die Beziehungen der Kirche zur nichtkatholischen Christenheit (Dekrete über den Okumenismus u. – zum Teil – über die kath. Ostkirchen), zu den nichtchristlichen Religionen, insbesondere zum Judentum (Erklärung über die nichtchristlichen Religionen, Dekret über die Mission), zur Welt in ihrer weltlichen Situation im allgemeinen (Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, Dekret über die Kommunikationsmedien), ihre Haltung gegenüber dem heutigen ideologischen Pluralismus (Erklärung über die Religionsfreiheit). Das Konzil wollte keine neuen dogmatischen Definitionen formulieren, aber Leben u. Lehre der Kirche aktualisieren.

Verdienst

Schon das NT drückt den durch Gottes Gnade geschenkten objektiven Wert der in Freiheit u. Gnade getanen ↑Werke des Gerechtfertigten durch rechtliche Kategorien aus: das ewige Leben wird diesen V.en als Lohn vom gerechten Gott zuteil, der ohne Ansehen der Person jedem – dem Guten u. dem Bösen – nach seinen Werken vergilt (Röm 2,6-8; IPetr 1,17). Diese Ausdrucksweise hebt die gottgegebene sittliche Würde u. Wertigkeit dieser „Werke» mit Recht hervor: getan im Heiligen Geist u. seiner Kraft, beruhen sie auf der, .Teilnahme an der göttlichen Natur› ‹ (2 Petr l, 4), aktualisieren diese Teilnahme u. sind somit, wenn auch noch im Dunkel des Glaubens u. in der Dürftigkeit des irdischen Alltags, Vollzüge des ewigen Lebens u. somit zu diesem selbst in seiner Herrlichkeit in einer inneren Proportion. Durch sie selbst wächst das Leben der Gnade konnatural in das ewige Leben hinein. Darum kann auch eben dieser Sachverhalt so ausgedrückt werden: durch die verdienstlichen Werke ist ein Wachstum in der Gnade (die existentiell immer tiefere Aneignung der Gnade, die die Regionen des menschlichen Daseins immer mehr in sich hineinintegriert) gegeben (DS 1535 1574 1545 ff 1576; NR 805 842 815f 844); die V.e,.verdienen» eine VermehrungderGnade. Unter dem Wort V., dessen Angemessenheit definiert ist (DS 1582; NR 850), darf sich indessen ein doppeltes Mißverständnis nicht verbergen: a) Es wird nicht Gott eine von ihm unabhängige Leistung dargeboten, die er benötigen würde u. darum belohnen müßte. Möglichkeit des übernatürlichen u. verdienstlichen Heilsaktes u. darüber hinaus dessen freie Verwirklichung sind selbst Gabe Gottes (durch die erhebende bzw. „wirksame» Gnade); so wie wir durch ihn sind, handeln wir auch durch ihn, so daß Gott als gerechter Richter ..belohnt» u. „krönt», was er selbst gegeben hat, er also in der absoluten Freiheit seiner Entscheidung u. Gnade durch die Lehre vom V. nicht angetastet wird. Wir „arbeiten» letztlich nicht „mit Gott zusammen» als zwei voneinander unabhängige Größen, sondern er gibt, daß wir frei arbeiten, so aber auch wirklich „Frucht bringen» (vgl. Mt 13,8).b) Sosehr die endliche Kreatur, die nie alles in einem hat u. darum unbefangen einem legitimen Pluralismus von Motiven sich öffnen darf u. muß, das ewige Leben als ihre Seligkeit erhoffen, erstreben u. darum den Willen zum Wachstum in der Gnade u. so zum V. haben darf, so erlangt sie letztlich eben dieses ewige Leben nur dann, wenn sie Gott um seiner selbst willen u. nicht nur als Ursache des eigenen Glükkes liebt in der theol. ↑Liebe, wenn also der Wille zum eigenen V. überholt u. überformt wird von dem, was Gott selber sucht, von der Liebe.

Verfolgung

Das Christentum selbst erkennt sich für die innergeschichtliche Perspektive die Chance einer schlechthin siegreichen u. friedlichen Situation ohne Anfechtung u. Widerspruch ab. Sein endgültiger Sieg geschieht durch Gott allein in der Beendigung der zeitlichen Geschichte. Die bleibende „Verfolgtheit“ (deren konkrete Formen wechseln, nicht vorausberechnet werden können u. sowohl aus dem Innern der Kirche kommen als auch durch individuelle u. gesellschaftliche Verhältnisse [↑Welt], ja durch äußere, politisch geballte Mächte [↑Antichrist] verursacht sein können) gehört zum Dasein des Christen u. der Kirche in einem heilsgeschichtlichen „Muß“ (Lk 24,26) notwendig hinzu (Mt 5,10-12.44; 2 Tim 3,12; Apk) als Situation wahren ↑Glaubens u. der ↑Hoffnung, in der der Christ selbst nochmals betend jetzt schon seine Feinde als künftige Brüder umfaßt, als gottverfügte Situation der immer auch notwendigen Kritik Gottes an seiner Kirche (Lk 22,31; 1Petr 4,17). Gegenüber der (vielleicht doch auch apotheotisch verklärten) V.szeit in den ersten Jahrhunderten des Christentums hat sich die V.ssituation heute durch folgende Faktoren verändert: a) Die Kirche verfolgt(e) selbst Andersdenkende; b) viele V.en sind aus der Vorgeschichte zu erklären, in der die Kirche selbst verfolgte u. unterdrückte; c) auch christliche Kirchen haben sich gegenseitig Märtyrer verschafft. Diese Faktoren sollten davor warnen, sich triumphalistisch auf das ↑Martyrium anderer zu berufen u. leichtfertig von Christen-V. zu sprechen.

Verstand

Vernunft werden im kirchlichen Sprachgebrauch kaum unterschieden; hier bezeichnen beide Worte das geistige Erkenntnisvermögen des Menschen, das durch seine Transzendentalität (↑Transzendenz, Geist) u. so durch seine unausweichliche (wenn auch im Modus der Leugnung existieren könnende) Verwiesenheit auf Gott gekennzeichnet ist. Dieses eine Vermögen kommt zu sich u. zu seiner Transzendenz notwendig immer in Hinwendung zur Welt, zum sinnlich Anschaulichen, u. so zur «Vorstellung», zum Bild u. so zur Konkretheit der menschlichen Erfahrung u. Erkenntnis, wie sie in der Gesellschaft, ihrer Sitte u. Überlieferung gegeben ist. Es ist in einem begrifflich, diskursiv, schlußfolgernd und gleichzeitig insofern „intuitiv», als es nicht nur in der Hinwendung zur sinnlichen Anschauung denkt, sondern im Innewerden seiner eigenen Transzendenz oberste metaphysische Einsichten ergreift, die ursprünglich u. nicht mehr von anderswoher ableitbar sind. Der Grundvollzug des V.es ist auch wesentlich bezogen auf den Grundvollzug des fWillens, mit dem zusammen er den Selbstvollzug des ↑Geistes ausmacht (so wie analog zwei u. nur zwei „Hervorgänge» in der göttlichen ↑Dreifaltigkeit erkannt werden). Diese Erkenntnisfähigkeit ist in der ganzen Breite ihrer Wirklichkeit u. der Vielfalt ihrer Aspekte von der Offenbarung angerufen: in ihrer Transzendentalität durch die ↑Gnade, in ihrer Weltverwiesenheit durch die historische Raumzeitlichkeit der Heilstaten u. ↑Wunder Gottes u. durch das menschlich erscheinende Wort der Offenbarungsträger, in ihrer Gesellschaftlichkeit durch die kirchliche Form der Offenbarung, in ihrer geschichtlichen Entwicklung durch die Geschichte des Glaubensbewußtseins der Kirche (↑Dogmengeschichte), in ihrer diskursiven Rationalität durch den Wissenschaftscharakter der Offenbarungs-↑Theologie und durch die ↑Fundamentaltheologie.

Versuchung

ist der Anreiz zur ↑Sünde. Die kreatürliche Freiheit bedarf einer hinnehmenden (passiven) Erfahrung von (echten oder vermeintlichen) Werten, um aktiv werden zu können. Insofern dieser notwendige Anreiz zum aktiven Handeln im Leben des Menschen durch den Verlust der ↑Urstandsgnade der ↑Integrität als ↑Begierde auftritt, die ohne Rücksicht auf das sittliche Gesamtziel des Menschen ihr partikuläres Gut verfolgt u. sich nicht adäquat in die gute Grundentscheidung des Menschen hinein integrieren läßt, erhält der Anreiz zum sittlich Schlechten die eigentümliche Weise der V., wie sie in unserer nachparadiesischen Ordnung gegeben ist: die V., die im Menschen gegen das sie abweisende Nein des Gehorsams des Menschen vor Gott beharrt, zusammen mit diesem Nein im Menschen existiert u. so seine eigene Situation für ihn undurchsichtig macht (DS 1533 f; NR 804; ↑Heilsgewißheit). Doch ist daran festzuhalten, daß an sich auch die anhaltende V. die ↑Freiheit u. Verantwortlichkeit des Menschen nicht aufhebt (l Kor 10,13; DS 1536-1539 1568; NR 806ff 826: DGL) u. durch Gebet u. Wachsamkeit (Mt 26,41), Glaubenshoffnung (Eph 6,16) u. aktive ↑Askese in der Gnade Gottes überwunden werden kann, außer sie wird zum ↑Zwang, unter dem aber wieder die Möglichkeit einer schweren subjektiven Schuld aufhört. Als Ursachen der V. nennen Schrift u. Tradition alle Momente der für die Freiheitsentscheidung vorgegebenen Situation des Menschen: die kosmischen «↑Gewalten u. Mächte«, die ↑Welt u. die inneren Zuständlichkeiten des Menschen selbst. – ↑Sarx.

Verzweiflung

ist theologisch die schuldhaft freie Aufgabe der ↑Hoffnung, die in aller äußeren u. inneren Gefährdung u. Not auf Gottes Treue, Hilfe u. Erbarmen baut u. so am realisierbaren Heilssinn des Daseins festhält. Die passive Erfahrung einer Bedrohung u. Ohnmacht des Menschen von ihm selbst aus ist als solche noch keine V. im theol. Sinn. Diese ist erst dort gegeben, wo der Mensch in einer letzten uneingestandenen Hybris auch Gott nicht größer sein läßt als die eigene Macht, die als Ohnmacht erfahren wird, u. das für ihn Mögliche mit dem durch ihn selbst Möglichen identifiziert.

Vienne.

Das in der südfranzösischen Stadt V. vom 16. 10. 1311 bis .6. 5. 1312 unter Clemens V. abgehaltene 15. ökumenische Konzil ist theologisch bedeutsam durch die Definition der Leidensfähigkeit Jesu (wobei das Konzil vom Ursprung der Kirche aus der Seitenwunde Jesu spricht, DS 900f), der ↑Seele als der „forma corporis» (DS 902; NR 329) u. durch die Verteidigung der ↑Kindertaufe (DS 903 f) gegen Petrus Joannis Olivi; ferner durch die Verwerfung der Ansicht der Beginen u. Begarden, der Mensch könne durch seine natürlichen Kräfte die höchste Seligkeit u. ↑Anschauung Gottes erreichen (DS 891-899; NR 900).

Volk Gottes,

l. V. G. ist eine biblische u. neuerdings im II. Vat. (Kirche 4-17 u. ö.) wieder zur Geltung gebrachte Bezeichnung zur Charakterisierung des Verhältnisses zwischen Gott u. einer bestimmten Gruppe von Menschen (Israel, die Kirche, die Menschheit). „Volk» ist natürlich zunächst eine profane Wirklichkeit; im Begriff V. G. wird „Volk» in einem übertragenen Sinn gebraucht. 2. Volk ↑Jahwes nennt sich im AT Israel, weil es nach seiner Glaubenserfahrung im Exodus seine nationale u. religiöse Existenz Jahwe durch dessen geschichtliche Tat verdankt u. darum seine Schöpfung u. sein Eigentum ist. Dieses in diesem Wort V. G. ausgedrückte Verhältnis begründet die Treuepflicht des Volkes zu diesem „konkreten» Gott seiner Geschichte (↑Bund) u. die Hoffnung auf dessen Verheißungen. Als Volk des neuen Bundes erklärt sich die Glaubensgemeinde Jesu auf der bleibenden Basis Israels als das eigentliche, wahre u. endgültige V. G., das jetzt nicht national charakterisiert ist, sondern alle Völker umfassen will u. im ↑Heiligen Geist u. im ↑Glauben begründet ist. Analog zur Wüstenexistenz Israels erscheint die Kirche als das (in Vorläufigkeit) wandernde Gottesvolk (Hebr 4,9; II. Vat„ Kirche 2 21 48 u.ö.; Oek. 2 6 usw.). 3. Der dogmatisch sichere Inhalt der Aussage vom V. G. besagt: Gott hat in seinem ↑Heilswillen Menschen berufen, nicht als isolierte Einzelne, sondern inmitten ihrer geschichtlichen u. gesellschaftlichen Verflochtenheit u. gegenseitigen Beziehung, die mindestens wegen der Einheit von Gottes- u. Nächsten-↑Liebe auch eine heilsmittlerische Funktion hat. Diese Menschen haben in dieser geschichtlichen u. gesellschaftlichen Einheit eine innere Einheit durch die ↑Selbstmitteilung Gottes; diese innere Einheit ist geschichtlich erschienen u. eschatologisch unwiderruflich geworden in ↑Jesus Christus u. seiner Auferstehung. Dadurch hat diese Einheit selbst ebenfalls eine geschichtliche u. gesellschaftliche Greifbarkeit, auch wenn für uns diese im Geist Gottes berufene u. geeinte Gruppe nicht deutlich von anderen Menschen abgrenzbar ist. 4. Es liegt nahe u. ist theologisch möglich, unter V. G. die pneumatisch geeinte Summe aller jener zu verstehen, die gerechtfertigt sind, zu der also auch jene gehören, die nicht „voll» in den gesellschaftlichen Verband der hierarchischen Kirche eingegliedert sind. Anders gesagt: Zum V. G. gehören alle jene (u. zwar in nochmals verschiedener Weise), die in irgendeiner (differenzierten) Weise zur Kirche gehören. Es wäre auch durchaus denkbar, die Menschheit schlechthin V. G. zu nennen, denn sie ist ja eine von Ursprung u. übernatürlicher Bestimmung her, zu ihrer einen Geschichte gehört Jesus Christus, alle Menschen sind umfaßt vom allgemeinen Heilswillen Gottes, sind erlöst. In ihrer einen Geschichte hat sich schon in Jesus ereignet, was den seligen Ausgang dieser Geschichte formal im voraus bestimmt. Die Menschheit als eine u. ganze ist also schon im voraus zur personalen Entscheidung der Einzelnen u. im voraus zur Bildung der Kirche eine durch die Gnadentat Gottes in Jesus Christus konstituierte Größe: also „Volk Gottes».

Vollkommenheit

bezeichnet (entsprechend Mt 5,48) den durch die Gnade Gottes ermöglichten u. geschenkten, durch die Freiheit des Menschen verwirklichten, dem objektiven Gesetz Gottes u. den (je verschiedenen) Möglichkeiten des Einzelnen entsprechenden religiös-sittlichen Reifezustand des Menschen, die Liebe zu Gott u. zum Nächsten aus ganzem Herzen u. allen Kräften (Mt 22,37; Röm 13,10). Alle anderen sittlichen Verhaltungen u. Leistungen sind gegenüber der V., die in der Fülle der /Liebe besteht, nur Weisen der Realisation der Liebe oder ihre wechselnden Mittel (↑Evangelische Räte). Da diese V. in der Integration des ganzen Lebens (mit seinen wechselnden u. vom Menschen nicht adäquat planbaren Phasen) in die Liebe hinein besteht, ist die V. für den noch pilgernden Menschen immer eine nur asymptotisch erreichbare Aufgabe. Da es aber ein wirkliches Wachstum in der ↑Gnade gibt (Mt 13,8; Jo 15,2; Eph 3,15-19) u. dieses auch eine Aufgabe des Menschen ist (Eph 4,15), ist ein Bemühen des Menschen um V. (↑Askese, ↑Mystik) als Gehorsam gegenüber der Gnade u. der Schule des Lebens durchaus legitim. In der kirchlichen Terminologie bei Heiligsprechungen wird die V. auch als „heroische» Tugend umschrieben.

Vollmacht

bedeutet die physische u. rechtliche (dauernd oder vorübergehend gegebene) Fähigkeit zu Handlungen, die ein anderer zu dulden u. in ihrer Berechtigung ihm gegenüber als ihn moralisch bindend anzuerkennen hat. Eine solche V. kann aus den objektiven Verhältnissen (naturrechtlich) erfließen (z.B. Erziehungsrecht der Eltern) oder durch freien Akt eines Dritten, der dazu legitimiert ist, gegeben werden (Übertragung einer Richtergewalt). Die V.en in der Kirche sind dem Willen Jesu u. dem Geist Gottes entsprechend teils sakramentaler (↑Sakramente), teils hoheitlicher Art (Leitungs- u. Lehrgewalt). Ihre Übertragung geschieht dementsprechend teils durch Ordination (POrdo), teils durch einen nichtsakramentalen rechtlichen Akt der kirchlichen Obrigkeit. Diese beiden Gewalten sind aufeinander hingeordnet, sind aber nicht identisch u. müssen daher nicht in jedem Fall denselben Träger haben (↑Kirchengewalt). – Vgl. dazu ↑Successio apostolica, ↑Schlüsselgewalt, ↑Binde- u. Lösegewalt, ↑Amt, ↑Ämteranerkennung.

Vorsehung Gottes

bedeutet den Entwurf der geschaffenen Welt durch das alles, auch das geschöpflich Freie erkennende Wissen Gottes u. den alles machtvoll tragenden u. bedingenden, heiligen u. liebenden Willen Gottes (vgl. DS 3003; NR 317). Von diesem Entwurf bleibt auch die geschöpfliche ↑Freiheit umfangen (ohne deshalb aufgehoben werden zu müssen); durch ihn leitet Gott in seiner ↑Ewigkeit den Lauf der Welt u. ihrer Geschichte u. darin die menschliche Heilsgeschichte zu dem in seiner ↑Prädestination voraus erfaßten u. -gewollten Ziel (↑Eschatologie)) durch die immanenten Weltkräfte, die Gott geschaffen hat, u. durch seine heilsgeschichtlichen Fügungen (↑Gnade, ↑Wunder). Ein falsch verstandener ↑Theismus verkennt die von Gott in seiner Vorsehung getragene Aktivität der Menschheit u. vermag darum V. G. nur als direktes „Weltregirnent» Gottes zu denken. Dieser Entwurf der Welt auf ihre (noch ausstehende) Vollendung hin, der erst das Ganze der Welt u. in ihm alles einzelne endgültig sinnvoll macht, enthüllt sich der Kreatur erst eigentlich in der Vollendung. Nur im anbetenden Glauben an den weisen, heiligen u. liebenden Gott u. in der unbedingten Ergebung an das Geheimnis der V. überwindet der Mensch jenes angsthaft-stolze Versicherungsbedürfnis, in dem er sich sonst schließlich doch nur als das Opfer der auf keine wahre Einheit zu bringenden antagonistischen Weltmächte erfährt.

Votum

Vom V. (lat. = Verlangen) nach der Kirche, der Taufe (DS 1524; NR 794) oder nach einem anderen Sakrament (z.B. der Buße: DS 1542f; NR 812f) spricht die Theologie, um zu erklären, warum ohne greifbare Zugehörigkeit zur Kirche (im Ungetauften) oder ohne Empfang eines an sich heilsnotwendigen Sakramentes ein Mensch doch in Gottes Gnade leben, gerechtfertigt sein u. das ewige Leben erlangen kann: für die Zugehörigkeit zur Kirche (als ↑Ursakrament) oder für den Empfang des Sakramentes tritt der ernste, von Gottes Gnade erweckte u. getragene Wille zu Kirche u. Sakrament; dieser kann implizit in der allgemeinen Bereitschaft, nach dem Spruch des Gewissens Gottes Willen zu erfüllen, eingeschlossen sein, setzt also nicht notwendig eine ausdrückliche Kenntnis der Kirche u. der Sakramente voraus (DS 3870ff; NR 371). Durch diese vorsakramentale (vorekklesiologische) Heilsmöglichkeit ist die Erlangung der Rechtfertigung u. des Heiles nicht in zwei voneinander unabhängige Weisen zerfällt. Die im V. wirkende Gnade ist die Gnade Jesu Christi, also „inkarnatorische» Gnade; sie selbst sucht also ihre raumzeitliche u. gesellschaftlichs konkrete Verleiblichung in ↑Kirchengliedschaft u. ↑Sakrament, wenn sie auch schon dieser als ihr Grund vorauswirkt. Es handelt sich also um zwei Phasen eines einzigen Heilsprozesses; wenn auch die erste Phase schon rettend ist, auch wenn sie in diesem Leben ohne Schuld nicht überwunden wird, so bringt sie dem Menschen doch objektiv die Pflicht, diese in die Konkretheit des Kirchlichen hinein aufzuheben, so daß er diese erste Phase selbst zerstören würde, wo er wissend u. schuldig dieser Pflicht nicht nachkäme. – Vgl. noch ↑Heilsnotwendigkeit.

W

Wahrheit

Im schlichten Alltagsbegriff ist W. zunächst die Übereinstimmung einer Aussage mit dem von ihr gemeinten Sachverhalt. Je nach der Art der Erkenntnis, des Erkennenden u. Erkannten wandelt sich aber dieser Begriff der W. sehr wesentlich ab. Handelt es sich z.B. um die Erkenntnis, in der ein Erkennender sich selbst ursprünglich erkennt, dann ist W. das einfache Beisichselbstsein u. somit die innere Gelichtetheit eines Seienden für sich selbst. Insofern diese ursprüngliche (nicht begrifflich gegenständliche, sondern in jedem Akt der Erkenntnis geschehende, gleichgültig woraufhin er sich thematisch richtet) Gelichtetheit für sich selbst auch notwendig als Bedingung ihrer Möglichkeit eine (zunächst u. an sich unthematische) Erfahrung der eigenen ↑Transzendenz des /*Geistes mit sich bringt, impliziert diese eine W., die, weil in allen anderen enthalten, nicht eine unter vielen, sondern die eine umfassende ist, auch eine Verwiesenheit auf ↑Gott, ein schweigendes, unthematisches Wissen um das abgründige ↑Geheimnis, in dem alles gründet. Wo der Mensch diese seine eine W. nicht verdrängt, nicht haßt, sich ihr nicht verschließt, sondern sie, arglos u. frei sich in sie hinein aufgebend, annimmt, da erfaßt er die W. als ihm zu eigen gegebene, ist er in der W., die ihn umfaßt u. wahr, d.h. an die unbegreifliche W. hingegeben u. so von sich befreit macht. Denn in einem solchen Akt wirkt der Mensch in der konkreten Ordnung nicht nur die freie Annahme seiner eigenen Transzendenz, sondern, da diese wegen des allgemeinen, übernatürlichen Heilswillens „erhoben» ist, auch seiner eigenen Hingeordnetheit auf den in Selbstmitteilung sich erschließenden Gott des ewigen Lebens, also auf die Wahrheit schlechthin (Jo 14,6) hin, die der absolut lichte u. liebende Besitz der unendlichen Fülle der Wirklichkeit durch sich selbst ist, die sich in der ↑Anschauung Gottes zu eigen gibt.

Weg

Entsprechend der Werde-Verfassung des Menschen u. der Gerichtetheit seiner ihm auferlegten u. ihm abverlangten religiösen Entwicklung kann Möglichkeit u. Auftrag dieser durch Gottes ↑Gnade getragenen Entwicklung des christlichen Menschen auf seine endgültige Vollendung in der ↑Anschauung Gottes (↑Himmel, ↑Seligkeit) unter dem Bild des Weges ausgesagt werden (vgl. Apg 9,2); Notwendigkeit, Entwicklung, Zielgerichtetheit der Lebensweise, des „Wandels» sind so dargestellt. Insofern jede bleibende. Lebensform als „Weg», als ..Lebenswandel» aufgefaßt werden kann, kann auch von zwei „Wegen» (dem guten u. dem bösen, dem schmalen u. dem breiten) gesprochen werden (Mt 7,13 f). Insofern für den Christen in der ↑Nachfolge Jesu Jesus Christus Grundlage, Kraft u. Ziel seines Lebens ist, ist er der Weg schlechthin (Jo 14,6).

Weihe

bedeutet das sinnenfällige Tun, in dem eine Sache aus dem profanen Gebrauch ausgesondert oder zu einem besonderen Dienst Gottes im Bereich des Kultes bestellt wird. Im Bereich des kath. Christentums ist die W. einer Sache identisch mit einem fürbittenden Gebet für die Benutzer der Sache u. verleiht der Sache selbst keine magischen Kräfte; die W. einer Person ist meist (von Abtsweihe, Jungfrauenweihe usw. abgesehen) identisch mit der Ordination (↑Ordo) zu einem klerikalen Amt (↑Priestertum, ↑Bischof, ↑Diakon). – Vgl. ↑Sakral und profan.

Weisheit

bezeichnet im religiösen Sprachgebrauch (abgesehen von einer Verwendung für den ↑Logos oder im Gnostizismus als Namen für eine hypostasierte Weltmacht unter Gott) im Unterschied zu einer mehr analytischen Erkenntnis der einzelnen Wirklichkeiten als solcher eine Grundverfassung des sittlich richtigen Erkennens des Menschen, der zufolge er alles u. jedes immer im Ganzen der gottgeschaffenen Wirklichkeit, von Gott her u. auf ihn hin erkennt u. so die auf Gott hin offene notwendige ↑Transzendenz des Geistes auch in einer sittlichen Entscheidung annimmt u. in der Einzelerkenntnis immer mehr zur Geltung bringt. Insofern dies Wirkung der rechtfertigenden Gnade ist u. die Erkenntnis auf den Gott des ewigen Lebens u. personaler Selbstmitteilung ausgerichtet wird, gilt die W. auch als eine der sieben „Gaben des Heiligen Geistes».

Welt

bezeichnet theologisch zunächst in einem neutralen Sinn die Gesamtheit der ↑Schöpfung als Einheit (in Ursprung, Schicksal u. Ziel, durchgängigen Strukturen, gegenseitiger Abhängigkeit jedes von jedem) entweder mit Einschluß des Menschen oder von ihm unterschieden als seine „Umwelt», als von Gott vorgegebene Situation seiner Heilsgeschichte. Insofern bezeichnet W. das gleiche wie „Himmel u. Erde», sie ist ↑Offenbarung Gottes, zu seiner ↑Ehre,, gut, sinnvoll u. schön, der frei u. liebend geschaffene Adressat der Selbstmitteilung Gottes (Jo 3,16f; DS 800 3025; NR 918 322), nicht das von Gott Trennende, sondern das Vermittelnde zwischen Gott u. Mensch, wie vor allem in der ↑Inkarnation deutlich wird. Insofern diese W. (vor allem die Menschenwelt) durch die Schuld im Bereich der ↑Engel u. durch die des Menschen von Anfang an (PErbsünde) u. durch die weitere Unheilsgeschichte bis tief in den materiellen Bereich hinein widergöttlich u. gegen ihre eigenen letzten Strukturen u. Bestimmungen geprägt ist, bedeutet W. (biblisch: „dieser» Kosmos, „dieser“ Aon) die Gesamtheit der gottfeindlichen ↑“Gewalten und Mächte“, d.h. alles, was als Antrieb zu neuer Schuld u. als greifbare Leibhaftigkeit dieser Schuld in der W. zu finden ist. In diesem Sinn soll der Christ nicht „von der Welt“ (Jo 18,36 u.ö.) sein, auch wenn er „in“ ihr sein muß (Jo 17, II). Aber als solche sündige W. ist sie doch noch die von Gott geliebte, der Erlösung bedürftige, aber auch fähige, schon durch die Gnade Gottes trotz u. in ihrer Schuld umfaßte, deren Geschichte in der ↑Basileia enden wird. Darum ist sie trotz ihrer Widerständigkeit gegen Gott Aufgabe des Christen, der in der Kraft der Gnade ihre wahren Ordnungen aufrechterhalten, ihre Möglichkeiten der Entwicklung in kritischer Unterscheidung der in ihr vorhandenen Antriebe wahrnehmen u. ihre bis zum Ende nie aufhörende Last u. Finsternis in ↑Geduld tragen soll. Insofern diese Welt eine Geschichte hat u. diese Geschichte in ihr eschatologisches Stadium eingetreten ist durch Inkarnation, Kreuz u. Auferstehung des ewigen Wortes Gottes, d. h. der Ausgang dieser Geschichte als ganzer durch Jesus Christus im Grunde der Wirklichkeit schon entschieden ist, wenn dieser Ausgang auch noch verhüllt ist u. nur durch den Glauben ergriffen wird, ist die „künftige» W. (rÄon) schon in der noch „gegenwärtigen» Welt anwesend u. am Werk. Darin zeigt sich, daß das Christentum zwar einen heilsgeschichtlichen, u. zwar schon in Auflösung begriffenen, aber keinen radikalen u. unüberwindlichen ↑Dualismus zwischen Gott u. der Welt kennt. Kirche u. W. Die neue Erfahrung der W. als nicht einfach vorgegebene, sondern als vom Menschen selbst geplante u. gemachte, die den Menschen als solche selbst in ihrer eigenen, empirisch erfahrbaren Bedeutung interessiert, kommt im II. Vat. deutlich in Erscheinung (besonders Kirche/Weit). Die Kirche gewinnt (sehr langsam) ein neues u. positives Verhältnis zur W. u. allen ihren Dimensionen: zur Einheit u. Vielfältigkeit der vielen Kirchen, zur Autonomie der profanen Wissenschaften, zu ↑Demokratisierung u. Sozialisierung, zum Sexuellen usw. Dieser Wandel beruht auf dem geistesgeschichtlichen Prozeß der Neuzeit: Wendung zur ↑Anthropozentrik, Entzauberung u. Entgöttlichung der W. zum Material menschlichen Handelns, Wendung zu Rationalität u. Technik, Reflexion auf die eigene Geschichtlichkeit, kritisches Verhältnis zu Vergangenheit u. Tradition, Dieser Prozeß ist letztlich aus dem Geist des Christentums entsprungen, wenn er sich auch oft (berechtigt u. schuldig) gegen die konkrete Kirche wandte. So ist die Geschichte des Verhältnisses von Kirche u. W. die Geschichte einer wachsenden Selbstfindung der Kirche in wachsender Entlassung der W. in ihre Weltlichkeit hinein durch die Kirche. – Es gibt zwei Grundhäresien in der Bestimmung des Verhältnisses von Kirche u. W.: den Integralismus, der die W. als bloßes Material des Handelns u. der Selbstdarstellung der Kirche versteht, die W. in die Kirche hineinintegrieren will, an die Möglichkeit einer adäquaten Synthese von Christlichem u. Weltlichem unter der Anleitung durch die Amtskirche glaubt, u. einen Esoterismus, in dem das Weltliche als gleichgültig für das Christentum u. für das Leben auf das Heil u. so auf die absolute Zukunft Gottes hin erachtet wird, ein Dualismus, der ↑Weltflucht für das eigentlich Christliche hält. Das Verhältnis der Kirche zur W. beruht darauf, daß die Annahme der W. durch Gott die Freisetzung der W. in Selbständigkeit, Eigenbedeutung u. Eigenmacht bedeutet; Nähe zu Gott u. Eigenwirklichkeit der W. wachsen im selben, nicht im umgekehrten Maß. Da die Annahme der W. durch Gott ihre (Heils-)Geschichte hat, kann diese Freisetzung der W. in ihre Weltlichkeit wachsen u. deutlich werden. Zugleich geht dieses Weltlichwerden der W. im Zeichen der ↑Sünde, der ↑Begierde, in unintegriertem Pluralismus, unter der ↑Gnade, nicht einfach evolutiv vor sich. Das Christliche wird realisiert in der Weltlichkeit der W.; die Weltlichkeit der W. ist für den Christen aber dennoch in ihrer unmittelbaren profanen Empirie nicht so das Christliche, daß der Christ in dieser so erfahrenen W. unbefangen geschichtlich verantwortlich aufgehen könnte. Der Christ muß die W. in ihrer von Gottes Gnade eingestifteten Tiefendimension, ihre Weltlichkeit als von Gott in Jesus Christus angenommene annehmen. Die irdische Aufgabe u. die ..himmlische» Berufung stehen also in einer Unterschiedenheit, die die Einheit nicht aufhebt (gegen Esoterismus), u. sind eins, ohne deshalb in Selbigkeit zusammenzufallen (gegen Integralismus). Die Kirche ist das Sakrament, d.h. die heilsgeschichtlich-eschatologische u. wirksame Erscheinung (Zeichen) davon, daß in der Einheit, Aktivität, Humanisierung der Welt das ↑Reich Gottes am Kommen ist, so daß auch hier Zeichen u. Bezeichnetes weder getrennt noch identifiziert werden dürfen (vgl. II. Vat., Kirche 9 u.ö.).

Weltanschauung

kann man in einem formalen u. neutralen Sinn jede metaphysische, religiöse, ethische (u. dabei theoretische u. existentielle) Gesamtbeurteilung umfassender Art (oder auch das Fehlen einer solchen von schuldhafter Art in Skepsis u. Positivismus) der Gesamtwirklichkeit (einschließlich Gottes) nennen. So verstanden, wäre auch die Botschaft der Offenbarungu. ihre Annahme im Glauben eine Weltanschauung. Bei dem absoluten, qualitativen Unterschied zwischen ↑Glauben (als auf Gottes Offenbarung u. Gnade beruhend) einerseits u. einer vom Menschen selbst gesetzten Welt- u. Lebenslehre anderseits wird man gut daran tun, nur letztere als W. zu bezeichnen. Dann entsteht die Frage, wie sich Glaube u. W. zueinander verhalten. Denn auch der Glaubende hat außer dem Glauben seine W.: die Summe seiner geschichtlich bedingten empirischen u. philosophischen (ausdrücklichen oder unthematischen) Anschauungen von Welt, die seine Fähigkeit zu transzendenter Erkenntnis, seine kreatürliche und geschichtliche Bedingtheit, seine geschichtlichen Voraussetzungen, seine Sündigkeit u. sein Umfaßtsein durch die Gnade Gottes in einer nie restlos auflösbaren Einheit widerspiegeln. Zu diesem Verhältnis, das immer neue geschichtliche Aufgabe für den Menschen ist, kann hier nur das Formalste gesagt werden. Wo die W. richtig (u. nicht ↑ldeologie) ist, versteht sie den Menschen als jenes Seiende, das in ↑Transzendenz u. ↑Geschichtlichkeit (in Einheit) offen ist für eine mögliche absolute Verfügung Gottes, also für ↑Offenbarung. Die gehorsam gehörte Offenbarung wird immer auch eine kritische Funktion gegenüber der W. haben; sie wird aber auch immer gehört u. ausgesagt mit Hilfe der Mittel, die die W. bietet; der Pluralismus von W. (in Einzahl u. Plural) u. Glaube (der einfach schon durch den Pluralismus aufeinander nicht reduzierbarer Erkenntnisquellen gegeben ist) muß in Geduld ausgehalten u. beide müssen aufeinander offengehalten werden; dieser Pluralismus kann nie adäquat in ein absolut einheitliches ..System» aufgehoben werden, da ein solches Monopol auch der christliche Glaube nicht beansprucht.

Weltflucht

Insofern ,,↑Welt» im biblischen Sinn die Gesamtheit der in Sünde sich gegen Gott u. das Anerbieten seiner ↑Selbstmitteilung in ↑Gnade sich verschließenden Menschen u. die von ihnen geschaffenen Verhältnisse meint, insofern diese ↑Versuchung zu neuem schuldigen Nein gegen Gott sind, ist die wissende u. handelnde Distanzierung zu dieser Welt (bei dem u. für den Rettungswillen der Welt, insofern sie Geschöpf u. Heilsadressat ist) eine Pflicht jedes Christen, ein Stück des christlichen Daseins. Im engeren Sinn ist W. der aktive Verzicht auf an sich positive innerweltliche Werte (↑evangelische Räte) als Ausdruck u. Einübung jener Bereitschaft des liebenden Glaubens an die sich selbstmitteilende Liebe Gottes auch dort noch, wo die Endlichkeit, Todesverfallenheit u. Tragik der Welt diesen Glauben zu widerlegen scheinen (die „Welt» den Menschen flieht) u. wo es die Teilnahme am Tod Jesu als solche zu erkennen u. anzuneh inen gilt: W. als Einübung der Teilnahme am Todesschicksal der Welt, als Repräsentation des gottgeschenkten Willens zur Gnade über alle innerweltliche Sinnhaftigkeit hinaus in der Kirche u. für sie. Auch die „weltliche» Gestalt der W. hat dem Christen etwas zu sagen: da sich menschliche ↑Hoffnung auch in kritischer Distanz praktisch realisiert, nimmt W. „weltlich» häufig die Gestalt der Verweigerung (als Protest gegen ungerechte Strukturen, als nur partielle Identifikation usw.) an.

Weltverantwortung

Insofern die ganze von Gott geschaffene Wirklichkeit (↑Welt) u. somit auch die materielle Welt der Natur u. Geschichte in das endgültige Heil einbezogen werden soll (↑Auferstehung des Fleisches, ↑Leib), insofern die Verheißungen Gottes antizipatorisch durch Menschen in der Welt „bewahrheitet» werden sollen, insofern der leibhaftige Mensch den Mitmenschen nurwahrhaft lieben kann in der leibhaftigen Konkretheit der Welt, insofern diese das notwendige Material des glaubenden Gehorsams gegenüber Gott in der Respektierung der sachgegebenen Strukturen aller ihr Wesen entfaltenden Wirklichkeiten (↑natürliches Sittengesetz) ist, kann das Verhältnis des Menschen zur Welt nicht allein durch ↑Weltflucht bestimmt werden, sondern bedeutet auch (für den Menschen im allgemeinen u. für den Einzelnen entsprechend seiner Situation u. seinem Vermögen) einen Auftrag, in aktiver Tat u. sittlicher Verantwortung, soweit es dem Menschen möglich ist, die Welt der Natur u. des Geistes in ihrer immanenten Entwicklungsdynamik zur Entfaltung zu bringen (so daß die Sünde auch im Fehlen dieser W. gesehen werden muß), freilich mit dem Bewußtsein, daß die wirklich endgültige Vollendung der Welt Tat der Gnade Gottes bleibt u. alle immanente Entwicklung zu keinem Ende kommt, nie die Welt in sich selbst beseligt ruhen läßt, kein angebbares menschliches Subjekt der Gesamtgeschichte besteht u. der Mensch bei aller immanenten Entfaltung durch seine alles durchwaltende Todverfallenheit vor die Glaubensfrage gestellt bleibt. Das konkrete Verhältnis zwischen W. u. Weltflucht läßt sich normativ nicht adäquat verrechnen u. hat im Christentum selbst eine wechselvolle Geschichte (vgl. das Fehlen oder Auftauchen einer Theologie, des ↑Laien).

Werke

Bei dem leibhaftigen u. dialogisch-welthaften Wesen des Menschen muß der Mensch die Freiheitstat seines Lebens, in der er über sich selbst verfügt, immer in „Objektivationen» tun, in denen erst die innere „Gesinnung», auf die natürlich letztlich alles ankommt, sich wirklich echt vollziehen kann (PArbeit). Existentialontologisch gilt: Gesinnung wird nur, indem sie sich im anderen, als ihrem realen ↑Symbol, dem „Werk», vollzieht. Auch darum, weil es dem Menschen nur so gelingt, von sich selbst wegzukommen, wodurch allein er sich richtig findet. Jede solche Werk-Objektivation hat natürlich ihre Gefahr an sich: sie ist nicht identisch mit der „Gesinnung» (d. h. christ lieh mit liebendem Glauben), obwohl diese das Werk nötig hat. Und somit kann der Mensch auch diese Werke tun, ohne daß sie Ausdruck u. Vollzug des eigentlichen u. vollen Glaubens sind (als der unbedingten Übergabe des Menschen an Gott ohne Vorbehalt, vgl. Jak 2,17), ja die Werke können die Weise der Selbstverteidigung des Menschen gegen Gott sein (vgl. Mt 23, l ff): man leistet Werke, um das Herz zu verweigern, man tut Werke, ohne das Werk selbst, das man tut, als Gabe der Gnade Gottes zu empfangen. Das ist die falsche Werkgerechtigkeit. Das alles gilt auch für den Selbstvollzug des Menschen, insofern er eine gnadenhaft übernatürliche Bestimmung hat. Das Halten der ↑Gebote Gottes, in denen sich das eigene Wesen des Menschen samt dessen übernatürlichem ↑Existential in Imperativen objektiviert, ist, wenn sie vom Gerechtfertigten in Gottes Gnade in Glaube, Hoffnung u. Liebe erfüllt werden, der Inbegriff der „Werke» des Christen (Mt 5,16; Röm 2,6f; 2 Kor 9,8; Kol l, 10; 2Thess 2,17; IPetr 1,17 u.ö.). Das gilt insbesondere nach dem Gesagten von der ↑Nächstenliebe, in der, wenn sie echt u. von der Gnade Gottes getragen ist, mindestens unthematisch, aber in aller Wahrheit Gott selbst geliebt wird. Im übrigen ist über die „Werke» das zu sagen, was über ↑Verdienst zu sagen ist.

Wesen

So veränderlich ein Seiendes ist, sosehr es erst werden soll, was es nur ..potentiell» ist, so geht eben dieses Werden von einer Grundgegebenheit in diesem Seienden aus, die sich im Werden durchhält u. das apriorische Gesetz dieses Werdens selbst ist (positiv: in dem, was werden kann u. soll: ↑Ziel; negativ: in dem, was vom Ansatz her schon außerhalb der Möglichkeiten dieses Werdens ist). Diese bleibende, dauernde Grundstruktur eines Seienden nennt man sein Wesen oder auch (als Grund seines Tuns) seine ↑Natur. Wesen oder Natur sind abstrakt, abgesehen vom Seienden u. seinem Werden, nicht erkennbar. Je vollkommener ein Wesen ist, desto weiter sind die (aktiven u. passiven) Möglichkeiten seines Werdens, desto mehr wird das Gewordene eine innerliche Bestimmung dessen, das sein Wesen vollzieht (↑Freiheit); das Wesen bleibt also von der Geschichte nicht unberührt. Wo das Wesen das einer geistigen ↑Transzendenz (↑Geist, Person, ↑Mensch) ist, ist die Werdemöglichkeit unbegrenzt. Dieses Wesen ist identisch mit der ↑Potentia oboedientialis, der Aufnahme der absoluten Selbstmitteilung Gottes in ↑Gnade u. ↑Anschauung Gottes. Untermenschliche Wesen sind auf einen bestimmten raumzeitlichen Wirklichkeitsbereich begrenzt. Darin liegt der Wesensunterschied zwischen Geist u. allem bloß Materiellen.

Wiedergeburt

wird in der Schrift (Jo 1,13; 3,5 ff; Tit 3,5 usw.) die ↑Rechtfertigung (↑Taufe) des sündigen Menschen genannt, insofern a) ihm durch die zuständliche (↑heiligmachende) Gnade die bleibende innere Lebendigkeit verliehen wird, einen dem Willen u. der Heiligkeit Gottes entsprechenden, auf das ewige Leben positiv abzielenden Selbstvollzugdes Kindes Gottes zu verwirklichen (also ,,lebendig» im höchsten Sinn zu sein) u. b) dieses göttliche Leben dem Sünder, der die Urstandsgnade durch die ↑Erbsünde oder die Rechtfertigung durch persönliche Schuld nicht besitzt, neu u. ungeschuldet gegeben wird durch Gott (also „von oben»: Jo 3,7).

Wiederholung

meint bei einem tieferen Verständnis des mit dem Wort gemeinten menschlichen Vorgangs nicht die mehrmalige Setzung von gleichartigen Geschehen, von denen dann doch jedes vom anderen unabhängig ist, sondern das neue Hereinholen eines einmaligen Geschehens als solches selbst in eine andere Raum-Zeit-Stelle einer menschlichen Geschichte (↑Anamnese). Die Möglichkeit eines solchen Vorgangs (der selbst von verschiedenster Art sein kann u. dem seine Absicht in sehr verschiedener Weise gelingt) liegt darin begründet, daß a) eine personal-geistige Tat (besonders dort, wo sie als bleibende Bestimmung in der Person eines durch den Tod vollendeten Menschen gegeben ist) nicht einfach mit dem physikalisch-biologischen Geschehen, durch das sie sich ereignete, untergeht, sondern als Teil der Endgültigkeit der Freiheitstat bleibt, daß b) der Mensch immer seine Gegenwart aus seiner Vergangenheit, die geblieben ist, heraus vollziehen muß, u. daß c) zu dieser Vergangenheit nicht nur seine eigenen früheren Taten gehören, sondern kraft seiner dialogischen Existenz u. des ↑Solidaritätsprinzips seiner Existenz in einer gemeinsamen Geschichte mit allen Menschen auch die Geschichte der anderen (wenn natürlich auch in sehr verschiedenem Grad u. sehr verschiedener Weise). Die Hinwendung zur bleibenden Vergangenheit als dem Grund der Freiheit der Gegenwart, durch welche (besonders gedenkende, feiernde, meditierende usw.) Hinwendung das bleibende Walten der Geschichte frei angenommen u. aktualisiert wird, ist die eigentliche W. Der Begriff kann (oder könnte) in der Theologie vielfache Verwendungfinden: in der Theologie des ↑Kultes, des Kirchenjahres, des ↑Meßopfers, der Feier individueller Gedenktage, der ↑Betrachtung, der ↑Mysterien des Lebens Jesu usw.

Wille

gehört zu den Urdaten der Erfahrung, in der der Mensch sich selbst besitzt, u. kann darum nur durch umschreibenden Verweis auf diese Erfahrung „definiert» werden. Der Mensch ist nicht nur „bei sich» in rein passiver Entgegennahme dieser ihn treffenden Erfahrung, er geht suchend, „aktiv» auf diese zu u. erfährt so die Erkenntnis selbst als „Tat»: Er erfährt die Erkenntnis immer u. notwendig auch als W. u. somit diesen als Verwirklichungsdrang (Moment) der Erkenntnis. Gleichzeitig ist der Gegenstand der Erkenntnis als so gewollter als Wert (↑Gut) erfahren u. so die Erkenntnis als Erhelltheit (Moment) des Willens. Dabei zeigt sich, daß Erkenntnis u. W. (trotz ihres gegenseitigen Bedingungsverhältnisses) nicht einfach bloß als zwei Momente eines schlechthin selben Grundvollzugs der endlichen geistigen Person betrachtet werden können. Jeder dieser beiden Grundvollzüge hat auch eine wesentliche Irreduktibilität auf den anderen (u. sie machen nur zusammen den Selbstvollzug des Geistes aus, wie es zwei „Hervorgänge» indergöttlichen ↑Dreifaltigkeit gibt): Erkenntnis ist nicht nur die Helle der Liebe u. W. nicht nur Antrieb der Erkenntnis, sondern – Liebe. Dem geistigen Willen eignet in seiner Weise dieselbe ↑Transzendenz wie dem ↑Geist u. dessen Erkenntnis: er geht als Liebe auf das Gute schlechthin ohne innere Endlichkeit seines Horizontes u. ist darum ↑Freiheit: die liebende Erfassung eines endlichen (oder in endlicher Weise vorgestellten) Guten als eines nicht notwendigen (u. so auch als nicht notwendig bejahende Erfassung) in der Transzendenz auf das absolute Gute hin.

Wille Gottes

Da zum Sein überhaupt in transzendentaler Notwendigkeit dasjenige als inneres Wesensmoment an ihm gehört, was wir in den verschiedensten Weisen u. Graden erfahren als Wille zum Dasein, Selbstbehauptung, Hingeordnetsein auf das Gute, Liebe usw., muß auch von dem absoluten (u. gleichzeitig personalen) Sein, das wir Gott nennen, in einer Aussage der ↑Analogie Wille ausgesagt werden. Dieser ist, wie Gott selbst, mit dem er bei der Einfachheit Gottes sachlich identisch ist, absolut, unendlich, ewig, von unendlicher Wirklichkeitsfülle (DS 3002; NR 316) u. somit gut. Er richtet sich (in seinem dreifaltigen Lebensprozeß) primär auf das unendliche Sein Gottes, er ist daher unabhängig von jeder von Gott verschiedenen Wirklichkeit u. in der Bejahung dieser heiligen Wirklichkeit Gottes selbst heilig. In der Setzung des Endlichen, von ihm Unterschiedenen ist er frei (DGL: DS 3025; NR 322). Seinen höchsten Vollzug „nach außen» hat er in der ↑Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur, die diesen Willen als absolute ↑Liebe enthüllt u. damit alle unverstandenen Verfügungen des W.ns Gottes übergreift (vgl. ↑Schicksal, ↑Bittgebet). – Über die Weise, wie der W. Gottes erkannt werden kann, vgl. ↑Offenbarung, ↑Existentialethik.

Wissen Jesu

Die theol, Frage nach dem W. J. bezieht sich nicht auf das unendliche Wissen des ewigen ↑Logos in ↑Jesus Christus, sondern auf das seiner menschlichen, endlichen /Seele. Von dem Wesen der kreatürlichen Seele her ist das Wissen dieser Seele endlich: ihr höchster Akt in der unmittelbaren ↑Anschauung Gottes ist die selige Überantwortung ihrer selbst an das unbegreifliche ↑Geheimnis Gottes. Da entsprechend dem Grad des Seins auch das B eisichsein des betreffenden Seienden zu denken ist, bedeutet die ↑Hypostatische Union der menschlichen Seele mit dem Logos Gottes notwendig auch von Anfang an den Selbstbesitz dieser unmittelbaren Geeintheit in der menschlichen Seele u. darum unmittelbare, wenn auch nicht darum schon notwendig in jeder Hinsicht beseligende, ↑Anschauung Gottes. Von dem Ursprung dieser Anschauung her ist es aber verständlich, daß diese unbegriffliche Grundbefindlichkeit Jesu als des restlos an Gott Vergebenen u. Verfügten nicht notwendig ein in Einzelerkenntnisse ausee münztes oder nach Belieben ausmünzbares Wissen bedeutet. Trotz (besser: innerhalb) dieser einzigartigen Grundbefindlichkeit konnte daher Jesus genau so wie wir Erfahrungen machen, eine geistige Entwicklung haben (Lk 2,52), hinsichtlich der Weise eines begrifflich-gegenständlichen u. so sich u. anderen sagbaren Wissens etwas nicht wissen (z.B. Mt 24,36), in eine verhüllte Zukunft gehen, sosehr mit dieser onto-logischen einmaligen Grundbefindlichkeit in der Tiefe seiner Wirklichkeit seine Sendung u. alles, was zu deren Erfüllung gewußt werden muß, immer schon vorweggenommen war.

Wissenschaftstheorie

Wissenschaft bezieht sich nach dem Verständnis der klassischen Philosophie grundsätzlich auf die Erkenntnis der unveränderlichen u. ewigen Prinzipien u. Wesensstrukturen sowie auf die aus ihnen begrifflich klar u. logisch eindeutig abgeleiteten Aussagen. Diese Idee von Wissenschaft verändert sich im Zug des durch die nominalistische Kritik, theoretische Neugier u. das technisch-wissenschaftliche Interesse an Naturbeherrschung definierten Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Die logische Herleitung aus Prinzipien tritt zugunsten der empirischen Erfahrungsbasis als entscheidender Instanz zur Sicherung der Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen zurück. Gleichzeitig mit diesem Strukturwandel der Wissenschaft tritt aber auch der Anspruch auf, die Begründung des wissenschaftlichen Wissens, seiner logischen u. inhaltlichen Normen mit selber wieder streng wissenschaftlich definierten Mitteln zu leisten, womit das Arbeitsfeld von W. generell als Reflexion und Begründung der internen Struktur des Wissenschaftswissens abgesteckt ist. Die Entwicklung allgemein anerkannter Kriterien der Wissenschaftlichkeit gehört damit von Anfang an zu den primären Aufgaben von W., wobei sowohl die Differenz von Begründungs-, Entstehungs- u. Verwendungszusammenhang wissenschaftlicher Erkenntnis als auch die Unterscheidung von Formalwissenschaften u. empirischen Wissenschaften konstitutiv zu berücksichtigen sind. Als Grunddisziplinen einer metatheoretisch ansetzenden allgemeinen W. können Wissenschaftslogik, Wissenschaftsmethodologie u. Wissenschaftsphilosophie angesehen werden, wobei die verschiedensten Verfahren zur Überprüfung der Begründbarkeit. Widerspruchsfreiheit u. Bestätigbarkeit wissenschaftlicher Aussagenkomplexe eingesetzt werden. Als häufigste Problemkreise gegenwärtiger W. können die folgenden gelten: der erste bezieht sich auf den Erfahrungsbegriff u. die intersubjektive Sicherung wissenschaftlicher Erkenntnis; der zweite auf das Verhältnis von Theorie u. Erfahrung, insbesondere auf das von Logik u. Beobachtung; der dritte auf die Geschichts- und Sprachabhängigkeit der Wissenschaft u. die Konventionalität des Wissens. Darüber hinaus führen die für die Aufstellung allgemeingültiger Wissenschaftskriterien zentralen Momente von Idealität, Normativität u. Kommunikativität notgedrungen auf weiterführende erkenntnistheoretische Fragestellungen, wie die nach der Geltung der Logik, nach der intersubjektiven Recht fertigung analytischer Methoden sowie nach den Bedingungen der Möglichkeit rationaler Rekonstruktion überhaupt. Um die Lösung der damit gestellten Aufgabe der reflexiven Explikation eines allgemeinen u. vernünftigen Fundaments von Wissenschaft bemühen sich alle Hauptströmungen gegenwärtiger W.: der Szientismus (Carnap, Stegmüller), der kritische Rationalismus (Popper, Albert), der Konstruktivismus (Lorenzen, Kambartel), die transzendentale Universalpragmatik (Apel, Habermas). K. F.

Wort

ist zunächst die phonetische „Äußerung» eines geistigen Begriffes (im Unterschied von bloß tierischen Lautgebungen) oder einer Erkenntnis, dann diese geistig-anschauliche Erkenntnis selbst (das „innere Wort»). Insofern im Wort wegen der ↑Transzendenz des Geistes u. der Möglichkeit der begriffenen Verneinung in analoger Seinserkenntnis auch solches begriffen u. geäußert werden kann, was keine unmittelbare Gegenwart u. Selbstgegebenheit in unserer äußeren oder inneren Erfahrung hat, ist das W. die Weise der gegenständlichen (wenn auch „analogen») Gegebenheit Gottes an sich u. in seinen freien Verfügungen im Unterschied z.B. von bloßer Stimmung, Musik usw. Christliche ↑Offenbarung u. ↑Theologie als gegenständliche u. übertragbare Kundgabe des Seins u. freien Verhaltens Gottes, das an der Welt nicht erscheinen u. abgelesen werden kann, geschehen, zumal bei ihrem gesellschaftlichen Charakter, im Wort, das auch für das ↑Sakrament noch wesentlichstes konstitutives Element ist.

Wort Gottes

heißt in dem von der Sache her gesehen ursprünglichsten, von uns her übertragensten Sinn der ↑Logos, die zweite göttliche Person der ↑Dreifaltigkeit. In ihm ist begründet u. im höchsten, einmaligen u. absoluten Maß realisiert, daß das Seiende aussagbar ist, sich seine „Aussage», sein „Abbild», sein „Wort» als Frucht seines geistigen Selbstbesitzes, als entgegengesetzes u. behaltenes, selber setzen kann u. nicht bloß in dumpfer Identität in sich stecken bleibt. Vom Wort Gottes her also ist alle Worthaftigkeit für sich u. andere (Aussagbarkeit, Gelichtetheit, Beisichsein) jedes Seienden in je dem wesentlich verschiedenen (analogen) Grad, der der Seinshaftigkeit des betreffenden Seienden entspricht, begründet. In ihm ist auch der letzte Grund der Möglichkeit, daß Gott sich selbst aussagen kann (↑Selbstmitteilung Gottes, ↑Gnade, ↑Anschauung Gottes, ↑Offenbarung). Geschieht diese Selbstaussage Gottes im menschlichen Wort, dann ist das gegeben, was man schlechthin Wort Gottes nennt: die Botschaft der ↑Propheten, ↑Jesu, der ↑Apostel, der ↑Kirche,, das Wort Gottes in der ↑Heiligen Schrift. Wegen seiner Eigenart hat das menschliche ↑Wort die ↑Potentia oboedientialis, Wort Gottes zu sein, ohne das Wort Gottes gleichsam zu depotenzieren u. zu einem im Grunde doch bloß menschlichen Wort zu machen, indem es den apriorischen Bedingungen der menschlichen Erkenntnis Untertan bleibt. Es wird durch Gottes Tat u. Verwendung in dreifacher Hinsicht Wort Gottes: a) es wird von Gott durch einen charismatischen Einfluß im Propheten so gebildet, daß es das ausdrückt, was Gott dem Menschen sagen will u. Gott mit seiner Hilfe (mindestens in analoger Weise) alles sagen kann, weil das menschliche Wort als Wort des Geistes durch die ↑Analogie des Seins grundsätzlich keine innere Grenze hat, die gewisse Wirklichkeiten grundsätzlich u. für immer außerhalb seines Horizontes stellten. – b) Es ist von der ↑Gnade begleitet, so daß der Vollzug seines glaubenden Hörens, weil getragen von der Gnade, d. h. letztlich von Gott selbst, dieses objektive Wort nicht in bloß menschliche Apriorität der Erkenntnis einfängt u. so zu einem bloß menschlich gehörten Wort macht. – c) Es ist dadurch grundsätzlich ein „exhibitives», wirksames Wort (am radikalsten in den ↑Sakramenten),, weil in der Gnade, die mit ihm verbunden ist, die Sache selbst, über die geredet wird, sich gegenwärtig setzt u. zu eigen gibt.

Wunder

heißt ein im Gesichtskreis unserer menschlichen Erfahrung antreffbares Ereignis, das wesenhaft nicht aus den (grundsätzlich einsichtigen) Eigengesetzlichkeiten dieses Erfahrungsraumes erklärt werden kann u. deswegen den Menschen in jener Tiefe seines Daseins anruft, die seine gesamte überblickbare Erfahrungswelt ständig begleitet u. zugleich übersteigt: in der eigentümlichen inneren Erschlossenheit u. allseitigen Offenheit seiner geistgeprägten Natur, kraft der der Mensch eine grundsätzliche Empfänglichkeit für das Jenseits seiner Erfahrungswelt hat, eine bleibende Nachbarschaft zu Gott (↑Geist, ↑Transzendenz). Freilich muß er sich diese stets neu aus allen innerweltlichen Verfestigungen u. Verdeckungen eröffnen im schlichten Vollzug der ursprünglichen Weite seines Wesens, in jener Glaubenswilligkeit, Gottgehörigkeit u. ehrlichen Bejahung seines endlichen Daseins, die ihm eine letzte schwebende Fragwürdigkeit seiner Horizonte bewußt macht u. so in ihm jene demütig empfängliche Verwunderung wachhält, in der er die nach verantwortlicher Prüfung unerklärbaren (u. nicht bloß faktisch unerklärten) Ereignisse seiner Erfahrungswelt als unmittelbar von Gott beabsichtigt u. veranlaßt annimmt u. sich selbst durch sie aufgerufen weiß zu einem geschichtlichen Dialog mit ihm. Auch die Schrift kennt diese fundamentale Gläubigkeit im Menschen als Voraussetzung für das W. (vgl. Mk 5,34; Lk 18,42 u.a.), das dann seinerseits zum ↑Glauben (im strengen Sinn) an die ausdrücklich formulierte Botschaft Gottes führt (vgl. Jo 11,37 ff u.ö.). Zur Begründung der vielfach von neuzeitlichen Naturwissenschaftlern u. einer von ihrem Weltbild inspirierten Theologie in Frage gestellten Möglichkeit des Wunders u. seiner Erkennbarkeit (als Glaubenssätze im l. Vatikanischen Konzil gelehrt, DGL: DS 3034, vgl. 3009; NR 52, vgl. 32) ist zu beachten, daß die vom Menschen her erschlossene Gesamtwirklichkeit einem Stufenbau gleicht, in dem keine einzige Region ausschließlich sich selbst angehört, sondern alles in einem nach oben aufgeschlossenen, seine konnaturalen Wirkmöglichkeiten je übersteigenden Zusammenhang steht. Die untermenschliche Natur bleibt in einer innerlich gezielten Hinordnung auf die Natur des Menschen, die ihrerseits aus sich selbst für ein geschichtlich freies Handeln Gottes empfänglich ist. Eine solche geschichtliche Initiative Gottes im W. bringt deshalb in der (materiellen) Natur nur in einer qualitativ neuen Weise deren Wesen, Ausdruck des souveränen Ordnungswillens Gottes zu sein, zur Geltung, insofern sie nämlich diese Natur, die sich wesenhaft in den Schranken eines überblickbaren Naturgesetzes auslegt, entschränkt in die höhere Gesetzlichkeit der göttlichen Heilsökonomie, in der Gott den Menschen in geschichtlicher Tat in seine Lebensgemeinschaft beruft.

Dogmatisch gesehen, ist damit das W. nicht irgendeine ungesetzmäßige, willkürliche Demonstration der Allmacht Gottes, sondern es steht in einem universalen heilsgeschichtlichen Zusammenhang, gehört in den Prozeß der gnädig-freien ↑Selbstmitteilung Gottes an den Menschen (↑Offenbarung, ↑Praeambula fidei). Es ist die innergeschichtliche Selbstbezeugung dieses Heilswillens Gottes u. seines ihm entspringenden heilsgeschichtlichen Handelns in den ↑Propheten (seit Mose) u. vor allem in ↑Jesus Christus. Diesen dient das W. zunächst als äußeres beglaubigendes Zeichen ihrer gottgewollten Wirksamkeit, es hat aber in seinem Vollsinn zugleich einen endzeitlichen Aspekt, der besonders im alles entscheidenden W. der ↑Auferstehung Jesu deutlich wird: das W. des verklärt auferstandenen Leibes Jesu ist die sichtbare Vorwegnahme des endzeitlichen Schicksals des in die Gottgemeinschaft berufenen Menschen, um dadurch die geschichtsstiftende u. endzeitliche Macht Gottes (der diese Auferstehung gewirkt hat) zu bestätigen u. zugleich die dem Menschen von ihm verheißene Vollendung als die verborgen wirkende Kraft der gegenwärtigen Heilssituationen zu bezeugen.

Z

Zeichen

ist eine Wirklichkeit, die auf eine andere verweist u. darum diese anzeigt. Diese Verweisfunktion kann sich aus dem Wesen des Z.s ergeben oder bloß konventionelle Abmachung sein, sie kann vom Bezeichneten selbst oder von anderen gesetzt sein: ↑Symbol, ↑Sakrament. Je nach der Natur u. Enge des Verweisungszusammenhangs meldet das Zeichen ein Abwesendes oder setzt dieses gerade gegenwärtig (↑Gegenwart), offenbart u. verbirgt es. Zum biblischen Begriff des Z.s vgl. ↑Wunder. Zeit,

Zeit, Zeitlichkeit

Um zum echten, vollen Begriff der Zeit zu gelangen, darf nicht zuerst an die Uhrzeit gedacht werden, .denn diese ist als äußeres Zeitmaß physikalischer Vorgänge dem Zeitlichen in seiner Zeitlichkeit u. seiner inneren Zeit äußerlich u. verdeckt die Tatsache, daß auch das Maß nur gehandhabt werden kann von einem geistigen Seienden, das von seinem inneren Selbstvollzug her schon weiß, was Zeit ist, u. vergleichen kann. Zeit ist zunächst einmal die Weise des Werdens endlicher Freiheit: das Kommen von einem unverfügbaren ↑Anfang her im eigenen, wählenden Realisieren der als Möglichkeit. gehabten eigenen Wirklichkeit u. das Angelangen an der unwiderruflichen, einmaligen Vollendetheit seiner Setzung. Einheit u. Auseinandersein dieser Momente ist die Zeit dieses Seienden, die darum nicht das reine Hintereinandergereihtsein von Verschiedenem sind (was gar nicht diese Momente Phasen eines Geschehens sein ließe), sondern. eine wahrhaft eine Zeitgestalt bilden. Dieses erfahrene „Hintereinander» der Momente läßt sich nicht ..erklären», d.h. aus Momenten anderer u. verstehbarer Art synthetisch aufbauen, weil ja Sein u. Erfahrung dieser anderen Elemente unweigerlich wieder unter der Zeitlichkeit stünden. Bei dieser unaufhebbaren Eingefangenheit in die erfahrene, aber nicht überwindbare Zeit kann ein echter Begriff der ↑Ewigkeit weder erzielt werden, indem man die Zeit ins ..Unendliche» weiterlaufend denkt (das wäre immer noch bloße Zeit), noch indem man Zeit einfach verneint (da dann nicht klar bliebe, ob ein „Existierendes minus Zeit» noch ein realer Begriff ist), sondern in der Reflexion auf jene Endgültigkeit, die als Frucht der Zeit in Freiheit gewollt u. von diesem Wollen in der Zeit selbst erfahren wird. Insofern diese Momente auseinanderliegen u. der ↑Anfang das ↑Ende nicht einfach frei besitzt, sondern inmitten seiner eigenen Erwirkung „empfängt», ist die Zeitlichkeit ein Index der Kreatürlichkeit. Insofern durch Zeit nicht das Vergangene, sondern das Endgültige wird, ist die Zeit positiv die Weise, in der die Kreatur an der fEwigkeit Gottes partizipiert. Die Zeitgestalt des einzelnen biologischen Seienden u. die Zeitgestalt, die der Welt als ganzer zukommt (↑Schöpfung, Ende der Welt), zeigen sich von daher als depotenzierte Weisen der inneren Zeit der geistig-personalen Freiheitsgeschichte. – ↑Ende, ↑Eschatologie, ↑Gericht, ↑Hölle, ↑Himmel.

Ziel

ist ein ontologischer, in transzendentaler Erkenntnis zu erfassender Begriff. Ein Seiendes, das in ↑Zeit wegen seiner Zeitlichkeit die Momente seiner Wirklichkeit „auseinander» hat u. doch seine Zeit als eine gestaltete erlebt, hat sein ..Ende», seine Vollendung u. darin das Ganze seiner Zeitgestalt (Geschichte) nicht schon in seinem Anfang (dem anfänglichen fWesen) u. doch ist dieser Anfang gegenüber dem Ende (dem vollendeten Wesen) nicht gleichgültig, sondern auf ihn als bestimmten u. im Anfang schon vorgesehenen schon ausgerichtet: das Ende ist das „Ziel» des Anfangs. Wo der Mensch sich in ausdrücklicher Erkenntnis frei partikuläre Ziele setzt, liegt eine bestimmte Art des Zieles u. Zielstrebens vor, nicht aber der eigentliche, anthropomorph übersteigerte Ansatz für diesen Begriff. Der Begriffistwichtigfür das Verständnis theologischer Sätze wie die über die ↑Vorsehung Gottes, die Welt als zur Ehre Gottes geschaffene, das ↑übernatürliche Ziel des Menschen, das ↑natürliche Sittengesetz usw. Aus seinem rechten Verständnis ergibt sich auch, daß eine Wesensethik u. eine Zielethik im Grunde dasselbe sind.

Zukunft

des Menschen ist im theol. Sinn nicht nur das noch nicht wirkliche Ausständige, das faktisch später einmal kommt, sondern das im ↑Anfang mit dem ↑Wesen deS Menschen u. seinem übernatürlichen ↑Existential schon als ↑Ziel (↑Ende) verpflichtend u. ermöglicht dem Menschen Vorgesetzte, auf das er sich hinbewegen soll u. kann, um es als seine Tat u. das von Gott in freier Gnade Gegebene zugleich zu erwerben. Diese wahre, eigentliche u. letzte Z., ermöglicht durch den ↑Heilswillen Gottes, „hat schon begonnen», insofern die endgültige Z. der Welt in der ↑Auferstehung Jesu schon zu existieren begonnen hat u. diese als ↑Erlösung aller kraft des auch der eigentliche Anfang (mehr als bloße Verheißung!) unserer eigenen Z. ist. In der glaubenden Offenheit des Menschen auf die Z. wird sie, die scheinbar noch ausständige, der feste Punkt, von dem aus die Vergangenheit gedeutet u. die Gegenwart bestanden wird. Das Christentum versteht sich als Erwartung einer Z., die von sich aus sich so vollendend der Geschichte nähert, daß „hinter» dem Ankommen dieser vollendenden Z. keine weitere „größere» Z. mehr erwartet wird; diese näherkommende Z. ist für das Christentum daher absolute Z., d.h., ,,absolute Z.» ist ein hermeneutisch geeigneter Begriff für Gott. Die innerweltliche Z. ist mit zunehmender Weltlichkeit der ↑Welt immer mehr Sache der rationalen, aktiv planenden Konstruktion durch den Menschen. Das Christentum betrachtet die humanisierende, nicht der ↑Ideologie unterworfene Arbeit an der innerweltlichen Z. als eigentlich religiöse Aufgabe, in der fortschreitenden Befreiung des Menschen eine glaubend-hoffende Offenheit für die absolute Z. zu realisieren.

Zwang

ist eine innere oder äußere Situation eines Menschen, die ihm eine bestimmte freie Entscheidung oder deren leibhaftige Durchführung unmöglich macht. Solchen Z. (auch inneren) gibt es: der Mensch als endliche, kreatürliche Freiheit ist nicht in jeder Situation zu allem fähig. Wo solcher Z. vorliegt, ist Verantwortung, Verdienst u. Schuld unmöglich (DS 1950f 2003; NR 857f 873: DGL). Dieser Tatbestand darf aber nicht im Sinn des ↑Determinismus als Grund der allgemeinen Leugnung der Wahl-↑Freiheit überschätzt werden. Da Z. nicht notwendig pathologischer Z. ist, ist die genaue u. absolut sichere Grenzziehung zwischen innerem Z. u. Freiheit im konkreten Fall für die Reflexion des Menschen nicht möglich: er kann sich in der konkreten Tat bloß frei wähnen, u. er kann wahre Freiheit hinter vorgeschütztem Z. verstecken (↑Heilsgewißheit).

Zweck

bedeutet das Woraufhin der Gerichtetheit der Struktur eines Seienden oder einer Handlung (objektiver Z.) oder der Absicht eines Handelnden (subjektiver Z.) u. gehört zu den Urdaten der Erfahrung eines werdenden u. darin gerichteten Seienden, das „von innen» her unter u. trotz verschiedener Bedingungen ein Bestimmtes zu erreichen sucht.(Finalität). Wo der Z. innerhalb der „zweckmäßig» ausgerichteten Wirklichkeit selbst liegt, wo diese also ihre eigene Vollendung anstrebt u. diese als gut versteht, ohne daß diese wieder als bloßes äußeres Mittel einem anderen dient, sprechen wir von Sinn. Durch Z. u. Sinn stehen alle Wirklichkeiten in einer wirklichen Ordnung u. Einheit, verweisen aufeinander u. erhellen sich gegenseitig. Die geistige Person in Erkenntnis u. Liebe ist „bei sich», ruht in ihrem Sinn u. ist gerade so durch ihre freie u. vollendete Transzendenz in Gnade u. Glorie ganz bei Gott, der ursprünglichen, vorausgesetzten Einheit aller Zweck- u. Sinnbezüge aller Wirklichkeiten, u. ist so zur ↑Ehre Gottes.

Zweifel

darf nicht mit Frage verwechselt werden, die die bessere u. umfassendere Erkenntnis sucht, um in ihr die schon gefundene u. behaltene Erkenntnis zu integrieren. Z. ist auch noch nicht gegeben, wo das Festhalten an einer Erkenntnis objektiven oder subjektiven (aber nicht zwingenden) Schwierigkeiten begegnet u. darum Anstrengung u. Entscheidung fordert. Z. ist das willentliche Aufheben u. Aufgehobensein der personalen Zustimmung zu einer Erkenntnis, die dem Zweifelnden wirklich gegeben war u. ist in ihrem Inhalt u. (einigermaßen auch) in ihren Gründen. Z. im theol. Sinn meint den freiwilligen u. sittlich schuldhaften Z. an den Wahrheiten des ↑Glaubens. Ein solcher Z. ist möglich, weil Wahrheitserkenntnis im Gebiet der personalen Wirklichkeit (also auch der ↑Offenbarung) bei aller ihrer Objektivität u. sachlichen Begründbarkeit eine bestimmte personale, in den Bereich des Sittlichen gehörende Haltung als Bedingung ihrer Möglichkeit voraussetzt: Offenheit, Ehrfurcht, Bescheidenheit, Gelehrigkeit, richtige Wertung der Existenzerhellung, die eine schwer eingängige Erkenntnis bringt usw. Wo u. insofern ein Mensch erkennt, daß Gott wahrhaft gesprochen hat, kann er praktisch das so Gehörte nicht bezweifeln, aber er kann frei u. schuldhaft eine innere Haltung haben oder neu einnehmen, die ihn die Botschaft der Offenbarung (ganz oder teilweise) nicht mehr als Wort Gottes erkennen läßt oder in ihm das entschiedene Urteil, daß sie es ist, aufhebt, also diese Tatsasache bezweifeln läßt. Damit ist wieder nicht gesagt, daß jeder Z. an der Wirklichkeit der konkreten göttlichen Offenbarung in jedem Menschen als sittliche Schuld qualifiziert werden kann. Ebenso wird es praktisch oft kaum möglich sein, zwischen dem Z. u. der dem Menschen (als Zerstörung des scheinbar Selbstverständlichen, der Manipulationen des Glaubens usw.) aufgegebenen kritischen Frage zu unterscheiden.

Zwischenzustand

nennt man den Gegenstand der theol. Aussagen über den Menschen, insofern einerseits mit dem ↑Tod in personaler Entscheidung dessen endgültiges Geschick bestimmt ist, anderseits er im Blick auf den noch laufenden Gang der Welt, zu der auch der Gestorbene noch gehört, nicht einfach u. in jedem Fall als schlechthin vollendet gedacht werden kann. Man pflegt diese damit gegebene Doppeltheit der Aussage sich dadurch zu verdeutlichen, daß man sagt, der Gestorbene sei „jetzt schon» seiner „Seele» nach in der ↑Anschauung Gottes (↑Himmel) oder erleide die ↑Hölle oder das ↑Fegfeuer u. erfahre „erst später» die ↑Auferstehung „dem ↑Leibe nach». Diese Aussagen sind richtig. Nur darf dabei nicht übersehen werden, daß bei der substantiellen Einheit des Menschen, die ontologisch den Vorrang vor dem Pluralismus seiner Prinzipien hat, eine Aussage über den „Leib» auch eine über die „Seele» ist u. umgekehrt, daß der Gestorbene weder einfach der Weltzeit entnommen noch ihr in gleicher Weise wie die sich noch in freiem Werden Auszeitigenden untertan gedacht werden darf. Die theol. Aussage über den Z. ist also selbst ebensosehrein „Zwischen» dialektischer Schwebe in einer notwendigen u. unaufhebbaren Doppeltheit von Aussagen über den einen Menschen, der immer nur als Geistperson und Weltwesen zusammen richtig ausgesagt wird. Darum können individuelle u. kosmische, geistpersonale u. leibhaftige ↑Eschatologie weder getrennt noch adäquat in eins gesetzt werden. Die Lehre vom Z. ruht auf dieser grundsätzlichen Situation in der Anthropologie.

Ergänzungsregister

Abbild Gottes ↑Gottebenbildlichkeit.

Abendmahl ↑Ämteranerkennung, ↑Eucharistie, ↑Meßopfer, ↑Pascha.

Absicht ↑Intention.

Absolution ↑Bußsakrament.

Akkommodation ↑Mission.

Alleinseligmachende Kirche ↑Extra cclesiam nulla salus, ↑Heilsnotwendigkeit, ↑Votum.

Anathema ↑Bann.

Anhomöer ↑Arianismus, ↑Semiarianismus.

Anthroposophie ↑Gnosis, ↑Intuition.

Antiklerikalismus ↑Klerus.

Apologeten ↑Theologie.

Apologetik ↑Fundamentaltheologie.

Apostasie ↑Glaubensabfall.

Aquiprobabilismus ↑Moralsysteme.

Aquivokheit ↑Analogie.

Attritio ↑Attritionismus.

Augenblick ↑Jetzt, ↑Kairos.

Befreiung ↑Emanzipation.

Beginen, Begarden ↑Quietismus, ↑Vienne.

Beicht ↑Bußsakrament, ↑Andachtsbeicht, ↑Mönchsbeicht.

Bibel ↑Heilige Schrift.

Biblizismus ↑Protestantismus.

Bild Gottes ↑Gottebenbildlichkeit.

Bluttaufe ↑Martyrium, ↑Taufe.

Bußdisziplin ↑Bußsakrament.

Codex luris Canonici ↑Kirchenrecht.

Contritio ↑Kontritionismus.

Danksagung ↑Eucharistie.

Deszendenztheorie ↑Abstammung des Menschen, ↑Erschaffung des Menschen.

Deuterokanonische Bücher ↑Kanon.

Distinktion ↑Unterscheidung.

Doxologie ↑Bekenntnis, ↑Ehre Gottes, ↑Gebet.

Dunkle Nacht ↑Beschauung, ↑Mystik.

Eigenschaften Gottes ↑Gotteslehre, ↑Gott, ↑Theismus.

Ekklesia ↑Kirche.

Entleerung ↑Kenosis.

Epikie ↑Kirchenrecht.

Episkopat ↑Bischof, ↑Konzil.

Erkenntnis ↑Gnosis, ↑Erfahrung, ↑Intuition, ↑Konvergenzargument, ↑Ontologismus, ↑Positivismus, ↑Traditionalismus, ↑Verstand ↑Wahrheit,, ↑Weisheit, ↑Wille, ↑Wort, ↑Zweifel.

Ersatzreligion ↑Religion.

Essener ↑Qumran.

Esoterismus ↑Welt.

Euchiten ↑Messalianismus.

Evidenz ↑Gewißheit, ↑Grund.

Evolutionismus ↑Entwicklung.

Ex cathedra ↑Definition

Exemplarursächlichkeit ↑Ideen, göttliche, ↑Kausalität.

Existentiale Interpretation ↑Entmythologisierung.

Exkommunikation ↑Bann.

Exodus ↑Anamnese, ↑Jahwe, ↑Pascha.

Finalität ↑Zweck.

Finalursache ↑Kausalität.

Fleisch ↑Leib,, ↑Auferstehung des Fleisches, ↑Sarx.

Flucht ↑Angst, ↑Askese, ↑Weltflucht.

Frau ↑Adam, ↑Eva, ↑Gottebenbildlichkeit.

Formalursache ↑Kausalität.

Forschungsfreiheit ↑Lehrfreiheit, ↑Naturwissenschaft.

Frömmigkeit ↑Gottesverehrung, ↑Gebet, religiöser ↑Akt.

Fürbitte ↑Ablaß, ↑Bittgebet, ↑Weihe.

Furcht ↑Angst, ↑Gottesfurcht.

Gallikanismus ↑Konziliarismus.

Geistliche Kommunion ↑Kommunikation.

Generalabsolution ↑Bußsakrament.

Genus litterarium ↑Literarische Gattungen.

Gesinnung ↑Werke.

Gewaltverzicht ↑Evangelische Räte, ↑Friede, ↑Gewalt.

Gewissensfreiheit ↑Gewissen.

Glaubensakt ↑Analysis fidei, ↑Glauben.

Glaubensbewußtsein ↑Glauben.

Glaubenssinn ↑Glauben.

Glorienlicht ↑Anschauung Gottes, ↑Himmel.

Glossolalie ↑Charisma.

Gnadenwachstum ↑Verdienst, ↑Vollkommenheit.

Gnostizismus ↑Gnosis.

Gottesdienst ↑Liturgie, ↑Kult.

Gotteserkenntnis ↑Gotteslehre, ↑Erkennbarkeit Gottes, ↑Nächstenliebe↑Nächstenliebe

Gottesknecht ↑Ebed Jahwe↑Ebed Jahwe.

Götzendienst ↑Polytheismus.

Heilbringer ↑Inkarnation.

Heiligsprechung ↑Heiligenverehrung, ↑Heiligkeit des Menschen.

Heilsmöglichkeit ↑Begierdetaufe, ↑Extra Ecciesiam nulla salus, ↑Heilswille Gottes.

Heilssorge ↑Gottesfurcht_Gottesfurcht.

Henotheismus ↑Polytheismus.

Heroische Tugend ↑Heiligkeit des Menschen, ↑Vollkommenheit.

Herrlichkeit Gottes ↑Doxa, ↑Gottebenbildlichkeit.

Herrschaft ↑Macht.

Herrschaft Gottes, ↑Basileia, ↑Reich Gottes.

Hervorgänge, göttliche, ↑Dreifaltigkeit.

Herzenskunde ↑Kardiognosie.

Hierarchie ↑Amt, ↑Papst, ↑Bischof, ↑Priestertum, ↑Diakon, ↑Apostel, ↑Klerus, ↑Ordo.

Hierarchie der Glaubenswahrheiten, ↑Dogma, ↑Fundamentalartikel.

Hirtengewalt ↑Kirchengewalt, ↑Hirtenamt.

Hominisation ↑Erschaffung des Menschen.

Homöer ↑Arianismus, ↑Semiarianismus.

Homöousianer ↑Arianismus, ↑Semiarianismus.

Horizont ↑Sein.

Ich-Du-Beziehung ↑Kommunikation, ↑Gemeinschaft, ↑Selbstmitteilung.

Immanentismus ↑Immanenz.

Indiculus ↑Glauben, ↑Lex orandi.

Indifferentismus ↑Atheismus, ↑Relativismus.

Individualethik ↑Existentialethik.

Infallibilität, Indefektibilität ↑Unfehlbarkeit.

Infralapsarisch ↑Stände des Menschen.

Instrumentalursächlichkeit ↑Kausalität.

Integralismus ↑Welt.

Irenik ↑Kontroverstheologie.

Irrtumslosigkeit ↑Heilige Schrift, ↑Unfehlbarkeit.

Islam ↑Heidentum, ↑Mystik.

Ius divinum, ↑Ämteranerkennung, ↑Kirchenrecht.

Johannestaufe ↑Taufe.

Jurisdiktion ↑Kirchengewalt, ↑Bußsakrament.

Jurisdiktionsprimat ↑Papst.

Kathedralentscheidung ↑Definition, ↑Unfehlbarkeit.

Katholische Kirche ↑Kirche.

Kind Gottes ↑Gotteskindschaft.

Kinsey-Reports ↑Moralstatistik.

Kirchenbann ↑Bann.

Kirchenbuße ↑Bußsakrament.

Kirchengebote ↑Gebote der Kirche.

Klerikalismus ↑Klerus, ↑Laie.

Koinonia↑Gemeinschaft der Heiligen.

Kollektivschuld ↑Schuld.

Kommunion ↑Eucharistie, ↑Kommunikation.

Kontemplation ↑Beschauung.

Konversion ↑Bekehrung, ↑Ketzertaufe.

Kosmos ↑Welt.

Kreatürlichkeit ↑Erschaffung des Menschen, ↑Anthropologie, ↑Kontingenz, ↑Kreatur, ↑Schöpfungslehre, ↑Zeit.

Kultmahl ↑Opfer.

Laxismus ↑Moralsysteme.

Letzte Ölung ↑Krankensalbung.

Logik in der Theologie ↑Konklusionstheologie.

Lossprechung ↑Bußsakrament.

Lumen gloriae ↑Anschauung Gottes, ↑Himmel.

Luthertum ↑Protestantismus.

Mächte ↑Gewalten und Mächte.

Magie ↑Mystik.

Mariologisches Grundprinzip ↑Mariologie.

Massilianer ↑Messalianismus.

Materialursache ↑Kausalität.

Meditation ↑Betrachtung.

Menschwerdung ↑Inkarnation, ↑Jesus Christus, ↑Christologie, ↑Leib.

Milevitanum ↑Karthago.

Miterlöserschaft ↑Corredemptrix.

Mitmenschlichkeit ↑Akt.

Monenergismus ↑Monotheletismus.

Monophylismus ↑Monogenismus.

Myste ↑Mysterien, heidnische.

Mysterium ↑Geheimnis.

Nationalismus ↑Staat.

Nationalkonzil ↑Konzil.

Natürlichkeit ↑Kultur.

Naturrecht ↑Natürliches Sittengesetz.

Necessitas medii – praecepti ↑Heilsnotwendigkeit.

Neuscholastik ↑Theologie.

Norm des Sittlichen ↑Akt 2, ↑Atheismus, ↑Ethik. ↑Existentialethik. ↑Gewissen, ↑Natürliches Sittengesetz, ↑Situationsethik.

Notae Ecciesiae (Merkmale der Kirche) ↑Einheit der Kirche, ↑Heiligkeit der Kirche, ↑Katholizität der Kirche, ↑Apostolizität der Kirche, ↑Kirche.

Notionen, trinitarische ↑Proprietäten.

Ökumenik ↑Kontroverstheologie.

Ökumenisches Konzil ↑Konzil.

Ontogenese ↑Generatianismus.

Ortskirche ↑Bischof.

Osterlamm ↑Pascha.

Ostern ↑Auferstehung Jesu, ↑Pascha.

Parthenogenese ↑Jungfrauengeburt.

Partikularsynode ↑Konzil.

Partizipation ↑Teilhabe.

Pentateuch ↑Gesetz, ↑Kanon.

Pfingsten ↑Heiliger Geist.

Pnenmatomachen ↑Makedonianismus.

Polemik ↑Kontroverstheologie.

Polygenismus ↑Monogenismus.

Polyphylismus ↑Monogenismus.

Praktische Theologie ↑Pastoraltheologie.

Primat ↑Papst, ↑Bischof.

Prinzip ↑Grund.

Probabiliorismus ↑Moralsysteme.

Probabilismus ↑Moralsysteme.

Profanität ↑Sakral und profan.

Protokanonische Bücher ↑Kanon.

Pseudepigraphen ↑Apokryphen.

Realpräsenz ↑Eucharistie, ↑Transsubstantiation.

Reformiertentum ↑Protestantismus.

Reinigungsort ↑Fegfeuer.

Relativ ↑Absolut.

Religiöser Akt ↑Akt 3.

Rest, heiliger, ↑Erwählung.

Rigorismus ↑Moralsysteme.

Rosenkreuzer ↑Gnosis.

Salbung ↑Krankensalbung, ↑Firmung.

Scholastik ↑Theologie.

Seelenwanderung ↑Kreatianismus, ↑Präexistentianismus.

Seiendes ↑Seele, ↑Sein.

Selbsttranszendenz ↑Erschaffung des Menschen, ↑Generatianismus, ↑Inkarnation, ↑Kreatianismus, ↑Materie, ↑Mitwirkung Gottes, ↑Transzendenz↑Transzendenz.

Sinn ↑Zweck, ↑Teleologie.

Sittengesetz ↑Natürliches Sittengesetz.

Sittlicher Akt ↑Akt 2.

Sitz im Leben ↑Literarische Gattungen.

Skeptizismus ↑Atheismus.

Soma ↑Leib.

Stellvertretung ↑Repräsentation.

Sühne ↑Genugtuung, ↑Buße, ↑Erlösung.

Sühnopfer ↑Blut, ↑Satisfaktionstheorien, ↑Tod.

Sündenfall ↑Ursünde.

Supralapsarisch ↑Stände des Menschen.

Symbolik ↑Kontroverstheologie.

Synode ↑Konzil.

Systematische Theologie ↑Dogmatik, ↑Positive Theologie.

Theosophie ↑Gnosis, ↑Intuition.

Theozentrik ↑Anthropozentrik, ↑Christozentrik.

Tonsur ↑Klerus.

Tora ↑Gesetz.

Transfinalisation, Transsignifikation ↑Transsubstantiation.

Transzendental ↑Transzenden 2.

Trockenheit ↑Beschauung.

Trullanum ↑Konstantinopel.

Tutiorismus ↑Moralsysteme.

Übel ↑Böse, ↑Leiden, ↑Theodizee.

Unbegreiflichkeit Gottes ↑Analogia entis, ↑Anschauung Gottes, ↑Gott, ↑Geheimnis.

Univokheit ↑Analogie.

Unmittelbarkeit Gottes ↑Anschauung, ↑Auferstehung des Fleisches.

Ursache ↑Grund, ↑Kausalität, ↑Kontingenz.

Vergegenwärtigung ↑Anamnese, ↑Eucharistie, ↑Meßopfer, ↑Repräsentation, ↑Wiederholung.

Verheißung ↑Akt, ↑Altes Testament, ↑Basileia, ↑Gerechtigkeit, ↑Gericht. ↑Heil, ↑Hoffnung, ↑Parusie. ↑Politische Theologie, ↑Praeambula fidei, ↑Reich Gottes, ↑Sakral und profan, ↑Weltverantwortung.

Verkündigungstheologie ↑kerygmatische Theologie.

Versöhnung ↑Erlösung.

Versöhnungstag ↑Handauflegung.

Visio beatifica ↑Anschauung Gottes.

Visionen ↑Erscheinungen, ↑Apokalyptik.

Vollendung ↑Anschauung Gottes, ↑Auferstehung des Fleisches,↑Ende, ↑Geschichtlichkeit, ↑Himmelfahrt Jesu.

Vollmacht ↑Ämteranerkennung, ↑Bischof, ↑Hirtenamt der Kirche, ↑Kirchengewalt, ↑Ordo, ↑Priestertum.

Vorherbestimmung ↑Prädestination.

Vorhölle ↑Limbus.

Vulgata ↑Heilige Schrift.

Weihegewalt ↑Kirchengewalt.

Werkgerechtigkeit ↑Werke.

Wert ↑Ethik, ↑Gut.

Wiederaufleben der Sakramente ↑Opus operatum

Wiedergutmachung ↑Bußsakrament

Wiederkunft Jesu Christi ↑Parusie.

Wiedertäufer ↑Kindertaufe.

Wortgottesdienst ↑Predigt.

Zensuren ↑Qualifikationen.

Zeugung ↑Gotteskindschaft, ↑Dreifaltigkeit, ↑Generatianismus.

Zölibat ↑Jungfräulichkeit.

Zulassung der Sünde ↑Prädestination.

Zweinaturenlehre ↑Hypostatische Union.

Zwölf ↑Apostel.

Zensuren

Karl Rahner und Herbert Vorgrimler geben diesem Band, der eigens für die Herderbücherei geschaffen wurde, den Rang eines in der Forschung fundierten, die Gegenwartsfragen aufgreifenden, kurzgefaßten Lehrbuches, das einen aufschlußreichen Einblick in die Weiten der heutigen Theologie vermittelt (Kirchliches Amtsblatt, Mainz).

Er stellt ein modernes Kompendium katholischer Glaubenswahrheiten dar (Verordnungsblatt für die Diözese Seckau Graz).

Eine anspruchsvolle Leistung höchsten Ranges und ein beglückendes Geschenk für Theologen und Laien (Die Osterreichische Furche, Wien).

Un comodo indispensabile manuale di consultazione per chiunque vuole orientarsi rapidamente e sicuramente nelle principali questioni teologiche e merita di essere vivamente raccomandato (Vita Trentina, Trient).

Dieses Buch ist jenen eine große Hilfe, die sich von verkrusteten Vorstellungen über die katholische Theologie befreien wollen (Cornelius Freiherr von Heyl in: Una Sancta).

Wir stehen nicht an, dieses sorgfältige Wörterbuch zu empfehlen (Neue Zürcher Zeitung).

Einer immer noch antreffbaren, massiv antikatholischen Polemik wird hier die Spitze abgebrochen; ja man fragt sich immer wieder: Was ist nun eigentlich noch zentral kontrovers zwischen den beiden Konfessionen? (Theologische Literaturzeitung, Berlin-Leipzig).

Alin los especialistas apreciarän esta obra (Ciencia y Fe).

Der Same solch energischer theologischer Besinnung beginnt auch schon auf dem Feld der Missionstheologie seine Früchte zu tragen (Neue Zeitschrift für Missionswissenschaft).

Questo dizionario merita per la sua impostazione e il suo contenuto la piü larga diffusione (Civiltä Cattolica).

Herderbücherei Originalausgabe erstmals veröffentlicht als Herder-Taschenbuch 10., völlig neu bearbeitete Auflage, März 1976 11. Auflage September 1978 12. Auflage März 1980 13. Auflage Oktober 1981 14. Auflage Februar 1983 15. Auflage März 1985 Alle Rechte vorbehalten – Printed in Gemiany Imprimatur: Freiburg i. Br„ den 2. Dezember 1975 Der Generalvikar: Dr. Schlund © Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1976 Herder • Freiburg • Basel – Wien Herstellung: Freiburger Graphische Betriebe 1985 ISBN 3-451-07557-1

Vorwort

Vorwort zur zehnten Auflage

Auch in seiner zehnten Auflage bleibt dieses kleine Buch bei seiner Absicht, die·wichtigsten Begriffe der heutigen katholischen Glaubenslehre (der Dogmatik und, soweit möglich, der Dogmengeschichte) kurz zu erklären und dabei immer auch auf die theologischen Fragen nichtkatholischer Christen zu achten. Wir haben für die neue Auflage sämtliche Artikel überprüft, sehr viele von ihnen umgeschrieben, zum Teil völlig verändert, etwa 30 neue Artikel aufgenommen und einige uns entbehrlich erscheinende Stichwörter gestrichen. Wo nötig, wurden Hinweise auf die Texte des II. Vatikanischen Konzils angebracht. Das Register wurde erweitert, die Angaben der kirchlichen Lehrdokumente sind etwas ausführlicher gehalten. Die Theologie ist im letzten Viertel dieses Jahrhunderts einer stärkeren Infragestellung ausgesetzt, als dies bei Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches vorauszusehen war. Wir haben hier versucht, uns manchen neuen Anfragen zu stellen, ohne den Anschein erwecken zu wollen, das Christentum wisse auf alles eine Antwort. Unser Mitarbeiter Kuno Fussel hat eine Reihe neuer Artikel, vor allem aus dem interdisziplinären Bereich, beigesteuert, die wir eigens (durch K. F.). kenntlich gemacht haben. Außerdem haben uns Annerose Köster, Birgit Stüer und Norbert Becker beträchtlich geholfen. Ihnen allen sind wir dankbar. Viele Anregungen sehen wir so deutlich wie unsere Kritiker; wir konnten nicht alle aufgreifen, ohne Konzeption und Umfang dieses Buches radikal zu ändern.

Januar 1976 Karl Rahner Herbert Vorgrimler

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